Psychodynamische Diagnostik - am Beispiel der - Franke

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Psychodynamische
Diagnostik - am
Beispiel der OPD-2
Rehabilitationspsychologie (M.Sc.) WS 2006/2007
Seminar: Testen und Entscheiden
Referenten: L. Guse & J. Meißner
Gliederung
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Einleitung/Grundlagen
Überblicksartige Beschreibung der OPD-2
Aufbau der OPD-2
Leitlinien des OPD-Interviews
Fokusableitung und Therapieplanung
Quellen/Literatur
1. Einleitung/Grundlagen
Psychoanalytische Konstrukte
|
Psychodynamisch orientierte Psychotherapie
klassifiziert psychische Phänomene meist auf dem
Hintergrund (meta)psychologischer Konstrukte der
psychoanalytischen Theorie. In der
psychodynamischen Diskussion geht es insbesondere
um die lebensgeschichtliche Herleitung und das
aktuelle Verständnis der Störung, d.h. um die
Verknüpfung jener Dispositionen, welche sich in der
Persönlichkeitsentwicklung aufgebaut haben und den
aktuellen äußeren Ereignissen, welche dieses
Konfliktpotential aktivieren und die Symptombildung
auslösen.
1. Einleitung/Grundlagen
Erstinterview
|
Das in der diagnostischen und therapeutischen
Situation vom Patienten berichtete Material und die
Beobachtungen und Wahrnehmungen der
Psychotherapeuten innerhalb der TherapeutPatienten-Interaktion werden in einer
psychodynamischen Diagnose zusammengefasst. Im
Zusammenhang des psychoanalytischen
Erstinterviews darf aber die Gefahr einer zu
„subjektiven“ Wahrnehmung und Indikation, die aus
der Betonung des Szenischen erwächst, nicht
unterschätzt werden. Dieses Interview setzt sehr viel
Erfahrung und Können voraus, damit es nicht zu
„blühenden Phantasien und wildem Spekulieren“
(Argelander 1970) kommt.
1. Einleitung/Grundlagen
Deskriptiv-phänomenologische
Klassifikationssysteme
|
Auf der anderen Seite gibt eine ausschließlich
deskriptive, symptomzentrierte Diagnose dem Kliniker
wenig Handlungsanweisungen für die
Indikationsstellung und für die Durchführung von
Psychotherapie. Da die deskriptivphänomenologischen Klassifikationssysteme (DSM-III,
IV und ICD-10) für die Praxis psychodynamisch
orientierter Psychotherapeuten nur begrenzt
handlungsleitend sind, war die Unzufriedenheit mit
ihrer Einführung ein Anstoß für die Gründung des
Arbeitskreises OPD. So entstand infolge der
Entwicklung der psychiatrischen
Klassifikationssysteme ein Bedarf, auch andere
relevante Ebenen zu berücksichtigen.
1. Einleitung/Grundlagen
Psychodynamische Diagnosen
|
Psychodynamisch orientierten Therapeuten fehlen
beispielsweise Aussagen über intrapsychische und
interpersonelle Konflikte, über das Strukturniveau oder
das subjektive Krankheitserleben. Psychodynamisch
orientierte Therapeuten versuchen, unter Nutzung
psychoanalytischer Krankheitskonzepte, natürlich
trotzdem eine Verbindung zwischen der Symptomatik,
den auslösenden Konflikten, den dysfunktionalen
Beziehungen des Patienten und seiner
Lebensgeschichte im weitesten Sinne herzustellen.
Das Problem ist an dieser Stelle eben nur, dass
psychodynamische Diagnosen, wie sie z.B. in
Psychotherapieberichten enthalten sind, formal und
inhaltlich sehr variabel gehandhabt werden.
