PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT Arzneistoffe aus dem dem aus 8 Zertifizierte Fortbildung Bioaktive Naturstoffe spielen für die Behandlung von Krankheiten und Verletzungen seit Anbeginn der Menschheit eine zentrale Rolle. Schriftliche Aufzeichnungen über die Verwendung von Heilpflanzen lassen sich anhand von Tontafeln aus Mesopotamien fast 5.000 Jahre zurück datieren. Archäologische Funde belegen, dass Heilpflanzen sogar seit mindestens 60.000 Jahren in Verwendung sind. Neuere Untersuchungen beweisen sogar, dass der Gebrauch von Pflanzen z. B. zur Behandlung von Parasitenbefall nicht auf Menschen beschränkt ist, sondern bereits bei Menschenaffen wie Schimpansen beobachtet wird (Huffman, 1997). Auch heute noch ist die Natur als Quelle bioaktiver Substanzen unverzichtbar, wie die Verkaufszahlen der weltweit am häufigsten verkauften 20 Arzneimittel (so genannte „block buster“, die jährliche Umsätze von mehr als einer Milliarde US Dollar erzielen) belegen: Etwa ein Drittel dieser „block buster“ stellen Naturstoffe bzw. von Naturstoffen abgeleitete Verbindungen dar, unter denen sich z. B. Antibiotika, Zytostatika, ACE-Inhibitoren, Hormonpräparate oder Cholesterinsenker befinden (Müller et al., 2000). Allein auf dem Gebiet der Zytostatika stellen aktuell nahezu die Hälfte der im Gebrauch befindlichen Medikamente Naturstoffe bzw. von Naturstoffen abgeleitete Substanzen dar (Newman and Cragg, 2007), wie z. B. das Taxol, das Etoposid, die Vinca-Alkaloide oder die vom Camptothecin abgeleiteten Substanzen Irinotecan und Topotecan. Die zuletzt genannten Substanzen sind pflanzliche Naturstoffe oder gehen wie das Etoposid oder die Camptothecin-Abkömmlinge zumindest auf Leitstrukturen aus Pflanzen zurück. Jedoch ist das Vorkommen bioaktiver Naturstoffe keineswegs auf Pflanzen oder auf Mikroorganismen, die auf dem Land leben, beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf Meeresorganismen, die jedoch im Gegensatz zu terrestrischen Organismen erst in Anfängen untersucht sind. Über 70% der Erdoberfläche ist von Ozeanen bedeckt, die jedoch vom Menschen bislang nahezu ausschließlich als Nahrungsquelle genutzt werden, sieht man von Ausnahmen wie der Gewinnung von AgarAgar oder Alginaten einmal ab, die zum großen Teil ebenfalls in die Lebensmittelindustrie einfließen. Die Meere haben dem Menschen jedoch gerade auf dem Gebiet der Arzneistoffsuche wesentlich mehr zu bieten als gemeinhin bekannt ist. Foto: MEV Meer Bis heute wurden aus Meeresorganismen wie z. B. Schwämmen, Moostierchen, Seescheiden oder Korallen (sämtlich wirbellose Tiere), aber auch aus Algen über 12.000 verschiedene Naturstoffe isoliert. Viele dieser Verbindungen sind pharmakologisch aktiv und weichen strukturell (z. B. durch das häufige Vorkommen von Halogensubstituenten) deutlich von Naturstoffen terrestrischer Organismen ab. Bedenkt man, dass marine Organismen erst seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts systematisch auf bioaktive Naturstoffe 9 PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT Abbildung 1 Schwamm Cryptothetia crypta (Bergmann und Feeney, 1950), die als Leitstrukturen für die Entwicklung der synthetischen Pharmaka Ara-A und Ara-C Pate standen, die in der Virologie