Physikdepartment E13 WS 2011/12 Übungen zu Physik 1 für Maschinenwesen Prof. Dr. Peter Müller-Buschbaum, Dr. Eva M. Herzig, Dr. Volker Körstgens, David Magerl, Markus Schindler, Moritz v. Sivers Vorlesung 10.11.2011, Übungswoche 14.11. – 18.11.2011 Blatt 4 1. Billard Beim Billard-Spiel trifft die weiße Kugel mit v0 = 4,50 m/s auf die schwarze Kugel, die sich in Ruhe befindet. Beide Kugeln haben die gleiche Masse und stoßen elastisch. Reibungseffekte werden vernachlässigt. Nach dem Stoß bewege sich die schwarze Kugel unter einem Winkel von φs = 36,0◦ zur Einfallsrichtung der weißen Kugel (s. Abb.). a) Bestimmen Sie die Bewegungsrichtung der weißen Kugel nach dem Stoß, d. h. bestimmen Sie die Winkelablenkung φw der weißen Kugel gegenüber der Einfallsrichtung! Impulserhaltung: → → → p0 = ps + pw → → → m v0 = m vs + m vw → → → v0 = vs + vw Energieerhaltung: 1 1 1 2 mv0 = mv2s + mv2w 2 2 2 v20 = v2s + v2w Pythagoras: a2 = b2 + c2 → → → 90,0◦ Winkel zwischen vs und vw Winkelsumme im Dreieck: φs + φw + 90,0◦ = 180◦ φs + φw = 90,0◦ φw = 90,0◦ − 36,0◦ = 54,0◦ → Die weiße Kugel wird um φw = 54,0◦ in die entgegengesetzte Richtung abgelenkt wie die schwarze Kugel. b) Bestimmen Sie die Geschwindigkeiten vs und vw beider Kugeln nach dem Stoß durch Nutzung der Impuls- und Energieerhaltung. Gesucht: vs = |~ vs | und vw = |v~w | Impulserhaltungssatz: x-Richtung: mv0 = mvsx + mvwx y-Richtung: 0 = vsy + vwy vsy = sin φs · vs ; vwy = − sin φw · vw sin φw sin φs sin2 φw sin2 φw 2 2 2 2 + vw = vw 1 + → v0 = vw · sin2 φs sin2 φs v0 = 2,65 m/s vw = r sin2 φw 1 + sin2 φ → vs = vw · s sin2 φs sin2 φs 2 2 + v = v 1 + s s sin2 φw sin2 φw v0 = 3,64 m/s vs = r sin2 φs 1 + sin2 φ v20 = v2s · w 2 c) Bestimmen Sie die Geschwindigkeiten vs und vw geometrisch mit den Winkeln φs und φw . Aus a) und b) ist bekannt: → → → v0 = vs + vw vs v0 vw sin φs = v0 sin φw = ; vs = v0 sin φw = 3,64 m/s ; vw = v0 sin φs = 2,65 m/s 3 2. Zusammenstoß mit Feder Ein zunächst ruhender Gegenstand der Masse m1 = 2,00 kg befindet sich auf einer horizontalen N Oberfläche und ist an einer entspannten Feder mit der Federkonstanten k = 600 m befestigt. Auf dieser Oberfläche kann der Gegenstand reibungsfrei gleiten. Ein zweiter Gegenstand der Masse m2 = 1,00 kg gleite ebenfalls reibungsfrei mit einer Geschwindigkeit von v = 6,00 ms unter einem Winkel von 0,00◦ auf den ersten zu. a) Bestimmen Sie die Amplitude der Schwingung, wenn die Gegenstände einen idealen inelastischen Stoß ausführen. Das bedeutet, dass die beiden Massen nach dem Stoß aneinanderhaften. Ein Teil der kinetischen Energie der Massen ist dabei in Verformungsarbeit umgewandelt worden, Impulserhaltung gilt aber trotzdem. Wie groß ist die Schwingungsdauer? Körper haften aneinander =⇒ eine gemeinsame Geschwindigkeit beider Körper nach dem Stoß: ve Impulserhaltung: m2 v = (m1 + m2 )ve =⇒ ve = m2 v m1 + m2 Dies ist gleichzeitig die Maximalgeschwindigkeit, da es die Geschwindigkeit