Brust- und Genitalkrebs

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Kapitel 1
Beschreibung der Krebserkrankungen (Brust- und Genitalkrebs)
Tumorerkrankungen können gutartig (benigne) oder
bösartig (maligne) sein (vgl. Tab. 1). Erst wenn sie
bösartig sind, werden sie als „Krebs“ bezeichnet.
Krebserkrankungen sind ausgesprochen heterogen.
Hinter dem Begriff „Krebs“ verbergen sich mehr als
100 unterschiedliche Erkrankungsformen. Hauptkennzeichen von Krebserkrankungen sind das unkontrollierte Zellwachstum und das Eindringen von
Krebszellen in gesundes Gewebe (Invasivität). Für
viele Betroffenen ist schwer nachvollziehbar, dass
der Krebs kein Feind ist, der von außen kommt,
sondern eine Entartung (Mutation) einer körpereigenen Zelle. Diese Entartung besteht darin, dass
sich die Zelle teilt, obwohl sie das nicht sollte.
Ein weiteres Kennzeichen von Krebserkrankungen
ist die Fähigkeit der Zellen zu wandern – sich von
ihrem Entstehungsort zu anderen Orten im Körper fortzubewegen. Dies wird als Metastasierung
bezeichnet. „Metastasis“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie „Wegzug“. Oft ist es
so, dass von vielen tausend Zellen nur eine metastasiert. Die Metastasierung geht hauptsächlich mit
Hilfe von zwei Transportsystemen von statten: (1)
dem Lymphsystem und (2) dem Blutsystem. Auf
beiden Wegen gibt es Filterprozesse, die zum Austausch von Nährstoffen gedacht sind, beispielsweise wenn das Blut die Kapillarfilter passiert. Diese
Filter können Informationen über den Prozess der
Metastasierung liefern: Metastasen treten häufig in
bestimmten Filterorganen auf, da die Zellen in den
Filtern des Organs hängen bleiben und dann (ähnlich der mit dem Blut transportierten Nährstoffe) in
das Organ eindringen (Sekundärtumor). Bei Brustkrebserkrankungen ist beispielsweise die Lunge
einer der häufigsten Orte der Metastasierung.
Der Grad der Bösartigkeit einer Tumorzelle richtet
sich danach, wie schnell sie sich teilt (Zellteilungsrate) und wie leicht sie sich vom Primärtumor
(also in diesem Fall von dem Tumor in der Brust,
den Eierstöcken oder der Gebärmutter) löst.
In der ICD-10 (International Classification of
Diseases – 10th Version; DIMDI, 2006) werden
Krebserkrankungen im Kapitel C unter „Bösartige
Neubildungen“ klassifiziert (C00 bis C97). Zurzeit
sind etwa 800.000 Menschen in Deutschland an
Krebs erkrankt. Die jährliche Neuerkrankungsrate ist steigend: 1990 erkrankten 159.603 Männer
und 175.526 Frauen neu an Krebs, im Jahr 2002
waren es 218.250 Männer und 206.000 Frauen
(RKI, 2006). Abbildung 1 zeigt den prozentualen
Anteil der Krebsneuerkrankungen getrennt nach
Geschlecht und betroffenem Primärorgan (a) und
den prozentualen Anteil der jeweiligen Krebserkrankung an der Zahl aller Krebssterbefälle (b).
Im Folgenden werden wir uns speziell auf Brustund Genitalkrebserkrankungen konzentrieren.
1.1 Erscheinungsbild
Brust- und Genitalkrebserkrankungen gehören
zu den häufigsten Krebsarten weltweit. Während
Brustkrebs eine homogene Krebserkrankung darstellt (alle Brustkrebserkrankungen sind Brustdrüsentumore), ist die Gruppe der Genitalkarzinome heterogener. Unter diesen versteht man alle
Krebserkrankungen der Gebärmutter (Gebärmutterkörper, -hals), der Eierstöcke (Ovarien) sowie
Tabelle 1: Benigne versus maligne Tumore: Charakteristika
Gutartige (benigne) Tumore
–
–
–
–
–
–
Langsames verdrängendes Wachstum
Meist Bindegewebskapsel oder Pseudokapsel
Gut zu lokalisieren und scharf begrenzt
Kein Eindringen in Lymph- und Blutbahnen
Kein Rezidiv
Keine Metastasierung
Bösartige (maligne) Tumore
– Schnelles, infiltrierendes und destruktives
Wachstum
– Häufig keine Kapsel
– Nicht scharf begrenzt
– Eindringen in Lymph- und Blutbahnen
– Rezidiv
– Metastasierung
Theoretischer Hintergrund
15
Prozentualer Anteil an der geschätzten Zahl der Krebsneuerkrankungen in Deutschland 2002
Männer n = 218.250, Frauen n = 206.000