bzw. Onkologie eingesetzt werden. Interessanterweise stellt auch das zunächst nur als Syntheseprodukt bekannte Ara-A einen Naturstoff dar. Es wurde nach Markteinführung des Arzneistoffs als Inhaltsstoff der mediterranen Weichkoralle Eunicella cavolini entdeckt (De Rosa et al., 1995). Wenn auch die aus Schwämmen isolierten Nucleosidanaloga die ersten Verbindungen waren, die letztlich zu zugelassenen Arzneistoffen führten, so ist der Beginn einer zielgerichteten Erforschung des Potentials mariner Naturstoffe im Sinn einer Wirkstoffsuche erst auf das Jahr 1969 zu legen, als es gelang, größere Mengen an Prostaglandinderivaten aus der in der Karibik vorkommenden Weichkoralle Plexaura homomalla zu isolieren (Weinheimer und Spraggins, 1969). Da diese Entdeckung nahezu zeitgleich zur Aufklärung der physiologischen Funktionen von Prostaglandinen im menschlichen Körper erfolgte, setzte erstmals ein breiteres Interesse an der Erforschung mariner Naturstoffe ein. Abbildung 2 untersucht werden und dass sich die meisten dieser Untersuchungen bislang auf diejenigen Wassertiefen beschränken, die durch den Einsatz von Tauchern noch gut zu erreichen sind (bis etwa 50 Meter unter der Meeresoberfläche), so wird schnell klar, dass unser heutiges Wissen über das Vorkommen bioaktiver Naturstoffe aus dem Meer noch sehr rudimentär ist und die genannte Zahl von ca. 12.000 bekannten marinen Substanzen nur die Spitze des Eisbergs repräsentiert. 10 Erste Erfolge und Schwierigkeiten mariner Wirkstoff-Forschung Am Anfang der Erforschung pharmakologisch aktiver Naturstoffe aus marinen Organismen stand die Entdeckung der ungewöhnlichen Nucleosidanaloga Spongothymidin und Spongouridin aus dem Prialt Es ist daher sicher kein Zufall, dass es sich bei dem ersten (nach Entwicklung von Ara-A und Ara-C) auf den Markt gekommenen marinen Arzneistoff um die synthetisch gut zugängliche Verbindung Ziconotid (Handelsname Prialt) handelt. Ziconotid (auch als omega-Toxin MVIIA bekannt) ist ein aus 25 Aminosäuren bestehendes Peptidderivat, das im Gift von räuberischen Conus-Schnecken vorkommt, von den Schnecken mittels eines harpunenartigen Mechanismus in Beutetiere wie z. B. kleinere Fische injiziert wird und diese nahezu sofort lähmt. Das Gift der Conus-Schnecken, das auch Menschen, die beim Sammeln der bei Sammlern begehrten Gehäuse gestochen werden, gefährlich werden kann, besteht aus einem komplex zusammengesetzten „Cocktail“ verschiedener kleinerer Peptide, die Ionenkanäle blockieren und so ihre Beutetiere lähmen. Prialt kam im Jahr 2005 als neues Schmerzmittel zur Behandlung schwerer Schmerzzustände z. B. bei Krebspatienten oder bei Patienten, die unter schweren chronischen Schmerzen leiden und bislang mit Morphium behandelt wurden, auf den Markt. Es besitzt einen anderen Wirkmechanismus als Morphium und hemmt durch Blockierung von N-Typ Calciumka- Foto: MEV; Abbildungen: Proksch Trotz aller Anstrengungen, die seitdem auf diesem Gebiet unternommen wurden, dauerte es noch über dreißig Jahre, bis der nächste Arzneistoff aus dem Meer (nach den erwähnten Nucleosidanaloga) auf den Markt kommen sollte. Die Ursachen für diese lange lag-Phase liegen nicht darin begründet, dass seitdem keine geeigneten Wirkstoffkandidaten aus dem Meer entdeckt