Die Kopernikanische Wende Max Camenzind Senioren Uni Mai 2016 Griechen: Alle Körper bewegen sich auf Kreisbahnen um die Erde Das geozentrische Weltbild in einer Darstellung von 1661 Die Kristallsphären Fixsternsphäre rotiert Geometrische Grundannahmen über die Bewegungen der Himmelskörper 1. Die Planeten und Gestirne bewegen sich auf konzentrischen Kugeln. 2. Die Erde bleibt als Ruhepunkt im Zentrum (geozentrisches Weltsystem). 3. Die Bahnen der Himmelskörper sind Kreise (oder zusammengesetzte Kreisbewegungen). 4. Die Geschwindigkeiten dieser Kreisbewegungen sind gleichförmig. Es traten allerdings zwei Anomalien auf: 1. Die Geschwindigkeit der Planeten sind nicht gleichförmig, so läuft z. B. der Mond durch täglichen Winkel, die sich von 10° bis 14° variieren. 2. Die Laufrichtungen der Planeten ändern sich gelegentlich durch gewisse Rückkehrbewegungen. Die Griechen haben erkannt, dass dieses Phänomen von der Lage relativ zur Sonne abhängig ist. Die Rückkehrbewegung der Marsbahn Epizykel-Bewegungen des Ptolemäus Ptolemäus Aristarch von Samos (310 – 230 v. Chr.) Kopernikus (1473-1543) Nikolaus Kopernikus Quelle: DIE ZEIT, 20.05.2010 Nr. 21: Geboren wurde Nikolaus Kopernikus am 19. Februar 1473 in Thorn an der Weichsel. Als sein Vater, ein wohlhabender Kaufmann, starb, war der Junge zehn Jahre alt. Von nun an kümmerte sich sein Onkel Lukas Watzenrode um die Ausbildung des Halbwaisen. Glück im Unglück: Onkel Lukas war der Bischof des Ermlands, des Bistums an der Danziger Bucht, mit Sitz in Frauenburg. Er schickte den jungen Nikolaus an die Universität Krakau, wo dieser das traditionelle Grundstudium der sieben freien Künste absolvierte. Dazu gehörte auch die Astronomie. Doch vermutlich hat Kopernikus nie den Abschluss gemacht, jedenfalls führte er später keinen Titel der Universität. Dafür hatte er gute Beziehungen. K1 Lukas Watzenrode verschaffte seinem Neffen eine Anstellung als Domherr von Frauenburg. Insgesamt 16 Domherren verwalteten die Ländereien und Besitztümer des Bistums und teilten sich die Erträge. Eine schöne Pfründe: Kopernikus hatte damit finanziell ausgesorgt, brauchte für seine Verwaltungsaufgaben aber noch den Universitätsabschluss. Das Domkapitel ließ ihn 1496 an die Universität Bologna gehen. Hier setzte er seine astronomischen Studien fort. Platon und Aristoteles stellten den Astronomen also die Hausaufgaben für die nächsten zwei Jahrtausende: Erkläre die beobachteten Planetenbahnen durch Kreisbewegungen! Das war knifflig. Denn Venus, Merkur, Mars, Jupiter und Saturn schlingern, von der Erde aus gesehen, im Jahreslauf regelrecht über den Nachthimmel und drehen auch schon mal eine kleine Rückwärtsschleife. Von gleichmäßiger K2 Kreisbewegung keine Spur. Doch während Europa im Mittelalter vor sich hin dämmerte, entbrannte unter den avantgardistischen Astronomen Arabiens eine Debatte, die auch Kopernikus beeinflussen sollte. Auf der einen Seite standen die Aristoteles-Verehrer um den islamischen Religionsphilosophen Ibn Ruschd (Averroës). Ihrer Ansicht nach hatte Ptolemäus sich zu weit von Aristoteles entfernt. Auf der anderen Seite stand die Astronomenschule von Maragha im heutigen Nordiran, die Ptolemäus verteidigte, ihn aber ebenfalls physikalisch erden wollte. Kopernikus, damals in Bologna, schlug sich auf die Seite der MaraghaSchule. Er suchte nach einer physikalischen Deutung des ptolemäischen Kreisgewirrs. Mit einem kleinen, aber bedeutenden Unterschied: Er vertauschte die Position von K3 Erde und Sonne. 