1. Einleitung/Grundlagen
Psychodynamische Diagnosen
|
D.h. die Diagnosen werden in einer gewissen
„künstlerischen Freiheit“ formuliert und wirken in ihrer
individuellen Buntheit durchaus kreativ und auch
anschaulich. Da sie jedoch an keinen Konsens
gebunden sind, und die Begriffe nirgendwo
operationalisiert wurden, weiß nur der
Diagnosensteller selbst genau, welche Bedeutung er
einem Begriff zuordnet. Die Bedeutungszuweisung
wiederum hängt stark von dem theoretischkonzeptionellen Hintergrund des einzelnen
Berichterstatters ab. Auf diese Weise kann die
spezifische Qualität einer Störung nicht verbindlich
beschrieben werden. Was durch die
Begriffsunsicherheit v.a. verlorengeht, ist die
Einschätzung der Schwere der Erkrankung (vgl. Rudolf
2001).
1. Einleitung/Grundlagen
OPD
|
In Deutschland wurde 1992 von Psychoanalytikern,
Psychosomatikern und Psychiatern ein Arbeitskreis
„Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik“
(OPD) gegründet. Der Arbeitskreis verfolgt das Ziel,
die symptomatologisch-deskriptiv orientierte
Klassifikation psychischer Störungen um die
grundlegenden psychodynamischen Dimensionen zu
erweitern. Der Arbeitskreis OPD entwickelte ein
diagnostisches Inventar und stellte ein Handbuch
(Arbeitskreis OPD, 1996) für Therapeuten zum
Training und zur klinischen Anwendung zur Verfügung.
1. Einleitung/Grundlagen
OPD
|
Als gemeinsame Rahmenbedingungen für die
Konzeption wurde festgelegt, dass ein klinisch
relevantes psychodynamisch orientiertes Instrument,
unter Beachtung und Adaptation bereits vorhandener
Ansätze erstellt werden sollte. Dieses Instrument sollte
nutzbar sein unter Einhaltung eines „mittleren
Abstraktionsniveaus“, angesiedelt zwischen „reiner“
Verhaltensdeskription und „reiner“
metapsychologischer Begriffsbildung. Ferner war die
Erarbeitung einer schulenübergreifenden, möglichst
einheitlichen und präzisen Sprach- und Begriffskultur
angestrebt, die so weit wie möglich auf eine
schulenspezifische Terminologie verzichten sollte.
1. Einleitung/Grundlagen
OPD - Achsen
|
Die multiaxiale psychodynamische Diagnostik basiert
auf den 5 Achsen „Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen“, „Beziehung“,
„Konflikt“, „Struktur“ und „Psychische und
psychosomatische Störungen nach Kapitel V (F) der
ICD-10“. Nach einem ein- bis zweistündigen
Erstgespräch kann der Kliniker (oder auch ein externer
Beobachter) die Psychodynamik des Patienten auf
diesen Achsen einschätzen und in die
Evaluationsbögen eintragen. Somit können auf den
vier Achsen psychodynamisch relevante Merkmale
von Patienten erfasst werden: ihr Krankheitserleben
und die damit eng zusammenhängenden
Behandlungsvoraussetzungen, ihre dysfunktionalen
Beziehungsgestaltungen, ihre unbewussten Konflikte
und ihre strukturellen Merkmale und Vulnerabilitäten.
1. Einleitung/Grundlagen
OPD - Achsen
|
Die ersten vier Achsen entstammen also
einem aus der Psychoanalyse abgeleiteten
psychodynamischen Verständnis. Es wird
demnach davon ausgegangen, dass die
wesentlichen Festlegungen in diesen vier
Achsen mit psychoanalytischen
Teilkonzepten (Übertragung,
intrapsychischer Konflikt,
Persönlichkeitsstruktur) übereinstimmen,
wobei Schlussfolgerungen auf der Ebene
des Unbewussten nur mit Vorsicht und
unter Bezug auf die vorgegebenen
Operationalisierungen erfolgen sollen.
1. Einleitung/Grundlagen
OPD - Statusdiagnostik
|
Die Diagnostik dient dabei der Beschreibung von
kritischen und/oder veränderungswürdigen
Merkmalen, aber auch der Erfassung von Ressourcen
und Kompetenzen. Querschnittserfassungen sind zu
einem bestimmten Zeitpunkt, meistens zu Beginn und
am Ende der Therapie, hilfreich, um die Probleme
bzw. Symptome zu identifizieren und in ihrer Schwere
einzuschätzen. Dazu gehört auch eine Erfassung aller
Faktoren, die zur Aufrecherhaltung, aber auch zur
Auflösung der Symptome beitragen könnten. Auch die
Klassifikation der Beschwerde, des Problems oder des
Symptoms in ein übergeordnetes
Klassifikationssystem (wie z.B. der ICD-10) wird zur
Statusdiagnostik gerechnet.
