Von der Mythologie zum modernen Weltbild der Astronomie Max Camenzind Senioren-Universität Würzburg 24-11-09 Aktuell …Wasser auf dem Mond Krater-Landschaft auf dem Mond [NASA] Mond-Kamikaze – In Wasser investieren Inhalt • Himmelsbeobachtungen in der Bronzezeit • Die Welt der Griechen – helioznetrisches Weltbild, Almagest – der erste Sternkatalog • Astronomie der Renaissance • Das 18. Jahrhundert: Newton • Das 19. Jahrhundert: die ersten Refraktoren • Das 20. Jahrhundert: Vorstoss ins All • Das 21. Jahrhundert: junger Kosmos, Planeten und Leben W a s is t A s tro no m ie ? • Die Astronomie, Himmelskunde (oder Sternkunde) ist die Wissenschaft von der räumlichen Anordnung, der Bewegung und der physikalischen Beschaffenheit der Himmelskörper und des gesamten Universums. • Astronomie ist heute Kosmologie, die Lehre von Aufbau und Entwicklung des Universums Anfang mythologisch ! Einige Historische Marksteine • • • • • • • • Anfänge in China im 3. Jahrtausend v.Chr. mit Beobachtungen von Kometen und Sonnenfinsternis. Die Inder und Babylonier berechneten 2000 v.Chr. die wichtigsten Himmelserscheinungen. Die Griechen entwickelten im 5. Jahrhundert v.Chr die Astronomie zur Wissenschaft. Ptolemäus faßte 130 n.Chr. das astronomische Wissen des Altertums zum geozentrischen Weltbild zusammen. Dieses Weltbild hat im Abendland bis ins 15. Jahrhundert Gültigkeit! Nikolaus Kopernikus (1473-1545) entwickelt im 16. Jahrhundert das heliozentrische Weltbild. Tycho Brahe (1571-1630), Johannes Kepler und Galileo Galilei (15641642) belegen mit ihren Forschungen dieses Weltbild. Isaac Newton (1643-1727) liefert mit seiner Theorie der Gravitation die himmels-mechanische Begründung für die Bewegung der Gestirne. Bis in das 17. Jahrhundert war fast ausschließlich das Sonnensystem Gegenstand der Astronomie. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts kennt man das System der Fixsterne, das Milchstraßensystem (F. Wilhelm Herschel (1738-1822)). Im 20. Jahrhundert ist man in der astronomischen Forschung, nicht zuletzt mit Hilfe der Raumfahrt, bis zu den Grenzen des Weltalls vorgestoßen. Grundlagen der Astrophysik • • • • • Joseph von Fraunhofer (1787-1826): Der Physiker stellte als erster große Objektive für Fernrohre sowie Beugungsgitter her. die nach ihm benannten Fraunhofernschen Linien (Absorptionslinien) im Sonnenspektrum. Robert Wilhelm Bunsen (1811-1899), Chemiker und Gustav Robert Kirchhoff (1824-1887) Physiker entwickelten die Spektralanalyse und schufen damit die Grundlage der Astrophysik. Ejnar Hertzsprung (1873-1967) und Henry Norris Russel (1877-1957), beide Astrophysiker, erarbeiten das Hertzsprung-Russel-Diagramm, das die Beziehung zwischen Leuchtkraft (Helligkeit) und Spektralklasse (Temperatur und Farbe) der Fixsterne nachweist. Edwin Powell Hubble (1899-1953): Der Astronom und Astrophysiker löste die Randpartien des Andromedanebel in Einzelsterne auf und erkannte somit, dass die bisher als Spiralnebel bezeichneten Galaxien selbständige Sternsysteme sind. Außerdem entdeckte Hubble in den Spektren der Galaxien eine Rotverschiebung proportional zu ihrer Entfernung, was als Expansion des Weltalls gedeutet wird. Die Beziehung zwischen Entfernung und Fluchtgeschwindigkeit der Galaxien infolge dieser Expansion nennt man den Hubble-Effekt. Albert Einstein (1879-1955) stellte 1905 die spezielle, 1915 die allgemeine Relativitätstheorie auf. Die Arbeit