1503 wurde er in Kirchenrecht promoviert und kehrte zurück nach Frauenburg, das er nur noch einmal, als der Ort von den Truppen des Deutschen Ordens verwüstet wurde, für eine kurze Zeit verlassen sollte. Der Domherr Kopernikus hatte andere Sorgen als das Universum. Er musste die Dombaukasse verwalten, für die Reichen beten, Abgaben festlegen, über die Münzreform und die Brotpreise nachdenken. Dazu half er als Arzt, wo er konnte. Er war ein Kirchenmann wie jeder andere, mit seiner Haushälterin Anna Schillings hatte er ein Verhältnis. An seinem Sonnensystem arbeitete er in Mußestunden. Um es im Blick zu behalten, richtete er sich eine kleine Sternwarte ein. K4 1510 schrieb er den Commentariolus, den »Kleinen Kommentar«, der die Welt auf den Kopf stellte. Es war nicht viel mehr als ein Thesenpapier, zwanzig Seiten kurz, verbreitet in wenigen handschriftlichen Kopien. In sieben »Forderungen« skizzierte Kopernikus das heliozentrische Weltbild. Unter Nummer 3 und 6 die entscheidenden Sätze: Alle Sphären haben die Sonne zum Mittelpunkt. Das Zentrum des Kosmos liegt daher in der Nähe der Sonne. Was wir für eine Bewegung der Sonne halten, rührt von der Bewegung der Erde und unserer Kugelschale her, mit der wir die Sonne umkreisen. Zwei wichtige Prinzipien der aristotelischen Physik allerdings tastet Kopernikus nicht an: Planeten werden von Kugelschalen bewegt, und sie bewegen sich auf Kreisbahnen. K5 Stimmte die Theorie mit der Beobachtung überein? Nicht sonderlich gut – was Kopernikus bewog, die Veröffentlichung seines Hauptwerks De revolutionibus immer weiter hinauszuschieben und schließlich an den Beobachtungsdaten der Antike zu zweifeln. Immerhin machte seine Theorie neue Vorhersagen: Im heliozentrischen Weltbild muss die Venus ebenso wie der Mond unterschiedliche Phasen haben, also je nach Stand zur Sonne mal sichelförmig und mal voll erscheinen. Indes konnte diese Vorhersage nicht ohne Teleskop beobachtet werden, und das gab es noch nicht. Die Revolution lief schleppend an. 1514 wurde Kopernikus von der päpstlichen Kommission zur Reform des Kalenders um eine Stellungnahme gebeten. Im Jahr 1533 ließ sich der Medici-Papst Klemens VII. von einem Sekretär »die kopernikanischen Sätze über die Bewegung der Erde« erklären. Rechenübungen zur besseren Beschreibung der Himmelsphänomene waren damals keineswegs tabu – solange es beim bloßen Rechnen blieb. Außerdem war Kopernikus ja einer K6 von ihnen. Schwierigkeiten bekam er aus anderen Gründen. Er möge endlich den Zölibat respektieren, mahnte 1538 Frauenburgs Bischof Johannes Dantiscus (der selbst ein uneheliches Kind unterhielt). Kopernikus gehorchte und entließ Anna Schillings. Gleichzeitig beschloss er, sein lange zurückgehaltenes Buch „De revolutionibus orbium coelestium“ in Druck zu geben, mit dem er die Kirche erst so richtig ärgern sollte. Sein einziger Schüler, der Mathematiker Georg Joachim Rheticus aus Vorarlberg, vollendete