BIENEN Kleine Insekten, große Wirkung In „Forschung aktuell“ werden die Themen verständlich und fächerübergreifend dargestellt. Die Materialien lassen sich in verschiedenen Unterrichtsfächern einsetzen. Alle Arbeitsblätter sind didaktisch aufeinander abgestimmt. Die Entwicklung wurde von Fachpädagogen begleitet. Das vorliegende Material soll Lehrer bei der Vorbereitung und bei der Gestaltung einer Unterrichtseinheit unterstützen. Ein Service für den Unterricht Anhand von konkreten, die Schüler motivierenden und leicht fassbaren Beispielen erklären die Arbeitsblätter einzelne Gesichtspunkte neuer Entwicklungen aus der Forschung, setzen sie in den Kontext der naturwissenschaftlichen Bildung und machen so für die Schüler die praktische Umsetzung von theoretischem Wissen in Forschungsergebnisse anschaulich und nachvollziehbar. Das Thema ist dem Bayer-Forschungsmagazin „research“ entnommen. Texte, Grafiken und Fakten wurden speziell für die Verwendung im Unterricht unter pädagogischen Gesichtspunkten überarbeitet. Titelbild Honigbienen sind nicht nur für den Honig bekannt. Sie spielen auch eine wichtige Rolle bei der Bestäubung vieler Nutzpflanzen. Seit über 20 Jahren stellt das Unternehmen seine Forschung im zweimal jährlich erscheinenden Magazin „research“ einer breiten Öffentlichkeit vor: Es richtet sich an naturwissenschaftlich orientierte Schüler, Lehrer und Studenten, aber auch an Wissenschaftler, Hochschullehrer und Kunden des Unternehmens. Das rund 50-seitige Magazin erscheint in einer Auflage von etwa 150.000 Exemplaren auf Deutsch und Englisch. „Forschung aktuell“ ist ein Service der Bayer AG für den naturwissenschaftlichen Unterricht und die Ausbildung. Dieses Material soll es Lehrern und Dozenten erleichtern, aktuelle Forschungsarbeiten aus Physik, Chemie, Umwelt- und Biowissenschaften im Unterricht aufzugreifen. Wir hoffen, dass wir damit dazu beitragen, die Faszination und die Bedeutung moderner Forschung für das tägliche Leben zu vermitteln und so die Schüler für den naturwissenschaftlichen Unterricht zu motivieren. Bayer AG Konzernkommunikation Gebäude W 11 Dr. Katrin Schneider 51368 Leverkusen Die Bayer AG ist ein forschungsorientierter, international agierender Konzern mit einem breiten Spektrum von Produkten und Leistungen – in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und hochwertige Materialien. i K APITEL 1 Die Rolle der Bienen in der Natur Sie sind zwar klein, aber immens wichtig: Denn die Insekten spielen eine zentrale Rolle bei der Bestäubung vieler Nutzpflanzen. Zahlreiche Kulturpflanzen sind von Bestäubung durch Insekten abhängig. Weltweit ist die Anzahl der Honigbienenvölker in den letzten 50 Jahren gestiegen. Doch in einigen Regionen der Welt zeigt sich ein Rückgang, der die Öffentlichkeit besorgt. A BSCHNITT 1 Honig- und Wildbienen Im Frühjahr beginnt die Bienenzeit – dann werden die Insekten aktiv. Sie schwärmen aus, auf der Suche nach Nahrung für sich und ihre Brut. Die Arbeit der Biene ist auch für uns Menschen besonders wichtig. Sie liefert nicht nur leckeren Honig, sondern bestäubt auch schmackhafte Pflanzen für unsere Ernährung – wie Kirschen, Erdbeeren oder Sonnenblumen. Die Honigbiene ist wohl die populärste Bienenart. Sie wird sogar als Nutztier gehalten. Mehr über die Honigbiene gibt es in Kapitel 3. Außer der Honigbiene gibt es in Deutschland noch etwa 550 verschiedene Wildbienen: darunter Hummeln, Zottel-, Pelz-, Sand- und Seidenbienen. Die Arten unterscheiden sich stark in ihrem Aussehen und vor allem in ihrer Größe. Biene ist nicht gleich Biene – es gibt verschiedene Arten von Honig- und Wildbienen. Die Hauptzeit von Wildbienen ist von Frühjahr bis Herbst – die ersten Arten werden sogar schon im Februar aktiv. Bei ihrer Suche nach Nektar und Pollen bestäuben die Insekten Bäume, Blumen und Nutzpflanzen. Davon profitiert die Pflanzenwelt: Viele Pflanzen wie Mandelbäume oder Kürbispflanzen bilden überhaupt nur durch die Hilfe von Bienen Früchte. Die Große Wollbiene – auch Garten-Wollbiene genannt – ist an ihren gelben Streifen zu erkennen. 2014 wurde sie zur Biene des Jahres gewählt. 3 Auch Hummeln zählen zu den Wildbienen. Ein Insektenhotel aus Holz bietet Wildbienen einen geeigneten Nistund Brutplatz. ! als die Honigbienen sind Wildbienen meistens sogenannte Solitärbienen: Sie leben nicht in Kolonien. Eine Ausnahme sind etwa die Hummeln – sie bilden ebenfalls zeitweise einen Staat aus Königin, Drohnen und Arbeiterinnen. Allein 150 Nutzpflanzen und 80 Prozent der Wildpflanzen werden von Insekten bestäubt. Umso wichtiger ist es, sie zu schützen. Die Hälfte der Wildbienenarten gilt laut der Deutschen Wildtierstiftung bereits als bedroht, da sie vielerorts zu wenig Nahrungsquellen und Lebensräume finden. Unterschlupf suchen Wildbienen überall: Die verschiedenen Arten graben in Boden und Holz oder nisten sich in fertige Behausungen ein, etwa verlassene Schneckenhäuser. Anders 4 A BSCHNITT 2 Bestäubung und ihre Bedeutung Sowohl Honig- als auch Wildbienen spielen eine große Rolle für die Bestäubung von Blütenpflanzen. Wenn Bienen, Hummeln oder Fliegen nicht als Bestäuber tätig wären, gäbe es auf Feldern, an Bäumen und Büschen weniger Früchte und Samen. Gegenseitige Abhängigkeit zwischen Bienen und Blütenpflanzen Bienen und Blütenpflanzen leben in einer symbiotischen Partnerschaft, die über Jahrmillionen ausreifen konnte. Das heißt, beide profitieren voneinander. Die Biene erhält von der Pflanze ihre wichtigsten Nahrungsmittel – Nektar und Pollen – und übernimmt im Gegenzug die Bestäubung. Auf ihrer Suche nach Nektar trägt die Biene Pollen von Blüte