Männer
Prostata
Frauen
22,3
26,8
Darm
16,3
17,4
Lunge
14,9
6,1
8,6
5,5
5,1
4,8
4,7
4,0
3,6
3,7
M. Melanom der Haut
Bauchspeicheldrüse
2,8
3,5
Harnblase
Harnblase*
Magen
Nieren
Mundhöhle u. Rachen
Brustdrüse
Darm
Lunge
Gebärmutterkörper
Eierstöcke
Magen
M. Melanom der Haut
2,8
3,2
Non-Hodgkin-Lymphome
2,7
3,2
Leukämien
2,5
3,1
Nieren
Hoden 2,0
3,0
Non-Hodgkin-Lymphome
Speiseröhre 1,7
Bauchspeicheldrüse
Gebärmutterhals
2,3 Leukämien
Schilddrüse
Kehlkopf
Mundhöhle u. Rachen
Schilddrüse
Morbus Hodgkin
Speiseröhre
Morbus Hodgkin
Kehlkopf
25
20
15
10
5
0
0
5
10
15
20
25
* einschließlich bösartiger Neubildungen in situ und Neubildungen unsicheren Verhaltens
Prozentualer Anteil an der Zahl der Krebssterbefälle in Deutschland 2002
Männer n = 109.631, Frauen n = 99.945
Männer
Lunge
Frauen
26,3
17,8
12,8
14,9
10,4
10,4
Lunge
6,0
6,7
Bauchspeicheldrüse
5,6
5,9
Nieren
3,5
5,8
Magen
Mundhöhle u. Rachen
3,4
3,4
Leukämien
Darm
Prostata
Magen
Bauchspeicheldrüse
Brustdrüse
Darm
Eierstöcke
Leukämien
3,2
2,7
Speiseröhre
3,2
2,7
Gebärmutterkörper
Harnblase
3,1
2,6
Nieren
2,5
2,0 Harnblase
Non-Hodgkin-Lymphome
Kehlkopf
Non-Hodgkin-Lymphome
1,8 Gebärmutterhals
M. Melanom der Haut
M. Melanom der Haut
Schilddrüse
Speiseröhre
Mundhöhle u. Rachen
Hoden
Morbus Hodgkin
Schilddrüse
Kehlkopf
Morbus Hodgkin
25
20
15
10
5
0
0
5
10
15
20
25
Abbildung 1: Prozentualer Anteil der Krebsneuerkrankungen (oben) und dem Sterbeanteil der jeweiligen
Erkrankung an allen Krebssterbefällen (Abbildungen aus dem Bericht des RKI, 2006).
16
Kapitel 1
der Scheide (Vagina), äußeren Geschlechtsorgane (Vulva) und Plazenta. Zum Ovarialkrebs zählen auch Erkrankungen der Eileiter (Tuben) und
Bänder der Gebärmutter. Um die Entstehung und
Behandlung dieser Krebserkrankungen verstehen
zu können, ist ein Wissen über den Aufbau und
die Funktionsweise dieser Organe von großer Relevanz.
Aufbau und Funktion der Brust. Die Brust liegt
vor dem großen Brustmuskel in Höhe der 3. bis
6. Rippe. Der große Brustmuskel bedeckt den unter ihm liegenden kleinen Brustmuskel. Zwischen
dem Muskelgewebe und dem Brustgewebe liegt
eine Fettgewebsschicht. Der größte Teil der Brust
liegt daher auf dieser Schicht bzw. auf dem Brustmuskel. Nur der untere äußere Quadrant der Brust
liegt direkt auf den Rippen. Die Brust selber besteht aus drei Gewebearten:
1. Fettgewebe,
2. Drüsengewebe,
3. Bindegewebe.
Bindegewebsstränge verbinden Drüsen- und Fettgewebe. Das Bindegewebe macht die Brust fest.
Da die Elastizität dieses Gewebetyps mit dem Alter abnimmt, wird die Brust mit zunehmendem
Alter schlaffer. Das Drüsensystem ist zuständig
für die Produktion von Muttermilch. Es besteht
daher aus Milchgängen und Drüsenläppchen. Die
Drüsenläppchen (Lobula) münden in die Milchgänge, die alle in die Brustwarze (Mamille) laufen. Krebserkrankungen treten ausschließlich im
Drüsengewebe auf. Die Brust wird durch die Blutgefäße von der Achselhöhle und vom Brustbein
durchblutet. Der Blutfluss nimmt zu bestimmten
Zeiten zu, zum Beispiel bei sexueller Erregung
oder in der zweiten Zyklusphase. Die Brust wird
dann praller und größer (sie kann bis zu ¼ ihrer ursprünglichen Größe dazu gewinnen). Neben
den Blutgefäßen gibt es auch Lymphgefäße in der
Brust. Sie sind allerdings sehr viel feinmaschiger
als die Blutgefäße. Die Lymphe hat die Funktion,
Abbauprodukte von Zellen und Krankheitserregern aus dem Gewebe zu entfernen. Lymphe ist
daher ein wichtiger Bestandteil des Immunsystems. Die Lymphflüssigkeit sammelt sich an drei
bedeutsamen „Knotenpunkten“:
1. in der Achsel,
2. an den Seiten des Brustbeins,
3. an den Seiten des Schlüsselbeins.
In die Achsel fließt bei weitem der größte Teil der
Lymphflüssigkeit. Hier ist deswegen auch der erste große „Filter“ für metastasierte Zellen. Wenn
solche Zellen in den Lymphknoten des Achsel-
systems auftreten, spricht man von einem Lymphknotenbefall.