die Abschrift und brachte das Werk 1541 nach Nürnberg. Er bat den protestantischen Pfarrer Andreas Osiander, den Druck zu überwachen. Der jedoch tat etwas Unerhörtes: Er fügte dem Werk eigenmächtig ein anonymes Vorwort hinzu, in dem er das heliozentrische Weltbild im Wesentlichen als mathematische Hilfskonstruktion bezeichnete, nicht zu verwechseln mit der wirklichen Beschaffenheit des Kosmos. K7 Im Jahr 1543 erschien das Werk, eine Abhandlung für Spezialisten mit mehr als 400 Seiten Text und Tabellen, mit endlosen Zahlenkolonnen zu Sternpositionen und Planetenbahnen. Kurz darauf erlitt Kopernikus einen Schlaganfall. Sein Freund Tiedemann Giese, später selbst Bischof in Frauenburg, schrieb in einem Brief an Rheticus: »Viele Tage war er seines Gedächtnisses und seiner Geisteskraft beraubt; erst im letzten Augenblick sah er das fertige Buch, an dem Tag, an dem er starb.« Es geht die Legende, dass Kopernikus vor Gram starb, als er das gefälschte Vorwort entdeckte. Unwahrscheinlich, meint Biograf Carrier. Kopernikus habe in seinem elenden Zustand davon kaum Notiz nehmen können. Es waren andere, die sich für ihn aufregten. Giese strengte sogar eine Klage gegen die Nürnberger Druckerei an, die allerdings abgewiesen wurde. K8 Doch just als bloßes Rechenmodell taugte das neue Theoriewerk nicht viel. Weil Kopernikus auf Kreisbahnen beharrte und von Ellipsen nichts wissen wollte, blieb es mit schwerfälligen Hilfskonstruktionen belastet, nicht anders als seine antiken Vorgänger. Als Weltmodell aber überzeugte es rasch. So erklärte es ganz von selbst, warum die Venus und der Merkur immer in der Nähe der Sonne zu sehen waren: weil sie als die innersten beiden Planeten die Sonne umkreisten. Auch die rückläufige Bewegung des Mars war bei Kopernikus sofort einsichtig: Die Erde überholte den Mars auf ihrer Umlaufbahn. Entscheidend für den Erfolg seines Modells war, dass die führenden Naturforscher der Zeit diese Vorzüge erkannten und es weiterentwickelten. Der Däne Tycho Brahe schaffte die Kugelschalen ab, Kepler die Kreisbewegung der Planeten. Der Durchbruch kam, als Galilei im Herbst 1610 mit seinem Teleskop erstmals die Phasen der Venus beobachten konnte. K9 Als der Kirche dämmerte, dass ihr Weltbild wankte, schlug sie mit Macht zurück. Im Jahr 1616 setzte die Inquisition das kopernikanische System auf den Index, nach dem Prozess gegen Galilei im Jahr 1633 war es absolut tabu. Es waren Rückzugsgefechte, die den rasenden Autoritätsverfall der Kirche nicht mehr aufhalten konnten. Immer weiter drang die Wissenschaft vor in die Tiefen des Alls, immer präziser wurden ihre Messungen. Heute ist das Sonnensystem längst zu einem lächerlich kleinen Fleck im Kosmos geschrumpft. So hatte Kopernikus, für den das Sonnensystem noch der Mittelpunkt allen Seins war, sich das gewiss nicht vorgestellt. K10 Tycho Brahe auf der Insel Ven Observatorium Stjerneborg unweit von Uraniborg Tycho de Brahe der Beobachter ohne Fernrohr 1546-1601 Stjerneborg heute König Friedrich II. von Dänemark und Norwegen finanzierte die Sternwarten Uraniborg und Stjerneborg auf der damals noch dänischen Öresundinsel Ven vor Landskrona, an denen Brahe 21 Jahre lang forschte. Brahe baute nicht