Tierphysiologische Übungen Teil"Stoffwechselphysiologie" Durchführung: Abt. II - Arbeitsgruppe Markl . Dieser Übungsteil soll Ihnen Lebensprozesse aus verschiedenen Bereichen der Stoffwechselphysiologie veranschaulichen, einen Eindruck von Fragestellungen und Arbeitsweisen der biologischen Forschung geben, praktische Erfahrung mit einigen wissenschaftlichen Methoden und Geräten vermitteln. 2 1. Der jeweilige Kurs beginnt am Montag bzw. Dienstag um 14°° pünktlich im Kursraum 202. Für den praktischen Teil werden Zweier-Gruppen gebildet. Jeweils 9 Gruppen werden gemeinsam von einem Versuchsleiter und zusätzlich von 2 Tutoren betreut. 2. Vorbereitung zu jedem Kurstag: a) Machen Sie sich vertraut mit den in diesem Skript beschriebenen Versuchs- und Methodengrundlagen. b) Beantworten Sie die weiterführenden Fragen am Ende des jeweiligen Experiments. c) Erarbeiten Sie den Inhalt der für jeden Versuch angegebenen Kapitel (S. 4). entweder aus dem Lehrbuch: Campbell, N.A. u. Reece, J.B.: Biologie oder aus dem Lehrbuch: Purves, W.K., et al.: Biologie. d) An jedem Kurstag wird ein schriftlicher Kurztest durchgeführt. Bei Nichtbestehen erfolgt eine mündliche Prüfung. Wer diese nicht besteht, wird dann von Herrn Prof. Markl nochmals geprüft! 3. Jede 2er-Gruppe fertigt zu den Versuchen ein Protokoll an und beendet dies möglichst noch während des Kurstages. Ihr Protokoll soll in knapper aber präziser Form enthalten: Kurz die Fragestellung und die Art der Durchführung des Versuches. Veränderungen der Anleitung zur Versuchsdurchführung. Von der Erwartung abweichende Beobachtungen. Ihre primären Messdaten (wie Sie diese an den Geräten ablesen) Alle Berechnungen, Tabellen und graphischen Darstellungen. Vergessen Sie nicht Angaben über Konzentration, Mengen, Dimensionen. Eine zusammenfassende Schlussbemerkung 3 Für eine erfolgreiche und zügige Durchführung der Versuche ist neben dem Studium der gängigen Lehrbücher die gründliche geistige Aneignung des Inhalts des Skripts Voraussetzung! Empfehlenswerte Literatur (Jeweils neuste Auflage) Generell: -- Campbell, N.A; Reece, J.B.: Biologie, Spektrum der Wissenschaft, Pearson Verlag. -- Purves, W.K., Sadava, D., Orians, G.H., Heller, H.C.: Biologie, Elsevier. Biochemie: -- Königshoff, M., Brandenburger, T.: Kurzlehrbuch Biochemie, Thieme-Verlag. -- Stryer L: Biochemie. Spektrum Akademischer Verlag. Physiologie: -- Moyes Ch. D., Schulte P.M.: Tierphysiologie, Pearson Studium. -- Eckert R: Tierphysiologie. Thieme-Verlag. -- Penzlin, R: Lehrbuch der Tierphysiologie, Fischer-Verlag. Andere: -- Wehner R; Gehring W: Zoologie. Thieme-Verlag. -- Silbernagl S; Despopoulos A: Taschenatlas Physiologie. Thieme-Verlag. -- Schmidt R.F, Lang, F., Thews G; Physiologie des Menschen. Springer-Verlag. 4 Wissensnotwendiges aus: Biologie: Campbell, N.A. u. Reece, J.B. Angaben für die Buchausgaben der folgenden Verlage: -- Spektrum Akademischer Verlag; und -- Pearson Studium, -- Versuch: Exkretion: Kapitel: Die Kontrolle des inneren Milieus -- Versuch: Atmung: Kapitel: Zellatmung: Gewinnung chemischer Energie Kapitel: Kreislauf und Gasaustausch -- Versuch: Blut: Kapitel: Die Struktur und Funktion biologischer Makromoleküle Kapitel: Kreislauf und Gasaustausch Versuch: Muskel: Kapitel: Mechanismen der Sensorik und Motorik: Bewegung und Lokomotion -- Versuch: Enzyme: Kapitel: Einführung in den Stoffwechsel Wissensnotwendiges aus: Biologie: Purves, W.K., Sadava, D., Orians, G.H., Heller, H.C. Elsevier GmbH Spektrum Akademischer Verlag; -- Versuch: Exkretion: Kapitel: Physiologie, Homöostase und Thermoregulation: Physiologische Regulation und Homöostase Kapitel: Salz- u. Wasserhaushalt, Stickstoffausscheidung -- Versuch: Atmung: Kapitel: Zelluläre Stoffwechselwege, die Energie gewinnen Kapitel: Gasaustausch bei Tieren -- Versuch: Blut: Kapitel: Proteine: Polymere aus Aminosäuren Kapitel: Gasaustausch bei Tieren Kapitel: Kreislaufsysteme: Blut: ein flüssiges Gewebe -- Versuch: Muskel: Kapitel: Effektoren: Wie Tiere sich bewegen -- Versuch: Enzyme: Kapitel: Energie, Enzyme und Stoffwechsel -- 5 Methodenblatt Photometrie Die Lichtabsorption einer Lösung folgt lg Io/I = E = . c.d (LAMBERT-BEERsches Gesetz) wobei Io = Intensität des eintretenden Lichts, I = Intensität des austretenden Lichts, E = Extinktion (engl. absorbance), c = Konzentration (mol/l) der absorbierenden Substanz, = molarer Extinktionskoeffizient (Extinktion einer Lösung von 1 mol/l bei einer Schichtdicke von 1 cm), d = Schichtdicke der Messlösung in cm. Io und I sind mit Fotozellen messbare Größen. Der molare Extinktionskoeffizient ist abhängig von der Wellenlänge des Lichtes. Höchste Messempfindlichkeit und zugleich geringste Störung durch Begleitstoffe erreicht man durch Messung der am stärksten absorbierenden Wellenlänge mit monochromatischem Licht. Die Extinktion E ist also der Konzentration der absorbierenden Substanz proportional. In der Praxis wird die unbekannte Konzentration c x meist nicht durch Ermittlung des Extinktionskoeffizienten bestimmt, sondern durch Vergleich mit einem Standard bekannter Konzentration nach cx = Ex x cs/Es (s = Standard). Der Standard muss innerhalb jeder Messreihe zusätzlich zu den eigentlichen Proben mitgeführt werden. Da bei einem optischen Test endogen, also in Abwesenheit der zu bestimmenden Substanz, eine deutliche Farbreaktion auftreten kann, muss außerdem ein Reagenzienleerwert bestimmt werden. In diesem sind alle zum Test gehörenden Substanzen enthalten außer der zu bestimmenden. Die Extinktion dieses Ansatzes wird von allen anderen Messwerten subtrahiert. Für die Vergleichbarkeit aller Extinktionen innerhalb einer Reihe müssen alle Versuchsparameter (z.B. Reaktionszeit, Reaktionstemperatur, Endvolumen [Volumen vor Starten der Reaktion korrigieren: Pufferspalte]) gleich sein und in homogener Phase ablaufen (Mischen!). Für jede erneute Messung bzw. Messreihe müssen stets wieder ein Standard und ein Reagenzienleerwert mitgeführt werden. Zu jeder Serie eines optischen Tests ist ein Pipettierschema zu erstellen, in dem aufgeschrieben ist, in welches Reaktionsgefäß (Reagenzienleerwert, Standard, Probe 1, Probe 2 ...) welche der im Test benötigten Lösungen in welcher Reihenfolge und in welcher Menge kommt. Die Inkubationszeit ist meist nicht kritisch, es muss aber für jede Probe die Reaktionszeit für Spaltung, Farbbildung, usw. mit großer Näherung gleich sein. 6 Prinzip eines Pipettierschemas mit nur einer zu bestimmenden Proben-Lsg bei verschiedenen Konzentrationen: Lösungen → Leerwert- Stanard- Proben- Lösung Lösung Lösung Reagenzienleerwert 20 --- --- Standard --- 20 Probe 1 --- Probe 2 Probe 3 Puffer Reaktions Reaktions End- Lösung1 Lösung2 Volumen ? 100 200 360 --- ? 100 200 360 --- 20 ? 100 200 360 --- --- 40 ? 100 200 360 --- --- 60 ? 