Die konservative Therapie hat Vorrang

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P O L I T I K
MEDIZINREPORT
Forum der Bundesärztekammer: Lumbalsyndrom
Die konservative
Therapie hat Vorrang
Das Lumbalsyndrom wird in der
überwiegenden Mehrzahl der Fälle
konservativ behandelt, auch wenn
dies eine enorme Geduld vom Patienten wie auch vom behandelnden Arzt
erfordert. Operationen der Bandscheibe sind selten geworden: Sie
kommen nur noch bei maximal zehn
Prozent der betroffenen Patienten in
Betracht, wie Wissenschaftler beim
20. Interdisziplinären Forum der
Bundesärztekammer in Köln betonten. Nach Angaben von Professor Dr.
Matthias H. Hackenbroch (Köln) ist
das Lumbalsyndrom für 20 Prozent
aller Krankschreibungen und für 50
Prozent der vorzeitigen Rentenanträge verantwortlich.
Beinlähmung ist
Operationsindikation
Eine absolute Operationsindikation sei nur gegeben, wenn eine eindeutig auf einer Nervenkompression
durch Bandscheibe oder Knochen beruhende Beinlähmung vorliegt oder
eine im Vergleich dazu deutlich selte-
nere Schließmuskellähmung der Blase und des Darmes (Cauda-Syndrom). Nur eine relative Operationsindikation stellt nach Hackenbroch
der therapieresistente Schmerz ohne
neurologische Ausfälle dar.
Dies liege nicht zuletzt daran,
daß das degenerative Lumbalsyndrom unter der konservativen Behandlung eine günstige Prognose aufweist und zudem die Spontanheilungsrate hoch ist, ein Aspekt, der
heutzutage oft übersehen werde: Der
Kölner Orthopäde plädierte deshalb
in erster Linie für Zurückhaltung bei
invasiver Diagnostik und Therapie.
Vielmehr steht das konservative
Vorgehen im Vordergrund, und das
umfaßt nach Professor Dr. Jürgen
Krämer (Bochum) eine kausale
Schmerztherapie mit speziellen Maßnahmen wie Lagerung, manueller
Therapie und Korrektur muskulärer
Dysbalancen, und zum Einsatz kommen vor allem die lokale Injektionsbehandlung, die physikalische Therapie, Orthesen und im präventiven Bereich die Rückenschule. Auch Krämer sprach sich primär gegen die
System MEDEX: Weltraummedizin
für die Klinik
Eine neuartige, modulare Experimentieranlage zur Erfassung einer Vielzahl
von Herz-Kreislauf-Daten, zur Aufzeichnung von Hirnströmen und für leistungsphysiologische Belastungstests unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit ist
von russischen und deutschen Wissenschaftlern gemeinsam entwickelt worden.
Das System (MEDEX) resultiert aus Erfahrungen der Raumfahrtmission MIR 92
und D-2. Es bietet einen neuen Qualitätsstandard, weil erstmalig alle ermittelten
Werte einander zeitlich zugeordnet und miteinander verglichen werden können.
Auf diese Weise erhoffen sich die Wissenschaftler einen komplexeren Einblick in
die Wirkprozesse des menschlichen Körpers, wenn dieser – wie während eines
Raumfluges – extremen Belastungs- und Streßsituationen ausgesetzt ist.
Die Meßwerte der Anlage werden durch Sensoren ermittelt, die der Proband
am Körper trägt. Mittels drahtloser Übertragung der Daten auf Infrarotbasis
kann die Testperson sich jedoch bewegen, unabhängig von der zentralen Steuerund Rechenarbeit. Zur Zeit denken die Wissenschaftler über den Einsatz des
MEDEX-Systems zur Langzeitbetreuung von Risikopatienten in Rehabilitationskliniken nach.
F. B.
A-302
(30) Deutsches Ärzteblatt 93, Heft 6, 9. Februar 1996
Operation aus: „Unabhängig von der
pathologisch-anatomischen Situation
wird immer zunächst versucht, konservativ zu behandeln und das osmotische System Bandscheibe zu erhalten.“ Bevorzugte Haltung ist nach seinen Worten die Stufenlagerung, die
der Patient so oft wie möglich einnehmen sollte, da so die Zwischenwirbellöcher erweitert, dorsale Bandscheibenprotrusionen abgeflacht und
die Wirbelgelenkkapseln entspannt
werden.
Beim Lumbalsyndrom mit und
ohne radikuläre oder pseudoradikuläre Ausstrahlung sind nach Krämer paravertebrale Injektionen indiziert, und zwar täglich und eventuell
ergänzt durch epidurale Injektionen
ein- bis zweimal pro Woche. Begleitende Wärmeanwendungen, Elektrotherapie und Krankengymnastik sind
unerläßlich und sollten täglich zeitversetzt durchgeführt werden. Unter
Umständen kann das Programm laut
Krämer darüber hinaus durch Akupunktur und manuelle Therapie ergänzt werden.
Intradiskale
Therapien
Als Indikation zum invasiveren
Vorgehen nannte Krämer eine Ischialgie von mehr als sechs Wochen, Wurzelzeichen, Lasègue unter 60 Grad, einen entsprechenden Leidensdruck
des Patienten und den Nachweis einer
Protrusion oder eines Prolaps im CT,
MR oder Diskogramm, der dem klinischen Befund entspreche. Beim erhaltenen Anulus fibrosus kommen zur
weiteren Therapie vor allem intradiskale therapeutische Verfahren in Frage – und zwar als luminale perkutane
Diskotomie, als lumbale perkutane
Laserdiskotomie sowie als lumbale
intradiskale Injektion.
Enttäuschend sind die Ergebnisse laut Krämer leider bislang bei der
perkutanen lumbalen Diskotomie,
und auch die Laserdiskotomie hat die
in das Verfahren gesetzten Hoffnungen bislang nicht erfüllen können. Mit
einer Erfolgsrate von 32 Prozent steht
sie nach Angaben des Orthopäden
noch deutlich hinter der Chemonukleolyse mit einer Erfolgsrate von 62
Prozent zurück.
Christine Vetter
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