nur alle benötigten Instrumente selbst, sondern druckte auch seine eigenen Bücher. Tycho Brahes Mauerquadrant Tycho Brahe in Hamburg Wandsbek Tychos Supernova von 1572 430 Jahre später (Calar Alto) Tycho Brahe und Kepler in Prag • Nach dem Tode von Frederick II. zankte sich Tycho Brahe mit dem dänischen Hof. • 1597 verließ er die Insel Ven Wandsbek • 1599 wurde er Hofmathematiker in Prag • 1600 kam Kepler dorthin als sein Assistent • Brahe starb am 22. Oktober 1601 • Zwei Tage später wurde Kepler zu seinem Nachfolger ernannt. Prag 1600 Kepler publiziert 1627 Tychos Daten Die Kopernikanische Wende II Die Kopernikanische Revolution prägt die Entwicklung der Astronomie im 18., 19. und 20. Jahrhundert. Vor der Industriellen Revolution war die Rolle der Naturwissenschaften im Vergleich zu den anderen Wissenschaften eher marginal. Weder waren sie auf dem Buchmarkt bedeutend, noch gelangten aus ihnen nennenswerte Impulse in die theologischen Debatten, die im Zentrum wissenschaftlicher und politischer Auseinandersetzungen standen. Auch an den Universitäten waren sie kaum etabliert: Naturwissenschaft taucht hier nur als „Naturphilosophie“ auf. Es erscheint daher unwahrschein-lich, dass eine Frage aus den Naturwissenschaften schon vor dem 19. Jahrhundert gesellschaftlich die Relevanz gehabt haben kann. Galilei und Kepler entwickeln völlig neue Methoden, die Vorgänge in der Welt zu begreifen - Galilei ist der erste Experimentalphysiker, ihm fehlte jedoch noch der Kraftbegriff, den erst Isaac Newton einführte. Johannes Kepler, 1571-1630: Platonist, Mathematiker, Astronom s. Sterne & Weltraum März 2016, S. 82 * Weil der Stadt Keplers Wohnhaus in Linz Das Kepler Museum in Weil der Stadt Mathematiklehrer in Graz • Ähnlich wie bei Kopernikus war Astronomie nur eines der vielen Interessen Keplers. • 1591 erwarb er den Magistertitel, danach studierte er Theologie. • Aber im dritten und letzten Jahr seines Studiums starb der Mathematiklehrer an der lutheranischen Schule in Graz. • Kepler bekam im April 1594 mit 22 Jahren die Stelle und damit fing seine einmalige Karriere als Mathematiker und Naturwissenschaftler an. • Er musste Rhetorik und Vergil neben Arithmetik lehren! • Im folgenden Jahr erregte er Aufsehen durch einen Kalender, in dem er für das Jahr 1595 bitter kaltes Wetter, Unruhe unter den Bauern und den Angriff der Türkei in Europa vorhersagte. • Alle drei Aussagen gingen in Erfüllung. • Kepler selbst war ein eher skeptischer Astrologe, trotzdem stellte er Kalender für die nächsten fünf Jahre her. • Außerdem verfasste er mindesten 800 Horoskope. • Diese Tätigkeit gehörte zu seinem späteren Beruf als Hofmathematiker in Prag. Keplers eigenes Horoskop • Interessanterweise rechnete er sein eigenes Horoskop öfters aus • Dafür benutzte er für die genaue Zeit seiner Empfängnis den Wert: 4 Uhr 37 Minuten in der Nacht vom 16. Mai 1571. • Diese Angaben sind amüsant, denn die Hochzeit seiner Eltern fand einen Tag vorher statt und Kepler wurde nur sieben Monate später geboren. Erster Besuch bei Tycho in Prag • Im Januar 1600 ging Kepler nach Prag, um Tycho Brahe aufzusuchen, der damals frisch auf Schloss Benatky eingezogen war. • Brahe nahm ihn zwar auf, aber