Neutronensterne - Physik

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Universität Regensburg – Fakultät Physik
Sommersemester 2007
Ausbildungsseminar: Nukleare Astrophysik
Prof. Dr. Wolfgang Gebhardt und
PD Dr. Alexander Lenz
Neutronensterne
Markus Leitl und Johannes Karch
22. Mai 2007
Inhaltsverzeichnis
1. Vorhersage bis Entdeckung von Neutronensternen.....................................................................3
2. Zustandsgleichung und Zustandsgrößen......................................................................................4
3. Aufbau und Struktur von Neutronensternen................................................................................ 7
4. Pulsare........................................................................................................................................11
5. Beobachtung ............................................................................................................................. 14
6. Verwendete Literatur und Abbildungsnachweis........................................................................22
2
1. Vorhersage bis Entdeckung von Neutronensternen
Nach der Entdeckung des Neutrons im Jahre 1932 durch Chadwick sagte noch
im selben Jahr Landau die Existenz von Neutronensternen voraus. Er spekulierte, dass
ein solches kompaktes und schweres Objekt der eigenen Gravitation nur durch den Entartungsdruck von extrem dicht gepackten Neutronen widerstehen könne, ähnlich wie
Weiße Zwerge durch den Entartungsdruck der Elektronen. 1934 vermuteten Baade und
Zwicky, dass Neutronensterne als mögliches Endprodukt der Sternentwicklung aus einer Supernova entstehen könnten (Abbildung 1). Sobald in einem sterbenden Stern genügend großer Masse die Fusionsprozesse, die zuvor der Schwerkraft des Sterns auf
Grund des nach außen gerichteten Strahlungsdrucks entgegenwirkten, zum Erliegen
kämen, kollabiere er und würde dabei zu einem Objekt mit einem Radius von lediglich
noch zehn Kilometern komprimiert. Oppenheimer, Volkoff und Tolman berechneten
schließlich 1939 erste theoretische Modelle für einen Neutronenstern als ein ideales
Gas aus freien Neutronen hoher Dichte, indem sie ausgehend von Einsteins Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie relativistische Gleichungen für den Sternaufbau
entwickelten.
Abbildung 1: Neutronenstern
(hier der Pulsar CM Tauri) im
Zentrum des Krebsnebels (kleines Bild links oben) im Sternbild
Stier. Die Explosion des ursprünglichen Sterns wurde 1054
n. Chr. für einen Zeitraum von
etwa drei Wochen sogar am Tageshimmel sichtbar, mit einer
Helligkeit ähnlich der der Venus.
Der Überrest der Supernova vom
Typ II expandiert heute noch immer und wird als SN 1054 bezeichnet. Das Bild stammt aus
der Überlagerung von Aufnahmen des Röntgen-Satelliten
Chandra in verschiedenen Spektralbereichen.
3
1967 stieß Bell bei ihrer Doktorarbeit, für die sie 2048 Antennen-Dipole aufgestellt hatte, auf eine Radioquelle am Himmel, die eine äußerst regelmäßige Folge von
Pulsen ausstrahlte. Nach der Entdeckung einer weiteren pulsierenden Quelle in einer
anderen Himmelsregion konnte sie eine zuvor vermutete extraterrestrische Zivilisation
als Ursache der Signale ausschließen. Schließlich identifizierte ihr Doktorvater Hewish
die neu entdeckten Himmelskörper als so genannte Pulsare. Das sind rotierende Neutronensterne, deren starkes Magnetfeld wie der Scheinwerfer eines Leuchtturms den
Kosmos durchstreift. Für diese erste Beobachtung der bereits 30 Jahre zuvor vorhergesagten Neutronensterne erhielt Hewish wenig später den Nobelpreis für Physik. Heute
zählen Neutronensterne wegen ihrer Dichte, ihres Magnetfeldes, ihrer Temperatur und
weiterer physikalischer Größen zu den extremsten bekannten Objekten im Kosmos und
sind deshalb ideale astrophysikalische Laboratorien, um Theorien über ultradichte Materie zu testen.
2. Zustandsgleichung und Zustandsgrößen
Der erste experimentelle Hinweis auf einen Neutronenstern erfolgte also durch
das Messen des riesigen Magnetfeldes, das er in seiner Umgebung erzeugen kann. Um
aber über den inneren Aufbau einer solchen „Sternleiche“ Aufschluss zu erhalten, wären weitere Messungen nötig, wie zum Beispiel die genaue Bestimmung seines Radius.
Dabei darf man nicht vergessen, dass Neutronensterne mit wahrscheinlichen Durchmessern zwischen 15 und 30 km in astronomischen Entfernungen winzige kosmische
Objekte sind, die nicht oder nur kaum im optischen Spektralbereich strahlen. Mangels
wirklich brauchbarer Beobachtungsmöglichkeiten versuchen deshalb Astrophysiker,
durch Aufstellen von Zustandsgleichungen für entartete Sternmaterie die fehlenden
Messgrößen zu berechnen. Wie im Vortrag über die Chandrasekhar-Grenzmasse bereits gezeigt wurde, ergeben sich folgende Zustandsgleichungen für ein entartetes Neutronengas, die je nach Polytropenindex γ den Druck P und die Dichte ρ verknüpfen:
4
2 5
3
 
 
2
ℏ
3
P nichtrel.=
2
15  m m N
2 4
3
ℏ c 3
P relat.=
12 2 mN

4
3

5
3
für γ =
5
im nichtrelativistischen Fall ( ρ < < ρ c ) und
3
für γ = 4 im relativistischen Fall ( ρ > > ρ c )
3
Im nichtrelativistischen Fall berechnen sich so für γ = 5 3 Radius R und Masse M eines
Neutronensterns zu
 

