Von Konstantin bis Romulus Augustulus

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Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung
Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Wintersemester 2010 / 11
Westfälische Wilhelms - Universität Münster
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Semesterplan
I. Einleitung (20.10.)
II. Die konstantinische Dynastie (27.10.)
[03.11.: entfällt wegen Kongressteilnahme]
[10.11.: entfällt wegen Kongressteilnahme]
III. Julian Apostata (17.11.)
IV. Von Jovian bis Valentinian (24.11.)
V. Theodosius der Große (01.12.)
VI. Die Nachfolger des Theodosius (08.12.)
VII. Theodosius II. (15.12.)
VIII. Der Kaiser (22.12.)
[24.12.-07.01.: Weihnachtspause]
IX. Die Verwaltung (12.01.)
X. Die Gesellschaft der Spätantike (19.01.)
XI. Wirtschaft und Handel (26.01.)
XII. Die Entwicklung des Christentums (02.02.)
Konstantin der Große mit dem Stadtmodell Konstantinopels
(Mosaik in der Hagia Sophia, um 1000 n. Chr.)
(Bildquelle: Internet)
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Sitzungen vom 20. und 27.10.2010
I.
Einleitung
1. Rückblick – der Beginn der Spätantike
Mit der Bezeichnung „Spätantike“ wird seit Jacob Burckhardt (1818-1897 / ein
Schweizer Kulturhistoriker) und Max Weber (1864–1920 / ein deutscher Soziologe und Nationalökonom) das Zeitalter des Mittelmeerraumes während des
Überganges von der Antike zum Mittelalter charakterisiert. Der österreichische
Kunsthistoriker Alois Riegel (1858-1905) hat mit dem Begriff der „Römischen
Spätantike“ diese Definition übernommen, wobei er sie an Funden kunstgewerblicher Gegenstände festmachte.
Als Beginn dieser Epoche gilt nach allgemeiner
Auffassung der Regierungsantritt des weströmischen
Kaisers Diokletian (zwischen 236/245-313/316) im
Jahr 284 n. Chr., während für ihr Ende unterschiedliche Daten diskutiert werden. Im Weströmischen
Reich wird das Jahr 476 n. Chr. - Absetzung des
letzten römischen Kaisers Romulus Augustulus (um
460-nach 476) – aber auch das Jahr 568 genannt, in
dem die Langobarden in Italien einfielen.
Im Osten des Reiches reicht die Epoche entweder
bis zum Tod des oströmischen Kaisers Justinian I.
(um 482-565), nach anderer Lesart bis zur arabischen Expansion im 7. Jahrhundert. Die Bezeichnung der Epoche als Spätantike bietet dabei den
Vorteil, auf den gesamten Mittelmeerraum anwendKaiser Diokletian
bar zu sein, während der ebenfalls gebräuchliche Terminus Frühbyzantinische
Zeit nur den Osten dieses Gebietes charakterisiert.
Die islamische Expansion im 7. Jahrhundert markierte für Ostrom
das Ende der Antike
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Die Spätantike ist gekennzeichnet „durch ein Nebeneinander antiker
Traditionen und christlich - germanischer Überformung“. Was aber nicht einem
Niedergang dieser antiken Traditionen gleichkommt, sondern eher ein
Transformationsprozess war. Dabei war der Siegeszug des Christentums zur
wichtigsten Religion im römischen Imperium mit der sog. Konstantinischen
Wende das herausragende Ereignis, mit dem das langsame Verschwinden
vorchristlicher Kulte und Traditionen verbunden war.
Welche Ereignisse waren dieser Entwicklung vorausgegangen? Im Verlauf des
3. Jahrhunderts n. Chr. kam es im römischen Imperium zu einer Krise, die von
der modernen Geschichtswissenschaft als „Reichskrise des 3. Jahrhunderts“
bezeichnet wird. Es geht um den Zeitraum zwischen 235 und 284/85 n. Chr.
Die Expansion des Römischen Reiches bis zum Ende
des 2. Jahrhunderts n. Chr.
(aus Wikipedia)
Die obige Karte zeigt die enorme geographische Ausdehnung des römischen
Reiches, dessen Grenzen seit den 220er Jahren der ständigen Bedrohung eines
„Mehrfrontenkrieges“ ausgesetzt waren. Die Formierung germanischer
Großverbände von Alemannen und Franken in der Rheinregion gegen Rom
bedrohten diese Grenzen im Westen, das neupersische Sassanidenreich im
Osten. Dazu kamen mehrere Usurpationen, die Abspaltung des Gallischen
Sonderreiches zwischen 260 und 274 und wirtschaftliche und finanzielle
Probleme - die außenpolitische Lage Roms verschlechterte sich dramatisch. Rom
verlor an Bedeutung und musste durch Reformen im militärischen und im
administrativen Bereich wieder stabilisiert werden. Diese Vorhaben ging Kaiser
Diokletian an.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Diokletian wurde am 20.11.284 zum römischen Kaiser ausgerufen und eine der
von ihm eingeleiteten Reformen war die Einführung der sog. Tetrarchie. Bei
dieser Regierungsform gab es 4 Herrscher im Kaiserrang. Diokletian war davon
überzeugt, dass das von Feinden umgebene Riesenreich für einen einzelnen
Herrscher unregierbar geworden sei. Die Größe des Imperiums machte eine
Verteilung der Aufgaben auf mehrere Schultern nötig. Von den 4 Kaisern waren Zwei Seniorkaiser – mit dem Titel Augustus und
Zwei Juniorkaiser – mit dem Titel Caesar
293 von Diokletian „glänzend durchdacht“ eingeführt, scheiterte sie aber in der
Praxis und wurde schon im Jahr 305, kurz nach seinem Rücktritt als Kaiser,
wieder abgeschafft.
Diokletian war ohne leiblichen Nachfolger und so
erhob er 286 mit Maximian (um 240-310 / links)
einen seiner Offiziere zu seinem Mitkaiser /
Augustus. Dieser hatte sich - obwohl von einfacher
Herkunft – bei Kämpfen gegen die Gallier
ausgezeichnet. Bei zwei Kaisern spricht man
zunächst von einer Dyarchie (Doppelherrschaft).
Das Reich wurde in eine westliche und eine östliche
Region aufgeteilt und im Jahr 293 werden die beiden
Caesares ernannt –
Galerius für Diokletian und
Constantius Chlorus für Maximian
Kopf des Maximian
(Bildquelle: Internet)
Den Osten des Imperiums behielt Diokletian für sich, die anderen Gebiete
überließ er Maximian, ein weiteres dem als roh bezeichneten „Berufssoldaten“
aus Thrakien Galerius und das letzte dann dem Constantius Chlorus.
Die Tetrarchie an sich stellte keine Neuerung dar, neu war dagegen, dass
Diokletian keine leiblichen Söhne oder Verwandte zu Nachfolgern machte und
eine dynastische Thronfolge damit ausschloss. Nur die Befähigung zum Amt und
die Loyalität sollten entscheidend sein.
Da es im Römischen Reich aber noch die leibliche Nachfolge gab, entstanden
jetzt Probleme. Deshalb und um Usurpatoren von vornherein abzuschrecken,
binden sich Diokletian und Maximian an die Götter Jupiter und Herkules an – eine
domus divina (Herrschaft eines Geschlechts von Göttersöhnen) entsteht, wobei
Diokletian den Namen Jovius annahm, Maximian den Namen Herculius. Damit
wird eine „theokratische Ideologie“ eingerichtet, eine „allein religiös legitimierte
Staatsgewalt“.
Am 1. 05. 305 traten Diokletian und Maximian – letzterer nicht ganz freiwillig –
zurück. „…ein Ereignis, das in der Geschichte des Römischen Reiches
seinesgleichen sucht…“(Zitat John. J. Norwich in BYZANZ – „Aufstieg und Fall
eines Weltreiches“). Jetzt wurden Galerius und Constantius Chlorus zu Augusti,
also gleichberechtigten Kaisern, ausgerufen. Aber die Ausrufung ihrer beiden
Caesares Severus († 16. September 307) und Maximinus Daia war umstritten.
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Follis des Flavius
Valerius Severus als
Caesar
(Follis ist eine um 294 von
Diokletian im Rahmen einer
Währungsreform eingeführte Münze/Bildquelle: Internet)
Follis des Maximinus Daia
In den „Bürgerkriegen“, die jetzt folgten, setzte sich Konstantin I. letztendlich
durch und konnte nach seinem Sieg über seinen ehemaligen Verbündeten und
späteren letzten Rivalen Licinius im Jahr 324 allein regieren – was immer sein
Ziel war! Aber vorher geschah noch viel…
II. Die Konstantinische Dynastie
2. Das Römische Reich zur Zeit Konstantins
Bei der Ausrufung der beiden neuen Caesares fühlte Konstantin sich übergangen, er fürchtete um sein Leben und floh 306 vom Hof des Galerius zu seinem
Vater nach Bononia. Dieser bereitete gerade eine
weitere Expedition nach Britannien vor, der sich
Konstantin anschloss. Constantius Chlorus starb
aber kurz darauf am 25. Juli 306 in York und die
dortigen Legionen erhoben Konstantin spontan
zum neuen Kaiser. Er wurde aber von den anderen
Tetrarchen nicht akzeptiert.
So weigerte sich Galerius, den Konstantin sofort
von seiner Proklamation unterrichten ließ, den
„jungen Rebellen“ anzuerkennen. Lediglich den
Titel Caesar durfte er tragen, was Konstantin
zunächst auch genügte. Er blieb deshalb in den
nächsten Jahren in Britannien und in Gallien.
Porphyrstatue der römischen Tetrarchen
in Venedig
(Bildquelle: Internet)
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Konstantin war inzwischen mit Fausta, der Tochter des Kaisers Maximian verheiratet (seine erste Frau Minervina hatte er 307 verstoßen). Maximian
seinerseits hatte die vor zwei Jahren von Diokletian erzwungene Abdankung
widerrufen, den Purpur wieder angelegt und zusammen mit seinem Sohn
Maxentius ganz Italien für sich gewonnen. Durch die heirat mit Fausta konnten
beide jetzt mit der Unterstützung durch Konstantin rechnen und der hatte jetzt
die familiäre Bindung an zwei Kaiser. Galerius starb im Jahr 311 und jetzt teilten
sich drei Augusti die Gewalt im Reich:
Licinius, der über Illyrien, Thrakien und die Donauprovinzen herrschte
Maximin Daia übernahm die östlichen Provinzen und
Konstantin in Gallien und in Britannien.
Maxentius, der Sohn des Maximian und Schwiegersohn des Galerius, war ein
vierter Anwärter, der aber keinen kaiserlichen Rang beanspruchen konnte.
Trotzdem fühlte er sich übergangen und seiner Thronrechte beraut. Aus diesem
Grund und weil er ihm die Schuld am gewaltsamen Tod seines Vaters gab, hasste
und beleidigte er Konstantin. Eine kriegerische Auseinandersetzung war
unausweichlich und so kam es am 28. Oktober 312 nördlich von Rom zur
Schlacht an der Milvischen Brücke. Hier nun soll Konstantin die berühmte
Vision des Kreuzzeichens gehabt
haben, von der Eusebius berichtet:
„Während der Kaiser aber so
betete…, erschien ihm ein ganz
unglaubliches Gotteszeichen… Um
die Mittagszeit habe er, so sagte der
Kaiser, mit eigenen Augen oben am
Himmel über der Sonne das
Siegeszeichen des Kreuzes aus Licht
gebildet und dabei die Worte
gesehen: „Durch dieses siege!“.
Staunen aber habe bei diesem
Gesichte ihn und das ganze Heer
ergriffen“.
Soweit die Legende.
Raffael: „Die Vision des
Konstantin“ In hoc signo vinces,
1520 – 1525
(Sala di Constantino im Vatikan)
(Bildquelle: Internet)
Konstantin gewann diese Schlacht und hatte damit den Westen des Reiches für
sich gewonnen. Das Datum markiert auch den Zeitpunkt, an dem er sich zu
Beschützer seiner christlichen Untertanen machte – die sog. Konstantinische
Wende.
Anfang des Jahres 313 begab sich Konstantin dann von Rom, wo er noch
einige Kirchen gestiftet hatte, nach Mailand, wo er Licinius (um 265-325) traf.
Dieser akzeptierte nicht nur die Gebietseroberungen Konstantins, beide erließen
auch gemeinsam ein Edikt, das den Christen im Reich volle rechtliche
Gleichstellung garantierte (Mailänder Vereinbarung).
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Waren die Beiden jetzt noch Freunde (313 heiratete Licinius sogar Constantia,
eine Halbschwester Konstantins), währte die Eintracht hingegen nicht lange –
Konstantin wollte Diokletians Reichsteilung beenden. Er wollte die Alleinherrschaft ! So begann zwischen den beiden Augusti ein Tauziehen um die Macht.
Der „Dritte im Bunde“ – Maximin Daia – hatte sich, von Licinius vernichtend
geschlagen, inzwischen selbst gerichtet.
Konstantin und Licinius zerstritten sich 314, als Konstantin seinen Schwager
Bassianus zum Mitregenten über Italien einsetzen wollte. Als seine Aktivitäten
bekannt wurden, entbrannte ein Bürgerkrieg, in dem Licinius zweimal schwer
geschlagen wurde. Neun Jahre später erklärte Konstantin ihm erneut den Krieg
und schlug seine Armee 324 bei Adrianopel in Thrakien. Licinius geriet in
Gefangenschaft, während der man ihn im Jahre 325 umbrachte.
Jetzt hatte Konstantin sein Ziel erreicht, er war Alleinherrscher im Reich und
baute jetzt die Reformen des Diokletians weiter aus. In der Verwaltung schuf er
neue Hofämter, wandelte den praefectus praetorio in den höchsten Zivilbeamten
um und führte zusätzliche Steuern ein. Im militärischen Bereich gehen das Amt
des magister militum (Heermeister) und die endgültige Teilung des Heeres in ein
Bewegungs- und ein Grenzheer auf ihn zurück. Außenpolitisch gelang ihm eine
weitere Stabilisierung der Grenzen.
Unter seiner Herrschaft erfolgte auch der am weitesten reichende Schritt eines
römischen Kaisers seit Augustus: Die Förderung des nur Jahre zuvor noch
verfolgten Christentums als staatlich anerkannte und privilegierte Religion - die
Konstantinische Wende. Wobei das Christentum aber noch nicht zur
Staatsreligion erhoben wurde, denn die „Heiden“ durften weiterhin ihre Kulte
ausüben und ihren Göttern opfern. Um innerchristliche Streitigkeiten (arianischer
Streit) beizulegen, rief er 325 das erste Konzil von Nicäa ein.
Auch Konstantin war sich bewusst darüber, dass das Reich von Rom aus nicht
mehr effektiv zu regieren und zu kontrollieren sei. Hier in Rom ging der Kontakt
zu dem hellenistisch-fortschrittlichen Denken zusehends verloren und für die
altrömischen Traditionen war im neuen christlichen Reich kaum noch Platz. Auch
konnten die römischen Akademien und Bibliotheken sich mit denen von
Alexandria, Antiochia oder Pergamon nicht messen. Außerdem hatte Rom
Nachteile in strategischer Hinsicht.
Konstantin verlegte deshalb 324/326 die Hauptstadt des Reiches nach Osten,
in die Region mit den größten Problemen und wählte das fast tausend Jahre alte
Byzantion aus. Von den Völkern im Osten – den Sarmaten am Unterlauf der
Donau, den Ostgoten nördlich des Schwarzen Meeres und vor allem vom
Sassanidenreich (es erstreckte sich inzwischen von den römischen Provinzen
Armenien und Mesopotamien bis zum Hindukusch) – gingen die größten
Gefahren aus.
„Das Zentrum des Imperiums, ja der ganzen zivilisierten Welt, hatte sich
unwiderruflich und unübersehbar nach Osten verlagert. Italien war tiefste Provinz
geworden…“ - Zitat John. J. Norwich in BYZANZ – „Aufstieg und Fall eines
Weltreiches“.
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Arianischer Streit
Die Kontroverse begann 318 in Alexandria während einer Diskussion über die
Dreieinigkeit. Einer der Ältesten, Arius, warf dem Bischof in der Diskussion
Sabellianismus vor. Sabellianismus sieht Gott als eine Person, die sich auf dreifache
Weise manifestiert.
Die von Arius vertretene Lehre, dass Jesus Christus als Sohn Gottes ganz klar Gott
untergeordnet, also „subordiniert“ sei, wurde einmütig als Irrlehre verurteilt. Arius
verbreitete jedoch seine Lehre weiter, und die Kontroverse dehnte sich innerhalb kurzer
Zeit auf den gesamten christlichen Osten aus.
Kaiser Konstantin persönlich appellierte an Bischof Alexander und Arius, sie sollten sich
in der christologischen Frage um die Beziehung zwischen Gott und Jesus Christus
einigen. Als er sah, dass eine gütliche Schlichtung nicht möglich war und der Streit auch
in der Bevölkerung eskalierte, so dass er die Stabilität im Reich gefährdet sah, berief er
325 über 1800 Bischöfe zu einem allgemeinen Konzil nach Nicäa bei Konstantinopel ein.
Jedoch kamen nur 318 Bischöfe zusammen, und nach hitzigen Diskussionen setzte sich
die Position des Alexander gegen die Anhänger des Arius, die Arianer, durch.
Innerhalb weniger Jahre war die Christenheit des Ostens tief gespalten.
Konstantin I. (der Große)
Flavius Valerius Constantinus wurde an einem 27. Februar zwischen 272 und 285 in
Naissus geboren. Er starb am 22. Mai 337 bei Nikomedia. Er war auch bekannt als
Konstantin der Große und war von 306 bis 337 römischer Kaiser.
Allein, das heißt ohne Mitherrscher oder Konkurrenten, herrschte er jedoch erst ab
324.
324/26 verlegte Konstantin seine Residenz in den Osten des Reiches, nach
Konstantinopel („Stadt des Konstantin“). Neben den historisch belegten Tatsachen gibt
es viele Einzelheiten bezüglich Konstantin, die bis heute umstritten sind, besonders wie
sein tatsächliches Verhältnis zum Christentum war.
Kurz vor dem Beginn eines geplanten Feldzugs gegen das Sassanidenreich verstarb
Konstantin in der Nähe von Nikomedia.
Er ließ sich, wie zur damaligen Zeit keineswegs unüblich, erst kurz vor seinem Tod
taufen.
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Die neue Hauptstadt sollte seinen Namen tragen, also Konstantinopel –
„Stadt des Konstantin“ – heißen und als das Neue Rom zum Zentrum der
spätrömischen Welt werden. Nach der Grundsteinlegung im Jahre 326 wurde die
Stadt 330 feierlich eingeweiht.
Stammbaum der Konstantinischen Dynastie
(Bildquelle: Materialien zur Vorlesung)
Es folgte eine – gemessen an den vergangenen Jahren - eher friedliche Phase,
in der Fausta fünf Kinder gebar:
Konstantin II.
Constantius II.
Constantina
Constans und
Helena (benannt nach ihrer Großmutter)
Konstantin ernannte seine vier Söhne Crispus (er war der Sohn Konstantins
und der Minervina, die jedoch vermutlich nicht mit ihm verheiratet war. Sein
Geburtsjahr wird allgemein auf das Jahr 305 geschätzt), Konstantin II.,
Constantius II. und Constans noch im Kindesalter zu Caesares. Die Dynastie
vergrößerte sich auch durch die Familien von Konstantins Halbbrüdern:
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Julius Constantius heiratete Galla und zeugte drei Kinder: Constantius
Gallus (* 325/26) und einen weiteren namentlich nicht bekannten Sohn
sowie ein Mädchen, das später die erste Frau Constantius II. wurde.
Nach dem Tod Gallas heiratete Julius Constantius eine Frau namens
Basilina, mit der er den späteren Kaiser Julian (* 331) zeugte.
Konstantins Halbbruder Flavius Dalmatius zeugte ebenfalls zwei Söhne,
Dalmatius und Hannibalianus.
Über
die
Nachkommenschaft
des
dritten
Halbbruders,
Flavius
Hannibalianus, ist nichts bekannt.
Anfang des Jahres 326 brach Konstantin zusammen mit mehreren Mitgliedern
seiner Familie nach Rom auf, um dort die Feierlichkeiten der Vicennalia – dem
zwanzigsten Jahrestag seiner Thronbesteigung – nachzufeiern. Bei dieser Reise
kam es in Serdika (dem heutigen Sofia) zu einer Tragödie. Crispus und Licinianus
(ein Stiefsohn der Constantia) wurden in Haft genommen und kurz darauf
hingerichtet. Und die Kaiserin Fausta soll im Calidarium, dem Wärmeraum eines
Bades, zu Tode gekommen sein. Ob sie durch kochendes Wasser verbrüht, im
Dampf erstickt oder erstochen wurde – wir werden es niemals erfahren.
Am 22. Mai 337 starb Kaiser Konstantin in Nikomedia, nachdem er vom
dortigen Bischof Eusebius getauft worden war. Am 9. September 337 wurden
seine drei Söhne zu Augusti ernannt und jetzt ließ vor allem der junge Constantin
„die Maske der Milde fallen“ - so John. J. Norwich in BYZANZ – „Aufstieg und Fall
eines Weltreiches“. Und weiter liest man da:
„Nun wurde gezielt das Gerücht in Umlauf gesetzt, der tote Konstantin habe in
seiner zusammengekrampften Hand ein Stück Pergament gehalten, auf dem er
seine Halbbrüder Julius Constantius und Delmatius des Giftmordes beschuldigt
und sein drei Söhne zur Rache aufgerufen habe. Die Geschichte klingt reichlich
unwahrscheinlich, doch waren die Folgen entsetzlich… (Zitat Ende).
Julius Constantius und sein ältester Sohn wurden ermordet, ebenso Delmatius
und seine Söhne und auch
Hannibalianus, Flavius Optatus und Popilius
Nepotianus überlebten das Massaker nicht. Lediglich Julian und Constantius
Gallus, die Söhne des Julius Constantius und der Sohn des Nepotianus,
überlebten – vielleicht, weil sie zu jung waren, um eine ernsthafte Gefahr
darzustellen. Die drei regierenden Augusti waren ansonsten die einzigen
Angehörigen der Kaiserfamilie, die überlebten
Es war offensichtlich, dass diese Morde den Herrschaftsanspruch der
Konstantinssöhne zementieren sollten und schon bald wurden diese – vor allem
Constantius II. – verdächtigt, die Säuberung befohlen zu haben. Ob dies zutrifft,
ist jedoch heute nicht mehr zuverlässig zu rekonstruieren.
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Constantius II.
Constantinus II.
Constans
(Bildquelle: Materialien zur Vorlesung)
Konstantin II., Constantius II. und Constans teilten im Frühsommer des Jahres
338 das riesige Reich unter sich auf:
Konstantin II. übernahm den Westen mit Gallien, Britannien und Spanien
Constantius erhielt den Osten einschl. Kleinasien und Ägypten
Constans wurde mit Afrika, Italien, dem Donauraum, Makedonien und
Thrakien nicht nur das größte Gebiet zugesprochen, sondern theoretisch
auch die Herrschaft über die Hauptstadt.
Constans überließ aber schon 339 die Hauptstadt seinem Bruder Constantius
gegen das Versprechen, dass dieser ihn gegen Konstantin II. unterstützen sollte
– so gab es wegen der Hauptstadt keinerlei Konflikte.
Nachdem nun das Reich unter den drei Brüdern aufgeteilt war, konnten alle
verbannten Bischöfe zurückkehren. Für Eusebius – einem Arier - brachte die
neue Regierung Vorteile: Constantius II., der über den Osten des Reiches
verfügte, war gerade zwanzig Jahre alt und ließ sich kirchenpolitisch leicht von
Eusebius beeinflussen, so dass er für den Rest seines Lebens die Trinitarier
bekämpfte. Des Weiteren war Eusebius die Aufgabe zugeteilt, als Vormund für
die Erziehung des späteren Kaisers Julian zu sorgen, der ein Vetter des
Constantius II. und Überlebender der Morde nach dem Tod Konstantins war.
Schon 340 kam es dann auch zu Konflikten zwischen Konstantin II. und
Constans. Konstantin II. konnte als Ältester seine Mitregenten nur schwer als
ebenbürtig anerkennen und als sich Constans seinem Willen, die Vorherrschaft zu
gewinnen, widersetzte, marschierte er 340 in Italien, dem Reichsteil des
Constans, ein und wurde von seinem jüngeren, aber ihm überlegenen Bruder
getötet. Nun gab es nur noch zwei Augusti und Constans hatte mit nur siebzehn
Jahren die Oberherrschaft im gesamten Westen inne.