wurden. Das Gegenteil ist der Fall. Verbindungen wie z. B. die aus Moostierchen isolierten Bryostatine, zyklische Peptide wie das Aplidin aus Seescheiden oder Makrolide aus Schwämmen wie das Halichondrin B sind durchaus vielversprechende Kandidaten für neue Zytostatika und befinden sich bereits seit längerer Zeit in verschiedenen Phasen der klinischen Prüfung. Der langsame Fortschritt, den diese und viele andere potentielle Wirkstoffe aus Meeresorganismen seit ihrer Entdeckung im Rahmen der präklinischen bzw. klinischen Prüfung bislang aufwiesen, hängt zum größten Teil mit ihren komplexen Strukturen und damit verbundenen Schwierigkeiten im Substanznachschub zusammen. Eine Totalsynthese ist zwar bei allen oben genannten Beispielen an marinen Naturstoffen möglich, doch ökonomisch auf Grund der geringen Ausbeuten nicht vertretbar. Ein unbegrenzter Nachschub aus der Natur verbietet sich ebenfalls, möchte man nicht die Ausrottung von Arten riskieren. Ähnliche Probleme treten durchaus auch bei der Arzneistoffentwicklung basierend auf Inhaltsstoffen von Landpflanzen auf. So konnte z. B. das Taxol, das ausschließlich in der Rinde weniger Eibenarten von der Westküste der Vereinigten Staaten vorkommt, erst zur Marktreife entwickelt werden, als es gelang, es durch Partialsynthese aus praktisch unbegrenzt zur Verfügung stehenden Baccatin-Vorstufen aus den Nadeln der gewöhnlichen Bechereibe (Taxus baccata) zu gewinnen. Zertifizierte Fortbildung Rote Fächerkoralle nälen die Übertragung von Schmerzsignalen im Rückenmark, wo es mittels eines intrathekalen Kateters und einer Dosierpumpe appliziert wird. Im Gegensatz zum Morphium kommt es zu keiner Gewöhnung des Schmerzpatienten an das Analgetikum. Eine Steigerung der Dosis im Rahmen der Therapie ist daher nicht nötig, auch eine Abhängigkeit tritt im Gegensatz zum Morphium nicht auf. Auf Grund der recht einfachen Struktur ist Ziconotid synthetisch gut zugänglich. Die Erforschung weiterer neuroaktiver Peptide aus dem Gift von Conus-Schnecken und ihres möglichen Einsatzes als Arzneistoffe geht derweil weiter. Trabectedin Im vergangenen Jahr wurde ein weiterer mariner Naturstoff als Arzneistoff zugelassen. Es handelt sich bei dieser Verbindung um das strukturell komplexe Alkaloidderivat Ecteinascidin-743 (auch ET-743 genannt; Handelsname Trabectedin) aus der Seescheide Ecteinascidia turbinata, die in der Karibik und im Mittelmeer vorkommt. ET743 fiel bereits früh im Rahmen von Screeninguntersuchungen wegen seiner starken zytostatischen Aktivität auf. Die Bereitstellung genügender Substanzmengen für die klinische Prüfung und im Erfolgsfall für die spätere Einführung als Medikament war über längere Zeit hinweg jedoch außerordentlich schwierig. Eine Totalsynthese der Substanz schied angesichts der Vielzahl an Stereozentren als gangbare Möglichkeit aus. Die Substanzausbeute bei Extraktion aus der Seescheide erwies sich als gering. Um 1 g der Substanz zu erhalten, musste eine Tonne an Biomasse der Seescheide extrahiert und aufgearbeitet werden (Mendola et al., 2006). Die für die Markteinführung als Arzneistoff notwendigen Substanzmengen konnten selbst durch Marikultur der Seescheide, die im Rahmen von Pilotversuchen im Mittelmeer erprobt wurde, nicht bereitgestellt