Sozialisation

Werbung
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Autor: Aufenanger, Stefan.
Titel: Medienpädagogische Überlegungen zur ökonomischen Sozialisation von Kindern.
Quelle: merz. medien + erziehung. 49. Jahrgang, Heft 1/05. München 2005. S. 11-16.
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Verlag: kopaed verlagsgmbh.
Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Stefan Aufenanger
Medienpädagogische Überlegungen zur
ökonomischen Sozialisation von Kindern
In der kindlichen Sozialisation hat Werbung heute eine große Bedeutung, schon früh sind Kinder
damit konfrontiert und werden von der Werbeindustrie auch als autonome Verbraucher
betrachtet. Einen Überblick über den Stand der aktuellen Forschung liefert dieser Beitrag.
Verselbstständigte Kindheit
Traditionell spielt das Thema Kinder und Werbung nicht nur in auf Medien bezogenen
öffentlichen Debatten, sondern auch in der Medienpädagogik eine prominente Rolle. Die
Forschungslage kann zudem als gut bezeichnet werden, nachdem im letzten Jahrzehnt
einige auch empirisch ausgerichtete Studien zur Thematik erschienen sind, die den
internationalen Vergleich nicht zu scheuen brauchen (vgl. Young 1990). Neben dieser
sozialwissenschaftlich orientierten Forschung gibt es einen kommerziellen
Forschungszweig, der Markt- und konkrete Produktforschung betreibt. Die Ergebnisse
letzterer werden in den meisten Fällen nicht veröffentlicht und können deshalb kaum
genutzt werden. Auch dienen sie weniger der Grundlagenforschung. Neuere
Forschungsprojekte zur Thematik weiten den Blick aus: Sie sind nicht nur am Thema
Kinder und Werbung interessiert, sondern sehen Kinder als Konsumenten bzw.
Verbraucher und analysieren aus dieser Perspektive das auf Kinder bezogene
ökonomische System einerseits und wenden den Blick auch den Fähigkeiten von Kindern
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zum Umgang mit diesem System zu. Unter diesem Aspekt scheint die Ausweitung der
Thematik auf die ökonomische Sozialisation von Kindern angemessener als nur die
Beschränkung auf den Werbungsaspekt. Dies bedeutet für eine solche Analyse, dass
nicht nur analysiert wird, wie Kinder Werbung rezipieren, sondern auch, welche
Kompetenzen sie entwickeln müssen, um in diesem System selbstbestimmt handeln zu
können. Dieser Ansatz erscheint allein schon deswegen interessant, weil er
psychologische Aspekte – Rezeptionsweisen und Kompetenzentwicklung – mit
soziologischen – Analyse des ökonomischen Systems in Bezug auf unterschiedliche intrabzw. interkulturelle Faktoren – und medienpädagogischen – Förderung von
'Verbraucherkompetenz' – verbindet. Nicht zuletzt wird die gesamte Thematik eingebettet
in die Frage nach einer veränderten Kindheit, in deren Mittelpunkt das Kind als autonom
handlungsfähiges bzw. rationales Subjekt steht, das auch so vom ökonomischen System
angesprochen wird. Die Veränderungen der Eltern-Kind-Beziehungen in den letzten
Jahrzehnten haben nicht nur zu einem neuen Erziehungsverständnis geführt, sondern
auch dazu, dass Kinder als autonome und kompetente Subjekte gesehen werden, denen
mehr Kompetenzen unterstellt werden, als sie ihrem Entwicklungsstand gemäß vorweisen
können. Dies hat in der soziologisch bzw. pädagogisch orientierten Kindheitsforschung zur
Annahme eines 'aktiven' Kindes' geführt, die auch in der Werbeforschung Eingang
gefunden hat. Ob dieses Bild angemessen ist, sei erst einmal dahingestellt. Die starke
Zentrierung auf rationale und kognitive Aspekte in der Wahrnehmung von Welt durch
Kinder und vor allem in Ansätzen zur Mediensozialisation lassen meines Erachtens die
affektiven Komponenten und psychoanalytische Konzepte zu sehr außer Acht.