Das Gewebe in der Brust unterliegt rhythmischen
Veränderungen: Jeden Monat bereitet sich die
Brust auf eine mögliche Schwangerschaft vor,
d. h. vor allem auf das Stillen. Dafür werden die
Drüsenläppchen vergrößert und die Östrogenproduktion steigt an (ca. in der Halbzeit des Zyklus,
um den Eisprung herum). Kurz vor Eintreten der
Menstruation schwillt das Gewebe zwischen den
Drüsenläppchen an. Diese Vergrößerungen führen
zu Spannungsgefühlen in der Brust und zu knotigen Veränderungen, die auch manchmal ertastet
werden können. Nach der Menstruationsblutung
bildet sich das Brustgewebe erneut zurück. Die
Spannungsgefühle und die Verhärtungen nehmen
wieder ab.
Aufbau der inneren Geschlechtsorgane der Frau.
Zu den Genitalen der Frau zählen die Scheide (Vagina), Gebärmutter (Uterus), Eileiter (Tuben) und
Eierstöcke (Ovarien). Die Verbindung von inneren
Geschlechtsorganen und der äußeren Körperoberfläche findet durch die Vagina statt.
Aufbau und Funktion der Gebärmutter. Die Gebärmutter besteht aus der Gebärmutterhöhle, dem Gebärmutterkörper, dem Gebärmutterhals und dem
Gebärmuttermund, der den Übergang zur Scheide
darstellt. Die Gebärmutter hat die Funktion, ein
befruchtetes Ei aufzunehmen und den Einnistprozess, den Ernährungsprozess und auch den Austreibungsprozess nach erfüllter Schwangerschaft
voranzutreiben.
Aufbau und Funktion der Eierstöcke. Die Eierstöcke bestehen aus den beiden tatsächlichen Stöcken
und den Eileitern, die jeweils in die beiden oberen
Ecken der Gebärmutter münden. In den Eierstöcken finden die Heranreifung von Eizellen und
die Produktion der Geschlechtshormone (Östrogen und Gestagen) statt. Zur Zeit des Eisprunges
umringen die Eileiter die beiden Eierstöcke, um
die herangereiften Eizellen aufzufangen und ihnen
für einige Tage einen Aufenthaltsort zu bieten, an
dem sie sich mit Samenzellen vereinen können.
Die Gebärmutterschleimhaut baut sich während
der Eireifung in der ersten Zyklushälfte auf (Proliferation). Nach dem Eisprung in der Mitte des
Menstruationszyklus bildet der Gelbkörper im Eierstock das Hormon Gestagen, das die Gebärmutterschleimhaut auflockert (Sekretion). Sie macht
sich „bereit“, eine befruchtete Eizelle aufzunehmen. Wenn kein Ei zur Einnistung in die Gebär-
Theoretischer Hintergrund
mutter kommt, dann werden die äußeren Schichten
der Schleimhaut abgestoßen. Dieser Vorgang des
Abstoßens wird begleitet von Blutungen, die die
Schleimhaut „abtransportieren“ (Menstruation).
1.2 Epidemiologie und Verlauf
In Deutschland erkranken jährlich ca. 55.100
Frauen neu an Brustkrebs, ca. 17.800 an Gebärmutter- bzw. Gebärmutterhalskrebs und ca. 9.950
an Eierstockkrebs. Brustkrebs stellt somit die häufigste Krebsneuerkrankung (26,8% aller Krebsneuerkrankungsfälle) und auch -todesursache bei
Frauen dar (jährlich ca. 17.780; vgl. Abb. 1), Gebärmutterkörperkrebs die vierthäufigste Krebsneuerkrankung. Die anderen gynäkologischen Karzinome (Vagina, Vulva, etc.) sind hingegen recht
selten und werden deshalb hier nicht weiter berücksichtigt.
Das mittlere Erkrankungsalter bei Brustkrebs liegt
mit ca. 62 Jahren knapp sieben Jahre unter dem
mittleren Erkrankungsalter bei Krebs insgesamt.
Die relative 5-Jahres-Überlebensrate für Brustkrebspatientinnen liegt im Mittel bei 79% (RKI,
2006). Bei frühzeitiger Entdeckung steigen die
Heilungschancen.
Das mittlere Erkrankungsalter bei Eierstockkrebs
ist mit ca. 68 Jahren etwas höher als bei Brustkrebs. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate liegt
im Mittel bei nur 41% (RKI, 2006) und ist hier
auch relativ konstant, wohingegen die Mortalität
bei anderen Krebserkrankungen eher rückläufig ist.
Ein Grund für die schlechtere Prognose der Eierstockkrebserkrankungen liegt in dem Zeitpunkt
der Entdeckung. Eierstockkrebs wird in der Regel
erst entdeckt, wenn er bereits weiter fortgeschritten ist. Im Gegensatz zum Brustkrebs, der häufig
frühzeitig tastbar ist, verursacht Eierstockkrebs erst
viel später in seiner Entwicklung wahrnehmbare
Beschwerden.