zu Blüte – sie gehört zu den wichtigsten Bestäubern. Der Aufbau vieler Blüten hat sich im Zuge der Evolution perfekt an die Bedürfnisse der Insekten als Bestäuber angepasst: Um an den Nektar zu gelangen, muss die Biene an den Staubblättern entlangstreichen, wobei sie mit ihrem Haarkleid automatisch Pollen aufnimmt. Den trägt sie im Flug von Blüte zu Blüte mit sich. Besucht sie die nächste Pflanze, bleibt der Pollen an der klebrigen Narbe hängen. Die Blüte ist jetzt bestäubt. Eine einzelne Honigbiene kann pro Flug 200 bis 300 Blüten besuchen. L ERNINHALTE 1. Gegenseitige Abhängigkeit zwischen Bienen und Blütenpflanzen Die Honigbiene hat sich wiederum an ihren Nahrungsversorger angepasst: Ihre Mundwerkzeuge sind für die Aufnahme von Nektar und Honigtau in der Blüte spezifisch ausgebildet: Unterkiefer und Unterlippe bilden zusammen den sogenannten Saugrüssel, der im Inneren der Blüte ausgefahren wird. Mit seiner Hilfe kann die Biene in die Tiefe der Blüte vordringen, um dort an den Nektar zu gelangen. 2. Die Augen einer Biene 3. Die Bestäubungsleistung der Bienen 5 Die Biene und die Blüte Eine ganze Wiese voller Blumen, doch welche ist die richtige? Damit die Honigbiene den Nektar nicht bei bereits bestäubten Blumen sucht, hat sich auch hier eine spezielle Anpassung zwischen Blume und Biene entwickelt. Die Pflanzen bieten ein spezifisches Leitsystem: Noch nicht bestäubte Blumen duften und leuchten für die Bienen anziehender als andere. So werden sie automatisch zu den richtigen Blüten geleitet. Für uns Menschen sind diese Signale gar nicht wahrnehmbar. 6 gen wahrnehmen. Rasant fliegende Insekten wie die Honigbiene sehen bis zu 300 Bilder pro Sekunde – im Vergleich dazu nimmt der Mensch nur bis zu 65 Bilder pro Sekunde wahr. Die Augen einer Biene Honigbienen und viele andere Insekten sehen durch Facettenaugen. Sie bestehen aus tausenden sogenannter Ommatidien. Jedes einzelne funktioniert wie ein eigenstänDie Honigbiene registriert diges einfaches Auge. Die Die Honigbiene unter dem Elektronenmikroskop: Das Bild links zeigt auch ultraviolettes (UV) Licht, Ommatidien sind auf einer den Kopf einer Biene, rechts im Detail das Auge. das für den Menschen unsichtbeinahe halbkugeligen Oberbar ist. Die Tiere nutzen diese fläche auf dem Kopf angeordFähigkeit bei der Futtersuche. Denn spezielle Pigmente in net und zeigen so in leicht unterschiedliche Richtungen – und Blumen absorbieren oder reflektieren das UV-Licht – so erdas ermöglicht den Bienen einen großen Blickwinkel. scheint eine Art „Landebahn“, die die Biene direkt zum NekDas wahrgenommene Bild setzt sich aus den gesammelten tar- und Pollenvorrat der Pflanze führt. Die Biene lernt, dass Informationen aller Ommatidien zusammen: Facettenaugen dunkle Flecken in der Mitte der Blüte anzeigen, wo der Nekliefern kein so scharfes Bild wie die Augen von Säugetieren. tar zu finden ist. Auf der anderen Seite können Bienen die Allerdings können die Insekten dafür sehr schnelle BewegunFarbe Rot nicht wahrnehmen. Das Leberblümchen (Hepatica nobilis) etwa sieht für uns pink aus, für Hummeln erscheint es jedoch blau. Honigbienen suchen ihre Nahrung im Normalfall in einem Umkreis von 3 – 4 Kilometern. Auf den Menschen übertragen hieße das, für die Nahrungsbeschaffung rund 2.500 Kilometer zu reisen. 7 Exkurs: Der Bienenforscher Karl von Frisch Experiment beweist: Bienen sehen Farben Einen Namen machte sich Karl von Frisch vor allem dadurch, dass er das Sehvermögen der Honigbiene erforschte. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts nahm man an, dass Bienen farbenblind seien und nur Graustufen unterscheiden könnten. Karl von Frisch wollte das nicht glauben: Wozu sollten Blumen dann bunt sein? Der Forscher machte ein Experiment: Er stellte einen Behälter mit Zuckerwasser auf ein blaues Papier, legte daneben Papiere in verschiedenen Graustufen. Als er anschließend den Versuch ohne Zuckerwasser durchführte, flogen die Bienen ausschließlich auf das blaue Papier – obwohl dieses nun an anderer Stelle lag. So wissen wir heute: Bienen können Farben sehen. Entdecker des Bienentanzes Karl von Frisch (1886–1982) gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Verhaltensforscher. Er erforschte etwa die Sinneswahrnehmungen von Honigbienen und die Art und Weise der Verständigung dieser Tiere untereinander. Für seine Entdeckungen zur Organisation und Auslösung von Verhaltensmustern der Biene erhielt Karl von Frisch im Jahr 1973 – gemeinsam mit Konrad Lorenz und Niko Tinbergen – den Nobelpreis. Auch in seiner weiteren Arbeit ließen die Bienen den Biologen nicht los. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs veröffentlichte von Frisch neue Erkenntnisse über diese faszinierenden Insekten. Dieses Mal stand die Kommunikation im Bienenstock im Fokus seiner Arbeit. Er ging der Frage nach: Wie informiert eine Honigbiene, die eine Nahrungsquelle entdeckt hat, die anderen Bienen über den Fund? Er „entschlüsselte“ die bis dahin unbekannte Kommunikation der Bienen, den Rund- und den Schwänzeltanz. Auf seinen Entdeckungen beruht unser heutiges Wissen über die Kommunikation der Honigbiene. 