1. Einleitung/Grundlagen
Möglichkeiten
Eine Operationalisierte Diagnostik dient dabei folgenden
Zwecken:
1. Sie gibt klinisch-diagnostische Leitlinien, die
aufgrund relativ offener Formulierungen dem
Anwender dennoch Spielraum für seine
Beurteilungen lassen.
2. Sie kann für die Ausbildung in der
psychodynamischen Psychotherapie von Nutzen
sein, gerade weil sie das Einüben sowohl von
psychodynamischer als auch phänomenologischer
Klassifikation ermöglicht.
3. Sie kann zu einer Verbesserung der Kommunikation
innerhalb der „scientific community“ über die
Konstrukte der psychodynamischen Theorie
beitragen.
1. Einleitung/Grundlagen
Möglichkeiten
4.
5.
Es ist möglich, sie als Forschungsinstrument für
wissenschaftliche Untersuchungen einzusetzen, um
z.B. über striktere diagnostische Kriterien zu einer
stärkeren Stichprobenhomogenisierung in Studien
beitragen zu können.
Durch die Bestimmung von psychodynamisch
relevanten Foki kann die OPD zur Therapieplanung
verwendet werden. Wenn im Rahmen dieser
Diagnostik bedeutsame Aspekte der dysfunktionalen
Beziehungsgestaltung, eines unbewussten Konflikts
und der strukturellen Einschränkung als
Problemschwerpunkte identifiziert werden, lassen
sich die fokalen Ziele in einer geplanten Behandlung
formulieren.
1. Einleitung/Grundlagen
Multiaxialität
|
Multiaxiales Vorgehen bietet die Möglichkeit, das
komplexe Bedingungsgefüge, welches wir bei der
Mehrzahl psychischer Phänomene und psychischer
Störungen vorfinden, besser abzubilden. Seelische
Phänomene und Störungen sind komplex und damit
multifaktoriell. Die multifaktorielle interaktive
Komplexität erfordert einen Erklärungspluralismus mit
unterschiedlichen Informationsperspektiven, um sich
dem komplexen Phänomen zu nähern. Der
multifaktorielle Ansatz der OPD basiert auf diesem
Erklärungspluralismus.
1. Einleitung/Grundlagen
Multiaxialität
|
In unterschiedlichen klinischen Achsen werden
seelische Phänomene mit unterschiedlicher Tiefe
(bewusstes/unbewusstes Erleben und Verhalten)
erfasst. Der multiaxiale Ansatz der OPD gleicht dem
berühmten indischen Sinnbild des Ertastens eines
Elefanten durch mehrere blinde Menschen: Alle Teile
gehören zum Elefanten, alle Teile stehen in
Wechselwirkung und jeder nimmt einen
unterschiedlichen Teil richtig wahr – aber nicht das
Ganze. Die Achsen I bis IV der OPD sind damit in
dem, was sie und wie sie erfassen, nicht unabhängig
voneinander. Vielmehr erfassen sie aus
unterschiedlicher Sicht verschiedene Anteile der
Person oder tiefere Phänomene (Unbewusstes), die
natürlich miteinander in Wechselwirkung stehen.
2. Überblicksartige
Beschreibung der OPD-2
Autoren/Herausgeber: Arbeitskreis OPD –
Sprecher des AK M. Cierpka
| Erscheinungsjahr: 2006
| Titel: Das Manual für Diagnostik und
Therapieplanung
| Verlag: Hans Huber (Hogrefe AG)
| Preis: Manual 49,95 Euro
|
2. Überblicksartige
Beschreibung der OPD-2
|
|
|
Die OPD hat die Form eines multiaxialen Systems und basiert
auf den Achsen „Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen“ (I), „Beziehung“ (II), „Konflikt“
(III), „Struktur“ (IV) sowie „psychische und psychosomatische
Störungen nach dem Kapitel V (F) der ICD 10“ (V).
