DACHZEILE Head Taspit pedigendam, nos vitiam, simus

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fortbildung
DACHZEILE
Head Taspit pedigendam,
nos vitiam, simus
DELIR
Symptome, Ursachen, Therapie
Torsten Kratz
mauritius images / Phototake / Carol and Mike Werner
Das Delir, oft auch als
Verwirrtheitszustand oder
Durchgangssyndrom bezeichnet, ist eine häufige
Komplikation bei älteren
Patienten. Im folgenden
Beitrag lesen Sie, welche
Symptome typisch sind
Autor
für das Delir, wie man es
VorspannEnient evelendi audistio miliqua tibusda ectati con nonsed magnis eata vollaccae
von einer Demenz abmaio. Nam et et asit ea niment.Iquatur aliquam expelent. Ra dit accusam volor am, odi con res
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sachen zu bedenken sind
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und welche Therapie- und
etur, cumquiandae. Ignam, occusda ventia veliqui iur, con rae sus, ommolup isquia quiatae moPräventionsmöglichkeiten
lorer umquibu saperionsed most, sere
es gibt.
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Der Allgemeinarzt SH_CME/2017www.allgemeinarzt-online.de
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D
as Delir ist eine der häufigsten
Komplikationen im Verlauf einer
Demenzerkrankung und ist mit einer erhöhten Mortalitätsrate von 25 bis 33 % verbunden [1]. Bei stationären Patienten erhöht es
die Verweildauer, die Kosten, den Pflegeaufwand und das Risiko einer Heimeinweisung
[2]. Der Begriff „Delir“ ist in der ICD-10 und in
der Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM IV) [3, 4] definiert und umfasst alle akuten psychischen Störungen mit
organischer Ursache, Bewusstseinstrübung
und kognitiven Einbußen. Im klinischen Kontext ist ein Delir also ein Verwirrtheitszustand
organischen Ursprungs mit verändertem Bewusstsein, gestörter Aufmerksamkeit und anderen kognitiven Einschränkungen [5]. Delirien
gelten im konsiliar- und liaisonpsychiatrischen
Dienst als die häufigsten psychiatrischen Syndrome im Allgemeinkrankenhaus. Über alle Altersgruppen und Eingriffe gerechnet sind etwa
die Hälfte der Patienten postoperativ verwirrt
[6]. Mit Vorliegen einer Demenz oder einer anderen Hirnschädigung steigt das Risiko für die
Entstehung eines postoperativen Delirs [2].
Zur Inzidenz gibt es nur unzureichende Angaben. Man kann jedoch davon ausgehen, dass
bei 10 – 30 % der älteren Patienten (älter als 60
Jahre), die in ein Allgemeinkrankenhaus aufgenommen werden [7], bereits ein Delir vorliegt.
Während der Krankenhausbehandlung entwickeln etwa 30 % der über 70-Jährigen [8] und
– in Abhängigkeit vom chirurgischen Eingriff
– bis zu 60 % der postoperativen Patienten einen solchen Zustand [9].
Symptome und Diagnosekriterien
Die Diagnose ist immer klinisch. Sie setzt das
intensive Gespräch mit dem Patienten voraus.
Maßgebliche Symptomatik des Delirs ist die
Störung des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit. Dabei ist es wichtig und klinisch bedeutsam, dass die Aufmerksamkeit in ihrer
Aufrechterhaltung, in ihrer Fokussierung und
in ihrer Umstellungsfähigkeit gestört ist. Auch
die Fähigkeit zur Wahrnehmung von Umweltreizen oder das adäquate Reagieren darauf
sind eingeschränkt. Zusätzlich bestehen Auffassungs- und Gedächtnisstörungen und eine
www.allgemeinarzt-online.de Desorientierung. Wesentliches Merkmal des
Delirs sind Wahrnehmungsstörungen. Diese
können im Sinne einer Verkennung (Illusion),
aber auch als Halluzinationen auftreten. Letztere werden überwiegend im Rahmen des Delirs als optische Halluzinationen wahrgenommen. Inhaltliche Denkstörungen (z. B. Wahn)
können hinzukommen, diese sind jedoch fluktuierend. Es liegt auch immer eine psychomotorische Störung vor, wobei sowohl hyper- als
auch hypoaktive Zustände auftreten können.