Entscheidend ist aber, dass das ökonomische System, also die Medien- und
Werbeindustrie die Kinder genau auf dieser Ebene anspricht. Produktwerbung für Kinder
muss nicht mehr an Eltern gerichtet sein, die als Vermittler zu den Kaufwünschen ihrer
Kinder angesehen werden. Kinder werden heute direkt angesprochen bis hin zu einer
Rollenumkehrung: Kinder als Vermittler zwischen der Bedürfnisweckung bei Eltern und
der Werbeindustrie. So erscheinen in letzter Zeit vermehrt Kinder als Darsteller in
Erwachsenenspots. Sie sollen diese Spots für Kinder attraktiv machen, damit diese dann
ihre Eltern dazu bewegen können, sich mit dem Produkt zu befassen. Diese Ansprache
von Kindern als Partner wertet sie gleichzeitig im Kontext ökonomischer Sozialisation auf:
Sie werden Partner der Werbeindustrie. Das vermeintliche Treffen auf Augenhöhe stärkt
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natürlich Kinder und fördert damit zugleich ihre Verselbstständigungstendenzen. Man
muss aber auch sehen, dass dies nicht generell für alle Kinder zutrifft. Dort, wo keine
Ressourcen zur Auseinandersetzung mit der Werbeindustrie vorhanden sind und natürlich
auch keine, um die mit Werbung verbundenen Produktwünsche zu erfüllen, kann ein
solcher Sozialisationsprozess nicht gelingen. Unter welchen genauen Bedingungen Kinder
die Verlierer in diesem Spiel sind, muss die Forschung noch herausfinden. Welche Rolle
spielt nun Werbung in diesem Prozess?
Kinder und Werbung
Ausreichend Forschung gibt es zur Bedeutung und zur Rezeption von Fernsehwerbung,
recht wenig zu Werbung im Internet und deren Rezeption durch Kinder. Nur wenn Kinder
Werbung in diesen Medien verstehen, können sie auch als selbstbestimmte und
kompetente Verbraucher dieser ihnen zugeschriebenen Rolle gerecht werden. Welche
Voraussetzungen bringen Kinder aber mit, um Werbung zu verstehen, wie orientieren sie
sich im ökonomischen System und welche Kompetenzen müssen sie dazu entwickeln?
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Rezeptionsstudien beschäftigen sich überwiegend mit den Fragen, ab welchem Alter
Kinder Werbung und Programm unterschieden können, ob sie die Botschaft von Werbung
verstehen und welche Einflüsse und Folgen Werbung haben kann. Danach ist insgesamt
der Trend erkennbar, dass mit zunehmendem Alter Kinder immer besser zwischen
Werbung und Programm differenzieren können. Erste Ansätze dazu sind im Alter von fünf
Jahren zu erkennen, wobei zur Unterscheidung formale Merkmale, wie etwa die Länge
des Werbespots, herangezogen werden. Besonders durch die Nähe von Werbung und
Programm sowie die immer weiter um sich greifende Angleichung von Werbesendungen
und Spielsendungen sowie die Verwendung gleicher Gestaltungsmittel und Charaktere in
beiden Typen werden Differenzierungen aber immer schwieriger. Amerikanische Studien
zeigen auch, dass die im Fernsehen benutzten Abgrenzer zwischen Werbung und
Programm – Separatoren – ungenügend zur Differenzierungsleistung von Kindern
beitragen.