R=11 c
0
1
6
und


M =2,79 c
0
1
2
M,
wobei c =m4N c 3 /3 2 ℏ3≈6⋅1015 g /cm3 die nur von Naturkonstanten abhängige Massendichte für einen Neutronenstern und ρ0 dessen Dichte im Inneren beim Radius r = 0 bezeichnen. Hier darf nicht mehr einfach mit der Druck-Dichte-Beziehung im relativsitischen Fall gerechnet werden. Denn im Gegensatz zum Weißen Zwerg, bei dem die ultrarelativistischen Elektronen mit ihrer jedoch geringen Ruhemasse von den den Hauptteil der Masse des Sterns tragenden Protonen (und anderen Kernen) getrennt als nichtrelativistisch betrachtet werden können, sind beim Neutronenstern die schweren Teilchen auch die mit den relativistischen Geschwindigkeiten. Es muss also wegen der
Gravitation des Neutronensterns die Allgemeine Relativitätstheorie herangezogen werden. Für eine feste Zustandsgleichung kann man jetzt eine Folge von Modellen für Neutronensterne konstruieren, die mit ρ0 parametrisiert werden. Setzt man zum Beispiel
einen vermuteten Wert von 0 =4,6⋅10 14 g /cm3 für die Dichte im Zentrum des Neutronensterns ein, erhält man einen maximalen Radius von 16,9 km und eine obere Masse
von 0,77 Sonnenmassen. Bei diesem einfachen Modell wurden jedoch relativistische
Effekte aus der Allgemeinen Relativitätstheorie nicht berücksichtigt und der Neutronenstern als freies Neutronengas betrachtet. Unter Einbeziehung der starken gravitativen Effekte, für deren Beschreibung bei einem Neutronenstern im Gegensatz zum Modell eines Weißen Zwerges die Newtonsche Gravitationstheorie nicht mehr ausreicht, und des
flüssigen Charakters der Neutronen in Teilen des Neutronensterns, ergeben sich neue
Modelle, aus denen bessere Zustandsgleichungen und realistischere Werte für Masse
und Radius resultieren. Die Masse-Radius-Beziehungen, die aus den verschiedenen
Theorien mit unterschiedlichen Zusammensetzungen und maximalen Dichten des Neutronensterns hervorgehen, sind in Abbildung 2 angedeutet.
5
Die Masse von Neutronensternen kann dabei als Vergleich mit solchen Modellen
recht gut experimentell für Doppelsysteme bestimmt werden, in denen sich ein Neutronenstern und ein Roter Riese oder Weißer Zwerg umkreisen. Sie liegt bei den meisten
beobachteten Objekten bei etwa 1,4 Sonnenmassen, also knapp oberhalb der Chandrasekhar-Grenzmasse. Die Obergrenze für einen Neutronenstern ist vermutlich mit etwa 2
Sonnenmassen erreicht.
Oppenheimer, Volkoff und Tolman berechneten 1939 aus der Lösung der Feldgleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie eine Bedingung für hydrostatisches
Gravitationsgleichgewicht in Sternen, die nach ihnen benannte TOV-Gleichung:

