Markenwelten, Spiele, Advertainment. Neue Werbeformen als

Werbung
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Autor/en:
Sponer, Julia / Klimmt, Christoph.
Titel:
Markenwelten, Spiele, Advertainment. Neue Werbeformen als Herausforderung an die Medienkompetenz.
Quelle:
merz. medien + erziehung. 57. Jahrgang, Heft 02/13. München 2013, S.
59-64.
Verlag:kopaed.
Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Die Zahlen in eckigen Klammern kennzeichnen das Seitenende der Originalausgabe.
Julia Sponer und Christoph Klimmt
Markenwelten, Spiele, Advertainment
Neue Werbeformen als Herausforderung an die Medienkompetenz
Das Internet bietet Kindern einen schier unbegrenzten digitalen Spielplatz. In Communitys, Game-Foren und ganzen Online-Welten können soziale Kontakte mit Gleichaltrigen geknüpft, Spiele gespielt oder es kann der eigenen Kreativität freier Lauf gelassen werden. Damit Eltern ihre Kinder ruhigen Gewissens im Internet umherwandeln
lassen, werden auf den entsprechenden Websites oftmals ein Lerneffekt und der
hohe pädagogische Wert der Angebote hervorgehoben. Dabei wird leicht übersehen,
dass sich unter den Betreibern der Communitys und Foren viele Wirtschaftsunternehmen befinden, die die Möglichkeit nutzen, direkt und ohne Elterneinfluss mit ihrer
Zielgruppe zu kommunizieren. Unter dem Deckmantel von Spaß und Spannung werden so Markenbotschaften transportiert und gezielt Produkte beworben. Dies stellt
eine erhöhte Anforderung an die Medienkompetenz der jungen Beworbenen dar,
zumal technologische Neuerungen und eine hinterherhinkende Rechtsordnung dem
Erfindungsreichtum der Werbetreibenden kaum Grenzen setzen und Werbung immer schwerer identifizierbar machen. Der Beitrag stellt aktuelle Beispiele neuartiger
Werbeformen im Internet vor und diskutiert sie hinsichtlich der hierfür nötigen Medienkompetenz ihrer kindlichen und/ oderjugendlichen Zielgruppe.
Medien-, Internet- und Online-Werbekompetenz von Kindern
Der kompetente Umgang mit den Medien ist heute auch schon für die Kleinsten in
unserer Gesellschaft eine unerlässliche Fähigkeit. Die Medienpädagogik hat dazu bereits wesentliche konzeptionelle Grundlagen geschaffen, etwa den vierdimensionalen
Ansatz von Baacke, Sander, Vollbrecht und Kommer (1999), der Medienkunde, Me-
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dienkritik, Mediennutzung und handlungsorientierte Fähigkeiten umfasst (vgl. auch
Decker et al. 2004, S. 67). [59]
Internetkompetenz kann als ein Teilbereich von Medienkompetenz verstanden werden, der analog zur Entwicklung der Persönlichkeit aufgebaut wird (vgl. Schneider/
Warth 2010, 5. 471) und in die gleichen, oben genannten Dimensionen zu untergliedern ist (vgl. Decker et al. 2004, 5. 68-70). Als besondere Schwierigkeit ist hierbei die
Dimension der Medienkunde hervorzuheben. Es ist anzunehmen, dass gerade Kinder
bei der Nutzung eines Computers und beim Navigieren im Internet einen großen Teil
ihrer Aufmerksamkeit für das Bedienen der Technik aufwenden müssen. Dies kann
nicht nur zu Orientierungsproblemen im Internet führen, sondern lässt gleichzeitig
auch nur wenig Raum für kritisches Hinterfragen der eigenen Internetnutzung sowie
der Qualität der rezipierten Inhalte, geschweige denn der Struktur und Organisation,
die hinter alldem steckt (vgl. ebd.).
