Universität zu Köln Mathematisches Institut OR-Seminar Leitung: Prof. Dr. R. Schrader Semester: WS 07/08 Kombinatorische Auktionen Teil 1 Reto Wicke Matrikelnummer: 3742253 [email protected] Marienplatz 1 51145 Köln Tel.: 02203/9421024 Inhaltsverzeichnis § 1: Einleitung: § 2: Elementare Taxonomie für kombinatorische Auktionen: Was wird gehandelt? Welche Rolle spielen die Teilnehmer in der Auktion? Was sind die Ziele der Auktion? Wie komplex sind die Gebote der Marktteilnehmer? Wie wird die Auktion organisiert? Welche Informationen werden den Teilnehmern offenbart? § 3: Verschiedene Formulierungen des Sieger-Ermittlungsproblems: 3.1. One-to-many kombinatorische Auktionen unteilbarer Produkte: 3.2. Many-to-one kombinatorische Auktionen: 3.3. Eine Netzwerk-Formulierung: 3.4. Kombinatorische Tauschhandel: 3.5. Fazit: § 4: Gebot-Sprachen: § 5: Kombinierte Gebote: Seite 3 3 4 4 4 4 4 5 5 5 6 7 8 9 9 10 § 1: Einleitung: Bereits in der Antike wurden Auktionen zur Zuteilung von Waren, Gütern und Diensten durchgeführt. Öffentliche und private Institutionen ziehen sie meistens anderen Handelsprozessen wie beispielsweise Lotterien oder Preisveröffentlichungen vor, da sie offen, relativ fair und für die Teilnehmer im Allgemeinen einfach zu verstehen sind. Außerdem führen Auktionen oft zu ökonomisch effizienten Ergebnissen. Doch ein echter Aufschwung in ihrer Popularität ist erst seit den letzten zehn Jahren zu beobachten, was zum Teil auf die Entstehung des elektronischen Geschäftsverkehrs und die zunehmende Tendenz zur Verlagerung wichtiger geschäftlicher Aktivitäten auf das Internet zurückzuführen ist, sowie auf eine Deregulierungswelle, welche zur Privatisierung mehrerer Branchen führte. Eines der bekanntesten Beispiele für kombinatorische Auktionen ist die Versteigerung von Lizenzen für bestimmte Frequenzen in der Telekommunikationsbranche. Auch in diesem Seminar bereits genannt wurden Flughafen Start- und Lande-Zeitfenster. Viele Märkte von Interesse haben eines gemeinsam: sie alle handeln Produkte unterschiedlicher Art, welche aus Sicht der Marktteilnehmer miteinander auf den Markt gebracht werden sollten, da sie miteinander in Beziehung stehen. Unter einer Produkt-Wechselbeziehung ist zu verstehen, dass, unabhängig von der Art und Weise wie Produkte auf dem Markt gehandelt werden, der Nutzen eines bestimmten Produkts für den Marktteilnehmer davon abhängt, ob er in der Lage ist, zusätzlich ein oder mehrere andere Produkte zu erwerben. In diesem Sinne können Produkte komplementär oder austauschbar sein: Seien A und B zwei Produkte,ν (⋅) die Präferenz- oder Nutzen-Funktion des Marktteilnehmers, dann gilt: ● A und B sind komplementär ⇔ ν ({Α,Β}) > ν ({Α}) + ν ({Β}) ● Α und Β sind austauschbar ⇔ ν ({Α,Β}) < ν ({Α}) + ν ({Β}) Betrachte beispielsweise Flughafen Start- und Lande-Zeitfenster: Eine Abflugzeit am gewünschten Ursprungsflughafen und eine dazu passende Landezeit am gewünschten Zielflughafen sind komplementär, während zwei Paare von Start- und LandeZeitfenstern mit dem gleichen Ursprungs- und Zielflughafen (z.B. 8:00 und 8:30 Abflugzeit) für eine Fluggesellschaft, die nur einen täglichen Service zwischen diesen Flughäfen anbieten möchte, austauschbar sind. Die Art und Weise wie Produkt-Wechselbeziehungen die Handlungsstrategien der