dP
GM 
P
=− 2 1 2
dr
r
c

4 r 3 P
1
Mc 2

2GM
1− 2
rc
−1

und
dM
=4  r 2
dr
Die Gleichung für den Druckgradienten besteht hierbei aus dem einfachen Newtonschen Anteil (vor den Klammern) und relativistischen Korrekturen dazu (in den drei
Klammern). Aus der numerischen Lösung dieser Gleichung erhielten Oppenheimer und
Volkoff unter der Annahme, der relativistische Stern bestehe aus einem freien FermiGas aus nicht wechselwirkenden Neutronen, eine Massenobergrenze von etwa 0,7
Sonnenmassen und einen maximalen Radius von ungefähr 9,6 km für einen Neutronenstern. Da aber schon schwerere Weiße Zwerge beobachtet wurden und aus Messungen von Doppelsystemen bekannt ist, dass die meisten Neutronensterne etwa die
doppelte als die so berechnete maximale Masse besitzen, muss neben dem Entartungsdruck der Fermionen noch eine weitere repulsive Kraft dafür sorgen, dass der
Stern nicht unter seiner eigenen Schwerkraft zu einem Schwarzen Loch kollabiert. Diese Kraft ist die starke Kernkraft, die für eine vollständige Beschreibung der Zustandsgleichung eines Neutronensterns mit berücksichtigt werden muss. Zudem muss für ein
gutes Modell auch noch beachtet werden, dass die Neutronen sich nicht überall im
Stern wie ein freies Neutronengas, sondern teilweise eher wie eine Neutronenflüssigkeit
verhalten. Ein realistischerer, also größerer Wert für die Massengrenze ergibt sich unter
der Annahme von festen und flüssigen Phasen von Nukleonmaterie (Neutronen und
Protonen) im Neutronenstern aus der TOV-Gleichung zu drei bis fünf Sonnenmassen.
6
Abbildung 2: Masse-Radius-Diagramm. Die Linien bezeichnet mit
„GR“, „P<∞“ und „causality“ stellen
Grenzen für physikalische Strukturen dar, der rote Bereich „rotation“
ist eine Grenze erhalten aus dem
am schnellsten rotierenden Pulsar.
Die schwarzen Linien resultieren
aus normalen nukleonischen Zustandsgleichungen, die grünen aus
solchen für „strange quark matter
stars“ (s. Kap. 3).
Die große Masse dieser äußerst kompakten Objekte verursacht zudem ein gigantisches Gravitationspotential an deren Oberfläche. So hat ein typischer Neutronenstern mit 1,4 Sonnenmassen und 10 km Radius eine Gravitationsbeschleunigung von
g =1,86⋅1012 m/s 2 , also einen 190 Milliarden Mal größeren Wert als die Erdbeschleunigung. Dies führt zu einer Fluchtgeschwindigkeit (minimale Geschwindigkeit, die ein Objekt zum Verlassen der Oberfläche eines gravitativen Himmelskörpers benötigt), die ein
Drittel der Lichtgeschwindigkeit beträgt.
3. Aufbau und Struktur von Neutronensternen
Für den Aufbau eines Neutronensterns ist die Veränderung des Drucks in Abhängigkeit von der Dichte entscheidend. An seiner Oberfläche herrscht der Druck Null (Vorvakuum). Dies bedeutet, dass dort keine freien Neutronen existieren können, da Neutronen im Vakuum eine Halbwertszeit von etwa elf Minuten haben. Im Inneren des Neutronensterns herrscht dann je nach Tiefe ein Reaktionsgleichgewicht zwischen BetaZerfall und seiner inversen Reaktion, hervorgerufen durch die schwache Wechselwirkung:
β-Zerfall:
n → e− + p+ + υ e ,
inverser β-Zerfall:
p + + e− → n + υ e
7
Weil diese beiden Prozesse im Gleichgewicht permanent stattfinden, bleiben die Elektronen-, Protonen- und Neutronenpopulationen bei einer festen Dichte im Neutronenstern zahlenmäßig stabil. In erster Näherung bestehen Neutronensterne also aus Elektronen, Protonen und Neutronen im Beta-Gleichgewicht, denn die bei den Reaktionen
frei werdenden Elektron- und Elektron-Anti-Neutrinos können die Materie fast ohne
Wechselwirkung durchdringen und so ins All abgestrahlt werden. Diese Neutrino-Abstrahlung entzieht dem Neutronenstern nach seiner Entstehung so viel thermische
Energie, dass er von anfangs etwa 100 Milliarden Kelvin innerhalb von nur einem Jahr
auf ungefähr 1 Milliarde Kelvin abkühlt.
Abbildung 3: Aufbau und innere Struktur eines Neutronensterns mit seinen fünf
Schalen: innerer und äußerer
Kern, Kruste, Einhüllende und
Atmosphäre. Das obere Band
illustriert die möglichen geometrischen Übergänge von
einheitlicher Materie hoher
Dichte zu Nukleonen mit geringerer Dichte. Die unteren
beiden Würfel stellen superfluide Aspekte in Kern und
Kruste dar.
Bei der Beschreibung des Neutronensterns als freies Fermi-Gas werden auf
Grund des Paulischen Ausschließungsprinzips die energetischen Zustände, die die
Neutronen besetzen können, der Reihe nach von unten nach oben mit je zwei Neutronen unterschiedlichen Spins besetzt. Der höchste besetzte Zustand ist dann bei der
Fermi-Energie erreicht, die in Neutronensternen wegen ihrer hohen Teilchendichte bis
zu 10 34 Joule betragen kann. Diese Energie entspricht der Temperatur kurz nach der
Geburt des Neutronensterns von rund 100 Milliarden Kelvin. Nach der Abkühlung durch
die Neutrinoemission auf nur noch ein Prozent der anfänglichen Temperatur besetzten
so gut wie alle Teilchen Zustände weit unterhalb der Fermi-Kante, das System kann
8
demnach als Zustand bei der Temperatur Null behandelt werden. Deshalb verhalten
sich Neutronensterne mit ihrer gigantischen Dichte wie eingefrorene Körper, obwohl sie
mit Temperaturen von bis zu einigen Milliarden Grad um Größenordnungen heißer sind
als das Zentrum unserer Sonne.
Ein mittelgroßer Neutronenstern (Abbildung 3) hat rund die 1,4-fache Sonnenmasse, aber einen Durchmesser von nur 20 km. Seine Atmosphäre und Einhüllende
beinhalten einen vernachlässigbaren Teil dieser Masse, allerdings ist die Atmosphäre
äußerst wichtig für die Beschreibung des beobachtbaren Photonenspektrums, während
die Einhüllende entscheidend Transport und Entweichen der thermischen Energie von
der Sternenoberfläche beeinflusst. Die Oberfläche eines Neutronensterns besteht größtenteils aus Eisen
56
Fe , dem stabilsten aller Elemente mit der höchsten Bindungsener-
gie pro Nukleon. Diese rund zehn Meter dicke Eisenschale ist ein Überbleibsel aus der
Supernova-Explosion, die den Neutronenstern hervorgebracht hat. Die Eisenatome bilden ein kompaktes, metallisches Kristallgitter, das von einer freien Elektronenwolke