Werden nun junge Rezipientinnen und Rezipienten im Internet mit Werbung konfrontiert, so ist nicht nur ihre Internetkompetenz gefragt, sondern zusätzlich der kompetente Umgang mit den entsprechenden Werbeinhalten. Hierbei geht es also um
Online-Werbekompetenz. Die grundlegende Werbekompetenz lässt sich nach Baacke
et al. (1999, 5. 74) in vier Niveaudifferenzierungen unterteilen. Dabei handelt es sich
erstens um die Fähigkeit, Werbung (innerhalb ihres Umfelds) gezielt zu identifizieren,
zweitens zwischen Informationen über ein Produkt und dessen Bewerbung zu differenzieren, drittens die wirtschaftlichen Hintergründe von Werbung zu erkennen und
zwischen den Funktionen der Werbeindustrie und der Massenmedien zu unterscheiden und letztlich die Fähigkeit, Werbung in all ihren Erscheinungsformen zu erkennen
und die dahinterliegenden Intentionen zu begreifen (vgl. Baacke 1999, S. 74). Für den
Bereich der Online-Werbekompetenz können dieselben Niveaudifferenzierungen angesetzt werden. Allerdings dürfteim Bereich der Online-Medien schon das Erreichen
der ersten Niveaustufe für Kinder deutlich erschwert sein. Umso größere Schwierigkeiten haben sie, so ist anzunehmen, die folgenden Kompetenzstufen zu erreichen.
Technologische Neuerungen, die das ständige Aufkommen neuer Werbeformen
begünstigen, machen die Identifikation von Werbung zu einer komplexen Aufgabe, an
der sogar viele Erwachsene scheitern können. Hinzu kommt, dass die verhältnismäßig
komplizierte Bedienung eines Computers und die Navigation im Internet die kindlichen Rezipientinnen und Rezipienten kognitiv so stark beanspruchen, dass für eine
genauere kritische Auseinandersetzung mit werblichen Inhalten wenig Raum bleiben
dürfte.
Neuartige Werbeformen im Netz
Um die besonderen Herausforderungen an die Medien- und vor allem Werbekompetenz von Kindern im undurchsichtigen Bereich der Online-Medien näher zu beleuchten, wurden im Rahmen virtueller Streifzüge neuartige Werbeformen gesammelt und
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beschrieben. Die von uns so ‚entdeckten’ Formen können grob in fünf Typen unterteilt werden: Online-Markenwelten, Spiele, interaktive Banner, Werbung im Deckmantel von Information und Beratung und ‚High Tech-Advertainment’ unter Einbindung
der Rezipientinnen und Rezipienten. [60]
1. Online-Markenwelten
Während Unternehmen in der Regel in den klassischen Medien schon um wenige
Sekunden der Aufmerksamkeit ihrer Rezipientinnen und Rezipienten kämpfen müssen, besteht im Internet die Möglichkeit, ganze Online-Welten aufzubauen, mit dem
eigenen ,Branding’ zu überziehen und potenzielle Kundinnen und Kunden darin über
Stunden, Tage und Wochen zu binden. Diese Strategie scheinen insbesondere Hersteller von Produkten für Kinder verstärkt zu nutzen. So auch das Unternehmen WILD für
das Getränk Capri-Sonne1, dessen fröhliche Online-Welt wir zur Veranschaulichung
dieser Werbeform verwenden.
Über die Homepage der Marke kann die Capri-Sonne-Welt mit einem Klick besucht
werden. Sie wird aus der Luftperspektive mithilfe eines Lenkdrachens erkundet und
ist für Kinder ansprechend farbenfroh gestaltet. Während des Besuches werden verschiedene Aufgaben gestellt, die in Form von kleinen Spielen erledigt werden können.
Dabei müssen die Nutzenden stets darauf achten, dass ihr Energielevel, das mit jeder
durchgeführten Aktion sinkt, aufrecht erhalten wird. Dies kann an einzelnen Stationen („Capri-Sonne-Bars”) durch das Trinken einer Capri-Sonne geschehen, was es
dem Unternehmen ermöglicht, direkt sein Produktsortiment vorzustellen. Außerdem
werden an anderen Stationen Spiele mit Bezug zu dem Getränk und Tipps für die Freizeitgestaltung mit Capri-Sonne angeboten. Erwähnenswert ist an dieser Stelle zudem,
dass gleich beim Betreten der Seite eine Aufforderung zur Angabe der E-Mail-Adresse
erscheint, um dem „Freundschaftsclub” beizutreten. Die Folgen der Anmeldung
werden nicht thematisiert. Zudem wird hierbei die bedienungsbezogene Unerfahrenheit von Kindern ausgenutzt, da das Symbol zum Schließen dieser Aufforderung nicht
direkt erkennbar ist. Im Verlauf des Spiels erhalten die Nutzenden immer wieder die
Aufforderung, eine Registrierung vorzunehmen, um sich gesammelte „Clever-Coins”
gutschreiben zu lassen, die durch die erledigten Aufgaben erworben werden können.