Einsteins hatte enormen Einfluß auf die Wissenschaft des 20. Jahrhunderts, insbesondere seine Relativitätstheorien, auf die Astronomie und Kosmologie. Erste Himmelsbeobachtungen Sonnenobservatorium Goseck sog. Kreisgrabenanlage Sonnenobservatorium Goseck • Die Kreisgrabenanlage liegt auf einem Plateau oberhalb des Saaletals und besteht aus einem deutlich erkennbaren, annähernd kreisrunden Ringgraben von etwa 71 m Durchmesser. Es konnte ein flacher Erdwall rund um den Graben nachgewiesen werden. Die Anlage hat drei grabengesäumte Zugangswege, die nach Norden, Südwesten und Südosten ausgerichtet sind. Im Inneren befinden sich Spuren zweier konzentrischer Palisaden (ca. 56 und 49 m Durchmesser) mit gleich ausgerichteten, zum Zentrum hin schmaler werdenden Toren. Sonnenobservatorium Goseck – Ringgraben an SW Seite Sonnenobservatorium Goseck – SW Seite Sonnenobservatorium Goseck - Interpretation Meridian 4800 v.Chr. • Nach Untersuchungen des Astroarchäologen Wolfhard Schlosser vom Astronomischen Institut der Ruhr-Universität Bochum, der früher schon die Himmelsscheibe von Nebra interpretiert hatte, sind die beiden südlichen Tore und Zugangswege vom Mittelpunkt der Anlage aus gesehen mit einer Genauigkeit von drei bis vier Tagen auf den Sonnenaufgang und -untergang zur Wintersonnenwende um 4800 v. Chr. ausgerichtet, das nördliche Tor weist annähernd genau auf den astronomischen Meridian, also nach Norden. Dass es sich um ein Observatorium zur Bestimmung der Wintersonnenwende handelt, gilt daher als wahrscheinlich. Die Sonnenbahn Himmelsscheibe von Nebra ~ 2000 v. Chr. Himmelsscheibe von Nebra Hier ein Bild aus der Wikipedia, wo Sie viel über Fundgeschichte, Alter und Interpretation finden: Material: Bronze und Gold Herstellungszeit ca. 2100 bis 1700 v. Chr. Vergraben ca. 1600 v. Chr. Gefunden bei Raubgrabung 1999 Am 9.10.2008: Münze und Briefmarke mit dem Abbild erschienen… Scheibendurchmesser: 32 cm, maximale Dicke: 4,5 mm Nebra Museum Wangen (Sachsen-Anhalt) Zur Geschichte der Astronomie 2500 – 2000 v. Chr. Stonehenge Stonehenge • Erbaut wurde Stonehenge, diese weltberühmte Anordnung von Megalithen, ab etwa 2200 vor Christus. Wahrscheinlich existierte an gleicher Stelle schon vorher ein Heiligtum der Megalithkultur. Über die genaue Bedeutung, die Riten und Feste denen es diente, weiß man nur wenig. Seit dem frühen achtzehnten Jahrhundert weiß man, dass die Achse des Kreises aus Sarsensteinen etwa auf einen Punkt weist, von dem aus ein Beobachter im Zentrum von Stonehenge den Sonnenaufgang am längsten Tag des Jahres in seiner am Horizont am weitesten nördlich liegenden Stellung sehen konnte. Der Eingang wurde ebenfalls während der Zeit der Benutzung von Stonehenge geringfügig neu ausgerichtet, um astronomische Veränderungen des Sonnenaufgangs zur Zeit der Sommersonnenwende über Jahrhunderte hin zu kompensieren... Stonehenge - Symbol oder Beobachtungsinstrument? • Untersuchungen anderer Steinkreise in Großbritannien sowie in Stonehenge selbst zeigten jedoch, dass die meisten dieser Ausrichtungen rein zufälliger Natur sind und von den Menschen der Jungsteinzeit und Bronzezeit, die diese Steine aufrichteten, nicht beabsichtigt waren. Ausrichtungen hatten ihrer Absicht nach eher Symbolgehalt als wissenschaftliche Grundlage, obwohl sie in vielen Fällen ganz allgemein mit der Richtung des Sonnenaufgangs und -untergangs verbunden waren. Der Gebrauch