durchflutet wird. Wegen der dort herrschenden enormen Schwerkraft ist diese Metalloberfläche sehr glatt, etwaige Berge wären höchstens einige Millimeter hoch. Nach innen
hin steigt die Dichte des Metalls stark an, so dass sich die Elektronen immer näher an
die Atomkerne pressen. Kommen sie schließlich in die Reichweite der schwachen
Wechselwirkung, werden sie von den Protonen des Kerns eingefangen, und es bilden
sich Neutronen (und Neutrinos, inverser Beta-Zerfall). Somit sind die Atomkerne mit
steigender Tiefe mehr und mehr mit Neutronen angereichert. Ab einer gewissen Tiefe in
der Metallschicht wird die Anzahl der Neutronen pro Atom so groß, dass sie beginnen,
aus den Atomkernen herauszutröpfeln („neutron drip“).
Dies markiert den Übergang von der äußeren kristallinen Kruste zur etwa ein bis
zwei Kilometer dicken inneren Kruste, in der schon immerhin ein Tausendstel der Atomkerndichte herrscht. Ihre Struktur wird gerne mit italienischen Nudelgerichten verglichen
und als „nukleare Pasta“ bezeichnet. Man vermutet, dass dort ein kontinuierlicher
Wechsel der Dimensionalität der Nukleonenmaterie stattfinden könnte, von 3D Nukleonen („Fleischbällchen“) zu 2D Zylindern aus Neutronenflüssigkeit („Spaghetti“), 1D Platten von kristallin angeordneten Nukleonen mit ebenen Zwischenräumen aus Neutronenflüssigkeit („Lasagne“), 2D zylindrischen Leerräumen („Ziti“) und schließlich zu 3D Leerräumen („Ravioli“ oder „Schweizer Käse“), bevor möglicherweise ein Übergang zu ein9
heitlicher nukleonischer Materie stattfindet („Sauce“). Solche Zonen wachsen ständig,
zerplatzen dann wieder und treffen neu zusammen. Nach innen hin nimmt dabei der
Anteil der flüssigen Bereiche gegenüber den kristallinen Strukturen stetig zu.
Im Anschluss an die innere Kruste folgt dann der so genannte äußere Kern oder
auch flüssige Mantel. Ab dieser Tiefe herrscht in etwa die gleiche Dichte wie in Atomkernen, also ca. 2,3⋅10 14 g /cm3 . Der Stern besteht hier vor allem aus Neutronen, Protonen, Elektronen und einem geringen Teil Myonen. Falls die Temperaturen in diesen Bereich niedrig genug sind, wird die Neutronenflüssigkeit durch spontane Paarbildung der
entarteten Neutronen superflüssig, das heißt ihre Viskosität wird Null, und sie fließt völlig ohne Reibung. Gleichzeitig bilden sich auch Protonenpaare, die auf Grund ihres Bosonencharakters supraleitend werden (bei Temperaturen von vielleicht einer Milliarde
Kelvin).
Noch tiefer im Neutronenstern, im inneren Kern, steigt die Dichte auf Werte der
dreifachen Atomkerndichte von 6,65⋅1014 g /cm3 an. Solche Teilchendichten können auch
nicht annähernd mit Teilchenbeschleunigern erzeugt und damit auf der Erde untersucht
werden. Wegen der fehlenden Kenntnis über das Verhalten von Materie bei diesen
enormen Dichten und Drücken ist noch immer nicht geklärt, wie der Kern eines Neutronensterns, der den Großteil seiner Gesamtmasse enthält, zusammengesetzt ist. Nach
einem möglichen Modell besteht er aus exotischen Teilchen wie Hyperonen, die Strange-Quarks enthalten. Bei genügend hoher Dichte könnten diese schweren Quarks aus
den Mesonen und Baryonen, in denen sie sonst stets zu zweit oder zu dritt vorliegen
(Quark-Confinement), austreten und eine Quarkflüssigkeit bilden. Eine solche Materieform würde durch die starke Wechselwirkung stabilisiert und könnte daher auch ohne
den gravitativen Außendruck existieren („strange quark matter stars“). Durchaus vorstellbar wären auch Pionen und Kaonen als Bestandteile des inneren Kerns, die als Bosonen nicht dem Pauli-Verbot unterliegen und so einen gemeinsamen Quantenzustand
einnehmen können (Bose-Einstein-Kondensat).
10
4. Pulsare
Wenn Sie dachten, es sei schon schwierig, Sterne von der Größe unserer Sonne
in Entfernungen von mehreren tausend Lichtjahren zu beobachten, warten Sie ab, wie
schwierig es ist, Neutronensterne in dieser Entfernung zu finden. Nicht nur ihre im Vergleich zur Sonne verschwindend geringe Leuchtkraft macht den Astronomen das Leben
schwer, auch ihre Größe, welche um die 10 km beträgt, erleichtert die Suche nicht. Und
dennoch, obwohl Neutronensterne zu den kosmischen Zwergen gehören und obwohl
man eine Kerze auf dem Mond nicht viel schlechter erkennen könnte, erreichen uns Informationen von diesen Sternleichen, die diese alles andere als tot erscheinen lassen.
Viele unserer Informationen erhalten wir dabei von Pulsaren. Gäbe es diese rotierenden Neutronensterne nicht, die sich mit unglaublichen Geschwindigkeiten um sich
selbst drehen und dabei gewaltige Mengen an Strahlung emittieren, wüssten wir viel
weniger über Neutronensterne im Allgemeinen. Diese Strahlenkegel sind der Grund,
weshalb Astronomen überhaupt erst auf Pulsare aufmerksam wurden. Was genau man
alles aus den Pulsen lesen kann und wie sie entstehen, wird weiter unten erklärt.
Seit der Entdeckung im Jahre
1967 wurden mehr als 1300 Pulsare gefunden. Dabei muss man berücksichtigen, dass es uns auf der Erde nur möglich ist, ihren Strahlenkegel zu sehen,
wenn dieser direkt über die Erde streicht.
Geschieht dies, sieht man den Stern
Abbildung 4: Krebsnebel ohne und mit Pulsaraktivität
kurz aufblitzen. Im Röntgenbereich sieht
das Ganze dann aus wie in Abbildung 4. Allerdings soll nicht verschwiegen werden,
dass es durchaus möglich ist, Neutronensterne auch direkt zu beobachten. Der erdnächste im Moment bekannte ist RX J18565-3754 mit einer scheinbaren Helligkeit von
25,6. Zum Vergleich: Objekte mit einer scheinbaren Helligkeit von 27 wären gerade
noch von der Erde aus beobachtbar, eine Kerze auf dem Mond hätte eine Helligkeit von
31. RX J18565-3754 wurde 1996 entdeckt. Seine Entfernung zur Erde beträgt ungefähr
450 Lichtjahre. Eine Aufnahme im sichtbaren Bereich des Lichts zeigt Abbildung 5.
11
Pulsare sind extrem
schnell rotierende Objekte.
Ihre Perioden liegen hierbei
zwischen 1 ms und
10 s, wobei bei 0,8 s eine
Häufung zu finden ist. Früher vermutete man, dass
ein Pirouetteneffekt, ähnlich wie bei einer Eiskunstläuferin, der Grund für ihre
Rotation
ist.
Stürzt
ein
Stern in sich zusammen,
