Ethnographische Methoden der Politikwissenschaft – Chancen und Herausforderungen Helmar Schöne Amann/Hirschauer „Die Ethnographie, so scheint es, ist ein hoffnungsloser Fall: sie ist aus der Sicht der soziologischen Theorie hoffnungslos empiristisch, aus der Sicht der standardisierten Sozialforschung unrettbar vorwissenschaftlich und aus der Sicht der postmodernen epistomologischen Kritik selbstverständlich nichts als literarisch.“ „Neben der Soziologie sind ethnographische Verfahren heute noch in einer Reihe weiterer Disziplinen verbreitet: in der Geschichtswissenschaft (…), in der Pädagogik (…), in der Linguistik (…), in der Volkskunde (…).“ Amann, K./Hirschauer, S.: Die Befremdung der eigenen Kultur. Ein Programm, in: Dies. (Hg.): Die Befremdung der eigenen Kultur. Zur ethnogrphischen Herausforderung soziologischer Empirie, Frankfurt/Main 1997, 7-52, hier 7 u. 10. Gliederung 1. Einleitung 2. Begriff und Kurzdarstellung der Methode 3. Stellung in der Politikwissenschaft 4. Chancen 5. Herausforderungen Erving Goffman „Not rather men and their moments. Rather moments and their men.“ Goffman, E.: The Neglected Situation, in: The American Anthropologist, 66, 133-136. Definition, anknüpfend an Lüders Politische Ethnographie ist eine „flexible, methodenplurale kontextbezogene Strategie“ zur längeren Beobachtung politischer Prozesse, die sowohl die Datenerhebung (Beobachtung) als auch die Datenauswertung (Interpretation von Feldprotokollen) umfasst – wobei beide wechselseitig und eng aufeinander bezogen sind. Vgl. Lüders, C.: Beobachten im Feld und Ethnographie, in: Flick, U./Kardorff, E. v./ Steinke, I. (Hg.): Qualitative Forschung. Ein Handbuch, Reinbek bei Hamburg 2003, 384-401. Merkmale Ethnographischer Forschung 1. Längere Teilnahme im Feld statt punktuellem Zugriff 2. Flexibles Vorgehen im Feld: a) Kombination verschiedener Formen der Datenerhebung b) Offenheit für Überraschungen 3. Nutzung von Fremdheit statt eines aufgeräumten Vorverständnisses 4. Feldprotokolle Gliederung 1. Einleitung 2. Begriff und Kurzdarstellung der Methode 3. Stellung in der Politikwissenschaft 4. Chancen 5. Herausforderungen Ethnographie in verschiedenen Disziplinen „Während die ethnographische Methode in benachbarten Disziplinen wie der Ethnologie Soziologie Soziologie und der Ethnologie mittlerweile als gängigePolitikwissenschaft Vorgehensweise bezeichnet werden kann, ist ihr Einsatz in der Politikwissenschaft bisher noch nicht in größerem Umfang etabliert.“ behavioristische Wende Ausdruck wissenschaftskonkurrenzlos Pritzlaff, Tanja: Ethnographische Politikforschung, in: Behnke, J./Gschwend, T., Schindler, D./ führt nicht zu Beobachtheor. Neuorientierungen Schnapp, K.-U. (Hg.): Methoden der Politikwissenschaft, Baden-Baden 2006, 125-132. Begründungszwänge, tungsstudien Anfangs: Subkulturen im methodische AbgrenzZu typischen Beobachtungsgegenständen zählt vor allem menschliche seltendas angewendet, Fokus ungen, theoriebasierte Verhalten. In früheren Formen ethnologischer Studienkaum standetabliert die Beobachtung Legitimation nicht nötig Heute: Untersuchung als Methode zumeist im Zentrum der Reiseberichte. In der Politikwissenschaft “fokussierte” Ethnomoderner Vergesell“Initiation” ist diese Datenerhebungsmethode bislang allerdings relativ selten graphie schaftungsprozesse angewendet worden.“ wenig methodische und Westle, B./Krumm, T.: Beobachtung, kontextgebundene in: Westle, B. (Hg.): Methoden der Politikwissenschaft, Badentheoretische Reflexionen Ethnographie Baden 2009, 260-271. große Bandbreite „A third category of data collection consists in participating in the every day vorhandener Studien practices of the people under study. This method is called participant observation or ethnography. It has its roots in anthropology and ethnology; in political science it has been used rarely.“ Schöne, H.: Participant Observation, in: Badie, B./Berg-Schlosser, D./Morlino, L. (Hg.): International Encyclopedia of Political Science, Thousand Oaks 2011. Beobachtungsstudien deutschsprachige PoWi Beobachtungsstudien internat. PoWi Gliederung 1. Einleitung 2. Begriff und Kurzdarstellung der Methode 3. Stellung in der Politikwissenschaft 4. Chancen 5. Herausforderungen Chancen Pritzlaff, Tanja: Positionierung im parlamentarischen Prozess, in: Maier, M. L./Nullmeier, F./Pritzlaff, T., Wiesner, A. (Hg.): Politik als Lernprozess, Opladen 2003, 245-266. Schöne, Helmar: Alltag im Parlament. Parlamentskultur in Theorie und Empirie, Baden-Baden 2010. Scheffer, Thomas: “Wir sollten fordern, dass …” Zur Fertigung und Verwertung von Positionen in Abgeordnetenbüros des Deutschen Bundestages, unveröffentlichtes Manuskript, Berlin 2012 Herausforderungen 1. Teilnahme im Feld Feldzugang - Zeitbedarf 2. Flexibles Vorgehen im Feld Standardisierung von Instrumenten und Vorgehen 3. Fremdheit statt geordnetem Vorverständnis 3. Feldprotokolle Stellung des Textes - Intersubjektivität Ethnographische Methoden der Politikwissenschaft – Chancen und Herausforderungen Helmar Schöne