100 200 360 Ansätze ↓ Probe p Hat man mehrere Probenlösungen, so müssen entsprechend viele weitere Spalten für Proben-Lsg. 2, -Lsg. 3 .... berücksichtigt werden. Ein Photometer besteht aus Lichtquelle + Einrichtung zur Herstellung monochromatischen Lichts (Filter, Prismen oder Gittermonochromator) + Küvette für die zu untersuchende Lösung + Einrichtung zur photoelektrischen Lichtmessung (Photozelle, Photomultiplier) + Anzeigeeinheit (lineare Anzeige der Extinktion durch Logarithmierglied im Verstärker). Flammenphotometrie In einer heißen Flamme werden Metallionen zur Abgabe einer elektromagnetischen Strahlung angeregt; sie senden bestimmte Wellenlängen (Linienspektrum) aus. Praktisch erfolgt die Zufuhr der Ionen zur Flamme durch Zerstäuben ihrer Lösung im Brennstrom. Die so erzeugte Lichtintensität ist von vielen Faktoren abhängig (Geschwindigkeit von Brenngas- und Lösungsstrom, Zerstäubungsgrad, Flammentemperatur), jedoch unter konstanten Bedingungen der Ionenkonzentration cs in der Lösung proportional. Eine unbekannte Konzentration c x kann daher durch Vergleich mit einem Standard bekannter Konzentration bestimmt werden nach cx = Ex x cs/Es. Ein Flammenphotometer besteht aus Brenngasleitung mit Zerstäuber + Brenner + Einrichtung zur Isolierung der gewünschten Wellenlängen (Filter, Monochromator) + Einrichtung zur photoelektrischen Lichtmessung + Anzeigeeinheit. 7 Optischer Test Bei vielen Enzymreaktionen mit Dehydrogenasen wirken die Coenzyme NAD + oder NADP+ als Wasserstoffakzeptor: ⇌ Substrat-H2 + NAD+ Substrat + NADH + H+ Die reduzierten Coenzyme NADH bzw. NADPH zeigen bei 340 nm ein Absorptionsmaximum, das den oxidierten Verbindungen NAD+ und NADP+ fehlt. Die Reaktion lässt sich daher durch UV-Spektrometrie verfolgen ("Optischer Test" nach O. WARBURG): Bei Dehydrogenierung des Substrats nimmt im Reaktionsansatz die Konzentration des reduzierten Coenzyms zu und damit steigt die Extinktion bei 340 nm an; bei Umkehrung der Reaktion nimmt E 340 ab. Aus der Extinktionsänderung E340 ergibt sich die NADH-Konzentrationsänderung c nach dem (umgeformten) LAMBERT-BEERschen Gesetz: c = E/[ . d]. Der molare Extinktionskoeffizient für NADH und NADPH beträgt 340 = 6300 l/[mol x cm] bzw. 6,3 ml/[µmol x cm]. Die Reaktionsgeschwindigkeit v = c/t wird analog aus der Geschwindigkeit der Extinktionsänderung E/t berechnet: c/t = E/[t x x d] 8 Versuch Exkretion bei Mensch und Frosch A) Allgemeines Tiere des Süßwassers befinden sich in einer Umgebung, deren osmotischer Wert (Teilchenkonzentration) wesentlich geringer ist als der ihrer Körperflüssigkeiten. Sie müssen zur Aufrechterhaltung der Homöostase durch die Körperoberfläche aufgenommenes Wasser loswerden. Landtiere hingegen müssen mit Wasser sparen. Dabei müssen beide Tiergruppen erreichen, dass aufgenommene Salze wieder abgegeben werden. Um ihr inneres Milieu möglichst konstant zu halten, können alle diese Tiere - vom Einzeller bis zum Mensch – osmoregulieren. Die Fähigkeit zur Osmoregulation ist die Voraussetzung für tierisches Leben außerhalb des Meeres. Organe der Osmoregulation bei Wirbeltieren sind Kiemen und Nieren. Über sie erfolgt dabei eine Ausscheidung überschüssiger Ionen. Außerdem entledigen sich die Wirbeltiere über die Niere auch des Harnstoffs, eines Endproduktes des Aminosäurestoffwechsels sowie anderer Stoffwechselendprodukte und Fremdstoffe. Die Osmoregulation und Exkretion jeder Tierart ist angepaßt an deren Lebensraum und Lebensweise. Dies läßt sich z.B. anhand des von Mensch und Frosch gebildeten Harns im Vergleich zum Blut untersuchen. 1. Der Mensch produziert wie alle Säuger infolge seines intensiven Stoffwechsels große Mengen an Harnstoff, der über die Nieren abgegeben wird. Andererseits müssen Säuger mit Wasser sparen und gleichzeitig die Ausscheidung von Salzen kontrollieren. Hierzu wird zunächst durch Ultrafiltration des Blutes in den Nierenglomeruli eine erhebliche Menge an Primärharn gebildet (ca. 2,5 pro kg Körpergewicht und Tag). Durch Rückresorption von Wasser in den Nieren-kanälchen wird der Primärharn konzentriert, so dass schließlich geringe Mengen eines harnstoffreichen Endharns ausgeschieden werden (ca. 25 ml/[kg × Tag]). Gleichzeitig werden dabei selektiv niedermolekulare Substanzen wie Natriumionen rückresorbiert oder sezerniert. Der Endharn des Säugers ist im Vergleich zur Körperflüssigkeit hyperosmotisch. 2. Frösche müssen als Süßwasserbewohner überschüssiges Wasser, das sie wegen des höheren osmotischen Wertes ihrer Körperflüssigkeit gegenüber dem umgebenden Wasser und der Durchlässigkeit ihrer Schleimhaut aufnehmen, loswerden und gleichzeitig mit Salzionen sparen, da diese wiederum durch die Haut herausdiffundieren können. Infolge ihres trägeren Stoffwechsels produzieren sie weniger Harnstoff als Säuger. Die Harnbildung entspricht der der Säuger, allerdings fehlt dem Nephron des Frosches die Henlesche Schleife und damit auch die Fähigkeit, einen osmotischen Gradienten zur Wasserrückgewinnung aufzubauen. Frösche bilden pro Tag ca. 500 ml/kg an Primärharn und verringern diese Menge in 9 den Nieren nur geringfügig zu einem im Vergleich zur Körperflüssigkeit hypoosmotischen Endharn (ca. 300 ml/[kg × Tag]). Zur Veranschaulichung der unterschiedlichen Nierenleistungen werden der osmotische Wert sowie die Konzentration an Natriumionen und Harnstoff im Harn von Mensch und Frosch (Rana) bestimmt und mit den Werten im jeweiligen Blutplasma verglichen: Blutplasma Mensch Blutplasma Rana -osmotischer Wert (mosmol/kg Wasser) 310 240 -Natriumionen (mmol/l) 140 105 -Harnstoff (mmol/l) 10 3,5 B) Methoden - Der osmotische Wert wird durch Messung der Gefrierpunktserniedrigung bestimmt. Ein Mol Teilchen im Kilogramm Wasser senkt dessen Gefrierpunkt um 1,86 °C. Kühlt man eine Probe kontinuierlich und verfolgt den Temperaturverlauf mit einem Thermistor (Thermistoren sind Halbleiter, deren elektrischer Widerstand sich in Abhängigkeit von der Temperatur messbar ändert), so kann durch Beobachtung der Eisbildung die Gefriertemperatur ermittelt werden. Wir benutzen zum Erkennen des Gefrierpunktes eine indirekte Methode: Erreicht die Temperatur den Gefrierpunkt bleibt nämlich die Temperatur solange konstant, bis alles Wasser zu Eis geworden ist; es muss erst die Schmelzwärme abgeführt werden, bevor die Temperatur weiter sinken kann. Die Gefrierpunktserniedrigung verläuft nur dann über einen weiten Bereich linear, wenn man Osmolalitäten (osmol pro Kilogramm Lösungsmittel) anstelle von Osmolaritäten (osmol pro Liter Lösung) vergleicht. - Die Konzentration an Natriumionen wird flammenphotometrisch bestimmt (siehe: Methodenblatt Flammenphotometrie). - Die Konzentration an Harnstoff wird mit einem enzymatischen Farbtest bestimmt (siehe Methodenblatt Photometrie), Harnstoff wird dabei durch das Enzym Urease gespalten: Urease H2N-CO-NH2 + 2 H2O 2 NH4+ + CO32Die entstehenden Ammoniumionen reagieren mit zugesetztem Salicylat und Hypochlorit unter Bildung eines blaugrünen Farbkomplexes, dessen Konzentration photometrisch bei 600 nm gemessen wird (siehe: Methodenblatt Photometrie). Aus der gebildeten Farbstoffmenge kann die eingesetzte Harnstoffmenge berechnet werden. C) Durchführung 10 1. Messung der Gefrierpunktserniedrigung: Die Messung der Proben am Osmometer wird vom Betreuer demonstiert. Säugerharn, Froschharn und Kryoskopiestandard unverdünnt verwenden. Verdünnung verändert den Dissoziationsgrad von Verbindungen und damit den osmotischen Wert. 2. Bestimmung der Konzentration an Natriumionen: Das Flammenphotometer wird vom Betreuer in Betrieb genommen und demonstriert. Zur Messung werden folgende Lösungen angesetzt: - 1 ml Säugerharn mit Wasser auf 200 ml verdünnen. - 5 ml Froschharn mit Wasser auf 50 ml verdünnen. - 1 ml Eichlösung (0,2 mol/l NaCl) mit Wasser auf 200 ml verdünnen. 