weil die Gravitation nicht
mehr vom Strahlungsdruck
(oder
Entartungsdruck)
Abbildung 5: Neutronenstern RX J185635-3754
kompensiert werden kann,
so muss der Drehimpuls erhalten bleiben und damit die Rotationsgeschwindigkeit steigen.
Forscher von der North Carolina State University konnten mit Hilfe einer 3D Simulation zeigen, dass die Rotationsgeschwindigkeit eines Pulsars nicht direkt mit dem
ursprünglichen Drehimpuls zusammenhängen muss. Im Gegenteil, auch nicht rotierende Sterne können zu Pulsaren kollabieren. In ihrem Modell, in welchem eine Schockwelle im Innern des Sterns entstand, breitete sich diese spiralförmig nach außen aus,
was den Kern, also den künftigen Neutronenstern, in die andere Richtung beschleunigte.
Außergewöhnlich ist zudem die hohe Stabilität der Rotationsperiode. Als Kriterium der Stabilität wird hierbei das Verhältnis von P zu dP/dt bestimmt, wobei P für die
Periodendauer steht und damit dP/dt die Änderung der Periodendauer pro Sekunde angibt. Periodendauern und Änderungen für ausgewählte Pulsare zeigt die unten stehende Tabelle. Dabei sticht sofort die extreme Stabilität bei einigen Pulsaren ins Auge.
Doch obwohl klein, lassen sich Periodenänderungen messen. Einen Grund für diese
Änderungen stellt die Abstrahlung elektromagnetischer Wellen dar. Die Energie, die da12
für notwendig ist, wird der
Rotation entzogen. Wie ge-
Pulsar
Periode [s]
dP/dt [10-15]
nau dieser Abstrahlungs-
0833-45
0,08924726825
124,68
mechanismus funktioniert,
0031-07
0,94295078486
0,40
0818-41
0,5454455279
0,02
1937+21
0,00155780649
0,00
ist noch nicht endgültig geklärt. Eine Erklärung basiert
vgl. http://home.arcor.de/pavanne/Download/Tabelle_30.pdf
darauf, dass auf Grund des
rotierenden Magnetfeldes des Pulsars, welches einen Winkel mit seiner Rotationsachse
einschließt, ein elektrisches Feld erzeugt wird, durch welches Elektronen beschleunigt
werden. Diese bewegen sich auf Schraubenbahnen um die magnetischen Feldlinien.
Dabei emittieren sie Strahlung. Da die Energie der dadurch erzeugten Photonen ein
Vielfaches der Ruheenergie der Elektronen beträgt, entstehen weitere Elektron-Positron-Paare. Diese erzeugen wiederum Photonen. Durch diese Kaskade können Unmengen an Ladungsträgern und damit Strahlung erzeugt werden. Eine quantitative Abschätzung hiervon erfolgt im nächsten Abschnitt.
Ein weiteres Phänomen stellen so genannte Pulsarglitches1 dar. Bei diesen Ereignissen ändert sich die Periode eines Pulsars sprunghaft. Die Pause zwischen diesen
Glitches kann oft mehrere Monate oder sogar Jahre betragen. Als Erklärung für ihr Auftreten werden im Moment zwei alternative Ursachen diskutiert:
●
Die äußere Hülle eines Pulsars besteht aus einer starren
Eisenschicht. Da der Pulsar
rotiert, verformt er sich zu einem Rotationsellipsoid. Verliert nun der Pulsar Rotationsenergie
durch
Abstrahlung
elektromagnetischer
Wellen,
so verformt sich dieses Ellipsoid. Ist eine kritische Schwelle erreicht, so bricht die Hülle
und
das
Trägheitsmoment
des
Pulsars
ändert
Abbildung 6: Glitch beim Vela Pulsar
sich
1 Glitch = Störung
13
schlagartig. Ein Glitch kann beobachtet werden.
●
Durch die Rotation des Pulsars entstehen in der supraliquiden Neutronenflüssigkeit in seinem Inneren Wirbel, die schwach mit der äußeren Hülle wechselwirken.
Lösen sich diese Wirbel, so führt dies zu einer plötzlichen Änderung des Drehimpulses, was wiederum in einem Glitch resultiert.
Aus diesen plötzlichen Änderungen der Rota-
tionsdauer erhofft man sich Einblicke in den inneren
Aufbau der Neutronensterne, also welche Arten von
Materie in ihnen existieren. Die Spekulationen reichen hierbei, wie bereits weiter oben erwähnt, von
relativ homogen aufgebauten Neutronensternen bis
zu Gemischen aus up, down und strange Quarks in
ihrem Kern. Leider konnte man bis heute aus den
Glitches keinerlei Informationen darüber gewinnen.
Abbildung 7: Doppelsternsystem aus rotem Riesen und akkretierendem Pulsar
Auch der umgekehrte Prozess, also dass ein Pulsar seine Periodendauer verkürzt, existiert. Diese so genannten Spin Up's treten auf, wenn sich der Pulsar in einem
Doppelsystem mit einem anderen Objekt befindet, von welchem er Materie akkretiert.
Mit dem Materiestrom wird auch Drehimpuls übertragen, was zu einer Beschleunigung
führen kann, wenn die Einströmrichtung passt. Dies scheint auch der ausschlaggebende Mechanismus zu sein, der zur Bildung von Millisekundenpulsaren führt. Diese Pulsare haben ihre Periode, welche - wie der Name schon sagt - im Millisekundenbereich
liegt, seit ihrer Entdeckung kaum geändert. Deswegen kann nahezu ausgeschlossen
werden, dass sie so schnell rotieren, weil sie gerade erst entstanden sind. Mittlerweile
kennt man mehr als 90 dieser schnell drehenden Objekte.
5. Beobachtung
Das erste Lebenszeichen, das wir auf der Erde von einem Neutronenstern vernommen haben, war der Strahlenkegel eines Pulsars, der in regelmäßigen Abständen
über uns hinweg fegte. Aus diesen Pulsen lassen sich Entfernung, Alter, Oberflächenmagnetfeld und einige weitere physikalische Größen ablesen.
14
Relativ leicht kann man aus dem Spektrum eines Pulses die Entfernung des Erzeugers bestimmen. Aus Abbildung 8 kann man erkennen, dass uns Strahlung aus verschiedenen Frequenzbereichen zu unterschiedlichen Zeiten erreicht. Der Grund hierfür
liegt im Brechungsindex n des interstellaren Mediums. Da dieser von der Frequenz abhängt, gilt dies auch für die Lichtgeschwindigkeit cm. Weil der Brechungsindex im interstellaren Medium einigermaßen bekannt ist, kann man aus der verzögerten Ankunft auf
die Entfernung l des Pulsars schließen.
Abbildung 8: Spektrum eine Pulses von PSR 1641-45
Für die quantitative Auswertung ist etwas Vorarbeit erforderlich. Die Lichtgeschwindigkeit in Medien ergibt sich zu
c m=
c
n
15
Darüber hinaus gilt für den Brechungsindex, falls keine Resonanzen vorhanden sind
n=1−
e2 N e
2  me 2
Hierbei ist Ne die Elektronendichte, die als konstant angesehen wird und einen Wert von
ca. 0.3 cm-3 besitzt. Es folgt hieraus
 t=t 1−t 2=