Zehn Jahre später fiel Constans, der sich im Heer durch seine Lebensweise
unbeliebt gemacht hatte, dem Usurpator Magnentius zum Opfer, der sich in
Gallien erhob. Magnentius tötete Constans und übernahm den Westen, konnte
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sich aber nicht lange halten. Denn jetzt zog Constantius II. gegen Magnentius,
nachdem er seinen Vetter Constantius Gallus – ein Bruder des Julian Apostata –
zum Caesar im Osten gemacht und damit diese Grenzen gesichert hatte. Im
September 351 besiegte er Magnentius; dieser richtete sich selbst und „stürzte
sich in sein Schwert“ (Norwich). Constantius II. war jetzt alleiniger und
unangefochtener Herrscher des Römischen Reiches!
Münze mit dem Kopf des
Magnentius
(Bildquelle: Internet)
Musste jetzt aber auch feststellen, dass sich Gallus
im Osten nicht loyal verhielt - er hatte die Bürger
seiner
Residenzstadt
Antiochia
gegen
sich
aufgebracht und stand im Verdacht, gegen
Constantius zu intriegrieren. Dieser ließ ihn 354
hinrichten, nachdem kurz zuvor dessen Frau
Constantina gestorben war.
Die germanischen Verbündeten jenseits des Rheins
nutzten die Vernachlässigung dieser Grenzen und
begehrten immer häufiger auf. Auch im Osten war
der Konflikt mit Persien keineswegs vorüber – es
musste ein neuer Caesar ernannt werden; das
geschah im Jahr 355.
Münze mit dem Kopf
des Gallus
(Bildquelle: Internet)
Der neue Caesar sollte, das
war klar, ein Mitglied der Familie
sein
und
deshalb
machte
Constantius seinen Vetter Flavius
Claudius Julianus (331-63) 355
zum neuen Caesar in Gallien.
Julian bekam als Residenzstadt
Lutetia
(Paris)
zugewiesen und wurde mit
Constantius’ Schwester Helena
verheiratet.
Julian wurde später unter dem
Namen Julian Apostata (der
Abtrünnige) römischer Kaiser.
Julian Apostata
(Bildquelle: Internet)
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Sitzung vom 17.11.2010
III.
Julian Apostata
1. Zusammenfassung
Flavius Claudius Julianus (331 - 26. Juni 363) war von 360 bis 363
römischer Kaiser. Christliche Polemiker nannten ihn Iulianus Apostata - Julian der
Apostat, d. h. der Abtrünnige), da er den christlichen Glauben aufgegeben hatte.
Selten bezeichnet man ihn als Julian II. Seine abstinente, asketische
Lebensweise prägte seinen Charakter. Er sah in Alexander d.Gr. und Marc Aurel
seine großen Vorbilder
Julians kurze Regierungszeit von nur drei Jahren war innenpolitisch durch
seinen vergeblichen Versuch geprägt, das durch Konstantin den Großen im Reich
eingeführte Christentum zurückzudrängen. Er wollte der römischen, besonders
aber der griechischen Religion durch staatliche Förderung wieder eine Vormachtstellung verschaffen.
Constantius II. ernannte ihn zum Caesar und vertraute ihm die Verteidigung
Galliens gegen die Germanen an. Nachdem er sich bei der Erfüllung dieser
Aufgabe bewährt hatte, rebellierten seine Truppen gegen Constantius und riefen
Julian zum Kaiser aus. Nur der Tod des Constantius verhinderte einen
Bürgerkrieg.
Julian
unternahm
die
größte
Militäroperation der römischen Geschichte
gegen das Sassanidenreich, in deren Verlauf
er im Jahr 363 fiel. Er war das letzte Mitglied
der Konstantinischen Dynastie.
Solidus des Julian um das Jahr 361. Auf
der Rückseite wird die militärische
Stärke des römischen Imperiums dargestellt.
(Bildquelle: Internet)
2. Jugend und Ausbildung
Julian wurde im Jahr 331 in Konstantinopel geboren, wo sich seine Eltern
Julius Constantius und dessen zweite Ehefrau Basilina auf Geheiß Konstantins
kurz nach Helenas Tod niedergelassen hatten. Nur wenige Wochen nach der
Geburt starb Basilina und Julian wuchs unter der Obhut von Ammen und
Erziehern auf. „Der Vater nahm an seiner Erziehung zwar distanziert, aber
wohlwollend Anteil“ (Norwich). Mit fünf Jahren erlebte er das Massaker nach
Konstantins Tod, dem auch sein Vater zum Opfer fiel.
Constantius sah ihn zwar nicht als wirklichen Rivalen, wusste aber auch nicht,
wie er ihn einsetzen konnte. Julian wurde deshalb zunächst nach Nikomedia im
Nordwesten der Türkei geschickt und erhielt hier durch den arianischen Bischof
Eusebius von Nikomedeia eine zwar stark christlich geprägte, aber sehr
sorgfältige Erziehung. Danach – wieder in Konstantinopel – wurde er von
Mardonios in den griechischen Klassikern unterrichtet.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Apostasie
Der Ausdruck Apostasie bezeichnet den Abstand von einer Religion durch
einen förmlichen Akt (beispielsweise Kirchenaustritt oder Übertritt zu einem
anderen Bekenntnis, Konversion). Jemand, der Apostasie vollführt, ist ein
Apostat.
Während Häresie nur eine oder mehrere überlieferte Lehren der Religion
bestreitet, besteht die Apostasie in der Ablehnung der verlassenen Religion als
solche.
Der Begriff stammt aus der christlichen Tradition, besonders der Römischkatholischen Kirche. Heute ist er jedoch auch im Zusammenhang mit dem Islam
weit verbreitet.
(aus Wikipedia)
Im Jahr 345 kehrte er wieder nach Nikomedia zurück und lebte danach ab 346
in Kappadokien, wo er „nur in Gesellschaft von Büchern verblieb“. Julian wurde
zwar arianisch - christlich erzogen, las aber auch die Schriften des heidnischen
Rhetoriklehrers Libanios (314-93), dessen Unterricht er aber nicht besuchen
durfte. Julian besorgte sich jedoch durch einen bezahlten Freund Mitschriften der
Vorlesungen des Libanios, die er genau studierte. Dies war der erste Schritt hin
zu seiner späteren Abwendung vom Christentum.
Libanios lehnte das Christentum rigoros ab und
bekannte sich zur alten Religion. So fasste auch
Julian
schon
früh
den
Entschluss,
dem
Christentum abzuschwören und den heidnischen
Gottheiten des Altertums zu dienen. Es sollten
aber noch Jahre vergehen, ehe er sich dazu
bekannte – er hütete sein Geheimnis gut.
349 rief ihn Constantius nach Konstantinopel
zurück und hier konnte er seine Studien
fortsetzen und vertiefen. Es waren insgesamt
sechs für ihn sehr glückliche Jahre, in denen er
im Jahr 351 u.a. die Riten und Praktiken der
Theurie
kennen
gelernt
hat.
Diese
Trancetechniken sollten es ermöglichen, mit
göttlichen Wesen in Verbindung zu treten und
von ihnen Hilfe zu erlangen.
Libanios (314 - 93)
354 rief ihn Constantius an seinen Hof nach Mailand und ernannte ihn zum
Caesar, als der er am 6. November 355 vom versammelten Heer anerkannt
wurde. Er sollte als letztes überlebendes Mitglied der konstantinischen Familie
neben dem Kaiser selbst die kaiserliche Präsenz im Westen aufrechterhalten,
während sich Constantius im Osten in Verhandlungen mit dem persischen
Sassanidenreich befand. Um die neue Verbundenheit der beiden Kaiser zu
bestätigen, heiratete Julian auch am 6. November 355 die Kaiserschwester
Helena.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Im Dezember schon reiste Julian nach Vienne, wo er den Winter verbrachte.
Von dort aus führte er sein Heer nach Köln, um dort eine Strafexpedition gegen
die dortigen Germanen durchzuführen. Hier hatte sich der noch junge
Heermeister Silvanus am 11. August 355 zum Gegenkaiser ausrufen lassen,
wurde aber später von seinen eigenen Leuten erschlagen. Julian konnte Köln
wieder für Rom gewinnen. Danach gelang ihm im Sommer 357 bei Straßburg ein
großer Sieg gegen ein Alamannenheer. Die Alamannen blieben aber weiterhin
unruhig, sodass Julian in den Jahren 358/59 weitere Kriege gegen diese
Germanenstämme führen musste. Aber am Ende des Jahrzehnts war an der
gesamten Westgrenze die römische Macht wiederhergestellt.
Die Stadtmauer von Amida (heute Diyarbakir)
(Bildquelle: Internet)
Im Osten bei Constantius gab es dagegen mehr Probleme und zwar mit dem
Perserkönig Schapur II.(309-79). Dieser hatte ebenfalls 358/59 eine neue
Offensive gestartet, die Festung Amida nach 73-tägiger Belagerung eingenommen und danach auch die Stadt Singara. Stellt danach aber die Kampfhandlungen ein.
Münze Schapurs II.
(Bildquelle: Internet)
Nun
plante
Constantius
eine
„Gegenoffensive“ und befahl Julian im
Januar 360, etwa die Hälfte seiner
Truppen aus Gallien abzuziehen und
ihm zur Unterstützung zu schicken;
was Julian zu tun auch bereit war. Aber seine Soldaten meuterten dagegen und
riefen ihn ihrerseits in Lutetia (Paris) zum Kaiser aus. Julian lehnte zunächst ab,
nachdem ihm aber angeblich Zeus im Traum erschienen war und ihn zur Zusage
angehalten habe, ließ er sich dann doch auf den Schild heben. Eigentlich eine
klare Usurpation, aber „die Würfel waren gefallen“ (Norwich).
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Wie sollte er die neue Situation Constantius erklären? Er schickt zunächst
Gesandte zu ihm, die ihn in Caesarea in Kappadokien erreichen. Constantius
gerät angesichts der ihm überbrachten Nachricht in Rage, kann durch sein
Engagement im Osten Julian aber für den Augenblick nicht bestrafen. Das will er
später tun, stirbt aber überraschend mit nur vierundvierzig Jahren am 3.
November 361 in Tarsos durch ein Fieber. Jetzt wird Julian als letztes lebendes
Mitglied der Kaiserfamilie von den gesammelten Truppen auch des Ostens zum
neuen Kaiser ausgerufen.
Kleinasien zur Griechen und Römerzeit
(Bildquelle: Internet)
3. Die heidnische Restauration (Wiederherstellung)
Mit dem neuen Kaiser, der neuen Rehgierung – das war jedem klar – wird die
weitere Entwicklung im krassen Gegensatz zur bisherigen stehen. Sofort nach
seiner Thronbesteigung bekennt sich Julian so auch öffentlich zu den alten
heidnischen Göttern. Wobei er die Verehrung der heidnischen Götter mit der
griechischen Kultur gleichsetzt und an Maximus von Ephesus schreibt:
„Wir opferten den Göttern in aller Offenheit und die Masse des mich begleitenden
Heeres ist fromm; offen opferten wir einen Ochsen, als dank für unseren Erfolg
gaben wir den Göttern viele Hekatomben (Tieropfer). Die Götter befehlen mir,
alles nach Kräften zu reinigen und ich gehorche ihnen voll Freude. Sie
versprechen uns eine große Ernte für unsere Arbeit, wenn wir nicht nachlassen“
(Jul.ep.26 / Materialien zur Vorlesung)
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Die „Reinigung“ sieht so aus, dass viele Beamte, die ihre Amtsgewalt in der
Vergangenheit missbraucht hatten, abgesetzt oder sogar zum Tode verurteilt
wurden. Zwei von ihnen sollten bei lebendigem Leib begraben werden, so
Norwich. Auch den Palast kehren die „neuen
Besen“ gründlich aus, es bleiben nur wenige
Diener. Julians Gemahlin Helena war inzwischen
verstorben
und
Julians
Charakter
war
gekennzeichnet von Askese und Abstinenz, ohne
Anspruch „auf die übrigen Annehmlichkeiten des
Lebens“.
In seinen Briefen, die er an Christen schreibt,
fehlen Bezüge zu den alten Göttern. So schreibt
er an Basilius den Großen (um 330-79/rechts)
„er komme als Freund zum Freund“, ähnlich an
Gregor von Nazianz (um 329-90). Constantius
erhält am 11. Dezember 361 in Konstantinopel
ein christliches Begräbnis, wie Julian es
überhaupt für möglich hält, das ein heidnischer
Augustus mit christlichen Eliten zusammenarbeiten kann.
Ikone Basilius des Großen
(Bildquelle: Internet)
Die Aufforderung an einen christlichen Sophisten (Weisheitslehrer), eine
Geschichte von Julians Usurpation zu schreiben, wird nicht realisiert. Julian
erlässt aber eine Amnestie für verurteilte Häretiker und rehabilitiert exilierte
(verbannte) Bischöfe, Novatianer, und Donatisten. So konnte auch Athanasius
der Große auf Grund des Restitutionsediktes Julians vom 8. Februar 362 im
gleichen Jahr als Bischof nach Alexandrien zurückkehren.
Julian nimmt für sich einen absoluten Wahrheitsanspruch in religiösen Fragen
in Anspruch und ein Sendungsbewusstsein, „allen Unglauben von der Erde zu
tilgen“ und „die Flecken der Gottlosigkeit von der Erde zu tilgen“.
„Ich will – bei den Göttern – wirklich nicht, dass die Galiläer getötet oder
geschlagen werden wider das Gesetz oder dass sie sonst etwas erleiden. Ich bin
der Ansicht, dass man die frommen ihnen gegenüber vorziehen muss. Durch die
Torheit der Galiläer wäre beinahe alles verloren gegangen, durch das Wohlwollen
der Götter sind wir alle gerettet. Daher muss man die Götter ehren und mit ihnen
die gottesfürchtigen Menschen und Städte“
(Jul.ep.83 / Materialien zur Vorlesung)
Aber das Bild bleibt zwiespältig, denn Julian zeigt unverkennbar ein Toleranz
gegenüber Gewalt gegen Christen. So bei Massakern gegen diese in Syrien und
Palästina. Und reiche Christen werden enteignet mit der zynischen Begründung
durch das Bibelwort, „demzufolge die Reichen schwerer ins Himmelreich
eingingen, als ein Kamel durch ein Nadelöhr“.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Um das Christentum zurückzudrängen, bediente
Machtübernahme einer dreistufigen Strategie –
Julian
sich
nach
der
Zunächst versuchte er – wie gehört - auf gesetzlichem Wege die Christen
vom Rest der Gesellschaft zu trennen, indem er leitende christliche
Beamte entließ oder tötete.
In einer zweiten Stufe erneuerte er heidnische Kulte und zerstörte Tempel
und stellte deren Priester wieder ein (Restitutionsedikt vom 8.2. 362). Für
Julian gab es keinen Zweifel daran, dass sich die unterschiedlichen
Glaubensrichtungen der Christen bald schon wieder bis aufs Messer
bekämpfen würden und das Problem sich so von selbst
erledigen würde.
Ammianus Marcellinus (um 330-95 / Bild rechts) berichtet:
„…hatte er erfahren, dass keine Raubtiere den Menschen so
gefährlich seien wie die Mehrzahl der Christen sich selbst in
ihrem tödlichen Hass“.(Norwich)
Die dritte Stufe schließlich betraf eine Schulreform in Form des Ediktes vom
17. Juni 362. Es sollte danach in Zukunft keinem Lehrer mehr gestattet sein, die
klassischen Autoren zu lehren. Diese machten aber in jener Zeit praktisch den
gesamten Lehrstoff aus. Dabei argumentierte er, dass diese Werke nicht von
Personen ausgelegt werden könnten, die die Weltsicht der heidnischen Autoren
nicht teilten und daher nicht für das einstehen könnten, was sie unterrichteten.
Lehrer sollten sich durch Charakter und Beredsamkeit auszeichnen – und
Beredsamkeit erfordere das Studium der alten, heidnischen Autoren. Da ein
Christ an diese nicht glaube, könne er dieses Studium auch nicht leisten, müsse
somit entweder auf seinen Glauben oder auf seinen Lebensunterhalt verzichten.
Das Ziel dieser Maßnahme war klar, er wollte eine „einheitliche heidnische Kirche
nach christlichem Vorbild“, aber mit dem Kaiser an der Spitze. Durch diese
Schulreform kam es u.a. zu Protesten seitens der Christen, bei denen der
Apollotempel in Daphne niederbrannte und das dortige Orakel keine Sprüche
mehr lieferte.
4. Administrative Reformen
Im Rahmen der von Julian initiierten administrativen Reformen wurde u.a das
sog. Kranzgold – aurum coronarium, eine Sondersteuer – abgeschafft und die
Staatspost – cursus publicus – reformiert. Es gab eine Steuerreform, in deren
Rahmen bestimmten Personengruppen (z.B. Thrakern und Antiochenern) die
Steuerschulden erlassen wurden. Auch gab es jetzt Klagemöglichkeiten gegen
staatliche Finanzbeamte.
Die Städte erhielten Land, das von der Kirche vereinnahmt worden war,
zurück, was die Kirche schwächte und zugleich eine Konsolidierung der Städte
bedeutete – curiarum et rei publicae recreator.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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5. Perserkrieg und Tod Julians
Rom und Persien, diese beiden Riesenreiche, bekämpften sich nun seit nahezu
zweieinhalb Jahrhunderten. König Schapur II. war 54 Jahre alt und saß praktisch
genau solange auf seinem Thron (eigentlich sogar noch länger, denn er war
schon im Mutterleib zum Kaiser gekrönt worden). Er hatte durch seine letzten
Siege großen Ruhm erlangt und Julian, der sich mehr und mehr für eine
Reinkarnation Alexander des Großen zu halten begann, brannte darauf, ähnlichen
Ruhm zu erlangen.
Bereits im Sommer 362 verlegte er die Hauptstadt des Reiches nach Antiochia,
als vorbereitende Maßnahme für einen geplanten Persienfeldzug. Am 5. März 363
brach er dann mit 80.000 bis 90.000 (andere Quellen nennen nur 65.000) Mann
gen Osten auf und opferte an allen bedeutenden Heiligtümern an seinem Weg
durch Kleinasien den Göttern weiße Stiere. Musste auf diesem Zug aber auch
feststellen, dass sich die Christen keineswegs gegenseitig zerfleischten. Und die
Anhänger der alten Religionen auch nicht nennenswert stärker geworden waren,
als zu Zeiten Konstantins.
Julians Persienfeldzug im Jahr 362
(Bildquelle: Internet)
Das Heer zog am Ufer des Euphrat entlang, den es am 27. März überquerte,
erreicht nach mehreren kleineren Scharmützeln das Westufer des Tigris, die
persische Hauptstadt Ktesiphon vor Augen. Am gegenüberliegenden Ufer lagerte
das persische Heer, welches außer der üblichen Reiterei auch über
Kampfelefanten verfügte. Und durch deren Geruch konnten die eigenen Pferde in
Panik geraten.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Die erste Schlacht am 29. Mai 363 endete mit einem Sieg Julians, aber schon
am nächsten Tag änderte sich die Situation. Ktesiphon war, das wurde Julian
klar, uneinnehmbar und es näherte sich Schapur II. Hauptstreitmacht –
wesentlich größer, als die soeben geschlagene. Trotz des kürzlich errungenen
Sieges war die Moral der Truppe nicht die beste.
Norwich in seinem Buch „BYZANZ“:
„Die Versorgung war knapp, die Hitze mörderisch, die Flüsse führten
Hochwasser; Ammianus berichtet, es habe so viele Fliegen gegeben, dass sie das
Licht der Sonne verdunkelten“.
Am 16. Juni beginnt der Rückzug der Truppen Julians, die aber am 26. Juni
noch mal hinter Samara in Kämpfe verwickelt werden. Julian wirft sich in die
Schlacht, ohne seinen Brustpanzer anzulegen und wir von einem Speer tödlich
getroffen.
Er stirbt mit nur 31 Jahren, von denen er 19 den Kaiserthron innegehabt hat.
Ammianus Marcellinus
Ammianus Marcellinus (geb. ca. 330 vermutlich in Antiocheia/Syrien, gest. um
400) war wohl der bedeutentste römische Historiker der Spätantike. Er war von
Geburt Grieche und kam aus einer vornehmen Familie.
Seine sog. Res gestae werden als eines der letzten großen Geschichtswerke
der Antike angesehen. Die erhaltenen Teile umfassen die Jahre von 353 bis 378
und beschreiben die Zeit unmittelbar vor Beginn der großen Völkerwanderung,
in der sich die antike Mittelmeerwelt grundlegend verändern sollte.
Ammianus hat als Soldat unter den Kaisern Constantius II. und Julian Apostata
gedient und viele der von ihm geschilderten Ereignisse selbst miterlebt. Obwohl
er mehr als andere antike Geschichtsschreiber um Objektivität bemüht war, wird
seine persönliche Sicht bisweilen recht deutlich. So beurteilte er etwa
Constantius II. teilweise sehr negativ, während er von Julian Apostata ein
ausgesprochen positives Bild zeichnete.
Hinweise in den letzten Büchern deuten darauf hin, dass er noch um 395 an
den Res gestae gearbeitet hat. Um 400 dürfte er gestorben sein.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Sitzung vom 24.11.2010
IV. Von Jovian bis Valentinian
1. Jovian
Julian Apostata wird, wie gehört, bei dem Kampf am 26. Juni 363 in Feindesland getötet. Somit steht das römische Heer ohne Führung da und es muss
schnell ein Nachfolger für Julian gefunden werden. Die führenden Offiziere
einigen sich darauf, dem Saturninius Secundus Salutius die Kaiserwürde
anzubieten. Dieser lehnt aber ab wobei er sich auf sein Alter und seine
Gebrechlichkeit beruft. Salutius, der Julian begleitet hatte, war selber nur knapp
dem Tode entronnen.
Er hatte bereits verschiedene hohe Ämter bekleidet, als er, bereits in älteren
Jahren, für Julian in Gallien als Berater fungierte und in dieser Position der
wichtigste zivile Helfer Julians war. 359 wurde Salutius jedoch von Kaiser
Constantius II. abberufen und nach Konstantinopel geholt, wahrscheinlich mit
dem Ziel, die Selbstständigkeit des jungen Caesars zu beschneiden. Nach dem
Tod Constantius 361 und der anschließenden Machtübernahme Julians war
Salutius jedoch wieder einer von dessen engsten Beratern. Ende 361 ernannte
ihn der neue Kaiser zum „Prätorianerpräfekten des Ostens“, was einer der
wichtigsten Verwaltungsposten des Reiches war.
Also musste die Suche nach einem
neuen Caesar weitergehen und jetzt
wurde der Name des primicerius
domesticorum, Flavius Jovian (33164) genannt. Für Jovian sprach nicht
nur der gute Ruf seines Vaters,
sondern Jovian selbst war offenbar
eine angesehene Persönlichkeit, denn
er hatte den Leichnam des Kaisers
Constantius II. nach Konstantinopel
überführt.
Siliqua des Jovian, um 363
(Bildquelle:Internet)
Es wird berichtet, dass Jovian ein „ausgezeichneter, angesehener und in
mehrfacher Hinsicht hervorragender Mann von sehr hoher körperlicher Gestalt
und hochherziger Gesinnung“ gewesen sei. Er hatte sich allerdings militärisch
bisher nicht hervorgetan. Ammianus Marcellinus, der Jovian erlebt hatte, äußerte
sich deshalb auch deutlich zurückhaltender. Auch Norwich schreibt, dass „er zwar
christlicher Herkunft“ war, was aber „ seiner notorischen Vorliebe für Wein, Weib
und Gesang keinen Abbruch tat“. Und weiter: „Er besaß mit Sicherheit nicht das
Format eines Kaisers“.
21
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Das Heer zog sich nach dieser letzten Niederlage am Ostufer des Tigris zurück
und wurde dabei von fortgesetzten Schikanen der Perser „begleitet“, die die
Situation geschickt ausnutzten. Jovian war jetzt gezwungen, mit Schapur II.
einen Friedensvertrag auszuhandeln, wollte er nicht die Existenz der römischen
Ostarmee riskieren. Um sich unbehelligt zurückziehen zu können, musste er
gewaltige Territorien, u.a. alle persischen Länder östlich des Tigris, den Persern
überlassen, darunter auch Armenien, dass er nicht mehr gegen Persien
unterstützen durfte. Ebenso die Stadt Nisibis - die erst sechzig Jahre zuvor unter
Galerius von den Römern erobert worden war - und 15 weitere Städte und
Festungen.