behandelte Kepler wie einen Anfänger, so dass er schon im Mai nach Graz zurückkehrte. • Dennoch war dieser Aufenthalt von entscheidender Bedeutung für seine zukünftigen Arbeiten. Tychos „Schatzkammer“ • Er erkannte, dass Brahe im Besitz vieler ganz präziser astronomischer Beobachtungen war. • Nach Keplers Meinung war er aber nicht in der Lage dieselben auszuarbeiten. • Denn das erforderte außerordentliche mathematische Begabung und natürlich sehr viel Sitzfleisch dazu. • In Graz fing Kepler an die Bahn vom Mars auszurechnen, er bekam aber keine Ruhe. • Im August 1600 musste er sich einer Kommission stellen und kurz danach wurde er, wie auch 60 andere Protestanten, aus Graz ausgewiesen. Die Gegenreformation war erfolgreich. • Nach vielen vergeblichen Versuchen, Arbeit zu finden, musste er sich im Okt. 1600 wieder bei Tycho anmelden. • Dieser war diesmal froh ihn zu sehen, denn er hatte gerade seinen Chefassistenten Longmontanus verloren. Doch jetzt ist vermessen, was es zu vermessen gibt. Jetzt müssen die Daten ausgewertet werden. Da kommt ein begabter Nachwuchs-Astronom wie Kepler gerade recht. Tycho Brahe hat nämlich ein Modell des Universums entworfen, dessen Richtigkeit er mithilfe der Messdaten nachweisen will. In seinem Weltbild drehen sich die Planeten um die Sonne, diese wiederum rotiert um die Erde, die den Mittelpunkt des Universums bildet kompletter Unsinn, wie Kepler findet. Daher will er lieber seine eigene Theorie ausarbeiten. Doch Brahe lässt ihn nicht, verwehrt seinem Assistenten den Zugang zu den interessantesten seiner Beobachtungen - und teilt ihm stattdessen nebensächliche Aufgaben zu. Kepler ist enttäuscht und wütend. Er fühlt sich missverstanden, ausgenutzt. Er bekniet Wissenschaftler in ganz Europa, auf Brahe einzuwirken. Doch niemand macht sich für ihn stark, und der Däne bleibt stur. Tychos Weltmodell Das Tychon -ische Weltmodell Alles rotiert um die Erde Astronomia Nova (1609) = Neue, ursächlich begründete Astronomie oder Physik des Himmels. Dargestellt in Untersuchungen über die Bewegungen des Sternes Mars. Aufgrund der Beobachtungen des Edelmannes Tycho Brahe. Auf Geheiß und Kosten Rudolphs II. Römischer Kaiser … In mehrjährigem, beharrlichem Studium ausgearbeitet zu Prag von Sr. Heil. Kais. Maj. Mathematiker Johannes Kepler. Die Planetenbahnen sind Ellipsen • Nach einem vieljährigen Kampf mit der Marsbahn, überzeugte sich Kepler die alte Kreislehre aufzugeben. • Die Planeten bewegen sich um Ellipsen, wo die Sonne sich in einem Brennpunkt befindet. “Ich selber wil mich hievon zu etwas anderem wenden, was meinen Kräften eher entspricht. Dabei will ich mich aber nicht auf jenem Gebiet meiner Kunst aufhalten, auf dem ich mit meinen Gefährten in Spannung geraten könnte. Sie mögen sich meinetwegen in ihrer Weise darüber freuen, daß nun der in die Ketten der Rechnung geschlagen ist, der so oft ihren Händen und Blicken entschlüpfte und Vorhersagen von großer Bedeutung zunichte machte, Vorhersagen über Krieg, Sieg, Herrschaft, militärische Auszeichnungen, leitende Stellungen, Spiel, ja sogar Entscheidungen über Tod und Leben. (…) Er ist schließlich auch der Herrscher im Widder, dem nach ihrem Glauben Deutschland unterstellt ist, und