11.10.2010

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H.-J. Starkloff Unendlichdimensionale Stochastik
1
Kap. 01
11. Oktober 2010 1
Elemente der Wahrscheinlichkeitstheorie
1.1
Messbare Räume
Gegeben seien eine nichtleere Menge Ω und eine Menge A von Teilmengen von Ω.
Definition 1 A heißt σ−Algebra auf Ω falls
(i) Ω ∈ A;
(ii) An ∈ A, ∀ n ∈ N
⇒
[
\
An ∈ A und
n∈N
An ∈ A;
n∈N
(iii) A ∈ A ⇒ Ω \ A ∈ A.
In diesem Fall heißt (Ω, A) ein messbarer Raum oder Messraum und die Elemente der
σ−Algebra A heißen messbare Mengen oder (zufällige) Ereignisse.
Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Formulierungen der Definition einer σ−Algebra
auf Ω, die zueinander äquivalent sind, insbesondere braucht man nicht beide Forderungen
in (ii) zu stellen, sondern nur eine.
Es folgen einige Beispiele für σ−Algebren, bei denen die messbaren Mengen direkt charakterisiert werden können.
Beispiele 2
(i) Ω nichtleer, A = {∅, Ω}.
(ii) Ω nichtleer, A = {A : A ⊆ Ω} Potenzmenge, Menge aller Teilmengen.
(iii) Ω = R, A = {A ⊆ R : A symmetrisch, d.h. − A = A}.
(iv) Ω nichtleer, A = {A ⊆ Ω : A oder Ω \ A ist höchstens abzählbar}.
G
(v) Ω nichtleer, Γ nichtleere Indexmenge, Ω =
Ωγ disjunkte Zerlegung der Grundmenγ∈Γ
ge, A = {A ⊆ Ω : A ∩ Ωγ 6= ∅ ⇔ Ωγ ⊆ A ∀ γ ∈ Γ}.
Häufiger werden jedoch σ−Algebren verwendet, bei denen keine einfachen Charakterisierungen aller Elemente der σ−Algebra angebbar sind und die (nur) durch eine erzeugende
Menge bestimmt werden. Grundlage dazu ist die folgende Behauptung.
Behauptung 3 Es seien Ω und Γ nichtleere\Mengen und für jedes γ ∈ Γ sei Aγ eine
σ−Algebra auf Ω. Dann ist der Durchschnitt
Aγ eine σ−Algebra auf Ω.
γ∈Γ
Folgerung 4 Ist A0 eine beliebige Menge von Teilmengen der nichtleeren Menge Ω, dann
existiert eine kleinste σ−Algebra auf Ω, die A0 enthält. Diese σ−Algebra heißt die von A0
erzeugte σ−Algebra und sie wird mit σ(A0 ) bezeichnet.
Beweis Die gesuchte σ−Algebra ist der Durchschnitt aller σ−Algebren auf Ω, die A0
enthalten. Dabei gibt es mindestens eine σ−Algebra auf Ω, die A0 enthält und zwar die
Potenzmenge der Grundmenge Ω.
Ist A0 schon eine σ−Algebra auf Ω, dann fällt natürlich die von A0 erzeugte σ−Algebra
mit A0 zusammen, d. h. es gilt σ(A0 ) = A0 .
H.-J. Starkloff Unendlichdimensionale Stochastik
Beispiele 5
(i) Ω nichtleer, A0 = ∅
(ii) Ω = R, A0 = {0}
⇒
⇒
Kap. 01
11. Oktober 2010 2
σ(A0 ) = {∅, Ω}.
σ(A0 ) = {∅, {0}, R \ {0}, R}.
(iii) Ω nichtleer, A0 = {{ω} : ω ∈ Ω} (die Menge aller einelementigen Teilmengen)
⇒ σ(A0 ) = {A ⊆ Ω : A oder Ω \ A ist höchstens abzählbar}.
Ein wichtigeres konkretes Beispiel einer σ−Algebra auf der Menge der reellen Zahlen R ist
die σ−Algebra der Borel-Mengen auf R.
