4. Plasmen im Magnetfeld

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Physik VI
Plasmaphysik
Physik VI – Plasmaphysik
Inhaltsübersicht
1. Charakteristik des Plasmazustandes
2. Experimentelle Grundlagen der Plasmaphysik
3. Thermodynamische Gleichgewichtsplasmen
4. Plasmen im Magnetfeld
5. Wellen im Plasma
6. Plasmakinetik
7. Plasmastrahlung
8. Thermonukleare Plasmen
1
4. Plasmen im Magnetfeld
Die Untersuchung des Plasmas im magnetischen Feld gehört zu den wichtigsten
Aufgabenstellungen der gesamten Plasmaphysik. Erst in der Wechselwirkung mit
magnetischen Feldern kommt die große Vielfalt der Plasmaeigenschaften voll zum
Ausdruck.
Zur Beschreibung der Plasmaeigenschaften im magnetischen Feld stehen zwei
grundlegende Modelle zur Verfügung. Das eine Modell betont die diskrete Struktur des
Plasmas (Teilchenmodell). Im Gegensatz dazu geht das andere Modell von einem
Kontinuum aus (Flüssigkeitsmodell, MHD-Modell)
4.1.
Teilchenmodell
Die Wechselwirkung zwischen Magnetfeld und Plasma basiert in diesem Fall
(Einzelteilchenbild) auf der Kraftwirkung, die magnetische Felder auf bewegte Ladungen
ausüben (Lorentz-Kraft) bzw. auf der Erzeugung solcher Felder durch die Trägerbewegung
Im Plasma entsteht durch das magnetische Feld eine ausgeprägte Anisotropie. Quer zu den
Feldlinien ist die Bewegung der Ladungsträger eingeschränkt.
2
4.1.1. Teilchendriften im konstanten B-Feld
Betrachten Bewegung in xy-Ebene :
Zyklotronfrequenz
• Lösung der Schwingungs-DGL erhält man mit
• und somit die Ortskoordinate
• Larmor-Radius
Teilchenmodell
Lorentzkraft
B = const.


 
F  q  v B

B
B
+
in Feldrichtung:
Elektron
Ion
rechtsherum
Gyrationsfrequenz:
Gyrationsradius:
e B
 ce 
me
m e v
rge 
e B
linksherum
Z e B
 ci 
mi
m i v
rgi 
Z e B
Einzelteilchen verhält sich diamagnetisch
3
4.1.2. Teilchendriften im konstanten B- und E-Feld
• der erste Term entspricht einer überlagerten Driftbewegung
Drift
B = const., E = const.
B
E
Elektron
wird gebremst,
= kleinerer
Gyroradius
Kraft senkrecht zum Magnetfeld führt zu Drift senkrecht
zur Kraft und zum Magnetfeld
Ion
wird beschleunigt,
= größerer
Gyroradius
 

FB
vD 
qB 2
4
• wenn man nur an der Drift interessiert ist, kann man die linke Seite für die Lorentz-Kraft
zu null setzen
• man erhält schließlich die sogenannte ExB-Drift
• diese Drift kann man verallgemeinern, wenn man das E-Feld durch ein „beliebiges“
äußeres Kraftfeld ersetzt, z.B. Gravitationsdrift
• anschaulich bedeuten diese Driften, dass in einem externen Kraftfeld die Ladungsträger
je nach Richtung beschleunigt oder abgebremst werden
• dabei ändert sich der Larmor-Radius und entsprechend die Bahnkrümmung
• durch die Änderung
Teilchenbewegung
der
Bahnkrümmung
driftet
das
Führungszentrum
der
5
4.1.3. Teilchendriften in ungleichförmigen B-Feldern
B-Feld soll eine räumliche Variation aufweisen :
(z.B. Gradient senkrecht zur Richtung von B)
•
es entsteht eine zusätzliche Komponente der Kraft in y-Richtung
•
durch Mittelung über einen Umlauf erhält man
•
und damit
•
diese Gradient-B-Drift entsteht hauptsächlich
durch eine Änderung des Larmor-Radius des
gyrierenden Teilchens
6
B-Feld soll eine räumliche Variation aufweisen : (z.B. Gekrümmte B-Feldlinien)
•
•
falls die B-Feld Linien gekrümmt sind, folgt das Führungszentrum der Teilchentrajektorie dieser Bahn
dadurch entsteht eine Zentrifugalkraft, die wiederum zu einer Drift führt, nämlich der
Krümmungsdrift
•
diese Teilchendriften haben fundamentale
Konsequenzen für die Feldkonfiguration in
einem torodialen Plasma
• durch die Krümmung der Magnetfeldlinien
und den Gradienten im Magnetfeld im Torus
wird eine Ladungsträgertrennung erzeugt
• dies führt zu einem elektrischen Feld, das
wiederum zu einer ExB-Drift führt, die das
Plasma nach außen treibt
Krümmungsdrift
B = const.
Driften in toroidalen Magnetfeldern
B- und Krümmungsdrift:

m  2 1 2
vD  3  v||  v  B  B
qB 
2 
Ladungstrennung durch B- und Krümmungsdrift führt auf E-Feld,
ExB-Drift transportiert Teilchen nach außen
7
B-Feld soll eine räumliche Variation aufweisen : (z.B. Gradient parallel zur Richtung von B)
•
der Gradient im B-Feld wird entwickelt gemäß
•
das Magnetfeld in radialer Richtung und in z-Richtung sind wegen
•
aus der Lorentzkraft ergibt sich eine Komponente in z-Richtung zu
-
-q
mit magnetischem Moment
8
•
Bewegungsgleichung entlang des Magnetfeldes :
•
Betrachtung der Gesamtenergie :
• demnach bleibt das magnetischen
Moment der Teilchenbewegung konstant
bei einer Bewegung entlang des B-Feld
Gradienten
• diese Konstanz des magnetischen
Moments kann man anschaulich an
sogenannten Spiegelfeldern verdeutlichen
Magnetischer Spiegel
Spiegelbedingung:
B m
m 2
m
(v ( Bmin )  v||2 ( Bmin ))  v2 ( Bmax )  max v2 ( Bmin )
2
2
Bmin 2
Bmax
>>
Bmin
v||2 ( Bmin )
v2 ( Bmin )
u.U.Reflexion
!
Spiegelmaschine

Bmax
1
Bmin
9
4.1.4. Teilchendriften in ungleichförmigen E-Feldern
E-Feld soll eine räumliche Variation aufweisen :
•
•
•
bei einem ungleichförmigen elektrischen Feld tritt eine Drift nur dann auf, wenn eine
Krümmung vorhanden ist
ansonsten hebt sich die Beschleunigung bzw. Abbremsung bei einem Umlauf wieder
auf
die Driftgeschwindigkeit enthält neben der ExB-Drift einen zusätzlichen Term
proportional zu
E-Feld soll eine zeitliche Variation aufweisen :
Polarisationsdrift



