Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 FACHARBEIT Christoph Pircher Thema: Die Dämmung aus dem Meer …die 100% Naturreine Dämmung aus dem Meer Kursleiter: Dr. Arch. Bernhard Oberauch Fernlehrgang IBN Seite 1 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Inhaltsverzeichnis: Einleitung Herkunft und Gewinnung Die Umsetzung der Idee Die natürlichen und synthetischen Dämmstoffe im Überblick Eigenschaften und Vorteile: • • • • • • • Verhalten Sommer und Winter Brandverhalten Schalldämmend Ungezieferresistent Salzgehalt und Wasseraufnahme Verpackung und Lieferung Entsorgung Mögliche Anwendungen: • • • • Dachstühle und Flachdächer Fassaden und Wände Böden und Decken (oberste Geschossdecke) Innendämmung Verarbeitungsmethoden: • • • Das Stopfen Das Einblasen Schütten oder offenes Aufblasen Auszeichnungen Die Vorteile zusammengefasst Seite 2 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Einleitung Im Winter und Frühjahr findet man rund ums Mittelmeer diese seltsamen ca.2 bis 10 cm großen Bälle an den Stränden. Bisher hat sich niemand für diese filzigen Kugeln interessiert, die zusammen mit Unmengen von Seegrasblättern die Strände verschmutzen und die Sonnenanbeter stören. Die sogenannten Neptunbälle entstehen aus den abgerissenen Rhizomfasern des Seegrases und werden durch die Wellen des Meeres unter Wasser zu Kugeln zusammengerollt. Normalerweise sind die Bälle kugelrund oder leicht plattgedrückt wie Kiwis, das Herz ist eine Laune der Natur. Seite 3 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Herkunft und Gewinnung Die Mutterpflanze Posidonia oceanica aus der Gruppe der Neptungrasgewächse (Posidoniaceae), ist eine durch die Umweltverschmutzung besonders gefährdete Art, deren Schutz extrem wichtig ist. Sie ist Kinderstube und Lebensraum vieler Meeresbewohner, bewahrt mit ihrem Wurzelpolster die Strände vor Erosion und produziert fünfmal so viel Sauerstoff wie die gleiche Fläche Regenwald. Das Seegras kommt hauptsächlich im Mittelmeer und an der Australischen Südküste vor und wächst als Seegraswiese im Flachwasser, bis in einer Tiefe von 40 Metern. Das Seegras ist keine Alge wie viele glauben, sondern eine Einkeimblättrige Pflanze mit Blütenständen und Früchten, die sogenannten Meeroliven. Die Blätter der Posidonia oceanica werden im Herbst abgeworfen und sammeln sich am Spülsaum als bräunliche Massen am Strand. Die an den Strand gespülten Bällchen, werden in verschiedenen Mittelmeerländern von Hand eingesammelt. Dabei werden Arbeitsplätze für die einheimische Bevölkerung geschaffen. Seite 4 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Die Umsetzung der Idee Was für viele nur als Strandgut gilt, weckte die Aufmerksamkeit vom Karlsruher Architekturprofessor Richard Meier, der aus den Seebällen einen Dämmstoff entwickelte und diesen vor mehr als sechs Jahren unter dem Namen NeptuTherm® zum Patent anmeldete. Die Überprüfung der Fasern durch das Fraunhofer – Institut für Bauphysik im Rahmen der Prüfung zur Bauaufsichtlichen Zulassung hat hinsichtlich Wärmedämmung, Brennbarkeit, Schimmelresistenz, Salzgehalt, Verrottungssicherheit und möglicher maritimer Reststoffe sehr gute Werte ergeben. Mit einem Primärenergieverbrauch von 37 bis 50 kWh/m3 (bei Transport, Herstellung und Verarbeitung) benötigt NeptuTherm® bis zu 30-fach weniger Energie im gesamten Lebenszyklus als herkömmliche Dämmstoffe, aber