von Stonehenge als astronomische Beobachtungsstätte der vorgeschichtlichen Zeit wird weiterhin eine Sache der Mutmaßung bleiben. Archäologische Funde stützen diese Behauptung nicht. Astronomie der Griechen Die Erde als Scheibe • Das Bild der Erde als Scheibe war in frühen Kulturen, zum Beispiel bei den alten Ägyptern vor Tausenden von Jahren, verbreitet. In ihrer Vorstellung bestand die Erde aus drei Ebenen: In der Unterwelt befanden sich die Verstorbenen, in der Mitte lebten die Menschen des "Diesseits" darüber lag der himmlische "Ort der Götter". Die Menschen damals fürchteten, dass man vom "Ende der Welt" aus in die Unterwelt stürzen könnte. Durch Beobachtungen der Erde und des Alls glaubten aber mit der Zeit immer weniger Menschen an das scheibenförmige Modell der Erde. C. Flammarion 1842-1925 Sicht des 15. Jh. Scheinbare Magnitude Im alten Griechenland wurden die Sterne in sechs Klassen aufgeteilt; die hellsten in Klasse 1, die schwächsten noch von Auge sichtbaren Sterne gehörten in Klasse 6 (Almagest von Ptolemäus). Aus der Biologie: fast jede Sinnesempfindung des Menschen ist dem Logarithmus des Reizes proportional (Weber-Fechner-Gesetz) f1 m 1 − m 2 = −2 , 5 l o g1 0 f2 Für Stern 2 einen Standard wählen f: Energiefluss der Sterne 1 und 2 m: scheinbare Helligkeit auf der Erde der Sterne 1 & 2 Hellere Sterne haben einen kleineren scheinbaren Magnitudenwert. Absolute Magnitude - Distanzmodul S c heinba re M a g nitude m gibt an, wie hell ein Stern dem Beobachter auf der Erde erscheint. Energiefluss f, der auf der Erde ankommt, hängt von der intrinsischen Helligkeit und der Entfernung des Sterns ab. D 2 f = F d A bs o lute M a g nitude M ist die scheinbare Magnitude m bei einer vorgegeben Entfernung von 10 pc f m − M = −2, 5 l o g1 0 F d = 5 l o g 1 0p c Helligkeitssysteme • im optischen “Standardbänder”: UBVRI (Ultraviolett, Blau, Visuell, Rot, Infrarot), danach JHKLM D urc hlä s s ig k eit des Filters a ls Funk tio n der W ellenlä ng e w erden von vielen T eles k open/I ns trum enten repro duziert; a ber a uc h a ndere S ytem e g ebrä uc hlic h Unser Heimat-Stern - die Sonne Mittlere Distanz: 149’597’870 km = 1AE Radius: 695’700 km= 1R Masse: 1,988 x 1030 kg = 1 M Leuchtkraft: 3,846 x 1026 W Alter: 4,6 Mia. Jahre Absolute Helligkeit: +4,83 mag Scheinbare Helligkeit: -26,74 mag Effektivtemperatur: 5770 K Kerntemperatur: 1,57 ·107 K Griechen: Alle Körper bewegen sich auf Kreisbahnen um die Erde Das Brahesche Weltbild in einer Darstellung von 1661 Geometrische Grundannahmen über die Bewegungen der Himmelskörper 1. Die Planeten und Gestirne bewegen sich auf konzentrischen Kugeln. 2. Die Erde bleibt als Ruhepunkt im Zentrum (geozentrisches Weltsystem). 3. Die Bahnen der Himmelskörper sind Kreise (oder zusammengesetzte Kreisbewegungen). 4. Die Geschwindigkeiten dieser Kreisbewegungen sind gleichförmig. Es traten allerdings zwei Anomalien auf: 1. Die Geschwindigkeit der Planeten sind nicht gleichförmig, so läuft z. B. der Mond durch täglichen Winkel, die sich von 10° bis 14° variieren. 