m E 1
1 E 1
vp 

q t B 2 C t B
10
4. Plasmen im Magnetfeld
4.2.
Instabilitäten, Adiabatische Invarianten
•
•
•
in einer Spiegelmaschine gibt es z.B. Bereiche günstiger und ungünstiger Krümmung
in der Mittelebene ist die Krümmungsdrift auswärts gerichtet und treibt das Plasma
auseinander
demnach kann man je nach Verhältnis von Krümmung der Grenzfläche zwischen
Plasma und Vakuum ein stabiles Gleichgewicht oder eine instabile Konfiguration erhalten
•
liegt ein Dichtegradient vor, der entgegen
einer äußeren Kraft gerichtet ist, so kann
eine Rayleigh-Taylor-Instabilität entstehen
11
•
in Spiegelmaschinen gibt es z.B. mehrere Erhaltungsgrößen
•
wenn diese Erhaltungsgrößen bei kleinen zeitlichen Änderungen der Felder konstant
bleiben, spricht man von adiabatischen Invarianten
•
•
es wird die Änderung des Impulses auf einem geschlossenen Pfad betrachtet
ist dieses Integral konstant, so liegt eine Erhaltungsgröße vor
•
Invarianz des magnetischen Moments
•
µ ist eine Erhaltungsgröße bei der Gyration (erste adiabatische Invariante)
•
Anwendungen : Magnetisches Pumpen, Cusp-Anordnung
12
•
die zweite adiabatische Invariante bezieht sich auf die Pendelbewegung zwischen
den Umkehrpunkten in einer magnetischen Spiegelanordnung
•
•
schließlich gibt es noch eine dritte Pendelbewegung in einer Spiegelanordnung
hierbei rotiert die gesamte Teilchenbahn um die Achse, da die Krümmungsdrift der
Pendelbewegung überlagert ist
Erhaltungsgröße ist hierbei der magnetische Fluss (dritte adiabatische Invariante)
•
13
4. Plasmen im Magnetfeld
4.3.
Stoßbehaftete Ladungsträgerbewegung im Magnetfeld
•
•
•
die bei größeren Plasmadichten verstärkt auftretenden Zusammenstösse der
Ladungsträger untereinander bzw. mit den Neutralteilchen beeinflussen die
Trägerbewegung im Magnetfeld entscheidend
Beschränkung auf den Einfluss der Stöße bei der Bewegung in einem homogenen
Magnetfeld als einfachsten Fall
dies ist der Rahmen der klassischen Drifttheorie
•
wesentlich schwieriger ist die zusätzliche Berücksichtigung der zahlreichen Effekte, die
durch Feldinhomogenitäten bedingt sind, wie sie in den komplizierten Feldern der
Fusionsanlagen auftreten können (neoklassische Drifttheorie)
•
die quantitative Behandlung der Kombination von Gyration und Stoß erfordert wegen des
Zufallcharakters der Stöße die Anwendung statistischer Methoden
eine entsprechende Grundlage stellt die Boltzmann‘sche Stoßgleichung dar
•
14
•
•
•
•
•
•
sie erfasst den Einfluss des Magnetfeldes und der Stöße auf die Geschwindigkeitsverteilungsfunktion der Teilchen, d.h. auf ihr mikrophysikalischen Verhalten
die interessierenden makrophysikalischen Parameter der Bewegung (Transportkoeffizienten) können danach durch Mittelwertbildung berechnet werden
u.U. ist eine genäherte Berechnung ist auch ohne Kenntnis der Geschwindigkeitsverteilung möglich
z.B. kann man die Stöße in der Bewegungsgleichung der Teilchen durch Hinzufügen
einer stochastischen Kraft, die zeitlich gemittelt wird, berücksichtigen
(P. Langevin)
im zeitlichen Mittel wirkt das Stoßglied als zeitliche Änderung des Impulses auf ein
Teilchen wie eine Reibungskraft
mit diesen Ansätzen kann man die Elektrische Drift, die Diffusion und die NernstTownsend-Relation ableiten
15
4. Plasmen im Magnetfeld
4.4.
Flüssigkeitsmodell
Im Einzelteilchenbild können sehr erfolgreich die Driften geladener Teilchen in gegebener
Feldkonfiguration beschrieben werden. Jegliche Vielteilcheneffekte bleiben unbetrachtet.
Vorgänge wie das Ausbilden eines Druckes im Plasma und der Einfluss von Stößen auf den
Transport können nur in einem Vielteilchenbild beschrieben werden.
Während das Teilchenmodell vornehmlich Plasmazustände beschreibt, bei denen Stöße
relativ selten sind, wird unter Bedingungen, bei denen Stöße dominieren, das Modell eines
kontinuierlichen Mediums, analog einer Flüssigkeit, besser geeignet sein. Die
Plasmaflüssigkeit besitzt eine elektrische Leitfähigkeit und auf sie kann die Strömungslehre
angewendet werden.
Im Hinblick auf ihre Wechselwirkung mit dem Magnetfeld bezeichnet man dieses Teilgebiet
der Plasmaphysik als Magnetohydrodynamik (MHD). Die Grundgleichungen der MHD
stellen eine Kombination ais Beziehungen der Strömungslehre, Thermodynamik und
Elektrodynamik dar.
16
4.4.1. Verteilungsfunktionen
In der Plasmaphysik kann man eine Hierarchie von Gleichungen für das
Vielteilchenbild aufstellen.
•
dies beginnt mit einer Funktion f , die N Teilchen im Phasenraum für Ort und
Geschwindigkeit komplett beschreibt
•
Dichte n(x)
•
diese Beschreibung hat schließlich nur noch 3 Dimensionen und entspricht dem
Fluidbild, wobei jede Teilchensorte jeweils einer Flüssigkeit entspricht
•
neben den Fluid-Gleichungen gelten natürlich noch die Maxwell-Gleichungen und
die Zustandsgleichung des Plasmas
Zustandsänderungen werden allgemein durch die Adiabatengleichung beschrieben
•
17
•
prominentes Beispiel für f ist die Maxwell-Geschwindigkeitsverteilung, die sich
einstellt, wenn alle Teilchen durch Stöße ihre Geschwindkeitskomponenten
ausgleichen können und sich die Verteilungsfunktion maximaler Entropie einstellen
kann
•
die Verteilungsfunktion bleibt zeitlich konstant
•
in partiellen Ableitungen ergibt sich
Vlasov-Gleichung
•
und unter Berücksichtigung von Stößen erhält man die Boltzmann-Gleichung
Liouville-Theorem
18
4.4.2. Bilanzen im Fluidbild
•
Momente der Boltzmann-Gleichung führen zu verschiedenen Bilanzen
•
Bildung des 0. Momentes führt zur Teilchenbilanz
•
Bildung des 1. Momentes führt zur Impulsbilanz
•
Bildung des 2. Momentes führt zur Energiebilanz
19
4.4.3. Driften im Fluidbild
•