auch wie ein Naturdämmstoff aus Holzfaser. Seite 5 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Die natürlichen und synthetischen Dämmstoffe im Überblick Dämmstoffe werden in zwei Gruppen unterteilt: In organische und in anorganische bzw. mineralische Dämmstoffe. Die organischen so auch die mineralischen Dämmstoffe können aus natürlichen und aus synthetischen Rohstoffen hergestellt werden. Übersicht der Dämmstoffe: organische Rohstoffe anorganische bzw. mineralische Rohstoffe natürliche Rohstoffe synthetische Rohstoffe natürliche Rohstoffe synthetische Rohstoffe Flachs Getreidegranulat Hanf Holzfaser Holzspäne Holzwolle Kokosfaser Kork Schafwolle Schilfrohr Stroh Wiesengras Zellulose Harnstoff- F Ortsschaum Melaminharz-Hartschaum Resol-Hartschaum (Phenolharz) Polyesterfasern expandiertes Polystyrol EPS extrudiertes Polystyrol XPS Polyurethan Hartschaum PUR Polyurethan Ortsschaum PUR Blähglimmer Blähton Naturbims Perlite Blähglas Kalziumsilikat Mineralfaser Mineralschaum Schaumglas Schaumglas- Schotter Seegras Seite 6 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Eigenschaften und Vorteile Was das Seegras als Dämmstoff so interessant macht, ist, dass es den hohen Anforderungen für Brandschutz (B2) und Schimmelschutz (Klasse1) ohne jegliche Zusätze erfüllt. Dies liegt nicht etwa an einen hohen Salzgehalt, sondern an den silikathaltigen Faserstrukturen. Dadurch erreicht man auch eine hohe Abschirmung elektromagnetischer Wellen. NeptuTherm® ist frei von gesundheitlich bedenklichen Inhaltstoffen und Emissionen, was diesen Dämmstoff ideal für Allergiker und selbst MCS-Betroffene macht. • Verhalten Sommer und Winter Durch die hohe spezifische Wärmespeicherkapazität und Dichte, erreicht Seegras einen wesentlich besseren sommerlichen Wärmeschutz als alle anderen Dämmstoffe. Im Gebäude bleibt es im Sommer schön kühl. NeptuTherm® hat mit 2.502 J/kg K eine 20% höhere Speicherfähigkeit als alle anderen Dämmstoffe. Seegras 2.502 J/kgK Seegras hat Die höchste Wärmespeicherkapazität aller Dämmstoffe!!!!!!!!!!! Seite 7 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Phasenverschiebung bei NeptuTherm® im Verlauf eines Tages Die Wärmeleitzahl λD beträgt 0,0388 W/ m·K, der Rechenwert beträgt 0,045 W/ m·K; jeweils bei einer Dichte von 65-75 kg/m³. ® NeptuTherm Seite 8 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 • Brandverhalten Die Fasern haben von Natur aus und ohne jede chemischen Zusätze eine schlechte Entflammbarkeit (Baustoffklasse B2), wo viele andere natürliche Produkte ohne Zusatzstoffe wie Borsalze nicht den vorgegebenen Anforderungen endsprechen. Brandschutz durch Borsalz!? „Borsalze wurden mit Beschluss der Europäischen Kommission vom 15.September 2008 als reproduktionstoxisch eingestuft, Kennzeichnung “T“. Biozid-Präparate, die mehr als 5,5% Borsalze enthalten, müssen daher ab Juli 2009 den Totenkopf tragen! Zusätzlich sind die R-Sätze 60-61 für fortpflanzungsgefährdende Gefahrenstoffe der Kategorie 2 anzubringen. Die Kategorie 2 enthält Stoffe, die als „fortpflanzungsgefährdend angesehen werden solle“. Ein Nachweis ist damit nicht erbracht, es besteht nur der Verdacht.