Diese Friedensbedingungen waren für Jovian sehr demütigend, aber es gab
einen Geiselaustausch und einen garantierten Frieden für die nächsten dreißig
Jahre. Trotzdem war dieser „Schmachfrieden“, wie er genannt wurde, für Jovian
kein guter Beginn seiner Herrschaft. Aber er will innenpolitisch Ruhe und so muss
man die Gründe für den Friedensvertrag unter diesen Aspekten beurteilen.
Nach Nisibis erfolgt ein geteilter Rückmarsch des Heeres. Procopius begleitet
den einbalsamierten Leichnam Julians nach Tarsos. Jovian selber zieht mit dem
kleineren Teil des Heeres nach Antiochia und nimmt hier die Regierungsgeschäfte
wieder auf. Wenn seine genauen Pläne für uns auch nicht exakt zu erkennen
sind, ist eines aber klar – die „Heidenpolitik“ des Julian wird aufhören. Hier wird
es eine Umkehr geben und Jovian erlässt ein Edikt allgemeiner religiöser
Toleranz. Alte christliche Rechte werden wieder eingesetzt, heidnische Bräuche
zunächst ganz verboten, später aber wieder zugelassen. Lediglich Zauberei und
Wahrsagerei blieben weiterhin strafbar und die Tempelgüter wurden eingezogen
Er bleibt in Antiochia bis Mitte Oktober 363 und zieht dann mit dem Heer durch
Anatolien nach Westen. In Ankyra – dem heutigen Ankara - setzte er sich
zusammen mit seinem noch jungen Sohn Varronian am 1. Januar 364 als Konsul
ein. Aber noch bevor Jovian mit der Truppe Konstantinopel erreicht, stirbt er am
17. Februar 364 „unter ungeklärten Umständen“, wobei lediglich ein Mord ausgeschlossen wird. Von den zahlreichen Theorien, die über seinen Tod aufgestellt
wurden, erscheint die einer Rauchvergiftung aufgrund eines defekten Abzuges
am wahrscheinlichsten. Jovian wurde im Kaisermausoleum in Konstantinopel
bestattet.
2. Die Nachfolge: Valentinian und Valens
Der Tod Jovians machte die Wahl eines Nachfolgers nötig und Beratungen
darüber fanden in Nikaia (Nizäa) statt. Zunächst verfiel man auf einen
Verwandten Jovians mit Namen Januarius. Der aber weilte in Illyricum und war
damit zu weit entfernt, um ihm eine schnelle Nachricht zukommen zu lassen.
Also fragte man erneut den Salutius (she. Seite 21), der aber wiederum
ablehnte.
Jetzt fiel die Wahl auf Valentinian I., einen hohen Offizier, der aber für das Amt
des Kaisers noch weniger geeignet schien, als seinerzeit Jovian. Er konnte kaum
lesen und schreiben, konnte also nur „zweite Wahl“ sein. Ammianus führt diese
Wahl auf das hohe Ansehen, das Valentinians Vater besaß, zurück.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Die unteren Donauländer zur Römerzeit
(Bildquelle: Internet)
Als zweiten Augustus bestimmt Valentinian seinen Bruder Valens, der für
dieses Amt aber wohl auch nicht besonders geeignet war. Valentinian war aber
Loyalität
wichtiger,
als
militärische Erfahrung und
loyal wird sein sieben Jahre
jüngerer Bruder sein und
ihm „keine Schwierigkeiten
machen“ (Norwich). Valens
soll für den Osten des
Reiches
verantwortlich
sein, während Valentinian
von
Mailand
aus
den
Westen regieren wird.
Valentinian I.
Valens
(Bildquelle: Internet)
(Bildquelle: Internet)
Geeignet oder nicht – die Wahl wird vom Heer akzeptiert.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Es folgt eine Phase relativer Religionsfreiheit, beide Brüder verhalten sich in
dieser Frage tolerant und sagen dem Volk eine freie Wahl des Bekenntnisses zu.
Dazu aus C. Th. 9, 16, 9:
unicuique, quod animo inbibisset, colendi libera facultas - "Jeder möge nach
seiner Façon verehren, was immer ihm in den Sinn gekommen sei".
Dabei waren beide Brüder in Religionsfragen unterschiedlich; während
Valentinian orthodox war, neigte Valens eher zum arianischen Bekenntnis. Sind
also heidnische Riten weiterhin erlaubt, kommt es im Osten doch zu Heidenverfolgungen. (Diese gehen z.B. in Ägypten auf das Konto örtlicher Christen.) Ab
364 gibt es eine Verwaltungsteilung entlang der Sprachgrenze auf dem Balkan,
aber alle offiziellen Verlautbarungen, Gesetze und Münzen erfolgten für das
westliche und das östliche Gebiet im Namen beider Kaiser. Wobei Valentinian
sich für Mailand als seinen Regierungssitz entscheidet.
3. Die Herrschaft Valentinians im Westen
Hier gab es im Jahr 364 Probleme mit germanischen Stämmen, die sich über
zu wenige Subsidien (Unterstützungsleistungen), die außerdem noch von
schlechter Qualität seien, beschwerten. Es kam ab 365 zu wiederholten Einfällen
gallischer Stämme der Alamannen und Burgunder ins Reich, wie überhaupt
Valentinians gesamte Regierungszeit von Abwehrkämpfen gegen Germanen an
Rhein und Donau geprägt war. Die Alamannen wurden bei Chalons-sur-Marne
besiegt und kurz darauf siegte Valentinian in der Schlacht bei Solicinium (bei
Sulz am Neckar).
Valentinian I., der zeitweilig schwer erkrankt war, rief am 27. August 367
seinen ältesten, aber erst 8-jährigen Sohn Gratian zum Mitkaiser im Westen aus,
um einer Usurpation vorzubeugen und um eine dynastische Nachfolge zu sichern.
Er selbst stellte durch seine Heirat mit der Tochter Constantius II. – Justina,
einen Anschluss an die konstantinische Dynastie her.
368 kommt es zu einer Wiederaufnahme des Krieges gegen die Alamannen
und dabei fast zu einer Katastrophe bei Rottenburg, wo das römische Heer große
Verluste beklagen musste. Wegen dieser dauernden Überfälle mussten die
Grenzbefestigungen erneuert bzw. neu gebaut werden. Ziegelstempel aus ds.
Zeit belegen eine umfangreiche Bautätigkeit.
Ebenfalls im Jahr 368 gibt Valentinian seine Residenz in Mailand auf und verlegt diese nach Trier. Fränkische und sächsische Germanenstämme fallen in die
Region am Niederrhein ein, können aber erfolgreich abgewehrt werden. Was
Valentinian den Siegertitel eins Francicus Maximus einbringt.
In Britannien gelingt es dem „comes rei militaris“ Flavius Theodosius, dem
Vater des späteren Kaisers Theodosius I., den Hadrianswall zu sichern und die
Überfälle der Pikten und Skoten zu unterbinden. So stellte er die Ordnung auf der
Insel wieder her. Sein Sohn hat ihn in dieser Zeit bereits begleitet.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Ostern 368 erfolgt ein alamannischer Überfall auf die Stadt Mainz. Die Stadt
wird erobert, aber Valentinian kann die Stadt unter großen Verlusten zurückgewinnen. Er will daraufhin die germanischen Grenzvölker „in die Schranken
weisen“ und startet eine römische „Großoffensive“ in dem Gebiet um den Neckar
bzw. die Donauquellen. Bei der Stadt Solicinum – wo diese genau lag, ist nicht
bekannt – werden die germanischen Stämme endgültig besiegt. Trotzdem bittet
Valentinian die Burgunder um Hilfe in den östlich des Rheins gelegenen Gebieten.
Sie sollen hier die Alamannen binden; ziehen aber bald wieder ab, da Valentinian
gemachte Zusagen nicht einhält. Germanische Geiseln werden in der Poebene
angesiedelt.
370 kommt es zu Problemen mit Angehörigen des Stammes der Saxonen in
Germania secunda, auch als Germania inferior (Niedergermanien) bezeichnet also dem Gebiet an der Rheinmündung. Eine akzeptierte Unterwerfung dieses
Stammes stellte sich aber als „Finte“ heraus, denn die Angehörigen werden
getötet.
Germania Secunda, eine römische Provinz in der Spätantike
Sie ging auf die Provinz Germania Inferior („Niedergermanien“) zurück
(Bildquelle: Internet)
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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370 kam es in Afrika zu einer Usurpation des
Firmus. Wie konnte es dazu kommen?
Bereits vor dem Regierungsantritt Valentinians
wurde das römische Afrika von Berberstämmen
bedroht, einige Städte – u.a. Leptis Magna - waren
von Austorianern heimgesucht worden. Deren
Bewohner forderten vom comes Africae – dem
Militärkommandanten – Romanus Hilfe. Dieser
wollte allerdings nur dann helfen, wenn zuerst
grössere Summen in seine eigene Tasche flossen;
die Städte konnten die geforderte Summe aber nicht
aufbringen.
Sie forderten einen neuen Befehlshaber und im
Jahr 370 setzt sich der erwähnte Firmus vom
Stamm der Lubaleni gegen Romanus durch. Dieser
schwärzt Firmus in Rom an. Unter der unzufriedenen Firmus (ca. 372–375)
(Bildquelle: Internet)
Bevölkerung breitet sich ein Aufstand gegen Rom aus,
der erst in den Jahren 373/74 von Flavius Theodosius,
den Valentinian von Britannien hierher beordert hatte, niedergeschlagen werden
kann. Daraufhin begeht Firmus Selbstmord, indem er sich „in sein Schwert
stürzt“.
Leptis Magna – ein Teil der Ruinen des Marktplatzes
Leptis Magna war eine antike Stadt in Libyen und eine der drei Städte
der Landschaft Tripolitanien in der Provinz Africa.
(Bildquelle: Internet)
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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373 brachen auch im Donaugebiet Unruhen aus, hier fielen Quaden und
Sarmaten in römisches Gebiet ein. Damit Valentinian sich um diesen Unruheherd
kümmern kann, schließt er im Westen mit dem Alamannenfürst Makrianus einen
Friedensvertrag, der für mehr als ein Jahrzehnt in Gallien für Ruhe sorgen wird.
Der Kaiser bricht im Jahr 375 nach Pannonien auf, Gratian bleibt in Trier zurück.
375 erfolgt ein erster Schlag gegen die Quaden, die besiegt werden können.
Eine quadische Gesandtschaft wird zu Valentinian geschickt, um deren Überfälle
zu erklären - die wahren Aggressoren seien die Römer gewesen. Die Quaden
hatten für diese Behauptung sogar stichhaltige Gründe, Valentinian aber
betrachtete das in seinen Augen anmaßende Verhalten der Quaden wohl als
Beleidigung, regte sich furchtbar auf und erlitt einen Schlaganfall. Am 17.
November 375 ist er dadurch gestorben.
4. Die Herrschaft Gratians im Westen
Der Verstorbene hatte bereits im Jahr 367 seinen damals 7-jährigen Sohn
Gratian als zweiten Augustus anerkennen lassen. Der ist jetzt 16 Jahre alt und
hält sich noch in Trier auf. Valens, der Bruder Valentinians hält sich in Antiochia
auf, ist also noch weiter entfernt. Deshalb hatte Valentinian I. noch auf dem
Sterbebett seinen erst 4-jährigen Sohn aus zweiter Ehe, der auch Valentinian
hieß, zum Mitregenten seines Halbbruders ernannt (Valentinian II.). An dieser
frühen Ernennung hatte der germanische Heerführer (magister militum) Flavius
Merobaudes († 383 oder 388) maßgeblichen Anteil, nachdem der sich gegen
einen anderen Heerführer mit Namen Sebastianus durchsetzen konnte.
Dazu noch mal Norwich:
„Beim Tod Kaiser Valentinians standen dem Reich theoretisch also drei Herrscher
zur Verfügung: ein missgebildeter Sadist mittleren Alters, dem jegliche Vernunft
oder Urteilskraft abging, ein vielversprechender sechzehn Jahre alter Jüngling,
sowie ein Kind, das kaum der Wiege entstiegen war.
Von diesen dreien hing nun die Zukunft des Römischen Reiches ab und das in
einem der kritischsten Augenblicke seiner Geschichte…“ (Zitat Ende)
In der Provinz Africa hatte Flavius Theodosius, wie berichtet, den Aufstand des
Firmus niedergeschlagen. Dabei ging er auch hart gegen den korrupten Statthalter Roms, Romanus und gegen die Disziplinlosigkeit der Soldaten vor.
Dadurch hatte er sich viele Feinde gemacht und diese sorgten 375/76 für seine
Verurteilung und Hinrichtung.
Es erfolgt eine Machtaufteilung im Westen des Reiches. Gratian behält die
gallische Präfektur, Valentinian II. erhält Italien, Illyricum und Africa; behält
seinen Wohnsitz in Mailand. Aufgrund des kindlichen Alters Valentinians II.
spricht man hier vom Typus des Kinderkaisers (principes pueri), der in einer
Abhängigkeit regiert, in diesem Fall von Merobaudes. Er stand aber auch unter
dem Einfluss seiner Mutter Justina, die Arianerin war und damit im Gegensatz
stand zu dem in Mailand sehr mächtigen Bischof Ambrosius.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Gratians Erzieher am Hof in Trier war der Decimius Magnus Ausonius (um31093), ein hoher gallo-römischer Staatsbeamter und Dichter. Ausonius war schon
von Valentinian I. als Prinzenerzieher berufen worden und wurde nach dessen
Tod zum quaestor sacri palatii erhoben; dies waren im spätrömischen Reich hohe
Hofämter. Im Jahre 378 wurde er Prätorianerpräfekt (PPO) von Gallien und
erhielt die Präfektur Italiens, Africas und Galliens. Auch sein Sohn Hesperius stieg
zu hohen Ämtern auf, was Ausonius der Gunst des Kaisers zu verdanken hatte.
Gotische Verbände fallen 378 in Thrakien ein
und Gratian beabsichtigt, dem Valens zu helfen
und sich persönlich an der Niederschlagung von
Illyrien aus zu beteiligen. Aber er ist noch in
Gallien gebunden, wo er vor dem geplanten Aufbruch gegen die Lentienser kämpfen muss. Hierbei
handelte es sich um einen alamannischen Stamm,
der nördlich des heutigen Bodensees ansässig war.
Gratian besiegt die Lentienser zwar in der
Schlacht bei Argentaria (Nähe Colmar), die
Unterstützung des Valens in Thrakien unterblieb
dadurch aber.
Thrakien in römischer Zeit
(Bildquelle: Internet)
5. Die Herrschaft des Valens im Osten
Procopius (um 326-66) hatte, wie berichtet (she. Seite 22), die Überführung
des Leichnams Kaiser Julians nach Konstantinopel geleitet. Am 28. September
365 ließ er sich dort zum Gegenkaiser ausrufen und berief sich bei dieser
Usurpation auf seine Verwandtschaft zur konstantinischen Dynastie und angeblicher Nachfolgebestimmung seitens Julians. Der amtierende Kaiser des Ostens,
Valens, hatte sich zwar durch eine rigide Steuerpolitik beim Volk unbeliebt
gemacht, konnte die Usurpation des Procopius aber niederschlagen.
Dieser hatte aber schnell die Provinzen Thrakien, später auch Bithynien und
wohl auch die nördlich der Donau siedelnden Goten auf seiner Seite, als Valens
ihn am 27. Mai 366 in der Schlacht bei Nakoleia in Phrygien (Karte Seite 16)
besiegen kann. Procopius floh vom Schlachtfeld, wurde aber ergriffen und auf
Befehl Valens hingerichtet.
Die Provinz Bithynien im Nordwesten der heutigen Türkei
(Bildquelle: Internet)
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Es kommt zu einem Wiederaufleben des Armenienkonfliktes, wo Schapur II.
um das Jahr 368 erneut einfällt. Der armenische Herrscher Arsakes III., der mit
den Römern verbündet war, wird ermordet und es kommt zur Installation eines
persischen „Marionettenregimes“. Doch auch nach diesem Erfolg hatte Schapur
II. Armenien noch nicht in der Hand. Er verweist zwar auf den mit Jovian abgeschlossenen Vertrag, den Valens aber nicht anerkennt, sondern eine Revision
fordert.
Es kommt 371 zu Kampfhandlungen zwischen Valens und Schapur und ab 373
dann zu Verhandlungen zwischen den Beiden mit dem Ergebnis einer Aufteilung
Iberiens (nördlich von Armenien gelegen) zwischen einem römischen und einem
persischen Protegè. Die römische Besetzung Armeniens führt zu Schwierigkeiten
mit Papa, dem Sohn des Arsakes, der von den Römern ermordet wird.
378 kommt es zwischen Valens und Schapur fast zu einer Einigung über
Armenien. Dessen Fürsten hatten sich Rom angeschlossen und Schapur schickt
eine Delegation zu Valens, die ihm die armenischen Gebiete zusprechen soll –
eine Geste der Versöhnung! Aber Valens weist diese Geste mit der Begründung
zurück, Schapur habe keine Entscheidungsbefugnis über diese Gebiete. Es
kommt zum Eklat und beide Seiten rüsten zum Krieg. Den Schapur - nach einem
Truppenabzug der Römer wegen des Krieges in Thrakien gegen die Goten –
gewinnt. Er setzt Arsakes IV., den Sohn des ermordeten Papa, als persischen
Vasall ein.
Die Auseinandersetzungen mit den Goten hatten schon 367/69 mit dem Einfall
römischer Truppen in gotisches Territorium begonnen. Verhandlungen und
Versorgungsschwierigkeiten führen aber zum Verzicht auf Feindseligkeiten und
Subsidien seitens der Goten. Man beschränkt sich auf die Einrichtung von zwei
Handelsstützpunkten. Es kommt zu ersten Christianisierungen der Goten und ihr
erster Bischof wird Wulfila (um 311-83).
375/76 kommt es in das Königreich der Goten zu Einfällen der Hunnen, einer
Gruppe zentralasiatischer Reitervölker, die „alles überrannten, was sich ihnen in
den Weg stellte“. Die vertriebenen Goten flüchten über die Donau und schicken
Boten zu Valens mit der Bitte um Erlaubnis zur Ansiedlung in Thrakien, also auf
römischem Territorium. Die erhielten aber
nur die Tervingi, währen die Greuthungi
nicht siedeln durften. Man sagte ihnen
Unterstützung zu, diese Zusagen wurden
aber nicht eingehalten, weil Lupinus, der
comes von Thrakien, sich an den Waren
persönlich bereicherte.
Pfeil und Bogen gehörten zu den
wichtigsten Waffen der Hunnen
(Bildquelle: Internet)
29
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Die Hunnen traten von den Steppen Zentralasiens bis ins heutige
Deutschland und den Balkanraum auf.
Sie drangen im 4. Jahrhundert bis Mitteleuropa vor.
(Bildquelle: wikipedia.org / gemeinfrei)
Ost- und Westgoten formierten sich zum Widerstand, sogar die Hunnen
schlossen sich ihnen an. Am 9. August 378 kommt es zur Schlacht von
Adrianopel zwischen den Verbündeten und den Truppen des Valens. Gratian will
im zu Hilfe kommen, aber Valens will nicht auf die Ankunft dieser Truppen
warten. So erleidet er eine Niederlage und stirbt, von einem Pfeil getroffen. Die
Tervingi werden ab 382 römische Föderaten (Verbündete) und in Norditalien
angesiedelt. Sie erhalten eine eigene Führung, müssen aber Militärdienste für
Rom leisten.
Diese Niederlage hat in mehrfacher Hinsicht eine besondere Bedeutung:
Erstmals ist die Bedrohung durch die Hunnen in unser Gesichtsfeld
getreten
Valens` Niederlage wird, da er Arianer ist, als „göttliche Strafe“ gesehen
Die Bekämpfung des Christentums durch Julian, der die „alten Götter“
wieder einsetzen wollte
6. Der Aufstieg des Theodosius
Die Jugend der verbliebenen beiden Augusti, Valentinian II. und Gratian
erfordert einen neuen Kaiser und Gratian wendet sich an Theodosius, den Sohn
des in Africa ermordeten Flavius Theodosius (she. Seite 27) und der wird von
Gratian 379 zum Mitaugustus (Theodosius I.) erhoben.
Theodosius I. (der Große) richtet sein Hauptquartier in Thessalonike ein und
verbringt die nächsten Jahre mit der Befriedung Thrakiens und damit, das
Vertrauen der Goten zurückzugewinnen.
30
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Sitzung vom 01.12.2010
V. Theodosius der Große (347-95)
1. Konsolidierung gegen Goten und Perser
Zusammenfassung:
Die Regierungszeit des Theodosius I. war verbunden mit einschneidenden
Veränderungen für das Imperium Romanum:
Erstmals wird eine große Gruppe
von
Goten
(Barbaren)
als
autonomer Verband auf dem Boden
des Reiches angesiedelt
Das Christentum wird faktisch zur
Staatsreligion erhoben
Es werden Gesetzte gegen das
Heidentum und christliche Häresien
erlassen
Nach
seinem
Tod
führt
die
Aufteilung
des
Reiches
zur
endgültigen
Trennung
in
ein
Weströmisches
und
ein
Oströmisches Reich
Theodosius I. (347-95)
(Bildquelle: Arbeitsmaterialien zur Vorlesung)
Theodosius hatte sich nach der Ermordung seines Vaters nach Spanien zurückgezogen, geheiratet und hier wurde sein ältester Sohn Arcadius geboren. Nach
Lage der Dinge konnte Theodosius wohl kaum mehr damit rechnen, je wieder im
Militärdienst aktiv zu werden. Doch die Sachlage veränderte sich dramatisch, als
am 9. August 378 die Schlacht von Adrianopel stattfand, in der Valens den Tod
fand (she. Seite 30).
Nun lastete alle Verantwortung auf dem neunzehnjährigen Gratian, denn
Valentinian II. war noch ein Kind. Gratian aber war noch im Westen gebunden
und so wandte er sich um Unterstützung an Theodosius und dieser erwies sich in
kurzer Zeit als so ausgezeichneter Führer, das Gratian ihn 379 zum Mitaugustus
erhob. Jetzt hatte das Reich wieder drei Augusti.
Theodosius erhielt mit Thrakien, Dakien und Makedonien den am stärksten
gefährdeten Teil des Reiches, den er zudem nicht kannte und wo die Beamten
überwiegend aus dem Westteil des Reiches stammten.
31
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Theodosius I. richtet sein Hauptquartier aus strategischen Gründen in
Thessalonike ein und verbringt die nächsten Jahre mit der Sicherung seines
Herrschaftsbereiches. Am 19. Januar 383 ernennt er seinen Sohn Arcadius zum
Augustus, um so eine dynastische Thronfolge zu sichern. In den Jahren zwischen
380 und 382 kämpft er mit wechselndem Erfolg gegen die Goten, unterstützt
durch die Heermeister Bauto und Arbogast, die ihm Gratian überließ.
Am 3. Oktober 382 kommt es zu einer Einigung mit den Goten – der
Heermeister Saturnius hatte den Vertrag im Auftrag des Kaisers abgeschlossen –
und diese werden zu römischen Foederati, sind also nicht, wie bisher, Unterworfene (dedidicii). Sie werden in Moesien, Thrakien, Dacia Ripensis und
Makedonien angesiedelt, bleiben eine eigene Nation unter eigener Führung auf
dem Boden des Imperiums und erhalten neben Steuerfreiheit auch eigenes
Recht. Insofern steht kein römischer Beamter über ihnen, Heiraten zwischen
Römern und Goten bleiben aber verboten. Und die Goten müssen bezahlte
Militärdienste unter ihren eigenen Führern leisten. Ob sie auch Subsidien
erhielten, ist nicht bewiesen.
Es ist das erste mal, dass ein selbständiges Volk auf römischem Territorium
angesiedelt worden ist. Theodosius erkannte mit dieser Maßnahme eigentlich nur
die tatsächlichen Verhältnisse an, denn die Goten waren kaum wieder aus dem
Reich zu drängen und er hatte zeitweise Ruhe und zusätzliche Truppen zur
Verfügung.