Nach einem 1-2stündigen Erstgespräch kann der Kliniker die
Psychodynamik des Patienten auf den Achsen einschätzen
und in die Evaluationsbögen eintragen.
Die neue Version OPD-2 wurde von einem rein diagnostischen
Instrument zu einem Instrument für die Therapieplanung und
die Veränderungsmessung weiter entwickelt. Dazu gehört die
Bestimmung von Therapieschwerpunkten und der Entwurf
darauf abgestimmter Behandlungsstrategien.
[www.testzentrale.de]
3. Aufbau der OPD-2
Achse I - „Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen“
| Achse II - „Beziehung“
| Achse III - „Konflikt“
| Achse IV - „Struktur“
| Achse V - „Psychische und
psychosomatische Störungen nach dem
Kapitel V (F) der ICD 10“
|
3. Aufbau der OPD-2
Achse I – „Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen“
Achse I bildet
- die gegenwärtige Schwere und Dauer der
Störung,
- das Krankheitserleben,
- die Krankheitsdarstellung und
- die Krankheitskonzepte des Patienten sowie
- Veränderungsressourcen und -hemmnisse
ab
3. Aufbau der OPD-2
Achse I – „Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen“
Dauer der Störung/des Problems:
- Dauer der aktuellen Problematik
- Alter bei Erstmanifestation (mögliche
Hinweise auf Chronifizierung)
3. Aufbau der OPD-2
Achse I – „Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen“
Krankheitserleben, Krankheitsdarstellung und
Krankheitskonzepte des Patienten
- Leidensdruck
- Darstellung körperlicher, psychischer und sozialer
Beschwerden und Probleme (z. B. in Form von
Symptomschilderungen, Erklärungsversuchen über
Entstehung, Beeinflussung und Behandlung der
Erkrankung, Klagen über soziale Belastungen in
der Familie, im Beruf, im Freundes- und
Bekanntenkreis)
3. Aufbau der OPD-2
Achse I – „Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen“
Krankheitskonzepte des Patienten
- an somatischen Faktoren orientiertes Krankheitskonzept (=
subjektives Modell des P. zur Erklärung der Entstehung und
des Verlaufs der Erkrankung)
- an psychologischen Faktoren orientiertes
Krankheitskonzept (= inwieweit sieht der P. eigene
Einstellungen und Verhaltensweisen als in Zusammenhang
mit der Ausbildung und Entwicklung seiner Krankheit
stehend an)
- an sozialen Faktoren orientiertes Krankheitskonzept (= P.
sieht seine soziale Umwelt als verantwortlich für seine
Beschwerden und Probleme an)
3. Aufbau der OPD-2
Achse I – „Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen“
Veränderungskonzepte des Patienten
Einschätzung der vom Patienten gewünschten
Behandlungsform auf
- körperlicher Ebene (= körperliche
Behandlung zur Bewältigung der Störung/der
Probleme gewünscht; z. B. Medikation,
Operation, Physiotherapie)
- psychotherapeutischer Ebene (= PT)
- sozialer Ebene (= Hilfeangebote
sozialarbeiterischer Dienste)
3. Aufbau der OPD-2
Achse I – „Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen“
Veränderungsressourcen
- Persönliche Ressourcen (= aktuelle
gesundheitsförderliche störungsadaptive
Fähigkeiten und Verhaltensweisen)
- (Psycho-)Soziale Unterstützung (= aktuelle objektiv
vorhandene Unterstützungsmöglichkeiten aus dem
sozialen Umfeld des P.)