Mehr als die Hälfte aller Betroffenen erkranken
zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr an Gebärmutterkrebs. Korrekterweise sollte man bei Gebärmutterkrebs, die den Gebärmutterkörper betrifft,
von Gebärmutterschleimhautkrebs sprechen, da
nicht der Korpus selber, sondern eben die ihn auskleidende Schleimhaut von der Erkrankung betroffen ist. Etwa 6.500 Frauen erkranken neu an
Gebärmutterhalskrebs. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate liegt im Mittel bei 67% (Gebärmutterhals) und 77% (Gebärmutterschleimhautkrebs;
17
RKI, 2006). Die Gebärmutterkrebserkrankungen
sind im Verlauf demnach den Brustkrebserkrankungen sehr ähnlich.
1.3 Klassifikation: Stadieneinteilung
der Krebserkrankungen
Tumore werden – nachdem sie von einem Pathologen als bösartig erkannt wurden – hinsichtlich
ihres Entwicklungsstadiums klassifiziert. Diese
Klassifikation hat v. a. Bedeutung für die Prognose. Drei Informationen über den Tumor werden
für die Klassifikation herangezogen:
1. der histologische Typ (typing),
2. das Krankheitsstadium (staging),
3. der Differenzierungsgrad des Gewebes (grading).
Je nach spezifischer Krebserkrankung unterscheidet sich die Klassifikation etwas. Zunächst wird
auf Spezifika der Klassifikation bei Brustkrebserkrankungen eingegangen.
1.3.1 Brustkrebs (Mammakarzinom,
Carcinoma mammae)
Typing. Brustkrebs entsteht im Drüsengewebe
der Brust (s. o.). Bei dem sog. In-situ-Karzinom
begrenzt sich das entartete Zellwachstum auf die
Drüsenläppchen und die Milchgänge. Es bleibt
„vor Ort“ und dringt nicht aus dem Drüsensystem heraus. Das bedeutet, dass dieser spezifische
Typ nicht-invasiv ist und daher auch nicht metastasieren kann. Ein anderer Name dafür ist intraduktaler Krebs (intra = innerhalb und duktal = in
Gängen – also im Milchgang). Allerdings entstehen alle Brustkrebsarten, auch die invasiven, aus
einem In-situ-Karzinom. Insofern kann das In-situ-Karzinom auch als eine Vorstufe des invasiven
Brustkrebses bezeichnet werden. Wichtig ist, dass
jeder invasive Brustkrebs einmal aus einem Insitu-Karzinom entstanden ist, aber nicht jedes Insitu-Karzinom entwickelt sich automatisch weiter zu einem invasiven Brustkrebs. Dennoch kann
sich das intraduktale In-Situ-Karzinom über viele
Zentimeter im Milchgang ausbreiten und eine beträchtliche Größe erreichen, die eine Entfernung
der Brust notwendig machen kann. Etwa 15% aller
Brustkrebsneuerkrankungen sind In-situ-Karzinome. Man unterscheidet zwei Arten:
1. Das duktale Karzinom in situ (DCIS) wächst in
den Milchgängen (ca. 90% aller In-situ-Karzinome),
18
Kapitel 1
2. das lobuläre Karzinom in situ (LCIS) entsteht
im Übergang der Mündung von Milchgängen
in Drüsenläppchen (ca. 5 bis 10% aller In-Situ
Karzinome).
Bei den meisten Brusttumoren handelt es sich
um
– gutartige, überwiegend vom Bindegewebe ausgehende Tumore (Fibroadenome),
– um mit Flüssigkeit gefüllte Hohlkörper (Zysten) oder
– um Fettgeschwulste (Lipome).
Bei allen In-situ-Karzinomen findet, wie auch bei
invasiven Formen des Brustkrebses, eine Einteilung nach Differenzierungsgrad der Zellen und
Größe des Tumors statt. Die Typenunterteilung
der infiltrierenden Tumore ist wie folgt (Berg,
2000):
Haupttypen:
– invasives duktales Karzinom (mit ca. 75% der
häufigste Typ der invasiven Brustkrebserkrankungen),
– invasives lobuläres Karzinom (ca. 15% der invasiven Brustkrebserkrankungen).
Sondertypen:
– medulläres Karzinom (ca. 5% der Brustkarzinome; rundlicher Tumor),
– muzinöses Karzinom (ca. 3% der Brustkarzinome; glänzendes Tumorgewebe),
– tubuläres Karzinom (ca. 2% der Brustkarzinome; röhrenförmige Struktur).
Staging. Ausschlaggebend für die Prognose bei
Brustkrebs sind Faktoren wie die Größe des Primärtumors zum Diagnosezeitpunkt, die regionale
Ausbreitung des Tumorgewebes in die Lymphknoten der Brust oder Achselhöhle sowie das Vorliegen von Fernmetastasen. Die Bestimmung des
Krankheitsstadiums erfolgt mit Hilfe der TNMKlassifikation, die alle drei Faktoren abbildet. Das
Klassifikationsschema wurde von der Internationalen Gesellschaft gegen Krebs (Union internationale contre le cancer, UICC) entwickelt und
ist für verschiedene Krebserkrankungen anwendbar (Sobin & Wittekind, 2002). Das T steht für
Tumor(größe), das N für „noduli“, also Lymphknoten und M für Metastasen. Tabelle 2 gibt detailliert Auskunft über die „T“-Komponente der
TNM-Klassifikation. In-situ-Karzinome werden
unter der Bezeichnung „Tis“ ausgewiesen. Tabelle 3 und 4 enthalten Informationen über die „N“und die „M“-Komponente der Klassifikation.