Aber es gab auch Kritik an dieser „Gotenpolitik“, sie war nicht unumstritten. So
empfahl der Dichter Ammian ihre Vertreibung aus dem Reichsgebiet und
Synesios forderte ihre Entwaffnung und die Rückkehr zu einem rein römischen
Heer. Aber diese Gedanken und Vorschläge hatten keine Aussicht auf Realisierung, denn schon in den Jahren zwischen 337 (373 ?) und 378 waren etwa die
Hälfte der bekannten Heermeister Germanen.
Dazu ein Text von Themistius or. 16, 211 a/b:
„Selbst wenn wir (die Römer) sie leicht und ohne Probleme hätten zerstören
können, wäre das wenig vernünftig gewesen: sind Bauern oder Leichen für
Thrakien besser? Ist es besser, durch Wildnis oder bebautes Land zu gehen? Tote
oder Pflügende zu zählen? Phryger oder Bithyner umzusiedeln oder die
anzusiedeln, die wir gezähmt haben?“
Eine andere Politik wird gegen die Greuthungi verfolgt. Diese wurden 386
besiegt und anschließend als abhängige Bauern in genau zugewiesenen Gebieten
angesiedelt.
Gegenüber Persien kommt es 384 zu einem Friedensschluss mit Schapur III.
und dabei zu einer Teilung Armeniens, in dessen Westen die Römer ihren Einfluss
durch einen comes Armeniae behalten. In selben Jahr stirbt der armenische
König Arsakes IV. und Theodosius heiratet Galla, die Schwester Valentinians II.
32
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
2. Die Usurpation des Magnus Maximus
Dieser Magnus Maximus wird im Jahr 383 von seinen Truppen in Britannien
zum Augustus ausgerufen. Er hatte schon unter dem Vater des Theodosius in
Britannien gedient und war auch am Kampf gegen den afrikanischen Usurpator
Firmus beteiligt gewesen. Der Grund für diese Usurpation lag bei Gratian selber,
wie Norwich schreibt:
„Er versuchte nicht einmal mehr, seine Vorliebe für nichtrömische
Armeeangehörige – vor allem für seinen Leibwächter, einen großen blonden
Alanen – zu verbergen, die er auf Kosten ihrer römischen Kollegen offen
bevorzugte“ (Zitat Ende)
Maximus setzt nach Gallien über, Gratian zieht ihm mit seinem Heer entgegen, doch ein großer Teil seiner Soldaten läuft zu Maximus über. Gratian muss
vor Maximus fliehen, wird aber gefangen und am 25. August 383 ermordet.
Theodosius, der nie ein herzliches Verhältnis zu Gratian gepflegt hatte und im
Osten gebunden war, ließ Maximus vorerst gewähren. Es kam daher zunächst zu
einer Reichsteilung, wobei Gratians Halbbruder Valentinian II. nur Italien und
Africa erhielt; der Rest des Westens – also Britannien, Gallien, Germanien und
Spanien wurde Maximus übertragen. Dieser nahm seine Residenz in
Treverorum (Trier).
Solidus des Magnus Maximus.
(Bildquelle: Internet)
Bemühungen, zwischen Maximus und Valentinian II. zu einer Verständigung zu
kommen, bleiben erfolglos. Valentinian bittet Maximus zwar um Hilfe gegen
Barbareneinfälle in Pannonien, wird aber von diesem aus Italien verdrängt und
flieht mit seiner Mutter Justina nach Thessalonike zu seinem Schwager
Theodosius. Man verbündet sich und 388 erfolgt ein Feldzug gegen Maximus, an
dem auch der Heerführer Arbogast (she. Seite 32) teilnimmt. Maximus wird
besiegt, die Sieger „verhalten sich milde“ (Prof. Zimmermann) aber seine
eigenen Soldaten töten ihn. Valentinian wird im Westen wieder als Führer
eingesetzt.
33
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
3. Theodosius´ Kirchenpolitik
Obwohl Theodosius eine große Frömmigkeit bescheinigt wird, lehnt er den
Titel pontifex maximus bei seiner Ernennung zum Augustus 379 ab. Es kann
vermutet werden, dass ein ähnliches Verhalten Gratians 382/83 von diesem
Beispiel beeinflusst worden ist. Theodosius verfügt eine libera colendi facultas
– eine Freiheit der Religionsausübung – nicht nur gegenüber heidnischen Kulten,
sonder auch gegenüber Nizänern, Arianern und Anhomöern. 373 stirbt Bischof
Athanasius, 377 ruft Valens die verbannten nizänischen Bischöfe zurück.
Am 27. Februar 380 verkündet Theodosius das „Edikt von Thessaloniki“
(C. Th. 16, 1,2; 2, 25):
„Alle Völker, welche unserer gnädigen Milde Leistung regiert, sollen, das ist unser
Wille, in dem Glaubensbekenntnis verharren, welches der göttliche Apostel
Petrus, wie es bis heute der von ihm verkündete Glaube dartut, den Römern
überliefert hat, und dem sichtbar der Pontifex Damasus folgt und Petrus, der
Bischof von Alexandria, ein Mann von apostolischer Heiligkeit;
das heißt, dass wir glauben nach der apostolischen Unterweisung und der
evangelischen (?) Lehre an des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes eine
Gottheit in gleichartiger Majestät und in frommer Dreifaltigkeit…
Die diesem Gesetz folgen, sollen, so gebieten wir, die Bezeichnung katholische
Christen beanspruchen, die anderen aber, nach unserem Urteil Unsinnige und
Verrückte, sollen die schimpfliche Ehrenminderung der Häresie erleiden, und ihre
Konventikeln sollen nicht die Bezeichnung von Kirchen führen. Sie sollen fürs
erste durch ein göttliches Gericht, dann aber auch durch die Ahndung unseres
richterlichen Einschreitens, das wir, gestützt auf des Himmels Ermessen, treffen
werden, bestraft werden“
Ein kurz zuvor abgehaltenes Konzil in Antiochia war wohl ohne Einfluss auf
diese Entscheidung Theodosius`. Er greift aus eigener Machtvollkommenheit in
kirchliche Belange ein, denn er ist bemüht, die Einheit der Kirche im gesamten
Reich (Ost und West) zu sichern und erlässt das sog. Dreikaiseredikt - cunctos
populos. Vor allem will er den Arianismus aus der neuen Hauptstadt
Konstantinopel verdrängen.
381 setzt er den Nizäner Gregor von Nazians als
Bischof von Konstantinopel ein. Dieser leitet nach dem
Tod des Bischofs Meletius von Antiochia das erste
Konzil von Konstantinopel, zu dem sich 150 Bischöfe
des Oströmischen Reiches versammelt hatten. Der
Bischof von Konstantinopel stand nach dem Papst (als
Bischof von Rom) an zweiter Stelle in der
Kirchenhierarchie, war aber vom Kaiser abhängig.
Gregor von Nazian
Fresko im Kloster Simonopetra auf dem Athos
(Bildquelle: Heiligenlexikon)
34
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Auf diesem ökumenischen Konzil wurde ein orthodoxes Glaubensbekenntnis
verabschiedet (Nicaeno Constantinopolitanum) und eine Beschränkung des
bischöflichen Einflusses auf die weltlichen Diözesen. Außerdem wurde eine
Enteignung und die Verbannung der Häretiker verfügt. Konstantinopel wird
erstmals offiziell als 2. Rom bezeichnet.
4. Ambrosius von Mailand
Ambrosius von Mailand (339 - 97 ) ist einer der Kirchenlehrer der Westkirche,
er war, so Prof. Zimmermann „ein Machtmensch par exellence“. Als 374 eine
Neuwahl des Mailänder Bischof anstand – die damalige Kirche war zwischen
Trinitariern und Arianern tief zerstritten – wollte Ambrosius vermeiden, dass es
zu einem Streit über die Wahl kommt. Durch eine spontane, aber wohl „von
langer
Hand
vorbereitete“
(Prof.
Zimmermann)
Proklamation wird Ambrosius gewählt. Er selbst stimmte
jedoch energisch gegen seine Wahl, da er sich in keiner
Weise auf ein solches Amt vorbereitet sah. Er war als
Katechumene noch in der Vorbereitung auf die Taufe. Erst
auf kaiserliche Intervention hin gab Ambrosius nach.
Innerhalb einer Woche empfing er die Sakramente der
Taufe und der Ordination zum Diakon und zum Priester, so
dass seiner Bischofsweihe nichts mehr im Weg stand.
Ambrosius von Mailand
Mosaik in der Kirche S. Ambrogio, um 470. Diese älteste
Darstellung von Ambrosius ist wohl das älteste erhaltene
Portrait eines Heiligen überhaupt.
(Bildquelle: Heiligenlexikon)
Ambrosius wird in Oberitalien zu einer „Macht“, er hatte seit 380 großen Einfluss auf Kaiser Gratian und blieb im Streit um den „Altar der Victoria“ gegen den
heidnischen römischen Stadtpräfekten Symachus erfolgreich. Dieser plädierte für
eine religiöse Toleranz, Ambrosius kann diese Versuche aber „abschmettern“.
Symachus / 3. relatio
„Wir leben alle in derselben Welt, wir beten zu göttlichen Gewalten; es gilt, gleich
welches Denken die Wahrheit ermittelt: auf einem Weg allein kann ein so großes
Geheimnis nicht erreicht werden“
Nach dem Tod Kaiser Gratians im Jahr 383 ändert Ambrosius seine Stellung
gegenüber dem Hof, indem er sich dem Arianismus zuwendet, was zu einer
Eskalation führt. Er spricht dem Kaiser die Entscheidungsgewalt in kirchlichen
Fragen ab.
„imperator intra ecclesiam, non supra ecclesiam est“ –
„Der Kaiser ist in der Kirche, nicht über der Kirche“.
35
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Der Streit um den Victoriaaltar
Der Streit um den Victoriaaltar im 4. Jahrhundert n. Chr. war ein letzter
Höhepunkt in der geistigen Auseinandersetzung zwischen den Anhängern des
traditionellen (heidnischen) römischen Staatskults und Vertretern des
Christentums, das bald darauf zur Staatsreligion des Römischen Reiches werden
sollte.
Die Debatte drehte sich vordergründig darum, ob der Altar der Siegesgöttin
Victoria aus der Kurie, dem Sitzungsgebäude des Senats von Rom, entfernt
werden sollte oder nicht. Der Streit begann 357 mit der erstmaligen und endete
394 mit der endgültigen Entfernung des Altars.
(aus Wikipedia)
388/89 kam es zwischen Ambrosius und Theodosius zu einem Streit um ein
Heidenpogrom in der Stadt Callinicum am Euphrat. Was war der Grund? – eine
aufgebrachte Menge von Christen hatte hier auf Anordnung des Kaisers die
örtliche Synagoge gestürmt und in Brand gesteckt. Ambrosius verlangte, dass
alle Plünderer und Beteiligten straffrei ausgehen sollten und die Synagoge nicht
wiederaufgebaut wurde, obwohl das Gesetz dies vorschrieb. In diesem
Glaubenskrieg kam es zu „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“.
Dazu Lib. Or.30, 46 :
„Die Schwarzröcke (i.e. Mönche), die da mehr essen als die Elephanten, durch
die Menge der Becher aber, die sie leeren, denen beikommen, die das Trinken
mit Liedern begleiten und ihre Trunkliebe unter einer künstlich erzeugten
Bleichheit verstecken, stürzen mit Stangen, Steinen und Eisen oder auch ohne
dies zu den Tempeln.
Dann werden die Dächer eingerissen, die Mauern umgestürzt, die Bilder
herabgerissen, die Altäre zerstört und die Priester müssen schweigend den Tod
erleiden“.
5. Thessaloniki – Affäre und Mailänder Bußakt
Zur Thessaloniki-Affäre gibt es nur wenige Informationen, sie ist deshalb nur
schwer genau nachzuvollziehen. Es war wohl so, dass Butherich (oder Botherich),
der gotische Kommandant der Stadt, den beliebtesten Wagenlenker der Stadt ins
Gefängnis werfen ließ. Der aufgebrachte Pöbel hat daraufhin Butherich erschlagen, worauf Theodosius seinen Soldaten wütend befahl, eine Strafaktion
gegen das Volk zu starten – „koste es, was es wolle“ (Norwich). Ambrosius
versuchte vergeblich, ein Massaker zu verhindern. Im Zirkus (Hippodrom)
wurden 7.000 (oder waren es sogar 15.000) Menschen ermordet.
.
36
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Ambrosius
zwang
daraufhin den Kaiser durch Exkommunikation zur
öffentlichen Reue für dieses Massaker, die erst
nach
mehrfacher
Selbstdemütigung
des
Theodosius aufgehoben wurde - er musste ein
Schuldbekenntnis ohne seine kaiserlichen
Insignien ablegen.
Diese Aktion ist nicht zu vergleichen mit dem
Bußgang Heinrichs IV. nach Canossa. Hierbei
ging es um einen Machtkampf zwischen Kaiser
und Papst, bei Theodosius um die seelsorgerische Frage, ob der Kaiser über eine
eindeutige Sünde erhaben sei oder wie alle
anderen in dieser Lage auch dafür Buße tun
muss.
Ambrosius und Kaiser Theodosius
(van Dyck / Bildquelle: Internet))
6. Der Sieg über Eugenius / Arbogast und die Neuordnung der Herrschaft
Theodosius kehrte nach Konstantinopel zurück, Valentinian II. begab sich nach
Gallien (Trier), doch gelang es ihm auch jetzt nicht, eine selbstständige
Regierungstätigkeit auszuüben, obwohl er nun formal der senior Augustus war.
Dies war vor allem der mächtigen Stellung des fränkischen Heermeisters
Arbogast geschuldet, der faktisch den Westen
regierte. Am 15. Mai 392 fand man Valentinian
erhängt in seinem Palast in Vienne; Selbstmord oder
Mord auf Betreiben des Arbogast ist nicht geklärt.
Arbogast bat Theodosius um die Erhebung oder
Entsendung eines neuen Augustus für den Westen.
Doch Theodosius blieb lange tatenlos und am 22.
August 392 ließ Arbogast daher den Rhetoriklehrer
und magister scrinii Eugenius von den Truppen zum
Kaiser ausrufen. Er selbst konnte als Germane nicht
römischer Kaiser werden.
Valentinian II. (371-92)
Theodosius wurde von dieser Berufung unterrichtet, nahm aber das Recht,
seine Mitregenten selbst zu bestimmen, für sich in Anspruch und ernennt seinen
Sohn Honorius zum Augustus. Eine Verständigung scheitert an der rigorosen
Heidenpolitik des Theodosius; am 8. November 392 kommt es zu einem Verbot
jeglicher heidnischer Kulte.
37
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Es geling Arbogast, Italien für den Usurpator Eugenius zu gewinnen, denn die
nichtchristliche alte Garde begrüßte einen Kaiser, der die alten Altäre wieder
gestattete. Afrika bleibt in dieser zeit neutral, hier herrscht der Usurpator Gildo
(† 398), der sich erst nach der Reichsteilung von 395 gegen Honorius erhob.
Am 5./6. September kommt es am Frigidus (der heutigen Wippach) nördlich
von Triest zur entscheidenden Schlacht zwischen Theodosius und Arbogast /
Eugenius.
Dazu schreibt Norwich:
„ Am folgenden Morgen zog von Osten her ein heftiger Sturm mit orkanartigen
Böen auf. Theodosius und seine Leute hatten den Wind im Rücken, während die
Soldaten des Arbogast und Eugenius, von Staubwolken geblendet, sich kaum auf
den Beinen halten konnten...“ (Zitat Ende).
Theodosius gewinnt diese Schlacht, während sowohl Arbogast wie auch
Eugenius zu Tode kommen.
Theodosius wendet sich nun der Frage seiner Nachfolge zu und im Herbst 394
kommt es zu einer Neuordnung im Reich. In Mailand werden seine beiden Söhne
Arcadius für den Osten und Honorius für den Westen als neue Augusti ernannt.
Wie notwendig diese Neuordnung war, zeigt sich kurz darauf. Denn am 17.
Januar 395 stirbt Theodosius. Der Weg zur Reichsteilung ist jetzt frei.
Das römische Reich zum Zeitpunkt des Todes Theodosius’ I. 395 n. Chr
(Bildquelle: Internet)
38
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Sitzung vom 08.12.2010
VI. Die Nachfolger des Theodosius
1. Theodosius` Neuordnung der Herrschaft
Als Theodosius starb, war sein ältester Sohn Arcadius 18, Honorius, der
jüngere der beiden, ganze 10 Jahre alt. Beide galten als principes pueri - also
Kinderkaiser bzw. principes clausi – Zimmerkaiser. Zimmerkaiser nannte man
Herrscher, die nicht mehr selbst ins Feld zogen, sondern von ihrem Palast aus
regierten.
Solidi der beiden Augusti
Flavius Arcadius (um 377 - 408 ) war
zwischen 395 und 408 Kaiser der Osthälfte
des Imperium Romanum und gilt daher
mitunter als der erste Herrscher des
Oströmischen bzw. Byzantinischen Reiches
Flavius Honorius (384 - 423) war zwischen
395 und 423 Kaiser der Westhälfte des
Imperium Romanum
(Bildquellen: Internet)
Als
Kaiser
nannte
Arcadius
sich
„Imperator Caesar Flavius Arcadius Augustus“
und versuchte offenbar, einen eigenen Kurs gegen seinen mächtigsten Berater
Rufinus durchzusetzen. Arcadius hatte das Recht, selbständig Gesetzte zu
erlassen und zeigte sich als christlicher Kaiser, indem er mehrere Gesetze gegen
die Häresie erließ. Rufinus wollte ihn mit seiner eigenen Tochter verheiraten, weil
er hoffte, so auf den Thron zu gelangen. Arcadius heiratete aber auf den Rat des
Eunuchen Europios 395 die Eudoxia, die Tochter des Bauto, eines ehemaligen
magister militum unter Gratian. Der Bischof von Konstantinopel Johannes
Chrysosthomos prangerte ihren sittenlosen Lebenswandel und ihre Verschwendungssucht an, was später zu seiner Verbannung führte. 404 starb Eudoxia im
Alter von nur 24 Jahren nach einer Fehlgeburt.
Honorius wurde wegen seines kindlichen Alters von Serena, der Nichte Kaiser
Theodosius und Gemahlin des Stilicho betreut, die
dadurch großen Einfluss am Hof gewann. Honorius
heiratete im Jahr 398 Maria, die Tochter des
Stilicho und der Serena. Nach Marias Tod heiratete
er ihre jüngere Schwester Thermantia. Die
achtundzwanzigjährige
Regierungszeit
des
Honorius war eine der ereignisreichsten der
römischen Geschichte.
Serena und Stilicho
mit ihrem Sohn Eucherius
(Bildquelle: Internet)
39
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Arcadius und Honorius hatten eine jüngere Halbschwester, Galla Placidia. Das
Bild unten rechts zeigt ihr Mausoleum in Ravenna.
Bild links:
Galla Placidia auf einer von ihrem Sohn
Valentinian III. geprägten Münze. Auf der
Rückseite steht ein Kreuz, das ihren
christlichen Glauben verdeutlichen soll
(Bildquelle: Internet)
Bild rechts:
Das Mausoleum der Galla
Placidia
in Ravenna
(Eigenes Bild)
Galla Placidia wurde um das Jahr
390 in Konstantinopel als Tochter
des römischen Kaisers Theodosius I.
und seiner Gemahlin Galla geboren.
Bereits 394 erlag ihre Mutter den
Folgen einer Fehlgeburt. 405 wurde
Galla Placidia mit Stilichos Sohn Eucherius verlobt, doch wurde Eucherius im
Rahmen einer Palastintrige ebenso wie sein Vater und dessen Frau 408
hingerichtet.
2. Die Ära Stilichos
Stilicho (um 365-408) wurde als Sohn eines Vandalen und einer Römerin
geboren. Er war ein römischer Heermeister (magister militum in Italien) und
nahm verschiedene Funktionen im römischen Staatsdienst unter Kaiser
Theodosius I. ein. Aufgrund seiner guten Dienste durfte Stilicho 384 die Nichte
des Kaisers Theodosius, Serena, heiraten. Nach Theodosius Tod im Jahr 395
wurde er außerdem Vormund für dessen damals elfjährigen Sohn Honorius, dem
nach der Reichsteilung das römische Westreich zufiel. Auch Theodosius' Tochter
Galla Placidia stand unter seiner Obhut.
Im Jahr 395 kam es in Untermösien (she. Karte Seite 41) erneut zu einem
Aufstand der Goten unter ihrem neuen Führer Alarich (um 370 - 410). Alarichs
Truppen rückten bis Konstantinopel vor, konnten die Stadt aber nicht einnehmen und zogen weiter westwärts gen Thessalien und Makedonien. Arkadius und
auch Rufinus standen dieser Situation praktisch machtlos gegenüber, weshalb
Arkadius dem Stilicho befahl, das Ostheer schnellstens nach Konstantinopel
zurückzuführen; dessen Führung hatte der comes Gainas. Er selbst musste aber
mit dem Westheer wieder in den Westen zurückkehren, was er widerwillig tat.
397 fielen Hunnenverbände in Kleinasien und in gotisches Siedlungsland an der
unteren Donau ein, der Grund für diesen Raubzug war eine Hungersnot auf ihrem
Gebiet.
40
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Karte von Unter- und Obermösien
(Bildquelle:Internet)
Bild links:
Alarich (um 370 - 410)
(Bildquelle:Internet)
Gainas führte das Ostheer weisungsgemäß nach
Konstantinopel, wo ihn Arcadius und Rufinus erwarteten. Rufinus wurde im November 395 ermor det, möglicherweise im Auftrag Stilichos. Seinen
Platz als Berater des jungen Kaisers nahm der
Eunuch Eutropius ein.
Alarich aber zog weiter und plünderte mit seinen
Truppen Griechenland, wobei Athen wegen seiner
starken Mauern verschont blieb. Die Truppen zogen
weiter, überquerten den Golf von Korinth zur
Peloponnes und verwüsteten mehrere Städte, darunter auch Sparta. 396 oder
397 stellte sich Stilicho den Goten entgegen, der aber kurz vor einem Sieg den
Gegner abziehen ließ. Die Gründe für sein Verhalten sind unklar. Alarich konnte
mit seinen Truppen nach Norden abziehen, Stilicho zieht sich wieder nach Italien
zurück. Ob auf Befehl oder wegen der Unzuverlässigkeit des Heeres, ist unklar.
Aus letztlich unbekannten Gründen kam es dann zu einem Wandel. Arcadius
bot Alarich Siedlungsland in der wichtigen Präfektur Illyrien an; er wurde auch
zum Magister militum per Illyricum ernannt und damit in die römische Hierarchie
eingebunden.
Wie konnten mit Stilicho und Alarich Germanen in solche Positionen gelangen?
Nun - die römischen Kaiser dieser Zeit verließen sich notgedrungen auf die
barbarischen Foederati. Sie fürchteten sich auch davor, dass ein erfolgreicher
General römischer Herkunft von seinen Truppen zum Kaiser ausgerufen werden
könnte. Einem barbarischen Führer dagegen war die Kaiserwürde verwehrt, sie
stand nur Bürgern Roms zu.
41
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Im weitern Verlauf kommt es zu einer Entfremdung zwischen dem Ost- und
dem Westreich. Stilicho wird vom östlichen Senat zum Staatsfeind erklärt. Es
kommt zu einer Umorientierung der Provinz Afrika vom Westen zum Osten. Hier
residiert seit 385 ein Bruder des Firmus als Militärbefehlshaber, der noch von
Theodosius zum comes und magister utriusque militiae per Africam ernannte
Gildo. Als es nach der Reichsteilung von 395 immer mehr zu Spannungen
zwischen beiden Reichsteilen kam, erhob sich Gildo 397 gegen den weströmischen Kaiser Honorius, taktierte offen mit der oströmischen Regierung und
stoppte die Getreidelieferungen nach Italien. Daraufhin ging Stilicho gegen ihn
vor, Gildo wurde zum Staatsfeind erklärt und unterlag in der Schlacht von
Tabraca. Am 31. Juli 398 und wurde er hingerichtet.
