AUS DER FORSCHUNG Körnermais zur Weide füttern? Die Messung des Glukose-Gehalts im Blut mit einem Diabetiker-Schnelltest eignet sich zur Früherkennung von Ketosen. Foto: Heil, Schwarze, Werkbild(2),Zeller Diabetes-Test für Kühe? u Schnelltests, mit denen Diabetiker oder Kraftsportler ihren Blutzucker- oder Ketonkörper-Gehalt messen, lassen sich auch zur Ketose-Früherkennung bei Kühen einsetzen. Das ist das Ergebnis eines Praxistests von Stefan Hartmann, Fachschule für Landwirtschaft in Kupferzell. In seinem Bestand mit 80 Kühen verglich er folgende Methoden: ■ Keton-Teststreifen (Ketostix, Fa. Bayer): Sie dienen zur Messung von Ketonkörpern im Urin. Das Ergebnis wird über die Färbung des Teststreifens angezeigt. Preis: ca. 8 €/50 Streifen ■ Digitales Blutmessgerät („Precision Xceed“, Fa. Abbot Diabetes Care): Dabei wird auf einen Teststreifen ein Tropfen Blut aufgebracht und der Streifen in das Messgerät geschoben. Der Ketonkörper-Gehalt (BHBA) wird digital angezeigt. Preis: ca. 30 bis 40 € Ergebnis: Die Ketostixs erwiesen sich als genaue und zuverlässige Methode. Die Ergebnisse stimmten mit den Laborwerten des Hoftierarztes überein. Ebenso genau war die Messung mit dem digitalen Blutmessgerät. In einer Untersuchung der Freien Universität Berlin stimmten die Messwerte des Gerätes zu 94,8 % mit den Exaktwerten aus dem Labor überein. Eine neue kanadische Studie hat ebenfalls gezeigt, dass mit der Messung des Glukosegehaltes im Blut auf die pH-Entwicklung im Pansen geschlossen werden kann. Demgegenüber zeigten die Methoden Fett- R 30 top agrar 8/2010 Eiweiß-Quotient und BCS bei ketotischen Kühen nur leichte Tendenzen eines gestörten Stoffwechsels an. Die beiden Schnellmethoden aus der Humanmedizin sind laut Versuchsansteller leicht zu handhaben. Das Ergebnis liegt bei beiden nach ca. 7 Minu ten vor. Für eine leichtere Blutentnahme sollte die Einstichstelle vorher ein wenig massiert werden, um die Durchblutung anzuregen. Ketostixs gibt es auch für die Messung von Ketonkörpern in Milch. Diese Methode ist aber deutlich aufwändiger, weil die Teststreifen gekühlt aufbewahrt werden müssen. Außerdem wurden mit dem Milchtest gegenüber dem Harntest rund 30 % weniger Ketosen erkannt. T. Zeller u Die bedarfsgerechte Versorgung der Milchkühe mit Energie zur Kurzrasenweide stellt die Betriebe immer wieder vor Probleme. Auch der Einsatz von geringen Mengen Körnermais (3 kg pro Kuh und Tag) zeigt keine positive Wirkung auf die energiekorrigierte Leistung, und bewirkt sogar eine Verschlechterung der Pansengesundheit. In einem Versuch der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf wurden 16 Fleckviehkühe in zwei Gruppen unterteilt. Sie wurden ganztägig auf einer Kurzrasenweide gehalten. An die Tiere der ersten Gruppe wurden täglich 1 kg Körnermaisschrot mit Mineralfutterbeimischung gefüttert (KMniedrig). Die Tiere der zweiten Gruppe erhielten zusätzlich zu dieser Mischung 2 kg Körnermaisschrot pro Tag (KM-hoch). Der Zusatz von Körnermais führte zu einer höheren Milchleistung von 26,4 kg (KM-hoch) zu 25,3 kg pro Kuh u. Tag (KMniedrig); ■ niedrigeren Fettgehalten in der Gruppe mit viel Körnermais. Bei diesen Kühen war der Fettgehalt mit 3,50 % im Mittel deutlich niedriger als in der niedrigen KörnermaisVariante mit 3,85 %, was letztlich energiekorrigiert eine gleich hohe Milchleistung der beiden Versuchsgruppen