l
l
1 1
−
=4.1⋅10 3 l 2 − 2
c m 1  c m 2 
1  2

Auflösen nach l liefert schließlich die Entfernung
l=2400 t
21  22
 21− 22
Es existiert jedoch auch die Möglichkeit, die Entfernung eines Neutronensterns
mit Hilfe seiner Parallaxe zu bestimmen. Einige Parallaxen und Entfernungen für Neutronensterne zeigt die unten stehende Tabelle. Der Beobachtungssatellit Hipparcos löst
dabei die Parallaxe mit bis zu einer Millibogensekunde (mas) Genauigkeit auf.
Neutronenstern
Parallaxe [mas]
Entfernung [kpc]
RX J185635-3754
7 (±2)
0,140 (±0,040)
Vela
3,4 (±0,7)
0,294 (+0,076 -0,050)
B0833-45
3,5 ± 0,2
0,287 (+0,019 -0,017)
B1937+21
< 0,28
> 3,5
B2020+28
0,37 ± 0,12
2,3 (+1,0 -0,6)
vgl. http://www.thorsett.org/
Auch auf das Magnetfeld, welches auf der Oberfläche eines Pulsars herrscht,
kann man anhand der Pulse Rückschlüsse ziehen. Eine quantitative Erfassung soll mit
folgender Rechnung erfolgen.
Dabei nimmt man an, dass das Magnetfeld aus der Rotationsenergie des Pulsars
gespeist wird.

dE
d 1
=−
I 2
dt
dt 2

16
2
Einsetzen von = P liefert
 
dE
1 d
Ṗ
2
=− I
4 2 =4 2 I 3 (1)
dt
2 dt
P
P
Wie bereits weiter oben erwähnt wurde, schließt das Magnetfeld bzw. das magnetische
Moment des Pulsars einen Winkel β mit der Rotationsachse ein. Durch die daraus folgende Rotation dieses Feldes wird Strahlung emittiert, aus welcher wiederum eine
Energieabnahme resultiert, die sich wie folgt berechnet:
 m2 4 2
dE
=− 0
sin 
dt
6 c 3
Andererseits ergibt sich das magnetische Moment einer rotierenden Kugel mit einem
magnetischen Dipolfeld zu
B 0 R3
m=
2 0
Setzt man diese Formel in die vorherige ein, so folgt
23 B20 R6 2
dE
=−
sin 
dt
30 c 3 P 4
(2)
Gleichsetzen von (1) und (2) sowie Auflösen nach B0 liefert schließlich das gewünschte
Ergebnis
B0 =