8 Wind verlassen müssen. Melonenpflanzen würden beispielsweise ohne die Insektenbestäubung sehr wenige Früchte bilden – und qualitativ minderwertige. Die Bestäubungsleistung der Bienen Die Bestäubung durch Insekten ist eine enorm wertvolle Leistung. Wild- und Honigbienen, Fliegen, Käfer oder Schmetterlinge tragen durch die Bestäubung zu der Produktion von rund 10 Prozent aller weltweiten Ernteerzeugnisse bei – gemeinsam mit anderen Tieren wie Vögeln oder Fledermäusen. ! Bei manchen Blütenpflanzen, wie zum Beispiel der Heidelbeere, sind die Pollen in einem schlauchförmigen Beutel versteckt, der nur eine kleine Öffnung an der unteren Spitze hat. Das macht es für die Bienen schwierig, den Pollen zu sammeln. Doch manche Bienenarten wie Hummeln haben Anpassungen an diese Strukturen entwickelt: Sie klammern sich an der Blüte fest und beginnen zu zittern. So schütteln sie den Blütenstaub aus seiner Hülle. Experten schätzen den ökonomischen Wert der tierischen Bestäubung weltweit auf mehr als 150 Milliarden Euro pro Jahr. Durch Insektenbestäubung reifen auf Erdbeer-, Kiwi- oder Tomaten-Plantagen weltweit qualitativ hochwertige Früchte. Auch Äpfel tragen deutlich höhere Ernten, wenn Insekten den Pollen übertragen – und sich die Landwirte nicht nur auf den Die Hummeln rütteln an etwa acht Prozent aller Blütenpflanzen – darunter Tomaten, Paprika, Auberginen und Cranberries. Experten nennen dieses Phänomen auch Vibrationsbestäubung. 9 Äpfel tragen deutlich höhere Ernten, wenn Insekten den Pollen übertragen – und sich die Landwirte nicht nur auf den Wind verlassen müssen. A BSCHNITT 3 Von Honig, Wachs und Bienengift Gelb bis golden: Pollen, Nektar und Honig Honig ist nicht gleich Honig. Das liegt vor allem daran, dass die Bienen ihn aus verschiedenen Quellen gewinnen. Nektar ist der zuckerreiche Saft, der von den Nektarien der Blütenpflanzen abgesondert wird und aus dem die Bienen Blütenhonig produzieren. Honigtau bezeichnet hingegen Sekrete lebender Pflanzen oder die zuckerhaltigen Ausscheidungsprodukte von Blattläusen und anderen Insekten, die auf diesen Pflanzen von deren Siebröhrensaft leben. Aus Honigtau stellen die Bienen den sogenannten Blatthonig her – beispielsweise Waldhonig. Die Biene saugt oder leckt den Nektar – oder Honigtau – auf und speichert ihn in ihrem Honigmagen. Enzyme spalten hier zum Beispiel lange Zuckerketten in einfache Zuckermoleküle auf. Bis hin zum fertigen Honig braucht es aber mehrere Bienen: Zurück im Stock wird der Nektar an die anderen Stockbienen weitergegeben. Durch mehrfaches Umtragen der Stockbienen wird er so mit Speichel und Sekreten durchmischt, eingedickt, durch Laktobazillen fermentiert und schließlich in die Waben eingelagert. Pollen wird von der Pflanze im Überschuss hergestellt und nicht nur zur Bestäubung verwendet – die Biene trägt ihn mit in den Stock und macht daraus Bienenbrot. Damit ernährt sie die Brut. L ERNINHALTE 1. Gelb bis golden: Pollen, Nektar und Honig 2. Über Bienenwachs, Propolis und Gelée royale 3. Das Gift der Honigbiene 10 Honig ist das Ergebnis der Arbeit vieler Bienen. So wird Honig gewonnen Dort verdunstet weiter Wasser aus der Mischung. Wenn der Wassergehalt unter 20 Prozent liegt, werden die Wabenzellen mit einer dünnen Wachsschicht verschlossen. Der Honig ist fertig. Um den Honig zu gewinnen, werden die Honigwaben entnommen und die verdeckelten Zellen geöffnet... ! Für die Bienen ist der Honig ihr Nahrungsvorrat während regnerischer Perioden oder in der Winterzeit, wenn es draußen keine Blüten gibt und es auch zu kalt zum Ausfliegen ist. Der Energielieferant der Bienen ist auch bei den Menschen sehr beliebt. Um den Honig zu gewinnen, werden die Waben geöffnet, geschleudert und der Honig gesiebt. Anschließend wird er gerührt und bekommt so die gewünschte Konsistenz. Honig unterliegt einer strengen Qualitätskontrolle und wird durch die Honigverordnung geregelt. Wichtige Eigenschaften sind etwa Herkunft, Farbe, Konsistenz, Geruch und Geschmack des Honigs. ... unter der feinen Wachsschicht kommt der süße Honig zum Vorschein. Im Zentrifugiervorgang werden die Waben dann geschleudert ... ... und der aus der Schleuder fließende Honig gefiltert und gesammelt. 11 1,6 Millionen Tonnen Honig ernteten die Imker aller Welt in 2012. Die Honigbienen in Asien produzierten fast die Hälfte davon. Über Bienenwachs, Propolis und Gelée royale Pollen – auch Blütenstaub genannt – sind die männlichen Keimzellen der Blütenpflanzen. Die Biene sammelt pro Flug bis zu vier Millionen Pollenkörner als sogenanntes Pollenhöschen am Hinterbein. So trägt sie den Pollen mit in den Bienenstock und deponiert ihn in den Waben. Die Körner haben einen sehr hohen Eiweißgehalt und dienen daher vor allem als Proteinlieferant für die Brut. Die Wabenzelle wird mit Honig aufgefüllt, so dass die Enzyme des Honigs den Pollen fermentieren. Es entsteht das sogenannte Bienenbrot. Die Mischung aus Pollen, Honig und Wachs wird als Ambrosia, die Speise der Götter, bezeichnet. Die 12 bis 18 Tage alten Arbeiterinnen kümmern sich um den Bau der Bienenwaben für die Brut und zur Einlagerung der Nahrung. Dafür benötigen sie Bienenwachs, den sie über ihre Wachsdrüsen am Hinterleib produzieren. Die Hauptbestandteile der entstehenden Wachsplättchen sind Ester, Fettsäuren, Kohlenwasserstoffe sowie ein kleiner Anteil freier Alkohole. Die Wabenzellen entstehen nach einem perfekten Sechseckmuster. Die Waben haben eine Tiefe von 10 bis 12 Millimetern und einen Durchmesser von rund 5,3 Millimetern. Die Zellen für die Drohnen sind – mit einem Durchmesser von etwa 6,9 und einer Tiefe von 14 Millimetern – größer. Daneben gibt es noch die wesentlich größeren Weiselzellen, aus denen die zukünftigen Königinnen schlüpfen. Wir Menschen nutzen Pollen als Aufbaumittel bei allgemeiner Schwäche und zur Desensibilisierung bei Allergikern. Sammeln kann man Pollen durch Gitter am Flugloch, die die Pollenpäckchen von den Beinen der Bienen abstreifen. Und durch eine Pollenanalyse kann die Herkunft eines Honigs bestimmt werden, da in jedem Honig auch geringe Mengen Pollen enthalten sind. Von der Form, Größe und Farbe des Pollens kann dann auf die Pflanze geschlossen werden, von der er stammt. Auch die Menschen können das Bienenwachs gebrauchen. In Ägypten wurde es in frühen Zeiten bei der Mumifikation von Leichen verwendet. Heute dient es als Salbengrundlage, zur Herstellung von Kerzen, zur Wachsbildnerei und als Pflegemittel. Um das Wachs zu gewinnen, müssen die Waben verflüssigt werden. Anschließend wird es mit heißem Wasser gereinigt. Indem die Biene den Pollen fermentiert, macht sie ihn haltbar. Das entstehende Bienenbrot ist besonders nährstoffreich. 