Marktteilnehmer beeinflussen, hängt hauptsächlich davon ab, wie die Produkte auf dem Markt gehandelt werden. Wenn sich die Marktmacher beispielsweise entschließen, einige unterschiedliche Produkte zu verkaufen, indem sie einige zeitgleich laufende Auktionen - eine für jeweils ein Produkt durchführen, so könnten die Marktteilnehmer Gebote für alle Produkte einreichen, welche sie interessieren. Unter dieser Sammlung von Produkten könnten sich auch einige komplementäre befinden. Da aber die Auktionen der unterschiedlichen Produkte unabhängig voneinander laufen, kann es passieren, dass der Marktteilnehmer eine Teilmenge der gewünschten Sammlung erwirbt, die ihn mehr kostet als sie ihm einbringt. Dieses Ausführungsproblem führt in der Praxis häufig zu strategischen Geboten und somit zu wirtschaftlich ineffizienten Auktionen. Kombinatorische Auktionen werden zunehmend als eine Alternative zu gleichzeitigen Einzelprodukt-Auktionen in Betracht gezogen und sind eine wichtige Klasse von Marktmechanismen. Dabei wird den Marktteilnehmern erlaubt auf Kombinationen oder Bündel von Produkten zu bieten. Dadurch wird selbstverständlich das Ausführungsproblem deutlich gemildert. Dafür fordern kombinatorische Auktionen häufig die Lösung komplexer Entscheidungsprobleme seitens der Marktmacher, Marktteilnehmer oder beiderseits. Zunächst wird eine elementare Taxonomie für kombinatorische Auktionen vorgestellt und anschließend werden verschiedene Modelle des Sieger-Ermittlungsproblems formuliert und erörtert. Abschließend wird noch ein Überblick über die Entstehung der Gebot-Sprachen gegeben und der Ausdruck der kombinierten Gebote eingeführt. § 2: Elementare Taxonomie für kombinatorische Auktionen: Um die Präsentation so einheitlich wie möglich zu gestalten, werden zunächst einige Fragen beantwortet, welche im Kontext kombinatorischer Auktionen aufgeworfen werden und grundlegende Begriffe definiert, welche dazu benötigt und während der gesamten Arbeit benutzt werden. Dabei wird nicht beabsichtigt, eine erschöpfende Parametrisierung kombinatorischer Auktionen zu realisieren: Was wird gehandelt? 1. Zunächst gibt es teilbare gegenüber unteilbaren Gütern, welche gehandelt werden können. Dabei ist es notwendig, falls mehrere Einheiten von Produkten gehandelt werden, zwischen der Unteilbarkeit von Produkten und der Unteilbarkeit von Geboten zu unterscheiden, wobei sich das erste auf die physikalischen Eigenschaften von Waren bezieht und das zweite auf die Bereitschaft der Bieter, zu akzeptieren, dass nur ein prozentualer Anteil ihrer Gebote ausgeführt wird. Außerdem bleibt festzuhalten, dass Auktionen für teilbare Waren manchmal akzeptable Modelle für Auktionen unteilbarer Güter liefern, insbesondere falls große Mengen gehandelt werden. 2. Weiterhin gibt es reine Waren, welche keine spezielle Struktur haben gegenüber NetzwerkWaren wie beispielsweise Kapazitäten oder Dienstleistungen, welche eine Netzwerkstruktur besitzen. Welche Rolle spielen die Teilnehmer in der Auktion? Man kann zwischen einseitigen und multilateralen Auktionen unterscheiden: 1. Folgende Handelssituationen können bei einseitigen Auktionen auftreten: Situation (a): Ein Verkäufer und mehrere Käufer (the one-to-many case) Situation (b): Mehrere Verkäufer und ein Käufer (the many-to-one case) 2. Situation (c): An multilateralen Auktionen, auch oft als Tauschhandel bezeichnet, sind mehrere Käufer und Verkäufer beteiligt, wobei es möglich ist, dass ein Teilnehmer nur Käufer, nur Verkäufer oder beides ist. Was sind die Ziele der Auktion? Auktionen können optimiert sein oder nicht. In einer optimierten Auktion sorgen die Marktmechanismen dafür, dass ein gegebenes Ziel erreicht ist, wenn die Auktion verrechnet wird, d.h. wenn vorläufige oder endgültige Zuweisungen und Zahlungen bestimmt bzw. vereinbart wurden. Betrachte hierzu folgende Regeln: 1. Die Zuweisungsregel, welche folgendes induziert: (i) Lokal effiziente Ergebnisse, wenn in Situation (a) die Einnahmen des Verkäufers, in (b) die Ausgaben des Käufers oder in (c) der Überschuss der Auktion für die gegebenen Gebote der Teilnehmer optimiert werden. 2. Die Preisgestaltungsregel, welche angibt, was die Teilnehmer zahlen oder erhalten sollten. Ein Marktteilnehmer dessen Gebot gewinnt müsste beispielsweise entweder einen einheitlichen Preis für den Gleichgewichtszustand des Marktes, die genaue Summe, welche im Gebot festgelegt wurde (first-price auctions) oder den Preis des zweitbesten Gebots (Vickrey-based payments) zahlen. Wie komplex sind die Gebote der Marktteilnehmer? In kombinatorischen Auktionen können die Gebote der Teilnehmer entweder einfach sein, d.h. es werden Gebote ohne Beziehungen gemacht, welche nur die Zusammenstellung des Gebots - welche Produkte werden gehandelt? - und den entsprechenden Preis festlegen, oder es werden anspruchsvolle Gebot-Sprachen genutzt, mit deren Hilfe komplexere Gebot-Forderungen ausgedrückt werden können. Genauer wird dies in Teil 2 besprochen. Wie wird die Auktion organisiert? Eine Auktion kann: 1. einrundig sein, wenn nur einmal verrechnet wird, oder progressiv, falls vorläufige Ergebnisse im Laufe der Auktion bestimmt und bekanntgegeben werden und den Teilnehmern erlaubt wird ihre Gebote zu aktualisieren. Progressive Auktionen können iterativ sein, d.h. es existiert ein vorher festgelegter Zeitplan, welcher die Gebots- und Verrechnungsphasen festlegt, oder kontinuierlich, falls Verrechnungen asynchron auftreten können, z.B. immer wenn neue Gebote eingereicht werden oder wenn längere Zeit keine Gebotstätigkeiten zu beobachten waren. 2. auf einem aufsteigenden Preis-update-System (English-like auction), einem absteigenden Preis-update-System (Dutch-like auction) oder nicht monotonen Preis-updates basieren (z.B. Walrasian tatonnement). 3. sequentiell sein, d.h. die einzelnen Produkte werden nacheinander versteigert, oder parallel, d.h. mehrere Produkte werden gleichzeitig gehandelt. Welche Informationen werden den Teilnehmern offenbart? Es gibt auf der einen Seite Auktionen, bei welchen die Gebote versiegelt sind, d.h. die Teilnehmer erhalten keine Informationen und auf der anderen Seite offene Auktionen, bei welchen die Marktteilnehmer mit Signalen über den Stand der Auktion versorgt werden. Bemerkung: Indem man bestimmte Werte für Parameter in jeder dieser Dimensionen festlegt, kann man daraus verschiedene Auktionssituationen- und Mechanismen entwickeln. Zur Veranschaulichung der Herausforderungen der Modellierungen werden hier nur die beiden ersten Dimensionen - die Art der Produkte und die Rollen der Teilnehmer - betrachtet und als einziges Ziel die lokale Effizienz. § 3: Verschiedene Formulierungen des Sieger-Ermittlungsproblems: Die grundlegenden Sieger-Ermittlungsprobleme, welche im Kontext kombinatorischer Auktionen auftreten, werden in diesem Abschnitt modelliert und mit klassischen Optimierungsproblemen in Verbindung gebracht. 