Zentral-nervöse und periphere Symptome des Delirs
Zentral-nervöse Symptome
Periphere Symptome
Bewusstsein:
verminderte Aufmerksamkeit
Kognition:
Illusionen, Halluzinationen, Beeinträchtigung des abstrakten Denkens und des Kurzzeitgedächtnisses, Desorientierung
•• trockene Haut und
Schleimhäute
Psychomotorik:
übersicht 1
•• Fieber
•• Mydriasis
•• Harnverhalt
Wechsel zwischen Hypo- und Hyperaktivität, verlängerte Reaktionszeiten, veränderter Redefluss, verstärkte Schreckreaktion, Nesteln
•• Obstipation bis
hin zum paralytischen Ileus
Schlaf:
gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus,
Alpträume, nachts Verschlechterung
•• Blutdruckabfall
Affekt:
Depression, Angst, Aggression
•• tachykarde Herzrhythmusstörung
Neben psychomotorischer Unruhe bestehen
auch eine Schreckhaftigkeit und affektive Störungen (häufig Angst und Depression, seltener Aggression) sowie die Störung des SchlafWach-Rhythmus [10].
Für die Diagnose des Delirs ist
es wichtig, dass es durch einen
▪▪▪▪▪▪▪▪▪
akuten Beginn, eine fluktuierende Symptomatik und Tagesschwankungen gekennzeichnet
ist. Insbesondere in der Nacht
kommt es zu einer Verstärkung
der deliranten Symptomatik. Da
es sich beim Delir in der Regel
um einen anticholinergen Zustand handelt, sind für die Dia- ▪▪▪▪▪▪▪▪▪
gnosestellung – neben den zentral-nervösen – die peripheren
Symptome wesentlich (Übersicht 1). Dazu zählen
insbesondere trockene Haut und Schleimhäu-
Für die Diagnose ist es
wichtig, dass das Delir u. a.
durch einen akuten Beginn
und Tagesschwankungen
gekennzeichnet ist.
→
Der Allgemeinarzt SH_CME/2017
17
fortbildung
te, Fieber, Mydriasis, Harnverhalt, Obstipation,
Herzrhythmusstörungen oder Blutdruckabfall.
Pathomechanismen
Das Delir entsteht auf Grundlage einer multifaktoriellen Genese. Wichtige prädisponierende Faktoren bei dessen Entstehung sind
das hohe Lebensalter, das Vorliegen einer kognitiven Einschränkung (z. B. Demenz) und die
Multimorbidität [11].
Bei Demenz tritt häufig das multifaktorielle
Delir auf (Übersicht 2). Dabei kommt es zu einem Zusammenspiel von prädisponierenden
Faktoren und exogenen Noxen [5]. Insbesondere die Immobilisation, die Fehlernährung, die
Polypharmazie, aber auch das Vorliegen eines
Blasenkatheters und somatische Begleiterkrankungen sind bedeutend. Die Theorie des multifaktoriellen Delirs geht davon aus, dass prädisponierende Faktoren mit hoher Vulnerabilität
(z. B. hohes Lebensalter, Demenz, somatische
Komorbidität) im Zusammenspiel mit niedrig
potenten psychosozialen Noxen (z. B. fremde
Umgebung, Immobilität) ein Delir auslösen
können. Andererseits können auch prädisponierende Faktoren mit niedriger Vulnerabilität
(z. B. leichte kognitive Störung oder Einsamkeit)
im Zusammenspiel mit potenten Noxen (z. B.
chirurgischer Eingriff, Behandlung mit Anticholinergika) ein Delir auslösen.
Die gängigsten Ursachen des Delirs bei Demenz sind die Polypharmazie, die Exsikkose,
somatische Begleiterkrankungen (insbesondere ein Harnwegsinfekt) und Stressoren im
Rahmen der Krankenhausbehandlung [6]. Medikamentöse Einflüsse, wie eine anticholinerge Begleitwirkung [12], die Hemmung des Endorphinmetabolismus durch ACE-Hemmer,
die Veränderung der Ionenhomöostase durch
Kalziumantagonisten, die Überdosierung von
Digitoxin, die Veränderung der Transmitterhomöostase durch Amantadin, die Einschränkung der renalen Clearance oder die Blockade
der noradrenergen Betarezeptoren spielen hier
ebenfalls eine tragende Rolle.