12 einer Stachelrinne verlaufen und in ihrem Zentrum einen Kanal bilden, durch den das Gift fließt. Die Stechborsten können wie zwei Sägemesser gegeneinander bewegt werden. Sticht die Biene durch die Haut eines Säugetiers, so reißt die Giftblase und ein Muskel pumpt das Gift in den potenziellen Feind. Die Bienen schützen sich mit Propolis als natürlichem Desinfektionsmittel. Deren Bestandteile sammeln sie von Blattknospen und Rinden. Propolis stammt zum Beispiel von Pappeln, Erlen oder Birken und besteht aus Harz (50 Prozent), Wachs (30 Prozent), ätherischen Ölen (10 Prozent) sowie Eiweißen, Spurenelementen und Vitaminen. Sie ist sehr klebrig und wirkt gegen zahlreiche Pilze, Viren und Bakterien. Die Bienen verwenden Propolis als Kittharz zum Abdichten aller Ritzen und Spalten ihrer Behausung. Besonders das Einflugloch des Bienenstocks wird mit Propolis ausgestattet. Damit schützen die Insekten den Bienenstaat vor Krankheiten, die sich im Stock sonst schnell ausbreiten könnten. Doch das Bienengift kann auch sehr nützlich sein. In der Medizin wird es unter anderem bei Rheuma eingesetzt. Die Gewinnung erfolgt mittels mechanischer oder elektrischer Reizung der Bienen, die sie stimuliert, das Gift abzuspritzen. Das Gift der Honigbiene Bienenstiche sind schmerzhaft und schwellen oft stark an. Das liegt an dem Gift, das die Biene bei ihrer Verteidigung absondert. Bienengift wird nur von den weiblichen Bienen – also den Arbeiterinnen und der Königin – ab einem Alter von 14 Tagen in der Giftdrüse produziert. In ihrer Giftblase können sie 0,3 Milligramm ihres Verteidigungsmittels speichern, das sie in einer Notsituation über ihren Stachel absondern. Der Bienenstachel besteht aus zwei Stechborsten, die in einer Stachelrinne verlaufen und in ihrem Zentrum einen Kanal bilden. Auch den Bienenstachel haben nur weibliche Bienen, denn dieser hat sich evolutionär aus einem Eilegeapparat entwickelt. Er besteht aus zwei Stechborsten, die in 13 Fragen zur Lerneinheit Was bedeutet die Bezeichnung „Solitärbiene“? A. Die Bienen sind sehr aggressiv und greifen häufig an. B. Die Bienen leben nicht in Kolonien. C. Die Bienen leben in Kolonien. D. Das ist der Name einer Wildbienenart. Antwort prüfen 14 Fragen zur Lerneinheit Wie heißt eine der beiden Tanzarten der Biene, mit der sie eine Futterquelle signalisiert? A. Ringeltanz B. Blumentanz C. Flügeltanz D. Schwänzeltanz Antwort prüfen 15 Fragen zur Lerneinheit Welche Blütenfarbe kann die Biene nicht so sehen wie wir Menschen? Antwort prüfen 16 Fragen zur Lerneinheit Die „Speise der Götter“ ist eine Bezeichnung für ... A. Ambrosia B. Pollen C. Honig D. Propolis Antwort prüfen 17 K APITEL 2 Im Bienenstock Heute werden Honigbienen in der ganzen Welt als Nutztier von Imkern gehalten: für Honig, Wachs und Bestäubung. A BSCHNITT 1 Unterkunft und Ernährung Die Imker stellen den Honigbienen eine Behausung zur Verfügung. Früher verwendete man Strohkörbe, heute wohnen die Bienen in sogenannten Magazin-Beuten. Darin hängen Rähmchen, in die die Bienen ihre Wabenwände einbauen. Wenn der Imker einen Blick in die Bienenwohnung werfen will, nutzt er oft einen "Smoker": Dieser dient der Erzeugung von Rauch, der die Bienen beruhigt und dem Imker die Arbeit am Bienenvolk erleichtert. Um sich vor Bienenstichen zu schützen, kann der Imker einen Schutzanzug aus Jacke, Hose und Handschuhen tragen. Sein Gesicht bedeckt er mit einem netzartigen Schleier. Im Zuhause der Honigbienen herrscht meist geschäftiges Treiben – aber auch strenge Ordnung. Jede Biene hat ihren Platz und ihre Aufgabe. Die Struktur im Bienenvolk L ERNINHALTE 1. Die Struktur im Bienenvolk 2. Die Entwicklung der Biene 3. Die Jahreszeiten der Honigbiene 19 Die Königin ist mit knapp zwei Zentimetern Körperlänge die Größte im ganzen Volk. Ihre Hauptaufgabe ist es, für NachEinzigartiger Duft wuchs zu sorgen: Sie legt bis zu Jede Honigbienenkolonie 2.000 Eier pro Tag. identifiziert sich über einen einzigartigen Geruch, den Der Großteil des Volkes besteht die Honigbiene mit ihren aus Arbeiterinnen. Sie helfen, 170 Geruchsrezeptoren das Leben im Bienenstock am leicht von anderen unterLaufen zu halten. In ihrem kurzen scheiden kann. Leben von nur wenigen Wochen Zum Vergleich: Fruchtfliehaben sie viele Aufgaben: Bis sie gen besitzen nur 62, rund 20 Tage alt sind, bleiben sie Stechmücken nur 79 im Stock, putzen, kümmern sich Rezeptoren. um die Brut, bauen Waben und bewachen das Flugloch. Erst dann fliegen sie aus und sammeln Pollen und Nektar. Die männlichen Bienen bezeichnet man als Drohnen. Es gibt sie nicht das ganze Jahr im Volk, sondern nur etwa von April bis Ende Juli. Ihre Rolle besteht darin, Jungköniginnen – meist anderer Kolonien – zu begatten, die dann befruchtete Eier legen können. Die Begattung findet während des Hochzeitsfluges an sogenannten Drohnensammelplätzen statt. Nach der Paarungszeit werden die Männchen von den Arbeiterinnen aus dem Bienenstock vertrieben. Durch Verweigerung des sozialen Futteraustausches mit den Arbeiterinnen werden die Drohnen geschwächt, flugunfähig und verhungern schließlich – das nennt man auch Drohnenschlacht. Auf einem Flug können Bienen bis zu vier Millionen Pollenkörner sammeln. Die Bienenkönigin kann zwei bis vier Jahre alt werden. Im Vergleich: Arbeitsbienen leben nur drei bis sechs Wochen. Der Hochzeitsflug der Königin Sechs bis zehn Tage, nachdem eine junge Bienenkönigin geschlüpft ist, geht sie bei guter Witterung auf den Hochzeitsflug. In zehn bis zwanzig Metern Höhe begatten sie rund 15 Drohnen aus meist unterschiedlichen Kolonien. Durch die verschiedenen Väter wird das entstehende Bienenvolk genetisch vielfältiger – und damit robuster. Honigbienen können bis zu 37 Stundenkilometer schnell fliegen. Sie haben vier Flügel – und schlagen damit 180- bis 250-mal pro Sekunde. 