Titelthema Liquiditätsplanung Ackerbau – es wird knapp! Die Getreidepreise sind im letzten Jahr stark gesunken. Trotz niedriger Ernten in Deutschland und Frankreich steigen die Preise wegen Rekordernten in Russland und den USA nicht wie erhofft. Daher gilt es jetzt, neben der Hoffnung auf Preissteigerungen, die Liquidität im Blick zu behalten. Am Beispiel von Landwirt Meyer zeigen wir, was dies für die Vermarktung bedeutet. Rainer Möller, Möller Agrarmarketing, Stade W ir werfen einen Blick auf den Betrieb des Ackerbauern Meyer und seinen Anbauplan (siehe Tab. 1): Bei den rückläufigen Preisen hat unser Ackerbauer mit einer einfachen Liquiditätsplanung begonnen, um den Kontostand jederzeit im Blick zu haben. Dadurch kann er rechtzeitig reagieren, wenn das Geld knapp wird. Und das wird es, obwohl Meyer mit einem Puffer von 50.000,- € in das Wirtschaftsjahr gestartet ist. Anbauplan Bereits die Erntemenge bzw. -schätzung mit Blick auf die neue Ernte gibt ihm einen ersten Überblick bezüglich der Vermarktung. Auf dieser Mengenbasis kann Meyer je nach Sicherheitsbedürfnis und Risikobereitschaft Teilmengen vor der Ernte preislich fixieren. Dies sichert seine Liquidität im Falle eines Preisrückgangs ab. Neben den Erträgen Tab. 1: Anbauplan Fläche Ø-Ertrag* Ernte* Richtpreis* 40 ha Gerste 80 dt/ha 320 t 13,00 €/dt 100 ha Weizen 85 dt/ha 850 t 14,50 €/dt 60 ha Raps 40 dt/ha 240 t 35,00 €/dt 25 ha Silomais 450 dt/ha 1.125 t 2,40 €/dt 25 ha Zuckerrübe 700 dt/ha 1.750 t 3,30 €/dt 4.285 to 333.600 € 250 ha *zunächst geschätzt schätzt Ackerbauer Meyer einen groben Richtpreis, um die Einnahmen für das Wirtschaftsjahr zu kalkulieren. Diese Zahlen sind natürlich mit einer erheblichen Unsicherheit verbunden. Die Aussagekraft steigt allerdings mit zunehmendem Jahresverlauf und tatsächlichen Verkäufen kontinuierlich an. Mittlerweile kennt Meyer bereits für einen Großteil der Mengen die erzielten Preise und merkt, wie knapp es in diesem Jahr wer- Ein Liquiditätsplan – zunächst mit Planzahlen – ist wichtig, um die Entwicklung der Liquidität einzuschätzen und rechtzeitig zu handeln. Foto: fotolia 8 n Getreidemagazin 6/2016 (22. Jg.) n den kann. Nur bei der eingelagerten Weizenmenge spekuliert er weiter auf bessere Preise. Liquiditätsplan Nach den Einnahmen beschäftigt sich unser Getreideanbauer jetzt mit den wichtigsten Ausgaben für Pacht, Direktkosten usw. Hierbei orientiert er sich zunächst an den Werten der Vergangenheit, berücksichtigt dabei allerdings erwartete Preisänderungen bei Dünger, Pflanzenschutzmitteln usw. (siehe Tab. 2). Bekannte Zahlungsverpflichtungen für Kapitaldienst sowie Investitionen sorgen für weitere Klarheit. Die Zahlungen für Pacht und Kapitaldienst trägt Meyer in einer übersichtlichen Nebenrechnung auf Monatsbasis ein und hat dadurch einen sehr guten Überblick. Jetzt fehlen nur noch die Privatentnahmen und Steuerzahlungen