Erscheinungsformen des Delirs
bei Demenz
Im Gegensatz zum klinischen Eindruck, dass
das Delir immer mit Unruhe und Agitiertheit
einhergeht, gibt es verschiedene Erscheinungsformen [13]. Das klassische hyperaktive Delir
18
geht dabei mit psychomotorischer Unruhe,
Erregung, Irritierbarkeit, Angst, Halluzinationen und ausgeprägten vegetativen Zeichen
einher. Doch lediglich 15 % der Delirien zeigen
diese klinisch beeindruckende Verlaufsform.
Darüber hinaus existiert das hypoaktive Delir, etwa 25 % der Delirien gehören zu diesem
Erscheinungsbild.
Das hypoaktive Delir ist gekennzeichnet durch
scheinbare Bewegungsarmut und wenig Kontaktaufnahme. Nur bei intensiver Beschäftigung mit dem Patienten zeigt sich, dass dieser unter Halluzinationen und Desorientierung
leidet. Auch die Abwesenheit von vegetativen
Veränderungen (Blutdruck-, Pulserhöhung)
macht die Diagnose des hypoaktiven Delirs
schwer. Insbesondere die Abgrenzung zur Depression ist im klinischen Alltag nicht trivial. Die häufigste Form bei Demenz ist das gemischte Delir. In dessen Verlauf kommt es zu
einem Wechsel von psychomotorischer Unruhe und Bewegungsarmut, sodass hyperaktive
und hypoaktive Phasen der Erkrankung ineinander übergehen oder rasch alternieren [14].
Diagnostik/Differenzialdiagnostik
Erstes Diagnoseinstrument bei Demenz ist das
Gespräch. Die Diagnosestellung muss immer
klinisch erfolgen. Weitere notwendige Laboruntersuchungen und die apparative Diagnostik sind notwendig, um rasch die dem Delir
zugrundeliegende somatische Erkrankung erkennen und behandeln zu können.
übersicht 2
Multifaktorielle Genese
des Delirs
Prädisponierende Faktoren
•• hohes Lebensalter
•• Demenz
•• somatische Komorbidität
•• Hör- und Sehbehinderung
•• Exsikkose
Exogene Einflüsse
•• chirurgischer Eingriff
•• Behandlung mit
Anticholinergika
•• Intensivpflichtigkeit
Eine wichtige Weichenstellung in der Frage,
ob ein Delir oder eine Demenz ohne Delir vorliegt, ist die Akuität des Geschehens. Es gibt
keine akute Demenz. Verwirrtheitszustände im
Rahmen einer Demenz müssen deshalb immer
rasch abgeklärt werden. Es sollte eine Fremdanamnese und eine ausführliche Medikamentenanamnese ▪▪▪▪▪▪▪▪▪
erfolgen. Ob anticholinerg wirkende Medikamente ursächlich
für das Delir sind, ist wesentlich. Darüber hinaus müssen
die somatischen Vorerkrankungen, insbesondere neurodegenerative und begleitende ▪▪▪▪▪▪▪▪▪
somatische Erkrankungen, erfasst werden. Im Wesentlichen
handelt es sich bei den somatischen Begleiterkrankungen, die ein Delir bei Demenz befördern können, um einen Harnwegsinfekt, eine
Eine wichtige Weichenstellung, ob ein Delir oder eine
Demenz vorliegt, ist die
Akuität des Geschehens.
Der Allgemeinarzt SH_CME/2017www.allgemeinarzt-online.de
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übersicht 3
Allgemeine (kurative)
Maßnahmen
•• Optimierung der Medikation
(besonders anticholinerge
Substanzen)
•• Behandlung der Grunderkrankung (z. B. Pneumonie,
Harnwegsinfekt, Exsikkose)
•• Ausgleich von Medikamentenspiegel (z. B. Digitoxin, Lithium)
•• Flüssigkeitsbilanzierung
•• Korrektur metabolischer
Störungen
•• Überwachung der Vitalwerte
beginnende Pneumonie, eine Exsikkose oder eine Schilddrüsenstoffwechselstörung. Da Menschen mit Demenz eine hohe Vulnerabilität
aufzeigen, können bereits milde Verlaufsformen solcher Erkrankungen ein Delir befördern.