Veränderungshemmnisse
- Äußere Veränderungshemmnisse (
- Innere Veränderungshemmnisse
3. Aufbau der OPD-2
Achse I – „Krankheitserleben und
Behandlungsvoraussetzungen“
Veränderungshemmnisse
- Äußere Veränderungshemmnisse (= z. B.
eingeschränkte Verfüg- und Finanzierbarkeit von
PT, drohender Arbeitsplatzverlust, fehlende
Betreuungsmöglichkeiten für Kinder oder zu
pflegende Angehörige)
- Innere Veränderungshemmnisse (= z. B.
unbewusste Konflikte, eingeschränkte
Belastbarkeit Æ relativer Widerstand gegen
Veränderungen oder regressive Entwicklungen)
3. Aufbau der OPD-2
Achse II – „Beziehung“
Die OPD bietet zwei Formen der
Beziehungsdiagnostik an:
- Individualisierte Diagnose dysfunktionaler
Beziehungsmuster und
- Themen- und Ressourcenrating zur
Bestimmung von Beziehungsthemen, die
besonders problematisch sind oder besonders
kompetent bewältigt werden
3. Aufbau der OPD-2
Achse II – „Beziehung“
Erlebensperspektiven
- des Patienten (Perspektive A): innere
Vorstellung des P. von seiner
Beziehungsgestaltung ergibt sich aus den
Schilderungen seiner Beziehungserfahrungen
- der anderen – auch des Untersuchers
(Perspektive B): wie erleben andere
(Interaktionspartner des P.) die
Beziehungsangebote des P. und wie reagieren
sie darauf
3. Aufbau der OPD-2
Achse II – „Beziehung“
Praktisches Vorgehen bzgl. der Beziehungsdiagnostik
im Standardverfahren anhand von 3 Schritten
1.
Markieren aller Items für jede der vier
interpersonellen Positionen, die für die Beschreibung
des dysfunktionalen Musters in Frage kommen
2.
Bestimmung der wichtigsten Items (maximal 3) für
jede der vier Positionen und Aufnahme in das
Auswertungsblatt
3.
Zusammenfassung in einer beziehungsdynamischen
Formulierung (Æ überzeugende Schließung des
Beziehungszirkels)
3. Aufbau der OPD-2
Achse II – „Beziehung“
3. Aufbau der OPD-2
Achse II – „Beziehung“
Interpersonelle Positionen Æ
Beziehungsdynamische Formulierung
3. Aufbau der OPD-2
Achse II – „Beziehung“
Praktisches Vorgehen bzgl. der Beziehungsdiagnostik im Themenund Ressourcen-Rating anhand von 4 Schritten:
1.
Markieren aller dysfunktionalen Beziehungsmodi des P. in den
äußersten Spalten links und rechts
2.
Bestimmung der wichtigsten Modi (maximal 2) durch
Kennzeichnen dieser als Problem „P“
3.
Formulierung: „Der Patient neigt dazu, [dysfunktionale
Variante] anstatt [Beziehungsthema].“ Æ deskriptive
Benennung des Problems und der therapeutischen
Zielsetzung (zur Behandlungsorientierung)
4.
Prüfen, ob bei einem der Beziehungsthemen Kompetenzen
beim P. vorhanden, für die keine Dysfunktion markiert wurde;
Kennzeichnung als Ressource „R“
3. Aufbau der OPD-2
Achse II – „Beziehung“
Themen- und Ressourcen-Rating
3. Aufbau der OPD-2
Achse III – „Konflikt“
Konflikte sind universelle Phänomene
- Sie entstehen durch das Aufeinandertreffen
entgegen gesetzter Verhaltenstendenzen
(Motivation, Bedürfnisse, Wünsche)
- dysfunktionale Konflikte = Konflikte, die die
Entwicklung eines Menschen behindern
ÆKonflikt als repetitives Muster beschreibt
inhaltliche psychodynamische Aspekte des
Geschehens und damit auch Bedingungen des
Symptomauslösung
-
3. Aufbau der OPD-2
Achse III – „Konflikt“
Zeitlich überdauernde Konflikte manifestieren sich im
Erleben, Verhalten und in den Symptomen;
Konfliktthemen sind:
1. Individuation (Autonomie) vs. Abhängigkeit
2. Unterwerfung vs. Kontrolle
3. Versorgung vs. Autarkie
4. Selbstwertkonflikt (Selbst- vs. Objektwert)
5. Über-Ich- und Schuldkonflikt (Selbst- vs.