3. Bestimmung der Harnstoffkonzentration: Alle Ansätze werden zweimal angesetzt. - Erstellen Sie mit Hilfe des Methodenblatts Photometrie ein Pipettierschema. - Stellen Sie sich die benötigte Zahl an beschrifteten Reaktionsgefäßen bereit. - 20 µl der jeweils zu bestimmenden Proben (Leerwert, verdünnter Froschharn, verdünnter Säugerharn, 1 mmol/l Harnstoff-Standardlösung, 2 mmol/l HarnstoffStandardlösung, 3 mmol/l Harnstoff-Standardlösung) werden in die entsprechenden Reaktionsgefäß vorgelegt und alle Proben zügig mit je - 500 µl Reaktions-Lösung 1 versetzt. - Gefäße verschließen und gut mischen! - 10 min bei Raumtemperatur inkubieren. - 500 µl Reaktions-Lösung 2 in der gleichen Reihenfolge wie Lösung 1 zu jedem Ansatz dazugeben. - Gefäße verschließen und gut mischen! (Bei Zugabe der Lsg.1 (Puffer/Urease/Salycylat-Lösung) startet die Harnstoffspaltung, mit Lsg. 2 (NaOH/Natriumhypochlorit-Lösung) die Farbreaktion!) - 20 min bei Raumtemperatur inkubieren. - Nullwert am Photometer mit H2O einstellen. - im Photometer bei 600 nm die Extinktion messen. - Harnstoff-Standardgerade erstellen: Alle Extinktionen der Leer- und Standardwerte gegen die entsprechende Harnstoffkonzentration der Lösung auftragen. - Bestimmung der Harnstoffkonzentrationen: Mit der Standardgeraden mittels der gemessenen Extinktionen die Konzentrationen der verdünnten Säuger- und Froschharnprobe bestimmen. D) Protokoll 11 Das Protokoll muss enthalten: 1. Einleitung 2. Alle Messdaten, Berechnungen und die Graphik der Harnstoff-Standardgeraden: Extinktionen gegen Konzentrationen der Leer- u. Standardwerte; die daraus abgelesenen Harn-Konzentrationen umrechnen in die Konzentrationen für die unverdünnten Harne. 3. Eine zusammenfassende Tabelle, aus der für die beiden Organismen folgende Werte von Blut und Harn hervorgehen: osmotischer Wert (mosmol/kg Wasser), Natrium-Ionen-Konzentration (mmol/l), Harnstoff-Konzentration (mmol/l) Prozentsatz der Harnkonzentrationen relativ zum Blutplasma. 4. Schlussfolgerungen E) Fragen 1. Was besagt der Begriff „Homöostase“? 2. Worin unterscheidet sich grundlegend der Aufbau der Körperhaut des Frosches und des Säugers? Erklären Sie daraus die unterschiedlichen Mengen Harn pro kg und Tag bei Säuger und Frosch. 3. Wie ist die Wirbeltierniere aufgebaut? 4. Wie sind die Nephrone aufgebaut? 5. Worin unterscheiden sich die Nephrone des Frosches von denen des Säugers? 6. Welche Prozesse führen zur Primär- und Endharnbildung? 7. Was spielt sich dabei in den verschiedenen Bereichen der Nierenkanälchen des Säugers ab? 8. Welche Nahrungsbestandteile gelangen in den Körper und in welcher Form und wie werden sie wieder abgegeben? 9. Was ist ein Exkret? Aus welchen Nährstoffen entstehen N-Exkrete? 10. Was wird durch die Kryoskopie (Gefrierpunktserniedrigungsmessung) gemessen? Wie ändert sich der für Harn bestimmte Wert, wenn der Harn vor der Messung verdünnt wird? 11. Welches sind die Prinzipien der Kryoskopie , der Flammenphotometrie und der Photometrie? 12 Versuch Atmung der Maus Zusätzlich Seite mit „Überblick des katabolen Stoffwechsels“ A) Allgemeines Organismen sind nicht physikalisch von ihrer Umwelt isoliert, sondern befinden sich mit ihr in einem ständigen Stoffaustausch. Für die meisten Tiere ist die Atmung die vitalste Wechselwirkung mit der Umwelt. Ein Mensch überlebt Wochen ohne Nahrung und Tage ohne Wasser, aber nur wenige Minuten ohne Sauerstoff. Im aeroben Organismus ist die Atmungskette der einzige biochemische Prozess, der wesentliche Mengen an Sauerstoff verbraucht. Hier wird Wasserstoff, der in den katabolen (=abbauenden) Stoffwechselwegen gebildet und gebunden an NAD + oder FAD transportiert wird, zu H+ oxidiert. Die Elektronen werden schrittweise auf Sauerstoff übertragen (O2 + 4e- 2 O2-). Das O2- nimmt zwei Protonen auf und bildet Wasser (O2- + 2 H+ H2O: Metabolisches Wasser). Die Energie, die bei der schrittweise ablaufenden Reduktion des O2 frei wird, nutzt der Organismus bei der oxidativen Phosphorylierung, um ATP zu synthetisieren. Die Atmungskette und die eigentliche ATP-Synthese sind miteinander verzahnt. Im Verlauf der oxidativen Phosphorylierung werden H+-Ionen aus dem Inneren der Mitochondrien in den Intermembranraum heraustransportiert, wodurch ein elektrochemischer Gradient zwischen Außen- und Innenraum der inneren Mitochondrienmembran entsteht. Der Rückstrom der Protonen findet durch spezielle Kanalproteine statt, die die im Gradienten steckende Energie nutzen und ATP synthetisieren. Bei aerober Lebensweise werden so über 90% der Energie für die Lebensprozesse geliefert. Es gilt daher mit guter Näherung, dass der Sauerstoffverbrauch auch ein Maß für den Energiebedarf eines aerob lebenden Tieres ist. Das Energetische Äquivalent liegt bei 20 kJ / l Sauerstoff. Es kann also aus dem Sauerstoffverbrauch direkt auf den Energie- und damit Nährstoffbedarf eines Organismus zurückgerechnet werden. Neben dem metabolisch gebildeten Wasser ist das zweite Hauptprodukt der vollständigen Oxidation der Nährstoffe das Kohlendioxid, welches ausgeschieden wird soweit es nicht zum Aufbau von Schalen oder Knochen, oder zur Säure-BaseRegulation der Körperflüssigkeiten gebraucht wird. Das Ausmaß des Gasaustausches unterscheidet sich bei den einzelnen Tiergruppen erheblich und ist innerhalb eines Tieres u.a. stark abhängig von seiner Aktivität und der Umgebungstemperatur. Während der O2-Gehalt der eingeatmeten Luft etwa bei 21% liegt, hat die ausgeatmete Luft beim Säuger immerhin noch etwa 16% Sauerstoff. 