Neben der Erhebung des psychopathologischen
Befundes kann eine psychometrische Untersuchung hilfreich sein (z. B. Mini-Mental-StatusTest) [15]. Wesentlich sind jedoch eine eingehende internistische und neurologische Kontrolle
sowie die Erfassung des Blutbilds zur Abklärung
einer Anämie oder einer Entzündung. Darüber
hinaus müssen die Elektrolyte, die Osmolarität
und die Blutglukose bestimmt werden. Eine
Hyponatriämie oder eine Exsikkose sowie eine Hyper- oder Hypoglykämie können ein Delir befördern. Die Leberwerte (Ausschluss eines
Leberversagens) und die Retentionswerte (Ausschluss eines Nierenversagens) sind zu erfassen.
Zudem ist die Bestimmung des TSH zur Frage einer ursächlichen Schilddrüsenstoffwechselstörung bedeutsam. Die Erhebung
▪▪▪▪▪▪▪▪▪ des CRP (Ausschluss einer Entzündung) und eine Urinanalyse
(Ausschluss von Harnwegsinfekten) sind im klinischen Alltag richtungsweisend.
Eine Hyponatriämie oder
eine Exsikkose können
ein Delir befördern.
▪▪▪▪▪▪▪▪▪
übersicht 4
Nicht-medikamentöse
Therapiemaßnahmen
•• Bereitstellung von Reorientierungshilfen (Uhr, Kalender, Foto)
•• Reizabschirmung (Zimmer, Personalwechsel, Lärm)
•• sensorische Hilfen (Brille, Hörgerät)
•• gute Beleuchtung (Tag-NachtRhythmus)
•• persönliche Zuwendung, vertraute Bezugsperson
•• validierender Umgang
•• Vorbeugung selbstverletzenden
Verhaltens
•• Fixierung als letzte Option
www.allgemeinarzt-online.de Außerdem sollten die Vitalparameter wie Blutdruck, Puls
und Temperatur erfasst werden. Zum Ausschluss einer kardialen Diagnose ist ein EKG
notwendig. Um eine beginnende Pneumonie
zu erkennen, sollte ein Röntgenthorax veranlasst werden. Erst bei prolongiertem Delir ist zu
empfehlen, eine Computer- oder eine Magnet­
resonanztomographie zu veranlassen. Zudem
sollte man Medikamentenspiegel, insbesondere von Digitoxin, Carbamazepin, Valproinsäure
und Lithium im Serum, kontrollieren. Sollten
sich Hinweise auf eine zerebrale entzündliche Genese (Meningismus oder Opisthotonus)
zeigen, muss eine Lumbalpunktion erfolgen.
Muss der Schweregrad des Delirs erfasst oder
eine Screeninguntersuchung (z. B. in Heimen
oder bei Krankenhausaufnahme) vorgenommen werden, eignen sich die Confusion-Rating-Scale (CRS) [16] oder die Delirium-Assessment-Scale (DAS) [17]. Zur Einschätzung des
Schweregrades ist die Delirium-Rating-Scale
(DRS) [18] hilfreich. Oft ist im klinischen Alltag
die Differenzialdiagnose zwischen einem Delir und einer Demenz nicht trivial. Für eine Demenz sprechen ein schleichender chronischer
Verlauf sowie eine ungestörte Bewusstseinslage, für ein Delir der akute Beginn und eine
Bewusstseinsstörung. Bei einer Demenz ist
die Psychomotorik oft ungestört, im Rahmen
des Delirs liegt eine gesteigerte oder reduzierte Psychomotorik vor. Bei einem Delir ist die
Kognition meist global gestört. Bei einer Demenz, in Abhängigkeit vom Demenztyp, können klassische neuropsychologische Defizite
zugeordnet werden.
Therapie
Bei der Behandlung eines Delirs ist besonders
wichtig, rasch die organische Ursache zu eruieren, um eine entsprechende Behandlung zu
beginnen. Scheinbar banale somatische Erkrankungen, wie ein Harnwegsinfekt oder eine
beginnende Pneumonie, können bei Demenzkranken schwere Delirien auslösen [19, 20].
Bei der kurativen Therapie des Delirs geht es
also darum, die auslösende somatische Grunderkrankung zu behandeln. Dies kann medikamentös erfolgen (z. B. mit einem Antibiotikum
bei vorliegendem Harnwegsinfekt) und/oder
mit nicht-medikamentösen Verfahren. Nur zur
symptomatischen Begleitbehandlung kann
man darüber nachdenken, ob ein Neuroleptikum oder ein Benzodiazepin eingesetzt werden soll. Diese beiden Wirkstoffe sind jedoch
nur als symptomatische Therapie zu verstehen und nur so lange zu verabreichen, bis die
Therapie der Grunderkrankung (z. B. Antibiotikum bei Harnwegsinfekt) ausreichend wirkt.