Tabelle 2: Tumorgröße als Klassifikationsmerkmal
Tx
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Anhalt für Primärtumor
T1
Tumor bis 2 cm in größter Ausdehnung
T1a
Tumor bis 0,5 cm in größter Ausdehnung
T1b
Tumor 0,5 cm bis 1 cm in größter Ausdehnung
T1c
Tumor 1 cm bis 2 cm in größter Ausdehnung
T2
Tumor 2 cm bis 5 cm in größter Ausdehnung
T3
Tumor mehr als 5 cm in größter Ausdehnung
T4
Tumor jeder Größe mit direkter Ausdehnung auf die Brustwand oder die Haut
T4a
Mit Ausdehnung auf die Brustwand
T4b
Mit Ödem (einschließlich Apfelsinenhaut),
Ulzeration der Brusthaut oder
Satellitenmetastasen der Haut der gleichen
Brust
T4c
Kriterien 4a und 4b gemeinsam
T4d
Entzündliches (inflammatorisches) Mammakarzinom
Tabelle 3: Lymphknotenbefall als
Klassifikationsmerkmal
Nx
Regionäre Lymphknoten können nicht
beurteilt werden
N0
Keine regionären Lymphknoten befallen
N1
Krebszellen in beweglichen ipsilateralen
axillären Lymphknoten
N2
Krebszellen in ipsilateralen axillären
Lymphknoten, untereinander verbacken
oder in andere Strukturen fixiert
N3
Krebszellen in ipsilateralen Lymphknoten
entlang des Brustbeins
Anmerkungen. Regionär bezieht sich darauf, dass der Zustand der Lymphknoten beschrieben wird, die dem Tumor
am nächsten liegen. Bei der Brust sind das in erster Linie
die der Achselhöhe (axillär) auf der Seite der erkrankten
Brust (ipsilateral).
Theoretischer Hintergrund
Tabelle 4: Absiedlungen als Klassifikationsmerkmal
Mx
Das Vorliegen von Fernmetastasen kann
nicht beurteilt werden
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
Beispiel 1: Wenn der Tumor einer Patientin als
T1N0M0 klassifiziert wird, heißt das, dass der Tumor weniger als 2 cm groß ist, kein Lymphknotenbefall vorgefunden wurde und keine Absiedlungen
(Metastasen) in anderen Organen nachgewiesen
werden konnte.
Beispiel 2: Wenn der Tumor einer Patientin als
T2N1M0 klassifiziert wird, dann bedeutet dies, dass
der Tumor größer als 2 cm, aber maximal 5 cm
groß ist, dass Lymphknoten befallen sind, aber
keine Metastasen gefunden wurden.
Die Patientin aus Beispiel 2 hat eine schlechtere
Prognose als die Patientin aus Beispiel 1, aber
beide haben noch gute Heilungschancen, wenn
nicht zu viele Lymphknoten befallen sind. Je mehr
Lymphknoten befallen sind, desto wahrscheinlicher ist, dass eine der abgesiedelten Zellen auch
weiter vorgedrungen ist. Generell gilt: Je mehr
Lymphknoten befallen sind, desto ungünstiger
ist die Prognose. Gewöhnlicherweise gestaltet es
sich schwierig, mit Betroffenen über ihre Prognose zu reden. Die ärztlichen Kollegen nehmen
oft zu Recht Abstand davon, genaueres über den
Verlauf zu sagen, weil „man im Einzelfall ja nie
weiß“. Das häufigste Argument ist demnach, dass
die statistische Wahrscheinlichkeit zwar bekannt
ist, aber für den Einzelfall keine zuverlässige
Aussage gemacht werden kann. Diese Argumentation hat durchaus ihre Berechtigung, denn tatsächlich weiß man nicht, wie sich die Erkrankung
der einzelnen Frau entwickelt. Aber wir halten es
gleichzeitig für wichtig, dieses Gespräch mit der
Patientin nicht zu vermeiden, sondern ihre Fragen über den Verlauf wahrheitsgemäß und nach
bestem Wissen zu beantworten, ohne auszuweichen – auch wenn die Prognose ungünstig ist.
Eine allgemeinverständliche Erklärung, wie man
zu dieser Prognose kommt, sollte mit besprochen
werden.
Bei einigen Klassifikationen steht vor dem TNM
noch ein kleines „p“ oder ein kleines „c“. Das kleine „c“ bedeutet, dass die Klassifikation auf einer
klinischen Untersuchung beruht, wohingegen das
„p“ anzeigt, dass bereits ein Pathologe das Gewe-
19
be im Detail untersucht hat. Die „p“-Klassifikation
ist in der Regel zuverlässiger und genauer als die
„c“-Klassifikation. Die Behandlungsstrategie wird
unterschiedlich ausfallen in Abhängigkeit von der
TNM-Klassifikation.