13 Die biochemischen Vorgänge der CO2- Produktion aus dem Abbau der Nährstoffe liegen im wesentlichen im Citratzyklus. Der dafür benötigte Sauerstoff kommt praktisch vollständig, außer bei Glucose, aus dem Wasser. Aufgabe: Die Aufnahme von Sauerstoff und die Abgabe von CO 2 einer Maus sollen im Respirometer bei Raum- und bei erniedrigter Temperatur ermittelt werden. Aus den Messwerten sollen a) der Energiebedarf pro Maus und pro kg Maus (1 l O 2 entspricht 20 kJ) b) der respiratorische Quotient (RQ = CO2-Abgabe/O2-Verbrauch) berechnet werden, die erkennen lassen, welcher Nährstoff der jeweilige primäre Energielieferant ist (Fett 0,7; Protein 0,8; Kohlenhydrat 1,0). Der unterschiedliche RQ für die drei Grundnährstoffe kommt dadurch zustande, dass sie unterschiedlich hoch oxidiert sind und dementsprechend unterschiedlich viel Sauerstoff benötigen, um die pro CO2-Molekül entstandene unterschiedliche Zahl an Wasserstoffatomen zu Wasser zu oxidieren. B) Methoden 1. Zur Messung des respiratorischen Quotienten müssen O2-Verbrauch und CO2-Produktion parallel bestimmt werden. Dazu wird die Maus in ein dicht verschlossenes Glas gesetzt, an das ein Manometer angeschlossen ist (Respirometer). Das ausgeatmete CO2 wird dem System entzogen indem es an KOH absorbiert wird und beeinflusst deshalb den Druck im Respirometer nicht. Die Menge der neutralisierten Hydroxid-Ionen wird dann durch Titration der KOH (vor und nach der Beatmung durch die Maus) mit Salzsäure bestimmt und dient als Grundlage zur Berechnung der absorbierten CO2-Menge. Daraus errechnet sich die CO2-Abgabe (ml / [kg × h]). Der von der Maus verbrauchte Sauerstoff führt dagegen zu einer Druckminderung im Respirometer. Über eine angeschlossene Gasbürette wird dieser „Unterdruck“ laufend ausgeglichen und der verbrauchte Sauerstoff immer wieder nachgeliefert. Die Bürette wird zwischendurch mehrmals nachgefüllt und geleert. Aus der Summe der verbrauchten Sauerstoffvolumen lässt sich das insgesamt veratmete Sauerstoffvolumen berechnen und daraus derSauerstoffverbrauch in ml / [kg × h] und der Energiebedarf der Maus. Anfangs- und Endzeiten der gesamten CO2-Produktions- bzw. der Sauerstoffverbrauchs-Messung werden mit einer Stoppuhr gemessen. Aus der CO2-Abgabe und dem Sauerstoffverbrauch wird der RQ errechnet. 14 C) Durchführung 1. Messung des O2-Verbrauchs: - Raumtemperatur und Barometerstand (hPa) ablesen (1 hPa = 0,1 kPa). - Maus wiegen im Plastikkäfig mit Deckel (Maus immer nur am Schwanz anfassen!!!). - Plastikschale mit Rührfisch auf den Boden des Respirometergefäßes stellen. - 25 ml Kalilauge (ca. 1 mol/l) in die Plastikschale pipettieren. - Fußgestell (mit Filterpapier abgedeckt) in die Plastikschale im Respirometergefäß stellen. - Plastikkäfig mit der Maus auf das Fußgestell im Repirometergefäß stellen. - Respirometergefäßdeckel mit geöffnetem (!!!) Hahn vorsichtig aufsetzen und mit Spannring verschließen. - Uhr starten! Ab jetzt läuft die Zeit für die Messung der CO2 - Abgabe! - Respirometergefäß in das Wasser- bzw. Eisbad stellen und Magnetrührer anschalten. - Während des ganzen Versuchs Maus beobachten und Aktivitäten protokollieren. - System über definierten Zeitraum (mind. 5 min) temperieren lassen. - Hahn schließen. - Ab jetzt läuft die Zeit für die Messung des Sauerstoffverbrauchs! - Mit Sauerstoff gefüllte Gasbürette anschließen. - Bürettenanfangsstand notieren. - System auf Dichtigkeit prüfen (Manometerspiegel müssen sich langsam verschieben). - Dem Respirometer vorsichtig etwas Sauerstoff zuführen. (bis ca. 3 cm Wassersäule Überdruck im Gefäß ist). - Bis zum Druckausgleich warten (Gleichstand der Manometerschenkel), dann erneut vorsichtig Sauerstoff zugeben. - Diesen Vorgang wiederholen, bis die Bürette fast leer ist. - Nach letzter Zugabe sofort den Bürettenendstand ablesen, Hahn schließen und Bürette erneut füllen. Neuen Bürettenanfangsstand notieren, Versuch fortsetzen. - Bürette mehrmals neu befüllen bis eine Versuchsdauer von ca. 1 Std. erreicht ist. - Nach letzter Zugabe Bürettenendstand notieren. - Druckausgleich abwarten. - Endpunkt der O2 - Messung. - Versuch sofort beenden durch Abnehmen der Sauerstoffzuleitung und Öffnen des Hahns. - Das Respirometer aus dem Wasserbad nehmen und vorsichtig öffnen. - Endpunkt der CO2 – Messung. - Käfig mit der Maus aus dem Glas herausnehmen und Maus zurück in den Transportkäfig setzen. Respirometergefäß abdecken. 15 2. Ermittlung der ausgeatmeten CO2 - Menge: Die von der Maus produzierte CO2-Menge wird bei Absorption in Wasser zu Kohlensäure: CO2 + H2O ⇌ H2CO3 Diese wird in Verbindung mit einer Lauge (z.B. Kalilauge) zu Karbonat: H2CO3 + 2 K+ + 2 OH- ⇌ K2CO3 + 2 H2O Während der Titration mit HCl entsteht am Umschlagpunkt des Phenolphthaleins das Kaliumhydrogenkarbonat: K2CO3 + H2O ⇌ K+ + HCO3- + K+ + OHAm Umschlagpunkt von Phenolphthalein (pH 8,4) liegt praktisch alles CO 2 in Form von HCO3- vor. Zur Bestimmung der von der KOH absorbierten CO2-Menge wird durch Titration mit einer HCl, deren genaue Säurekonzentration bekannt ist, ermittelt, wie viel OH--Ionen bei der Neutralisationsreaktion bei pH 8,4 (das ist der pH – Wert, bei dem Phenolphthalein von rot nach farblos umschlägt) durch die Bildung von HCO3- verbraucht wurden. Aus der Differenz der Titrationswerte der KOHProben vor und nach Beatmung errechnet man die Menge der OH--Ionen, die durch CO2 gebunden wurden. Dabei entspricht 1 Mol neutralisierter OH --Ionen einem Mol CO2.(1 mol eines Gases entspricht unter Normalbedingungen einem Volumen von 22,4 l). Berechnung der ausgeatmeten CO2-Menge in ml/(kg × h). Führen Sie die Titrationen jeweils 2 x durch. Die Werte sollten dabei höchstens um 0,2 ml voneinander abweichen. - 10 ml unbeatmete KOH (1 mol/l) in einen Erlenmeyerkolben pipettieren. - Ein paar Tropfen Phenolphthaleinlösung dazugeben. - Mit HCl (0, 5 mol/l) bis zum Farbumschlag titrieren. Achtung! Kurz vor dem Umschlagspunkt noch einmal etwas Phenolphthaleinlösung hinzugeben und weiter titrieren, bis die Lösung gerade farblos ist. - 10 ml beatmete KOH (aus dem Respirometer) in einen Erlenmeyerkolben pipettieren. - Ein paar Tropfen Phenolphthaleinlösung dazugeben. - Mit HCl (0, 5 mol/l) bis zum Farbumschlag titrieren. 16 3. Ermittlung des Sauerstoffverbrauchs: Der gemessene Sauerstoffverbrauch muss auf Normalbedingungen, also auf 101,3 kPa und 273 Kelvin (entspricht Atmosphärendruck und 0°C) umgerechnet werden, um ihn mit der CO2-Produktion und mit Literaturwerten vergleichen zu können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass unter den gegebenen Messbedingungen der Sauerstoff wasserdampfgesättigt ist. Der Wasserdampfpartialdruck bei 101,3 kPa und 20°C beträgt 2,4 kPa. Von dem Barometerdruck P, unter welchem sich der Sauerstoff befindet, sind also, unter Vernachlässigung der Abhängigkeit der Wasserdampfsättigung von Druck und Temperatur, 2,4 kPa abzuziehen. Die Berechnung auf Normalbedingungen erfolgt also nach: V V 0 273 ( P 2,4) T 101,3 V0 = P = Volumen eines Gases unter Normalbedingungen; Barometerdruck in kPa (1kPa = 10 h[ecto]Pa = 10 mbar); T = Raumtemperatur in Kelvin. Aus V0 (ml), Versuchsdauer (h) und Gewicht der Maus (g) wird der Sauerstoffverbrauch pro Maus und h (ml O2/h) und pro 1kg Maus und h (ml O2/[kg × h]) berechnet. E) Protokoll Das Protokoll soll enthalten: 1. Versuchseinleitung. 2. Gewicht der Maus, Barometerdruck, Versuchstemperatur. 3. Tabelle der Versuchsdaten. 4. Gesamtmenge des verbrauchten Sauerstoffs und deren Umrechnung auf Normalbedingungen 5. Zur CO2-Abgabe: Ergebnisse und Berechnungen der Titrationen 6. Berechnung des Energiebedarfes pro Maus und Stunde sowie pro kg Maus und Stunde (Vergleich Mensch: 6 kJ / (kg × h) bei leichter Tätigkeit) 7. Endergebnisse zu O2-Verbrauch, CO2-Produktion, Energiebedarf und RQ-Wert aller Arbeitsgruppen in einer Tabelle zusammengestellt. 