Weil das Delir eine multifaktorielle Genese hat,
muss auch die Behandlung verschiedene Therapiestrategien beinhalten.
Allgemeine Maßnahmen
Bei den allgemeinen Maßnahmen (kurative
Therapie, vgl. Übersicht 3) geht es um die Behandlung oder die Kompensation der somatischen Erkrankung, die zugrunde liegt. In der
Regel findet sich ein akuter Infekt (z. B. Harnwegsinfekt oder beginnende Pneumonie) als
Ursache des Delirs. Auch hier sollte eine antibiotische Behandlung erfolgen. Insbesondere sind Medikamente mit anticholinergen Begleitwirkungen abzusetzen, und es sollte eine
Reduktion der Arzneimittel erfolgen, um ggf.
eine Polypharmazie abzubauen. Oft besteht
die Notwendigkeit zum Ausgleich des Wasser- und Elektrolythaushalts, da Menschen mit
Demenz, wie erwähnt, häufig an Exsikkose leiden. Als Nebenwirkung z. B. durch die Behand- →
Der Allgemeinarzt SH_CME/2017
19
fortbildung
lung mit Antidepressiva aus dem Spektrum
der SSRI sollte man abklären, ob eine Hypona­
triämie vorliegt, und diese behandeln. Tritt ei­
ne Hyponatriämie unter SSRI auf, muss das
Antidepressivum umgestellt werden. Da ge­
legentlich neben der Exsikkose auch erhöhte
Digitoxin- oder Lithiumspiegel ursächlich für
das Delir sind, muss hier ein Ausgleich erfol­
gen. Die Behandlung metabolischer Störun­
gen wie der Hypo- oder Hyperthyreose bzw.
der Hypo- oder Hyperglykämie muss mit der
Korrektur im entsprechenden metabolischen
System erfolgen.
Nicht-medikamentöse Therapie
Heute liegen zahlreiche Untersuchungen zur
Behandlung mit nicht-medikamentösen The­
rapieverfahren vor (Leitlinien der Amerikani­
schen Psychiatrischen Gesellschaft, APA) [21].
Leider werden diese Behandlungsstrategien
(vgl. Übersicht 4) in der täglichen Praxis nur
unzureichend genutzt.
Wichtig im Rahmen der nicht-medikamentö­
sen Therapie ist die Bereitstellung von Orien­
tierungshilfen (z. B. Uhr, Kalender oder ver­
trautes Foto), aber auch die Reizabschirmung
(Zimmer- und Personalwechsel sollten vermie­
den werden). Zudem sind persönliche Zuwen­
dung und die Einbeziehung der Angehörigen
hilfreich. Wesentliches Grundprinzip ist jedoch
die Validation. Die stringente Anwendung ei­
nes validierenden Umgangs kann häufig, auch
bei Gefahr von selbstschädigendem Verhalten,
eine Fixierung vermeiden – diese darf immer
nur letzte Option der Behandlung sein.
Medikamentöse Therapieverfahren
Die medikamentöse Behandlung eines deliran­
ten Patienten mit Psychopharmaka stellt im­
mer nur eine symptomatische und kurzzeiti­
ge Therapieoption dar. Bedeutsamer ist, wie
gesagt, der kurative Ansatz. Es soll also nicht
darum gehen: „Was soll ich dem Patienten ge­
ben?“, sondern es muss gefragt werden: „Was
hat der Patient eigentlich?“ Nur bei ausgepräg­
ter Unruhe und Agitiertheit sowie eigen- oder
fremdgefährdenden Fehlhandlungen kann und
muss an den Einsatz einer symp­tomatischen
Medikation mittels Neuroleptika oder Benzo­
diazepinen gedacht werden. Da die Patienten
gleichzeitig an einer Demenz leiden oder zu­
mindest älter als 70 Jahre sind, gilt der medi­
kamentöse Grundsatz „Start low, go slow“. Es
muss immer mit der niedrigst möglichen Me­
dikamentendosis begonnen werden und eine
20
sehr langsame Titrierung (bzgl. der veränder­
ten Verträglichkeit und Wirksamkeit im Al­
ter) angestrebt werden. Die symptomatische
medikamentöse Behandlung des Delirs wird
mit hochpotenten Neuroleptika durchgeführt
(Übersicht 5). Darüber hinaus können auch
Benzodiazepine oder Clomethiazol diskutiert
werden [22, 23].