3.1. One-to-many kombinatorische Auktionen unteilbarer Produkte: Sei G eine Menge von m verschiedenen unteilbaren Produkten, welche ein Verkäufer an n potentielle Käufer versteigert. Ein Gebot bj von Käufer j ∈ {1,..., n} ist definiert als Tupel bj = (S, pj,S ), wobei S ⊆ G die Teilmenge der Produkte aus G ist, welche Käufer j erwerben möchte und pj,S der Preis, den er für Bündel S bereit ist zu zahlen. Definiere die binäre Entscheidungsvariable xj,S durch: 1 falls S Käufer j zugewiesen wird; ∀j∈{1,..., n}∀S ⊆ G: xj,S = 0 sonst. Das Sieger-Ermittlungsproblem kann formuliert werden als Modell (M 1): { M 1: max. s.d. ∑ ∑ 1≤j≤n S⊆G ∑ ∑ 1≤j≤n S⊆G pj,S xj,S δi,S xj,S ≤ 1 ∑ xj,S ≤ 1 (M 1.1) ∀ i∈G (M 1.2) ∀ j, 1 ≤ j ≤ n (M 1.3) S⊆G xj,S ∈ {0, 1} wobei δi,S = {10 ∀S ⊆ G ∀ j, 1 ≤ j ≤ n (M 1.4) falls i ∈ S; sonst. Einschränkung (M 1.2) stellt sicher, dass kein einzelnes Produkt mehr als einem Käufer zugewiesen wird und (M 1.3), dass kein Käufer mehr als ein Bündel erhält bzw. dass nur ein Käufer das Bündel S erhält, falls mehrere Käufer dasselbe Bündel für denselben Preis ersteigern wollten. Das Ziel ist es, den Gewinn des Verkäufers mit den Geboten, welche die Käufer eingereicht haben, zu maximieren. Modell (M 1) entspricht einem Mengen-Packungs-Problem und ist NP-schwer. Das Multi-Einheiten-Modell für kombinatorische Auktionen erweitert das Modell (M 1) folgendermaßen: Hier versteigert ein Verkäufer Mi Einheiten des Produktes i. Gebote haben in diesem Fall folgende Form: b = ({ab,i }i∈G , pb ), wobei a b, i jeweils die Anzahl der Einheiten des Produktes i ist, welche in Gebot b angefordert wird und pb der Preis, welchen der Käufer anbietet, falls er die Sammlung {ab, i }i∈G erwirbt. B sei die Menge aller Gebote, die von den Käufern eingereicht werden und die binäre Entscheidungsvariable xb sei definiert durch: 1 falls Gebot b gewinnt; ∀ b∈B: xb = 0 sonst. Das Sieger-Ermittlungsproblem kann nun formuliert werden als Modell (M 2): { M 2: ∑ max. pb xb (M 2.1) b∈B ∑ s.d. ab, i xb ≤ Mi ∀i∈G (M 2.2) ∀b∈B (M 2.3) b∈B xb ∈ {0, 1} Einschränkung (M 2.2) stellt sicher, dass jedes Produkt i höchstens Mi mal verkauft wird. Das Ziel ist es, den Gewinn des Verkäufers unter Berücksichtigung der Gebote, welche die Käufer eingereicht haben, zu maximieren. Modell (M 2) entspricht einem 0-1-wertigem mehrdimensionalen Rucksack-Problem. 3.2. Many-to-one kombinatorische Auktionen: In diesem Fall spricht man auch von einer umgekehrten kombinatorischen Auktion. Es gibt lediglich einen Käufer, welcher eine Menge G von Produkten erwerben möchte, die von unterschiedlichen Verkäufern angeboten werden. Ein Gebot b, welches ein Verkäufer anbietet, ist definiert als: b = (Sb, pb), wobei Sb eine Teilmenge der Produkte ist und pb der Preis, welchen der Verkäufer für Sb verlangt. Sei B die Menge aller Gebote und die binäre Entscheidungsvariable xb sei definiert durch: 1 falls Gebot b gewinnt; ∀ b∈B: xb = 0 sonst. Das Sieger-Ermittlungsproblem besteht darin, die preiswerteste Menge von