Im Osten waren etwa 395 die Hunnen in Syrien eingefallen und gegen sie
übernahm der Eunuch Eutropius im Jahr 397 das Oberkommando. Es gelang ihm,
die Hunnen zurückzudrängen, wofür er 399 sogar zum Konsul aufstieg – der
einzige Eunuch, dem das je gelang. Aber noch im gleichen Jahr wurde er durch
Gainas, mit Unterstützung durch Stilicho und wohl auch der Kaiserin Eudoxia,
abgesetzt – ein Eunuch als Konsul war untragbar - nach Zypern in die
Verbannung geschickt. Aber kurz darauf wieder zurückgeholt und hingerichtet.
Der comes Gainas († 400), ein römischer Feldherr gotischer Abstammung,
hatte auf Befehl Stilichos das Ostheer nach Konstantinopel zurückgeführt und
später den Rufinus ermordet (she. Seite 40). Aber auch dessen Nachfolger, der
Eunuch Eutropius erregte seine Unzufriedenheit (she. oben). Seine eigenen
Truppen sorgten in Konstantinopel durch ihre Zügellosigkeit für schwere
Unruhen, die zu einem Volksaufstand führten, in deren Verlauf tausende Goten
getötet wurden. Der kaisertreue Heermeister Flavius Fravitta, der gegen Gainas
kämpfte, wurde des Verrats angeklagt und schließlich hingerichtet.
Chrisosthomos, der Erzbischof von Konstantinopel, hatte sich durch seine
Predigten gegen den Luxus in der Kaiserin Eudoxia eine Gegnerin gemacht und
diese schaffte es, dass er in die Verbannung geschickt wurde. Was wiederum den
Zorn des Volkes hervorrief und als es ein Erdbeben gab, das man als ein
Gotteszeichen wertete, durfte er wieder nach
Konstantinopel zurückkehren. Aber nach einem
weiteren Streit mit Eudoxia wegen einer Statue
der Kaiserin, deren Einweihung er verweigerte,
musste er erneut in die Verbannung, in der er
im Jahr 407 starb.
Eudoxia starb im Jahr 404 im Alter von nur
24 Jahren an einer Fehlgeburt.
Johannes Chrysostomos (344/49-407)
(Bildquelle: Internet)
42
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Stilicho kann durch ein Heiratsbündnis mit der Kaiserfamilie – Honorius
heiratet 398 seine Tochter Maria, nach deren Tod ihre Schwester Thermantia seine Macht festigen. Nachdem Alarich 401 mit seinen Truppen erneut in Italien
eingefallen war, kam es 402/03 zur Schlacht bei Pollentia (südlich von Turin
gelegen), die unentschieden ausging. Stilicho ließ das Gotenheer daraufhin nach
Noricum ins dalmatinisch - pannonische Gebiet abziehen.
Radagais (ein gotischer Heerführer) wollte sich aus der Umklammerung durch
die Hunnen lösen und fiel mit seinem Heer mit etwa 20.000 Kriegern im Jahr 405
ebenfalls in Oberitalien ein. Da die Goten bei solchen Kriegszügen immer mit
ihren ganzen Stämmen unterwegs waren, dürfte die Gesamtzahl etwa 100.000
Menschen entsprechen. Auf diesem Weg nach Oberitalien hinterließ Radagais
eine Spur der Verwüstung. 406 wurde er von Stilicho in der Schlacht bei Faesulae
(dem heutigen Fiesole bei Florenz) geschlagen, geriet in Gefangenschaft und
wurde 406 hingerichtet.
Der Plan Stilichos, mit Alarich bei einer Invasion des Ostreiches zusammenzuarbeiten, musste nun zunächst aufgegeben werden, da es 406/07 im Westen
bei Mainz zu Einfällen von Germanenstämmen – Vandalen, Alanen und Sueben –
gab. Die römische Rheingrenze war kaum noch zu halten. Stilicho musste, um
Gallien zu retten, deshalb Truppen dorthin verlagern.
Solidus Konstantin III.
Auf der Rückseite wird er als General dargestellt,
der den Sieg in der einen und das Vexillum in
der anderen Hand hält.
Sein Fuß tritt auf einen Feind. Das Münzbild
imitiert das auf den Münzen der legitimen Kaiser
Honorius und Arcadius.
(Bildquelle: Internet)
Zur gleichen Zeit gab es in den römischen Provinzen in Britannien Aufruhr bei
den Truppen, die wohl nur unregelmäßig besoldet worden waren. Zwei Kaiser –
Marcus und Gratian – wurden ausgerufen, aber jeweils nach kurzer Zeit wieder
abgesetzt und getötet. Dann kam es mit Konstantin III. zu einer Usurpation,
denn er war nur ein einfacher Soldat. Handelte nach seiner Erhebung aber
schnell und fiel mit seinen Truppen bei Bononia (Boulogne) in Gallien ein. Damit
waren praktisch alle Truppen aus Britannien abgezogen.
Zurück zu Alarich – der war bei seinen Einfall nach Italien nicht bis Rom gekommen (she. oben), sein Angriff war aber Veranlassung für die Verlegung der
Kaiserresidenz von Mailand nach Ravenna. Im Jahr 407 verbünden sich Stilicho
und Alarich erneut, aber die Ereignisse an der Rheingrenze machen ihre Pläne –
die Ansprüche Honorius` zu befriedigen - zunichte. Die Regierungen West- und
Ostroms waren inzwischen derart verfeindet, dass ein Bürgerkrieg drohte, denn
Honorius hegte Ansprüche auf den Ostteil des Reiches unter Arcadius.
Der Konflikt auf dem Balkan konnte zwar beigelegt werden, Alarich verlangte
aber eine Erstattung seiner bisherigen Kosten – er war schon bis Epirus
vorgedrungen – d.h. 4.000 Pfund Gold als Subsidien für seine Goten.
43
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Nachdem Eudoxia im Jahr
404 (she. Seite 42) gestorben
war, trat Anthemius (†415) als
Prätorianerpräfekt hervor und
Arcadius verschwand nun völlig
im seinem Schatten. Anthemius
stammte aus einer einflussreichen Familie und soll seine
jetzigen Aufgaben mit Sorgfalt
und großem politischem Geschick erledigt haben.
Am 1. Mai 408 starb
Arcadius mit 31 Jahren und
sein Sohn Theodosius II. wird ,
erst 7-jährig, zum neuen Kaiser
des oströmischen Reiches
Ausgerufen. Arcadius hatte
4 Kinder, neben Theodosius noch
die Töchter Pulcheria, Arcadia
und Marina.
Das antike Epirus
im Westen des heutigen Griechenlands
(Bildquelle: Internet)
Sein Onkel, der weströmischer Kaiser Honorius, strebt aber eine Einheit beider
Reiche an und in diesem Konflikt versucht Stilicho in Konstantinopel zu
vermitteln. Dafür wird ihm Hochverrat vorgeworfen und am 22. August 408 wird
Stilicho in Ravenna ermordet. In den darauf folgenden Unruhen – der ganze
angestaute Hass Roms gegen alles Barbarische fand plötzlich ein Ventil - wurden
Frauen und Kinder der gotischen Foederati in ganz Italien ermordet. Als Folge lief
die Truppe zu Alarich über, um gegen Rom zu ziehen. Hier wird ein Olympius als
„magister militum“ Stilichos Nachfolger.
Zur Ermordung Stilichos vermutet Norwich:
„Stilicho hoffte nun, seine Pläne im Osten ohne großen Aufwand und
Blutvergießen verwirklichen zu können, währen Alarich sich des Usurpators in
Gallien annehmen sollte. Allein, aus diesen Plänen wurde nichts. Vielleicht war
Stilichos persönlicher Ehrgeiz zu offensichtlich geworden, möglicherweise kam
auch der alte Neid wieder zum Tragen – Stilicho war schließlich Vandale und von
diesen erwartete man, dass sie ihren Platz kannten…“ (Zitat Ende)
3. Der Fall Roms und seine Verarbeitung: Augustinus
Als Stilicho tot war, merkte man in Rom, dass er nicht leicht zu ersetzen war man hatte jetzt keinen Feldherrn seines Formates zu seiner Verteidigung mehr.
Schon im August / September 408 steht Alarich mit seinen Truppen vor den
Toren Roms, um es zu belagern. Von Honorius in Ravenna war keine Hilfe zu
erwarten und Ende des Jahres einigte man sich auf ein Lösegeld von 5.000 Pfund
Gold und 30.000 Pfund Silber. Aber auch seidene Tuniken, gefärbte Tierfelle und
3.000 Pfund Pfeffer (!) gehörten zum Lösegeld.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Dazu noch mal Norwich:
„Für das Gold und das Silber mussten Kirchen und Tempel ihrer Statuen und
ihres Dekors beraubt und unzählige Kunstwerke eingeschmolzen werden…“
(Zitat Ende)
Magister militum
Der magister militum (Heermeister) war in der spätantiken römischen Armee
in der Zeit zwischen Konstantin I. und Herakleios die Bezeichnung für den
Oberbefehlshaber eines Verbandes des beweglichen Feldheeres.
Entstanden war dieser neue Titel, als man den praefectus praetorio 312
seiner militärischen Kompetenzen entbunden, ihn mit zivilen
Verwaltungsaufgaben betraut und dadurch seine Macht eingeschränkt hatte.
(aus Wikipedia)
Aber Alarich und sein Volk suchten noch immer nach einer Heimat und er
erbittet von Honorius dafür Venetien, Dalmatien und Noricum. Diese Verhandlungen führt ein Iovius, nachdem Olympius abgesetzt worden war. Die Verhandlungen scheitern aber, weil Honorius zu keinen Zugeständnissen bereit war.
„Zum ersten Mal bewies er so etwas wie eigenständiges Denken oder einen
eigenen Willen, aber einen ungünstigeren Zeitpunkt hätte er hierfür kaum wählen
können“ – so Norwich.
Alarichs Geduld war bald zu Ende und so zog er innerhalb von nur 12 Monaten
erneut gegen Rom; betonte aber, dass es ihm nur darum ging, dass Honorius
abgesetzt wurde. Diesem Wunsch
entsprach der römische Senat
umgehend
und
der
römische
Stadtpräfekt Priscus Attalus wird
zum neuen Kaiser ausgerufen. Der
ernennt Alarich zu seinem „magister
utriusque militiae“ und seinen
Bruder zum „comes domesticorum“
–
zum
„Kommandanten
der
kaiserlichen Garde“.
Siliqua des Priscus Attalus.
Auch die Allianz zwischen Alarich und
Attalus zerbricht, dieser wird abgesetzt und Alarich bereitet einen Zug gegen
Honorius in Ravenna vor. Vorher musste aber ein wichtiges Problem in Africa
gelöst werden – hier herrschte mit Heraklian ein Honorius-treuer Statthalter und
auf dessen Getreidelieferungen war Rom angewiesen. Attalus schickte den
jungen Constans nach Africa, er sollte dort die Provinz in seinem Namen
übernehmen - wird aber kurz darauf hingerichtet.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Honorius hatte inzwischen Hilfe von seinem Neffen Theodosius II. erhalten und
fühlte sich seiner Herrschaft in Ravenna sicher. Heraklian hatte inzwischen die
Getreidelieferungen an Rom unterbrochen, was für Alarich ein schwerer Schlag
war und so zog er ein drittes Mal gegen Rom.
Dessen Bevölkerung hielt nicht lange durch und am 24. August 410 wir Rom
eingenommen und diesmal auch „die üblichen drei Tage lang geplündert“ – so
Norwich. Nach diesen drei Tagen zog Alarich mit seinem Heer weiter gen Süden,
um mit Heraklian abzurechnen und
Italien vom Hunger zu befreien. Doch in
Cosenza befiel ihn ein heftiges Fieber,
dem
der
Vierzigjährige
innerhalb
weniger Tage erlag.
Er wurde von seinen Mannen im
trockengelegten Flussbett bestattet und
der Fluss anschließend wieder in das
alte Bett geleitet, sodass das Wasser
sein Grab überflutete.
Die Eroberung Roms durch den
Gotenkönig Alarich im Jahr 410
Französische Miniatur aus dem 15.
Jahrhundert
(Bildquelle: Internet)
Karl August Georg Maximilian Graf
von Platen - Hallermünde (1796-1835 ein deutscher Dichter) hat dazu dieses schwermütige Gedicht geschrieben:
Nächtlich am Busento lispeln, bei Cosenza, dumpfe Lieder,
aus den Wassern schallt es Antwort, und in Wirbeln klingt es wider!
Und den Fluß hinauf, hinunter ziehn die Schatten tapfrer Goten,
die den Alarich beweinen, ihres Volkes besten Toten.
Allzufrüh und fern der Heimat mußten hier sie ihn begraben,
während noch die Jugendlocken seine Schulter sanft umgaben.
Und am Ufer des Busento reihten sie sich um die Wette,
um die Strömung abzuleiten, gruben sie ein frisches Bette.
In der wogenleeren Höhlung wühlten sie empor die Erde,
senkten tief hinein den Leichnam, mit der Rüstung, auf dem Pferde.
Deckten dann mit Erde wieder ihn und seine stolze Habe,
daß die hohen Stromgewächse wüchsen aus dem Heldengrabe.
Abgelenkt zum zweitenmale, ward der Fluß herbeigezogen:
mächtig in ihr altes Bette schäumten die Busentowogen.
Und es sang ein Chor von Männern: "Schlaf in deinen Heldenehren!
Keines Römers schnöde Habsucht soll dir je dein Grab versehren!"
Sangen 's, und die Lobgesänge tönten fort im Gotenheere;
wälze sie, Busentowelle, wälze sie von Meer zu Meere!
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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4. Der Zerfall des Westreiches
Der Usurpator Konstantin III. konnte in Gallien insofern einige Erfolge erringen, als seine Truppen Sarus, den Heermeister Stilichos, zwangen, sich nach
Italien zurückzuziehen. Auch konnte er die Alpenpässe sperren und so seinen
Herrschaftsbereich sichern. Im Mai 408 wählte er Arles zu seiner Residenz.
Im Sommer 408 wurden in Italien Truppen für einen Gegenangriff gesammelt.
Konstantin sorgte sich aber um Verwandte des Honorius in Spanien, von denen
er fürchtete, sie würden eine zweite Front gegen ihn eröffnen. Er holte seinen
ältesten Sohn Constans aus einem Kloster, erhob ihn zum Caesar und entsandte
ihn mit dem General Gerontius nach Spanien.
Constans ließ seine Frau und seinen Haushalt in der Obhut von Gerontius in
Caesaraugusta (Saragossa) zurück, um zum Rapport nach Arles zurückzukehren.
Dort allerdings erhielt er den Auftrag, nach Spanien zurückzukehren, um die
Germanen zurückzuschlagen, die den Rhein vor knapp zwei Jahren überschritten
hatten und seitdem plündernd ihren Weg durch Gallien gesucht und inzwischen
schon die Pyrenäen erreicht hatten.
Während der Vorbereitungen dazu erreichte ihn die Nachricht, dass sich
Gerontius erhoben hatte - womit der befürchtete Angriff aus Spanien im
folgenden Jahr Realität wurde, als Gerontius im Verein mit germanischen
Verbündeten vorrückte. Als zu den Fronten in Spanien und Italien ein Aufstand in
Britannien hinzukam, sah sich Konstantin zum Handeln gezwungen. Er
marschierte in Italien ein, musste aber im Frühjahr 410 den Rückzug antreten.
411 gelang es Gerontius, ihn bei Vienne zu schlagen, wo er den Mitkaiser
Constans gefangen nahm und hinrichten ließ. Konstantin wurde in Arles von
Constantius III. – einem neuen Heermeister des Honorius - belagert und als
seine Truppen dem Usurpator Iovinus in Gallien folgten, war er gezwungen, sich
zu ergeben. Trotz der Zusage freien Geleites wurde er im Herbst 411 von
Constantius ermordet.
Alarichs Nachfolger, sein Schwager Athaulf, hatte für seine Verhandlungen mit
Honorius ein Faustpfand in der Hand – dessen Schwester Galla Placidia. Sie sollte
gegen zugesagte Getreidelieferungen aus der Geiselhaft befreit werden, der
Handel kam aber 413 nicht zustande. Athaulf heiratet Galla Placidia im Januar
414, die Goten ziehen weiter nach Spanien und dort wird Athaulf im Sommer 415
ermordet. Es kommt jetzt zu einer Verständigung mit Honorius, Galla Placidia
wird freigegeben und mit Constantius, dem Heermeister Honorius´, verheiratet.
Die Herrschaft des Weströmischen Reiches ist zu dieser Zeit nur noch in
Italien, in Africa und dem westlichen Illyricum wirklich gesichert.
47
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
6. Theodosius II. und Valentinian III.
Im Osten des Reiches herrschen
relative Ruhe und Sicherheit. Der
Oströmische Kaiser Arcadius war im
Jahr 408 gestorben und sein Sohn
Theodosius II. war damals, erst 8jährig, zum neuen Kaiser ausgerufen
worden. Seit dieser Zeit hatte ein
Flavius Anthemius die Regentschaft für
das
Kind
übernommen
und
die
Geschichtsschreiber attestieren diesem
außerordentliche
innenund
außenpolitische Fähigkeiten (she. Seite
44). So hat er u.a. den Bau der
Theodosianischen Mauer, einer etwa 20
Kilometer langen Befestigungsanlage,
im Jahr 413 begonnen.
Verlauf derTheodosianischen Mauer
(Bildquelle: Internet)
Teilansicht der Theodosianischen Mauer
Graben, Vor- und Hauptmauer
(Bildquelle: Internet)
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Anthemius „verschwindet 414 von der Bildfläche“, während Theodosius I.` nur
2 Jahre ältere Schwester Pulcheria offiziell die Vormund- und Regentschaft für
ihren Neffen Theodosius II. übernahm. Es war wohl damals schon erkennbar,
dass dieser ähnlich unfähig war, wie sein Vater. Damit endet auch die tolerante
Regierung des Anthemius, die als sehr fromm geschilderte Pulcheria sorgte für
eine „strikte Durchsetzung des (rechtgläubigen) Christentums als Garant für die
Sicherheit des Staates“ – so Prof. Zimmermann.
„Es ging das Gerücht, im Kaiserpalast gehe es zu wie im Kloster und nicht wie bei
Hofe, es wimmele dort von Mönchen und Priestern…“ – so Norwich.
Es kommt zu einem Konflikt mit der relativ toleranten persischen Kirche und
die Synode von 424 bricht unter dem Katholikos Dadiso die Verbindung zur
römischen Kirche – die sich schon immer in einem permanenten Spannungsfeld
mit dem Sassanidenreich befand – ab.
Im Jahr 421 findet die Hochzeit
Theodosius II. mit Eudokia statt.
Diese Griechin war unter dem Namen
Athenais noch als Heidin an den
kaiserlichen Palast gekommen und
soll sehr schön gewesen sein, weshalb
sich der Kaiser „auf der Stelle“ in sie
verliebte. Sie wurde getauft und nahm
den Namen Eudokia an. Schon 423 wird
sie zur Augusta erhoben.
Abbildung der Aelia Eudokia
auf einer Münze
Ebenfalls 423 kam die Galla Placidia
(Bildquelle: Internet)
mit ihren beiden Kindern an den kaiserlichen Hof nach Konstantinopel. Nach dem Tod des Athaulf war sie eine zweite Ehe
mit Constantius, dem engsten Berater des Honorius eingegangen (she. Seite 47).
419 wir ihr Sohn Valentinian III. geboren und als Constantius 421 zum
Mitregenten ernannt wurde, erhielt auch Galla Placidia den Titel Augusta. Wurde
aber schon 6 Monate später zum zweiten Mal Witwe, als Constantius am 2.
September 421 starb.
Am 23. Oktober 425 wird der Sohn der Galla Placidias und des Consantius III.
Valentinian III. zum Augustus erhoben. 437 heiratet Valentinian die Tochter
seines Vetters Theodosius II. und der Athenaïs Eudokia , die Licinia Eudoxia.
Solidus der zur Feier der
Hochzeit Valentinians III. und
Licinia Eudoxias geprägt wurde
Auf der Rückseite werden sie zu dritt in
Hochzeitskleidung dargestellt.
(Bildquelle: Internet)
49
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Sitzung vom 15.12.2010
VII. Theodosius II.
1. Die Situation der Reiche um 420 (Zusammenfassung)
- Verluste des Westreiches
• Kontrolle des Honorius über Italien, westliches Illyricum, Afrika (prekär)
• Britannien: keine Präsenz mehr
• Germanien: von Franken, Alamannen und Burgundern beherrscht
• Gallien: von Germanen besiedelt (Bemühungen, Narbonensis zu halten)
• Spanien: Vandalen nur mit gotischer Hilfe in Schach gehalten
- Entspannung zwischen Ost und West durch Tod Stilichos am 22. August 408
- Relative Ruhe im Osten unter PPO Anthemius
- Juli 414:Pulcheria (Schwester Theodosius´ I.) wird Augusta und Erzieherin
ihres Neffen Theodosius II.
• religionspolitischer Kurswechsel (strenge Einhaltung der Orthodoxie)
• Spannungen mit Perserreich
• 421/22 erfolgloser Krieg; Frieden verpflichtet Rom für 100 Jahre zu
Zahlungen ans Perserreich => Rückgang des Einflusses der
Pulcheria
- 421 Heirat Thoedosius´ II. mit Eudoxia ; 423 Augusta
=> wachsender Einfluss von Gegnern einer rigorosen christlichen Religionspolitik
- 419 Geburt des Valentinian III., Sohn von Galla Placidia
- 421: Constantius wird Augustus, Galla Placidia Augusta, Valentinian
nobilissimus (=> Thronfolger) – im Osten nicht anerkannt
• Constantius stirbt
• Bonifatius tritt für Galla ein => wird nach Afrika vertrieben (comes
Africae)
• Galla Placidia und Valentinian fliehen nach Konstantinopel
- 423 Tod des Honorius; Nachfolgestreitigkeiten in Ravenna
=> Theodosius II. unterstützt Anspruch Valentinians (=> Caesar)
• 425 Einmarsch des Th. in Italien und Beseitigung aller Prätendenten
• Aetius (Befehlshaber über 60.000 Hunnen) wird mit Gold und Titel eines
comes et magister militum per Gallias abgefunden
- 437 Heirat Valentinians III. mit Licinia Eudoxia (Tochter Theodosius´ II.)
aber schon am
- 23.10. 425 Ausrufung zum Augustus (Herrscherpaar erst fünf bzw.
zwei Jahre alt!); Regentschaft der Galla Placidia
-
50
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Die Grenze zwischen West- und Oströmischem Reich im Jahr 395 n. Chr.
(Bildquelle: Materialien zur Vorlesung)
Valentinian III. nannte sich fortan Imperator Caesar Flavius Valentinianus
Augustus; er war erst fünf Jahre alt, als er Kaiser wurde und während der Zeit
seiner faktischen Unmündigkeit (de iure war ein römischer
Kaiser auch als Minderjähriger rechtsfähig) stand er erst
unter der Vormundschaft seiner Mutter Galla Placidia, die
zunächst vom Heermeister Felix und dem comes Africae
Bonifatius unterstützt wurde, dann ab 433 unter dem
Einfluss des Heermeisters Aëtius.
Dieser Flavius Felix übte auf Valentinian III. großen
Einfluss aus; er wurde ab 425 magister utriusque militae
(oberster Heermeister). 427 gelangen ihm Erfolge gegen
die Hunnen in Pannonien. Sein Konkurrent Bonifatius ließ
ihn im Mai 430 in Ravenna ermorden.
Konsulardiptychon des Felix
(Bildquelle: Internet)
51
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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2. Der Verlust Afrikas
Bonifatius († 432) war ebenfalls comes in Africa. Im Jahr 429 wird er von Galla
Placidia nach Ravenna zurückgerufen, widersetzt sich diesem Befehl aber. Was
ihm eine Kriegserklärung durch seinen Rivalen Felix einbringt und er die
spanischen Vandalen unter ihrem Führer Geiserich zu Hilfe ruft. Die/den er kurz
darauf wieder bekämpft, sich aber nicht durchsetzen kann und besiegt wird. Er
wird kurz darauf wieder nach Ravenna gerufen, wo die Streitigkeiten mit Galla
Placidia auf Drängen des Bischofs Augustinus von Hippo beigelegt scheinen und
er wieder ihre Gunst genießt.