im Gleichgewichtspunkt der Feder ist: Ekin = E pot ⇔ 1 1 (m1 + m2 )v2e = kA21 2 2 mit A1 Maximalauslenkung der Feder s s r (1,00 kg)2 · (6,00 ms )2 m22 v2 (m1 + m2 )v2e = = = 0,141 m =⇒ A1 = N k ( m1 + m2 ) k 3,00 kg · 600 m Nach Vorlesung: ω02 = =⇒ k m Schwingungsdauer T1 = 1 f = 2π ω0 = 2π q m1 + m2 k = 2π r 3,00 kg N 600 m = 0,444 s b) Bestimmen Sie Amplitude und Schwingungsdauer im Falle eines elastischen Stoßes. Geschwindigkeiten nach dem Stoß: v1 bzw. v2 Impulserhaltung: m2 v = m1 v1 + m2 v2 Energieerhaltung: 12 m2 v2 = 12 m1 v21 + 12 m2 v22 Formeln für v1 und v2 : siehe Aufgabe „Pendelkette“ (Vorsicht mit den Indices) 2 (= b wieder Maximalgeschwindigkeit der schwingenden Feder) v1 = 2vm1 = m2vm 2 + m1 1+ m 2 1 1 m1 v21 = kA22 2 2 s s s 4 · 2,00 kg · (6,00 ms )2 · (1,00 kg)2 m1 v21 4m1 v2 m22 = 0,231 m = = A2 = N k k ( m2 + m1 )2 · (3,00 kg)2 600 m s r m1 2,00 kg = 0,363 s = 2π T2 = 2π N k 600 m Ekin = E pot ⇔ =⇒ 4 c) Beschreiben Sie die Auslenkung des an der Feder befestigten Gegenstandes für beide Stoßarten als Funktion der Zeit, unter der Annahme, der Stoß erfolge zur Zeit t = 0. Skizzieren Sie die beiden Funktionen. In beiden Fällen harmonische Schwingung mit x (0) = 0 =⇒ x (t) = Ai · sin(ωi · t) = Ai · sin( 2π · t) Ti d) Wo besitzt das System nach dem Stoß die höchste potentielle Energie und wo die höchste kinetische Energie? Potentielle Energie: Bei x = ± A ist F maximal, d.h. am Umkehrpunkt ist die Feder maximal gespannt und die Kugel ist in Ruhe → Geschwindigkeit v = 0 =⇒ Ekin = 0 Wegen Energieerhaltung besitzt das System an der Stelle x = ± A die höchste potentielle Energie. Kinetische Energie: Bei x = 0 ist F = 0, d.h. die Feder ist entspannt → Auslenkung x = 0 =⇒ EFeder = 0 Wegen Energieerhaltung besitzt das System an der Stelle x = 0 die höchste kinetische Energie. 5 3. Interferenz Zwei gleichartige sinusförmige Schwingungen interferieren miteinander. a) Zeigen Sie anhand von zwei skizzierten Beispielen welche Phasenverschiebungen zu konstruktiver und destruktiver Interferenz führen können. ϕ0 = 0 WelleH1L A Amplitude 1.0 0.5 t 2 4 6 8 -0.5 -1.0 WelleH2L A Amplitude 1.0 0.5 t 2 4 6 8 -0.5 -1.0 Interferenz A Amplitude 2 1 t 2 4 -1 -2 =⇒ konstruktive Interferenz 6 6 8 ϕ0 = π WelleH1L A Amplitude 1.0 0.5 t 2 4 6 8 -0.5 -1.0 WelleH2L A Amplitude 1.0 0.5 t 2 4 6 8 -0.5 -1.0 Interferenz A Amplitude 1.0 0.5 t 2 4 -0.5 -1.0 =⇒ destruktive Interferenz 7 6 8 b) Berechnen Sie die Überlagerung dieser beiden Schwingungen für einen Phasenunterschied ϕ0 . x1 (t) = A1 sin(ω1 t) x2 (t) = A2 sin(ω2 t + ϕ0 ) gleichartig =⇒ A1 = A2 = A ; ω1 = ω2 = ω x1 (t) = A sin(ωt) x2 (t) = A sin(ωt + ϕ0 ) Superpositionsprinzip =⇒ Summe x (t) = x1 (t) + x2 (t) = A[sin(ωt) + sin(ωt + ϕ0 )] Summe zweier Sinusfunktionen: 1 1 sin α + sin β = 2 sin (α + β)cos (α − β) 2 2 ϕ0 1 1 ϕ0 x (t) = 2A sin[ (2ωt + ϕ0 )] cos[ (− ϕ0 )] = 2A cos( ) sin(ωt + ) 2 2 2 {z 2 } | Amplitude c) Für eine Amplitude beider