Pseudomonas im Hamburger Trinkwasser?

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BÜRGERSCHAFT
DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG
Drucksache
20/6620
20. Wahlperiode
29.01.13
Schriftliche Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kersten Artus und Dora Heyenn (DIE LINKE) vom 22.01.13
und
Betr.:
Antwort des Senats
Pseudomonas im Hamburger Trinkwasser?
Das Bakterium Pseudomonas aeruginosa gilt als äußerst gefährlich. Bei immungeschwächten Menschen kann es zum Tode führen. Gegen Antibiotika
soll es bereits oft resistent sein. Bundesweit kommt es immer wieder zu Verschmutzungen von Trinkwasser mit dem Keim. In 11 Prozent aller Privathaushalte soll es das Bakterium bereits geben. Bis heute fehlt allerdings eine
Vorschrift für eine Wasseruntersuchung auf Pseudomonas aeruginosa.
Selbst Wasserwerke müssen laut der Trinkwasserverordnung ihr Wasser
nicht auf diesen Keim testen.
Wir fragen den Senat:
Pseudomonas aeruginosa verursacht selten schwere Erkrankungen bei gesunden
Menschen und das Risiko einer Übertragung durch Trinkwasser wird als niedrig eingestuft. Jedoch sind insbesondere immungeschwächte Menschen anfällig für eine durch
Pseudomonas aeruginosa verursachte Infektion. Als Haupteintragspfad für eine Übertragung gilt der Kontakt mit verletzter Haut und Schleimhäuten.
Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:
1.
Wie oft haben sich Menschen in den vergangenen fünf Jahren in Hamburg mit Pseudomonas aeruginosa infiziert?
a.
Wo haben sie sich jeweils infiziert und was kann über die Ursachen
der Infektion jeweils gesagt werden?
b.
In welchem Alter und welchen Geschlechts waren die Betroffenen
jeweils?
c.
In welchen Gebieten/Stadtteilen der Freien und Hansestadt Hamburg haben die Infektionen stattgefunden?
d.
Wie viele Infizierte sind infolge der Infektion gestorben?
Den Bezirksämtern liegen keine Erkenntnisse über die Krankheitshäufigkeit mit
Pseudomonas aeruginosa vor. Infektionen mit diesem Keim sind nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig. Gleiches gilt für Erkenntnisse, die sich aus
Meldungen nach dem IfSG über etwaige Ausbrüche in Gemeinschaftseinrichtungen
sowie Infektionen in Krankenhäusern ergeben könnten. Auch der Hamburgischen
Krankenhausgesellschaft (HKG) liegen keine Daten vor, die zur Beantwortung der
Frage beitragen können. Hierzu wären seitens der HKG umfangreiche Erhebungen in
ihren Mitgliedshäusern durchzuführen.
2.
Wird Hamburger Trinkwasser auf Pseudomonas aeruginosa getestet?
a.
Wenn ja, mit welchen Ergebnissen in den letzten fünf Jahren?
Drucksache 20/6620
b.
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 20. Wahlperiode
Wenn nein, warum nicht?
Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) sieht keine regelhafte Untersuchung von
Trinkwasser auf Pseudomonas aeruginosa vor. Nach § 20 TrinkwV 2001 kann eine
anlassbezogene Untersuchung auf Pseudomonas aeruginosa vom zuständigen
Gesundheitsamt angeordnet werden. Im Bereich des Gesundheits- und Pflegewesens
werden Untersuchungen gemäß einschlägiger Empfehlungen und Richtlinien durchgeführt.
Untersuchungen liegen in Betreuungseinrichtungen für alte und kranke Menschen vor
(Untersuchungen auf Pseudonomaden im Rahmen des Hygieneplans/Eigenüberwachung). Diese erfolgen in der Regel nicht auf Anordnung des Gesundheitsamtes und
deren Ergebnisse liegen demzufolge den Gesundheitsämtern der Bezirke nur in Einzelfällen vor. Für eine vollständige Erfassung der Daten müssten die Einrichtungen
direkt befragt werden. In Einzelfällen wurden auch Messungen durch die Bezirksämter
veranlasst. Den Bezirken liegen weder zu Eigenkontrollen noch zu veranlassten Messungen positive Ergebnisse vor.
Eine Kontamination mit Pseudomonas aeruginosa im Trinkwasserverteilungsnetz tritt
sehr selten auf und steht dann oft in Zusammenhang mit neu verlegten Rohrleitungen.
In Hamburg werden Rohrleitungen vor der Inbetriebnahme intensiv gespült und erst
nach einer mikrobiologischen Überprüfung durch die Hamburger Wasserwerke GmbH
freigegeben.
3.
Finden in den Hallen- und Schwimmbädern spezielle Untersuchungen
auf das Bakterium Pseudomonas aeruginosa statt?
a.
Wenn ja, wie oft?
b.
Wenn nein, warum nicht?
Ja. In Anlehnung an DIN 19643 „Aufbereitung von Schwimm- und Badebeckenwasser“ wird eine Untersuchung auf Pseudomonas aeruginosa alle ein bis drei Monate
durchgeführt.
4.
Welche Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten gibt es, um Pseudomonas aeruginosa zu identifizieren, und welcher Zusammenhang besteht konkret zwischen Diagnose und Heilungschancen?
Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa werden ärztlicherseits mit klinisch-infektiologischen Untersuchungsverfahren (der betroffenen Patienten) sowie klinisch-mikrobiologischen Laboranalyseverfahren (der gewonnenen Probenmaterialien) diagnostiziert. Der Erreger ist in klinischen Probenmaterialien in der Regel einfach nachweisbar.
Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa werden nach den Regeln der ärztlichen
Kunst behandelt. Dies schließt gegebenenfalls eine mögliche Resistenzen berücksichtigende antibiotische Behandlung mit antibakteriellen Chemotherapeutika ein.
Die Heilungschancen von Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa sind unter anderem abhängig vom betroffenen Organsystem, vom Ausmaß der Infektion, vom individuellen Gesundheitszustand der betroffenen Patienten sowie von der Antibiotikaempfindlichkeit des jeweiligen Erregerstammes. Allgemeingültige Aussagen sind daher nicht möglich.
5.
Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene und
Direktor des Hygiene-Instituts der Universität Bonn, Prof. Dr. Martin
Exner, kritisiert die Trinkwasserverordnung als nicht ausreichend.
a.
Plant der Senat eine Bundesratsinitiative, um die Verordnung anzupassen?
b.
Wenn nein, warum nicht?
Nein. Die Trinkwasserverordnung gibt den zuständigen Behörden die Möglichkeit, weiter gehende Untersuchungen anzuordnen, wenn eine Schädigung der menschlichen
Gesundheit zu befürchten ist. Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.
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