Häufig wird in der Literatur der Einsatz von
Haloperidol empfohlen. Der Wirkstoff hat
sich durch seine gute Wirkung auf produk­
tiv psychotische Symptome oder psychomo­
torische Erregungszustände
bewährt. Vorteile sind die ge­ ▪▪▪▪▪▪▪▪▪
ringe pulmonale und kardiale
Nebenwirkung und das nied­
rige Risiko für anticholinerge
Nebenwirkungen. Als Nachteil
hat sich jedoch das hohe Risi­
ko von extrapyramidal-motori­
schen Nebenwirkungen (EPMS) ▪▪▪▪▪▪▪▪▪
und das mögliche Auftreten
von zerebrovaskulären Kom­
plikationen herausgestellt [24, 25].
Die symptomatische medikamentöse Behandlung des
Delirs erfolgt primär mit hochpotenten Neuroleptika.
Eine symptomatische neuroleptische Behand­
lung ist eher mit dem hochpotenten Atypikum
Risperidon zu empfehlen. Es ist zur Behandlung
psychotischer Symptome und Verhaltensstö­
rungen bei Demenz zugelassen [26, 27]. Die
Initialdosis beträgt 0,25 mg pro Tag und sollte
2 mg pro Tag nicht überschreiten [21]. Im Ver­
gleich zu Haloperidol treten weniger EPMS
auf [28].
Nur bei Auftreten von starker Erregung und
Unruhe sollte der Einsatz von Benzodiazepi­
nen diskutiert werden. Hier ist es wichtig, den
Wirkstoff mit kurzer Halbwertszeit (z. B. Lorazepam oder Oxazepam) zu nutzen. Diaze­
pam, dessen Halbwertszeit wegen der Lipo­
philie im Alter erhöht ist, ist im Hinblick auf
die Gefahr der Kumulation eher ungeeignet.
Bei allen Benzodiazepinen ist zu beachten,
dass bei Überdosierung eine Atemdepression
auftreten kann. Entscheidend ist jedoch, dass
es eine Risikozunahme der Sedierung und da­
mit der Sturzgefahr gibt.
Clomethiazol kann bei starker Unruhe und
Erregung eingesetzt werden, insbesondere
wenn atypische Neuroleptika (Risperidon) Ne­
benwirkungen gezeigt haben. Man muss un­
bedingt darauf hinweisen, dass Clomethiazol
Atemdepression mit respiratorischer Insuf­
übersicht 5
Medikamentöse
Therapie = symptomatische Behandlung
bei akuter Eigen- oder
Fremdgefährdung
•• hochpotente Neuroleptika
(Mittel der Wahl; z. B. Risperidon 0,25 bis 2 mg/d)
•• Benzodiazepine (möglichst mit
kurzer Halbwertszeit; z. B.
Oxazepam 2,5 bis 10 mg/d)
•• Clomethiazol (2,5 bis 10 ml/d)
•• niederpotente Neuroleptika
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übersicht 6
Prävention des Delirs =
Management der Risikofaktoren
•• Kognition:
Orientierungshilfen, täglich kognitiv
stimulierende Aktivitäten
•• Schlaf­
deprivation:
möglichst non-pharmakologisch
(z. B. Aromatherapie)
•• Immobilität:
Frühmobilisation, Vermeidung der
Bewegungseinschränkung
•• Visus­
minderung:
Visuskorrektur
•• Hör­
minderung:
Hörgeräte
•• Dehydra­
tation:
ausreichende Flüssigkeitszufuhr
­(cave: Apraxie)
•• Bio­
rhythmus:
Licht-, Geräusch-, Pflegerhythmus
fizienz, Hypotonie und bronchiale Hypersekretion verursachen kann. Der Einsatz niederpotenter Neuroleptika ist eher als kritisch zu
betrachten. Insbesondere bei gleichzeitiger
Gabe hochpotenter Neuroleptika können ausgeprägte EPMS auftreten. Das Sturzrisiko, das
durch niederpotente Neuroleptika ausgelöst
werden kann, ist erhöht.