Schwingungen von 9,8 mm und einer Phasenverschiebung von 100◦ , welche Amplitude hat die resultierende Schwingung? A′ = 2A cos( ϕ0 ) = 13 mm 2 d) Bei welcher Phasenverschiebung ϕ in rad hat die Schwingung eine Amplitude von 4,9 mm? Wieviel Wellenlängen Unterschied entspricht das? φ0 = 2 arccos( A′ ) = 2,6 rad 2A 2 Lösungen möglich! In Wellenlängen: Φ = ±0,42 · Wellenl änge 2π/Wellenl änge 8 4. Rakete Eine voll betankte Rakete des Typs Ariane 5 habe eine Masse von 750 t, von denen 650 t Treibstoff sind. Der verbrannte Treibstoff verlässt die Rakete mit einer Ausströmgeschwindigkeit von vg = 5500 m/s und einer Rate von 1500 kg/s. Die Rakete befindet sich im Weltall, so dass weder Schwerkraft noch Luftwiderstand auf sie wirken. Beim Start hat sie die Geschwindigkeit v0 = 0,00 m/s. Für diese Aufgabe wird angenommen, dass die Rakete aus nur einer Stufe besteht, die gleichmäßig verbrannt wird. a) Bestimmen Sie den Schub der Rakete. Schub: Kraft, die ausgestoßenes Gas durch Impulsübertrag auf Rakete ausübt. F= dvg dp d(m · v) dm = = vg +m = dt dt dt dt |{z} =0 = vg dm = 5500 m/s · 1500 kg/s = 8,25 MN dt b) Bestimmen Sie die Brenndauer T der Rakete. 650000 kg Treibstoff; verliert pro Sekunde 1500 kg m( T ) = 750 t − 1500 T= kg T = 100 t s 650000 kg s = 433 s 1500 kg c) Leiten Sie her, wie sich die Geschwindigkeit v(t) als Funktion der Zeit verhält! (Formel und Skizze) Hinweis: Aus dem 2. Newtonschen Axiom erhalten Sie mit dem allgemeinen Ausdruck für die dv Kraft eine Gleichung, die die zeitlichen Ableitungen dm dt und dt enthält. Integrieren Sie beide Seiten nach der Zeit! Newton: F= 9 dp dt infinitesimale Änderung des Gesamtimpuls im Inertialsystem: dP = P(t = dt) − P(t = 0) P(t = 0) = (m + dm)v Ri ; P(t = dt) = m(v Ri + dv Ri ) + dm · v gi dP = mdv Ri + dm(v gi − v Ri ) = mdv Ri + v g dm wobei v Ri = v und v gi relativ zum Inertialsystem, v g relativ zur Rakete gemessen; keine äußere Kraft: F = 0 dP dv dm = m Ri + v g =0 dt dt dt vg · dm dv = −m · dt dt Achtung: m = m(t) = M0 − |{z} 750 t Integral: Z t 0 Z dv dt = −vg dt v(t) v (0) Z dv = −vg 1500 kg/s t 0 Z dm ·t dt |{z} 1 dm dt m dt m(t) m (0) dm m v(t) − v(0) = −vg (ln(m(t)) − ln(m(t = 0)) | {z } |{z} 0 M0 dm m(t) v(t) = −vg ln = −v g ln 1 − dt · t M0 M0 ! Skizze siehe e). d) Wie hoch ist die Endgeschwindigkeit vend der Rakete? Brennschluss: m( T ) = 750 t − 650 t = 100 t =⇒ v( T ) = −vg · ln 100 t m( T ) = −5500 m/s · ln M0 750 t v( T ) = 11081,96... m/s = 11,1 · 103 m/s oder 11,1 km/s 10 e) Wie hoch wäre die Endgeschwindigkeit v g , wenn auf die Rakete während der Brenndauer eine rücktreibende Kraft wirken würde, die der Fallbeschleunigung von g = 9,81 m/s2 auf der Erde entspricht? dP = −mg dt Zusätzliche Kraft (−m · g), die der Rakete entgegen wirkt. → Start von der Erde dm dv + vg = −mg dt dt Z t Z t dv 1 dm dt = − dt − vg g dt dt m dt 0 0 m Z t 0 v(t) = −vg ln m(t) − gt M0 v( T ) = 6830,96... m/s = 6,83 · 103 m/s oder 6,83 km/s 11