Geiserich siedelt mit seinen Vandalen und Alanen – der gesamte Stamm mit
den kompletten Familien soll 80.000 Menschen groß
gewesen sein – nach Africa über. Verstärkt wird dieser
Zug noch durch Sueben, Goten und Mauren. Zunächst
zieht Geiserich mit seinen Truppen nach Osten Richtung
Karthago, das er aber nicht erobern kann, weil die Stadt
stark befestigt ist. So zieht er wieder nach Westen und
430 kommt es zur Belagerung der nordafrikanischen
Stadt Hippo Regius, die 431 nach 18-monatiger
Belagerung eingenommen wird. Bischof Augustinus von
Hippo war am 28. August 430 gestorben.
Bonifatius, dem es gelungen war, vor dem Fall aus der
Stadt zu entkommen, schloss sich mit dem vom
oströmischen Reich entsandten Heermeister Aspar
zusammen. 432 kam es erneut zu einer Schlacht
zwischen Römern und Vandalen. Erneut blieben Letztere
Augustinus von Hippo Sieger.
(354-430)
(Bildquelle: Internet)
In Italien hatte Aëtius einen Aufstand angezettelt, den
Bonifatius niederschlagen sollte und in der Schlacht bei
Ariminum – dem heutigen Rimini - konnte Bonifatius sich gegen Aëtius auch
durchsetzen, wurde aber in den Kämpfen verwundet und starb kurz darauf.
Karthago war nicht nur
stark befestigt, es hatte
auch einen großen und
gut ausgebauten Hafen.
War Nordafrika doch als
die „Kornkammer“ des
Römischen Reiches der
Weizenlieferant für Rom,
insofern
von
enormer
wirtschaftlicher
Bedeutung.
Ansicht des
historischen Hafens von
Karthago
(Bildquelle: Navis II)
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Am 19. Oktober 439 kann Geiserich Karthago dann doch erobern und jetzt
setzt eine rege Piraterie von hier aus Richtung Sizilien ein, von der ab 441 sogar
Unteritalien bedroht wird. Geiserich
erobert mit seiner neugeschaffenen
Flotte einen Teil von Sizilien, dazu
Sardinien, Korsika und die Balearen
und wird als souveräner Herrscher in
Africa
anerkannt;
katholischer
Gottesdienst wird verboten.
Das Vandalenreich unter Geiserich
im Jahr 455
(Bildquelle: Internet)
Ein Sohn des Geiserich mit Namen Hunerich ist seit 442 mit der erst 3-jährigen
Eudocia, der Tochter Valentinians III. verlobt, die Hochzeit fand 456 statt. Vorher
war Hunerich bereits mit der Tochter des Westgotenkönigs Theoderich I. verlobt
oder verheiratet, was ein noch früheres Geburtsdatum Hunerichs nahe legt. Sein
Vater Geiserich löste allerdings die Verbindung und schickte die Braut
verstümmelt an Theoderich zurück, weil sie angeblich versuchte, ihn zu
vergiften. Vermutlich wollte Geiserich mit der Kaisertochter Eudocia eine bessere
Partie für seinen Sohn und eine Verbindung zu einflussreicher Verwandtschaft.
Hunerich lebte in seiner Jugend als Geisel an Valentinians Hof.
Die Provinz Afrika ist durch diese Entwicklung aus dem
Römischen Imperium herausgelöst!
3. Aëtius
Im Jahr 430 war der Heerführer Felix von Bonifatius in
Ravenna ermordet worden (she. Seite 51), Bonifatius war
nach der Schlacht bei Ariminum seinen Verletzungen
erlegen (she. Seite 52). Jetzt ist der Weg frei für einen
Aufstieg des Aëtius, der zunächst Pelegia, die Witwe
Bonifatius´ heiratet. Da Aëtius gute Kontakte zu den
Hunnen hat – er hat von 405 bis 408 bei diesen als Geisel
gelebt – kann er mit einem zu Hilfe gerufenen hunnischen
Heer 433 Sebastianus aus Ravenna vertreiben. Schon ein
Jahr zuvor, 432 war er nach militärischen Erfolgen gegen
den germanischen Stamm der Juthungen und im Noricum
(she. Karte Seite 54), zum Konsul aufgestiegen.
Statue des Aëtius
(Bildquelle: Internet)
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Noricum war ein keltisches Königreich (grün)
Unter der Führung des Stammes der Noriker lag es auf einem Großteil des Gebietes des heutigen
Österreich sowie angrenzender Gebiete Bayerns und Sloweniens.
Später wurde es unter der Bezeichnung Provincia Noricum eine Provinz des Römischen Reiches.
Noricum grenzte im Süden an Italien, im Osten an Pannonien und im Westen an Raetien.
Aëtius wurde nicht nur „magister utriusque militiae“, sondern wurde auch in
den Rang eines Patricius erhoben, ein hoher Ehrentitel, der im spätrömischen
Reich nur an die engsten Vertrauten des Kaisers verliehen wurde.
In Britannien wurde Aëtius nicht aktiv was bedeutete, das Rom diese Provinz
faktisch aufgegeben hatte. (Dazu der Historiker Theodor Mommsen: „Nicht
Britannien hat Rom aufgegeben, sondern Rom
Britannien“). In Gallien kann Aëtius einige
Erfolge erringen, die das Westreich wenigstens
vorläufig
stabilisieren.
Dabei
sind
seine
Abwehrkämpfe 425 und 430 gegen die Goten
vor Arles zu nennen.
Die Burgunder unter Gundahar wollten ihren
Machtbereich nach Westen ausdehnen, was sie
in Konflikt mit Rom brachte und 436 wurden ein
burgundisches Heer von hunnischen Hilfstruppen unter Aëtius besiegt und endgültig vernichtet. (Dieses Ereignis stellt möglicherweise
den historischen Kern der Nibelungensage
dar.) Die restlichen Burgunder wurden im
Rhônetal angesiedelt, wo sie als „Puffer“ gegen
die Alamannen dienen sollten. 439 heiratet
Aëtius
eine
Tochter
des
Gotenkönigs
Theoderich.
Mausoleum Theoderichs
in Ravenna
(Eigenes Bild)
54
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Attila († 453) war von 440 bis zu seinem Tod 453 König der Hunnen. Zentrum
von Attilas Herrschaftsbereich war das heutige Ungarn, wo die Hunnen im 5.
Jahrhundert ein kurzlebiges Reich errichteten. Zu Westrom unterhielt Attila
zunächst gute Kontakte; Grund dafür war vor allem die Politik des römischen
Heermeister Aëtius. Aëtius war mit Hilfe Attilas hunnischer (römischer)
Hilfstruppen an die Macht gekommen und hatte mit ihrer Hilfe auch das
Burgunderreich von Worms um 436 vernichtet. Aëtius trat Attila Teile Pannoniens
ab. Seit 444 war er mit der Augusta Honoria, einer Schwester Valentinians III.,
verlobt, der Hof in Ravenna verweigerte aber eine Heirat und damit eine
Herrschaftsbeteiligung.
Attila unternahm in der Folgezeit
mehrere Feldzüge gegen Ostrom und
konnte 447 den oströmischen Heermeister
Arnegisclus besiegen – der größte Sieg der
Hunnen über das Imperium. Kaiser
Theodosius II. hatte sich daraufhin zu
hohen
Tributzahlungen
an
Attila
verpflichten müssen weshalb er Ostrom
nicht
weiter
„belästigte“.
Diese
Tributzahlungen stellte Markian († 457),
der Nachfolger Theodosius`, aber 450 ein.
Jetzt zogen Attilas Truppen bis nach
Thessalien und Richtung Konstantinopel
vor
und
verwüsteten
dabei
die
Donauprovinzen.
Aber
Konstantinopel
konnte, wohl wegen der Theodosianischen
Mauer, nicht eingenommen werden.
Die verweigerte Hochzeit mit Honoria
Attila – Geißel Gottes
(Bildquelle: Internet)
war für Attila – der Geißel Gottes - Anlass,
mit 500.000 Kriegern – Hunnen und Germanen - in Gallien einzufallen. Es kam
zur Schlacht bei den Katalaunischen Feldern (die bis heute nicht genau lokalisiert
werden konnten, aber meist bei Chalons-sur-Marne vermutet werden), bei der
Attilas Heer zwar geschlagen, aber nicht vernichtet werden konnte. Attila zog
sich zurück, was Aëtius zuließ, fiel 452 in Italien ein und plünderte Norditalien.
Die Hunnen stießen in Italien aber auf „verbrannte Erde“ und hatten mit großen
Versorgungsproblemen zu kämpfen. Letztendlich war es vor allem Aëtius'
Verdienst, Attilas Militärkraft so weit geschwächt zu haben, dass an eine
Eroberung Roms nicht mehr zu denken war, zumal das Heer auch durch Seuchen
geschwächt war. Deshalb musste sich Attila zurückziehen und konnte Rom nicht
angreifen, wofür aber möglicherweise auch ein Intervention Papst Leos verantwortlich war. Was aber historisch nicht belegt ist!
Attila zog sich in seinen alten Herrschaftsraum zurück und starb 453 in seiner
Hochzeitsnacht mit einer Gotin. Die wirkliche Ursache seines Ablebens ist nicht
mehr klärbar. Mal ist von einem Blutsturz die Rede, mal heißt es, dass die Gotin
ihn im Auftrag Roms vergiftet hat. Spekulativ kann man aus heutiger Sicht den
Blutsturz glaubwürdig dem Lebenswandel Attilas zuschreiben: nämlich als Folge
eines langjährigen exzessiven Alkoholmissbrauchs.
55
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Die Schlacht auf den Katalaunischen Feldern
Zeitgenössische Darstellung
(Bildquelle: Internet)
In jedem Fall hatte Attilas Herrschaft schon zuvor ihren Höhepunkt überschritten: Ostrom verweigerte nach wie vor Tribute, der Balkan war längst
ausgeplündert und die Vorstöße nach Gallien und Italien waren gescheitert. Für
einen Herrscher wie Attila, dessen Macht einzig auf Erfolg beruhte, war dies fatal.
Sein Reich überdauerte sein Ende daher nur kurze Zeit. Es kam zu
Nachfolgekämpfen, und mehrere unterdrückte Völker brachen aus dem
hunnischen Reich aus, welches ohne die Führung
Attilas in sich zusammenbrach.
Am 21. September 454 wird Aëtius während
einer Audienz von Valentinian umgebracht. Worauf
der Schwiegersohn des Aëtius am 16. März 455
Valentinian ermordet – was das Ende der
Theodosianischen Dynastie im Westen des
Imperiums bedeutet.
Goldsolidus Theodosius II.
4. Theodosius` Religionspolitik
Unter Theodosius II. kommt es wieder zu einem Rückgriff auf germanische
Heermeister. Hier werden drei Namen genannt – Plintha, Ardabur und Aspar.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Ardabur († 471) und sein Sohn Aspar (471 ermordet) waren oströmische
Heeresmeister alanischer Abstammung. Ardabur wird 434 zum Konsul ernannt,
Aspar wird Magister militum und Patricius und gewinnt größten Einfluss in
Byzanz. Beide haben aber wegen ihrer germanischen Abstammung und weil sie
Arianer sind, keine Chance auf den Thron. Arianer sind Häretiker und als solche
von den Staatsgeschäften ausgeschlossen!
Theodosius erließ zwar zahlreiche judenfeindliche Gesetze - wohl auf
Veranlassung seiner Schwester Pulcheria – von einem „Religionskampf“ kann
man aber nicht sprechen, denn ein Gesetz von 423 verbot es, Juden oder Heiden
Gewalt anzutun. Theodosius verbot Juden aber auch, neue Synagogen zu bauen.
Im Jahr 431 berief Theodosius das ökumenische Konzil von Ephesos ein, das
die Auseinandersetzungen innerhalb der Kirche beseitigen sollte. Es ging um die
Patriarchen Kyrill von Alexandria versus Nestorius von Konstantinopel. Nestorius
vertrat die sog. „Zwei-Naturen-Lehre“ (Dyophysitismus), nach der Maria nur
Mutter des Menschen Jesu, nicht aber die des Gottes Jesu war (christotokos
vs. theotokos). Nestorius wurde zwar vom Konzil verurteilt und exkommuniziert,
aufgrund des ausgangslos erscheinenden Streites ließ Theodosius aber beide,
Nestorius und Kyrill, inhaftieren, wobei Kyrill noch im selben Jahr – wohl dank
einer großangelegten Bestechung - nach Alexandria zurückkehren konnte.
449 gab es ein zweites Konzil in Ephesus, das aber so stark von Kyrill dominiert
wurde, dass sich Papst Leo der Große und andere Kirchenführer weigerten, seine
Beschlüsse anzuerkennen. Unter anderem deshalb, weil ein Schreiben Leos nicht
verlesen wurde – es ging um die Glaubensformel gegen Monophysiten und
Nestorianer – und Leo deshalb von einer „Räubersynode“ (latrocinium) sprach.
„Wir lehren alle einstimmig einen und denselben Sohn, unsern Herrn Jesus
Christus, vollständig der Gottheit und vollständig der Menschheit nach…
in zwei Naturen, unvermischt und unverwandelt (Formel gegen Monophysiten),
ungetrennt und ungesondert (Formel gegen Nestorianer),
die beide in einer Person und einer Hypostase zusammenkommen“
Konstantinopel – das „Neue Rom“ - wird zwar erneut unter Betonung der
jurisdiktionellen und der kirchenrechtlichen Unabhängigkeit hervorgehoben, eine
religiöse Einigung seines Reiches erreichte Theodosius II. aber ebenso wenig, wie
alle seine Vorgänger und Nachfolger.
6. Theodosius` Außenpolitik
Trotz ansonsten rigoros geforderter Orthodoxie – also dem engstirnigen
Festhalten an Lehrmeinungen – toleriert Theodosius beim Heer weiterhin den
Arianismus und sogar das Heidentum. Ein Zeichen dafür, dass das Heer dringend
gebraucht wurde. Denn es gab – zwar kleinere – Aufstände in Isaurien (she.
Karte auf Seite 58) Palästina, in Konstantinopel und auf Kyrenaia (Zypern). Und
die Toleranz des Kaisers zeigte sich auch darin, dass der Philosoph Synesios von
Kyrene im Jahr 411 zum Bischof von Ptolemaios gewählt wurde , obwohl er von
Haus aus dem kirchlichen Leben fern stand und zentrale Bestandteile der
kirchlichen Lehren unverhohlen ablehnte – mit einem Wort ein Heide war.
57
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Karte von Isaurien
Die Isaurier (auch Isaurer genannt), waren ein antiker Volksstamm im Süden der heutigen Türkei.
Dieses Gebirgsland, lag zwischen dem antiken Kilikien und Lykaonien. Das Volk war für seine
gefürchteten Krieger bekannt, welche im 5. Jahrhundert in der byzantinischen Armee als Söldner
dienten.
6. Theodosius` Rechtspflege
Bis zu den Zeiten Kaiser Diokletians erfolgte die Rechtsentwicklung vor allem
über sog. Rescripte - im römischen Recht eine Rechtsnorm zur Regelung von
Rechtsfragen im Einzelfall – seit Kaiser Konstantin treten dagegen Edikte –
Verordnungen oder Allgemeinverfügungen - und leges generales (Grundrechte)
in den Vordergrund. Theodosius rief nun 429 eine Kommission ein, die alle seit
Konstantin erlassenen Gesetze sammeln und kodifizieren, also in einem
systematisch geordneten Gesetzbuch zusammenfassen sollte. Dieses Gesetzbuch
wurde 438 als Codex Theodosianus veröffentlicht –
der Kaiser als „lebendiges Gesetz“.
Mit dem in Ravenna residierenden Kaiser Valentinian III. einigte sich
Theodosius darauf, dass der in lateinischer Sprache abgefasst Codex auch in der
westlichen Reichshälfte gelten solle und dass auch zukünftige Gesetze beider
Herrscher im gesamten Imperium Gültigkeit haben sollten.
Die Kodifizierung bestand aus folgenden constitutiones (Verordnungen):
edicta - für eine allgemeine Publikation bestimmte Gesetze; i.d.R. Reaktionen des Kaisers auf Anfragen
decreta – kaiserliche Gerichtsentscheidungen (Kaisergericht)
rescripta - Antworten auf Berichte oder von Privatpersonen oder
Kommunen gestellte Anfragen (subscriptiones)
mandata – Dienstanweisungen an kaiserliche Beamte, z.B. Statthalter.
58
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Eine rechtliche Sonderform zwischen rescript und lex generalis war die sanctio
pragmatica (Pragmatische Sanktion), ein kaiserlicher Gesetzgebungsakt für einen
Einzelfall, eine einzelne Person oder ein bestimmtes Gebiet.
Im Jahr 426 erlässt Theodosius das sog. Zitiergesetz, in dem die Gerichte
angewiesen werden, den Rechtsmeinungen der fünf klassischen Juristen Gaius
Papinian, Ulpian, Iulius Paulus und Herennius Modestinus zu folgen. Das Gesetz
ordnet das Mehrheitsprinzip an, bei Stimmengleichheit ist Papinians Ansicht
entscheidend. Die genannten fünf Juristen wurden aufgrund dieses Gesetzes
Zitierjuristen genannt.
„Zitiergesetz“ (Cod. Theod. 1, 4, 3):
"Wir bestätigen die Geltung aller Schriften von Papinian, Paulus, Gaius, Ulpian
und Modestin, so dass Gaius die Geltung zukommt wie Paulus, Ulpian und den
übrigen, und aus seinem ganzen Werk Belegstellen vor Gericht angeführt
werden können.
Auch die Wissenschaft derjenigen, deren Abhandlungen und Ansichten alle die
Vorgenannten in ihre Werke aufgenommen haben, erachten wir als gültig, z. B.
von Scaevola, Sabinus, Julian und Marcellus und allen, die von jenen ständig
angeführt werden, vorausgesetzt, dass der Text ihrer Werke - in Anbetracht der
altersbedingt unsicheren Überlieferung - durch den Vergleich mehrerer
Handschriften gesichert ist. Wo sich aber unterschiedliche Ansichten ergeben,
dort soll die größere Zahl der Autoren den Ausschlag geben, und wenn das
Zahlenverhältnis gleich ist, dann soll die Ansicht vorgehen, die ... auch der
ausgezeichnete Jurist Papinian vertritt, der zwar zwei der anderen unterliegt,
gegenüber einem jedoch obsiegt.
Außerdem verfügen wir, dass die kritischen Bemerkungen, die Paulus und
Ulpian dem Werk Papinians beigegeben haben, ungültig sind ... Wo aber eine
gleiche Zahl von Ansichten dieser Autoren angeführt wird, deren Geltung gleich
zu beurteilen ist, dort soll das Ermessen des Richters abwägen, welchen er
folgen will.
Im Übrigen bestimmen wir, dass die Sentenzen des Paulus stets mitzählen."
Theodosius II. starb am 28. Juli 450 an den Folgen eines Reitunfalls: Bei einem
Jagdausritt stürzte er, brach sich offenbar das Rückgrat und starb nach drei
Tagen.
59
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Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Sitzung vom 22.12.2010
VIII. Der Kaiser
1. Almacht und Ohnmacht der spätantiken Kaiser
Im byzantinischen Staatswesen war das Kaisertum die wichtigste Institution,
der Kaiser und seine Familie standen im Mittelpunkt des Staates. Dabei ist seit
Diokletian eine kontinuierliche Verstärkung der Überhöhung dieses Amtes und
der Distanz zu anderen Personen und Institutionen festzustellen. In der Person
des Kaisers waren die Legislative, Exekutive und Judikative vereint. Der Kaiser
stand „über dem Recht“, ist „die alleinige Quelle allen Rechts“. Von Ulpian (she.
Zitiergesetz) stammt der Ausspruch „princeps legibus solutus“.
Darüber hinaus beanspruchte der Kaiser auch im kirchlich-religiösen Bereich
eine Führungsrolle. Die reale kaiserliche Machtposition war dagegen prekärer, als
im 2. Jahrhundert, denn der Einfluss der Heermeister war jetzt größer, als zu
Zeiten Roms. Trotzdem bleibt das Kaisertum alternativlos akzeptiert, wenn es
auch erst später ein dynastisches Anrecht auf den Thron gab. Aber mit
Ausnahme von Sklaven, Eunuchen, Barbaren oder Klerikern konnte jeder zum
Kaiser ausgerufen werden.
Es gab eine umfangreiche Titulatur für den Kaiser:
Die Zusätze pius, felix, clemens oder invictus
Die Bezeichnung pontifex maximus fehlt seit Theodosius und Gratian
pontifex in christlicher Bedeutung seit Theodosius II. und Valentinian II.
seit dem 3. Jahrhundert gibt es die Bezeichnung dominus noster
2. Kaiser und Heer
Man kann sagen, dass es
in Byzanz zwar leichter, als
anderswo gewesen ist, auf
den Thron zu gelangen –
noch leichter konnte man
aber auch von ihm wieder
herunterfallen.
Dies
bedeutete,
dass
es
zwingend notwendig war, die
Griechisches Feuer
verschiedenen Machtfaktoren
(Bildquelle: Codus Skylitzes / 13. o. 14. Jhdt.)
innerhalb des Reiches „im Auge zu behalten“. Das betraf besonders das Heer,
von dem der Kaiser abhängig war, denn jedes Zeichen von Schwäche konnte zu
einem Putschversuch führen, der Herrschaft und oft auch das Leben des
„Amtsinhabers“ beendete.
60
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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Für die Berufung zum Kaiser gab es ein dreiteiliges Zeremoniell:
Die Ernennung oder
durch einen Wahlakt
Durch eine Investitur (Einsetzung) oder
durch ein Huldigung.
Ist der Kaiser inthronisiert, ist das Heer ohne weiteres Mitspracherecht an
seine Person gebunden. Denn es hatte ja „frei entschieden, wem es künftig
untertan zu sein hatte – „decernebant liberi, cui deberent esse subiecti“ –
schreibt dazu Symmachus. Wenn es auch in der Praxis häufig zu Unregelmäßigkeiten bei der Wahl gekommen ist, wegen
der gebotenen Eile oder
Stimmenkauf oder
einem verfrühten Anlegen des Ornats oder
einer Usurpation – hier wurde meist auf das Ritual des recusatio imperii
(dem Widerspruch des Imperiums) verzichtet.
Usurpation
(von lat. usurpatio bzw. von lat. usurpare - durch Gebrauch an sich reißen)
Als Usurpation wird im neueren Sprachgebrauch die Anmaßung eines Besitzes,
einer Befugnis, besonders aber der öffentlichen Gewalt bezeichnet – also
insbesondere die gewaltsame Verdrängung eines legitimen Herrschers, der
Umsturz der Verfassung und die Unterdrückung der Selbstständigkeit eines
Staates durch einen Usurpator.
Meist ist im historisch-politischen Kontext dann von einer Usurpation die Rede,
wenn der bislang legitime Herrscher zum Zeitpunkt der Erhebung des
Konkurrenten noch lebt und amtiert. Es kommt also stets zu einem Konflikt
zwischen dem bisherigen Herrscher und seinem Herausforderer, der oft Züge
eines Bürgerkriegs trägt.
Mit dem Begriff der Usurpation ist die Vorstellung eines Mangels an Legitimität
verbunden. Die Usurpation kann aber nachträglich einen legitimen Charakter
erhalten, falls der dem Usurpator unterlegene bisherige Herrscher oder eine
dazu befugte Körperschaft sie nachträglich billigt oder das Volk den neuen
Herrscher akzeptiert. (aus Wikipedia)
War erst einmal die für das Kaiseramt am besten geeignete Person präsentiert,
hatte das Heer keine Wahlalternative mehr. In der Regel hatte der Anwärter sich
im „militärischen Bereich bewährt“, die Heeresversammlung wurde zur comitia
imperii – der „Volksversammlung des Reiches“. Bestand so einerseits die Fiktion
(Annahme) der Bestenauslese, erlangte später auch der dynastische Gedanke
Bedeutung. Beispiel dafür ist einmal die Akzeptanz von principes pueri, also
Kinderkaisern. Und seit Valentinian und Theodosius I. treten andere Aspekte
zur Kaiserlegitimation anstelle der unmittelbaren Demonstration von
Sieghaftigkeit in den Vordergrund.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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3. Vom Gottkaisertum zum Gottesgnadentum
Der Philosoph Themistius schreibt, dass „die Soldaten nicht die eigentlichen
Herren der Wahl waren“, sondern
„…von oben kommt vielmehr die Stimme der Berufung, von oben wird die Kür
des Herrschers durch den Dienst der Menschen erwirkt“.