Die TNM-Klassifikation kann zu einer Stadieneinteilung führen. Patientinnen im Frühstadium haben Tumore, die kleiner als 5 cm sind und bei
denen die Lymphknoten höchstens im beweglichen ipsilateralen axillären Verlauf befallen sind.
Wenn Metastasen gefunden werden, ist eine Klassifikation als Frühstadium nicht mehr möglich. Ein
fortgeschritteneres (späteres) Stadium liegt auch
dann vor, wenn die Lymphknoten befallen sind bei
einem sonst kleinen Primärtumor (T0). Tabelle 5
zeigt die Verbindung zwischen der TNM-Klassifikation und der Stadieneinteilung.
Tabelle 5: Stadien einer Brustkrebserkrankung
Stadium 0
TisN0M0
Stadium I
T1N0M0
Stadium IIA
T0N1M0 – T1N1M0 – T2N0M0
Stadium IIB
T2N1M0 – T3N0M0
Stadium IIIA
T0N2M0 – T1N2M0 – T2N2M0 –
T3N1N2M0
Stadium IIIB
T4alleNM0 – alleTN3M0
Stadium IV
alleT alleN M1
Grading. Beim Grading erfolgt die Bestimmung
des Differenzierungsgrades der Zelle. Je besser
eine Zelle ausdifferenziert ist, desto gutartiger ist
die Entartung der Zelle, da sie noch am meisten
Ähnlichkeit mit der gesunden Zelle aufweist. Eine
gesunde Zelle ist gewöhnlich sehr differenziert.
Man beurteilt hier also die Ähnlichkeit des Aussehens der kranken Zelle mit dem einer gesunden
Zelle. Beurteilt werden dabei v. a. das Aussehen
des Zellkerns und die Zellteilungsgeschwindigkeit. Die häufigste Einteilung wird durch den
Buchstaben „G“ gekennzeichnet. Der Differenzierungsgrad geht von G1 (gut differenziert) bis zu G4
(undifferenziert) mit G2 (mäßig differenziert) und
G3 (schlecht differenziert).
Des Weiteren kann ein „L“ für „lympathic invasion“ anzeigen, ob Einbrüche in Lymphgefäße
vorliegen bzw. ein „V“ für „venous invasion“ Tumorausbreitungen in die Blutgefäße kodieren. Bei
20
Kapitel 1
beiden Klassifikationen steht ein L0 bzw. V0 für einen negativen Befund, d. h. die Lymph- bzw. Blutgefäße sind frei von Tumorzellen. Ein L1 bzw. V1
steht für einen positiven Befund, d. h. Tumorzellen
sind in den Lymph- bzw. Blutgefäßen und stehen
somit für eine ungünstigere Prognose.
Manchmal kommt es vor, dass ein Tumor nach einer Operation auch noch mit dem Buchstaben „R“
versehen wird. „R“ steht hier für die „Sauberkeit“
(also die Tumorfreiheit) des Resektionsrandes (das
Gewebe, das um den Tumor herum mit entfernt
wurde). Die Abkürzung steht für Residual Tumor
(Resttumor). Im optimalen Fall sollte der Resektionsrand frei von Krebszellen sein (R0). Manchmal
lassen sich aber noch Krebszellen in dem Randgewebe unter dem Mikroskop erkennen (R1). Wenn
man sie sogar mit bloßem Auge erkennen kann,
dann findet man die Kennzeichnung R2. Ein Resektionsrand, in dem noch Tumorzellen entdeckt
werden, macht häufig eine zweite Operation erforderlich (Nachresektion).
Bei der feingeweblichen Untersuchung (Histologie) werden die Tumore auch dahingehend bewertet, ob sie durch Hormone im Wachstum beeinflussbar sind. Dieses Gewebemerkmal, der sog.
Hormonrezeptor, wird bei 70 bis 80% der Patientinnen mit Hilfe eines Tests gefunden, der prüft ob
und wie viele Hormonrezeptoren auf den Krebszellen vorhanden sind. Je mehr hormonsensible
Zellen der Tumor aufweist, desto günstiger ist der
Krankheitsverlauf. Positive Hormonrezeptoren
sind die Voraussetzung für eine adjuvante AntiHormontherapie. Ein gutes Ansprechen auf diese
Therapie ist bereits ab 1% positiver Zellen beobachtet worden.
Ebenfalls bei der Histologie wird auch der HER2neu-Wert ermittelt, ein Wachstumsfaktor, der angibt, ob dieser Wachstumsfaktorrezeptor vermehrt
in den Tumorzellen vorhanden ist und somit eine
gesteigerte Bildung von HER2-neu-Rezeptoren
auf der Zelloberfläche anregt. Dies würde auf ein
erhöhtes Risiko für Metastasen hinweisen. Das
Testergebnis wird mit einem Punktwert von 0 bis 3
angegeben (negativ = 0, positiv = 1+ oder 2+ oder
3+). Für eine Antikörpertherapie (z. B. mit Herceptin) wird ein dreifach positives Testergebnis (3+)
gefordert. Bei einem zweifach positiven Ergebnis
wird der FISH-Test durchgeführt, der nicht das
Eiweiß auf den Zellen, sondern direkt die genetische Veränderung in den Krebszellen nachweist.
