Bakterien in Dialysewassersystemen Nachweis von P. aeruginosa in Wasserproben M. Sc. Vera Bleicher Dr. Rauni Kuczius Beim Absterben gramnegativer Bakterien werden Bestandteile der Zellwand als Endotoxine freigesetzt, die bei Dialysepatienten Fieber verursachen und Langzeiteffekte wie chronische Entzündungen und kardiovaskuläre Erkrankungen nach sich ziehen können. Wasser für den menschlichen Gebrauch muss gemäß der Trinkwasserverordnung regelmäßig auf das Vorkommen von Bakterien untersucht werden. So können bei einer zu hohen Keimbelastung des Wassers rechtzeitig entsprechende Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt werden. Für humanpathogene Bakterien, zu denen auch P. aeruginosa zählt, stehen spezielle kultivierungsbasierte Nachweisverfahren zur Verfügung, die selektiv das Wachstum dieser Bakterien begünstigen. Das Umweltbakterium P. aeruginosa Das gramnegative Bakterium Pseudomonas aeruginosa (P. aeruginosa) ist ein weit verbreiteter, äußert anpassungsfähiger pathogener Umweltkeim, der in natürlichen Gewässern, in Wasserleitungen, in sanitären Anlagen sowie in Prozesswässern vorkommt. P. aeruginosa kann in feuchten, äußerst nährstoffarmen Habitaten oder in medizinischen Geräten (z. B. in Dialyseeinheiten) bereits mit Spuren von organischen Substanzen überleben und ist unter den genannten Bedingungen sogar in der Lage sich zu vermehren. Eine ausgeprägte Fähigkeit zur Biofilmbildung auf unterschiedlichen Oberflächen ermöglicht P. aeruginosa die Besiedlung vieler Standorte. Durch die Bildung von extrazellulären polymeren Substanzen (EPS) sind die Bakterien in eine Matrix eingebettet und auf diese Weise gut gegenüber Umwelteinflüssen, Desinfektionsmitteln und Antibiotika geschützt1. Ausgeprägte Biofilme unterschiedlicher Spezies können insbesondere in Trinkwasserleitungen und Wasserhähnen vorkommen2. Durch das Ablösen größerer Bestandteile des Biofilms kann es zu einer massenhaften Freisetzung von Bakterien kommen, und der kultivierungsbasierte Nachweis erbringt dann eventuell hohe Lebendkeimzahlen. Für gesunde Menschen stellt P. aeruginosa in der Regel keine Gesundheitsgefahr dar. Immungeschwächte Menschen sind jedoch anfällig für eine Infektion mit diesem Bakterium. P. aeruginosa kann Harnwegsinfektionen, Haut- und Ohrinfektionen oder Meningitis sowie schwere Pneumonien bei Patienten mit cystischer Fibrose verursachen. Das Bakterium bildet als Virulenzfaktoren Toxine und weitere Sekundärmetabolite. Beim Absterben gramnegativer Bakterien werden Bestandteile der 18 Spektrum der Dialyse & Apherese I Vol 05, No 3, 2015 Zellwand als sogenannte Endotoxine freigesetzt, die bei Dialysepatienten Fieber verursachen und Langzeiteffekte wie chronische Entzündungen und kardiovaskuläre Erkrankungen nach sich ziehen können. Um immungeschwächte Menschen besser zu schützen, ergibt sich eine dringende Notwendigkeit der Detektion von P. aeruginosa in Wasser für den menschlichen Gebrauch. Grenzwerte für P. aeruginosa Nach der Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) muss Wasser für den menschlichen Gebrauch auf das Vorkommen von Bakterien untersucht werden. Es ist zwar keine regelmäßige Untersuchung auf P. aeruginosa vorgeschrieben, aber da das Bakterium zu den humanpathogenen Mikroorganismen zählt, gelten strenge Nachweisgrenzen. Bei Bedarf kann durch das Gesundheitsamt eine Untersuchung auf diesen Keim gefordert werden. P. aeruginosa darf in 100 ml Wasser für den menschlichen Gebrauch (z. B. Trinkwasser, Badewasser oder Dialysewasser), beziehungsweise in 250 ml Wasser in verschlossenen Gefäßen für den menschlichen Verzehr nicht nachweisbar sein. Bei einem positiven Befund von P. aeruginosa in Routineproben wird eine unmittelbare Nachuntersuchung durchgeführt. Wird bei der Nachuntersuchung kein P. aeruginosa mehr gefunden, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Bei einem erneuten positiven Nachweis müssen Maßnahmen zur Beseitigung des Keims durchgeführt werden. Allerdings sind