Deutsche sozialwissenschaftlich orientierte empirische Studien (vgl. Charlton u.a. 1995;
Aufenanger / Neuß 1999; Lampert 2000) bestätigen diese Ergebnisse. Sie gehen von
einem Entwicklungsmodell von Werbekompetenz aus, das durch vier Niveaus
gekennzeichnet ist: Auf dem ersten Niveau können Kinder Werbung und Programm nicht
unterscheiden, auf dem zweiten Niveau geschieht dies intuitiv an äußeren Merkmalen wie
etwa der veränderten Lautstärke während eines Werbeblocks, auf dem dritten Niveau
erfolgt die Differenzierung entweder anhand des Separators, der Darstellung eines
Produkts oder Intention der Werbung; erst auf dem vierten Niveau haben Kinder ein volles
Verständnis von Werbung entwickelt, mit dem sie Näheres über die Absichten und die
Struktur des Werbesystems wissen. Die zu diesem Modell erhobenen Daten bestätigen
den Alterstrend, dass Kinder beginnend mit der Grundschule Programm und Werbung
unterscheiden können und damit eine wichtige Grundlage für ihre Werbekompetenz
erworben haben.
Es konnte ebenfalls empirisch nachgewiesen werden, dass Kinder unter 5 Jahren die
Intentionen von Werbung kaum erfassen, ab dem Alter von 7 wird ihnen deutlich, dass
durch Werbespots etwas verkauft werden soll und mit etwa 11 bzw. 12 Jahren werden
diese Absichten von Werbung auch auf sich selbst bezogen. Mit zunehmendem Alter
nimmt der Glaube ab, dass in der Werbung die Wahrheit gesagt wird. Trotzdem spielt
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Werbung bei der Bewertung von Produkten für viele Kinder eine große Rolle. So meinten
fast drei Viertel der von Donahue u.a. (1978) befragten Kinder, dass das Essen in FastFood-Restaurants besser wäre als das von zu Hause. Auch die Frühstückskost, wie
Cornflakes u.ä., bekommt bei Kindern aufgrund der Werbung eine hohe Bewertung und
wird je nach Werbeeinsatz für bestimmte Produkte bevorzugt.
Melzer-Lena (1998) untersuchte, inwieweit Kinder im Vorschulalter (3 bis 6 Jahre) bereits
Markennamen und Produkt mit einem Logo und der Verpackung eines Produktes
verbinden. Anhand vorgelegter Kärtchen mit Markenlogos wurden bei den Kindern die
Wiedererkennung, der Markenname und die Produktart erhoben. Nach den Ergebnissen
der Untersuchung werden Markenlogos zwar schon von 3-jährigen Kindern wieder
erkannt, sie verbinden mit dem Logo aber weniger den Markennamen als die Produktart.
„Die konkrete Markennennung erfolgte erst deutlich später anhand kompletter Verpackungen als
Gestaltungsanker. Packungen hatten eine umso größere Chance, schon von kleinen Kindern
gelernt zu werden, je ausgeprägter die Gestaltungsanker waren“.
Ein entscheidender Schritt im Lernprozess liegt nach Melzer-Lena zwischen dem vierten
und dem fünften sowie zum sechsten Lebensjahr (vgl. auch Phelps / Hoy 1996).
Insgesamt zeichnen sich die meisten der Rezeptionsstudien durch ein experimentelles
Design aus, in dem das Verstehen und die Verarbeitung von Werbespots durch Kinder in
Labor- und nicht in Feldsituationen untersucht wird. Hier wäre eine Umorientierung
notwendig. Weiterhin gehen die bisher vorgelegten Forschungsergebnisse zum einem
immer noch von einem einfachen Medienmodell aus, nach dem im Fernsehen ein klar
umrissener Werbeblock zu erkennen wäre, während der andere Teil, das Programm,
vollkommen werbefrei sei, und zum anderen verlagern sich die Werbeformen mit dem
Aufkommen fernsehähnlicher Medien. So gibt es etwa noch keine Forschung zur Wirkung
von gesponserten Kindersendungen, zum Bartering1 oder zum Merchandising von
Fernsehprodukten.
1 Werbetreibende produzieren und liefern ein fertiges Programm an einen Sender und dürfen dafür im
Gegenzug kostenlos Werbung platzieren.