6 c 3 0 I P Ṗ
R6 sin2 
Für den Crab Pulsar ergibt sich mit P = 0.033s, dP/dt = 4.21 . 10-13s sowie der Annahme
β = 90° ein Oberflächenmagnetfeld von 8 . 108 Tesla.
Eng mit diesem ist die Entstehung eines elektrischen Feldes zwischen den Polen und dem Äquator verbunden. Aus dem Induktionsgesetz folgt
U ind =−
d
 B A
dt 0
17
wobei A die Fläche senkrecht zur Rotationsachse ist und damit
A= R2 sin  cos t
woraus für Uind direkt folgt
2
U ind = R  B0 sin  sin  t
Wie später noch gezeigt werden wird, ist
R dabei von der Größenordnung 10 km,
womit sich eine elektrische Spannung
von der Größenordnung 1018 Volt ergibt.
Dies entspricht einer elektrischen Feldstärke von mehreren 1000 Volt pro
Atomdurchmesser.
Betrachtet man Abbildung 9, so
erkennt man, dass sowohl geschlossene
als auch offene magnetische Feldlinien
existieren. Entlang der geschlossenen Linien steht das elektrische Feld senkrecht
auf diese. Das heißt auch, dass Elektro-
Abbildung 9: Magnetfeldlinien eines Pulsars
nen, die sich entlang dieser bewegen,
nicht „entkommen“ können. Diese Feldlinien rotieren mit dem Pulsar.
Die offenen Linien hingegen können auf Grund ihrer Entfernung vom Pulsar nicht
mehr mit ihm rotieren, da sie sich hierzu schneller als mit Lichtgeschwindigkeit bewegen
müssten. Hier sind elektrisches und magnetisches Feld parallel. Die Elektronen werden
dabei auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigt. Auch die Jets eines Pulsars sind
Resultat dieses Vorgangs. Die maximale Energie, die die Ladungen dabei gewinnen, ist
von der Größenordnung 107 mec2.
Auch auf das Alter eines Pulsars kann man schließen. Ist ω seine Kreisfrequenz,
so gilt
̇=−k 
n
(3)
18
k ist dabei ein positive Konstante, n der experimentell bestimmte Bremskoeffizient. Dieser liegt meist zwischen 2 und 3. Nimmt man als einzige bremsende Kraft magnetische
Dipolstrahlung an, so ergeben theoretische Überlegungen einen Bremskoeffizient von
3. Nach Separation und Integration dieser Gleichung folgt dann


1
1
1
−
=−kt
1−n n−1 n−1
0
Auflösen nach t und einsetzen von (3) liefert schließlich

1 
n−1
t=
1− n−1
n−1 ̇
0

Dieser Ausdruck vereinfacht sich sich unter der Annahme, dass ω0 sehr viel größer als
ω ist. Ersetzt man ω noch durch P, so folgt schließlich
t=
P
2 Ṗ
Die Zeit t bezeichnet man als charakteristisches Alter des Pulsars. Diese Methode funktioniert prinzipbedingt natürlich nicht für die im vorigen Kapitel besprochenen akkretierenden Pulsare.
Eine weitere Möglichkeit, das Alter eines Pulsars zu bestimmen, ist die Messung
seiner jetzigen Entfernung zu seinem Entstehungsort. Dieser ist in einigen Fällen bekannt und meist durch Supernovaüberreste wie ringförmige Nebel gekennzeichnet.
Durch Dopplermessungen kann man zudem die Geschwindigkeit des Pulsars messen
und dadurch über die Beziehung t = x/v sein Alter bestimmen. Die beiden resultierenden Zeiten differieren jedoch teilweise beträchtlich. Messungen zeigen teilweise Unterschiede von einem Faktor der Größenordnung 10. Immerhin erhält man mit dem charakteristischen Alter eine Abschätzung für das maximale Alter eines Pulsars.
Zur Bestimmung des Radius kann man mehrere Methoden heranziehen. Die einfachste liefert hierbei nur sehr ungenaue Werte, aber zumindest eine obere Grenze für
die Größe und funktioniert nur für Pulsare. Da ein Pulsar pro Umdrehung einen Puls in
unsere Richtung sendet, kann sein Radius maximal so groß sein wie ct, wobei t die Zeit
zwischen zwei Pulsen ist. Für P = 0,01 s erhält man somit eine maximale Ausdehnung
von 3000 km.
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Alternativ hierzu gibt es die Möglichkeit, den Radius über die Leuchtkraft abzuschätzen. Sind F∞, L∞ und T∞ der Strahlungsfluss des Pulsars auf der Erde, L seine
Leuchtkraft und T seine Temperatur, so kann man über
2
 
1
R
F ∞=L ∞
= T ∞4 ∞
2
d
4 d
bzw. durch Auflösen nach R∞ seinen Radius bestimmen. Die dazu nötige Temperatur T
entnimmt man dem Spektrum, die Entfernung kann wie oben beschrieben bestimmt
werden. Da es sich aber bei Neutronensternen um extrem dichte Objekte handelt, ist
die Strahlung, die uns von ihnen erreicht, rotverschoben. Der Index ∞ kennzeichnet
hierbei die Größen ohne Rotverschiebung. Ein Maß für diese stellt dabei z dar, welches
wie folgt ausgedrückt werden kann