20 Organisation im Bienenstock Bienenvolk In einem Bienenvolk leben drei verschiedene Kasten von Honigbienen, die sich unter anderem in ihrer Größe unterscheiden. Eine Königin ...kann bis zu vier Jahre leben, wird aber in der Regel nach zwei Jahren durch den Imker ausgetauscht. Anzahl Ein Bienenvolk besteht in der Regel nur aus einer Königin, einigen hundert Drohnen und bis zu 60.000 Arbeiterinnen. Die Arbeitsbienen ... durchlaufen während ihres Lebens mehrere Phasen mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben – von der Brutpflege und Instandhaltung des Stocks bis zur Nahrungsbeschaffung. Die Fortpflanzung ... ist ausschließlich der Königin und der Drohnen überlassen, denn Arbeiterinnen sind unfruchtbar. 21 Nach der Paarung ... mit den Drohnen legt die Königin ihre Eier in von den Arbeiterinnen vorbereitete Brutzellen. Aus den Eiern entwickeln sich die Larven, die sich später verpuppen und zur Biene entwickeln. Die Jahreszeiten der Honigbiene Die Entwicklung der Biene Der gesamte Nachwuchs in einem Bienenstock stammt von der Königin ab. Legt sie befruchtete Eier, entwickeln sich daraus Arbeiterinnen, aus unbefruchteten Eiern schlüpfen Drohnen. Und die Entwicklungszeiten sind unterschiedlich lang: Eine neue Königin etwa hat sich bereits nach 16 Tagen vom Ei zur erwachsenen Biene entwickelt. Eine Arbeiterin braucht 21 Tage und eine Drohne mit 24 Tagen am längsten. Die Phasen der Entwicklung laufen aber bei allen gleich ab: Erst schlüpft aus dem Ei die Larve, die sich über die Rundmade zur Streckmade entwickelt. Später verdeckeln Arbeiterinnen die Wabenzelle – das heißt, sie verschließen sie. Darin verpuppt sich die Larve, bevor am Ende die erwachsene Biene schlüpft. Im Bienenstock sieht es nicht das ganze Jahr über gleich aus. Die Tiere passen sich der Witterung, dem Jahresablauf und den Klimazonen an. Ei steht, Ei geneigt, Ei liegt, Made schlüpft, Rundmade erhält Futtersaft. Frühling Wenn die ersten Blumen zu blühen beginnen, dann beenden die Bienen ihre Winterruhe: Sie schwärmen aus und suchen Nahrung für die Königin und ihre Brut. Denn nach der Winterpause legt die Königin besonders viele Eier, bis zu 2.000 pro Tag. So viele, dass es für mehr als eine Kolonie ausreicht. Im Frühling bilden die Honigbienen dann neue Völker, die sich eine neue Unterkunft suchen. Rundmade erhält vorwiegend Pollen und Nektar. Made streckt sich und spinnt sich ein. Den gesammelten Pollen trägt die Honigbiene als „Pollenhöschen“ in den Stock zurück. Made wird in geschlossener Zelle zur fertigen Biene. Unter dem Elektronenmikroskop sieht das Höschen so aus. Biene schlüpft. 22 1/12 Teelöffel Honig produziert eine Arbeiterin in ihrem ganzen Leben. Bis zu 60.000 Arbeiterinnen kümmern sich im Frühling um die Brut und um die Ernährung des Bienenvolkes. Sommer # Im Sommer sammeln die Honigbienen Vorräte Im Sommer besteht für Zeiten ungünstiger Witterungen und für den ein Bienenvolk aus Winter an. Den Nektar aus den Blüten konservieKönigin, 20.000 bis ren sie als Honig. Damit ernähren sie sich in der 60.000 Arbeiterinnen kalten Jahreszeit. Ungefähr 20 Kilogramm Hound 300 bis 3.000 nig benötigt ein Bienenvolk im Winter. Und für jeDrohnen. des halbe Kilo fliegen alle Arbeiterinnen zusammen bis zu 88.500 Kilometer – also mehr als zweimal um den Globus. Herbst Im Sommer ist die Biene am aktivsten: Pro Flug besucht sie 200 bis 300 Blüten. Die Honigbienen beginnen schon Mitte August mit den ersten Wintervorbereitungen. Aus der Brut in dieser Phase entwickeln sich die sogenannten Winterbienen. Diese Arbeiterinnen leben rund fünf bis sechs Monate. In ihren Fettkörpern lagern sie deutlich mehr Fette und Eiweiße ein als Sommerbienen. Auch der Imker kann seinen Bienenvölkern helfen, die kalte Jahreszeit unbeschadet zu überleben. Etwa, indem er die gefährliche Varroa-Milbe bekämpft, die sich sonst im Volk ausbreitet, die Bienen schwächt, Krankheiten überträgt und das Bienenvolk dadurch töten kann. Die Drohnenschlacht Der einzige Lebenszweck der männlichen Bienen, der Drohnen: im Frühling die Königinnen zu begatten. Wenn dann im Sommer die Vorräte für die Überwinterung angelegt werden, werden die Drohnen nicht mehr gefüttert. Später werden die Männchen gebissen und aus dem Stock gezerrt, wo sie durch die Verweigerung des sozialen Futteraustausches mit den Arbeiterinnen geschwächt werden, bis sie flugunfähig sind und verhungern. 