Geboten herauszufinden, so dass der Käufer alle Produkte aus G erwirbt und entspricht dem Modell (M 3): { M 3: ∑ min. pb xb (M 3.1) b∈B ∑ s.d. δi,S xb ≥ 1 b ∀i∈G (M 3.2) ∀b∈B (M 3.3) b∈B xb ∈ {0, 1} wobei δi,S = b {10 falls i ∈ Sb; sonst. Die Einschränkung (M 3.2) stellt sicher, dass jedes Produkt i aus G mindestens in einer Teilmenge Sb enthalten ist, die ersteigert wird. Modell (M 3) ist ein Mengenüberdeckungsproblem und ebenfalls NP-schwer. Es ist wichtig zu beachten, dass in Modell (M 3) eine implizite free disposal Annahme gemacht wird, d.h. der Käufer toleriert es mehr als eine Einheit der einzelnen Produkte zu erwerben. Ansonsten müsste bei (M 3.2) Gleichheit gelten, was einem Mengenaufteilungsproblem entsprechen würde und komplizierter zu lösen wäre. 3.3. Eine Netzwerk-Formulierung: Alle bisherigen Modelle haben sich mit reinen Produkten ohne besondere Struktur beschäftigt. Behauptung: Falls die gehandelten Waren Netzwerkressourcen entsprechen, so können komplexe GebotForderungen direkt durch Netzwerkstrukturen repräsentiert werden und Netzwerk-FlussAlgorithmen können dabei helfen, die optimale Zuteilung schneller zu finden. Zur Veranschaulichung und um die Behauptung empirisch zu beweisen wird in diesem Abschnitt eine grundlegende Formulierung des Sieger-Ermittlungsproblems in einer kombinatorischen Auktion für den Verkauf von Netzwerkkapazitäten präsentiert. Sei also G = (V, A) ein Netzwerk, wobei V eine Menge von Knoten (oder Ecken) und A eine Menge von Verknüpfungen (oder Wegen) ist. Jeder Verknüpfung a ∈ A wird eine Kapazität νa zugeordnet. Es wird angenommen, dass ein einziger Verkäufer die Kapazität besitzt und mehrere Käufer daran interessiert sind. Der kombinatorische Aspekt des Problems besteht in der Tatsache, dass die Käufer ein größeres Interesse an Paaren von Knoten haben, als an einzelnen Verknüpfungen. Um die Darstellung zu vereinfachen, wird ein Gebot bj , welches von Käufer j ∈ N eingereicht wird definiert als bj = ({Oj , Dj }, cj , Gj , pj ) , wobei: 1. ({Oj , Dj }) ein Ursprung-Ziel-Paar ist, welches angibt, dass Käufer j Kapazität zwischen O j und Dj benötigt; 2. cj ist die gewünschte Kapazität zwischen Oj und Dj ; 3. Gj ⊆ G ist ein Unternetzwerk von G, so dass Oj und Dj in Gj liegen, d.h. Oj , Dj ∈ Gj , unter der Bedingung, dass die gesamte Kapazität, welche zwischen Oj und Dj gefordert wurde auf Wegen in Gj liegt. 4. pj ist der Preis, den Teilnehmer j für das Bündel bietet OBdA sei angenommen, dass jeder Käufer nur ein einziges Gebot einreicht. Betrachte zunächst folgendes Beispiel, das in der darauf folgenden Abbildung am dargestellt ist: Es werden zwei Gebote eingereicht: ● b1 ist ein 100$-Gebot für eine Kapazität von 20 zwischen O 1 und O2 , welche im Unternetzwerk G1 enthalten ist. ● b2 ist ein 80$-Gebot für eine Kapazität von 10 auf dem Weg O2 -I2 -D2 . Sei Kj die Menge von Wegen zwischen Oj und Dj in Gj. Definiere die Entscheidungsvariable hk durch: ∀ k ∈ Kj ∀ j ∈ N: hk ist die Kapazität, welche Teilnehmer j auf dem Weg k ∈ Kj zugewiesen wird; und die binäre Entscheidungsvariable xj durch: 1 falls Gebot bj gewinnt; ∀ j ∈ N: xj = 0 sonst. Das Sieger-Ermittlungsproblem kann formuliert werden als Modell (M 4): { M 4: ∑ max. pj xj (M 4.1) j∈Ν ∑ s.d. ∀j∈N (M 4.2) ∀a∈A (M 4.3) xj ∈ {0, 1} ∀ k ∈ Kj ∀ j ∈ N (M 