8. Ist der RQ von der Temperatur abhängig? Wie ist der Energiebedarf der Maus bei unterschiedlichen Temperaturen? 17 F) Fragen: Wie ist die Gaszusammensetzung der Luft? Welche Gasaustauschorgane gibt es bei den verschiedenen Tiergruppen? Was ist eine Redox-Reaktion; was ist eine Säure-Base Reaktion? Wie reagiert CO2 in KOH? Welche Rolle spielt die Kohlensäure bei dieser Reaktion? Informieren Sie sich (wenigstens schematisch) über folgende Stoffwechselwege: Glykolyse, Citratzyklus, Atmungskette. (Welche Stoffe gehen in die einzelnen Stoffwechselwege rein und raus?) In welchen Zellbereichen laufen diese Vorgänge ab? Bedeutung des Sauerstoffs für die aerobe Energiegewinnung und damit des Energetischen Äquivalents. Woher stammen die Sauerstoffatome des ausgeatmeten CO 2? Welche Verbindung geht der eingeatmete Sauerstoff ein? Wie werden die Reduktionsäquivalente (H, transportiert als NADH oder FADH2) zur ATP-Bildung benutzt? (Atmungskette, oxidative Phosphorylierung, chemiosmotische Theorie, elektrochemischer Gradient) Das gemessene O2 -Volumen wird auf Normalbedingungen umgerechnet. Müssen Sie diese Korrektur auch für das CO2-Volumen durchführen? Der katabole Stoffwechsel Lipide Kohlenhydrate C6 C12- C20 Glycolyse C3 Pyruvat C2 Acetyl-Co-A C1 CO2 Aminosäuren C2 - C6 Lactat Citratzyklus NADH/H+ u. FADH2 ATP Atmungskette NAD+ u. FAD ADP + Pi O2 + 2 H+ H2O Versuch Respiratorische Blutproteine Zusätzlich Seite mit „Versuchstabelle“ A) Allgemeines Das Blut vieler Tiere enthält ein respiratorisches Protein (Hämoglobin, Hämocyanin oder Hämerythrin), das den Sauerstofftransport von den respiratorischen Oberflächen (z.B. Haut, Kieme, Lunge) zu den Gewebezellen verbessert. Hämoglobin (Hb) kommt in zahlreichen Varianten in nahezu allen Tierstämmen vor. Bei den Wirbeltieren ist es fast durchweg vorhanden, bei Wirbellosen tritt es eher sporadisch auf und zwar meist bei Arten, die in besonders sauerstoffarmem Wasser leben. Das Hämoglobin der Wirbeltiere ist ein Tetramer, d.h. es besteht aus 4 Protein-Untereinheiten. Jede Untereinheit besitzt ein aktives Zentrum aus einem Protoporphyrinring mit einem zentralen Fe2+-Ion, an das sich ein Sauerstoffmolekül binden kann (siehe Lehrbücher, z.B. Karlson). Oxygeniertes Hämoglobin ist hellrot, deoxygeniertes ist dunkelrot. Viele Hämoglobine der Wirbellosen sind nicht in Zellen verpackt, sondern frei im Blut gelöst. Sie sind dann sehr kompliziert aus zahlreichen Protein-Untereinheiten aufgebaut (alte Bezeichnungen: "Erythrocruorin", "Chlorocruorin"; z.B. bei Anneliden). Hämocyanin (Hc) ist auf die Arthropoden und die Mollusken beschränkt, findet sich dort aber bei zahlreichen Vertretern, z.B. bei Spinnen, Skorpionen, Krebsen, Tintenfischen und Schnecken. Hämocyanin ist nicht in Blutzellen verpackt und bildet verschiedenartige, z.T. extrem große Aggregate aus zahlreichen Untereinheiten. Jede Untereinheit trägt zwei Cu+-Ionen, zwischen denen ein Sauerstoffmolekül gebunden wird. Oxygeniertes Hämocyanin ist blau, deoxygeniertes ist farblos. Hämerythrin (He) kommt bei den Anneliden und bei einigen kleinen Tierstämmen vor. Es ist ein stets in Blutzellen verpacktes Protein aus 8 Untereinheiten, wobei jede Untereinheit 1 Molekül Sauerstoff zwischen zwei Fe2+-Ionen bindet. Ein Protophorphyrinring fehlt. Oxygeniertes Hämerythrin ist purpurn, deoxygeniertes ist farblos. 20 Respiratorische Proteine binden den Sauerstoff reversibel, d.h. sie nehmen ihn nicht nur leicht auf, sondern geben ihn unter physiologischen Bedingungen auch leicht wieder ab. Das Metallion wird nicht oxidiert, sondern mit Sauerstoff komplexiert ("oxygeniert"). Der vergleichsweise riesige Proteinanteil (mehrere hundert Aminosäuren pro Sauerstoffmolekül!) hält den Metallo-Sauerstoff-Komplex in Lösung, stabilisiert ihn, schützt das Metallion vor Oxidation und reguliert die Bindung und Freisetzung des Sauerstoffs. Der Grad der Oxygenierung bei steigender Sauerstoffkonzentration ist direkt messbar. Im Prinzip arbeitet das respiratorische Protein wie ein Enzym (vergl. Versuch Kinetik des Enzyms Lactatdehydrogenase), dessen „Substrat“, der Sauerstoff, jedoch nicht in ein Produkt umgesetzt wird. Man kann hier also ohne störende Nebenreaktionen direkt die Bildung des Protein-Substrat-Komplexes messen. Für die physiologische Rolle eines respiratorischen Proteins sind vor allem seine Sauerstofftransportkapazität und seine Sauerstoffbindungseigenschaften wichtig. Im Rahmen des Praktikums soll beides untersucht werden. Hämocyanin zeigt stärkere Effekte als Hämoglobin. B) Material Hämocyanin des Hummers (Homarus americanus). Dieses Protein besteht aus 2 x 6 Untereinheiten. Jede Untereinheit bindet 1 Molekül Sauerstoff. C) Durchführung 1. Sauerstofftransportkapazität Die Sauerstofftransportkapazität gibt an, wieviel ml Sauerstoff von 1 l Hämolymphe transportiert werden können (physikalisch gelöst + an Hämocyanin gebunden). Zur Berechnung der an Hämocyanin gebundenen O2-Menge braucht man: a) die Hämocyanin-Konzentration (mg/ml) in der Hämolymphe. Diese wird über ein UV-Spektrum ermittelt. b) das Molekulargewicht der Hämocyanin-Untereinheit (=g/mol). Es wird über SDS-Polyacylamidgelelektrophorese bestimmt. 21 22 23 2. Sauerstoffbindungseigenschaften Die Sauerstoffbindung an respiratorische Proteine lässt sich photometrisch bestimmen. Hämocyanin zeigt stärkere Effekte als Hämoglobin. Das UVSpektrum des oxygenierten Hämocyanins besitzt neben dem proteintypischen Absorptionsmaximum bei 280 nm ein zweites Maximum bei 340 nm, für das der Komplex Cu-O2-Cu verantwortlich ist. Die Höhe des Maximums bei 340 nm ist von der Sauerstoffbeladung des Hämocyanins abhängig, bei deoxygeniertem Hämocyanin fehlt es. Durch Messung der Extinktion bei 340 nm bei verschiedenen Sauerstoffpartialdrucken kann eine Sauerstoffbindungskurve des Hämocyanins aufgenommen werden: Zur Messung der Sauerstoffbindungskurve wird die Hämocyanin-Lösung mit Puffer auf eine OD340 von ca. 0,4 verdünnt. Anschließend werden die Proben mit Gasgemischen abnehmenden Sauerstoffgehalts (20% bis 0%) begast und die Abnahme der Extinktion bei 340 nm verfolgt. Zur Verdeutlichung des Bohr-Effektes werden Sauerstoffbindungskurven bei 15°C Versuchstemperatur und pH 7,6 bzw. pH 7,8 erstellen. Um auch den Einfluss der Temperatur auf die Sauerstoffaffinität des Hämocyanins diskutieren zu können, werden die Messreihen auch bei einer Versuchstemperatur von 20°C und pH 7.6 bzw. pH 7,8 durchgeführt. Trägt man die Sauerstoffsättigung des Hämocyanins gegen den Sauerstoffpartialdruck auf, so erhält man eine Sauerstoffbindungskurve. Der Halbsättigungsdruck P50, d.h. der O2-Partialdruck, bei dem 50% des respiratorischen Proteins oxygeniert vorliegt, liefert dabei ein Maß für die O 2Affinität: Je höher der P50-Wert um so geringer ist die O2-Affinität und um so mehr O2 kann im Gewebe freigesetzt werden. Die O2-Bindungskurven von Hämocyanin und Hämoglobin weisen einen sigmoidalen Verlauf auf. Dies ist auf die Kooperativität der Untereinheiten zurück zuführen. Das bedeutet, dass die Oxygenierung einer