Möchte das Kind bei einem nächsten Besuch also nicht von vorne beginnen, so muss
es seine Kontaktdaten an das Unternehmen weitergeben. Einen Verweis auf die Notwendigkeit der Einbeziehung oder Erlaubnis von Erziehungsberechtigten sucht man
vergebens.
Dieses typische Beispiel einer Online-Markenwelt für Kinder zeigt deutlich auf, dass
hier Unternehmen einen Weg gefunden haben, durch die Verknüpfung von altersgerechter Unterhaltung mit Werbebotschaften die Aufmerksamkeit von jungen Nutzerinnen und Nutzern zu binden und direkt mit ihnen in Beziehung zu treten. Durch die
interaktive Auseinandersetzung der Kinder mit dem Produkt verschmelzen Werbung
1 www.capri-sonne.com/de/deu/kids.html [Zugriff: 06.02.2012]
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und Inhalt (vgl. Decker et al. 2004). „Die kritische Distanz geht mit dem Spaß-Faktor
verloren” (ebd. S. 200). Darüber hinaus erscheint keine Kennzeichnung der Seite als
Werbung, so dass die Identifikation als solche schwierig wird. Durch das Auftauchen
von informativen Elementen, im Falle von Capri-Sonne zum Beispiel über Obst und
Freizeitaktivitäten, wird der Unterschied zwischen Informationen über das Produkt
und dessen Bewerbung in der Online-Welt verwischt und ist so für Kinder [61] nur
schlecht auszumachen. Auch die dahinterliegenden wirtschaftlichen Absichten dürften durch den Spaßfaktor auf den ersten Blick für die jungen Rezipientinnen und Rezipienten eher im Verborgenen bleiben.
2. Online-Spiele
Gerade Spieleportale werden von Kindern gerne im Internet genutzt (vgl. Schneider
et al. 2010, S. 472-482), dementsprechend findet sich reichlich Werbung auf diesen
Portalen. Neben klassischen Werbebannern bieten Unternehmen hier inzwischen
selbst Spiele an, um eine interaktive Auseinandersetzung mit den eigenen Produkten zu ermöglichen. So geschehen zum Beispiel durch das Unternehmen Disney, das
eine Kooperation mit der unter Kindern beliebte Seite Spielaffe.de eingegangen ist.
Disney-Spiele werden auf der Seite besonders vorgehoben und leiten direkt auf das
unternehmenseigene Spieleportal2 weiter. Die Website des Unternehmens ist für
Kinder ansprechend gestaltet und beinhaltet eine spielerische Vorstellung von DisneySendungen, Filmen und Produkten. Eine Kennzeichnung der Spiele als Werbung findet
nicht statt, obwohl in machen Spielen Produkte gezielt beworben werden und der
Zugang zum Online-Shop nur einen Klick entfernt liegt. Insbesondere Hannah Montana-Spiele-Seiten fanden wir auch gezieltes Product Placement. Hier wurde das neue
Album beworben, das auch direkt mit einem Klick gekauft werden kann. Verweise auf
das nötige Einverständnis der Eltern fehlten. So wurden zusätzlich mögliche Navigationsprobleme und die geschäftliche Unerfahrenheit der Kinder ausgenutzt.
3. Interaktive Banner und Pop-ups
Bannerwerbung und Pop-ups mit Werbebotschaften sind nichts Neues in der OnlineWelt und auch für Kinder inzwischen ein vertrauter Anblick, der zumeist einfach
ignoriert wird (vgl.Decker et al. 2004, S. 198-200). Die Möglichkeit zur interaktiven
Auseinandersetzung mit diesen Bannern hingegen ist neuartig und kann die sichere
Identifikation des Inhalts als Werbung erschweren. Auf dem Spieleportal funnygames.
de, einem atttraktiven Umfeld für Kinder, tritt diese neue Werbeform vermehrt auf.
Anders als bei normalen Pop-ups sind sie nicht im Anzeigenstil gestaltet, sondern treten als kleine Spiele oder Ähnliches auf, die die Nutzenden zur Interaktion auffordern.
So beispielsweise zum Beantworten von Fragen, zur Durchführung eines IQ-Tests, zum
Drücken diverser Buttons oder zum Werfen von digitalen Pfeilen auf eine Zielscheibe.
