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Welche Probleme können nach einer
Amputation auftreten?
Wenn es nun dem Rehabilitationsteam mit Ihrer Hilfe gelungen ist, Sie
mit einer Prothese zu versorgen, und Sie den Umgang mit der Prothese erlernt und die Gehübungen bewältigt haben, steht einer Entlassung in häusliche Pflege nichts mehr im Wege. Diese kann allerdings
nur dann guten Gewissens erfolgen, wenn Sie subjektiv das Gefühl der
Sicherheit haben und objektiv die Passform des Behelfs gewährleistet
ist. Mit zunehmender Übung wird sich Ihr Aktionsradius erweitern
und Sie werden lernen, die anfänglichen Probleme in den Griff zu
bekommen.
Im Laufe der Zeit können natürlich Veränderungen oder Schwierigkeiten auftreten, auf die in den folgenden Unterkapiteln näher eingegangen werden soll.
5-1
Beschwerden im Stumpfbereich
Wie Sie gelesen haben, wird ein Stumpf nach der Amputation nach
Möglichkeit mit einem Vollkontaktschaft versorgt. Nun sind aber die
Haut, die Muskulatur, das Fettgewebe und der Knochen von Natur aus
nicht auf diese veränderte Art der Belastung eingerichtet. Die Muskulatur zum Beispiel wird anders oder weniger beansprucht, als es vor der
Amputation der Fall war. Dadurch kann es vor allem in den ersten
Monaten nach der Amputation zu einem Schwund der Muskelmasse
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(Atrophie) kommen, wodurch sich natürlich der Kontakt zur Prothese ändert. Der Prothesenköcher kann zu weit werden. Eine Abhilfe ist
hier leicht mit dem Ausgleich durch dickere Strümpfe zu schaffen.
Mehr als zwei dicke Strümpfe sind allerdings nicht anzuraten, da die
Gefahr besteht, die Prothese durch ein leichtes Herausrutschen zu verlieren. Bei stärkerer Atrophie muss daher ein neuer Vollkontaktschaft
angefertigt werden. Normalerweise wird dies innerhalb des ersten Jahres nach der Amputation der Fall sein. Der Aufbau dieser neuen Prothese erfolgt in gleicher Weise wie bei der ersten Versorgung.
Bei der Oberschenkelamputation kann ein zu weit gewordener Köcher
nachträglich nur durch Einklebung eines weichen Polstermaterials den
Konturen angepasst werden. Hier sollte dann eher frühzeitig auf einen
neu angeformten Schaft übergewechselt werden, um eine gute Passform zu gewährleisten.
Auch eine Gewichtszunahme oder eine Neigung zur Schwellung der
Beine kann zu Passformproblemen führen. Hier besteht die größte
Gefahr darin, dass man gewaltsam versucht, in den Prothesenschaft
einzusteigen. An der Haut können dann Einrisse, Spannungsblasen,
Druckstellen oder Scheuerflächen entstehen, die nur schwer wieder
zur Abheilung zu bringen sind. Wenn Sie daher das Gefühl haben, im
Prothesenschaft stecken zu bleiben oder Rötungen an anderen als den
gewohnten Stellen auftreten, legen Sie vorsichtshalber die Prothese
nicht an. Versuchen Sie Einreibungen mit einer abschwellenden Salbe
oder eine Bandagierung mit nassen Binden, wie Sie es während der
Einschulung gelernt haben. Erst nach Besserung der örtlichen Verhältnisse kommt eine neue Anprobe in Frage.
Bestehen schwerere Hautveränderungen oder gar eine Pilzerkrankung, kontaktieren Sie am besten Ihren Arzt. Gegen Passformprobleme der Prothese hilft ein regelmäßiger Besuch beim Orthopädietechniker oder beim Fachgeschäft. Vor allem dann, wenn unerklärbare
Schmerzen im Stumpfbereich auftreten, sollte eine kurzfristige Kontrolle erfolgen, um auch eventuellen Durchblutungsstörungen vorbeugen zu können.
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Phantomschmerzen, Phantomgefühl
Abb. 5-1:
Jeder Amputierte hat davon gehört, aber Gott sei Dank sind nicht alle
so stark davon betroffen. Man muss unterscheiden zwischen Phantomempfinden (Phantomgefühl) und Phantomschmerzen. Definitionsgemäß versteht man unter einem Phantomgefühl Empfindungen in
einem nach einer Amputation nicht mehr vorhandenen Körperteil,
der jedoch als noch vorhanden erlebt wird (Phantomglied).
Die Grundlagen des Phantomschmerzes sind vielfach untersucht
und viele einzelne Faktoren sind aufgedeckt worden, die zu dessen Entstehung und Aufrechterhaltung beitragen können. Dennoch ist dieses
Phänomen auch heute noch nicht vollständig geklärt.