Fremdbeschuldigung)
6. Ödipal-sexuelle Konflikte
7. Identitätskonflikt (Identitätsdissonanz)
[Fehlende Konflikt- und Gefühlswahrnehmung]
3. Aufbau der OPD-2
Achse III – „Konflikt“
Konflikt-Rating
- Ziel: Diagnostizieren der beiden Hauptkonflikte,
bezogen auf den Hier-und-Jetzt-Querschnitt (=
Berücksichtigung der in den letzten Monaten
hervorstehenden Konflikte)
- Bzgl. der Konfliktthemen sind die Modi aktiv und
passiv zu unterscheiden sowie die 6 Kriterien
(Lebensbereiche) Familie und Partnerschaft, Beruf
und Arbeitswelt, Besitz und Geld, Soziales Umfeld,
Körper/Sexualität sowie Erkrankung zu
berücksichtigen
3. Aufbau der OPD-2
Achse IV – „Struktur“
Struktur bezieht sich auf die Vulnerabilität der
Persönlichkeit, die Disposition zur Krankheit
und die Kapazität zur Verarbeitung von inneren
Konflikten und äußeren Belastungserfahrungen
- Je reduzierter das Strukturniveau ist, desto
schwieriger wird es, stabile Konfliktmuster zu
identifizieren, bei desintegriertem
Strukturniveau wird ein weitgehendes Fehlen
von eindeutig erkennbaren Konflikten
registriert.
3. Aufbau der OPD-2
Achse IV – „Struktur“
Die strukturellen Beurteilungsdimensionen sind:
- Selbstwahrnehmung und Objektwahrnehmung
- Selbstregulierung und Regulierung des
Objektbezugs
- Emotionale Fähigkeit: Kommunikation nach
innen und außen
- Fähigkeit zur Bindung: Innere Objekte und
äußere Objekte
3. Aufbau der OPD-2
Achse V – „Psychische und
psychosomatische Störungen nach
dem Kapitel V (F) der ICD 10 “
Exploration der Symptome bzw. des
Krankheitsgeschehens anhand der Vorgaben
der Klassifikation der ICD-10
4. Leitlinien des OPDInterviews
Ziel des OPD-Interviews ist es, Material zu generieren,
um möglichst alle Items und Dimensionen der 5
Achsen reliabel einschätzen zu können.
Voraussetzungen:
- Psychodynamisches Grundverständnis
(Empathiefähigkeit)
- Bewusstheit über die Inhalte der Achsen I bis IV des
OPD (i. d. R. durch 60-stündiges Training erworben)
- Vertrautsein mit den diagnostischen Kriterien von
ICD-10 bzw. DSM-IV zur reliablen Einschätzung der
Achse V des OPD
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Grundprinzip des OPD-Interviews
Oszillieren zwischen beziehungsdynamischer und explorativer
Interviewhaltung unter Einsatz verschiedener
Strukturiertheitsgrade:
1.
Offene, unstrukturierte Gesprächsführung zur spontanen
Entfaltung des inneren Erlebens und der
Beziehungsangebote des P.
2.
Mäßige Strukturierung mit Fokus auf einzelne
Themenbereiche sowie Richtungsanstöße durch
zurückhaltende Interventionen (z. B. bei biographischer
Anamnese)
3.
Strukturiertes Vorgehen mit Erfragung spezifischer Details
(z. B. bei Befundexploration/Ermittlung ICD-10-Diagnose)
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
1.
-
Eröffnungsphase
Klärung des Ziels und des Zeitrahmens mit P.
Erste Einschätzung des Schweregrads der
psychischen und/oder somatischen
Erkrankung, Fakten und Erleben der
psychosozialen Situation sowie Beurteilung
des Leidensdrucks, evtl. Erfassung
lebensbestimmender Konflikte
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
Eröffnungsphase – Beispiel
Patientin A. sagt nach der Eröffnungsphase Folgendes:
„Nun sitze ich hier…“ Sie schildert sehr ausführlich
ihre Ängste, depressive Verstimmung und
Hilflosigkeit, aber auch ihr Bemühen um eigene
Initiativen, insbesondere ihre inneren Spannungen
nach Rückkehr aus einer stationären
psychosomatischen Behandlung bei der Begegnung
mit ihrem Mann. Diese Phase schließt mit der
weinend vorgetragenen Zustandsbeschreibung: „Ich
kann nicht mehr.“
1.
