Einführung in die Astronomie und Astrophysik II Teil 2 Jochen Liske Hamburger Sternwarte [email protected] Astronomische Nachricht der Woche Astronomische Nachricht der Woche Astronomische Nachricht der Woche Astronomische Nachricht der Woche Astronomische Nachricht der Woche Aktive Marsmissionen Themen Sternentstehung Sternentwicklung Interstellare Materie Die Milchstraße Galaxien Galaxienhaufen Intergalaktische Materie Kosmologie Sternentstehung Sterne haben eine endliche Lebensdauer Sterne müssen einen “Anfang” haben Wo enstehen Sterne? Unter welchen Bedingungen? Wie verläuft die Entwicklung hin zu einem Hauptreihenstern? Sehr komplexes Problem, hier nur kurzer Abriss Sternentstehung: Übersicht Das interstellare Medium Das interstellare Medium ~10% der sichtbaren Masse der Milchstraße ~99% Gas und ~1% Staub Zusammensetzung ~91% H (~70% nach Masse) ~9% He (~28% nach Masse) < 1% Metalle (~1.5% nach Masse) In verschiedenen Phasen: Das interstellare Medium ~10% der sichtbaren Masse der Milchstraße ~99% Gas und ~1% Staub Zusammensetzung ~91% H (~70% nach Masse) ~9% He (~28% nach Masse) < 1% Metalle (~1.5% nach Masse) In verschiedenen Phasen: Sternentstehung: Übersicht Gravitationsinstabilität Sterne entstehen durch den Kollaps interstellarer Gaswolken Annahme: Gaswolke ist homogen, isotherm, nichtrotierend K = innere Energie (thermisch) U = Potentielle Energie (Gravitation) Gravitativ gebunden wenn K + U < 0 Hydrostatisches Gleichgewicht Virialsatz: 2K + U = 0 Gravitativer Kollaps wenn: MJ = Jeans Masse T3/2 -1/2 Virialsatz Virialsatz Gravitationsinstabilität Sterne entstehen durch den Kollaps interstellarer Gaswolken Annahme: Gaswolke ist homogen, isotherm, nichtrotierend K = innere Energie (thermisch) U = Potentielle Energie (Gravitation) Gravitativ gebunden wenn K + U < 0 Hydrostatisches Gleichgewicht Virialsatz: 2K + U = 0 Gravitativer Kollaps wenn: MJ = Jeans Masse T3/2 -1/2 Verlauf des Kollaps I Was passiert mit der bei einem einsetztenden Kollaps frei werdenden Energie U? Wenn in kinetische Energie der Gasteilchen T steigt K steigt MJ steigt Wiederherstellung des hydrostatischen Gleichgewichts Kollaps kommt zum Erliegen Um aus einer Molekülwolke einen Stern zu machen, wird aber eine Kompression um Faktor ~1020 benötigt Jeans-Kriterium muss über längere Zeit erfüllt bleiben Muss Energie abführen Kühlprozesse Verschiedene Kühlprozesse in verschiedenen Phasen des Kollaps Zunächst: inelastische Kollisionen Strahlung Kollisionsrate ~ 2 Kühlleistung nimmt mit fortdauerndem Kollaps zu Nahezu isothermer Vorgang Zeitskala des Kollaps Zeitskala des Kollaps = Frei-Fall-Zeit: Beschleunigung eines Massenelements ohne inneren Druck: harmonischer Oszillator mit Frequenz ω Zeit zum Erreichen des “Mittelpunkts”: tff = (2π/ω) / 4 Moment mal… Für eine typische Molekülwolke: T = 20 K, = 10-18 kg m-3 MJ 120 Mʘ tff 2 x 106 yr Aber MMolekülwolke 104-5 Mʘ >> MJ Alle Molekülwolken müssten gravitativ instabil sein Warum sind nicht schon längst alle Molekülwolken der Milchstraße kollabiert? Moment mal… Für eine typische Molekülwolke: T = 20 K, = 10-18 kg m-3 MJ 120 Mʘ tff 2 x 106 yr Aber MMolekülwolke 104-5 Mʘ >> MJ Alle Molekülwolken müssten gravitativ instabil sein Warum sind nicht schon längst alle Molekülwolken der Milchstraße kollabiert? Bisherige Analyse offensichtlich nicht vollständig Zusätzliche Faktoren, die einem Kollaps entgegenwirken: Turbulenz Energie-Input durch nahe gelegene Sterne Magnetfelder Rotation Moment mal… Zusätzliche Faktoren, die einem Kollaps entgegenwirken: Turbulenz Energie-Input durch nahe gelegene Sterne Magnetfelder Rotation Andererseits: Faktoren, die einen Kollaps begünstigen können: Turbulenz Supernova Zusammenstoß von Molekülwolken Gezeitenkräfte Sternentstehungsregion Carinanebel Credit: NASA, ESA, N. Smith (University of California, Berkeley), and The Hubble Heritage Team (STScI/AURA) Sternentstehungsregion Carinanebel Credit: NASA, ESA, N. Smith (University of California, Berkeley), and The Hubble Heritage Team (STScI/AURA) Verlauf