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Psychische und soziale Aspekte ökonomischer Sozialisation
Ein wichtiger Aspekt in unserer Betrachtung von Kindern als Verbraucher sind ihre
Handlungsweisen. Die meisten vorliegenden Studien konzentrieren sich dabei auf das
Taschengeld von Kindern: wie viel sie haben und wie sie es ausgeben. Dass dieses
Untersuchungsfeld nicht einfach zu betrachten ist, hat Christine Feil in ihrer Arbeit
herausgestellt (Feil 2003). Weiterhin sind entwicklungspsychologische Aspekte von
Bedeutung. Wie schon die Entwicklung von Werbekompetenz bei Kindern gezeigt hat,
müssen wir auch bei der Betrachtung von Kindern als Verbraucher fragen, welche
Entwicklungsaspekte bei der Ausübung ihrer Rolle von Bedeutung sind. Kinder entwickeln
im Laufe der Zeit unterschiedliche ökonomische Konzepte, die wie folgt knapp
beschrieben werden können.
• Kinder im Vorschulalter glauben, dass der Preis eines Objekts von Äußerlichkeiten, vor
allem seiner physischen Erscheinung abhängig ist (z.B. ein kleiner Diamant kann
weniger kosten als ein großer Stein).
• Kinder im frühen Grundschulalter (6 bis 8 Jahre) beurteilen den Wert bzw. den Preis
eines Objekts nach dessen Funktionalität oder Gebrauchswert.
• Kinder im späteren Grundschulalter (bis 11 Jahre) respektieren bei der Beurteilung des
Werts eines Objekts die zu seiner Produktion investierte Arbeit.
• Ältere Kinder (ab 12 Jahre) beziehen den Aspekt von Nachfrage in ihre Überlegungen
zur Bewertung ein.
Diese Konzepte bauen auf der prinzipiellen kognitiven Entwicklung von Kindern im Sinne
von Piaget auf. Sie dürfen nicht als eng altersbezogen, sondern als eine stufenförmige
Abfolge gesehen werden. Je nach Anregungsmilieu und pädagogischer Vermittlung
schwankt die Bandbreite der Fähigkeiten bei Kindern derselben Altersstufe.
Den meisten Kindern fällt es schwer, das Konzept von Angebot und Nachfrage zu
verstehen, wobei letzteres früher verstanden wird. Ab dem Alter von ca. 8 Jahren
entwickeln Kinder ein erstes Verständnis von ökonomischen Beziehungen (z.B. zwischen
Schuhkäufer und Schuhgeschäft sowie Schuhgeschäft und Schuhfabrik), aber noch nicht
vom Ganzen als Teil eines ökonomischen Systems. Kinder entwickeln erst ab dem Alter
von 11 bis 12 Jahren ein Konzept von Profit (zu niedrigem Preis einkaufen, zu hohem
Preis verkaufen). Der Versuch, Kindern dieses Konzept durch Training verständlich zu
machen, war nicht erfolgreich. Jedoch hängt die Entwicklung dieses Verständnisses von
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sozialen Faktoren und eigenen Erfahrungen ab. Besonders hervorzuheben ist die Studie
von Baacke u.a. (2001). Für die Autoren stand bei den Ergebnissen der quantitativen
Kinderbefragung zum Konsumverhalten die Frage im Vordergrund, „ob
Konsumverlockungen – in mediale Botschaften verpackt – unter Umständen die
Befähigung des Individuums zu freier Selbstbestimmung beeinträchtigen, indem sie z.B.