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
1.
-
Eröffnungsphase
Ebenso sind die szenischen Darstellungen in
der initialen Begegnung („Anfangsszene“)
zwischen Patient und Therapeut von
Bedeutung und dienen zur Orientierung für
den weiteren Verlauf des Interviews.
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
Phase der Ermittlung von Beziehungsepisoden
Berücksichtigung von zwei Perspektiven:
Nutzen der Analyse des aktuellen ÜbertragungsGegenübertragungsgeschehens
Heranziehen der Analyse der aktuellen oder
biographischen Beziehungserfahrungen
(insbesondere dysfunktionale, überdauernde bzw.
habituelle Beziehungsmuster) Æ Erheben von mind.
2 bis 3 Beziehungsepisoden
2.
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
Phase der Ermittlung von
Beziehungsepisoden – Beispiel
Bei der Patientin A. ist es die Beziehung zum
Ehemann, die einen Ambivalenzkonflikt
hinsichtlich Abhängigkeitswünschen und
Selbstständigkeitstendenzen erkennen lässt.
2.
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
3.
-
-
Ermittlung des Selbsterlebens und der erlebten wie
faktischen Lebensbereiche
Fokus auf Selbsterleben des P. zur Einschätzung
von Strukturmerkmalen (Achse IV)
Informationsgewinnung hinsichtlich faktischer
Lebensbereiche (Herkunftsfamilie, eigene Familie,
Arbeits- und Berufswelt) (Achse III)
Explizites Erfragen einer Selbstbeschreibung des P.:
„Sie haben mir schon einiges über ihre
Beschwerden und über ihre Beziehungen erzählt.
Ich möchte allerdings noch etwas genauer
verstehen, wie Sie sich jetzt sehen uns wie Sie sich
früher sahen.“
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
Ermittlung des Selbsterlebens und der erlebten wie faktischen
Lebensbereiche - Beispiel
Bei der Patientin A. ist das aktuelle Selbsterleben bestimmt von der
erlebten Unfähigkeit, selbstständige Unternehmungen zu planen
und durchzuführen, und von der Gebundenheit in der Ehe. Aus
der frühen Ehe, die sie nach dem Tod ihres Vaters einging,
schildert sie, dass der Ehemann sie einschloss, bis er von der
Arbeit zurückkam. Er begründete dies damit, dass sie doch nichts
zu tun brauche und er alles für sie tun könne. Die Patientin fand
dies damals „amüsant““. Sie fühlte sich wie ein „wertvolles
Kleinod“. In der Folgezeit gibt es nach einer agoraphobischen
Symptomatik verschiedene Trennungs- und
Distanzierungsversuche, die jedoch scheitern. Besonders
belastet wird die Ehebeziehung durch die Erkrankung des
Mannes.
3.
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
4.
-
-
Ermittlung des Objekterlebens und der erlebten wie
faktischen Lebensgestaltung
Konzentration des Therapeuten auf die
Wahrnehmung und das Erleben der Objekte
Herausarbeiten, wie der P. die anderen im „Hierund-Jetzt“ und im „Dort-und-Damals“ sieht unter
Erfassung verschiedener Lebensbereiche: „Sie
haben mit erzählt, wie Sie sich selber jetzt und
früher sehen und erlebt haben, und auch
angedeutet, wie Sie andere sehen. Können Sie mir
noch genauer erzählen, wie Sie X sehen?“
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
Ermittlung des Objekterlebens und der erlebten
wie faktischen Lebensgestaltung – Beispiel
Bei der Patientin A. ist das signifikante bedeutsame
Objekt der Ehemann. Von diesem Objekt führt
der Weg im Interview zum Vater, der sehr
idealisiert wird und der kurz vor der Heirat der
Patientin verstorben war; sie konnte sich stets an
ihn wenden, er hatte für alles Verständnis.
Seinen Tod hatte sie noch nicht verarbeitet.
4.
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
5.
