Die Azteken - E

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Die Azteken
Objekttyp:
Chapter
Zeitschrift:
Du : die Zeitschrift der Kultur
Band (Jahr): 27 (1967)
Heft 10
PDF erstellt am:
13.02.2017
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Die Azteken
Es war der Mythos des Gottes Quetzalcoatl, der gefiederten Schlange, welcher
den tragischen Untergang der Azteken
wenn nicht verursachte, so doch sicher
beschleunigte. Denn der unglaubliche
Zufall wollte es, dass 1519, das Jahr des
Einmarsches der Spanier, im azteki¬
schen Kalender wiederum ein Jahr
«Eins-Schilfrohr» war, wie das Sterbe¬
jahr des Gottkönigs Quetzalcoatl, von
dem die Sage ging, er werde in einer spä¬
teren zyklischen Wiederkehr dieses Jahrs
aus dem Osten kommend in sein Land
zurückkehren, und dass Hernan Cortes
dem Bild des Gottes mit Bart und weis¬
ser Haut entsprach. Der toltekische
Priesterkönig Quetzalcoatl hatte im
Jahre 999 unserer Zeitrechnung seine
Stadt Tula verlassen müssen, nachdem,
wohl infolge Verstössen gegen Religion
und Sitte, ein Aufstand gegen ihn aus¬
gebrochen war. Die aztekische Über¬
lieferung wusste nun zu berichten, dass
sich Quetzalcoatl später im Jahr «EinsSchilfrohr» im «Land der Morgenröte»
verbrannt habe, worauf sich sein Herz
in den Morgenstern verwandelte. Die
Azteken hielten Cortes, den erobern¬
den Spanier, für Quetzalcoatl und begrüssten ihn deshalb zuerst mit Ge¬
schenken.
Das heutige Mexico-City steht dort,
wo gegen Ende des 14. Jahrhunderts die
Azteken auf dem damals noch bestehen¬
den See von Tetzcoco ihre neue Haupt¬
stadt Tenochtitlan gegründet hatten.
Von der herrlich blühenden, im Zeit¬
raum von etwa hundert Jahren entstan¬
denen Stadt sind nur einige Funda¬
mente übriggeblieben.
Der einst grosse und wegen unbere¬
chenbaren Überflutungen berüchtigte
See von Tetzcoco wurde entwässert und
ist nur noch eine Pfütze ausserhalb der
Grenzen der heutigen Millionenstadt,
welche unter der Last ihrer Gebäude
langsam im ehemaligen Seegrund ein¬
sinkt. Auch die Dämme, welche bei der
Eroberung Tenochtitlans eine so her¬
vorragende Rolle spielten, lassen sich
heute fast nicht mehr unter den breiten
Boulevards, den Avenidas von Mexico-
City, vorstellen.
Man schätzt, dass Tenochtitlan zwi¬
schen 75000 und 300000 Menschen be¬
herbergte. Die Gebäude der Stadt sind
uns nur durch Beschreibungen und un¬
genaue Zeichnungen bekannt. Dort, wo
Cortes die Kathedrale von Mexiko grün¬
dete, befand sich der aztekische Tempel¬
bezirk; sein wichtigstes Bauwerk: die
Hauptpyramide mit den Tempeln Tla-
Malinalco
locs und Huitzilopochtlis war der Schau¬
platz jener Opferorgien, während denen
bis zu 20000 Gefangenen im Tag das
zuckende Herz mit einem Obsidianmesser aus der Brust gerissen wurde.
Nach aztekischem Glauben sicherten
allein diese Opfer den Fortbestand der
Sonne; die Geopferten wurden im az¬
tekischen Kosmos zu Sternen, ihre
Köpfe spiesste man auf gewaltige Schä¬
delgerüste auf dem Hauptplatz. Trotz der
ungleichen Grösse gibt die Pyramide der
aztekischen Provinzstadt Tenayuca am
ehemaligen Nordgestade des Sees von
Tetzcoco den besten Begriff von der
Hauptpyramide Tenochtitlans. Diese
Pyramide wurde lange vor der Grün¬
dung Tenochtitlans begonnen. Ihre Aus¬
grabung gab zum erstenmal darüber
Aufschluss, wie altmexikanische Pyra¬
miden oft viele Bauphasen durchliefen,
ehe sie ihre endgültige Gestalt erhielten.