Images aufbauen, Irrealitäten vermitteln und speziell auch Heranwachsenden suggerieren
(wollen), dass gutes Lebensgefühl, Prestige und Ansehen vor allem durch den Besitz
teurer Markenprodukte bestimmt werden.“ Die Analyse des Konsumverhaltens erfolgte mit
Hilfe von vier Fragenbereichen, zu denen folgende Antworten gefunden wurden: 80,3%
der befragten Kinder im Alter von 5 bis 7 Jahren antworteten auf die Frage „Hast du
eigenes Geld, mit dem du dir etwas kaufen kannst?“ mit Ja. Auf die Frage, „Wofür sparst
du?“ gaben 35,6% der 5 bis 7-Jährigen Spielzeug an. Die weiteren Sparwünsche dieser
Altersgruppe scheinen von dem Fragebogen nicht wirklich erhoben zu sein, denn
immerhin 28,2% antworteten mit 'sonstiges', 9,6% antworteten mit 'weiß nicht' und 13,6%
antworteten mit 'nichts besonderes'. Dies kann als relative Unentschlossenheit dieser
Altersgruppe gedeutet werden und lässt der Werbewirtschaft diese Zielgruppe als
besonders lohnend erscheinen. Dies bestätigen auch die Autoren: „Insgesamt kann man
auch davon ausgehen, dass die Zielgerichtetheit des Sparens zunimmt, je älter die Kinder
werden. Die Werte in der Kategorie 'weiß nicht' nehmen mit zunehmendem Alter stetig
ab.“ Auf die Frage „Gehst du mit deinen Eltern einkaufen?“ antworteten 33,9% der 5- bis
7Jährigen mit 'häufig', 63,7% mit 'manchmal' und 2,4% mit 'nie'. Auf die Frage, „Kannst du
mit aussuchen, was gekauft wird?“ gaben 16,5% dieser Altersgruppe die Antwort 'häufig',
55,8% die Antwort 'manchmal' und 27,7% die Antwort 'nie'. Angesichts dessen, dass gut
2/3 der Kinder angaben, häufig oder manchmal mitzubestimmen, was von den Eltern
gekauft wird, erscheint folgende Interpretation fraglich: „Die so häufig aus
unterschiedlicher Sicht angeführte Behauptung einer übermäßigen Beeinflussung des
Kaufverhaltens der Eltern durch die Kinder kann hier nicht konstatiert werden.“ Und wenn
27,7% der Kinder angeben, dass sie 'nie' mit aussuchen dürfen, was die Eltern kaufen,
sagt das nichts darüber aus, ob sie es nicht versucht haben. Einige Untersuchungen
beschäftigten sich mit dem Zusammenhang von Werbung und Kaufentscheidungen. So
untersuchten beispielsweise Heining und Haupt (1988) Zusammenhänge zwischen
Werbefernsehen und kaufentscheidungsbezogenen Verhaltensweisen. Anhand einer
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Befragung von Müttern und ihren Kindern wurden die Kaufwünsche der Kinder und ihre
Erfüllungshäufigkeit durch die Mutter analysiert. Die Ergebnisse der Untersuchung
belegen, dass statistisch signifikante Zusammenhänge zwischen der
Fernsehnutzungshäufigkeit, der Einstellung zum Werbefernsehen sowie der Schulbildung
und dem beruflichem Status der Mutter bestehen. Weiterhin korrelierten die Daten mit der
Häufigkeit geäußerter kindlicher Wünsche und der Erfüllungshäufigkeit dieser Wünsche
durch die Mutter.
Europäische Entwicklungen
Schauen wir uns abschließend noch die wichtigsten europäischen Entwicklungen
hinsichtlich unserer Thematik an. Viele große Unternehmen in Deutschland hatten vor ein
paar Jahren sehr große Angst vor dem Präsidiumsvorsitz durch die Schweden. Denn in
Schweden gibt es mit die strengsten Regeln bezüglich Werbung für Kinder auf der ganzen
Welt. Demnach dürfen Produkte für Kinder unter 12 Jahren im Fernsehen nicht beworben
werden. Und Schweden hatte angekündigt, dass es diese Regelung gerne auch auf
andere Ländern in Europa übertragen würde. Die Zeit dazu hat jedoch nicht gereicht, so
dass auf europäischer Ebene keine entsprechende Diskussion aufkommen konnte. Nichts
desto trotz bleibt das Thema auf der Agenda. Denn die europäischen und nationalen
Verbraucherorganisation sowie verschiedene Elternverbände wollen eine starke
Einschränkung des Werbeangebots für Kinder. Da Medienunternehmen meist
international agieren, wird deshalb für eine europäische Lösung geworben. Aber auch die
Medienunternehmen haben ihre Interessen und ihre Lobby in Brüssel sitzen und
versuchen, solche Tendenzen zu verhindern. In der europäischen Kommission will man
die unterschiedlichen Vorstellungen in eine für Europa einheitliche Regelung bringen, was
nicht einfach ist. Vieles ist schon in den Regeln „Fernsehen ohne Grenzen“ festgelegt
worden. Grundlegend scheint zu sein, dass das Trennungsgebot von Inhalt und Werbung,
das Verbot von Tabakwerbung und Einschränkungen für Alkoholwerbung nicht angetastet
werden. Auch wird man dabei bleiben, dass die Unerfahrenheit von Kindern in Werbung
nicht ausgenutzt werden darf und Sendungen für Kinder unter 30 Minuten durch Werbung
nicht unterbrochen werden sollten. Diskutiert wird momentan, ob die Beschränkung auf
das Fernsehen angesichts der Konvergenz von Medien noch ausreicht; da dürfte eine
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Ausweitung der Diskussionen vor allem auf das Internet der nächste Schritt der
Diskussion sein.