2. Die Laufrichtungen der Planeten ändern sich gelegentlich durch gewisse Rückkehrbewegungen. Die Griechen haben erkannt, dass dieses Phänomen von der Lage relativ zur Sonne abhängig ist. Die Rückkehrbewegung des Mars Epizykel-Bewegungen des Ptolemäus Ptolemäus Aristarch von Samos (310 – 230 v. Chr.) Kopernikus (1473-1543) Wie Kopernikus die Rückkehrbewegungen erklärte Das Paradigma der klassischen Astronomie • Aus heutiger Sicht wissen wir natürlich, dass die Voraussetzungen der griechischen Astronomie grundsätzlich verkehrt waren. • Anstatt jedoch ihre Grundannahmen preiszugeben, haben spätere griechische Astronomen neue mathematische Hilfsmittel entwickelt, die ihnen ermöglichten, diese Schwierigkeiten zu beseitigen. Thomas Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen • Kuhn beschreibt solche konservative Tendenzen als typisch in der Geschichte der Naturwissenschaften. • Er hebt dabei die Wichtigkeit von Paradigmen (was man später als Modelle verstehen wird) für den normalen Forschungsbetrieb hervor. • Kuhn betont deren Rolle für die Stabilität der Wissenschaft. • Das Jahr 2009 ist das Internationale Jahr der Astronomie. Anlass ist das 400-jährige Jubiläum von zwei Ereignissen, die die moderne Astronomie begründet haben: Im Jahr 1609 nutzte Galileo Galilei zum ersten Mal ein Fernrohr zur Himmelsbetrachtung • Im selben Jahr veröffentlichte Johannes Kepler sein Buch "Astronomia Nova", in dem er grundlegende Gesetze der Planetenbewegung aufzeigte. Die ersten Refraktoren Kepler Fernrohr Galilei Fernrohr Galilei´s Teleskop Galileo Galilei * 15. Februar 1564 in Pisa; 1592-1610 Padua; † 8. Januar 1642 in Arcetri bei Florenz • Teleskope neue Erkenntnisse: • Struktur der Mondoberfläche • Sonne hat Flecken (!) • Venus zeigt Phasen • Jupiter hat Monde • Milchstraße aus Sternen Mondkrater Aristarchos Bild: NASA Sidereus Nuncius (Sternenbote) 1610 Autor: Galileo Galilei Die erste Publikation von Daten, die mit Teleskopen erfasst worden sind. Sonnenflecken: Illustration von Attanasius Kircher (1664) Die Sonne vom 7.6.1992 Die Sonne am 19.11.2009 Solarer Fleck Sonnenzyklus Butterfly-Diagramm 400 Jahre Sonnenflecken Aktivitäts-Vorhersage Venus Phasen Die Phasen der Venus von der Erde aus gesehen. Nur mit dem Fernrohr erkennt man, dass Venus Phasen wie der Mond zeigt. Wir sehen sie als große, schmale Sichel, wenn sie zwischen Erde und Sonne steht, und als kleine, wenn sie jenseits der Sonne steht. Venus Phasen (Amateur) Die Galileischen Monde Die Galileischen Monde (v. l. n. r.: Io, Europa, Ganymed und Kallisto) Das neu Weltbild in der Kunst Die zwei neuen Systeme werden „abgewagt“ Observatorium Stjerneborg unweit von Uranienborg Tycho de Brahe der Beobachter ohne Fernrohr 1546-1601 Stjerneborg heute Tycho Brahes Mauerquadrant Tycho Brahe in Hamburg Wandsbek Tychos Supernova von 1572 430 Jahre später (Calar Alto) Tycho Brahe und Kepler in Prag • Nach dem Tode von Frederick II. zankte sich Tycho Brahe mit dem dänischen Hof • 1597 verließ er die Insel Hven • 1599 wurde er Hofmathematiker in Prag • 1600 kam Kepler dorthin als sein Assistent • Brahe starb am 22. Oktober 1601 • Zwei Tage später wurde Kepler zu seinem Nachfolger ernannt. Prag 1600 Kepler publiziert 1627 Tychos Daten Johannes Kepler, 1571-1630: Platonist und Astronom * Weil der Stadt Keplers Wohnhaus in Linz Das Kepler Museum in Weil der Stadt Mathematiklehrer in Graz • Ähnlich wie bei Kopernikus war Astronomie nur eines der vielen Interessen Keplers. • 1591 erwarb er den Magistertitel, danach studierte er Theologie. • Aber im dritten und letzten Jahr seines Studiums starb der Mathematiklehrer an der lutheranischen Schule in Graz. • Kepler bekam im April 1594 mit 22 Jahren die Stelle und damit fing seine einmalige Karriere als