4.4) hk ≥ 0 ∀ k ∈ Kj ∀ j ∈ N (M 4.5) hk = xj cj k∈Kj ∑ ∑ δa,k hk ≤ νa j∈Ν k∈Kj wobei δa,k = {10 falls a ∈ k; xb = {10 falls Gebot b gewinnt; sonst. Einschränkung (M 4.2) stellt sicher, dass die zugewiesene Kapazität zu einem siegreichen Gebot auf Wegen innerhalb des Unternetzwerks des Gebots liegt und (M 4.3), dass die benötigte Kapazität für die Wege auf den jeweiligen Verknüpfungen zur Verfügung steht, d.h. das Netz wird nicht überlastet. Bemerkung: Wenn die Käufer die Wege komplett festlegen, z.B. 1. Gj ist limitiert auf einen einzigen Weg zwischen Oj und Dj , ∀j∈N und 2. es sind Verknüpfungen mit „Einheitskapazitäten“ erhältlich (d.h. νa=1, ∀a∈A) und von den Käufern gefordert (d.h. cj=1 ∀j∈N), dann ist Modell (M 4) äquivalent zu Modell (M 1), wobei die Produkte den Verknüpfungen und die Wege den Bündeln entsprechen. Die Besonderheit des Modells (M 4) liegt in der Tatsache, dass die Käufer im allgemeinen keinen speziellen Weg benötigen, welchem eine Kapazität zugewiesen wird. 3.4. Kombinatorische Tauschhandel: Unter kombinatorischen Tauschhandeln sind hier kombinatorische Auktionen mit mehreren Verkäufern und Käufern zu verstehen. Definiere ein Gebot b als: b = ({qb,i}i∈G , pb) , wobei qb,i die Anzahl der „Einheiten“ des Produkts i ist, welche im Gebot b gehandelt werden sollen - qb,i>0, im Falle eines Kaufs und qb,i<0 im Falle eines Verkaufs - und pb der Preis, welchen der Teilnehmer bereit ist für b zu zahlen (pb>0) bzw. welchen er für b erhalten möchte (pb<0). (a) Im Falle von unteilbaren Geboten, d.h. es werden nur ganze Bündel {qb,i}i∈G gehandelt oder gar nichts, sei B die Menge aller Gebote und die binäre Entscheidungsvariable xb definiert durch: ∀ b∈B: sonst. Das Sieger-Ermittlungsproblem kann formuliert werden als Modell (M 5a): M 5a: max. ∑ pb xb (M 5a.1) b∈B s.d. ∑ qb, i xb ≤ 0 ∀i∈G (M 5a.2) ∀b∈B (M 5a.3) b∈B xb ∈ {0, 1} Modell (M 5a) maximiert den gesamten Überschuss des Marktes unter der Bedingung, dass es genau gleich viele Käufe und Verkäufe gibt. Einschränkung (M 5a.2) stellt sicher, dass von jedem Produkt mindestens so viele Einheiten verkauft werden wie angefordert wurden. Es ist wiederum wichtig zu beachten, dass in Modell (M 5a) im Falle der Ungleichheit in Restriktion (M 5a.2) eine free disposal Annahme gemacht wird. (b) Im Falle von teilbaren Geboten bezeichne die Entscheidungsvariable xb den Ausführungsanteil des Gebots b und pb(xb) den Preis, welchen der Teilnehmer bereit ist für den Anteil xb von Gebot b zu zahlen bzw. welchen er empfangen möchte. Das Zuweisungsproblem kann formuliert werden als Modell (M 5b): M 5b: max. ∑ pb (xb) (M 5b.1) b∈B s.d. ∑ qb, i xb ≤ 0 ∀i∈G (M 5b.2) 0 ≤ xb ≤1 ∀b∈B (M 5b.3) b∈B 3.5. Fazit: In diesem Abschnitt wurden einige grundlegende Formulierungen des Sieger-Ermittlungsproblems in kombinatorischen Auktionen präsentiert. Diese Formulierungen sind wichtig aus der Sicht des Mechanismus-Design, da sie als Ausgangspunkt für die Modellierung komplexerer Probleme dienen können. Reale Weltmärkte verlangen oft, dass Designer kombinatorischer Auktionsmechanismen die grundlegenden Formulierungen ausweiten, indem sie sich zusätzlichen Fragen zuwenden. Die Anforderungen der Mechanismus-Gestaltung sind sehr breit gefächert. Im Zusammenhang mit Auktionen kann man einen Mechanismus definieren