Über einem ursprünglichen kleinen Bau
von 31 mal 12 Metern Grundfläche und
8 Metern Höhe wurden wie Zwiebel¬
schalen nach und nach mindestens fünf
weitere Pyramiden errichtet. Dass der
Grundplan mit zwei Haupttreppen und
zwei Heiligtümern allen Bauphasen ge¬
meinsam ist, lässt vermuten, dass alle
vom gleichen Stammerbautwurden. Der
Brauch, einen Tempel nicht niederzureissen, sondern einfach zu überbauen,
herrschte in ganz Mittelamerika; diese
Tempelerneuerungen werden bei den
Azteken mit den alle 52 Jahre stattfin¬
denden Erneuerungsfeiern in Zusam¬
menhang gebracht.
Beim letzten Umbau der Pyramide
von Tenayuca wurde ihre Basis mit einer
niedrigen Steinbank umgeben, auf der,
dicht aneinandergedrängt, 138 Schlan¬
genfiguren liegen, deren gewundene Lei¬
ber aus Mauerwerk bestehen, während
die über die Bank vorspringenden Köpfe
aus Stein gehauen sind. Auch bei der
Hauptpyramide von Tenochtitlan spre¬
chen die alten Berichte von einer
«Schlangenmauer», deren Reste tat¬
sächlich neben dem Torso des Pyrami¬
denfundaments entdeckt wurden. Auf
der Nord- und Südseite der Pyramide
von Tenayuca, deren Front wie gewöhn¬
lich dem Westen zugewandt ist, stehen
niedrige Altäre, und vor jedem liegt eine
Türkisschlange. Die Schlangen, die den
Bau umgeben und flankieren, waren
nach aztekischer Auffassung himmlische
Wesen und die Türkisschlangen insbe¬
sondere Verkörperungen des lichten
Tageshimmels, der die Sonne umfängt
und trägt.
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Die wohl jüngste Anlage aztekischer
Tempelbaukunst und zugleich eine der
erstaunlichsten ist der mit seinem Skulp¬
turenschmuck aus dem anstehenden
Fels gehauene Xempel von Malinalco
am steilen Berghang eines schwer zu¬
gänglichen Tales südlich von MexicoCity. Eine aztekische Chronik erwähnt,
dass der Bau von 1501 bis 1515 ge¬
dauert habe.
Da die Anlage aus dem steilen Berg
geschnitten wurde, wird der Haupt¬
tempel nur zur Hälfte sichtbar; die Cella
mit einem Durchmesser von drei Metern
ist nahezu kreisrund und hat ein Portal
in Form eines aufgesperrten Drachenmauls. In flachem Relief heben sich die
Augen mit den drohend geschwungenen
Brauen, die mächtigen Hauer und eine
gespaltene Schlangenzunge von Wand
und Türschwelle ab. Zu beiden Seiten
der Treppe hocken Jaguare, und im In¬
nern des Tempels liegen auf einer rings¬
umlaufenden Bank und auf dem Fuss¬
boden neben einem zentralen Feuerloch
drei heraldisch stilisierte Adlerbälge und
ein realistisch gestaltetes Jaguarfell mit
rundplastischen Köpfen, die, wie alles
übrige, aus dem Stein des Berges gemeisselt wurden. Die Jaguare und Adler
legen die Vermutung nahe, dass der Mo¬
nolithtempel von Malinalco dem vor¬
nehmen Orden der Jaguar- und Adler¬
krieger als Kultstätte diente. Dieses er¬
staunliche Werk der aztekischen Kunst
ist neben der Anlage von Tetzcozinco
der einzige mittelamerikanische Mono¬
lithtempel und kann ebensowohl als
grossplastische wie als architektonische
Schöpfung aufgefasst werden.
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