inklusive zu erwartender Nachzahlungen und Ackerbauer Meyer sieht, wie sich die Liquidität seines Betriebes vom 1. Juli bis zum 30. Juni voraussichtlich entwickeln wird. Außerdem erkennt er die Monate mit dem größten Geldbedarf und den Zeitpunkt, an dem die Liquidität möglicherweise ins Minus rutscht. Jetzt sorgt er mit der gezielten Vermarktung für den mindestens notwendigen Geldzufluss. Sollte das Konto zum Ende des Geschäftsjahres immer noch deutlich im Minus sein, könnte er rechtzeitig reagieren. Kosten einsparen, Investitionen verschieben und/oder ein Gespräch mit der Bank über Kreditstundung oder ein neues Darlehen bieten hier Möglichkeiten zum Gegensteuern. Um konkret die Kosten zu optimieren, hat sich Meyer beispielsweise vorgenommen: Titelthema Tab. 2: Liquiditäts-Check Ackerbau: einfach Geldbedarf planen Datum © Möller Agrarmarketing Nov/16 Dec/16 Jan/17 Feb/17 Mar/17 Apr/17 May/17 Jun/17 Kontostand & Summe -12.390 € -81.208 € 950 € 103.623 € 93.374 € 54.274 € 3.562 € -31.036 € -56.870 € Menge to 1.020 270 0 500 0 0 0 550 Ø-Preis € je dt 9,0 € 24,8 € 0,0 € 3,3 € 0,0 € 0,0 € 0,0 € 15,3 € Liquidität Monatsanfang 71.000 € Flächenprämie 344.300 € 71.000 € 2.574 € 0€ 0€ 10.165 € 0€ 0€ 0€ 0€ 12.739 € Einnahmen 94.224 € 137.900 € 0€ 26.665 € 0€ 0€ 0€ 84.150 € 428.039 € Mitarbeiter angestellt 3.500 € 2.244 € 2.244 € 2.244 € 3.412 € 4.129 € 4.129 € 3.898 € 40.725 € 2.812 2.750 4.277 2.251 48.800 € 42.092 € sonstige Einnahmen Saatgut 2.728 Dünger 10.822 13.168 € 7.770 2.937 9.287 7.874 5.873 Strom, Wasser 300 € 182 € 182 € 182 € 2.437 € 260 € 4.935 € 267 € 29.120 € Diesel 650 € 644 € 475 € 420 € 125 € 1.637 € 736 € 1.200 € 19.202 € 366 € 7.759 € 1.300 € 1.300 € 1.300 € 1.300 € 1.300 € 1.300 € 1.300 € 1.300 € 65.600 € 23.856 € Pflanzenschutz 4.750 € Versicherung Pacht 2.435 € Lohnunternehmer 0€ 0€ 422 € 0€ 0€ 2.244 € 0€ 880 € sonstige Ausgaben 3.117 € 929 € 176 € 747 € 2.204 € 2.171 € 233 € 485 € 15.158 € 250 € 5.250 € 250 € 250 € 15.250 € 250 € 250 € 5.250 € 43.000 € Kapitaldienst 37.500 € Investitionen 37.500 € Privatentnahmen & Steuern 2.950 € 17.200 € 5.200 € 12.300 € 17.800 € 2.800 € 2.100 € 17.900 € Ausgaben gesamt 12.067 € 35.227 € 10.249 € 65.765 € 50.712 € 34.598 € 25.834 € 39.670 € 490.430 € Monatsbilanz 104.450 € 82.158 € 102.673 € -10.249 € -39.100 € -50.712 € -34.598 € -25.834 € 44.480 € Liquiditätsbilanz 950 € 103.623 € 93.374 € 54.274 € 3.562 € -31.036 € -56.870 € -12.390 € Liquidität Monatsende Liquidität Monatsende 1.Beim Dünger (48.000,- €/Jahr) die Kosten je kg Nährstoff intensiv zu vergleichen und unterschiedliche Düngerstrategien (NPK- oder Einzeldünger) preislich zu analysieren. 2.Beim Kapitaldienst (43.000,- €/Jahr) wird er eine Umschuldung prüfen, um durch das niedrige Zinsniveau den Kapitaldienst zu reduzieren. 