des Kollaps II Abnehmende Frei-FallZeit mit zunehmender Dichte Fragmentation: Kollaps einzelner Dichtefluktuationen Bok-Globule www.abenteuer-universum.de Credit: NASA, ESA, N. Smith (University of California, Berkeley), and The Hubble Heritage Team (STScI/AURA) Credit: NASA, ESA, and the Hubble Heritage Team (STScI/AURA) Bok-Globule Kleine, dichte Wolken aus Gas (H2) und Staub M 1 – 100 Mʘ T 10 K R 1 lyr Vermutlich kollabierende stellare Geburtsstätten Verlauf des Kollaps III Gas-Kern (R ~ 104-5 AU) kollabiert nahezu isotherm auf Zeitskalen von tff ~ 105 yr Kühlung durch Abstrahlung der frei werdenden potentiellen Energie bis das sich immer mehr verdichtende Gas optisch dick wird Strahlung kann nicht mehr entkommen (nur noch im IR, durch Staub, bis dieser dissoziiert wird) Kollaps von nun an adiabatisch (E = const, T steigt), allerdings viel langsamer Wenn T ca. 2000 K erreicht neuer Kühlungsprozess: Dissoziation von H2, später gefolgt von Ionisation weiterer Kollaps bis sich schließlich ein Kern im hydrostatischen Gleichgewicht bildet Geburt eines Protosterns Entwicklung des Protosterns Protostern = hydrostatisches Objekt mit umgebender Gashülle Hat zu Beginn erst einen Bruchteil der Masse des finalen Sterns Gaseinfall (Akkretion) Einfallendes Gas + Konservierung des Drehmoments Bildung einer zirkumstellaren (protostellaren) Scheibe Leuchtkraft aus Akkretion: Lacc = GM*/R* dM/dt Noch immer von Molekülwolke umhüllt Strahlung wird von Staub absorbiert und im Infraroten re-emittiert, nicht sichtbar im Optischen Entwicklung des Protosterns Entwicklung des Protosterns Durch Strahlungsdruck und Gasausflüsse kann sich der Protostern schließlich von seiner Gashülle befreien Protostern wird im Optischen sichtbar, er erscheint auf der „Geburtslinie“ im HRD Vor-Hauptreihenstern (pre-main sequence star = PMS) Vor-Hauptreihensterne Protostern Energie aus Akkretion Zeitskala = tff 104 yr PMS Akkretion gestoppt Energie aus Kontraktion Zeitskala = Kelvin-Helmhotz-Skala 107 yr Entwicklung des PMS Entwicklungsstufen für 1 Mʘ: Henyey-Track Hayashi-Track H ~ T8 Hohe optische Dichte / Opazität Strahlungsfalle Energietransport durch Konvektion Fast konstante Teff während der Kontraktion L wird kleiner Vertikale Entwicklung im HRD (Hayashi-Track) Entwicklung des PMS Entwicklungsstufen für 1 Mʘ: Henyey-Track Hayashi-Track Annähernd gleichzeitig: Anstieg der Temperatur im Inneren Gas wird ionisiert ff ~ T-3.5 Opazität nimmt ab Energietransport durch Strahlung L + R Teff nimmt zu Entwicklung nach “links (oben)” im HRD Entwicklung des PMS Entwicklungsstufen für 1 Mʘ: Henyey-Track Hayashi-Track Ab Zentraltemperatur T > 106 K: Nukleares Brennen im Zentrum Kontraktion wird aufgehalten Stern im hydrostatischen Gleichgewicht Stern erreicht die Hauptreihe Entwicklung des PMS Entwicklungsstufen für > 3 Mʘ: Henyey-Track Hayashi-Track Von Anfang an hohe Temperatur im Inneren Energietransport durch Strahlung L + R Teff nimmt zu Entwicklung nach “links (oben)” im HRD Protostern PMS MS Protostern PMS MS Protostern PMS MS Class 0 kompaktes Zentralobjekt, kaum sichtbar, tief eingebettet in Gasklumpen + Gasausfluss Class I Hülle + Zentralobjekt Class II , beobachtbar im Optischen, Zentralobjekt + Scheibe, abgestoßene Hülle, T-Tauri Sterne (classical TTS = CTT) Class III Zentralobjekt + Rest (protoplanetare) Scheibe, weak-line T-Tauri Sterne (WTT), schwache Emissionslinien T-Tauri Sterne Starke Schwankungen der Leuchtkraft MTTS < 3 M⨀ Im HRD oberhalb der Hauptreihe (größer und leuchtkräftiger als MS Stern) Spektralklassen: F, G, K, M Sichtbar in Emissions- und Absorptionslinien Emissionslinien meist aus abgestoßener Hülle (bis 100 km/s) Massenverlust bis zu 1 M⨀ Masse des Hauptreihensterns kann wesentlich kleiner sein als Masse des kollabierenden Gasklumpens Credit: NASA, ESA, M. Livio and the Hubble 20th Anniversary Team (STScI) Herbig-Haro Objekte Credit: ESA/Hubble & NASA Credit: NASA/ESA and L. Ricci (ESO) Credit: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)