Mathematiker und Naturwissenschaftler an. • Er musste Rhetorik und Vergil neben Arithmetik lehren. • Im folgenden Jahr erregte er Aufsehen durch einen Kalender, in dem er für das Jahr 1595 bitter kaltes Wetter, Unruhe unter den Bauern und den Angriff der Türkei in Europa vorhersagte. • Alle drei Aussagen gingen in Erfüllung. • Kepler selbst war ein eher skeptischer Astrologe, trotzdem stellte er Kalender für die nächsten fünf Jahre her. • Außerdem verfasste er mindesten 800 Horoskope. • Diese Tätigkeit gehörte natürlich zu seinem späteren Beruf als Hofmathematiker in Prag. Keplers eigenes Horoskop • Interessanterweise rechnete er sein eigenes Horoskop öfters aus • Dafür benutzte er für die genaue Zeit seiner Empfängnis den Wert: 4 Uhr 37 Minuten in der Nacht vom 16. Mai 1571. • Diese Angaben sind amüsant, denn die Hochzeit seiner Eltern fand einen Tag vorher statt und Kepler wurde nur sieben Monate später geboren. Erster Besuch bei Tycho in Prag • Januar 1600 ging er nach Prag um Tycho Brahe aufzusuchen, der damals frisch auf Schloss Benatky eingezogen war. • Brahe nahm ihn zwar auf, aber behandelte Kepler wie ein Anfänger, so dass er schon im Mai nach Graz zurückkehrte. • Dennoch war dieser Aufenthalt von entscheidender Bedeutung für seine zukünftigen Arbeiten. Tychos „Schatzkammer“ • Er erkannte, dass Brahe im Besitz vieler ganz präziser astronomischer Beobachtungen war. • Nach Keplers Meinung war er aber nicht in der Lage dieselben auszuarbeiten. • Denn das erforderte außerordentliche mathematische Begabung und natürlich sehr viel Sitzfleisch dazu. • In Graz fing Kepler an die Bahn vom Mars auszurechnen, er bekam aber keine Ruhe • Im August 1600 musste er sich einer Kommission stellen und kurz danach wurde er, wie auch 60 andere Protestanten, aus Graz ausgewiesen. • Nach vielen vergeblichen Versuchen Arbeit zu finden, musste er sich im Okt. 1600 wieder bei Tycho anmelden. • Dieser war diesmal froh ihn zu sehen, denn er hatte gerade seinen Chefassistenten Longmontanus verloren. Astronomia Nova (1609) Neue, ursächlich begründete Astronomie oder Physik des Himmels. Dargestellt in Untersuchungen über die Bewegungen des Sternes Mars. Aufgrund der Beobachtungen des Edelmannes Tycho Brahe. Auf Geheiß und Kosten Rudolphs II. Römischer Kaiser … In mehrjährigem, beharrlichem Studium ausgearbeitet zu Prag von Sr. Heil. Kais. Maj. Mathematiker Johannes Kepler. Die Planetenbahnen sind Ellipsen • Nach einem vieljährigen Kampf mit der Marsbahn, überzeugte sich Kepler die alte Kreislehre aufzugeben. • Die Planeten bewegen sich um Ellipsen, wo die Sonne sich in einem Brennpunkt befindet. Die 3 Keplerschen Gesetze der Planetenbewegung Keplers Kampf mit der Marsbahn • Die Ergebnisse von Keplers Berechnung der Marsbahn und seine ersten beiden Gesetze erschienen 1609 in seinem berühmten Astronomia Nova • Nach vier Jahren intensivster Arbeit mit dem Marsproblem hatte Kepler im Jahre 1605 schon 51 Kapitel dieses Buches verfasst. • Er war aber immer noch nicht damit zufrieden, denn er konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Bahn eine echte Ellipse bildet Aus Astronomia Nova, Kapitel 58 „Ich wurde fast verrückt . . . ich konnte nicht verstehen, weswegen der Planet eine elliptische Bahn bevorzugt. Auf Grund physikalischer Prinzipien, die mit Erfahrungen übereinstimmen, blieb keine Figur für die Bahn der Planeten außer einer vollkommenen Ellipse übrig.