23 Winter deswegen schon im Herbst den Zustand der Völker, also etwa Varroa-Befall und die Volksstärke, prüfen – und, wenn nötig, durch Zusammenlegen von zwei schwachen Völkern zu einem starken Volk nachhelfen, um die Überlebenschancen zu verbessern. Im Winter ballen sich etwa 10.000 Honigbienen im Stock zu einer großen Kugel zusammen, der sogenannten Wintertraube. Sie wärmen sich gegenseitig, indem sie ihre Flugmuskulatur zittern lassen. So halten sie eine wohlig warme Temperatur von 20 bis 22 Grad aufrecht. Und über die Kugelform verlieren sie sehr viel weniger Wärme, als würden sie sich in einer Quader- oder Zylinderform sammeln, denn die Kugel hat von allen Formen im Verhältnis zum Volumen die kleinste Oberfläche. Wenn die Temperaturen über 10 Grad Celsius steigen, fliegen die Bienen auch kurz aus und leeren ihre Kotblase. Wichtig ist, dass die Bienen bei der Überwinterung gesund und stark genug sind. Denn schwache Kolonien haben im Winter schlechtere Überlebenschancen. Die Imker müssen Wenn Schnee liegt, versammeln die Bienen sich im Stock, wo sie sich gegenseitig wärmen können. Dann ernähren sie sich von ihren gesammelten und eingelagerten Vorräten. 24 Fragen zur Lerneinheit Wie viele Arbeiterinnen leben in einem Bienenstock? A. 100 B. 300 bis 3.000 C. 20.000 bis 60.000 D. 100.000 Antwort prüfen 25 Fragen zur Lerneinheit Wie alt kann die Bienenkönigin werden? A. 12 Monate B. 4 Jahre C. 7 Jahre D. 10 Jahre Antwort prüfen 26 Fragen zur Lerneinheit Ordne die Bezeichnungen von Biene und Blüte zu. Narbe Staubblatt mit Pollen Nektar Saugrüssel Narbe Staubblatt mit Pollen Nektar Antwort prüfen 27 Saugrüssel K APITEL 3 Die Gesundheit der Honigbiene Viele Faktoren beeinflussen die Gesundheit der Honigbienen: von Krankheiten und Parasiten über die Landwirtschaft und Imkerpraktiken bis hin zum Wetter. A BSCHNITT 1 Ernährung und Unterkunft Die landwirtschaftlich genutzte Fläche ist oft ein ungeeigneter Lebensraum für Honig- und Wildbienen, Hummeln und Schmetterlinge. Denn in einigen Monokulturen, wie Mais, Weizen und anderen Kulturpflanzen – ohne natürliche Feldränder – finden die Insekten zu wenig Nahrung und keine Nistgelegenheiten. Rapsfelder bieten zwar im Frühling ein großes Futterangebot für Insekten, doch wenn die Blüte vorbei ist, fehlt auch diese Futterquelle. Zudem bieten die großflächigen Monokulturen keine ausgewogene Nahrung. Darunter leidet nicht nur die Honigbiene – auch Wildbienen und Schmetterlinge sind betroffen. Doch schon ganz simple Veränderungen auf dem Feld können den Insekten das Leben erleichtern. Beispielsweise Flächen neben den Äckern, auf denen Wildblumen wachsen und Bestäuber mit Pollen und Nektar versorgen. Und Wildbienen können sich in Nisthilfen einquartieren. Die Imker müssen regelmäßig kontrollieren, wie fit ihr Bienenstock ist. Besonders wichtig ist die Vorsorge für die kalte Jahreszeit, denn nur ein gesundes Bienenvolk übersteht die Strapazen im Winter. In der Stadt und auf den Feldern helfen die Blühflächen sogar indirekt beim Pflanzenschutz. Denn sie bieten auch Nahrung und Rückzugsräume für nützliche Insekten, die Pflanzenschädlinge jagen. Marienkäfer zum Beispiel fressen Blattläuse. Das könnte auch Landwirte freuen, wenn sie neben ihren Feldern die Blühflächen aussäen. Und Bienen finden ausreichende Nahrungsquellen. 29 Ein Forschungsprojekt in Deutschland hat den Einfluss dieser Maßnahmen untersucht. Daran beteiligt waren Forscher von Bayer, dem Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz in Bühl sowie vom Institut für Agrarökologie und Biodiversität in Mannheim. Sie haben an zwei Landwirtschaftsbetrieben im Südwesten Deutschlands Blühflächen angesät und Unterschlupf für Wildbienen geschaffen. Das kannst du tun! • Durch einen Blühstreifen im Garten können wir alle den Bienen auf ihrer Nahrungssuche helfen. Die geeigneten Samen sind in vielen Baumärkten erhältlich. Nach sechs Wochen wächst das farbenprächtige Blütenmeer. Die Blumen kommen mit wenig Wasser aus und müssen nur ein- bis zweimal im Jahr gemäht oder gesenst werden. Jedes Jahr beobachten die Forscher genau, wie sich die Insektenwelt seitdem verändert. Nicht nur die Anzahl der verschiedenen Bestäuberarten ist während des sechsjährigen Projekts gestiegen. Auch immer mehr Tiere einer Art konnten die Ökologen feststellen. • Ob als Bausatz oder handgefertigt – ein Insektenhotel ist leicht gebaut und bietet einen Nist- und Brutplatz für Wildbienen. Damit die Bienen einziehen, sollte die Holzbehausung an einem trockenen Ort und nach Süden ausgerichtet aufgestellt werden. Blühflächen und Nisthilfen haben Wirkung gezeigt: Auf den umgestalteten Feldern fanden sich immer mehr Wildbienenarten – darunter auch als gefährdet eingestufte Arten. 30 A BSCHNITT 2 Bienen und Landwirtschaft Gemeinsam geht mehr: Landwirte und Imker Bienen- und Pflanzenschutz können auch harmonieren, denn beide Seiten – Landwirte wie auch Imker – sind auf die Gesundheit der Bienen angewiesen. Die einen müssen Schädlinge und Krankheiten der Kulturpflanzen eindämmen, die anderen bangen um ihre Bienen. In Zusammenarbeit können sie wichtige Faktoren, wie den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und den Anbau von Blühflächen, gemeinsam abstimmen. Pflanzenschutz und Bienenschutz Die Landwirtschaft hat einen großen Einfluss auf die Gesundheit von Honig- und Wildbienen. Denn landwirtschaftliche Flächen können auch eine wichtige Nahrungsquelle für die Insekten sein. Zum Beispiel Raps, denn das Ölgewächs ist eine sehr wichtige großflächig angebaute Kultur, die im Frühling auf den Feldern Europas blüht. Auch Obstpflanzen und einige Gemüsearten bieten Nahrung für Bienen. Gelbe Blütenpracht: Raps ist eine wichtige Nahrungsquelle für die Honigbiene, da er besonders großflächig angebaut wird. Oft geraten Pflanzenschutzmittel in die öffentliche Diskussion – besonders die Gruppe der sogenannten Neonikotinoide. Sie werden oft beschuldigt, den wichtigen Bestäubern zu schaden. Sie werden unter anderem als Schutzschicht auf Raps-, Mais- oder Soja-Saatkörner