Im Wesentlichen kann man jedoch von einer Beteiligung mehrerer
Faktoren ausgehen:
■ Aktivität der durchtrennten Nerven im Stumpf und darauf einwirkende physiologische Faktoren (Durchblutung, Muskelspannung, Bildung von Nervenwucherungen: „Amputationsneurom“).
■ Prozesse auf zentralnervöser Ebene (d.h. Prozesse, die sich in Rückenmark und Gehirn (Großhirnrinde) abspielen). In der Großhirnrinde ist das Körperschema ganz fest eingeprägt und kann nur langsam an das neue Körperschema angepasst werden. Weiters ist zu
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erwähnen, dass der Phantomschmerz oft dem Schmerz VOR der
Amputation ähnelt (Schmerzgedächtnis).
■ Psychologische Faktoren spielen für die Empfindung und Aufrechterhaltung von Phantomschmerzen eine große Rolle.
Die Symptomatik der Phantomschmerzen ist vielfältig: Sie können
sich als Dauerschmerz bzw. episodischer Schmerz äußern; sie können
als krampfartig, brennend und stechend empfunden werden.
Es gibt einige Therapieansätze, um Phantomgefühle oder Phantomschmerzen im Ansatz zu bekämpfen oder deren Auftreten vorzubeugen:
Vor der Amputation:
■ Aufklärung des Patienten über zu erwartende Veränderungen
(sowohl auf körperlicher, psychischer als auch auf sozialer Ebene)
■ Verhinderung der Bildung eines Schmerzgedächtnisses durch
rechtzeitige Verabreichung von Opiaten (starke Schmerzmittel) vor
und während der Operation
Nach erfolgter Amputation:
■ Beratung des Patienten auf medizinischer, psychologischer als auch
auf sozialer Ebene
■ medizinische Interventionen
■ Schmerzmittel (OPIATE)
Abb. 5-2: Akupunktur
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Abb. 5-3: Magnetfeldbehandlung
■ Akupunktur
■ Elektrotherapie
Psychologische Therapieansätze:
■ Biofeedback
■ Entspannung- und Wahrnehmungstraining
KONTRAKTION
Abb. 5-4a: Biofeedback Diagramm
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Abb. 5-4b: Biofeedback Untersuchung
■ Psychologische Unterstützung bei Krankheitsverarbeitung, Schmerzund Stressbewältigung
Löschung des Schmerzgedächtnisses:
Dies ist langfristig mittels TENS (Transkutane Elektrische Nerven Stimulation) möglich. Dabei werden Elektroden auf die Haut geklebt,
Abb. 5-5a: TENS-Therapie
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Abb. 5-5b: TENS-Therapie
und durch Nervenstimulation mittels elektrischen Stroms wird eine
Hemmung der Schmerzleitung (Elektrostimulationsanalgesie) hervorgerufen. Der Patient kann die Wirkung der Schmerzlinderung am
Gerät selbst steuern!
Physiotherapeutische Übungen:
Neuere Erkenntnisse zeigen, dass man nicht mehr Phantomgymnastik,
sondern vielmehr gezielte Stumpfgymnastik durchführen sollte. Die
Beschäftigung mit dem Stumpf als Körperende ist von enormer
Bedeutung.
Operative Sanierung:
Liegt eine sehr große Wucherung des Nervenendes vor, so dass der
Druck der Prothese nicht mehr ertragen wird, kann durch einen kleinen operativen Eingriff, bei dem diese überschießende Wucherung
(Neurom) entfernt wird, Abhilfe geschaffen werden.
Zuvor wird man jedoch mit allen oben angeführten Maßnahmen
und eventuell auch einer Prothesenänderung versuchen, die Beschwerden zu erleichtern.
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Abb. 5-6: Stumpfgymnastik
5-3
Schwierigkeiten mit der Prothese
Vor allem bei höheren Amputationen im Kniegelenks- und Oberschenkelbereich, bei denen bei der Prothesenversorgung mehrere Bauteile
verwendet werden, kann es immer wieder zu Problemen kommen.
Einerseits eventuell durch Lockerung von Verbindungsschrauben,
andererseits durch Abnutzung der beweglichen Teile bei intensivem
Gebrauch der Prothese. Besonders bei den Ausführungen im Modularsystem sollte das Auftreten von Geräuschen oder abnormen Bewegungen
der einzelnen Teile zur Vorsicht mahnen. Hier gibt es nur eine Lösung,
nämlich ein rasches Aufsuchen der Spezialisten für Orthopädietechnik.
Im Bereich der am Stumpf anliegenden Köcher haben wir schon die
Möglichkeiten eines zu engen oder zu weiten Schaftes aufgezeigt. Auch
bei Problemen in dieser Richtung sollten Sie nach einem erfolglosen
Anprobeversuch ein Mitglied des Rehabilitationsteams kontaktieren,
um die Ursachen für Probleme herausfinden zu können.