so hat er zugleich mit Ew. Heil. Kais, Majestät hier die Herrschaft inne. Diesen Teil des Triumphs mögen also meinetwegen jene Männer feiern. An so einem festlichen Tag möchte ich ihnen keine Ursache zum Streit geben. Es sei ihnen ihre Freude verstattet, wie man Soldatenspässe hingehen lässt. Ich selbst aber will mich zur Astronomie wenden und von dem Triumphwagen aus den weiteren, mir ganz besonders bekannten Ruhm unseres Gefangenen sowie aller Phasen des Krieges, den ich geführt und nun abgeschlossen habe, darlegen.” Die 3 Keplerschen Gesetze der Planetenbewegung Keplers Kampf mit der Marsbahn • Die Ergebnisse von Keplers Berechnung der Marsbahn und seine ersten beiden Gesetze erschienen 1609 in seinem berühmten Astronomia Nova. • Nach vier Jahren intensivster Arbeit mit dem Marsproblem hatte Kepler im Jahre 1605 schon 51 Kapitel dieses Buches verfasst. • Er war aber immer noch nicht damit zufrieden, denn er konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Bahn eine echte Ellipse bildet. Aus Astronomia Nova, Kapitel 58 „Ich wurde fast verrückt . . . ich konnte nicht verstehen, weswegen der Planet eine elliptische Bahn bevorzugt. Auf Grund physikalischer Prinzipien, die mit Erfahrungen übereinstimmen, blieb keine Figur für die Bahn der Planeten außer einer vollkommenen Ellipse übrig.“ • Dabei hatte er noch Glück, dass die Exzentrizität der Marsbahn viel größer ist als bei den anderen Planeten. • Er wäre nie auf die Ellipsenbahn gekommen, wenn er eine andere Planeten-Bahn berechnet hätte! Die ersten zwei Keplerschen Gesetze • Er stellte sein erstes Gesetz auf: Die Planeten bewegen sich auf Ellipsen, in deren Brennpunkt die Sonne steht • Da er sich nicht von Anfang an damit abfinden konnte, fand er das zweite Gesetz vor dem ersten: Der „Radiusvektor“ (der Strahl SonnePlanet) überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. Die ersten zwei Keplerschen Gesetze dA/dt = const kann Kepler nicht erklären Bahn des Kometen Halley Lang gestreckte Ellipse: P = 76 Jahre Komet Halley 3. Gesetz der Umlaufzeiten Das Verhältnis aus den 3. Potenzen der großen Halbachsen und den Quadraten der Umlaufzeiten ist für alle Planeten konstant. T1 T2 a1 a2 (a1 / a2)3 = (T1 / T2)2 T2/a3 = C = Konstante für jedes Planetensystem Gesetz der Umlaufzeiten Die äußeren Planeten laufen langsamer: Jupiter braucht 11,8 Jahre, Neptun 165 Jahre Die 6 Bahnelemente der Planeten Bahnelemente der 8 Planeten Planet Halbachse a Merkur 0,387 Venus 0,723 Erde 1,0 AE Mars 1,523 Jupiter 5,203 Saturn 9,537 Uranus 19,191 Neptun 30,068 Exzentrizität e 0,205 0,006 0,0167 0,093 0,048 0,054 0,047 0,0085 BahnPeriode 0,2048 0,6152 1,0 a 1,8808 11,863 29,447 84,02 164,79 Inklination i 7,005 ° 3,39 ° 0,00005 1,850 ° 1,305 ° 2,484 ° 0,777 ° 1,769 ° Mittlere Geschw 47,8 35,02 29,78 24,13 13,07 9,672 6,835 5,478 Isaac Newton 1687 Isaac Newton erklärt Kepler-Gesetze Abrundung der Geschichte Würdigung der Keplerschen Gesetze Johannes Kepler veröffentlichte zu Beginn des 17. Jahrhunderts in seinen Werken "Astronomia Nova" (Neue Astronomie) und "Harmonices Mundi" (Weltharmonik) die Gesetze der Planetenbewegung. Sie stellen die erste wissenschaftlich korrekte Beschreibung der Planeten-Bewegung