2 www.disney.de/disney-spiele/ [Zugriff: 07.06.2011],
www.disney.de/spielen/topganes/ [Zugriff: 06.02.13]
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Eine Kennzeichnung als Werbung fehlt dabei zumeist. Auf die Interaktion mit dem
Banner folgt eine Weiterleitung weg vom Spieleportal auf eine andere Seite, die in
manchen Fällen mit einigen wenigen Klicks und der Eingabe der Handynummer zum
Abschließen eines kostenpflichtigen Abonnements, etwa für Handy-Inhalte, führt.
Verfügt die Nutzerin oder der Nutzer nicht über eine voll ausgebildete Online-Werbekompetenz, so wird leichtgläubig eine Handynummer eingetippt, um beispielsweise
die Ergebnisse des IQ-Tests zu erhalten. Die geschäftliche Unerfahrenheit junger Nutzender wird hier hemmungslos ausgenutzt.
4. Werbung unter dem Deckmantel von Information und Beratung
Werbung trifft im Internet jedoch nicht immer unter dem Deckmantel von Spaß und
Spannung auf, sondern auch im Rahmen von (scheinbar) [62] journalistischem Content, der über ein Thema informiert und in dessen Zusammenhang auch über das thematisch passende Produkt. So geschehen beispielsweise auf der Seite bravo.de, die
im Juni 2011 auf einer Seite einen Ratgeber für Mädchen zum Thema Menstruation
anbot. Der Ratgeber wurde von der Marke o.b. des Unternehmens Johnson & Johnson
unterstützt und informierte dementsprechend ausschließlich über die zum Unternehmen zugehörigen Produkte. Zudem wurde mit dem Hinweis „Noch mehr Facts über
Tampons” auf die offizielle o.b.-Website und die Seite VomErwachsenWerden.de3,
einer o.b.-Website für Teenager, verlinkt. Eine Kennzeichnung von Werbung fand auch
in diesem Fall nicht statt. Offensichtlich sollte der Eindruck erweckt werden, dass die
junge Nutzerin hier neutral informiert wird. Dass auch alternative Produkte auf dem
Markt existieren und dass ein Unternehmen und keine pädagogische Einrichtung die
fachliche Beratung verantwortet, wurde jedoch schlicht verschwiegen.
5. High-Tech-Advertainment unter Einbindung der Rezipienten
Einen letzten wichtigen Bereich für neue Werbeformen, stellt das „High-Tech-Advertainment” dar, das – nicht nur bei Kindern – zu Erstaunen und Interesse führt und so
seine Werbebotschaft transportiert. Als Beispiel dient uns eine Aktion von McDonalds
zur Bewerbung des „Happy Meal” aus dem Jahr 2011, bei der eine Mixed-RealityTechnologie angewendet wurde, um ein verblüffendes Erlebnis mit dem Produkt zu
schaffen. Auf der für Kinder ansprechend gestalteten Website des Produkts4 befand
sich eine Aufforderung, ein Blatt mit bunten Icons auszudrucken, ein Programm herunterzuladen,, und das besagte Blatt vor die eingeschaltete Webcam zu halten. Über
die Software wird das Bild der Webcam von der Hand des Nutzers oder der Nutzerin
auf den Bildschirm übertragen. Plötzlich erscheint eine animierte Happy Meal-Figur,
die sich auf dem Bildschirm nicht nur über das Papier bewegt, sondern auch noch mit
der Hand des Nutzers bzw. der Nutzerin zu interagieren scheint. Bei dieser sehr beeindruckenden Darbietung fehlte der Verweis, dass es sich um Werbung handelt, ebenso
3 Inzwischen auch unter www.herzensschwester.de verfügbar [Zugriff 06.02.2013]
4 www.mcdonalds.de/familie_und_kids/happy_meal.html#/home [Zugriff: 08.06.2011]
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wie ein Hinweis darauf, dass Eltern zunächst zu Rate gezogen werden sollten, bevor
über eine Webcam Bilder übertragen werden oder ein Programm heruntergeladen
wird. Hinzu kommt, dass gerade der Aspekt des Unerwarteten eine hohe Anforderung
an die Online-Werbekompetenz der Kinder stellt und die Identifikation von Werbung
erschwert.