Die Kommission setzt insgesamt sehr viel auf Selbst- und Ko-Regulierungen. Während
die Selbstregulierung durch die Medien- und Werbeindustrie immer auf die Freiwilligkeit
ihrer Mitglied bauen muss, geht es bei der Ko-Regulierung um staatlich gemachte
Vorgaben über die Art der Regulierung, die dann in Selbstverantwortlichkeit umgesetzt
werden muss. In Deutschland hat sich dazu auch der Begriff der 'regulierten
Deregulierung' eingebürgert. Insgesamt möchte man aber auch andererseits nicht zu sehr
in die Freiheiten des Marktes eingreifen, da dies ein wichtiges Prinzip europäischer
Wirtschaftspolitik ist. Zudem wird argumentiert, dass eine Einschränkung des
Werbeangebots für Kinder zu einer Verminderung qualitativer Angebote für Kinder führen
könnte, da dann für entsprechende Produktionen keine Finanzmittel zur Verfügung stehen
würden. Nicht zuletzt wird auf die Förderung von Medienkompetenz – media-literacy –
gesetzt, um Kinder im Umgang mit Medien zu stärken. Dies ist sicher für die
Medienpädagogik eine wichtig Botschaft, wenn auch die Aufwendungen dafür in keinem
Verhältnis zu den Werbeeinahmen durch Kinderwerbung stehen.
Fazit
Der knappe Einblick über den Forschungsstand zu Kindern und Werbung bzw. ihren
ökonomischen Konzepten sollte deutlich machen, dass wir in der Medienpädagogik
Kinder nicht mehr nur allein unter der Perspektive der Rezeptionsforschung betrachten
sollen. Vielmehr erschient es wichtig, sie als Teilnehmer des Marktes zu betrachten und
dabei auf der einen Seite die Art und Weise zu analysieren, wie der Markt Kinder
behandelt bzw. welches Bild vom Kind er hat, auf der anderen Seite die
entwicklungspsychologischen Aspekte wie auch die Weltbilder und Alltagstheorien, die
Kinder von diesem Markt entwickeln, hinzuzuziehen. Damit würde die Medienpädagogik
auch wieder eine politische bzw. ökonomische Perspektive bekommen, die in den letzten
Jahren mit der starken Zentrierung auf Rezeptionsprozesse und subjektive
Handlungsweisen verloren gegangen ist.
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Literatur
Aufenanger, Stefan / Neuß, Norbert: Alles Werbung oder was? Medienpädagogische
Ansätze zur Vermittlung von Werbekompetenz im Kindergarten. Kiel 1999
Baacke, D. / Sander, U. / Vollbrecht, R. / l<ommer, S. (1999). Zielgruppe Kind. Opladen:
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Donahue, Thomas / Henke, Lucy / William, A. (1980). Do Kids know what TV commercials
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Feil Christine (2003). Kinder, Geld und Konsum. München:kopaed
Lampert, Claudia (2000). Spannung, Spiel und Schokolade. Aspekte qualitativer
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Young, B.M. (1990). Television Advertising and children. Oxford: Oxford University Press
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