aufgebracht – Fachleute nennen das Beizen. Die sogenannten systemischen Wirkstoffe wirken nach der Keimung von innen und schützen schon junge Pflänzchen vor schädigenden Insekten. L ERNINHALTE 1. Gemeinsam geht mehr: Landwirte und Imker 2. Pflanzenschutz und Bienenschutz 3. SweepAir – der Ackerstaubsauger 31 Für viele Kulturen ist die Saatgutbeizung essenziell, denn die Mittel schützen beispielsweise Raps vor dem Rapserdfloh oder töten Drahtwürmer ab, die an Maiswurzeln fressen. Aber bei der Aussaat können kleine Partikel der Pflanzenschutzmittel von den Körnern abreiben und als feiner Staub in die Luft gelangen. Dann ist es schwierig, vollständig zu vermeiden, dass der entstehende Staub in die Umwelt gelangt – wie beispielsweise 2008 bei der Maisaussaat in Südwestdeutschland. Der Staub legte sich auf blühende Pflanzen in der unmittelbaren Umgebung der Felder. Und das kann im schlimmsten Fall bestäubende Insekten schädigen. Staub, der beim Säen gebeizter Körner entsteht, wird aus der Luft abgeschieden, zum Boden transportiert und dort eingegraben. SweepAir – der Ackerstaubsauger Der unbeabsichtigt freigesetzte Staub wurde durch gebeiztes Saatgut mit einer minderwertigen Qualität verursacht. Seitdem haben sich aber sowohl die Sicherheitsstandards als auch die Qualitätskontrollen enorm verbessert. Denn bei qualitativ hochwertiger Beize entsteht wesentlich weniger Staub. Viele wissenschaftliche Studien, Daten aus Feldbeobachtungen und Risikoeinschätzungen zeigen, dass Neonikotinoide unter realistischen Bedingungen Bienenvölker nicht schädigen, wenn sie vorschriftsmäßig und unter Berücksichtigung der empfohlenen Sicherheitsvorkehrungen eingesetzt werden. Bayer-Forscher suchen immer nach neuen Wegen, um Beizmittel noch sicherer zu machen – und damit nützliche Insekten und die Umwelt zu schonen. Zum Beispiel entwickeln sie eine Art Staubsauger für die Maisaussaat: Abgeriebener 32 A BSCHNITT 3 Wichtige Faktoren für die Bienengesundheit Die Landwirtschaft ist nur ein Faktor, der die Honigbienen beeinflusst. Auch das Wetter, die Imkerpraktiken oder Krankheiten wirken sich auf die Tiere aus. Bienenfeind Varroa-Milbe Kleiner Parasit, große Gefahr: Der größte Feind der Westlichen Honigbiene (Apis mellifera) ist kaum mehr als einen Millimeter lang. Varroa destructor, zerstörerische Milbe, heißt das winzige Spinnentier, das zahlreiche Honigbienenvölker tötet, vor allem in Europa und Nordamerika. Denn die Milben bedrohen die Gesundheit der Honigbienen massiv: Der saugende Parasit überträgt, ähnlich wie Zecken beim Menschen, gefährliche Krankheiten, die für die Bienen und ihre Nachkommen tödlich sind. In den vergangenen Jahren kam es in vielen Ländern zu einem massiven Bienensterben. Bienengesundheit ist ein komplexes Thema, das von vielen Faktoren beeinflusst wird. Der Milben-Steckbrief Der Parasit befällt sowohl Bienen als auch ihre Brut. Außerhalb der Brutzellen leben die weiblichen Varroa-Milben auf den erwachsenen Bienen, wo sie sich von Hämolymphe, dem Blut der Insekten, ernähren. Die Fortpflanzung erfolgt ausschließlich in den verdeckelten Brutzellen. Kurz vor dem Verdeckeln dringen die Milbenweibchen ein, schlüpfen zum Schutz vor den brutpflegenden Bienen unter die Larve und ernähren sich dort von ihrer Hämolymphe. L ERNINHALTE 1. Bienenfeind Varroa-Milbe 2. Ursprung und Ausbreitung der Varroa-Milbe 3. Bekämpfung der Varroa-Milbe 4. Ausblick der Forschung 33 Die befallenen Bienen sind durch die Verletzungen geschwächt. Ihre Leistung sinkt ebenso wie die Lebensdauer. Sobald die Arbeiterinnen die Zelldeckel mit Wachs verschlossen haben, bleiben den Milben etwa zwölf Tage Zeit (Arbeiterinnenzellen) beziehungsweise 14 Tage (Drohnenzellen) für die Fortpflanzung. Nach der Verdeckelung der Zelle legt die Muttermilbe fünf bis sechs Eier: Das erste bleibt unbefruchtet, daraus schlüpft immer ein Männchen. In Abständen von jeweils einem Tag legt die Milbe vier bis fünf befruchtete Eier, aus denen der weibliche Milben-Nachwuchs schlüpft. Nach circa sieben Tagen Entwicklungszeit beginnt die Begattung zwischen dem geschlechtsreifen Männchen und Weibchen. Die Männchen und alle unbegatteten Weibchen sterben beim Schlüpfen der Biene ab. Aus Arbeiterbrutzellen geht durchschnittlich eine, aus Drohnenzellen gehen bis zu drei Tochtermilben hervor. Die befallenen Bienen sind durch das Saugen der Hämolymphe geschwächt. Ihre Leistung sinkt ebenso wie die Lebensdauer. Zusätzlich überträgt die Milbe auch Krankheitserreger, beispielsweise das Flügeldeformationsvirus (DWV), das sehr weit verbreitet ist und in jedem Entwicklungsstadium der Biene (Ei, Larve, Puppe, erwachsene Biene) vorkommen kann. Verkrüppelte Bienen sind nicht lebenstüchtig und werden von den Arbeiterinnen im Stock nicht geduldet. Die achtbeinige Varroa-Milbe ist nur 1,6 Millimeter klein – aber unter dem Elektronenmikroskop wirkt sie bedrohlich. Ursprung und Ausbreitung der Varroa-Milbe Varroa destructor war ursprünglich in Asien heimisch. Die Milbe ist ein natürlicher Parasit der dort lebenden Östlichen Honigbiene (Apis cerana). Milbe und Biene haben sich im Laufe der Evolution aneinander angepasst – doch für die Westliche Honigbiene bedeutet die kleine Milbe oft den Tod. In den 1970-er Jahren hat die Varroa-Milbe sich in Europa ausgebreitet, zehn Jahre später war auch Amerika befallen. Der Parasit wird mittlerweile weltweit als Hauptgrund für die Sterblichkeit 34 der Bienenvölker gesehen – nur Australien ist bis heute von der Milbe verschont geblieben. Bekämpfung der Varroa-Milbe Um die gefährliche Milbe zu bekämpfen, können Imker einiges tun. Besonders