Neue Werbeformen und Anforderungen an die Medienkompetenz
von Kindern
Unsere Beispiele für neuartige Werbeformen verdeutlichen, wie hoch die Anforderungen an die Medienkompetenz von Kindern im Falle von Werbung im Internet mittlerweile liegen. Durch die Möglichkeit zur interaktiven Auseinandersetzung mit einem
Produkt verschmelzen Werbung und Unterhaltung und machen Werbebotschaften
schwer identifizierbar. Insbesondere Online-Markenwelten und Spiele verlangen die
ganze Aufmerksamkeit der Nutzenden, um den Computer entsprechend zu steuern
und in diesen Werbeformen zu navigieren. So verbleiben nur wenig kognitive Ressourcen für den Bereich der [53] Medienkunde oder um über das eigene Medienhandeln kritisch nachzudenken. Hinzu kommt, dass eine Kennzeichnung als Werbung im
Online-Raum oftmals fehlt – auch weil es dazu kaum verbindliche Rechtsvorgaben
gibt. Darüber hinaus sind auch (vermeintliche) Informationsangebote von Werbung
durchzogen, da Unternehmen im Internet die Möglichkeit haben, selbstjournalistischen Content zu gestalten und zu veröffentlichen – ohne vorher einen Umweg über
redaktionelle Medien oder über unabhängige Kontrollinstanzen gehen zu müssen.
Neutrale Informationen über ein Thema sowie damit in Verbindung stehende Produkte und die Bewerbung dieser Produkte sind nur schwer zu unterscheiden. Letztlich ist
Werbung durch die technischen Möglichkeiten im Internet für Kinder oftmals nichts
Vertrautes mehr und das Unerwartete führt zu Staunen und Begeisterung. Das wiederum erschwert ebenfalls die Identifikation von Werbung sowie das Nachdenken über
dahinterliegende Intentionen.
Um einen kompetenten Umgang mit Online-Werbung zu ermöglichen, müssen Kinder
immer wieder sensibilisiert werden, gerade mit Blick auf neuartige Formen, für die
Erfahrungswissen noch nicht vorausgesetzt werden kann. Besondere Lehrangebote in
der Schule und die Achtsamkeit der Eltern hinsichtlich der Online-Nutzung ihrer Kinder sind auch vor diesem Hintergrund dringend geboten. Der Forschung kommt die
Aufgabe zu, neuartige Werbeformen nicht nur zu dokumentieren und zu untersuchen,
sondern auch bei der Konzeption von pädagogischen Ansätzen zum Aufbau zeitgemäßer Werbekompetenz zu helfen.
Doch es genügt gewiss nicht, wenn die medienpädagogische Praxis und Forschung
ihre Hausaufgaben erledigen; der bestehende Rechtsrahmen zur Werberegulierung
bei der Ansprache von Kindern müssen schleunigst auf die neuen Online-Formate
ausgedehnt und angepasst werden. Worauf dabei zu achten ist, lässt sich aus unseren
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Beispielen bereits sehr gut ersehen – Kennzeichnung, Interaktion, Abfischen personenbezogener Daten, Einschleusen von Software, verdeckter Abschluss von Buchungen und Abonnements sind einige wichtige Stichwörter. Schließlich sind auch die
werbetreibenden Unternehmen gefordert, ihre soziale Verantwortung wahrzunehmen: An die Stelle der Ausnutzung der technischen Möglichkeiten und der Überrumpelbarkeit von kindlichen Surferinnen und Surfern zu Werbezwecken sollte ein Code
of Conduct treten, der längst vorhandene Selbstbeschränkungen etwa im Bereich der
klassischen Fernsehwerbung in die Internet-Ära fortschreibt.
Literatur
Baacke, Dieter/Sander, Uwe/Vollbrecht, Ralf/Kommer, Sven (1999). Zielgruppe Kind:
kindliche Lebenswelt und Werbeinszenierungen. Opladen: Leske + Budrich.
Decker, Reiner/Feil, Christine/Gieger, Christoph (2004). Wie entdecken Kinder das
Internet? Beobachtungen bei 5- bis 12-jährigen Kindern. Wiesbaden: VS Verlag.
Schneider, Silke/Warth, Stefan (2010). Kinder und Jugendliche im Internet. Emotionaler und pragmatischer Nutzen der Websites stehen im Vordergrund. Media Perspektiven 10, S. 471-482.
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