Untereinheit die Oxygenierung der übrigen Untereinheiten erleichtert. Die O 2Bindungskurve von Myoglobin weist folglich einen hyperbolischen Verlauf auf, da es sich um ein monomeres Protein handelt. Die O2-Affinität der respiratorischen Proteine ist artspezifisch, wird jedoch von verschiedenen physiologischen Faktoren beeinflusst. So führt die Erniedrigung des pH-Wertes (z.B. bei verstärkter CO2-Produktion im Gewebe) zu einer erhöhten Freisetzung von O2 (Bohr-Effekt) bzw. zu einer Erhöhung des P50-Wertes. Ebenso verhält es sich bei Erhöhung der Temperatur. Weiterhin spielen organische Phosphatverbindungen, wie z.B. 24 2,3-Bisphosphoglycerat (BPG) bei vielen Säugetieren, eine große Rolle bei der Regulation der Affinität. Die H+-Ionen, BPG und O2 selbst wirken also als allosterische Effektoren, indem sie nach Anlagerung an das respiratorische Protein dessen Quartärstruktur verändern und so die O 2Affinität beeinflussen. Zur Bestimmung der Kooperativität des Hummer-Hämocyanins wird mit den Werten der O2-Bindungskurve ein Hill-Diagramm erstellt. Man erhält eine Gerade, deren Steigung - der sogenannte `Hill-Koeffizient´- ein Maß für die Kooperativität der Untereinheiten des Proteins ist. Je höher die Steigung bzw. je größer der Hill-Koeffizient, desto größer ist die Kooperativität. Ist die Steigung gleich eins, so liegt keine Kooperativität vor. Die Berechnung der Werte für die O2-Bindungskurve und das HillDiagramm werden im Kurs besprochen. (Siehe hierzu Tabelle auf der letzten Seite!) D) Protokoll Das Protokoll soll enthalten: 1. Einleitung 2. Angaben über Ihre Versuchsbedingungen (Temperatur, pH, Proteintyp...) 3. Ihre Messdatentabelle und alle daraus erstellten Diagramme. 4. Für alle Umrechnungen der Messdaten muss eine Beispielrechnung im Protokoll notiert werden. Dabei sind in jedem Rechenschritt die Einheiten zu notieren. 5. Auswertung des SDS-Gels: Die im Gel gemessenen Wanderungsstrecken der einzelnen Eichproteine werden auf ein semilogarithmisches Papier aufgetragen (Abszisse(X): Wanderungsstrecke; Ordinate(Y): Molekulargewicht) und die einzelnen Punkte zu einer Eichgeraden verbunden. An dieser Geraden wird dann das Molekulargewicht der Hämocyanin-Untereinheit abgelesen. 6. Berechnung der Molarität der Protein(=Hämocyanin-Untereinheiten)-Lösung in mol/l aus dem Molekulargewicht der Untereinheit und der Protein(Hämocyanin)-konzentration in der Hämolymphe (physiologische Konzentration). 7. Berechnung der Sauerstofftransportkapazität der untersuchten Hämolymphe (in ml O2/l): - 1 Mol Untereinheit bindet 1 Mol Sauerstoff; 1 Mol Sauerstoff = 22,4 Liter (unter Normalbedingungen). Um welchen Faktor wird die Sauerstofftransportkapazität der Hummerhämolymphe durch das respiratorische Protein erhöht (physikalisch gelöst sind ca. 4 ml O2/l)? 25 8. Berechnungen und graphische Darstellung der Sauerstoffbindungskurve und Transformation in ein Hill-Diagramm. Bestimmung der Sauerstoffaffinität und Kooperativität. Vergleich mit den Ergebnissen der anderen Gruppen (Bohreffekt?). Details hierzu werden direkt im Kurs besprochen. 9. Schlussfolgerungen. E) Erarbeiten Sie sich die Bedeutung der folgenden Stichpunkte: - respiratorische Blutproteine, Vorkommen; Struktur und Funktion von Myoglobin, Hämoglobin und Hämocyanin. - Bau und Eigenschaften von Aminosäuren; Peptidbindung; Primär-, Sekundär-, Tertiär- und Quartärstruktur von Proteinen; allosterische Effektoren. - Prinzip der Gelelektrophorese; Molekulargewichtsbestimmung von Proteinen; Funktion von SDS (Natriumdodecylsulfat). - Sauerstofftransportkapazität; Löslichkeit von Gasen in Flüssigkeiten. - UV-Spektrum von Hämocyanin; Sauerstoffbindungskurve; P 50-Wert; Kooperativität; Hill-Diagramm. - Einfluss physiologischer Faktoren auf die O2-Affinität; Bohr-Effekt. Versuchsdaten pH : Temp.: % Sauerstoff OD340 nm ( vorgegeben ) ( gemessen ) 20% (techn. Luft) 12% 8% 4% 3% 2% 1% 0% Sauerstoffbindungskurve Luftdruck: Hill-Diagramm hPa (Gesamtdruck ≙ 100%) OD340 nm x = pO2 (hPa) y = % Sättigung log x log (y / (100-y)) ( korrigiert ) ( berechnet ) ( berechnet ) ( berechnet ) ( berechnet ) OD340 nm/korr. bei 20% O2: ≙ 100% Sätt.; Y 27 Versuch Mechanismus der Muskelkontraktion A) Allgemeines Der Kontraktionsmechanismus des Wirbeltiermuskels ist heute bis in molekulare Details bekannt. Viele elementare Schritte können dabei an isolierten Myofibrillen ("Fibrillenmodell") demonstriert werden. Sie sollen am Fibrillenmodell zeigen, dass die Muskelkontraktion von Calcium-Ionen und ATP abhängt und dass dabei ATP gespalten wird (ATPase-Aktivität). Die ATP-Spaltung soll quantifiziert werden. „Kontraktion“ ist beim Fibrillenmodell an einer deutlichen Volumenabnahme der suspendierten Fibrillen, schnelleren Sedimentation der Fibrillen und/oder eines sich zusammenziehenden Gelzylinders, entstanden aus den Fibrillen, erkennbar. Das Ausmaß der ATPase-Aktivität wird über das freigesetzte anorganische Phosphat bestimmt. B) Material 5 g Rindertatar *Imidazol-Puffer (40 mmol/l Imidazol, 80 mmol/l KCl, 5 mmol/l MgCl2, pH 7.2) 0.002 mol/l CaCl2 in Puffer* 0.4 mol/l EGTA in Puffer* 0.2 mol/l ATP in Puffer* 1.2 mol/l Trichloressigsäure (TCA) Phosphattest: Lösung 1: Ammoniumvanadat-Salpetersäure Lösung 2: Ammoniummolybdat-Schwefelsäure Lösung 3: Phosphatstandard (200 µmol/l) C) Durchführung 1. Herstellen der Fibrillensuspension - Aufgetauten Tatar mit ca. 50 ml eiskaltem Puffer versetzen. - Mit dem Ultra-Turrax 5sec homogenisieren um die Myofibrillen freizusetzen. - Homogenat durch Perlongaze filtrieren. - 10 min bei 3000 UpM in 2 gewogenen 50 ml Falconröhrchen zentrifugieren. - Sediment in je 25 ml eiskaltem Puffer lösen kurz resuspendieren (Ultra-Turrax). - 10 min bei 3000 Upm zentrifugieren. - Überstand verwerfen und Röhrchen wiegen. - Myofibrillen-Sediment im 20-fachen Volumen seines Gewichts in ungekühltem Puffer aufnehmen und sehr kurz resuspendieren. - Suspensionen zusammengeben und mischen. 28 2. Versuchsansätze Vor dem Ansetzen der Versuche müssen Sie sich ein Pipettierschema analog dem für den optischen Test (siehe Methodenblatt) überlegen, denn die Kontraktion startet mit der Zugabe von ATP! - In die Ansätze 1 - 4 jeweils 2 ml verdünnte Fibrillensuspension (FS) pipettieren. - In den Ansatz 5 anstelle von Fibrillensuspension 2,1 ml ungekühlten Puffer vorlegen. - 100 µl der angegebenen Zusätze (siehe unten, außer ATP) dazupipettieren. - Ansätze mischen! - 100 µl ATP zugeben (außer bei Ansatz 1). - Ansätze mischen. Das Endvolumen bei allen Ansätzen beträgt 2,2 ml! - Kontraktionsvorgänge ca. 15 min lang beobachten und alle Veränderungen notieren. Ansatz 1: FS + CaCl2 Ansatz 2: FS + Puffer Ansatz 3: FS + CaCl2 Ansatz 4: FS + EGTA Ansatz 5: Puffer + + + + + Puffer ATP ATP ATP ATP 3. Ansätze enteiweißen Vor der Bestimmung der jeweils freigesetzten Phosphatmenge ist es notwendig, die Ansätze zu enteiweißen. - Pro Ansatz ein Reaktionsgefäß mit 1 ml TCA (Trichloressigsäure, 1,2 mol/l) vorbereiten. - Die Fibrillen in den Ansätzen 1 - 5 wieder