beobachtet − emittiert
2GM
z=
= 1−
2
emittiert
Rc
−1

−1
Für Temperatur, Fluss und Leuchtkraft gilt weiterhin
T ∞=
F ∞=
T
1z
F
1z 2
R∞ =R1 z 
Kann man die Rotverschiebung messen, so kann man nun daraus – bei bekannter Masse – den Radius berechnen. Die Messung dieser Verschiebung klingt jedoch
einfacher, als sie tatsächlich ist. So sind durch die starken Magnetfelder, welche auf der
Oberfläche eines Pulsars herrschen, alle beobachtbaren Linien verschoben bzw. aufgespalten. Kennt man die Linien bei Wasserstoffatomen noch relativ gut, gestaltet sich die
Bestimmung der Linien von schweren Elementen umso schwieriger. Ein Ausweg besteht darin, akkretierende Neutronensterne zu betrachten. Kommt die Materie, die sie
aufsaugen, von einem Stern und besteht damit größtenteils aus Wasserstoff, kann man
die Linien zuordnen und daraus dann z bestimmen.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, keine Pulsare, sondern normale Neutronensterne zu betrachten, da diese keine so großen Magnetfelder besitzen. Hier gestal20
tet sich die Entfernungsbestimmung auf Grund fehlender Pulse als schwierig, jedoch
konnte hier die Parallaxenmethode erfolgreich, wenn auch mit großen Fehlern behaftet,
angewandt werden. Berechnungen von Walter und Lattimer sowie von Braje und Romani zeigen für RX J185635-3754 einen Radius von R∞ > 14 km, was ein wenig über den
ursprünglich angenommenen Werten liegt.
Die Masse eines Neutronensterns kann am besten über die Umlaufzeiten in
Doppelsternensystemen bestimmt werden. Wie bereits in vorherigen Vorträgen behandelt wurde, kann man auf die Masse von
Doppelsternensystemen mit Hilfe des 3.
Keplerschen Gesetzes schließen. Die
kleinen Abstände sowie die großen Massen ermöglichen es in diesem Fall, relativistische Effekte (wie Orbitverkleinerung
durch Gravitationswellenabstrahlung) zu
beobachten, was wiederum eine genauere Massenbestimmung zulässt. Als Nebeneffekt bestätigt man auch noch die
Allgemeine Relativitätstheorie. Werden
diese Messungen sorgfältig und über
lange Zeiträume durchgeführt, so erhält
man sehr akkurate Daten über die Massen von Neutronensternen. Beispielsweise konnten die Massen des Doppelsystems aus PSR 1913+16 und seinem Begleiter
zu
1,3867 ± 0,0002
und Abbildung 10: Massen einiger Neutronensterne
1,4414 ± 0,0002 M bestimmt werden.
Eine Tabelle von gemessenen Massendaten zeigt Abbildung 10.
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6. Verwendete Literatur und Abbildungsnachweis
[1] S. L. Shaphiro, S. A. Teukolsky: Black Holes, White Dwarfes, and Neutron Stars: The Physics of Compact Objects, Wiley-VCH, 1983
[2] R. N. Manchester, J. H. Taylor: Pulsars, W. H. Freeman and Company, 1977
[3] F. G. Smith: Pulsars, Cambridge University Press, 1976
[4] A. Unsöld, B. Baschek: Der neue Kosmos. Einführung in die Astronomie und Astrophysik, Springer,
2002
[5] R. J. Tayler: Sterne, Aufbau und Entwicklung, Vieweg, 1978
[6] J. N. Irvine: Neutron Stars, Oxford University Press, 1978
[7] V. M. Lipunov: Astrophysics of Neutron Stars, Springer, 1992
[8] W. Demtröder: Experimentalphysik. Bd.4 : Kern-, Teilchen- und Astrophysik, Springer, 2004
[9] W. Gebhardt: Skript zur Vorlesung „Einführung in die Kosmologie“, 2006, Universität Regensburg
[10] J. Lattimer: Skript zur Vorlesung „Neutron Stars“, Stony Brook University New York, auf http://wwwconf.slac.stanford.edu/ssi/2005/lec_notes/Lattimer/default.htm
[11] J. Novak: Neutronensterne: Ultradichte Exoten. Spektrum der Wissenschaft, März 2004, S. 34–39
[12] C. Kouvelotou, R. C. Duncan, C. Thompson: Magnetare. Spektrum der Wissenschaft, Mai 2003, S.
56–63
[13] R. Tautz: Skript zum Vortrag „Chandrasekhar-Grenzmasse" im Seminar nukleare Astrophysik , 2007,
Universität Regensburg
[14] A. C. Phillips: The Physics of Stars, Wiley, 1994
[15] B. W. Carroll, D. A. Ostlie: An Introduction to Modern Astrophysics, Addison Wesley Comp., 1996
[16] A. Weigert, H. J. Wendker: Astronomie und Astrophysik - Ein Grundkurs, VCH, 1996
[17] W. Gebhardt: Skript zur Vorlesung "Sternaufbau und Entwicklung", Universität Regensburg, 2002
[18] W. Gebhardt: Skript zur Vorlesung "Schnelle Prozesse in der Astrophysik", Universität Regensburg,
2003
[19] Wikepedia-Internetseite: http://de.Wikepedia.org/wiki/Neutronenstern, 2007
[20] http://news.ncsu.edu/releases/2007/jan/001.html
Titelbild:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/0,1518,grossbild-332822-287750,00.html
Abbildung 1:
http://de.wikipedia.org/wiki/Krebsnebel
Abbildung 2:
aus [10] S. 30
Abbildung 3:
aus [10] S. 22
Abbildung 4:
http://imagine.gsfc.nasa.gov/docs/science/know_l1/pulsars.html
Abbildung 5:
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/0/01/IsolatedNeutronStar.jpg
Abbildung 6:
[9] S. 129 und http://apod.nasa.gov/apod/ap000609.html
Abbildung 7:
http://www.astronews.com/news/artikel/2002/02/0202-010.shtml
Abbildung 8:
aus [9] S. 91
Abbildung 9:
aus [3] S. 187
Abbildung10:
aus [10] S. 42
Alle Internetseiten und Bilder wurden am 14. Mai 2007 abgerufen.
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