wichtig ist dabei, dass sie ihre Bienenstöcke fit für den Winter machen, also so viele Milben wie möglich im Spätsommer entfernen. Nur so überleben genug ihrer Bienen die kalte Jahreszeit und können im nächsten Frühjahr wieder ein starkes Volk bilden. Der winzige Parasit und seine Bekämpfung bestimmen vor allem in Europa und Nordamerika den Imkeralltag. Das Prinzip des Varroa Gates: Betritt eine Biene den Stock, streift sie den akariziden Wirkstoff vom Rand des Loches ab und transportiert ihn nach innen. Aus dem Kunststoffstreifen strömt sofort neue Substanz an die Oberfläche nach. Ein Bekämpfungsmittel ist Ameisensäure: Die Flüssigkeit wird im Bienenstock verdunstet, denn Ameisensäure wirkt in der Gasphase. Dadurch kann sie auch in die verdeckelte Brut eindringen und Milben dort abtöten. Ameisensäure zählt somit zu den sogenannten Akariziden. angebracht. Schlüpfen die Bienen durch das Eingangstor, bleibt Wirkstoff an den Beinen oder Härchen der Arbeiterinnen hängen. Doch es gibt noch weitere akarizide Mittel, um die Varroa zu bekämpfen – etwa mit komplexen chemischen Substanzen. Die Mittel töten die Milben ganz gezielt ab, ohne dabei die Gesundheit der Bienen zu beeinträchtigen. Bayer-Forscher entwickeln gemeinsam mit Bienenforschern eine Lösung, um die Wirkstoffe möglichst gleichmäßig im Bienenstock zu verteilen, ohne dabei den Honig zu verunreinigen: das Varroa Gate – ein gelochter Kunststoffstreifen, in den ein akarizider Wirkstoff eingebettet ist. Er wird an das Einflugloch des Bienenstocks Der Streifen liefert immer automatisch neuen Wirkstoff nach – nur so viel wie nötig. So wirkt er über mehrere Wochen und die Imker können ihre Bienen nicht nur im Stock schützen, sondern auch erneuten Infektionen vorbeugen. 35 Zusätzlich zu Haupt- und Restentmilbung helfen weitere Maßnahmen, um die Varroa-Milbe an der Vermehrung zu hindern. Sie sind jederzeit anwendbar und benötigen keine Medikamente oder Chemikalien. Besonders sinnvoll sind sie von Mai bis Juli. Dazu gehört die Entnahme der Drohnenbrut. Denn die Milben befallen sie stärker als etwa die Arbeiterinnenbrut. Dazu wird die verdeckelte Drohnenbrut mehrfach pro Saison, mindestens aber dreimal, ausgeschnitten und entfernt. Zeitraum, wenn die Königin noch nicht fertig herangereift oder noch nicht begattet ist, gibt es keine Brut. Die Varroa-Milbe sitzt dann ausschließlich auf den adulten Bienen – das ist der Zeitpunkt, an dem der Imker eine Milbenbehandlung durchführt. In den Muttervölkern erfolgt die Entmilbung erst nach der letzten Honigernte. Züchtung resistenter Bienen Eine langfristige Lösung gegen das Milbenproblem ist die Züchtung Varroa-resistenter Bienenpopulationen. Arbeiterinnen beißen die Deckel befallener Brutwaben auf, ziehen den verpuppten Nachwuchs heraus und fressen ihn gemeinsam auf. Auch die Bildung von Jungvölkern ist möglich. Hier werden beispielsweise Brutwaben aus dem Muttervolk entnommen. Die eventuell enthaltenen Milben können im Jungvolk dann leichter abgetötet werden – und sich nicht mehr im Muttervolk verbreiten. Auch kann der Imker Kunstschwärme mithilfe erwachsener Bienen aufbauen. Da die Varroa-Milben zu dieser Zeit zum größten Teil in der Brut sitzen, ist der Befall der Jungvölker automatisch gering. Die Jungvölker müssen dafür außerhalb ihres Flugradius von mehr als drei Kilometern gebracht werden, damit sie nicht zu ihrem Muttervolk zurückkehren. Die Jungvölker werden nur dann entmilbt, wenn sie brutfrei sind. In dem Das Varroa Gate befindet sich in der Entwicklung und wird voraussichtlich 2017 auf den Markt kommen. Durch diese Tat haben die Bienen ihr Volk beschützt, denn: Die Puppe war von einer brütenden Varroa-Milbe befallen. Der Schmarotzer kann sich jetzt nicht mehr vermehren und mit seinem Nachwuchs den Bienenstock schädigen. Bienenexperten sprechen bei diesem Verhalten von Varroa Sensitive Hygiene (VSH) – ursprünglich war das nur von der Östlichen Honigbiene bekannt. Doch manche europäischen Tiere zeigen auch dieses Verhalten. Bienenforscher arbeiten nun daran, dieses Verhalten durch Züchtung zu verstärken, um so Varroa-resistente Honigbienen zu erhalten. 36 Fragen zur Lerneinheit Wer ist eine Bedrohung für die Westliche Honigbiene? Antwort prüfen 37 Fragen zur Lerneinheit Woher stammt die Varroa-Milbe ursprünglich? A. aus Nordamerika B. aus Asien C. aus Europa D. aus Australien Antwort prüfen 38 Impressum Fotos und Grafiken: © 2015 Bayer AG Herausgeber: Bayer AG Konzernkommunikation 51368 Leverkusen Ansprechpartner: Dr. Katrin Schneider Telefon 0214/30-48 825 Telefax 0214/30-71 985 E-Mail [email protected] Konzeption und Umsetzung: TransQuer GmbH – Kommunikation. Strategien. Inhalte. München www.transquer.de Pädagogische Beratung: Sylva Dietl, München Stand: April 2015 Kapitel 1: Die Rolle der Bienen in der Natur Bayer AG (S. 3, 4 links, 5, 6, 7, 8, 9 links, 10, 11 links, 12, 13, 14, 16) Bernhard Mol/Bayer AG (S. 16 Raps) Gabriele Dünwald/Bayer AG (S. 11 rechts) Gemeinfrei (S. 8) Hermenau/Getty/Bayer AG (S. 4 rechts) Julia Hinkel/Bayer AG (S. 6) Sascha Teitscheid/Bayer AG (S. 7) Tetra Images/Corbis/Bayer (S. 9 rechts) Vera Schauhoff-Tholen/Bayer AG (Titel, i, S. 2) Kapitel 2: Im Bienenstock Bayer AG (S. 18, 19, 20, 21, 23, 24, 25, 27, 28) Sascha Teitscheid/Bayer AG (S. 22 rechts unten) Kapitel 3: Wichtige Faktoren für die Bienengesundheit 145/Mirko Stelzner/Ocean/Corbis (S. 32) Bayer AG (S. 29, 30, 33, 34, 35, 37 Gabriele Dünwald/Bayer AG (S. 31, grintsch communications Köln (36) Jyri Kaapro/Bayer (S. 38 unten) Monty Rakusen/Bayer AG (S. 30 links) Oehmig, Bayer AG (S. 38 Marienkäfer) xxxix