werden. Die Lösung des Nachschubproblems ergab sich erst durch eine Partialsynthese ausgehend vom mikrobiellen Naturstoff Cyanosafracin B, der von Bakterien der Art Pseudomonas fluorescens mittels Fermentation in praktisch unbegrenzter Menge gewonnen und in einer überschaubaren Anzahl von Reaktionen in das Alkaloid ET-743 überführt werden kann. Erstaunlicherweise stimmen die Stereozentren der bakteriellen Vorstufe in ihrer absoluten Konfiguration vollstän- dig mit dem marinen Naturstoff überein, was Fragen zur eigentlichen Herkunft der Verbindung aufwirft. Seescheiden leben wie viele andere marine Wirbellose in einer Lebensgemeinschaft mit verschiedenen Mikroorganismen. Es ist daher möglich, dass das ET-743 obwohl aus einer Seescheide gewonnen dennoch auf Mikroorganismen als Produzenten zurückzuführen ist bzw. dass Mikroorganismen zumindest an der Biosynthese der Verbindung beteiligt sind. Das Trabectedin ist zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem bzw. metastasiertem Weichteilsarkom, die auf die Behandlung mit Anthracyclinen bzw. Ifosfamid nicht mehr ansprechen oder für diese Therapien nicht in Frage kommen, zugelassen. Der antiproliferative Effekt von Trabectedin erklärt sich durch Bindung der Subtanz in die kleine Furche der DNA und Alkylierung von GuaninResten. Der Zellzyklus wird gestört und die Krebszellen sterben mittels Apoptose ab. Weitere marine Naturstoffe derzeit in klinischer Prüfung Gegenwärtig befinden sich ca. 20 verschiedene marine Naturstoffe bzw. von Naturstoffen abgeleitete Verbindungen in klinischer Prüfung (Proksch und Müller, 2006) (Tabelle 1). Bis auf wenige Ausnahmen wurden nahezu alle dieser Verbindungen aus Wirbellosen wie Schwämmen, Seescheiden, Moostierchen oder Schnecken isoliert. Substanzen aus Algen oder aus höheren Meerestieren spielen eine vergleichsweise geringe Rolle (eine dieser Ausnahmen stellt das aus Haien gewonnene und ungewöhnlich substituierte Steroid Squalaminlactat dar). Ferner fällt auf, dass die Mehrzahl der in Tabelle 1 aufgeführten Substanzen potentielle Wirkstoffe zur Behandlung von Krebserkrankungen darstellen. Andere Indikationen wie z. B. Einsatz bei entzündlichen Erkrankungen bzw. Asthma oder bei Demenzerkrankungen erscheinen zwar ebenfalls in der genannten Übersicht, sie sind dennoch im Vergleich zur Indikationsrichtung „Krebserkrankungen“ deutlich unterrepräsentiert. Die Suche nach neuen Zytostatika ist demnach eines der Hauptgebiete der gegenwärtigen marinen Wirkstoff-Forschung, das sich durch eine hohe „Trefferzahl“ in bisherigen Untersuchungen als eine Domäne mariner Naturstoffe herauskristallisiert hat. 11 PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT Aplidin Abbildung 3 Einer der am weitesten in der klinischen Prüfung vorangeschrittenen Arzneistoffkandidaten ist dabei das Aplidin. Bei dieser Verbindung handelt es sich um ein zyklisches Peptid, das aus der Seescheide Aplidium albicans gewonnen wird. Aplidin hemmt die DNA- und die Proteinbiosynthese und greift durch Inhibierung von Cyclin abhängigen Proteinkinasen in den Zellzyklus ein, wodurch Apoptose ausgelöst wird. Aplidin befindet sich derzeit in klinischer Prüfung zur Behandlung von Melanomen, Non-Hodgkin-Lymphomen sowie Enddarm-, Nieren-, Lungen- und