als: die Angabe aller möglichen Gebot-Strategien, welche einem Marktteilnehmer zur Verfügung stehen, und die Angabe einer Ergebnis-Funktion, welche diese Strategien als Zuordnung der Produkte auswertet (wer bekommt was?) und dementsprechend Zahlungen festlegt, die Marktteilnehmer vornehmen müssen oder empfangen. Die Abbildung wird in der Regel mit Hinsicht auf ein Ziel konstruiert, wie z.B. die Maximierung der Einnahmen der Verkäufer oder die Maximierung der gesamten sozialen Effizienz. § 4: Gebot-Sprachen: Das System, welches beschreibt, wie Gebote in einem kombinatorischen Markt definiert sind, sollte leistungsfähig genug sein, die Repräsentationen der Präferenzen und Objekte der unterschiedlichen Marktteilnehmer zuzulassen. Aus Sicht der Marktdesigner sollte es ebenso flexibel und derart gestaltet sein, dass nicht für jede neue Anwendung ein neuer Formalismus erfunden werden muss. In diesem Abschnitt wird eine Übersicht über die Literatur bezüglich Gebot-Sprachen bereitgestellt. Motivation und Stand der Technik: Ein vorgelegtes „kombiniertes Gebot“, welches die Spezifikation von Bündeln von Produkten und damit verbundenen Preisen beinhaltet, kann zumindest theoretisch genau widerspiegeln, was die Präferenzen eines Marktteilnehmers für eine gewisse Teilmenge von Produkten sind. In der Praxis kann dies jedoch sehr schwierig und kostspielig sein. Man kann beispielsweise eine kombinatorische Frachten-Börse betrachten, in welcher Versandunternehmen Aufträge vorlegen, bestimmte Ladungen zwischen unterschiedlichen Orten zu transportieren, und Transportunternehmen bieten für die Ausführung dieser Aufträge. Im Hinblick auf eine optimale Nutzung der verfügbaren Transportressourcen der Transportunternehmen ermöglicht ihnen der Austausch, einige individuelle Ladungen zusammenzulegen und Paket-Gebote für komplette Routen einzureichen. Wenn nun ein kleines Transportunternehmen Interesse an fünf Bündeln von Ladungen A, B, C, D und E hätte und in der Lage wäre irgendeines, aber auch nur genau eines zu bedienen, dann müsste es explizit prüfen, welche Teilmenge von {A, B, C, D, E} bei welchem Gebot den gewünschten Gewinn bringt und dementsprechend bieten. Nachfragen dieser Art haben die ersten Gebot-Sprachen auf „natürliche“ Weise motiviert. Durch die Einführung von dummy goods – Schein-Waren - entstand der Ausdruck der „ausschließenden OderBedingung“/„(XOR)-Bedingung“. Dummy goods sind Produkte, die für den Bieter keinen Wert haben und nur dazu dienen in der Ausführung der entsprechenden Gebote die Ausschließung mit Nachdruck geltend zu machen. Das kleine Transportunternehmen könnte beispielsweise eine Dummy-Ladung l definieren, Bündel A∪{l}, B∪{l}, C∪{l}, D∪ {l}, E∪{l} konstruieren und fünf nicht in Beziehung stehende Gebote auf diese neuen Bündel einreichen. Bei der Kombination der OR- und XOR-Logik entstanden folgende Definitionen: (1) Klauseln als Teilmengen von Produkten, so dass ein Bieter mit der Formulierung einer Klausel seine Bereitschaft bekundet, eine beliebige Anzahl der Produkte der Klausel zu erwerben. (2) Gebote als Mengen von Klauseln in Verbindung mit einem Preis, so dass der Bieter verlangt, dass alle Bestimmungen eines Gebots bei der Aufteilung der Produkte erfüllt sind und sich bereiterklärt die entsprechenden Preise zu zahlen. Nisan