Also steht neben der Wahl durch das Heer die „göttliche Legitimation“ –
princeps a diis electus bzw. a deo electus. Und diese „göttliche Autorität“ des
Kaisers wurde auch von christlichen Herrschern eingefordert. Dazu der
„Soldateneid“ nach Vegetius:
„iurant autem per deum et Christum et sanctum Spiritum et per maiestatem
imperatoris, quae secundum deum generi humano diligenda est et colenda“.
In der visio Dorothei wird sogar der Palast Gottes in allen Details wie die
Kaiserresidenz (domus augusta) beschrieben. Der Kaiser ist also das „Werkzeug
des christlichen Gottes“ und die Unterscheidung zum früheren heidnischen
„Gottkaiser“ fällt teilweise schwer.
4. Das Bild des Kaisers
Diese Überhöhung der Person des Kaisers bedurfte auch äußerer Zeichen, wie:
kaiserliche Tracht mit Diadem und Purpurgewand
dem Ansehen (Nimbus) entsprechende bildliche Darstellungen und
das Hofzeremoniell
In Lobreden zur Ehrung des Kaisers (Panegyrik) wurde von diesem ein
Idealbild gezeichnet und gleichzeitig eine Übereinstimmung des Anspruchs an die
kaiserliche Politik mit der Realität festgestellt (Claudians Verspanegyrik). Es gibt
aber auch den Verlust einer direkten Verbindung zwischen Kaiser und Untertan,
der dadurch deutlich wird, dass es ab 382 verboten wurde, „überflüssige
Kleinigkeiten vor den Kaiser zu bringen“ (Prof. Zimmermann). Denn der war ja
so beschäftigt, dass Mamertinus von Julian Apostata meint: „Überall seid ihr
zugleich; auch wenn ihr im Palast sitzt, sind Länder und Meere von eurer
Göttlichkeit erfüllt“. Feiertage betonen die Allgegenwart des Kaisers.
5. Kaiser und Hof
Schon in byzantinischer Zeit gab es ein „Reisekaisertum“; erst ab der 2. Hälfte
des 4. Jahrhunderts werden die Kaiser in festen Residenzstädten „stationär“.
Dabei ist es nur eine Fiktion, wenn Rom als bedeutend dargestellt wird, denn
einen wirklichen Aufstieg erlebte eher Konstantinopel. Der Kaiser als Zentrum
des Hofes kontrollierte seinen „Beamtenapparat“, von dem er aber „zugleich in
der Abgeschiedenheit des Palastes abhängig war“ (Prof. Zimmermann).
Auch eine „Geheimpolizei“ (agentes in rebus) mit 1200 Mitgliedern gab es.
62
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Sitzung vom 12.01.2011
IX. Die Verwaltung
In Byzanz war der Kaiser – wie gehört – absoluter Monarch, aber auch er
unterlag bei seiner Regierung gewissen Zwängen, war abhängig von seinen
Beratern, Ministern und Generälen.
1.
Senat, consistorium und comitatus
1.1. Der Senat
Der Senat – auch schon der römische – hatte bereits im 3. Jahrhundert viel
von seiner Bedeutung verloren, denn obwohl er noch die Befähigung, Gesetze zu
erlassen, machte er von dieser Möglichkeit immer weniger Gebrauch. Er ist
praktisch nur noch Mittel zur Akklamation von Gesetzen und Bühne für Reden
des Kaisers. Das Zitiergesetz (she. Seite 59) wurde z.B. so „verabschiedet“. Es
gibt keine Abstimmungen und echte Senatsbeschlüsse mehr. Daran ändert auch
die Tatsache nichts, dass der Stadtrat von Konstantinopel zum Senat erhoben
wird, er ist nur formal „mitwirkende Instanz“, aber nicht direkt an der regierung
beteiligt.
- Veränderung durch Erhebung des Stadtrates von Konstantinopel zum Senat:
weiterer Verlust jeder beratenden Funktion des Senates von Rom.
Senat von Konstantinopel gewinnt als regelmäßiges Akklamationsorgan
eine gewisse Bedeutung.
Theodosius II.: Mitwirkung des Senates (gemeinsam mit proceres palatii =
Staatsministern) an Gesetzgebung und Gesetzesreform.
1.2. Das consistorium
Das sog. consistorium entstand aus einem Beraterkreis um den Kaiser, dem
die 5 höchsten Beamten des Hofes angehörten. Wobei der Kaiser freie Hand
hatte bei der Auswahl der Mitglieder.
Mitglieder (comites intra consistorium, comites consistoriani) waren:
comes et quaestor sacri palatii
comes et magister officiorum
comes sacrarum largitionum
comes rei privatae
praefectus praetorio in comitatu
ab 422 praepositus sacri cubiculi
comites der domestici equites und der domestici
(Kommandeure der Gardetruppen)
magistri militum praesentales
weitere,
vom
Kaiser
benannte
Persönlichkeiten
Provinzstatthalter oder vicarii einer Diözese, duces
übergreifender Militärbezirke).
63
pedites
(ehem.
Provinz
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
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In diesem Gremium erfolgten wichtige Entscheidungen, die zeremonieller
Hintergrund für manche kaiserliche Akte (Gratulationen, Auszeichnungen,
Ernennungen) waren. Diese Tätigkeiten überlagerten im 6. Jh. alle anderen
Funktionen des consistorium. 443 gab es z.B. einen Erlass Theodosius´ II., dass
der magister officiorum jährlich über Befestigungen und Flotten an den Grenzen
des Reiches zu berichten hat.
Wenn das consistorium als Gerichtshof zusammentrat, war der Kreis der
Mitglieder durch niedere Beamte und Anwälte erweitert. Je nach Funktion
änderte sich also die Zusammensetzung. Trotzdem kann das consistorium „kein
Gewicht als politische Körperschaft entwickeln, wichtige Entscheidungsprozesse
finden in „inner circles“ statt.“ (Prof. Zimmermann). Einmal jährlich ist lediglich
ein „Lagebericht“ an den Kaiser zu geben. Durch kurzfristige personelle
Veränderungen des Mitgliederkreises verhindert man auch dass es zu
„Seilschaften“ kommt.
1.3. Der comitatus
Der Kaiser bildet also das Zentrum der Verwaltung und da es zunächst ein
Wander- oder Reisekaisertum (she. Seite 62) gibt, muss auch der Hofstaat
mobil sein. Wenn der comitatus auf Reisen geht, beträgt die Gesamtstärke rund
10.000 Mann – bestehend aus den eigenen Sekretären (notarii), der Garde
(3.000 Mann, in scholae unterteilt), sowie Verwaltungsbeamten und Dienstpersonal. Eine Einbindung von praefectus praetorio und magister militum,
praefectus praetorio in comitatu und magister militum praesentalis ist erst in
40er Jahren des 5. Jahrhunderts belegt). Eine solch große Zahl Menschen zu
beherbergen und zu bewirten bedeutete für die besuchten Städte und regionen
eine hohe Belastung.
Der Dienst für den Kaiser ist militia (qui in sacro palatio militant), dabei waren
die Beamten in ihren Privilegien den Soldaten gleichgestellt. Es gab eine strenge
Hierarchie mit spezifischen Uniformen. Man kann von einer Militarisierung der
Beamtenschaft sprechen, dennoch stehen grundsätzlich zivile Beamte über dem
Militär. Erst 461 erlangt das Militär im Westen den Vorrang.
2.
Der Aufbau der Bürokratie am Hof
Unsere heutigen Quellen über den Verwaltungsapparat des Hofes erhalten wir
aus:
den Gesetzen des Codex Theodosianus I und VI
den Notitia Dignitatum, einem Verwaltungshandbuch aus Zeit nach
dem Tod Theodosius´I.
64
Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Dieses Verwaltungshandbuch nennt die Grundlagen des Beamtenwesens:
feste Dienststellen
geregelter Personalbedarf
den Eid auf den Kaiser
Dienstkleidung und Versorgungsbezüge
Privilegien bei Dienstzeitende (Immunitäten u. a.).
Es gab sowohl die Möglichkeit der Beförderung, aber auch Entlassungen waren
möglich. Beförderungen erfolgten nach unterschiedlichen Kriterien – nach
Dienstalter, aber auch aufgrund von Zahlungen oder Bekanntschaften /
Fürsprache (Patronage). Diese Zahlungen waren aber nicht als Bestechung
aufzufassen! Es galt das Versorgungsprinzip vs. Leistungsprinzip.
Später gab es eine zunehmende Tendenz, Beziehungen oder Beförderungen
durch Zahlungen zu ersetzen, also ein „Ämterkauf“. Diese Zahlungen für das
Versprechen einer Beförderung wurden mit der Zeit sogar einklagbar. Eine
Praxis, die den Staat einerseits schwächte, andererseits dem Kaiser die
Möglichkeit gab, jederzeit regulierend einzugreifen – also eine stabilisierende
Wirkung hatte. Kurze Amtszeiten von 1 – 3 Jahren verhinderte eine zu große
kontrolle der Beamten über das eigene Ressort.
Die Beamtenschaft war in Rangklassen (ordines dignitatum) eingeteilt:
comitiva primi ordinis: Senatoren (clarissimi), diese wiederum
dreigeteilt:
1. clarissimus, [clarissimus et]
2. spectabilis, [clarissimus et]
3. illustris)
comitiva secundi ordinis: Ritter (perfectissimi)
comitiva tertii ordinis: wie sec. ord.,
ferner decuriones der Städte.
Der Hofrangtitel patricius wurde nur selten verliehen (z.B. an
Stilicho)
Die höchste Würde war die des consul ordinarius, weil diese
gelegentlich auch vom Kaiser übernommen wurde.
Unter Valentinian I. beginnt eine Integration der Reichs- und Hofämter zu
einem einheitlichen Rangsystem:
372 Gleichstellung der höchsten Militär- und Zivilposten (praefectus
praetorio, praefectus urbi, magister militum)
es folgen: oberste Hofämter, proconsules, magistri scriniorum
(wichtigste Untergebene des mag. off.), vicarii der Diözesen
384: Verwalter der vier obersten Hofämter erhalten nach Abschied
den Rang eines gewesenen praef. praetorio; praepositus sacri
cubiculi wird
ebenfalls in höchsten Rang aufgenommen
(rangiert ab 422 vor mag. off.)
ca. 382 wird primicerius notariorum den proconsules gleichgestellt.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
3. Die wichtigsten Ämter in der Verwaltungsstruktur seit Konstantin d. Gr.
Es gab eine grundsätzliche Zweiteilung in den
Innenbereich des Palastes und den
Außenbereich der Regierungstätigkeit
Diese Führungsämter stehen nebeneinander, nicht in Hierarchie zueinander:
a) praepositus sacri cubiculi
die Vorsteher der kaiserl. Haushaltung mit ihren Beamten
haben ein besonderes Nah- und Vertrauensverhältnis zum Kaiser
Eunuchen - hatten keine familiäre Bindung, für sie war keine weitere
Karriere möglich, sie waren vom Kaiser abhängig
die Dienstzeit der Beamten war unbegrenzt
Untergebene des praepositus sacri cubiculi waren
- cubicularii - pers. Bedienstete des Kaisers
- silentiarii - als „Hüter der Ruhe“ des Palastes
- comes sacrae vestis – als „Verantwortlicher für die kaiserliche
Garderobe“
- comes castrensis - als Vorsteher der Pagen
Seit 414 gab es auch comes domorum per Cappadociam / domus divina
per Cappadociam. So genannt, weil ihre Finanzierung vermutlich aus Gütern
des kappadokischen Hofes aus stammte
b) magister officiorum
Überwachung des Zugangs zum Kaiser
militärischer Schutz: scholae palatinae (Palastgarde)
Organisation von Audienzen (officium admissionum)
empfängt fremde Gesandtschaften und führt in Abwesenheit des Kaisers
selbst Verhandlungen mit auswärtigen Mächten (dazu unterstellt: scrinium
barbarorum und interpretes)
Disziplinaraufsicht über alle Beamten des Hofes
nach 388 Aufsicht über Waffenfabriken (vom praefectus praetorius
übernommen)
Aufsicht über agentes in rebus (Geheimdienst / Informationsgewinnung)
Aufsicht über scrinium dispositionum (Ressort für Reisevorbereitungen)
nach Notitia Dignitatum auch Oberaufsicht über magister memoriae
(zuständig für kaiserliche adnotationes auf Eingaben der Untertanen),
magister epistularum (zuständig für Anfragen von Beamten) und
magister libellorum (zuständig für Gesuche) – hier gab es häufige
Kompetenzüberschneidung zwischen den Ressorts
im Rahmen polizeilicher Aufgaben auch zuständig für religiöse Konflikte
(Heiden – Juden – Christen), aber kein „Reichskirchenminister“
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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c) quaestor sacri palatii
beratende Funktion bei kaiserlicher Gesetzgebung: Formulierung,
Verbreitung, Archivierung
Codices Theodosius´ II. und Justinians - waren von amtierenden und
ehemaligen QSP zusammengestellt
keine spezifische Regierungsaufgabe
hervorragender juristischer Sachverstand nötig: qualifizierte noch im 6.
Jahrhundert einen Heiden für das Amt (Tribonian)
seit Theodosius II. gemeinsam mit PPO in Appellationsgerichtsbarkeit
einbezogen
seit 424 im Osten Kompetenz über laterculum minus (Personalakte der
niederen Militärdienstgrade)
d) comes sacrarum largitionum / comes rerum privatarum
Spitze der kaiserlichen Finanzverwaltung
CSL verwaltet kaiserliche largitiones („Spenden“): donativa,
Sonderzuwendungen (regulärer Sold des Heeres dagegen vom PPO
ausbezahlt)
Kontrolle über Edelmetall in jeglicher Form: Unterstellung
der
comites
commerciorum (für Fernhandel mit Ausland);
Kontrolle über Zolleinnahmen, Münzprägung,
Steuereinnahmen in Edelmetall
Der CRP verwaltet außerdem das Krongut, also den Privatbesitz der Kaiser,
welches angewachsen ist durch Erbschaften, Vermögen ohne Erben Verstorbener
(bona caduca), Vermögen Verurteilter (bona damnatorum) oder konfisziertes Gut
heidnischer Tempel. Dabei sind kaiserlicher Privatbesitz und Staatsgut nicht
immer scharf zu trennen - immerhin unterliegen kaiserliche Domänen derselben
Besteuerung wie Privatbesitz.
e) weitere Hofbeamt. z.B. der primicerius notariorum, dieser hatte die
Aufsicht über Stenographen, Personalbüro und Archiv;
führte die Liste höherer Beamter (Notitia Dignitatum / laterculum maius)
4.
Die territoriale Zivilverwaltung
Die Gliederung der Zivilverwaltung erfolgte entsprechend der Territorialstruktur
in Provinzen, Diözesen, und Praefekturen:
114 Provinzen (nach Notitia Dignitatum), diese wurden durch praesides
verwaltet (Ausnahmen Asia, Africa, Achaia: proconsul)
zu 14 von vicarii verwalteten Diözesen zusammengefasst (Ausnahmen
Asia und Africa: direkt dem Kaiser unterstellt)
Es gab 4 Praefekturen: Gallia (mit Spanien und Britannien), Africa (mit
Italien), Illyricum, Oriens (mit 6 Diözesen: Aegyptus, Oriens, Asiana, Pontica,
Thracia, Macedonia), unterstanden je einem praefectus praetorio (PPO).
Ausgenommen von dieser Struktur waren Rom und Konstantinopel, die je einem
praefectus urbi unterstanden. In der territorialen Zivilverwaltung gab es
insgesamt nur 30.000 Beamte, was kaum 300 je Provinz ausmachte.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
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Sitzung vom 19.01.2011
X. Die Gesellschaft der Spätantike
Die römische Gesellschaft war stark strukturiert und es war zu der Zeit nichts
ungewöhnliches, das die Sozialbeziehungen einer Person durch ihren Status in
dieser Gesellschaft bestimmt war. Wobei dieser Status in der Regel erblich und in
der Spätantike sogar teilweise gesetzlich festgelegt war. Dabei gab es aber auch
Aufstiegschancen in eine höhere Gesellschaftsschicht durch das Militär und/oder
die Kirche.
1.
Grundlagen der Gesellschaftsordnung seit dem 3. Jh.
Diokletian und Konstantin haben im 3. Jahrhundert durch dieses Gesellschaftssystem einen Versuch zur Bewältigung der damaligen Reichskrise
gestartet. Die mächtigen Senatoren wurden zunächst aus staatlichen Ämtern
verdrängt und der „alte Adel“ zu Gunsten eines „neuen Adels“ von leitenden
Funktionen getrennt. Wegen Überbelastung der alten, angesehenen Lokaleliten
(honores) kam es zu einer Flucht aus der Funktion und Zwangsrekrutierung.
Als Ergebnis kam es zu einem Bedeutungsverlust von Herkunft und Standeszugehörigkeit, jetzt bestimmen persönliche Leistung und Bildung, sowie Loyalität
die soziale Position. Die alte „Standespyramide“, die auf Zusammenfallen von
Vermögen und politischer Macht beruhte, wir aufgelöst – das Ergebnis:
Senatoren weiter vermögend und angesehen, aber ohne politische Macht
Führungsschicht des Ritterstand enorm mächtig, aber das Gros unterscheidet sich kaum von decuriones
Dekurionen zur Oberschicht (honestiores) gehörig, aber durch Belastungen
faktisch unterdrückte Gruppe
Aufwertung der Soldateska (feste Bezahlung, Privilegien)
Die Angehörigen der Oberschicht binden sich stärker an ihren Landbesitz, der
soziale Aufstieg ist stärker mit Landbesitz verbunden. Es kommt zu einem Zerfall
der Stadt-Land–Beziehungen in einzelne Gruppen ohne Verbindung untereinander. Die Oberschicht bildet – im Unterschied zur Unterschicht – keine eigene
„Klasse“ mehr. Die Vereinheitlichung der Unterschicht lässt Konflikte mit der
Oberschicht trotz kaiserlicher Macht entstehen. Diese Konfliktherde zwischen
Gruppen der Oberschicht sowie zwischen Ober- und Unterschicht werden vom
Staat nicht gelöst, sondern unterdrückt und verstärkt. Es kommt zu einem
schnellen Zerfall der bisherigen Sozialstrukturen.
Zusätzlich erfordert ein außenpolitischer Druck durch Germaneneinfälle und
Reichsgründungen im Westen hohe Rüstungsausgaben, gleichzeitig wird die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Reichsbevölkerung gesenkt. So kommt es
u.a. zu einer nur geringen Ausnutzung der landwirtschaftlichen Möglichkeiten.
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Die Steuereinnahmen sinken, jetzt werden Zwangssteuern erforderlich, sog.
Munera, gleichzeitig verstärkt man die Bürokratie, indem man den Menschen
vorschreibt, an welchen Orten sie leben dürfen und das z.B. Kinder den Erwerb
der Eltern übernehmen und weiterführen müssen. Die Folge sind ein
Identitätsverlust, eine Entfremdung von Staat und Gesellschaft und eine Zweiteilung der Gesellschaft:
honestiores (Senatoren, Ritter, decuriones und Angehörige gehobener
Berufe: Priester, Beamte, Soldaten), erhalten Privilegien in Steuer- und
Strafrecht (keine Folter, höchstens Verbannung, kein munera)
humiliores: diese sind nicht nach Rängen, sondern nach ausgeübten
Berufen differenziert
alternatives (rechtlich nicht definiertes) Begriffspaar: potentes und
tenuiores – „Starke“ und „Schwächere“ (nach wirtschaftlicher
Leistungsfähigkeit)
2. Der ordo senatorius
Der Senatorentitel bedeutet jetzt nicht mehr persönliche Macht, diese ist also
nicht mehr von der sozialen Stellung abhängig. Wichtig sind vielmehr die Nähe
zum Kaiser und die Position im Staatsapparat. „Senator“ wird zum reinen
Adelstitel, der zwar noch soziales Ansehen, aber nicht automatisch eine
Beteiligung an der Macht bringt. Gab es in Rom nur 600 Senatoren, sind es jetzt
in Rom und Konstantinopel zusammen 4000!
Der neue ordo senatorius setzt sich wie folgt zusammen:
Angehörige der alten senatorischen Familien (nach Erfahrung und Idealen
deutlich abgesetzt)
Hofbeamte im Rang eines clarissimus, spectabilis, illustris (oft aus der
Unterschicht)
hohe Militärs (auch Germanen!)
Die Beteiligung von Angehörigen der Unter- und der Oberschicht an der Macht
führt zu einer divergierenden Interessenlage, bei der „der Blick auf das Reichsganze verloren geht“, so Prof. Zimmermann. Der alte Adel zieht sich auf seine
Landgüter zurück und pflegt Kontakte nur innerhalb seines Standes – Heiraten
untereinander eingeschlossen. Dabei gibt es zwischen dem Westen und dem
Osten des Reiches Unterschiede. So pflegt man im Westen in Gallien, Spanien
und Afrika die römische Kultur über das Ende des Westreiches hinaus.
Auch der Ritterstand wird „hierarchisiert“, erhält unterschiedliche Privilegien
und keine einheitlichen Funktionen mehr – wird so als Stand praktisch
bedeutungslos.
Die curiales – ein unterer Ritterstand – rücken dagegen aufgrund
umfangreicher und erblicher Pflichten in die Nähe der humiliores auf und werden
bisweilen als eigener Stand innerhalb einer Dreiteilung der Gesellschaft wahrge-
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
nommen. Sie werden zum wichtigsten einigendem Band zwischen den Senatoren
und erhalten gemeinsame Privilegien, z. B. Befreiung von munera
Befreiung von Steuern der Grundbesitzer, stattdessen geringere collatio
glebalis (jährl. Grundbesitzabgabe), gemeinsame Sonderabgabe bei
besonderen Anlässen (aurum oblaticium) und Finanzierung von Spielen
(teuer, aber prestigeträchtig)
Befreiung von Einquartierungen
niedrigere Strafbestimmungen (keine Folter und Todesstrafe, sd. Exil)
Recht auf Strafverfahren vor senatorischem Sondergericht unter Vorsitz
von praef. urbi, PPO oder Kaiser.
Ab dem 3. Jahrhundert gibt es infolge von Kriegswirren einen Rückgang der
kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe, es kommt zu einem Absinken
des sog. „freien Bauernstandes“. Dagegen wächst die Zahl der Großgrundbesitze
an, sie sind dank regionaler Verteilung krisenfester.
Die höchsten belegten Jahreseinkünfte eines Senators – also eines Angehörigen der Oberschicht - betrugen 4.000 Pfund Gold, was ohne das
Naturaleinkommen von ca. 30% der Bareinkünfte zu sehen ist. Solche Einkünfte
gab es auch nur bei der Oberschicht, wobei die Senatoren in drei Vermögenskategorien mit unterschiedlicher collatio glebalis eingeteilt wurden. Theodosius I.
fügte noch eine 4. Kategorie dazu.
3. Die curiales
Die Bedeutung der curiales als sog. „Stadtelite“ beruht auf der antiken Stadtkultur, bei der die Stadt der kultische Mittelpunkt eines Staates war. Hier fanden
die Märkte statt, hier waren die Gerichte und die Finanzverwaltung sowie das
Verteidigungszentrum ansässig
Von einem Album von Timgad in Nordafrika gibt es eine repräsentative Aufstellung einer städtischen Oberschicht:
10 viri clarissimi (davon 5 patroni der Stadt)
viri perfectissimi (Rückgang des Ritterstandes!)
2 sacerdotales (ehem. provinziale Kaiserpriester)
curator civitatis
duoviri (2 städt. Oberbeamte)
32 flamines und augures (städt. Priester)
weitere Beamte und gewesene Beamte der Stadt
ca. 100 Ratsherren (curiales)
Aus Antiochia ist folgende Untergliederung der curiales bekannt:
Gliederung in 4 Klassen, was wohl Zensusklassen bedeutet, die nach
Vermögen und damit Leistungsfähigkeit eingeteilt waren
10 decemprimi führen die Geschäfte des Rates und genießen dafür
Steuerprivilegien. Sie werden nach 15 Jahren von munera befreit.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Die finanzielle Fürsorge der lokalen Eliten war früher eine freiwillige Leistung
gewesen und wurde jetzt eine gesetzliche Verpflichtung.