“ Zitat aus „Schützen und Erhalten, März 2013, Seite 20“ Seite 9 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 • Schalldämmend Durch die relativ hohe Dichte ergibt sich ein guter Schallschutz der vom Fraunhofer Institut IBP getestet und als sehr gut bewertet wurde. • Ungezieferresistent Es gibt kein Lebewesen (Krebse, Käfer; Ungeziefer, Hund, Katze, Maus usw.) das sich für die Wolle interessiert – außer dem Menschen. Seite 10 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 • Salzgehalt und Wasseraufnahme Seegras besitzt nur ca.0,5-2 % Salze und ist deshalb kaum hygroskopisch und nicht korrosiv. Zu dem enthält die Wolle keine Eiweiße und ist verrottungssicher. Die Fasern nehmen Wasserdampf auf, puffern ihn und geben ihn wieder ab, ohne dass sich die Wärmedämmfähigkeit verschlechtert. Die Feuchteabsorption und Wasseraufnahmekapazität beträgt bis zu 3,4 Liter Wasser pro kg Fasern. • Verpackung und Lieferung Die Verpackungseinheiten werden in 15kg Säcken (200l/Sack) ausgeliefert. Gerade auch der private Bauherr, der selbst mit anpackt, dürfte von der einfachen Verarbeitung dieses Produktes angetan sein. Zudem wird die NeptuTherm-Dämmwolle in wiederverwendbaren Polyäthylensäcken zu den Endkunden transportiert. Auf die Säcke wird aus ökologischen Gründen ein Pfand verlangt, der bei Rückgabe der wohlbehaltenen Säcke zurückerstattet wird. Seite 11 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 • Entsorgung Als reines Naturprodukt ist Seegras nachhaltig und einfach in der Entsorgung und Wiedergewinnung. Wenn’s denn wirklich nicht mehr gebraucht werden sollte, kommt es einfach in die Gartenerde. Kann als Pflanzsubstrat unter die Gartenerde gemischt werden. Aus der Natur - zurück in die Natur = echtes „Cradle to Cradle (C2C)“ Seite 12 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Mögliche Anwendungen: NeptuTherm® eignet sich auf Grund dieser äußerst positiven Eigenschaften hervorragend zur Dämmung für alle Arten von Holzkonstruktionen, für Dachstühle und Flachdächer, Fassaden und Wände, Böden und Decken in Neuund Altbauten – insbesondere bei der Sanierung. Dachstühle und Flachdächer Seite 13 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Fassaden und Wände Da der Dämm-Wert von monolithischen Baumaterialien durchwegs um mindestens den Faktor 20 schlechter ist als bei echten Dämmstoffen, wählt man sehr oft eine zweischalige Konstruktion, bestehend aus der statisch notwendigen Wandkonstruktion und einer außen angebrachten Dämmschicht, die heute meistens mit ca. 16 cm und mehr hergestellt wird. Seite 14 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Böden und Decken (oberste Geschossdecke) Wichtigstes Anwendungsgebiet für NeptuTherm® ist die Dämmung der obersten Geschossdecke = Speicherboden bei Bestandsgebäuden. Es muss nur ausgeschüttet und nicht zugeschnitten oder angepasst werden. Das Dach kann später jederzeit noch ausgebaut und der Dämmstoff wieder verwendet werden. NeptuTherm® wird einfach in Big Bags zwischengelagert und dann in der neuen Dachkonstruktion wieder eingebaut. Seite 15 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Innendämmung Normalerweise sollte man einem Gebäude einen warmen Mantel anziehen. In manchen Fällen ist dies jedoch nicht möglich, zum Beispiel, wenn ein Gebäude auf einer oder mehreren Seiten der Grundstücksgrenze steht oder die Fassade unter Denkmalschutz steht. So bleibt einem keine andere Lösung, als das Gebäude von innen zu dämmen. Dies ist bauphysikalisch nicht ganz unproblematisch und sollte unbedingt von einem erfahren Fachmann geplant werden. Es kommt dabei hauptsächlich auf eine