 vs

Impulsbilanz der Elektronen : me ne
 t  vs vs   ne F  pe  ne e0 E  pe


Drift parallel zum B-Feld
•
im Gleichgewicht (ruhende Flüssigkeit) :
Boltzmann-Beziehung
•
entspricht dem Gleichgewicht zwischen der thermischen Energie der Elektronen und
dem elektrischen Potential, das entsteht, wenn man die Elektronen relativ zu den
Ionen verschiebt
20
Drift senkrecht zum B-Feld
•
für Driften senkrecht zum Magnetfeld ergibt sich
•
man erhält für die Driftgeschwindigkeit
•
der zweite Term ist die diamagnetische Drift
•
sie führt dazu, dass bei gegebenem Druckgradient ein diamagnetischer Strom
getrieben wird, der das äußere Magnetfeld abschirmt
eine zylindrische Plasmasäule in einem äußeren Magnetfeld beginnt als ganzes zu
rotieren
•
•
man erhält für den diamagnetischen Strom
•
und für den magnetischen Druck
21
Bei einem Vergleich zwischen Einzelteilchenbild und Fluidbild stellt man fest, dass einige
Driften in jeweils nur einer Beschreibung vorkommen.
•
diamagnetische Drift
Die diamagnetische Drift kann nicht im Einzelteilchenbild existieren, da nicht das
Zusammenspiel von vielen Teilchen betrachtet wird. Im Fluidbild gibt es eine
Driftbewegung, da Teilchen einen bestimmten Punkt in einer Richtung häufiger
passieren als in die andere. Voraussetzung ist ein Dichtegradient im Plasma.
•
gradB-Drift
Die gradB-Drift existiert im Einzelteilchenbild, aber nicht im Fluidbild. Teilchen treten
durch ein bestimmtes Volumenelement aus beliebigen Richtungen. Demnach bleibt
die Gesamtgeschwindigkeit des Plasmas Null.
22
4. Plasmen im Magnetfeld
4.5.
MHD
Im Hinblick auf ihre Wechselwirkung mit dem Magnetfeld bezeichnet man dieses Teilgebiet
der Plasmaphysik als Magnetohydrodynamik (MHD). Die Grundgleichungen der MHD
stellen eine Kombination aus Beziehungen der Strömungslehre, Thermodynamik und
Elektrodynamik dar.
• Impulsbilanz
(Einflüssigkeitsgleichung,
Euler‘sche Strömungsgleichung der MHD)
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• eine weitere Basisgleichung der MHD ist die Verknüpfung der Stromdichte j mit ihren
Ursachen
• diese Verknüpfung, die als ein verallgemeinertes Ohmsches Gesetz bezeichnet werden
kann, ist im magnetisch anisotropen Plasma außerordentlich kompliziert, da eine Fülle
unterschiedlicher Prozesse zum Strom beitragen können
n
• Auswahl idealisierter Grenzfälle gestattet eine Vereinfachung der MHD-Grundgleichungen
und die schärfere Fassung wesentlicher physikalischer Phänomene
• im Sinne der MHD bezeichnet man ein Plasma als ideal, wenn es reibungsfrei ist, eine
unendliche elektrische Leitfähigkeit aufweist und keine Wärmeleitung zeigt
• eine wichtige Anwendung, in der das Flüssigkeitsmodell des Plasmas zutrifft, ist der MHDGenerator
• er dient der Direktumwandlung von Wärme in elektrische Energie
• prinzipiell entspricht die Arbeitsweise des MHD-Generators dem üblichen Dynamoprinzip:
Bewegt sich ein elektrischer Leiter geeignet in einem Magnetfeld, so wird in ihm eine
Spannung induziert
• beim MHD-Generator stellt der heiße Plasmastrahl den bewegten Leiter dar
MHD-Generator
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