Manchmal kann auch die kosmetische Verkleidung bei häufigem
Gebrauch ihre Elastizität verlieren oder besonders an den Beugestellen
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Einrisse bekommen. Hier kann zwar bei kleineren Schäden eine Eigenreparatur erfolgreich sein, bei größerer Ausdehnung ist jedoch die
Erneuerung der Schaumstoffkosmetik notwendig.
Achten Sie auf gutes Schuhwerk und vor allem auf die schon erwähnte immer gleich bleibende Absatzhöhe an den verschiedenen Schuhen, besonders bei einer ungewöhnlichen Stellungsänderung der Prothese.
Leider kommt es auch vor, dass ein Schaden an der Prothese nicht
sofort repariert werden kann. Dann muss der Behelf für einige Tage im
Fachgeschäft abgegeben werden, bis der Schaden behoben ist. In der
Zwischenzeit bleibt meist nichts anderes übrig, als die Fortbewegung
mit den in den vorangehenden Kapiteln schon erwähnten Gehhilfen
zu bewältigen.
Berufstätige Patienten haben einen Anspruch auf eine zweite Prothese, um im Fall einer Reparatur eine Ausweichmöglichkeit zur Verfügung zu haben, womit einem Arbeitsausfall vorgebeugt werden kann.
An dieser Stelle sei noch eingefügt, dass immer wieder der Wunsch
nach einer so genannten »Badeprothese« ausgesprochen wird. Natürlich kann man mit einer normalen Prothese nicht ins Wasser gehen
und schwimmen. Hierfür wäre eine besondere, wasserfeste Ausführung
erforderlich. Allerdings muss man darauf hinweisen, dass für einen
amputierten Patienten die Prothese nur hilfreich ist, um bis zum Wasser zu gelangen. Das Schwimmen selbst ist mit einer Prothese beschwerlich, bei höherer Amputation sogar hinderlich. Abgesehen
davon werden die Kosten für eine derartige Prothesenausführung in
den meisten Fällen vom Kostenträger nicht übernommen, so dass eine
solche Prothese selbst zu bezahlen wäre.
5-4
Probleme der Nachbetreuung
Nach Abschluss des Krankenhausaufenthaltes und des Rehabilitationsverfahrens sollte die Wiederherstellung soweit gediehen sein, dass ein
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Zurechtfinden des amputierten Patienten in häuslicher Umgebung
und auch am Arbeitsplatz keine größeren Schwierigkeiten bereitet.
Einige Möglichkeiten des Kontaktes in der Zeit »danach« haben wir
Ihnen schon genannt. In erster Linie kommen der Hausarzt, der
Facharzt, der Orthopädietechniker oder die Krankenhausabteilung
und das Rehabilitationszentrum als Ansprechpartner in Frage.
Alle Patienten erfahren im Rahmen eines stationären Aufenthaltes
eine intensive Zuwendung und Motivation. Vor allem bei älteren,
allein stehenden Personen besteht nun bei der Entlassung in häusliche
Pflege die Gefahr, dass Sie in ein Betreuungsvakuum fallen.
Auf dem Sektor der sozialen Hilfsdienste gibt es jedoch ausreichend
Möglichkeiten, deren Organisation bereits vom Rehabilitationszentrum aus begonnen werden kann. Hier sei besonders an mobile Krankenschwestern, Heimhilfen, Zubringerdienste für Mahlzeiten (Essen
auf Rädern) oder den Zivildienst des Bundesheeres (der Bundeswehr)
zu denken.
Leider gibt es sicher zu wenige Vereinigungen, die sich mit der Problematik nach einer Amputation der Beine beschäftigen. Auch eine verstärkte Ausweitung und aktive Aufrechterhaltung von Selbsthilfegruppen wäre dringend notwendig.
5-5 Zusammenfassung
Probleme nach einer Amputation können unmittelbar nach der Operation in Form von Wundheilungsstörungen oder nach der Prothesenversorgung durch eine ungenügende Passform des Schaftes auftreten.
Zu den Schwierigkeiten gehören auch das Phantomgefühl oder sogar
Phantomschmerzen, die jedoch in den meisten Fällen durch eine
intensive Behandlung gelindert werden können.
Auch Probleme mit der Prothese können manchmal auftreten. In allen
Fällen sollten Sie rasch den behandelnden Arzt oder den Spezialisten
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für Orthopädietechnik zu Rate ziehen. Eine Selbstbehandlung oder
eigenständige Reparaturversuche sind nicht zielführend!
Für die Nachbetreuung nach der Amputation nehmen Sie die Ihnen zur
Verfügung stehenden Sozialdienste in Anspruch, um nach der erfolgreichen Rehabilitation nicht in ein Betreuungsvakuum zu fallen.
Bedenken Sie immer, dass eine Amputation nicht nur das Ende eines
schlechten, sondern auch den Beginn eines neuen, besseren Lebensabschnittes bedeuten kann!
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