“ • Dabei hatte er noch Glück, dass die Exzentrizität der Marsbahn viel größer ist als bei den anderen Planeten • Er wäre nie auf die Ellipsenbahn gekommen, wenn er eine andere PlanetenBahn berechnet hätte! Die ersten zwei Keplerschen Gesetze • Er stellte sein erstes Gesetz auf: Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren Brennpunkt die Sonne steht • Da er sich nicht von Anfang an damit abfinden konnte, fand er das zweite Gesetz vor dem ersten: Der „Radiusvektor“ (der Strahl SonnePlanet) überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen Johannes Kepler veröffentlichte zu Beginn des 17. Jahrhunderts in seinen Werken "Astronomia Nova" (Neue Astronomie) und "Harmonices Mundi" (Weltharmonik) die Gesetze der Planetenbewegung. Sie stellen die erste wissenschaftlich korrekte Beschreibung der Planeten-Bewegung dar. Als Basis für Keplers Berechnungen dienten die Beobachtungsergebnisse des dänischen Astronomen Tycho Brahe. Noch heute navigieren Raumsonden im Prinzip nach diesen elementaren Lehrsätzen. Astronomie ohne Fernrohr • Durch Keplers geniale Leistungen haben Brahes Arbeiten zur beobachtenden Astronomie die neue Kosmologie entscheidend gefördert • Die Ergebnisse Brahes rückten sehr nah an die Grenze von dem, was man mit bloßem Auge überhaupt bestimmen konnte • Seine Methoden waren jedoch unmittelbar nach der Veröffentlichung von Galileis Siderius Nuncius (1610) überholt. 1. Gesetz von der Gestalt der Bahn Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. Wie bei jeder Ellipse gilt, dass die Summe aus den Entfernungen des Planeten zu den Brennpunkten gleich dem großen Durchmesser der Ellipse ist. Der Unterschied zwischen der großen und der kleinen Achse ist für die meisten Planeten fast 0. Die Ellipse Großer Durchmesser Entfernung zum Brennpunkt = R2 Entfernung zum Brennpunkt = R1 R1 + R2 = Großer Durchmesser 2a 2. Flächensatz Die von der Sonne zum Planeten gezogene Verbindungslinie überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. Aus dem Energieerhaltungssatz folgt: Je näher der Planet der Sonne ist, desto geringer ist seine potenzielle Energie – also desto höher ist seine kinetische Energie und damit seine Geschwindigkeit. Der Flächensatz langsam schnell 3. Gesetz der Umlaufzeiten Das Verhältnis aus den 3. Potenzen der großen Halbachsen und den Quadraten der Umlaufzeiten ist für alle Planeten konstant. T1 T2 a1 a2 (a1 / a2)3 = (T1 / T2)2 T2/a3 = C = Konstante für jedes Sternsystem Bahnelemente des Sonnensystems Bahnelemente der 8 Planeten Planet HalbExzen- Bahn- Inklina- Mittlere achse a trizität e Periode tion i Geschw Merkur Venus Erde Mars Jupiter Saturn Uranus Neptun 0,387 0,723 1,0 AE 1,523 5,203 9,537 19,191 30,068 0,205 0,006 0,0167 0,093 0,048 0,054 0,047 0,0085 0,2048 0,6152 1,0 a 1,8808 11,863 29,447 84,02 164,79 7,005 ° 3,39 ° 0,00005 1,850 ° 1,305 ° 2,484 ° 0,777 ° 1,769 ° 47,8 35,02 29,78 24,13 13,07 9,672 6,835 5,478 Bahnelemente Zwergplaneten Ein Himmelskörper ist ein Planet, wenn er … sich auf einer Bahn um die Sonne befindet eine ausreichende Masse hat (Eigengravitation) die Umgebung seiner Bahn bereinigt hat. ZwergPlanet Halb- Exzen- Bahn- Inklina- Mittlere achse a trizität e Periode tion i Geschw Ceres Pluto Humaea Makemake Eris 2,766 39,499 43,342 45,660 68,146 0,078 0,248 0,189 0,156 0,432 4,601 248,246 285,3 a 308,54 562,55 10,58 ° 17,16 ° 28,19 ° 28,99 ° 43,74 ° 17,88 4,75 4,52 4,40 