resuspendieren. - s o f o r t 100 µl der Suspension entnehmen und in die Reaktionsgefäße mit der TCA geben. - Gut mischen. - Ausgefällte Proteine 2 min in der Tisch-Zentrifuge abzentrifugieren. - Überstände für die Phosphatbestimmung einsetzen. Die resuspendierten Fibrillenansätze nach 1-2 h Stehzeit nochmal vergleichen mit den Veränderungen nach 15 min. 29 4.Phosphatbestimmung (siehe Methodenblatt Photometrie) Zur Phosphatbestimmung werden Doppelbestimmungen angesetzt. - In Reaktionsgefäßen vorlegen: für die Reagenzienleerwerte je 400 µl TCA für die Standardwerte je 400 µl einer 200 µmol/l Phosphat-Lösung (Lsg. 3), für die Testansätze 1-5 je 400 µl des jeweiligen mit TCA enteiweißten Überstandes. - Zu allen Proben 400 µl Lösung 1 und 400 µl Lösung 2 geben. - Gut mischen !!!!! - Nach 10 min Extinktion bei 405 nm im Photometer messen. Das Photometer wird vom Betreuer in Betrieb genommen und demonstriert. Bei Ansatz 1/ohne ATP wird eventuell vorhandenes Phosphat aus dem verwendeten Material bestimmt. Bei Ansatz 5/ohne FS bestimmen Sie den Spontanzerfall des ATP im Puffer. Dabei entsteht freies Phosphat. Dieses ATP steht für die Reaktion zu ADP und Phosphat bei der Muskelkontraktion somit nicht mehr zur Verfügung. Die verbleibende "nutzbare" ATP-Konzentration ist also geringer als die zu Anfang eingesetzte Gesamtkonzentration an ATP. D) Protokoll Das Protokoll soll enthalten: 1. Versuchseinleitung. 2. Pipettierschema für die verschiedenen Fibrillenansätze. 3. Tabellarisch das Sedimentionsverhalten in den verschiedenen Fibrillenansätzen. 4. Die Messdaten der Phosphatbestimmung 5. Alle (!) Berechnungen. 6. Schlussfolgerungen. E) Fragen 1. Welche Arten von Muskulatur gibt es und wie unterscheiden sie sich? 2. Erklären Sie folgende Begriffe zum Feinbau des Wirbeltier-Skelettmuskels: Muskelfaser, Myofibrille, sarcoplasmatisches Reticulum, Sarcomer. 3. Welche Proteine sind am Kontraktionsvorgang beteiligt und wie funktioniert die Muskelkontraktion (Gleitfilament-Theorie)? Wie wird die Muskelleistung reguliert? Welche Rolle spielen die Calcium-Ionen? 4. Welche Funktionen hat das ATP beim Kontraktionsvorgang und auf welche Weise wird es bei kurz- und lang anhaltender Arbeit vom Stoffwechsel bereitgestellt? 30 Zusammenstellung der Versuchsdaten und Ergebnisse: E405nm Ansatz Standard 1 (FS+Ca2+) E1 2 (FS+ATP) E2 3 (FS+Ca2++ATP) E3 Mittelwert E405 Mittelwert E405 – (Ansatz1+Ansatz 5) PO43- Konzentration in TCA [µmol/l] FS-Verdünnungsfaktor PO43- -Konzentration in den Ansätzen 2-5 [µmol/l] ------------------------- 200 µmol/l --------------- ------------------------ ------------------------- ---------------------- --------------- ------------------------ ATP-Konzentration in den Ansätzen 2 bis 4 ─ Spontanzerfall [µmol/l] % ATP-Umsatz 4 (FS+EGTA+ATP) E4 5 (Puffer+ATP) E5 ------------------------- Umsatzberechnung Ansatz (*ATP-Lsg: c = 0,2 mol/l) Verdünnungsfaktor ATP ATP-Konzentration in den Ansätzen 2-5 [µmol/l] 2 (FS+ATP-Lsg.*) 3 (FS+Ca2++ATP-Lsg.*) 4 (FS+EGTA+ATP-Lsg.*) = 100% zur Berechnung des ATP-Umsatzes % Spontanzerfall 5 (Puffer+ATP-Lsg.*) -----------------------------------------------------= 100% zur Berechnung des Spontanzerfalls 31 Versuch Kinetik des Enzyms Lactatdehydrogenase Zusätzlich Seite „Versuchstabelle“ und Seite „Kinetikdiagramme“ Zur Beachtung: 1) Zur Auswertung der Messungen werden ein 30 Zentimeter langes Lineal und Millimeterpapier benötigt. 2) Vor dem Kurstag die Berechnung für die Pyruvatkonzentrationen durchführen (siehe Protokoll, 3 a). A) Allgemeines Biomoleküle wie Aminosäuren, Fette und Kohlenhydrate sind energiereich. Bei ihrem Abbau bilden sich stufenweise immer energieärmere Substanzen bis hinunter zu Kohlendioxid und Wasser. Tiere nutzen diese aus dem Energiegefälle gewonnene Energie für ihre Lebensprozesse. Im Prinzip laufen diese Reaktionen, die zu einem niedrigeren Energieniveau führen, zwar von selbst ab, aber außerordentlich langsam, denn es müssen energiereiche Übergangszustände überwunden werden. Deshalb sind aber Biomoleküle und damit auch die Organismen relativ stabil („metastabil“). Enzyme sind hochspezifische Biokatalysatoren, die gezielt einzelne Stoffwechselreaktionen beschleunigen, indem sie die Aktivierungsenergie absenken. Enzymatische Reaktionen laufen ungefähr eine Milliarde (!) mal schneller ab als die spontanen Reaktionen. Sämtliche physiologischen Vorgänge hängen davon ab, dass metastabile Moleküle mit Hilfe von Enzymen ganze Reaktionsketten weitaus schneller durchlaufen, als es spontan möglich wäre. Ein Enzym (E) beschleunigt also die Umwandlung eines Substrats (S) in ein Produkt (P). Die Reaktion läuft dabei über eine Zwischenstufe (Enzym-SubstratKomplex ES) ab, in der das Enzym sein Substrat in seinem aktiven Zentrum, einer Art genau passender Tasche, bindet: Schritt 1 Schritt 2 E + S ⇌ ES ⇌ E + P Die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion ist definiert als umgesetzte Substratmenge c pro Zeitintervall: v = c/t . Die Gleichgewichtseinstellung von Schritt 1 bei allen Enzymreaktionen weitaus schneller als die von Schritt 2. Schritt 2 ist somit geschwindigkeitsbestimmend für die Gesamtreaktion. Die Umsatzgeschwindigkeit v hängt also davon ab, wie viel Enzym-Substrat-Komplexe vorliegen. 32 Die Aktivität (= Umsatzgeschwindigkeit) eines Enzyms ist durch pH-Wert, Ionenkonzentration, Temperatur, osmotischen Wert und ähnliche Parameter sowie durch die Bindung niedermolekularer (allosterischer) Effektoren beeinflussbar. Hält man all dies auf einem für das betreffende Enzym günstigen Level konstant, so hängt die Umsatzgeschwindigkeit nur von der Konzentration von Enzym und Substrat ab. Unter Enzymkinetik versteht man die Messung der Umsatzgeschwindigkeit eines Substrates durch ein bestimmtes Enzym bei verschiedenen Substratkonzentrationen unter Konstanthaltung aller anderen Messgrößen. Theoretisch folgen die Messwerte einer Michaelis-Menten-Kinetik: Erhöht man bei konstanter Enzymkonzentration die Substratkonzentration cs, so wird die Umsatzgeschwindigkeit immer höher (d.h. es wird pro Zeitintervall mehr Substrat umgesetzt), weil immer mehr Enzym-SubstratKomplexe vorliegen. Das geht theoretisch so lange, bis alle vorhandenen Enzymmoleküle ständig „beschäftigt“ d.h. mit Substrat gesättigt sind. In der Praxis nimmt bei höheren Substratkonzentrationen die Geschwindigkeit der Reaktion vor Erreichen der theoretischen Maximalgeschwindigkeit Vmax wieder ab, da sich die Substratmoleküle am aktiven Zentrum des Enzyms gegenseitig behindern („Substrathemmung“). Wird die Geschwindigkeit v über die Substratkonzentration cs aufgetragen, erhält man in der Theorie eine hyperbolische Sättigungskurve (= Michaelis-Menten-Diagramm). Als Maß für die Affinität eines Enzyms zu seinem Substrat wurde die Michaelis-Konstante KM eingeführt. KM ist diejenige Substratkonzentration, bei der die halbmaximale Reaktionsgeschwindigkeit (1/2 Vmax) erreicht ist, d.h. je höher die Affinität, desto steiler die Kurve, desto kleiner K M. Aus der tatsächlich gemessenen Kurve lassen sich V max (µmol/ml x sec ) und damit KM (µmol/l) wegen Substrathemmung nicht ermitteln. Daher ist es notwendig, die Messdaten in das Lineweaver-Burk-Diagramm (auch: „DoppeltReziprok-Diagramm“), in dem 1/v über 1/cs aufgetragen wird, zu transformieren. Theoretische Grundlagen der Michaelis-Menten-Kinetik Annahmen: 1. Enzym und Substrat müssen aufeinander treffen und aneinander binden (keine Fernwirkungen), d.h. es muss eine Affinität vorhanden sein, die zur Bildung eines ES-Komplexes führt. 