bedeutete; ■ höheren GOT- und GLDH-Werten im Blut der Tiere, die viel Körnermais erhielten. Dies deutet auf eine Belastung des Stoffwechsels hin; ■ einem niedrigen Fett-Eiweiß-Quotienten, der auf eine Pansenacidose hindeutet. Im System Kurzrasenweide verschlechtern hohe Körnermaisgaben die Pansengesundheit. Schutz vor Milchfieber u Mit dem Verfüttern des Zusatzstoffes Zeolite (Fa. Vitfoss) in der Trockenstehzeit lässt sich Milchfieber wirksam vorbeugen. Das zeigt eine Untersuchung der Universität Kopenhagen auf 22 Betrieben. Auf jedem Betrieb wurde eine Kontroll- so- wie eine Versuchsgruppe gebildet. Den Versuchskühen wurde ab 14 Tage vor der Kalbung täglich 250 bzw. 500 g Zeolite pro Kuh und Tag gefüt- tert. Das Produkt soll Calcium im Futter bin- den, so dass die Kuh es nicht verwerten kann. Das soll die CalciumMobilisation des Tieres anregen. Ergebnis: In der Gruppe, in der die Kühe täglich 500 g des „CalciumBinders“ erhielten, erkrankten nur 3,8 % der Tiere an Milchfieber. In der Kontrollgruppe waren es 26,4 % (signifi- kant mehr). Zwischen der Kontroll- und der 250 g-Gruppe gab es kaum Unterschiede. Allerdings leidet beim einmaligen Verfüttern von 500 g Zeolite die Schmackhaftigkeit des Futters. Die Landwirte berichteten über geringere Futteraufnahmen. Daher sollte den Kühen zur Milchfieber-Vorbeuge zweimal täglich 250 g des „Calcium-Binders“ gefüttert werden. Ist pansengeschütztes Selen effizienter? u Die Selen-Ergänzung bei Rindern erfolgt oft mit anorganischen Selensalzen (z. B. Natriumselenit). Allerdings unterliegt das anorganische Selen den Umsetzungsvorgängen in den Vormägen. So wird aus einem Großteil des anorganischen Selens elementares Selen bzw. Selenid, das schlecht absorbierbar ist. Um Abhilfe zu schaffen, bieten einige Futtermittelfirmen geschütztes Selen an. In einem Versuch mit 28 HF-Jungrindern (2. Lebensjahr, 500 kg LM) wurde die Absorption von geschütztem und nicht geschütztem Selen ver­glichen. Beim geschützten Selen handelte es sich um Natriumselenit, das in eine schützende Fettmatrix (Fa. Josera) eingebettet war. Die Rinder wurden in vier Gruppen eingeteilt, wobei die Kontrollgruppe nur mit dem natürlichen Selen (0,10 mg pro kg TM) aus den verwendeten Futterkomponenten versorgt wurde. Die erste Selengruppe erhielt zusätzlich 0,41 mg/kg ungeschütztes Selen. Die zweite SelenGruppe erhielt 0,16 mg/kg ungeschütztes Selen zusätzlich, genau in dieser Konzentration wurde auch der dritten Selengruppe das geschützte Selen zugeführt. Das Selen wurde über eine Vormischung (500 g/Tier u.Tag) 56 Tage lang zweimal täglich über die frisch vorgelegte TMR verteilt. Durch das geschützte Selen konnten eine verbesserte Absorption, eine geringere Ausscheidung und ein stabiler Selenhaushalt erreicht werden. Die bessere Absorption wurde durch niedrige Selengehalte im Kot (0,14 mg/kg Kot-T) gegenüber den beiden anderen Selengruppen (0,53 bzw. 0,22 mg/kg Kot-T) nachgewiesen. Als Indikator für einen stabilen Selenhaushalt wurde die Aktivität des Enzyms Glutathion-Peroxidase (GSH-PX) gemessen. Die Gruppe mit geschütztem Selen lieferte die höchsten GSH-PX-Werte. Übersicht 1: Auswahl an Selen-Futter im Überblick Mineralfutter Einsatzmenge in g pro Kuh und Tag Selenanteil in mg/kg MiraminKeragen 200 – 250 24 Kuhgold 160 60 100 – 300 40 Kulmin TMR-Vital HL Selenform 50 % Natriumselenit; 50 % geschütztes