-
-
-
Psychotherapiemotivation,
Behandlungsvoraussetzungen, Einsichtsfähigkeit
gegen Interviewende soll auf Basis des bisherigen
Materials eine Intervention formuliert werden (in
Abhängigkeit vom strukturellen Niveau kann dies auch
eine Deutung sein)
Ziel ist es, den P. „probeweise“ an seine Problematik
heranzuführen; dies ist wichtig für die Erfassung der
inneren Konflikte bzw. der Struktur sowie für die
Bereitschaft, sich auf einen klärenden Prozess
einzulassen
Abschließen der Untersuchung oder alternativ
Vereinbarung weiterer Gesprächstermine
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Die 5 Phasen des Interviewablaufs
Psychotherapiemotivation,
Behandlungsvoraussetzungen,
Einsichtsfähigkeit
Mögliche Intervention bei Patientin A.:
„Sie möchten selbstständig leben können,
fühlen sich aber gebunden und abhängig
von ihrem Mann, aber auch, wie unser
Gespräch zeigt, von mir. Sie erwarten von
mir, dass ich Ihnen aus dieser schwierigen
Situation heraushelfe.“
5.
4. Leitlinien des OPD-Interviews
Klinische Diagnose gemäß ICD-10
(Achse V)
Kernmerkmale nach ICD-10 können während
des OPD-Interviews bereits überprüft
werden; eine vollständige
Systemexploration (= Diagnosestellung)
erfordert jedoch ein Verlassen der
bisherigen Interviewhaltung zugunsten
eines strukturierten Vorgehens.
5. Fokusableitung und
Therapieplanung
Achse I – Entscheidungsschritte:
1. Klärung der Behandlungsbedürftigkeit
(insbesondere ob psychosomatische/
psychotherapeutische Störung vorliegt)
2. Genügend Leidensdruck als motivationale Basis
gegeben? („Ich muss etwas verändern!“)
3. Umfasst die Problemdarstellung durch den
Patienten auch psychosoziale Aspekte?
4. Berücksichtigt der Patient in seinem
Krankheitskonzept auch psychosoziale
Faktoren?
5. Fokusableitung und
Therapieplanung
Achse I – Entscheidungsschritte:
5. Ist der Patient grundsätzlich für eine
psychotherapeutische Maßnahme motiviert?
6. Weist der Patient genügend persönliche
Ressourcen auf, um konstruktiv an einer
Psychotherapie partizipieren zu können?
7. Stehen der Psychotherapieaufnahme oder einer
verbindlichen und kontinuierlichen
Therapieteilnahme nachhaltige (innere oder
äußere) Hemmnisse sowie ein ausgeprägter
sekundärer Krankheitsgewinn entgegen?
5. Fokusableitung und
Therapieplanung
Fokusbestimmung auf Basis der Achsen II-IV
- Beziehung: siehe Schema für die
diagnostische Erfassung dysfunktionaler
Beziehungsmuster
5. Fokusableitung und
Therapieplanung
Fokusbestimmung auf Basis der Achsen II-IV
- Konflikt: siehe Hauptkonflikte des KonfliktRatings
5. Fokusableitung und
Therapieplanung
Fokusbestimmung auf Basis der Achsen II-IV
- Struktur: Prüfen, wie groß der Anteil
struktureller Einschränkungen an der
aktuellen Störung des Patienten ist (siehe
Überblick) und anschließende Markierung
der Items, die die Einschränkung des
Patienten wesentlich bewirken bzw.
aufrechterhalten (= Gegenstand der
psychotherapeutischen Arbeit)
5. Fokusableitung und
Therapieplanung
Zur Therapieplanung:
Klärung der Frage der grundsätzlichen
therapeutischen Ausrichtung bei diesem
Patienten (von deutlich strukturbezogen bis
deutlich konfliktbezogen)
Daraus ableitend dann das therapeutische
Setting, die therapeutische Haltung, die
Hierarchisierung der ausgewählten Foki, der
Umgang mit dysfunktionalen
Beziehungsbereitschaften und die
therapeutischen Techniken
Literatur und weiterführende
Quellen
Arbeitskreis OPD (2006). Operationalisierte
Psychodynamische Diagnostik OPD-2. Das
Manual für Diagnostik und Therapieplanung.
Bern: Verlag Hans Huber, Hogrefe AG.
| http://www.opd-online.net/
|
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