Pankreaskarzinomen. Das Kahalalid F ist ebenso wie das Aplidin ein zyklisches Peptid, das sich derzeit in Phase II der klinischen Prüfung zur Behandlung von Prostatakarzinom befindet. Die natürliche Quelle der Verbindung ist die Schnecke Elysia rufescens, die sich von Grünalgen der Gattung Bryopsis ernährt. Die Substanz induziert Zelltod durch einen noch nicht in allen Einzelheiten verstandenen Mechanismus, der als „Onkosis“ bezeichnet wird. Diese Art der Nekrose von Krebszellen wird vermutlich durch Depolarisation der lysosomalen Membranen von Prostatakrebszellen ausgelöst. Interessanterweise wurde das Kahalalid F zwar erstmals aus Elysia-Schnecken isoliert, doch stellen diese nicht die eigentliche Quelle der Verbindung dar. Die tatsächlichen Produzenten des Kahalalid F sind vielmehr Bakterien der Gattung Vibrio, die assoziiert mit den Bryopsis-Algen vorkommen. Die Schnecken nehmen demnach die Peptidderivate über ihre Nahrung auf und speichern diese in ihren Weichkörpern. 12 Abbildung 4 Abbildung 5 Auch im Fall der Bryostatine aus dem Moostierchen Bugula neritina konnte der Nachweis für eine Beteiligung von Mikroorganismen an der Biosynthese der Verbindung erbracht werden. Bei den Bryostatinen handelt es sich um makrozyklische Polyketidderivate, die eine Lactongruppe aufweisen. Das Bryostatin-1 befindet sich bereits seit längerer Zeit in klinischer Prüfung als potentielles neues Krebsmedikament zur Behandlung verschiedener solider Tumore sowie von Non-Hodgkin-Lymphomen. Im letzteren Fall erbrachte die klinische Prüfung bislang die überzeugendsten Resultate. Bryostatin-1 induziert Apoptose in Krebszellen, es ist ferner in der Lage, noch in picomolaren Konzentrationen die Bindung von Phorbolestern an Proteinkinasen vom Typ C zu inhibieren. Mittlerweile werden zunehmend auch synthetisch besser zugängliche und strukturell vereinfachte Bryostatinanaloga auf ihre Eignung zur Therapie von Krebserkrankungen getestet. Die für die Biosynthese der Bryostatinderivate verantwortliche Polyketidsynthase konnte mittels RNA/DNAHybridisierungsexperimenten ausschließlich in bakteriellen Symbionten der Moostierchen nachgewiesen werden. Ähnlich wie im Fall vom Kahalalid F handelt es sich daher auch bei den Bryostatinen zwar um Naturstoffe, die aus marinen Wirbellosen isoliert wurden, die eigentlichen Produzenten der Verbindungen sind jedoch Mikroorganismen. Zukunft der marinen Wirkstoff-Forschung Wie dargelegt, verfügen die Ozeane über einen immensen Reichtum an strukturell ungewöhnlichen und biologisch aktiven Naturstoffen, der bisher erst in Anfängen untersucht ist. Erste Erfolge auf der Suche nach Arzneistoffen aus dem Meer, die in den letzten Jahren durch die Zulassung des Prialts und Trabectedins eindrucksvoll untermauert wurden, zeigen nach einer langen Durststrecke, die seit der Markteinführung von Ara-A und Ara-C durchschritten wurde, dass die Wirkstoffsuche im Meer ein tragfähiges Konzept für die Entdeckung neuer Arzneistoffe darstellt. Der zukünftige Erfolg mariner Arzneistoffe wird ganz entscheidend von der Möglichkeit abhängen, interessante neue Leitstrukturen rasch und zu vertretbaren Preisen zur Verfügung zu stellen. Die Gewinnung aus natürlichen Quellen kommt hierfür aus