3,43 Abstimmung über Planeten 2006 1627 Keplers Welt Die Keplerschen Gesetze gelten für jedes Planetensystem (z.B. Erde-Mond), aber auch für Doppelsternsysteme. Allerdings erklärte Kepler nur, wie sich die Planeten bewegen, nicht aber warum. Erst Newton (17. Jh.) konnte durch sein Gravitationsgesetz zeigen, welche Kraft für die Planetenbewegung verantwortlich ist: F = G (m1 •۬ m2) / r2 Newton’s Gesetze der Bewegung erklären Kepler I. Gesetz der Trägheit II. F=ma III. Aktio = Reaktio Newtonsche Gesetze für 2 Massen in einer Kreisbahn M1 > M2 Sei s = s1 + s2 und Mtot = M1+ M2 dann s1 = s M2/Mtot M1* S1 = M2* S2 und s2 = s M1/Mtot M1 S1 MassenSchwerpunkt S2 M2 Die unbekannten Objekte Kometen & Nebel Ellipsenbahn von Halley: P = 76a 37d a = 17,83 AE e = 0,967 π = 0,586 AE Kometen - das unbekannte Wesen Darstellung des Halleyschen Kometen auf dem Teppich von Bayeux (um 1070) Isaac Newton & Kometen • der englische Wissenschaftler Isaac Newton zeigte im 17. Jahrhundert, dass die Bewegungen der Kometen den gleichen Gesetzen gehorchen, denen die Planeten in ihren Umlaufbahnen folgen. Hauptmenü Das 19. Jahrhundert Fotoplatte & Spektroskopie Bruce Refraktor der LSW Königstuhl (1898) Spektroskopie zieht in Astronomie ein • 1802: William Hyde Wollaston entdeckt 7 dunkle Linien im Sonnenspektrum • 1814: Joseph von Fraunhofer entdeckt und katalogisiert tausende Absorptionslinien • 1859: Gustav Kirchhoff und Robert Bunsen erklären Linien (Spektralanalyse) „Geburtstunde der Astrophysik“ • 1868: Norman Lockyer und Jules Janssen entdecken unbekannte Spektrallinie Helium! • 1887/1888: Henry Rowland veröffentlicht „Preliminary Table of Solar Spectrum Wavelengths“ lange Zeit Standardwerk • 1908: G.E. Hale zeigt mit Zeeman Effekt, das Sonnenflecken Zentren starker Magnetfelder sind Gustav Kirchhoff 1824-1887 Sonnenspektrum (5700 K) Fraunhofer Absorptions-Linien Das Sonnenspektrum Spektrum der Wega (10000 K) Jeder Stern hat ein charakteristisches Spektrum, hängt von der Temperatur der Oberfläche ab. Spektralklassen der Sterne: O, B, A, F, G, K, M, L, T. Schröder Refraktor (1874) Im Argelanderturm in Bonn bis 1954 heute Hoher List in der Eiffel • Argelander war einer der großen Astronomen des 19.Jahrhunderts. In dieser Zeit wurden astronom. Beobachtungen visuell durchgeführt. Argelander entwickelte grundlegende Beobachtungstechniken und wendete sie auf verschiedene astron. Probleme an. • Mit der "Bonner Durchmusterung" entwickelte Argelander eine besonders effektive Methode, um den gesamten nördlichen Sternhimmel zu erfassen und schuf die erste systematische Erfassung des Sternhimmels der Neuzeit. Bonner & Cordoba Durchmusterung Grundlagen des 20. Jahrhunderts Hubble: Universum expandiert Spezielle Relativitätstheorie (Einstein 1905) Kein absoluter Raum, keine absolute Zeit und kein 'lichttragender Äther' • die SRT ersetzt die 'alte' Vorschrift für die Transformation der Maßstäbe durch die neue 'Lorentz-Transformation' • dies lag nach den Maxwellschen Gleichungen, den Versuchen von Michelson zum 'Äther' und den gleichzeitigen Theorien von Hendrik Lorentz, Henri Poincaré und anderen 'in der Luft'. • die SRT verwirft den absoluten Raum und die absolute Zeit Newtons und damit auch - im Gegensatz zu Lorentz – den 'lichttragenden Äther' • ihre unerhörten Konsequenzen für Raum und Zeit wurden von keinem ungezählter Präzisionsexperimente widerlegt. 