Natriumselenit 100 % geschütztes Natriumselenit 50 % Natriumselenit; 50 % geschütztes Natriumselenit Hersteller Josera SCA Bergophor Alle Hersteller setzen auf Natriumselenit, das durch eine Fettmatrix geschützt wird. top agrar 8/2010 R 31 AUS DER FORSCHUNG Mastbullen öfter füttern u Mit einer mehrmaligen Futtervorlage über den Tag lässt sich das Leistungspotenzial von Mastbullen besser ausschöpfen. Denn die Tiere haben drei „Futteraufnahme-Peaks“ pro Tag: Am Morgen, gegen 16 Uhr und gegen 20 Uhr (Übersicht 2). Das zeigt ein Fütterungsversuch am Versuchsstall der Übers. 2: Futteraufnahme/Stunde in der Mast 500 Verzehrmengen in g FM 400 300 200 100 0 00 23: 00 21: 00 19: 00 17: 00 15: 00 13: 00 11: 0 9:0 0 7:0 0 5:0 0 3:0 0 1:0 Uhrzeit Mastbullen haben drei „FutteraufnahmePeaks“ pro Tag. Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub. Darin wurde das Fressverhalten von 135 Fleckvieh-Bullen analysiert. Die Tiere wurden als Fresser mit einem Durchschnittsgewicht von 220 kg eingestallt und bis durchschnittlich 730 kg gemästet. Weitere Ergebnisse sind: Mastbullen auf gummierten Spalten: Auch die Aufstallung wirkt sich auf das Fressverhalten der Tiere aus. ■ Die Bullen besuchten den Trog im Schnitt 78 mal pro Tag für insgesamt 95 Minuten. nahme pro Minute von knapp 150 g auf Dabei fraßen sie durchschnittlich 22,2 kg bis zu über 400 g. Frischmasse. Somit nahmen sie durch■ Auch die Aufstallung wirkte sich schnittlich 0,2 kg Frischmasse pro auf das Fressverhalten aus: Bullen auf Minute auf. Betonspalten ohne Gummi-Aufl age besuchten den Trog nur 69 mal pro Tag. ■ Allerdings veränderte sich das Auf gummierten Spalten gingen die Futteraufnahme-Verhalten im Verlauf Bullen hingegen 82 mal und auf Tretmist der Mast: Zu Mastbeginn betrug die 83 mal pro Tag an den Trog. Diese durchschnittliche Besuchsdauer noch Unterschiede wirkten sich allerdings etwa 140 Minuten pro Tag, zu Mastende kaum auf die Futteraufnahme oder die hingegen nur noch gut 60 Minuten. Zunahmen aus. Allerdings erhöhte sich die Futterauf- Brunst am Wiederkauen erkennen u Die Brunst lässt sich nicht nur an der Bewegungsaktivität der Kühe erkennen, sondern auch an deren Wiederkauverhalten. In einem Versuch der Justus-Liebig-Universität Gießen an 55 Milchkühen, die von einem Automatischen Melksystem gemolken wurden, Die Wiederkauaktivität wird mit einem Sensor am Hals gemessen. R 32 top agrar 8/2010 haben Wissenschaftler verschiedene Parameter zur Brunsterkennung sensorgestützt gemessen und bewertet. Die Auswertung von 70 Brunstperioden, die nachweislich zur Trächtigkeit der Tiere geführt hatten, ergab eine um 23 % erhöhte Bewegungsaktivität während der Brunst. Die Aktivität stieg dabei von einem Ausgangsindex von 37 am Tag vor der Besamung auf 47,4 an. Außerdem reagierten die brünstigen Kühe mit einer deutlichen Verringerung der Wiederkauaktivität am Tag vor der Brunst sowie mit dem niedrigsten Wert von 402 Minuten am Tag der Besamung. Die Tiere wiesen somit während der Brunst eine um etwa eine Stunde kürzere Wiederkauaktivität pro Tag auf. Schon am Tag nach der Besamung erreichte die Wiederkauaktivität wieder das Ausgangsniveau von 470 Minuten. Ein leichter Gewichtsabfall von 5 kg war als dritter Parameter feststellbar. Die Untersuchung verdeutlicht, dass unter Einbeziehung aller drei Parameter die Brunst wesentlich besser bestimmt werden