Artenschutzerwägungen nicht in Frage. Die Entwicklung geeigneter Marikulturbedingungen, die eine Massenanzucht der gewünschten Organismen im Meer oder in landgestützten Anlagen erlauben, ist eine Möglichkeit, die sich für die Zukunft abzeichnet. Die Bereitstellung durch Synthese führt im Fall einfacherer Strukturen ebenfalls zum Erfolg, wie am Beispiel des Prialts gezeigt. Da immer deutlicher wird, dass eine Vielzahl von bioaktiven Naturstoffen aus marinen Wirbellosen tatsächlich auf Mikroorganismen zurückzuführen sind, dürften sich in Zukunft durch die Klonierung und heterologe Expression entsprechender mikrobieller Biosynthesegencluster neue Wege zu einer nachhaltigen Produktion von Arzneistoffen aus dem Meer ergeben. Zertifizierte Fortbildung Quellorganismus Naturstof fname Krankheitsbild Bugula neritina Elysia rufescens Discodermia dissoluta Bryostasin 1 Kahalalid F Discodermolide (XAA296A) HTI-286 Krebs Krebs Krebs II II I Krebs II Squalaminlactat AE-941 (Neovastat) Aplidin KRN7000 IPL-576,092 (HMR-4011A) IPL-512,602 IPL-550,260 Krebs II Krebs Krebs Entzündungen/ Asthma Asthma Asthma II I II Methopterosin OAS-100 Entzündungen/ Wunden I/II Amphiporus lactifloreus GTS-21 Alzheimer/ Schizophrenie I Jorunna funebris Reniera sp. Mactromeris polynyma Spisula polynyma Zalypsis®6 (PM00104/50) ES-2857 (Spisoline-285) Krebs I Krebs I Cymbastella sp Squalus acanthias Aplidium albicans Agelas mauritianus Petrosia contignata Petrosia contignata Petrosia contignata (sponge) Pseudopterogorgia elisabethae Derzeitige Phase der klinischen Studien II I Tabelle 1: Ausgewählte marine Naturstoffe, die sich derzeit in klinischer Testung befinden (aktualisiert nach Proksch und Müller, 2006 und nach Newman und Cragg, 2004) Literatur 1. Bergmann, W. and Feeney, R.J. (1951). Contributions to the study of marine products. XXXII. The nucleosides of sponges. J. Org. Chem. 16, 981-987. 2. De Rosa, S., Cimino, G., De Giulio, A., Milone, A., Crispino, A., and Iodice, C. (1995). A new bioactive eunicellin-type diterpene from the gorgonian Eunicella cavolini. Nat. Prod. Lett. 7, 259-265. 3. Huffman, M,A. (1997): Current evidence for self-medication in Primates: A multidisciplinary perspective. Yearbook of Physical Anthropology 40, 171 - 200. 4. Mendola D, Santiago A, Naranjo L, Duckworth AR, Osinga R (2006). The promise of aquaculture for delivering sustainable supplies of new drugs from the sea: Examples from in-sea and tankBased invertebrate culture projects from around the world. In: Frontiers in Marine Biotechnologie. Proksch P, Müller WEG (Eds.) 1-19. Horizon Bioscience, Norfolk. 5. Müller, W.E.G., Koziol, C., Wiens, M., and Schröder, H.C. (2000) Stress response in marine sponges: genes and molecules involved and their use as biomarkers. Cell and Molecular Responses to Stress (Environmental Stressors and Gene Responses). 1, 193-208. Newman DJ, Cragg GM (2007) Natural products as sources of new drugs over the last 25 years. J. Nat. Prod., 70:461-77. 6. Proksch P, Edrada RA, Ebel R (2006) Implications of marine biotechnology on drug discovery. In: Frontiers in Marine Biotechnologie. Proksch P, Müller WEG (Eds.) 1-19. Horizon Bioscience, Norfolk 7. Weinheimer, A.J. and Spraggins, R.L. (1969). The occurrence of two new prostaglandin derivatives (15-epi-PGA2 and its acetate, methyl ester) in the gorgonian Plexaura homomalla. Chemistry of coelenterates. XV. Tetrahedron Lett. 15, 5185-5188. Der Autor Prof. Dr. Peter Proksch LEBENSLAUF UND WISSENSCHAFTLICHER WERDEGANG Geboren: 6. 