'Die Gesetze der Physik müssen so beschaffen sein, dass sie in Bezug auf beliebig bewegte Bezugssysteme gelten' Die Grundlagen der Allgemeinen Relativitätstheorie, Annalen der Physik 49 (1916) 769 Rik – 1/2 R gik (– Λ gik) = 8π G/c4 Tik 'Materie erzeugt Krümmung der Raumzeit, und Krümmung bestimmt die Bewegung der Materie' (John Wheeler) • … entdeckte Cepheiden in der Andromeda Galaxie. • Daraus berechnete er die Distanz zu Andromeda Galaxie: 2 Millionen Lichtjahre war damit außerhalb der Galaxis • Er entwickelte eine Klassifikation für Galaxien Hubble Typen • … entdeckte die Expansion des Universums • Weltraumteleskop nach ihm benannt. Edwin Hubble (1889-1953) Universum expandiert Hubble 1929 Millikan, Lemaître, Einstein Tiefer Blick ins Universum Hubble Ultra-Deep Field Hipparcos Katalog der Sterne • Der Hipparcos-Katalog wurde aus Daten des astrometrischen Satelliten Hipparcos der Europäischen Weltraumorganisation ESA zusammengestellt, der zwischen 1989 und 1993 im Einsatz war. Der Katalog wurde 1997 veröffentlicht und enthält 118.218 Sterne in bisher einmaliger Präzision - durchschnittlich ±0,003". Er ist auch wegen seiner Parallaxenmessungen interessant, die um einiges akkurater sind als von Observatorien am Boden vorgenommene, und wegen der Messungen von Radialgeschwindigkeiten. • Neben diesen sehr genauen Messungen kartografierte der Satellit noch eine Vielzahl weiterer Sterne mit etwas geringerer Genauigkeit. Diese beiden Tycho-Kataloge, Tycho und Tycho 2, enthalten 1 bzw. 2 Millionen Sterne mit 0,03" Genauigkeit. Die Entdeckung der 3K-Hintergrundstrahlung 1964 entdeckten die beiden Radio Ingenieure Arno Penzias und Robert Wilson bei der Eichung einer Antenne ein Strahlungssignal im Mikrowellenlängenbereich (λ = 7,15 cm) Da dieses Signal keine periodischen Schwankungen zeigte und aus allen Richtungen in gleicher Stärke kam, schien es kosmischen Ursprungs zu sein. (beide erhielten später den Nobelpreis für ihre Entdeckung) Steinheimer, Stiele, Lorenz 124 Die CMB Missionen • COBE (Cosmic Background Explorer): – 1989-1993 – Bestimmung der Schwarzkörper-Temperatur des CMB: T = 2,728±0,002 K – Entdeckung von Anisotropien Steinheimer, Stiele, Lorenz 125 Die CMB Missionen • WMAP (Wilkinson Microwave Anisotropy Probe): – 2001-2007 – feste Position gegenüber Sonne und Erde (Lagrange-Punkt L2) – Radius der Umlaufbahn: vierfacher Abstand Erde-Mond – Beobachtung der gesamten Himmelssphäre: 6 Monate – Auflösung: 13 arcmin – genaue Vermessung der Anisotropien – erste Polarisationsmessungen Steinheimer, Stiele, Lorenz 126 WMAP Karte WMAP Anisotropien Winkelskala Die CMB Missionen • Planck: – ESA-Satellit – Start: 14. Mai 2009 – Messung der Anisotropien für Winkel größer 5-8 arcmin, mit einer Genauigkeit von 2 Mikro-Kelvin! Vermessung der Polarisation in der Hintergrundstrahlung. Steinheimer, Stiele, Lorenz 129 Planck: September 2009 Unser Universum besteht aus Baryonen, Dunkler Materie & Dunkler Energie (seit 1998) Das Urknall-Modell Zusammenfassung • Vorstellung über Universum entwickelt sich von Scheibenvorstellung zu geozentrischem, dann heliozentrischem und schliesslich homogenem Universum. • Erst Hubble konnte 1929 zeigen: das Universum hat kein Zentrum – das Universum der Galaxien expandiert. • Theoretisch von Lemaitre bereits 1927 vorhergesagt ( Einstein-Theorie). • Heute wissen wir: das Universum expandiert sogar beschleunigt. Urknall Modell des Universums.