Prävention des Delirs
Die Prävention des Delirs (Übersicht 6) ist die
wichtigste Maßnahme. In den letzten Jahren
wurden vor allem in Nordamerika, aber auch in
Deutschland, vielversprechende Modellprojekte durchgeführt, die belegen, dass unterschiedliche Interventionen das Risiko des Auftretens
eines postoperativen Delirs auf somatischen
Stationen im Allgemeinkrankenhaus reduzieren können [29, 30, 31]. Die Strategien der
Prävention sind dabei die Kompensation und
die Reduktion der Risikofaktoren [32, 33]. Dabei kommen vor allem Reorientierungshilfen
und täglich kognitiv stimulierende Aktivitäten
zum Tragen. Auch die nonpharmakologischen
Verbesserungen der Schlafstörung (Entspannung, Musik, Aromabäder etc.) werden eingesetzt. Immobilisation muss vermieden werden.
Der Frühmobilisation kommt eine entscheidende präventive Bedeutung bei der Verhinderung eines Delirs zu. Darüber hinaus müssen
Hör- und Sehminderung durch entsprechende
Hilfen kompensiert werden. Zur Vermeidung
einer Exsikkose ist es notwendig, ausreichend
Flüssigkeit zuzuführen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf das Vorliegen einer Apraxie im
www.allgemeinarzt-online.de Rahmen einer Demenz. Letztlich sollten Angehörige und Pflegepersonal im validierenden
Umgang geschult sein.
Zur Prävention sind das Hospital-Elder-Life-Programm [33] oder seine Modifikationen empfehlenswert. Dieses Verfahren, das besonders zur
Delirprävention bei älteren Menschen im Allgemeinkrankenhaus entwickelt wurde, stellt die
Aufdeckung eines erhöhten Delirrisikos (insbesondere präoperativ) in den Fokus. Somatische
Risikofaktoren, wie das Vorliegen eines Harnwegsinfekts, werden präoperativ behandelt.
Darüber hinaus erfolgt eine Optimierung der
Medikation, eine Verringerung der Polypharmazie und die Reduktion anticholinerg wirkender Arzneimittel. Auch müssen Narkosetechnik und -medikation optimiert und eine
standardisierte perioperative Beobachtung
umgesetzt werden.
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www.allgemeinarzt-­
online.de/a/1631442
Delirpfleger – gezielte Prävention
Wie aktuelle Studien [34] zeigen, kann der Einsatz eines Delirpflegers zu einer erheblichen
Reduktion des postoperativen Verwirrungszustands führen. Die geschulte Pflegekraft nimmt
durch gezielte und gebündelte pflegerische
Maßnahmen – prä-, peri- und postoperativ –
das Management zur Delirprävention vor. Dazu gehören die Frühmobilisation, die Verbesserung der Sensorik sowie der Nahrungs- und
Flüssigkeitszufuhr, die Schlafverbesserung,
die kognitive Aktivierung und die Validation.
Das Risiko von über 70-jährigen Patienten, die
in die chirurgische Abteilung eines Allgemeinkrankenhauses aufgenommen wurden, ein
postoperatives Delir zu entwickeln, liegt bei
etwa 20 %. Durch den Einsatz des Delirpflegers konnte dieses Risiko auf 4,9 % reduziert
werden [34]. Die damit verbundene Sensibilisierung des Fachpersonals für die Prävention
dieser psychischen Störung führte zu deren erheblicher Reduktion.
Besonders das Pflegepersonal wird durch die
Tätigkeit eines Delirpflegers im Screening von
Risikofaktoren geschult und erlernt einfache
Methoden sowie Werkzeuge zur Delirprophylaxe. Dabei könnte der Delirpfleger nicht nur
durch seine klinische Tätigkeit wirksam werden, sondern hätte auch in einem multiprofessionellen Team einer chirurgischen Station
erheblichen Schulungseffekt auf alle Beteiligten im Sinne eines Lernens am Modell [35]. ◾
Prof. Dr. med.
Torsten Kratz
Abteilung für
Psychiatrie und
Psychotherapie
des Evangelischen
Krankenhauses
Königin Elisabeth
Herzberge (KEH)
10365 Berlin
INTERESSENKONFLIKTE:
Der Autor hat keine deklariert.
 online
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Literaturliste finden Sie auch unter
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