kann. Harnstoff nur zum RNB-Ausgleich u Der Einsatz von langsam verfügbarem Harnstoff oder normalem Futterharnstoff im Austausch gegen Rohprotein aus Sojaschrot bringt in hochwertigen Milchviehrationen keine Leistungsvorteile. Das zeigt ein Versuch der Universitäten Bonn und Hohenheim mit 60 Kühen. Die mittleren TM-Aufnahmen der 30 Kühe, die mit langsam verfügbarem Harnstoff gefüttert wurden, waren mit 19,8 kg TM sogar signifi kant niedriger als in der Kontrollgruppe. Die energiekorrigierte Milchleistung war ebenfalls signifi kant geringer als in der Kontrollgruppe. Bei den Tieren, die normalen Futterharnstoff erhielten, lagen die mittleren TM-Aufnahmen sowie Milchleistungen im Vergleich zur Kontrollgruppe auf gleichem Niveau. Der zuverlässigste Einsatzbereich von Harnstoff scheint nach wie vor der Ausgleich einer negativen ruminalen Stickstoffbilanz (RNB) zu sein. CLAs entlasten Stoffwechsel nicht u Der Einsatz pansenstabi- ler konjugierter Linolsäuren (CLA) führt nicht zur Ver- minderung von Stoffwechselbelastungen (z. B. Ketosen) zu Beginn der Laktation. Das ist das Ergebnis eines Versuchs des FriedrichLöffler-Instituts an 46 Kühen. Im Versuch wurde die Herde in drei Gruppen aufgeteilt. Alle Tiere erhielten eine Teil-TMR aus Grassilage, Maissilage und Kraftfutter ad libitum. In den ersten 26 Laktationswochen erhielten die Tiere zusätzlich über Abrufstationen täglich 4 kg eines mit Fettsäuren ergänzten Kraftfutters mit dem Ziel, eine Zulage von 0 g (Kontrolle), 5 g (CLA-1) bzw. 10 g (CLA-2) konjugierter Linolsäuren pro Tag zu errei- chen. In der Kontrollvariante wurden die konjugierten Linolsäuren im Kraftfutter durch Stearinsäure ersetzt. Die mittlere TrockenmasseAufnahme lag in der Kontrollgruppe bei 20,8 kg/Tag, in der CLA-1- und CLA-2-Gruppe bei 20,9 kg bzw. 19,9 kg/Tag. Bis zur siebten Laktationswoche war die Futteraufnahme der CLA-Gruppen signifikant Übersicht 3: Trockenmasseaufnahme im Vergleich 24 kg TM/Tag 1. Phase 2. Phase 3. Phase 22 20 18 CLA-2 Kontrolle 16 Zugabe des Kraftfutters Kraftfutter abgesetzt 14 3. 5. 7. Quelle: FLI CLA-1 9. 11. 13. 15. 17. 19. 21. 23. 25. 27. 29. 31. 33. 35. 37. 26. Laktationswoche Die Trockenmasseaufnahme war zu Beginn der Laktation in den beiden CLA-Gruppen signifikant geringer als in der Kontrollgruppe. Grafik: Driemer geringer als bei der Kontrollgruppe. Durch die verminderte Futteraufnahme zeigte sich bereits in der zweiten Laktationswoche ein ausgeprägtes Energiedefizit von im Mittel -24 bis -26 MJ NEL pro Tag. Beide Gruppen erreichten erst in der siebten Laktations­ woche eine ausgeglichene Bilanz. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe, die bereits zu Beginn der Auswertung eine positive Energiebilanz aufweisen konnte. Die CLA-Fütterung führte in allen drei Phasen zu keiner signifikanten Veränderung der Milchleistung. Im Mittel wurden in der Kontrollgruppe 28,4 kg erreicht, in den CLAGruppen 31,2 kg bzw. 29,9 kg. Der Milchfettgehalt konnte durch den Einsatz von CLA in der zweiten Phase des Versuchs gesenkt werden. In der Gruppe 1 (CLA 5 g) lag der Fettgehalt im Mittel bei 3,81, in der Gruppe 2 (CLA 10 g) wurden 3,60 % Fett erreicht, in der Kontrollgruppe waren es 4,14 %. Fazit: Mit dem Einsatz von konjugierten Linolsäuren lässt sich zwar der Fettgehalt sen- ken, eine Stoffwechselentlastung ist aber nicht möglich. top agrar 8/2010 R 33