dar. Als Basis für Keplers Berechnungen dienten die Beobachtungsergebnisse des dänischen Astronomen Tycho Brahe. Noch heute navigieren Raumsonden im Prinzip nach diesen elementaren Lehrsätzen. Astronomie ohne Fernrohr • Durch Keplers geniale Leistungen haben Brahes Arbeiten zur beobachtenden Astronomie die neue Kosmologie entscheidend gefördert. • Die Ergebnisse Brahes rückten sehr nah an die Grenze von dem, was man mit bloßem Auge überhaupt bestimmen konnte. • Seine Methoden waren jedoch unmittelbar nach der Veröffentlichung von Galileis Siderius Nuncius (1610) überholt. Das Paradigma der klassischen Astronomie • Aus heutiger Sicht wissen wir natürlich, dass die Voraussetzungen der griechischen Astronomie grundsätzlich verkehrt waren. • Anstatt jedoch ihre Grundannahmen preiszugeben, haben spätere griechische Astronomen neue mathematische Hilfsmittel entwickelt, die ihnen ermöglichten, diese Schwierigkeiten zu beseitigen. • ein Vorgehen, das heute in der Physik nicht ganz unbekannt ist! Thomas Kuhn: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen • Kuhn beschreibt solche konservativen Tendenzen als typisch in der Geschichte der Naturwissenschaften. • Er hebt dabei die Wichtigkeit von Paradigmen (was man später als Modelle verstehen wird) für den normalen Forschungsbetrieb hervor. • Kuhn betont deren Rolle für die Stabilität der Wissenschaft. • Das Jahr 2009 war das Internationale Jahr der Astronomie. Anlass war das 400jährige Jubiläum von zwei Ereignissen, die die moderne Astronomie begründet haben: • Im Jahr 1609 nutzte Galileo Galilei zum ersten Mal ein Fernrohr zur Himmelsbetrachtung • Im selben Jahr veröffentlichte Johannes Kepler sein Buch "Astronomia Nova", in dem er grundlegende Gesetze der Planetenbewegung aufzeigte. Die ersten Refraktoren Kepler Fernrohr Galilei Fernrohr Galilei´s Teleskope Galileo Galilei * 15. Februar 1564 in Pisa; 1592-1610 Padua; † 8. Januar 1642 in Arcetri bei Florenz • Teleskope neue Erkenntnisse: • Struktur der Mondoberfläche • Sonne hat Flecken (!) • Venus zeigt Phasen • Jupiter hat Monde • Milchstraße aus Sternen Galileo Galilei – der erste Experimentalphysiker Zum Nachdenken: Was hat Galilei bei der schiefen Ebene herausgefunden? Zum Nachdenken: Was hat Galilei beim Pendel herausgefunden? Mondkrater Aristarchos Bild: NASA Sidereus Nuncius (Sternenbote) 1610 Autor: Galileo Galilei Die erste Publikation von Daten, die mit Teleskopen erfasst worden sind. Sonnenflecken: Illustration von Attanasius Kircher (1664) Die Sonne vom 3.3.2016 Aktivität klingt ab Solarer Fleck Sonnenzyklus Butterfly-Diagramm 400 Jahre Sonnenflecken Aktivitäts-Vorhersage Maunder Minimum? Sonnenaktivität – Klima & Menschheitsentwicklung Venus Phasen Die Phasen der Venus von der Erde aus gesehen. Nur mit dem Fernrohr erkennt man, dass Venus Phasen wie der Mond zeigt. Wir sehen sie als große, schmale Sichel, wenn sie zwischen Erde und Sonne steht, und als kleine, wenn sie jenseits der Sonne steht. Venus Phasen (Amateur) Die Galilei`schen Monde Die Galileischen Monde (v. l. n. r.: Io, Europa, Ganymed und Kallisto) Das neu Weltbild in der Kunst Die zwei neuen Systeme werden „abgewagt“ Abstimmung über Planeten 2006 1627 Keplers Welt