12. 1953 in Leipzig Staatsangehörigkeit: deutsch Studium der Biologie an der Universität zu Köln, 1980 Promotion zum Dr. rer. nat. Postdoc von August 1980 - August 82 an der University of California, Irvine Wissenschaftlicher Angestellter: 1982 - 1985 am Botanischen Institut der Universität zu Köln Wechsel in das Fach Pharmazeutische Biologie 1986 Hochschulassistent: Januar 1986 - Juli 1990 am Institut für Pharmazeutische Biologie der TU Braunschweig Habilitation 1988 an der TU Braunschweig 1990 Ruf auf eine C3-Professur im Fach Pharmazeutische Biologie an die Universität Würzburg 1999 Ruf auf eine C4-Professur im Fach Pharmazeutische Biologie an die Universität Düsseldorf 13 Fortbildungs-Fragebogen 4/2008 Faxnummer: 02 08 / 6 20 57 41 ▼ ▼ Hier finden Sie die Fortbildungsfragen zum Hauptartikel. Bei Beantwortung und Faxantwort erhalten Sie einen Fortbildungspunkt auf dem Postweg. Sie erhalten den Fortbildungspunkt für die Kategorie „Bearbeiten von Lektionen“ (rezertifiziert durch die Bundesapothekerkammer, Veranstaltungs-Nr.: BAK 2006/36). Es ist pro Aufgabe nur eine Antwort richtig. Die Lösungen werden Ihnen zusammen mit dem Fortbildungspunkt mitgeteilt. Bitte tragen Sie unbedingt Ihre Postanschrift und Ihre Telefon-Nummer (für evtl. Rückfragen) in das Faxformblatt ein! 1. Ecteinascidin-743 (Trabectedin®) wird eingesetzt zur Behandlung von: A) 앮 Schmerzen B) 앮 Asthma C) 앮 Weichteilsarkomen D) 앮 Entzündungen E) 앮 Wunden 5. Das aus Elysia-Schnecken isolierte Kahalalid F stammt eigentlich von … A) 앮 Schwämmen der Gattung Agelas B) 앮 Fischen C) 앮 terrestrischen Organismen D) 앮 Bakterien der Gattung Vibrio E) 앮 Würmern der Gattung Amphiporus 2. Bei A) 앮 B) 앮 C) 앮 D) 앮 E) 앮 Nucleosidanaloga Proteine Steroide Glykoproteine Bryostatine 6. Ziconotid ist ein Inhaltsstoff ... A) 앮 der Schnecke Conus magnus B) 앮 der Muschel Mactromeris polynyma C) 앮 der Weichkoralle Pseudopterogorgia elisabethae D) 앮 des Hais Squalus acanthias E) 앮 des Moostierchens Bugula neritina 3. Bei A) 앮 B) 앮 C) 앮 D) 앮 E) 앮 Alkaloid Steroid Terpen Peptid Chinon Spongothymidin und Spongouridin handelt es sich um: Ziconotid handelt es sich um ein: 7. In welchen Organismen kommen häufig halogensubstituierte Naturstoffe vor? A) 앮 In Moosen B) 앮 In Farnen C) 앮 In terrestrischen Organismen D) 앮 In marinen Organismen E) 앮 In Spermatophyten 4. Ein zyklisches Peptid aus der Seescheide Aplidium albicans, welches sich zur Zeit in klinischer Prüfung befindet, hemmt ... A) 앮 die Cyclooxygenase B) 앮 cyclinabhängige Proteinkinasen C) 앮 die Leukotrienbiosynthese D) 앮 die Freisetzung der Arachidonsäure E) 앮 die Resorption von cytotoxischen Verbindungen Berufsbezeichnung: 앮 Apotheker/in 8. Wie können alle marinen Naturstoffe wirtschaftlich gewonnen werden? A) 앮 Aus natürlichen Ressourcen B) 앮 Durch Totalsynthese C) 앮 Partialsynthetisch aus pflanzlichen Vorstufen D) 앮 Durch Marikultur 앮 PTA BITTE UNBEDINGT IHRE POSTANSCHRIFT HIER EINTRAGEN! 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