Kontaminationen mit P. aeruginosa durch eine starke Biofilmbildung dieses Bakteriums häufig schwer zu bekämpfen. Werden die Anforderungen der TrinkwV 2001 nicht eingehalten, muss das Gesundheitsamt eingeschaltet werden. Nachweisverfahren für P. aeruginosa nach EN ISO 16266 Im Moment wird P. aeruginosa in Routinelaboren mit dem kultivierungsbasierten Nachweisverfahren nach EN ISO 16266 bestimmt (Abb. 1). Bei dieser standardisierten und in der Routine eingesetzten Nachweismethode werden Wasserproben filtriert und die Filter anschließend bei 37 °C auf dem Selektivagar 24 – 48 h inkubiert. Dieser Agar enthält das toxische Tensid Cetrimid sowie ein Antibiotikum, welche das Wachstum von anderen Bakterien unterdrücken sollen. Eine blaugrüne Färbung, die durch die Bildung von Pyocyanin und weiterer Sekundärmetabolite hervorgerufen wird, ist ein hinreichendes Kriterium für die Bestätigung von P. aeruginosa. Kann keine blaugrüne Färbung festgestellt werden, müssen weitere biochemische Nachtestungen durchgeführt werden3. Dieses Verfahren hat den Nachteil eines gegebenenfalls hohen zeitlichen Aufwands durch wiederholtes Anzüchten von verdächtigen, nicht eindeutig bestimmbaren Kolonien mit zusätzlichen biochemischen Testverfahren, sodass eine eindeutige Differenzierung bis zu acht Tagen dauern und sogar zu falsch-positiven Resultaten führen kann. Alternative Nachweisverfahren Auf dem Markt stehen sowohl kultivierungsunabhängige (PCR-basierte Methoden und fluorescence-in-situ-hybridisation-Verfahren (FISH)) als auch weitere kultivierungsbasierte Nachweisver- Membranfiltration und Inkubation der Wasserprobe Eindeutige Identifizierung von Pseudomonas aeruginosa durch Pyocyaninbildung Eindeutiges Ergebnis nach 24 - 48 h Pyocyanin ist ein redoxaktiver Virulenzfaktor von P. aeruginosa, der zu den Phenazinen gehört. Die typische blaue Färbung von Pyocyanin ist ein charakteristisches Merkmal für eine eindeutige Identifizierung von P. aeruginosa. Keine eindeutige Identifizierung Biochemische Tests: • Umwandlung von Acetamid zu Ammoniak • Fluoreszenz • Oxidase-positiv Pseudomonas aeruginosa Eindeutiges Ergebnis evtl. erst nach 8 Tagen O Abb. 1: Kultivierungsabhängiges Nachweisverfahren für P. aeruginosa nach EN ISO 16266. Nach Membranfiltration und Inkubation der Filter kann ein eindeutiges Ergebnis durch Pyocyaninbildung erhalten werden (linke Seite). Ist das nicht der Fall, müssen weitere biochemische Nachtestungen durchgeführt werden (rechte Seite). fahren zur Verfügung4, die zum Teil als alleiniger Nachweis nicht selektiv genug oder relativ teuer sind bzw. auch gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe haben. In der Routine werden sie z. T. noch nicht in größerem Maßstab eingesetzt, da sie verhältnismäßig aufwendig und teuer sind, es keine gesetzlichen Rahmenbedingungen gibt und sie ohne weitere Optimierung nicht universell für alle Probenarten angewendet werden können. Ausblick Artikel Online Die schnelle Identifizierung von P. aeruginosa in Wasserproben dient der wichtigen Gesundheitsprävention besonders für infektionsgefährdete Menschen. Aus diesem Grund wäre die Entwicklung und Etablierung eines neuen Nachweisverfahrens für P. aeruginosa, das selektiver und schneller ist als das Verfahren nach EN ISO 16266, wünschenswert. Literatur / Quellenangaben: 1 Rasamiravaka,T., Labtani, Q., Duez, P. & El Jaziri, M. (2015) The Formation of Biofilms by Pseudomonas aeruginosa: A Review of the natural and synthetic compounds interfering with control mechanisms. BioMed Research International Vol 2015: 1-17. 2 Wingender, J. & Flemming, H.-C. (2011) Biofilms in drinking water and their role as reservoir for pathogens. Int J Hyg Environ Health 214: 417– 423. 3 EN ISO 16266:2008 4 Weiser, R., Donoghue, D., Weightman, A. & Mahenthiralingam, E. (2014) Evaluation of five selective media for the detection of Pseudomonas aeruginosa using a strain panel from clinical, environmental and industrial sources. J Microbiol Methods 99: 8–14. 19