Definition 6 Die σ−Algebra auf der Menge der reellen Zahlen, die vom System der offenen
Teilmengen der reellen Zahlengeraden erzeugt wird, heißt die Borelsche σ−Algebra auf R
oder die σ−Algebra der Borel-Mengen auf R, sie wird mit B(R) bezeichnet.
Ein und diesselbe σ−Algebra auf einer Grundmenge Ω kann von ganz unterschiedlichen
Mengen A0 erzeugt werden, relevante Beispiele dazu werden im Kontext der Vorlesung
später behandelt. Für die σ−Algebra der Borel-Mengen auf R sei schon jetzt die folgende
einfache Behauptung angegeben.
Behauptung 7 Jedes der folgenden Teilmengensysteme der Menge der reellen Zahlen erzeugt die Borelsche σ−Algebra:
1. die Menge aller abgeschlossenen Teilmengen von R;
2. die Menge aller offenen Intervalle;
3. die Menge aller endlichen offenen Intervalle;
4. die Menge aller endlichen offenen Intervalle mit rationalen Endpunkten;
5. die Menge aller offenen Intervalle der Form (−∞, a) mit a ∈ R;
6. die Menge aller offenen Intervalle der Form (−∞, a) mit a ∈ Q, d.h. die Menge der
halbunendlichen Intervalle mit rationalen Endpunkten;
7. die Menge aller abgeschlossenen Intervalle der Form (−∞, a] mit a ∈ R;
8. die Menge aller abgeschlossenen Intervalle der Form (−∞, a] mit a ∈ Q.
Definition 8 Es sei (Ω, A) ein messbarer Raum. Die σ−Algebra A heißt höchstens abzählbar erzeugt, falls ein höchstens abzählbares Mengensystem A0 mit σ(A0 ) = A existiert.
Behauptung 9 Die Kardinalzahl einer höchstens abzählbar erzeugten σ−Algebra ist nicht
größer als die Kardinalzahl der Menge der reellen Zahlen.
Der Beweis dieser Behauptung ist z.B. in Michel[1] Nr. 4.10, S.31, zu finden.
Folgerung 10 Es gibt nicht Borel-messbare Teilmengen in der Menge der reellen Zahlen.
Beweis Die Menge aller endlichen offenen Intervalle in R mit rationalen Endpunkten
bilden ein Erzeugendensystem für die σ−Algebra der Borel-Mengen auf R. Diese Menge
ist abzählbar unendlich, folglich ist die Mächtigkeit der σ−Algebra der Borel-Mengen auf
R gleich der Mächtigkeit von R. (Da jede einelementige Menge eine abgeschlossene Menge
und folglich ein Element von B(R) ist, kann die Mächtigkeit von B(R) nicht kleiner als die
Mächtigkeit von R sein.)
Die Potenzmenge von R besitzt aber eine größere Mächtigkeit als R selbst, also muss es
Teilmengen von R geben, die nicht in B(R) liegen.
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1.2
Kap. 01
11. Oktober 2010 3
Maßräume
Definition 1 Gegeben sei ein messbarer Raum (Ω, A).
Die Abbildung µ : A → [0, ∞] heißt Maß auf (Ω, A), wenn die folgenden Bedingungen
gelten:
(i) µ(∅) = 0
and
(ii) ∀ (An )n∈N ⊂ A mit A!i ∩ Aj = ∅ für i 6= j ist die Eigenschaft der σ−Additivität
G
X
erfüllt, d.h. µ
An =
µ(An ).
n∈N
n∈N
In diesem Fall heißt das Tripel (Ω, A, µ) Maßraum.
Das Maß
[ µ heißt σ−endlich, wenn eine Folge (An )n∈N von messbaren Mengen existiert mit
Ω=
An und µ(An ) < ∞ für alle n ∈ N.
n∈N
Das Maß µ heißt endlich, falls µ(Ω) < ∞ gilt.
Gilt sogar µ(Ω) = 1, dann heißt das Maß ein normiertes Maß oder Wahrscheinlichkeitsmaß oder kurz Wahrscheinlichkeit und das Tripel (Ω, A, µ) Wahrscheinlichkeitsraum. Wahrscheinlichkeitsmaße werden häufig (so auch hier) durch P bezeichnet.