Die Aufgaben der curiales waren:
Eintreibung von Steuern (capitatio, iugatio) – bei eigener Haftung
Verteilung von munera auf die Gemeinde
Sorge für Ordnung, opera publica (Infrastruktur), Getreideversorgung,
Sauberkeit, Spiele, Kult- und Erziehungswesen – i. d. R. aus eigener
Tasche. Sie wurden so zu „Erfüllungsgehilfen des Staates“. Die Voraussetzung für eine Einschreibung als curialis war Landbesitz - wobei die
Forschungsthese von 25 iugera , das entspricht 6,3 ha als Mindestqualifikation nicht haltbar ist (Prof. Zimmermann).
Die Regelung der „Zahlungen aus eigener Tasche“ führte zu einem Streben
nach Befreiung von der Last der curiales. Da gerade Reichere durch Ämterkauf
zu Privilegien gelangten, verschärfte sich die Situation für die Verbleibenden
curiales. Was zu einer Flucht dieser Personen in die Fremde, ins Heer oder unter
den Schutz von sog. patroni führt. Nach fünfjähriger Abwesenheit verlor man
aber seinen Grundbesitz, trotzdem ist der Schwund dieser Schicht nicht
aufzuhalten:
C. Th. 12, 1, 186: nullus paene curialis idoneus in ordine cuiusquam urbis
Die Kirche und privilegierte Kleriker treten als Lokalelite die Nachfolge an.
4. Die Unterschicht
Bei der Unterschicht, den sog. humiliores kommt es auch zu einer
Nivellierung, sie unterscheiden sich in ihrer Stellung kaum noch von Sklaven.
Dabei existiert die Sklaverei aber weiterhin. So gibt es kaiserliche Sklaven: servi publici auf Domänen, in Bergwerken und
Steinbrüchen, in fabricae, bei Hof. Diese haben weitgehende Privilegien,
wie Heirat mit Freien, Zusammenschluss in Vereinen, kein Verkauf ...
die Kirche als Sklavenbesitzer, aber auch eine
Tendenz zur Verbesserung der Stellung von Sklaven: humanitäre
Gesetzgebung, Freilassung, aber die Aufstiegsmöglichkeiten der liberti in
erster Generation bleiben eingeschränkt
Somit ist die These von der Bedeutung der Sklaverei für den Untergang der
Antike nicht haltbar – so Prof. Zimmermann. Die persönliche Freiheit ist zwar ein
rechtliches Unterscheidungsmerkmal, doch für die sozialen Verhältnisse
irrelevant, da auch „Freie“ ihren Wohnort und Beruf nicht mehr wählen konnten.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
coloni , also freie Bauern
werden als servi terrae bezeichnet
in Gesetzen als Besitz der Grundeigentümer betrachtet
befinden sich in deren potestas
werden bei Veräußerung eines Grundstücks als adscripticii mitverkauft
machen 70-80% der Landarbeiter aus
entstanden aus Pächtern im Gegensatz zu possessores, also
landbesitzenden Kleinbauern. Diese waren in einer Abhängigkeit über
Pachtrückstände, Steuerschulden o.ä.
Kolonenflucht häufig
Trotz einer Nivellierung gab es nach wie vor ein Gefälle in den Lebensbedingungen zwischen plebs rustica, die außerhalb ummauerter Städte lebten und
plebs urbana. Diese erhielten eine Befreiung von der Kopfsteuer und annona,
mussten dafür aber eine fünfjährige Sondersteuer [collatio lustralis] in Gold und
Arbeitsleistungen zahlen.
Es gab eine verpflichtende Organisation von Handwerkern und Kaufleuten in
Gilden (corpora) und zur Sicherstellung der Grundversorgung eine Erblichkeit des
Handwerks. Landarbeiter konnten von der sog. „Schollenbildung“ befreit werden:
inquilini (auf Gut ansässig aber bis Valentinian I. berechtigt, nach Belieben
abzuwandern)
freie Landarbeiter in Vertragsverhältnissen (z. B. Saisonarbeiter zur Ernte)
unabhängige Bauern (v. a. in Nordsyrien)
5.
Das patrocinium
Die Gutsherren herrschten de facto über ihre coloni und konnten diese auch
bestrafen. Dabei drückte sich bei den humiliores diese Strafe in Kapital- oder
Körperstrafe aus.
Entstehung eines patrociniums –
teils von „unten“ (den coloni) gesucht, um Schutz zu erlangen
teils von Gutsherren in Analogie zu Rechten und Ansprüchen auf
kaiserlichen Domänen eingefordert (eigene Gerichtsbarkeit,
Bestimmung
von Rekruten, Steuerunmittelbarkeit, Marktrecht –
einmal sogar eigene Kirche mit eigenem Bischof.
Eine solche Schutzherrschaft kam z.B. durch einen notariellen Vertrag
zustande. Dabei verspricht ein Abhängiger Zahlungen (z.B. im Osten) oder
verzichtet auf Besitzrechte (z.B. im Westen). Der patronus räumt die Nutzung ein
und sichert eine Interessenvertretung gegenüber dem Staat zu. Somit ist ein
patrocinium auch ein Interessengemeinschaft von Ober- und Unterschicht
gegenüber den staatlichen Steuereintreibern. Bedeutet aber auch einen
Bedeutungsrückgang der Stadt als staatliche Zwischeninstanz, von dem
besonders die Oberschicht profitiert. Der Staat versucht z. B. mit einem Verbot
von Privatgefängnissen, diesem Phänomen entgegenzuwirken. Erst 415 kommt
es zu einer Legalisierung.
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Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Sitzung vom 25.01. 2011
XI.
Wirtschaft und Handel
1. Die Landwirtschaft
Die Kultur der Spätantike – wie der Antike überhaupt - war hauptsächlich
landwirtschaftlich geprägt. Die Städte waren vor allem Agrarstaaten, ihre
Funktion als „Dienstleistungszentrum“ bzw. „consumer city“ dagegen
sekundär. Daraus folgt, dass die Leistungen der Agrarwirtschaft
ausschlaggebend waren für die gesamte Wirtschaftsleistung eines Staates.
Viele andere Fragen des Alltags traten dagegen in den Hintergrund,
„interessierten meist nicht“ – so Prof. Zimmermann.
a) Die Landnutzung
Besonders im Westen des Reiches gab es einen Rückgang der Landbevölkerung und damit der der bebauten Fläche. Grund dafür waren die
Barbareneinfälle.
Betroffen davon waren im Westen besonders
Dacia, agri decumates (zw. Rhein und Donau) und Britannien
Das Gebiet um Trier mit einem Rückgang der Siedlungsdichte um 40%
ähnlich Mauretania Tingitana (Bedrohung durch Nomaden) und
der Norden der Germania inferior: Entvölkerung durch Seeräubergefahr und einem Anstieg des Meeresspiegels.
Im Osten waren es
die Auswirkungen der Barbarenkriege und innere Auseinandersetzungen,
sowie die Rückkehr der vor den Goten geflohenen thrakischen Bauern im
Jahr 382.
Als Gegenmaßnahme kam es zu einer Ansiedlung von Barbaren auf Reichsgebiet, deren Stellung in der Gesellschaft aber von der der Einheimischen
abwich. Sie waren zwar häufig von Steuern und Abgaben befreit, mussten aber
Militärdienste leisten – sofern dadurch keine Schwächung der Landwirtschaft
gegeben war. So wurde zwar kein Überschuss an landwirtschaftlichen Produkten
erzielt, aber die sonst brachliegenden Gebiete - agri deserti - wurden besiedelt.
Diese Entwicklung ist besonders in Italien seit dem 4.Jahrhundert zu
beobachten.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
b) Die Produktivität des Landes
Das die Abwesenheit der Landeigentümer - „absentee landowner“ – und eine
Inflexibilität der Sklavenwirtschaft zum Niedergang des reiches mit beigetragen
haben, ist so nicht nachzuweisen. Denn auf den kaiserliche Domänen hat man
diese Problem der Besitzerferne gelöst durch
Verpachtung an conductores – mit langfristigen Pachtverträgen, später
gibt es eine Tendenz zur Erbpacht
Unterverpachtung an coloni (keine Erbpacht, sondern Handlungsfreiheit)
Diese coloni drohen bei nur kurzfristigen Pachtverträgen mit Landflucht.
Es gibt Hinweise darauf, dass die conductores geringere Abgaben an den Staat
bzw. die Landbesitzer zahlen mussten, „aufs Ganze gesehen ist kein nennenswerter Produktionsabfall nachzuweisen“ – so Prof. Zimmermann. Es wird später
auch die Okkupation von Ländereien geben (also lt. Duden „die Aneignung von
herrenlosem Gut“), die dann aber mit der Zeit „legalisiert“ werden. Große
Latifundien oder Monokulturen gibt es nicht, Landbesitz bleibt aber verbunden
mit Statuserhöhung.
c) Die Produkte
Angebaut wurden:
Getreide: geringere Veredelung, größere Unterschiede und heute nicht
mehr genutzte Arten
Gemüse und besonders Hülsenfrüchte, da diese besonders nahrhaft waren
Wein und Öl
Leinen löst Wolle als wichtigsten Bekleidungsstoff ab; Seideimport
Es gibt zwar generell regionale Unterschiede, aber prinzipiell eine Ähnlichkeit
der Pflanzenwelt. Hauptquelle für dieses Wissen ist der Maximaltarif Diokletians,
der kaum Hinweise auf ausgestorbene oder seitdem neu zugewanderte Pflanzen
gibt. Es scheint einen geringeren Fleischkonsum als heute gegeben zu haben. Es
kommen Erntemaschinen und Wassermühlen zum Einsatz.
d) Die landarbeitende Bevölkerung
Es gab verschiedene Gruppen bei der landarbeitenden Bevölkerung:
servi, coloni und inquilini, das sind freie Kleinbauern. Es kommt zu einer
rechtlichen Annäherung dieser Gruppen
Sklaven spielen außerhalb Italiens und Siziliens keine entscheidende Rolle.
Ländliche Sklaven der Spätantike unterscheiden sich kaum von coloni, sie
werden als servi censiti in die Steuerlisten eingetragen. Außerdem gab es
Saisonarbeiter
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
e) Organisationsformen von Landbesitz
Große Villen (z. B. Piazza Armerina) existieren zwar, sind aber die Ausnahme.
Großgrundbesitz wurde in Pachtstellen aufgeteilt, teils erfolgte eine Zusammenfassung unter einem conductor, teils gab es auch mehrere conductores in
einer villa rustica. Der Typ des kleinen bis mittleren Bauernhofs bestimmte den
Großteil der Landarbeit. Ein register aus Lukanien weist den Besitz einer reichen
familie an 70 verschiedenen Orten nach. Paregorios, wohl curialis auf Insel Thera
hatte 106 ha Ackerland, 28 ha Weingärten, fast 600 Olivenbäume – auf 10 Höfe
verteilt.
Die Größe der verpachteten Einheiten schwankt nach Ertrag und Nutzung: 2-3
ha hatte z.B. die Kirche in Ravenna, 4 ha wurden in Afrika und 12 ha in Sizilien
Nachgewiesen.
Die Parzellierung des kaiserlichen Landes bringt Gefahr der Reprivatisierung:
"der Landbesitz des fiscus ist schon fast ganz privat geworden,
auseinandergerissen und räuberisch angeeignet ... ohne dass jemand
Widerspruch erhebt, denn man stopft ihren Mund mit Gold"
(Iustinian nov. 30)
Es gibt eine Vermischung von Pächtern und Besitzern; Kleinbauern treten
zusätzlich als Pächter auf; sogar Senatoren als Pächter sind belegt.
Das ius privatum salvo canone bezeichnet den Übergang staatlichen Landes in
privaten Besitz unter Beibehaltung des Ertragszinses.
2. Geldwirtschaft, Handel, Handwerk
Unklar bleibt, woher die Einkünfte der Bewohner - durch Quellen in solidi oder
Pfund Gold beziffert - genau kamen. Zwar gibt es Münzfunde auf dem Lande, ob
die aber aus Landbesitz stammen, ist nicht bewiesen. Aber ob die coloni in
Münzgeld oder in Naturalien bezahlten, weiß man nicht.
Es gibt mehr und mehr rein ländliche Märkte, auf denen durch eine
„Tauschwirtschaft“ die städtischen Marktsteuren umgangen werden – das Land
koppelt sich von der Stadt ab. Was einen Rückzug der Eliten aufs Land und damit
eine Schwächung des Potentials der Städte als „consumer cities“ zur Folge hat.
Leider fehlt genaues statistisches Material. Lt. A.H.M. Jones lag der Anteil des
Handels bei 5% des Bruttosozialproduktes; Quelle ist der Vergleich einer
Handelssteuer des 5. Jahrhunderts in Edessa mit den Einnahmen von zwei
ägäischen Städten im 6. Jahrhundert. Versuche einer quantifizierenden
Untersuchung archäologischer Befunde , wie Wrackfunde oder Scherbenstatistik
geben keine Information über die genaue Situation.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Handel und Handwerk gibt es weiterhin, aber auch ein Tendenz zur
Verstaatlichung von fabricae auf Kosten beider. Ebenso eine Tendenz zur
Naturalsteuer für die Versorgung des Heeres. Bestimmte Handwerke werden in
Gilden organisiert collegia fabrum
(Handwerker),
navicularii und nautae (Transport und Verkehr),
suarii, pecuarii, pistores (Lebensmittelversorgung)
Anfangs gibt es Vertragsverhältnis des Staates zu bestimmten privatrechtlich
organisierten Berufsgruppen, daraus werden im Laufe des 4. Jh.s unentgeltliche
Pflichten (munera). Der staatliche Zugriff ist aber nicht lückenlos, denn
nach Erfüllung der munera sind Angehörige der collegia frei und es gibt
keine Erfassung aller Angehöriger eines Berufszweiges.
3. Die Rolle der Stadt
Trotz allem gibt es keinen Verfall der Stadt als generelle Tendenz, die
geschilderten Abkoppelungen sind nicht zu verabsolutieren, denn die Großstädte
leben von staatlichen Funktionen. Während sich große Städte wie Rom,
Konstantinopel oder Antiochia nicht selbst versorgen konnten und auf die Hilfe
des Umlandes angewiesen waren, litten kleinere Städte unter der Abwanderung.
Hier wurden z.B. Witwen, Waisen oder andere Arme durch Almosen unterstützt..
Diese Aufgaben übernahmen oft reisende Händler oder reiche Landbesitzer.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Funktion der Stadt als Zentralort jedoch im
Großen und Ganzen bestehen bleibt.
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
Sitzung vom 02.02.2011
XII. Die Entwicklung des Christentums
(In einer Zusammenfassung)
1.
Ausbreitung und Mission
- „Siegeszug des Christentums“ in der Form Fiktion der christl. Überlieferung
=> Frage nach Umfang und Geschwindigkeit christl. Mission, nach heidnischer
Fortexistenz, nach christl. Bedrohung durch Heidentum (=> Heidenverfolgung)
- „schleichende“ Christianisierung: neben Überzeugungsbekehrung vielfach
Bequemlichkeitskonversion aus Opportunismus, Nebeneinander heidnischer und
christlicher Glaubensvorstellungen, allmähliches Vordringen christlicher Bilder
und Symbole
- Anpassung der Kirche an Lokalkulturen: christl. Literatur in koptisch, syrisch,
punisch – Alternative zur klassischen Bildung der Oberschichten
- unterschiedliche Motive für Konversion / regional unterschiedliche Ausbreitung
=> keine planmäßige Mission, weder systematische Bemühungen um
Bevölkerung städtischer Territorien noch um Heidenmission außerhalb des
Imperiums
- Umfang der Christianisierung schwer fassbar; jedenfalls im 5. Jh. nicht
abgeschlossen
2.
Struktur und Hierarchie
- Anpassung des Christentums an staatliche Strukturen: Bischofssitz = Stadt (=>
regional unterschiedliche Bistumsdichte je nach Urbanisierung), Metropolit =
Bischof der Provinzhauptstadt, 2 x jährl. Provinzialsynode (unter Vorsitz des
Metropoliten)
- Rangstreitigkeiten um Metropolitie (z. B. Jerusalem – Caesarea, Vienne –
Arles); herausragende Rolle von Rom, Konstantinopel, Antiocheia, Alexandreia
(überregionale Bedeutung)
- Weg zum Primat des römischen Bischofs im Westen: historische Bedeutung der
Stadt, apostolische Sukzession
• Damasus (4. Jh.): Verweis auf Jesuswort vom Fels Petrus (Mt 16, 18)
• Siricus (384-399) schreibt erstmals Decretalen (Anordnungen) an andere
Bischöfe
• Innozenz (402-417): Gerichtsbarkeit der Provinzialsynoden, bei causae
maiores (Ex 18, 22) Appellationsgerichtsbarkeit der sedes apostolica
• Leo I. setzt in Rom Primat der Theologie durch: erhält Sorge für die
Aufrechterhaltung der zivilen Ordnung (Kampf gegen Häretiker)
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Klaus Donndorf / Vorlesungsnotizen
Von Konstantin bis Romulus Augustulus
Vorlesung / Prof. Dr. Klaus Zimmermann
3.
Kirchenbau und Gemeindeleben
- seit Konstantin zunehmend christl. Selbstdarstellung in den Städten
• Rom: Basiliken / Baptisterien in allen Wohnvierteln
• Alexandreia: Hauptkirche auf Ruinen eines Kaisertempels
• Konstantinopel: Klöster und soziale Einrichtungen
- kirchlicher Festkalender ersetzt heidnische Feste (z. B. Sonntagsfeier);
• Kirchenjahr bietet Rahmen, symbolisiert Reichseinheit
• Feiertage lokaler Märtyrer schaffen Gemeindeidentität
=> Verlegung der Märtyrerkirchen von den Friedhöfen in die Zentren
4.
Reliquien und Pilgerwesen
- Reliquienverehrung
=> Reliquientranslation / -handel: Erwerb wirkmächtiger Reliquien
=> Pilgerwesen: Besuch wirkmächtiger Reliquien
• Reisebeschreibungen mit Routen und Unterkünften (xenodochiai)
• Pilgerstraßen verbinden Heiligengräber u. a. Wallfahrtszentren
(Konstantinopel – Ancyra – Syrien)
5.
Die Kirche als Wirtschaftsfaktor
- Reichtum der Kirche:
• kirchliche Wohltätigkeit gewinnt zentrale Rolle in Städten (Antiocheia:
tägl. Versorgung von 3.000 Witwen)
• christl. Kaiser finanzieren Kirchenbau und Einrichtung, statten Kirchen
mit
Landbesitz aus (=> Einkünfte)
• Vorbild macht Schule: Ressourcen der Oberschicht fließen an Kirche
=> Organ der Umverteilung von Besitz, Reaktivierung von Kapital
- Hinweise auf Relativität kirchlichen Reichtums
• konstantin. Schenkung an Kirche Roms: 400 Pfd. Gold Jahresertrag
(gegenüber 4.000 Pfd. des reichsten bekannten Senators)
• nach Joh. Chrys. entsprach Einkommen der Kirche von Antiocheia „dem
der
Reichen“ (d. h. eines durchschnittlich Reichen)
- Vorwurf der Erbschleicherei: Augustinus rät Zurückhaltung (Christus als
Miterbe, nicht als Alleinerbe)
- steuerliche Vergünstigungen für Kirche als Institution wie für Kleriker
6.
Die Entwicklung des Klerus
- Anwachsen des bischöfl. Aufgabenspektrums => Beauftragung von Spezialisten
unter Aufsicht des Bischofs => Entstehung einer innerkirchl. Hierarchie =>
Bischöfe wachsen in Rolle der Lokalaristokratie hinein
- wenige und divergierende Zahlenangaben zu städt. Klerus
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• Rom: 154 Kleriker (Mitte des 3. Jh.s)
• Personal der Hagia Sophia (Konst.) 535 durch Iustinian auf 485 reduziert
(darunter 60 Priester und 100 Diakone)
• Edessa: über 200 Kleriker (von Bischof in Chalkedon 451 behauptet)
• Karthago: über 500 (etwa gleichzeitig)
=> Personal der Kirche kaum geringer als das der öff. Verwaltung
- auch in der Kirche entspricht soziale Herkunft dem Stand:
• niedere Weihegrade = humiliores (aber von Handwerkersteuer befreit
=>
daneben berufstätig?)
• höhere Ränge = curiales (mit Sondervergünstigungen => attraktive
Option)
-
kirchliche Karriere wird zur Alternative zum Staatsdienst
a) Der Bischof
- Abstammung von curiales; weltliche Erziehung und Bildung; Verwandte im
Staatsdienst
=> Pendant zur weltl. Lokalelite mit teils rein weltl. Aufgaben
• Organisation der Verteidigung (gemeinsam mit curiales und
Landbesitzern)
• Fürsprache bei übergeordneten Behörden => Einfluss über Patronage
• Rechtsprechung (Gleichberechtigung von episcopalis audientia und weltl.
Gerichten seit Konstantin; 408 Bischofsurteil dem des PPO gleichgestellt)
- Bischof wird zur Zentralfigur städtischen Lebens => häufig Kontroversen um
Besetzung zwischen Volk, Klerus, Aristokratie, Kaiser ...
b) Heilige und Asketen
- gesellschaftlich anerkannte Autoritäten unterhalb des Bischofs: Charisma durch
Lebenswandel; hoher Einfluss auf Angehörige aller sozialer Schichten
- hdn. Vorbilder: Apollonios von Tyana
- Abkehr von der Welt: Gegenbewegung zur Kollaboration der Kirche mit der
Welt; trotzdem gesellschaftl. Engagement (eigentlich paradox):
• Konfrontation der verweltlichten Gemeinde mit rigoroser
Christusnachfolge
• Rolle als systemunabhängiger Mahner und Ratgeber
- Ähnlichkeiten mit heidnisch-philosophischer Askese, doch andere Grundlage:
• hdn. Askese ist Oberschichtenphänomen
• christl. Askese beruht auf Ablehnung von „Establishment“
• hdn. Askese auf Seele ausgerichet => Körper unwichtig
• christl. Askese pflegt „Körperfeindlichkeit“ als Martyriumsersatz
- 357: Athanasius´ Biographie des hl. Antonius => Aufschwung des Mönchtums,
Trend zu asketisches Lebensweise in klösterlicher Gemeinschaft (schon vor Mitte
des 4. Jh.s Gründung des Pachomius in der Thebais)
79
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7.
Kirchenförderung und Heidenverfolgung
- C. Th. 16, 10, 2 (Constans): cesset superstitio, sacrificiorum aboleatur insania
- Opferverbot durch Theodosius:
• Befreiung der Christen von Gefahr der Befleckung
• Beseitigung eines zentralen Elements hdn. Identität und Solidarität
• Zwang zu intellektuell akzeptableren Kultformen
- Ende staatlicher Unterstützung für Tempel (Gratian) => Privatisierung hdn.
Kulte
- für Heidenverfolgung ist Haltung der örtl. Bischöfe entscheidend; Idee: salus
imperii beruht auf göttl. Hilfe – und diese auf dem Glauben aller Untertanen
- theoretisch strenge Antiheidengesetze, aber in der Praxis oft pragmatische
Duldung (nicht mit theologischer Toleranz zu verwechseln!)
- Gewalt von Mönchen gegen Heiden: Sarapistempel, Kallinikum, Thessaloniki;
Ventilhandlung in Krisenzeit nach Adrianopel; Überlieferung von Distanz geprägt
(Mönche = Nichtkleriker, humiliores, Unterschicht ...)
8.
Orthodoxie und Häresie
- Häresie = bewusstes, provozierendes und wiederholtes Abweichen von der
kirchlichen Lehre in dogmatisch wichtigen Fragen
• staatl. Verfolgung aus gleichem Motiv wie Heidenverfolgung: salus
imperii
beruht auf dem rechten Glauben aller Reichsangehörigen
• Auseinandersetzungen in der Regel gewalttätiger als zwischen Christen
und Heiden: hier war keine stillschweigende Duldung des „Irrtums“ möglich, da
es ja gerade um die Unterschiede im Dogma ging
• Ziel der Häretikerverfolgung: weniger gewaltsame Wiedereingliederung,
sondern Beschränkung der Wirk- und Missionsmöglichkeiten
• große Zahl von Häretikergesetzen (oft als Indiz für Erfolglosigkeit
gedeutet); aber: innerhalb des Reiches waren im 6. Jh die meisten Häresien
verschwunden (außer in Germanenreichen)
*
*
*
Fazit:
Antike
• Kirche im Westen eines der zentralen Kontinuitätselemente zwischen
und Mittelalter
• kirchliche Strukturen überdauern Ende röm. Staatlichkeit – bis heute
Ende der Vorlesung
80
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