formulierte zwei wichtige Konzepte, um eine Gebot-Sprache zu analysieren: (1) Ausdruckskraft einer Gebot-Sprache, welche ein Maß der Fähigkeit einer Sprache ist, Gebote prägnant auszudrücken, welche im Einklang mit einer bestimmten Familie von Bieter-Bewertungs-Funtionen sind. (2) Einfachheit einer Gebot-Sprache, welche zeigt wie einfach es für die Bieter und den Auktionator ist, die Sprache zu verstehen und zu nutzen. Weiterhin definierte und analysierte Nisan sieben Gebot-Sprachen: ● Atomic bids: Dies ist die einfachste kombinatorische Gebot-Sprache. Hier kann ein Bieter folgendes Gebot einreichen: b = (S,p) ,wobei S⊆G , G eine Menge von Produkten und p der Preis, den der Bieter bereit ist für S zu zahlen. ● OR-bids, XOR-bids, OR-of-XORs, XOR-of-ORs, OR/XOR-formulae: Diese Sprachen sind eine Anwendung der OR- und XOR-Logik auf Atomic-bids. ● Die OR*-Sprache ist einfach eine Variation der OR-bids-Sprache, in welcher DummyGebote als Ausdruck der Trennung gebraucht werden. Erstaunlicherweise ist sie sowohl ausdrucksstärker als die OR-of-XORs als auch die XOR-of-ORs-Sprache. Bei Nisan liegt der Schwerpunkt auf den logischen Bedingungen. Die Preise sind bei ihm nur auf der Ebene von Atomic-bids relevant. Boutilier und Hoos haben versucht frühere kombinatorische Gebot-Sprachen zu verallgemeinern, indem sie sich mehr auf die Semantik der Preise bzw. Kosten konzentrierten. Ihr Gebots-System erlaubt es, Preise auf jedem Level der logischen Formel in Verbindung mit einem kombinierten Gebot festzulegen. § 5: Kombinierte Gebote: Boutilier und Hoos führen drei „Gebots-Operatoren“ ∧, ∨ und ⊕ ein: Ein Gebot kann folgende grundlegende Form haben: b = 〈{i}, p〉 , wobei i ∈ G ein einzelnes Produkt und p der Preis ist, welchen der Bieter im Falle des Erwerbs bereit ist zu zahlen. Wenn b1 und b2 zwei kombinierte Gebote mit den jeweiligen Preisbewertungen p1 und p2 darstellen, dann kann ein kombiniertes Gebot b = 〈b1 ∇ b2 , p〉 in Abhängigkeit vom Operator ∇ ∈ { ∧, ∨, ⊕} folgendermaßen interpretiert werden: 1. Wenn ∇ = ∧ ist, so drückt der Bieter seine Bereitschaft aus für b 1 bzw. b2 , p1 bzw. p2 zu zahlen und zusätzlich p zu zahlen, falls er b1 und b2 erwirbt. 2. Wenn ∇ = ∨ ist, so verlangt der Bieter, dass (a) b1 wird erworben für p1 + p (b) b2 wird erworben für p2 + p (c) b1 und b2 werden erworben für p1 + p2 + p 3. Wenn ∇ = ⊕ ist, so drückt der Bieter aus, dass er bereit ist max(p 1 , p2) + p zu zahlen, falls er b1 ,b2 oder beide erwirbt. Offensichtlich drückt der Operator ∧ aus, dass es sich ergänzende Gebote sind, während ∨ und ⊕ auf unterschiedliche Art und Weise zeigen, dass es sich um austauschbare Gebote handelt. Alle bisher in der Literatur beschriebenen Gebot-Sprachen sind für einseitige kombinatorische Auktionen für unteilbare Einzel-Einheiten-Produkte. Im zweiten Teil über kombinatorische Auktionen wird ein neues Gebot-Sprachen-System präsentiert, welches unabhängig von der physischen Natur und der Teilbarkeit der gehandelten Güter ist. Die vorgeschlagene Sprache ist allgemein genug, um sowohl für einseitige (unilaterale) als auch mehrseitige (multilaterale) Märkte eingesetzt zu werden. Darüber hinaus erlaubt sie den Marktteilnehmern komplexe GebotDefinitionen, -Forderungen und -Bedingungen in einer prägnanten Art und Weise auszudrücken.