2. Die Bildung des ES-Komplexes ist sehr schnell: E + S ES Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Reaktion ist die Produktbildung ES E+P. 3. Damit ist die Konzentration [ES] proportional der Umsatzgeschwindigkeit v: [ES] ~ v Wenn [E] = [ES] ist, also alles Enzym mit Substrat gesättigt ist, dann arbeitet das Enzym mit der Geschwindigkeit Vmax. 33 4. Da aus thermodynamischen Gründen eine Reaktion sowohl in die Hin- wie auch die Rückrichtung verlaufen kann, muss dieses auch gelten für die erste Beziehung unter 2.: Also gilt: E+S ⇌ ES. Darauf kann man das Massenwirkungsgesetz anwenden: [ES] / ([E] x [S]) = Ka Ka ist ein Maß für die Bindungsfähigkeit (Affinität) des Enzyms für das Substrat. Auf der Grundlage dieser Annahmen wurde die Gleichung v = Vmax x cs / (cs + KM) von Michaelis und Menten entwickelt, dabei bedeutet v: Umsatzgeschwindigkeit bei der Substratkonzentration cs Vmax : theoretische Maximalgeschwindigkeit; bei unendlich hohem c s cs : Substratkonzentration KM : Affinitätskonstante (siehe unten). Ist cs = KM wird die Umsatzgeschwindigkeit v = Vmax / 2 KM ist somit eine Affinitätskonstante. KM ist die Substratkonzentration, bei der das Enzym halbmaximal gesättigt ist und somit halbmaximal schnell arbeitet. Mit den Messdaten (v aufgetragen gegen cs: Michaelis – Menten – Darstellung) kann nicht Vmax und KM bestimmt werden, da stets eine Substrathemmung das Erreichen von Vmax verhindert. Die aus dieser Darstellung entnehmbare und tatsächlich gemessene Maximalgeschwindigkeit wird in diesem Kurs daher Vopt genannt, die zur halbmaximalen gemessenen Geschwindigkeit gehörende Substratkonzentration Kopt. Die Darstellung nach Lineweaver und Burk ist eine rein mathematische Umformung in eine doppelt reziproke Michaelis-Menten-Darstellung, die statt der theoretischen Hyperbel eine Gerade liefert, bei der auftretende Substrathemmung als Abweichung von einer Geraden erkennbar wird, so dass V max und KM bestimmbar werden. 34 B) Methoden Im Versuch werden Sie das Enzym Lactatdehydrogenase (LDH) untersuchen. Es katalysiert am Ende der Glycolyse die Umsetzung des Substrats Pyruvat in das Produkt Lactat. LDH Pyruvat + NADH + H+ ⇌ L-Lactat + NAD+ Pyruvat wird zu Lactat reduziert, NADH wird dabei stöchiometrisch zum NAD+ oxidiert. Dadurch wird das NAD+ recycelt und die Glycolyse kann unter Anreicherung von Lactat längere Zeit ablaufen. Das ist für die anaerobe Energiegewinnung im Muskel von Bedeutung Das Prinzip der Messmethode beruht auf dem optischen Test nach WARBURG. Dabei macht man sich zunutze, dass NADH elektromagnetische Strahlung der Wellenlänge 340 nm absorbiert, die oxidierte Form NAD+ dagegen nicht. Je mehr Pyruvat durch LDH zu Lactat umgesetzt wird, desto mehr NADH wird zu NAD+ oxidiert, desto geringer ist die Absorption bei 340 nm. Im Photometer macht sich dies durch eine Abnahme der Extinktion bemerkbar (siehe Methodenblatt Photometrie). C) Durchführung (wird demonstriert) Geräte: Photometer mit Drucker; Thermostat Lösungen (sind bereits angesetzt): Pyruvat-Stammlösung: 84 mmol/l Na-Pyruvat in H2O gelöst Puffer-NADH-LDH-Gemisch: 0.020 µg/ml LDH (Mr = 140 000 (g/mol)) 0.13 mmol/l NADH, in 50 mmol/l KH2PO4-Puffer, pH 7.4 gelöst Messung: - Benutzung von Photometer, Drucker und Thermostat (30°C) werden demonstriert. - Pyruvat-Verdünnungsreihe 1 - 9 aus der Stammlösung (84 mmol/l) herstellen (siehe Tabelle für Auswertung). - 1 ml Puffer-NADH-LDH-Gemisch aus dem Erlenmeyerkolben im Wasserbad in eine Küvette pipettieren, 50 µl Wasser dazumischen und Küvette ins Photometer stellen (Substratunabhängige Reaktion, Null-Linie). Messen und Ausdrucken der Ergebnisse nach Anweisung der Benutzeranleitung. - 1 ml Puffer-NADH-LDH-Gemisch aus dem Erlenmeyerkolben im Wasserbad in die Küvette pipettieren, 50 µl der zu messenden Pyruvatverdünnung (1-9) dazugeben (Verdünnungsfaktor 1:21). - Mit Küvettendeckel verschließen, durch mehrmaliges Umdrehen mischen und sofort ins Photometer stellen. - Messen und Ausdrucken der Ergebnisse nach Anweisung der Benutzeranleitung. 35 D) Protokoll Das Protokoll soll enthalten: 1. Versuchseinleitung 2. Die Registrierstreifen des Druckers 3. Die Tabelle mit a) den Pyruvatkonzentrationen cs (vor dem Kurstag berechnen ) ausgehend von der Pyruvatstammlösung (84mmol/l ) unter Berücksichtigung aller Verdünnungsfaktoren (Berechnungsbeispiel aufschreiben). b) den Messdaten. c) den Reaktionsgeschwindigkeiten v = c/t, also Substratumsatz pro Zeit (Berechnungsbeispiel aufschreiben). Im Versuch haben Sie den Substratumsatz als Extinktionsabnahme gemessen: c = E / [ x d] (LAMBERT-BEERsches Gesetz). Daraus folgt: v = E / [ x d x t] ( c: Konzentrationsänderung von NADH; E: Extinktionsänderung; : Extinktionskoeffizient von NADH = 6.3 ml/[µmol x cm]; d: Lichtweg durch die Küvette (1 cm); t: Messzeit in Sekunden) 4. Zeichnen Sie die Kurve v über cs (Michaelis-Menten-Diagramm). Ermitteln Sie Vopt und Kopt. 5. Zeichnen Sie die Kurve 1/v über 1/cs (Lineweaver-Burk-Diagramm). 6. Vergleichen Sie aus den Diagrammen Vmax und KM mit Vopt und Kopt. 7. Berechnen Sie die Wechselzahl W der LDH. Diese gibt die Anzahl der Substratmoleküle an, die pro Sekunde von einem Enzymmolekül bei der theoretischen Vmax umgesetzt werden: Vmax (µmol Substat /ml Ansatz • sec) = (µmol) 1 = LDH-Menge (µmol/ml Ansatz) (sec • µmol) sec E) Fragen 1. Wozu dienen Enzyme? 2. Wie sind in der Enzymologie folgende Begriffe definiert: Substrataffinität, spezifische Aktivität, Wechselzahl, Michaelis-Konstante KM, Maximalgeschwindigkeit Vmax? Was sind die jeweiligen Einheiten? 3. Was ist ein Michaelis-Menten-Diagramm (siehe auch in einem Lehrbuch der Biochemie)? 4. Was ist ein Lineweaver-Burk-Diagramm (siehe auch in einem Lehrbuch der Biochemie)? 5. Wie kann man aus dem Lineweaver-Burk-Diagramm Vmax und KM bestimmen? 6. Was versteht man unter kompetitiver Hemmung, nicht kompetitiver Hemmung und Substrathemmung? 36 Ansatz Nr. ml Pyruvat StammLsg. + ml H2O Verd.Faktor 1 (Pyruvat mit H2O) (f = VE / VA) (84 mmol/l) Konz. der Pyruvatlösungen (für Testansätze) (µmol/l) Verd.Faktor 2 cS (NADH/LDH-Gem. (Pyruvatkonz. in der Küvette) in d. Küv. + Pyr.-Lsg.) (µmol/l) 1 1 ----- 2 1,5 + 0,5 3 1 +1 0,050 ml (VA) 4 1 +3 = 5 0,5 + 3,5 6 0,5 + 5,5 7 0,05 + 1,5 8 0,05 + 2,5 9 0,05 + 3,5 1,000 ml + 1,050 ml (VE) f = 21 1/cS (l/µmol) ausgedruckt im Kinetikprog.: ∆E/∆t (min-1) ε = 6,3ml/(µmol•cm) d = 1 cm ∆t = 60 sec (1 min) v=∆E/(∆t•d•ε) (µmol/(ml • sec)) 1/v (ml • sec/µmol)