3.Bei den Pachtkosten (65.600,- €/Jahr) will er zukünftig vorsichtiger vorgehen und genauer berechnen, welcher maximale Pachtpreis sich für ihn – je nach Preisniveau – noch rechnet. Vermarktungsplan Nun schaut Meyer sich den Vermarktungsplan (siehe Tab. 3) der zweiten Geschäftsjahreshälfte genauer an. Besonders praktisch ist, dass er dabei die Li- quidität zum jeweiligen Monatsende immer automatisch im Blick hat (siehe Abbildung – roter Pfeil). Durch die Pacht ging es im September deutlich ins Minus. Die Verkäufe bis Jahresende schaffen ein Polster bis Ende Dezember von über 100.000,- €. Meyer hätte also beim Weizen weiter die Möglichkeit, auf steigende Preise zu spekulieren. Tab. 3: Liquiditäts-Check Ackerbau: Vermarktungsplan © Möller Agrarmarketing Hinweis:unverkauft Datum SUMME => 1 2 3 4 5 Nov/16 Dec/16 Jan/17 Feb/17 Mar/17 Apr/17 May/17 Jun/17 Ergebnis Menge gesamt 1.020 to 270 to 0 to 500 to 0 to 0 to 0 to 550 to 4.285 to Ø-Preis je dt 8,99 € 24,78 € 0,00 € 3,30 € 0,00 € 0,00 € 0,00 € 15,30 € 8,04 € Umsatz gesamt 91.650 € 66.900 € 0€ 16.500 € 0€ 0€ 0€ 84.150 € 344.300 € Liquidität 950 € 103.623 € 93.374 € 54.274 € 3.562 € -31.036 € -56.870 € -12.390 € Monatsende Gerste 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 320,0 to Preis € je dt 13,0 13,0 13,0 13,0 13,0 13,0 13,0 13,0 13,00 € Weizen 150 to 150 to 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 550 to 850,0 to Preis € je dt 15,8 15,8 14,5 14,5 14,5 14,5 14,5 15,30 15,48 € Raps 120 to 120 to 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 240,0 to Preis € je dt 36,0 36,0 35,0 35,0 35,0 35,0 35,0 35,0 36,00 € Mais 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 0 to 1.125,0 to Preis € je dt 2,4 2,4 2,4 2,4 2,4 2,4 2,4 2,4 2,40 € Zuckerrübe 750 to 0 to 0 to 500 to 0 to 0 to 0 to 0 to 1.750,0 to Preis € je dt 3,3 3,3 3,3 3,3 3,3 3,3 3,3 3,3 3,30 € n Getreidemagazin 6/2016 (22. Jg.) n 9 Titelthema Liquiditätsplan: Nach dem Eintrag der Planzahlen sehen Landwirte die Entwicklung der Liquidität und erkennen frühzeitig einen möglichen Handlungsbedarf. Dies ist die Basis für die gezielte Vermarktung. Die Planzahlen werden im Jahresverlauf durch reale Daten ersetzt. Sie rutschen ins Minus? Jetzt heißt es, Kosten senken, Investitionen reduzieren oder verschieben und/oder rechtzeitig das Gespräch mit der Bank über Kreditstundung oder neue Darlehen suchen. Vermarktungsplan: Bei der Vermarktung haben Sie die Liquidität jederzeit im Blick. Die unverkauften Mengen werden am Ende des Wirtschaftsjahres (Juni 2017) summiert. Durch Preisänderungen können Sie verschiedene Szenarien überprüfen und erkennen die Auswirkungen auf die Liquidität Ihres Betriebs. Wenn der kalkulierte Preis für die 550 t allerdings bei den erwarteten 15,30 €/dt bleibt, beendet Meyer das Wirtschaftsjahr mit einem Kontostand von -12.390,€. Im Gesamtjahr hat sich der Kontostand um über 60.000,- € reduziert. Das ist natürlich frustrierend und alarmierend! Die unverkauften Mengen sieht Meyer