richtige Bewertung des Gebäudebestands und seiner Diffusionswerte an. Wie immer gilt: Eine Außenwand Konstruktion muss von innen nach außen hin mindestens um den Faktor >10 diffusionsoffener werden. Seite 16 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Verarbeitungsmethoden: Als loser Dämmstoff kann NeptuTherm® in Hohlräume geschüttet, gestopft, oder auch mittels geeigneten Maschinen geblasen werden. Das Stopfen NeptuTherm® kann ganz einfach in vordefinierte Hohlräume geschüttet und anschließend von Hand verdichtet werden. Durch die genau festgelegte Menge pro m3 finden Sie leicht das erforderliche Maß, eine setzungssichere Verdichtung zu erreichen. Seite 17 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Das Einblasen Das Einblasen ist eine wirtschaftliche und gleichzeitig ökologische Art ein Gebäude zu dämmen. Das Verfahren ist deutlich nachhaltiger als einen Dämmstoff unter hohem Energieaufwand zu flexiblen Matten zu verpacken und dann einzubauen. Schütten oder offenes Aufblasen Auf der obersten Geschossdecke wird NeptuTherm® einfach auf dem gereinigten Speicherboden ausgeschüttet und mit einem Rechen abgeglichen. In manchen Fällen ist es wirtschaftlicher, NeptuTherm® mit einer Einblasmaschine auf die Decke aufzublasen. Dies ist ein Vorteil, wenn der Zugang schwierig ist. Seite 18 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Auszeichnungen NeptuTherm® und sein (Er)finder Prof. Richard Meier wurde bereits vielfach ausgezeichnet: April 2007 den Hauptpreis der IKEA-Stiftung Deutschland anlässlich des 25jährigen Deutschland-Jubiläums. Februar 2012 den Inventa- Innovationspreis im Bereich „Green Buildings“ September 2012 erfolgte die Verleihung des „werbund-Labels 2012“ vom „deutschen werkbund Baden-Württemberg“ im burda-Haus in Offenburg. Juli 2013 den Umweltpreis der Sparkasse Pforzheim- Calw. Oktober 2013 Prof. Richard Meier wurde "Gründerchampion BadenWürttemberg" der KfW-Bank Deutschland. Die Preisverleihung fand im Wirtschaftsministerium in Berlin statt. November 2013 erhielt NeptuTherm® den Sonderpreis „Innovation“ von der Metropolregion-Rhein-Neckar. Seite 19 Berufschule Schlanders AUSBILDUNG ZUM BAUBIOLOGEN 2013/2014 Die Vorteile zusammengefasst o keinerlei Zusätze (100% rein) o schlechte Entflammbarkeit (Brandstoffklasse B2) o hohe Schimmelresistenz (Klasse 1) o kaum hygroskopisch und nicht korrosiv (Salzgehalt nur 0,5 – 2 %) o enthält keine Eiweiße, daher verrottungssicher o Aufnahme, Pufferung und Abgabe von Wasserdampf, ohne Beeinträchtigung der Wärmedämmfähigkeit o unproblematische Entsorgung (kann als Pflanzsubstrat unter die Gartenerde gemischt werden) = „Cradle to Cradle“ o für jegliche Art von Ungeziefer uninteressant o hohe Wärmespeicherfähigkeit, dadurch guter sommerlicher Wärmeschutz o hohe Dichte, dadurch sehr guter Schallschutz o keinerlei Emissionen von VOC (= flüchtige organische Verbindungen) o besitzt eine hohe Abschirmung elektromagnetischer Wellen o das natürliche Austrocknungspotential der Wand bleibt durch das kapillaraktive Dämmsystem erhalten o benötigt bis zu 30-mal weniger Primärenergie als andere Dämmstoffe (bei Transport, Herstellung und Verarbeitung) o einfache Verarbeitung durch schütten, stopfen oder einblasen o in jeder Hinsicht seinen Preis wert! "Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von unseren Kindern geliehen" (altes Indianersprichwort) Seite 20