Die Voraussetzung für eine Antikörpertherapie ist
erfüllt, wenn der FISH-Test positiv ist.
Quadranten. Zur Lokalisation des Tumors findet
man darüber hinaus eine Aufteilung der Brust in
Quadranten. Der Mittelpunkt des Achsensystems
liegt bei der Brustwarze. Die Quadranten werden
als oben innen, oben außen, unten innen und unten
außen bezeichnet. Abbildung 2 zeigt diese Aufteilung der Brust und die Häufigkeit, mit der ein
Tumor in einem der Quadranten liegt.
15%
55%
15%
5%
10%
Abbildung 2: Häufigkeit, mit der die Quadranten der
Brust von einem Tumor befallen sind
1.3.2 Genitalkrebserkrankungen
Die Einteilung bei Genitalkrebserkrankungen ist
sehr ähnlich zu der beim Brustkrebs. Beim Staging wird das Krankheitsstadiums ebenfalls mit
Hilfe der TNM-Klassifikation bestimmt, allerdings
unterscheidet sich insbesondere das „T“ ein wenig von dem der Brustkrebserkrankungen. Tabelle
6 stellt die Tumorgröße als Klassifikationsmerkmal für die wichtigsten Genitalkrebserkrankungen dar.
Das N und M ist bei den Genitalkrebserkrankungen
ähnlich zu der Klassifikation in Tabelle 3 und 4.
Die Stadieneinteilung bei Krebserkrankungen der
weiblichen Geschlechtsorgane kann auch nach
der FIGO-Einteilung (International Federation of
Gynecology and Obstretrics) erfolgen. Wenn man
diese auf Eierstockkrebserkrankungen anwendet,
ist folgende Einteilung möglich:
– Stadium FIGO I: der Tumor befällt ein oder
beide Eierstöcke),
– Stadium FIGO II: der Tumor breitet sich im
Becken aus,
– Stadium FIGO III: der Tumor breitet sich in der
Bauchhöhle aus oder befällt Lymphknoten,
– Stadium FIGO IV: der Tumor hat die Bauchhöhle verlassen.
Theoretischer Hintergrund
21
Tabelle 6: Tumorgröße als Klassifikationsmerkmal bei den häufigsten Genitalkarzinomen
Gebärmutterschleimhaut
Gebärmutterhals
Eierstock
Tis
Carcinoma in situ
Carcinoma in situ
T1
Der Tumor erstreckt sich nur
auf den Gebärmutterkörper
Der Tumor beschränkt sich
auf den Gebärmutterhals
Der Tumor beschränkt sich
auf die Eierstöcke
T2
Ausdehnung auf den Gebärmutterhals
Ausdehnung auf Scheide
(obere 2/3) und das seitliche
Bindegewebe des Gebärmutterhalses
Beide Eierstöcke sind befallen und Ausdehnung in das
Becken
T3
Ausbreitung außerhalb der
Gebärmutter (einschließlich
Scheidenbefall), verbleibt
aber innerhalb des kleinen
Beckens
Ausdehnung auf das untere
Scheidendrittel und Ausstreckung bis an die Beckenwand
Einer oder beide Eierstöcke
und Ausdehnung auf den
Dünndarm oder außerhalb
des kleinen Beckens, aber im
Bauchraum
T4
Ausdehnung über das kleine
Becken hinaus, Infiltration
der Schleimhaut der Harnblase oder des Enddarms
Überschreitung des kleinen
Becken oder Einwuchs in
die Blasen- oder Enddarmschleimhaut
1.4 Risikofaktoren für die Entstehung
von Krebserkrankungen
Die Ätiologie der Krebserkrankungen ist noch
nicht umfassend erforscht, um das Auftreten der
Erkrankung ausreichend erklären zu können. Die
meisten Risikofaktoren gelten übergreifend für
Krebserkrankungen im Allgemeinen. Eine Ausnahme bildet die genetisch-familiäre Disposition, die insbesondere für Brustkrebs deutlich gegeben ist. Gene, die bei Mutation direkt an der
Bildung von Krebszellen beteiligt sind, nennt man
Protoonkogene. Bisher sind etwa 50 Protoonkogene bekannt. Für Brustkrebs sind hier insbesondere
das BRCA 1 und 2 zu nennen. Das Lebenszeitrisiko für die Trägerinnen dieser Gene, an Brustkrebs zu erkranken, beträgt 80 bis 85%. Trotz des
Fortschritts der Identifizierung Brustkrebsrelevanter Protoonkogene muss im Gedächtnis behalten
werden, dass nur 5 bis 10% aller Brustkrebserkrankungen eine solche genetisch-familiäre Ursache haben.
Der weitaus größere Teil der Brustkrebserkrankungen scheint somit durch andere Faktoren bedingt
zu sein. Der wichtigste Risikofaktor ist das Alter.
Je älter eine Person ist, desto größer ist das Risiko,
von einer Krebserkrankung betroffen zu sein.