immer automatisch im Juni 2016. Durch die Änderung der Preise erkennt er die Auswirkung auf die Liquidität. Meyer vergleicht die IST-Situation mit einer Liquidität von -12.390,- € Ende Juni mit zwei Preis-Szenarien: • -10 % Preissenkung beim Weizen = -20.806,- € Liquidität • +10 % Preissteigerung beim Weizen = -3.975,- € Liquidität Je weiter die Erlöse bis zum Ende des Geschäftsjahres sinken, umso knapper wird es. Zusätzlich erkennt Meyer, dass er ohne weitere Einnahmen bereits Ende April einen negativen Kontostand von -31.036,- € und Ende Mai von -56.870,- € hätte. Er plant daher weitere Verkäufe ab Januar, um den Geldbedarf zu decken und das Preisrisiko zu reduzieren. Die tatsächlichen und geplanten Verkäufe trägt er in den Vermarktungsplan ein und erkennt, wenn eine ausreichende Liquidität bis Ende Juni gegeben ist. Der Ackerbauer ist alarmiert! Er weiß bereits jetzt, wie knapp es wird, und versucht, die Kosten zu senken und bei der Vermarktung der Restmengen das Beste rauszuholen, um das Konto bis zur neuen Ernte im Plus zu halten. wieder, wie er Kosten sinnvoll reduzieren und Erträge steigern kann. Durch die regelmäßige Korrektur der Planzahlen wird sein Bild über den Stand des Betriebs immer besser. Meyer sieht jetzt am Liquiditätsverlauf, dass die Spekulation und das Hoffen auf höhere Preise zwar die Chance auf höhere Einnahmen bietet, aber auch mit einem Risiko für die Liquidität verbunden sein kann. Dies kann und will er sich nicht immer leisten. In den nächsten Wochen beginnt er mit dem Liquiditätsplan für das neue Wirtschaftsjahr. Bei vollkostendeckenden Preisen wird er einen Teil der voraussichtlichen Ernte vermarkten. Welche Vermarktungsinstrumente er dabei nutzt, hängt vom weiteren Marktverlauf ab. Aus Sicht der Liquidität ist es ihm vor allem wichtig, sich vor einem möglichen Preisverfall abzusichern. Wenn er dann trotzdem von steigenden Preisen profitieren kann, wäre das natürlich umso besser. Kostenfrei testen: Den Liquiditäts-Check Ackerbau können Sie kostenfrei beim Autor anfordern. << Fazit Durch die Eingabe einiger Planzahlen verschafft sich Meyer einen Überblick und erkennt rechtzeitig den Ernst der Lage. Am Anfang hatte er wenig Lust dazu. Er musste sich zwingen, die notwendigen Zahlen zu suchen und Schätzungen für die Zukunft zu definieren. Sein Berater hat ihn dabei teilweise unterstützt. Mittlerweile findet er es spannend und erkenntnisreich, mit den Zahlen zu spielen. Er weiß, wo er steht, und überlegt immer WIE MODERNSTE TECHNIK IHRE ARBEIT ERFOLGREICH MACHT. ■ KONTAKT ■ ■ ■ Rainer Möller Möller Agrarmarketing, Stade [email protected] ➔ Getreidelagerung ➔ Getreideförderungbis200t/h ➔ FahrbareKraftfutterwerke ➔ Mahl-undMischtechnik ➔ Fütterungsanlagen Wir bieten Einzel- und Komplettlösungen. 59227 Ahlen, Tel. 0 23 82.80 84-0 Halle 21, Stand G 13 www.buschhoff.de 10 n Getreidemagazin 6/2016 (22. Jg.) n