Es sind eine Reihe von Risikofaktoren bekannt,
bei denen davon ausgegangen wird, dass sie das
Erkrankungsrisiko für Brustkrebs erhöhen. Dazu
gehören u. a. Faktoren des Lebensstils wie z. B.
Übergewicht, Rauchen, geringe körperliche Aktivität und Alkoholkonsum, aber auch hormoneller
Status und genetische Disposition. Diskutiert werden auch reproduktive Faktoren, wie eine frühe erste Regelblutung (Menarche), späte erste Schwangerschaft, geringe Anzahl von Schwangerschaften,
kurzes bzw. kein Stillen oder späte Menopause.
Ein weiterer Risikofaktor ist die Exposition von
ionisierenden Strahlen. Ultraviolette Strahlen
bzw. Sonnenstrahlen sind beispielsweise ein ätiologischer Faktor für Hautkrebs. Aber auch Röntgenstrahlen (bei starker Dosis) und radioaktive
Strahlen können Krebsneuerkrankungen produzieren.
Einen weitereren Faktor stellen chemische Karzinogene dar. Darunter fallen fünf Stoffgruppen:
Aromatische Kohlenwasserstoffe (z. B. als Rückstand bei unvollständiger Verbrennung organischer
Substanzen), aromatische Amine, Nitrosamine
(Reaktionsprodukt zwischen Aminen und Nitrit,
relative große Mengen davon im Zigarettenrauch),
Mykotoxine (giftige Substanzen, die von Pilzen
abgesondert werden) und anorganische Stoffe wie
z. B. Uran, Beryllium, Chrom, Cadmium, Asbest,
Teer usw. Eine konsequente Tabakabstinenz könnte zum Beispiel 90% der Lungenkrebserkrankungen verhindern. Nikotinmissbrauch kann aber
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Kapitel 1
auch die Immunabwehr der Vagina reduzieren,
was zu einer erhöhten Infektionsgefährdung führt
(und damit zu einem erhöhten Risiko einer Genitalkrebserkrankung, s. u.).
Alkohol wird ebenfalls als Risikofaktor diskutiert.
Hier ist aber anzumerken, dass der ätiologische
Zusammenhang vermutlich stärker durch die mit
Alkohol assoziierten, ungünstigen Lebensgewohnheiten, die Ernährung und das Ausmaß an Bewegung bedingt ist. Zur ungesunden Ernährung zählen zuviel Fette und Eiweiße, zuwenig Mineralien
und Vitamine und unbewusstes Aufnehmen von
Düngemittelrückständen sowie das daraus resultierende Übergewicht. Die Ernährung kann ebenfalls Einfluss nehmen auf die Immunabwehr (z. B.
der Genitalorgane).
Viruserkrankungen werden ebenso als Risikofaktoren angenommen. Es wird geschätzt, dass bei
ca. 15% aller Krebserkrankungen weltweit Viren
beteiligt sind. Ein für das vorliegende Manual relevantes Beispiel sind die Papilloma Viren (HPV),
Tabelle 7: Anteil von Umweltfaktoren an Krebstodesfällen (in Prozent, nach Doll & Peto, 1980 aus
Grulke & Larbig, 2001)
Prozentsatz aller
Krebstoten
Variable
Tabak
Alkohol
Nahrungsmittel
Sexualbereich
Arbeitsplatz
Luftverschmutzung
geopysikaliche
Faktoren
Infektionen
wahrscheinlichste
Schätzung
Bandbreite glaubhafter
Schätzung
30
3
35
7
4
2
25–40
2–4
10–70
1–13
2–8
> 1–5
3
2–4
10
1–7
Tabelle 8: Risikofaktoren für Brust- oder Genitalkrebserkrankungen (aus: Die blauen Ratgeber, Band 3,
Deutsche Krebshilfe, 2003b)
Gebärmutterhalskrebs
Gebärmutterschleimhautkrebs
Eierstockkrebs
Brustkrebs
Bereits an Brust-,
Gebärmutterschleimhaut-oder
Darmkrebs erkrankt
Brustkrebserkrankungen
in der nahen Verwandtschaft
In jungen Jahren
Geschlechtsverkehr
und häufig wechselnde
Sexualpartner
Bereits Brust- oder
Dickdarmkrebs
Chronische Infektionen und Viruserkrankungen, die durch
Geschlechtsverkehr
übertragen werden
(z. B. Papilloma-Virus)
Strahlentherapie im
Bauch- oder Beckenraum vorgenommen
später Eintritt in die
Wechseljahre, Hormonersatztherapie in Klimakterium und Postmenopause
Verminderte Immunabwehr der Scheide
(durch Nikotinmissbrauch und mangelnde
Vitaminzufuhr)
Östrogenhaltige Einnahme von Arzneimitteln ohne Gestagenzusatz
Kinderlosigkeit
oder ein höheres Alter
bei der ersten Geburt
Carcinoma in-situ
Kinderlosigkeit
Kinderlosigkeit
Zuckerkrank, Bluthochdruck
> 50 Jahre
eine frühe erste Regelblutung (Menarche)
Übergewicht, Bewegungsmangel, fett- und
kalorienreiche Ernährung und regelmäßiger
Alkoholkonsum
> 50 Jahre
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