Gelten für eine Abbildung µ : A → R (oder µ : A → [−∞, ∞) oder µ : A → (−∞, ∞])
die obigen Eigenschaften (i) und (ii), dann heißt µ ein signiertes Maß.
Beispiel 2 Ein äußerst wichtiges Beispiel für einen konkreten Wahrscheinlichkeitsraum
ist die Menge der reellen Zahlen zwischen 0 und 1, d.h. Ω = (0, 1), ausgestattet mit der
σ−Algebra der Borel-Mengen B((0, 1)) und dem Lebesgue-Maß P = λ als Wahrscheinlichkeitsmaß. Bei Bedarf kann natürlich auch eine der Mengen (0, 1], [0, 1) oder [0, 1] betrachtet
werden.
Im Folgenden werden wir Stetigkeitseigenschaften von Wahrscheinlichkeitsmaßen benötigen,
die zur σ−Additivität des Maßes äquivalent sind. Die entsprechende Behauptung sei hier
ohne Beweis angeführt (der Beweis ist in den Lehrbüchern der Maß-und Integrationstheorie
zu finden), eine entsprechende Aussage gilt auch für allgemeine endliche Maße und unter
geeigneten Zusatzbedingungen für unendliche Maße.
Behauptung 3 Es sei (Ω, A, P) ein Wahrscheinlichkeitsraum.
(i) Ist (An )n∈N eine monoton fallende Folge von messbaren Mengen, d.h. es gelten An ∈ A
und An+1 ⊆ An ∀ n ∈ N, dann folgt daraus
!
\
lim P(An ) = P
An .
n→∞
n∈N
(ii) Ist (An )n∈N eine monoton wachsende Folge von messbaren Mengen, d.h. es gelten
An ∈ A und An ⊆ An+1 ∀ n ∈ N, dann folgt daraus
!
[
lim P(An ) = P
An .
n→∞
n∈N
Bei bestimmten Fragestellungen ist es bequem mit vollständigen Wahrscheinlichkeitsräumen
zu arbeiten. Die dazu notwendigen Begriffe und grundlegenden Aussagen sollen nun folgen.
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Kap. 01
11. Oktober 2010 4
Definition 4 Gegeben sei ein Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, A, P). Eine Teilmenge B von
Ω (die nicht in A liegen muss) heißt P−Nullmenge oder Nullmenge bezüglich P, falls es
eine Menge A ∈ A mit B ⊆ A und P(A) = 0 gibt.
Die Menge aller P−Nullmengen werde mit N P bezeichnet.
P
Mit A werde die folgende Menge von Teilmengen Ω bezeichnet:
P
A := A4N P := A ⊆ Ω : A = A1 4B mit A1 ∈ A und B ∈ N P .
P
P
Behauptung 5 Die Menge A ist eine σ−Algebra auf Ω mit A ⊆ A und das WahrP
scheinlichkeitsmaß P auf A kann zu einem Wahrscheinlichkeitsmaß P auf A durch die
Definition
P(A) = P(A1 ) falls A = A1 4B mit A1 ∈ A und B ∈ N P
fortgesetzt werden.
P
Behauptung 6 Die σ−Algebra A und das Wahrscheinlichkeitsmaß P lassen sich auch
P
folgendermaßen charakterisieren: A = σ A ∪ N P oder
P
A = {A ⊆ Ω : ∃ A1 , A2 ∈ A mit A1 ⊆ A ⊆ A2 und P(A1 ) = P(A2 ) }
P(A) = P(A1 ) = P(A2 ) falls A1 ⊆ A ⊆ A2 mit A1 , A2 ∈ A und P(A1 ) = P(A2 )
Definition 7 Die σ−Algebra A in einem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, A, P) heißt vollP
ständig, wenn A = A und folglich auch P = P gelten. Genau in diesem Fall heißt auch
der Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, A, P) vollständig.
Nicht jeder Wahrscheinlichkeitsraum ist automatisch vollständig, aber es gilt die folgende
Aussage.
Behauptung 8 Jeder Wahrscheinlichkeitsraum kann vervollständigt werden.
Wir werden im Folgenden immer angeben, wenn wir einen vollständigen Wahrscheinlichkeitsraum voraussetzen.
1.3
Messbare Abbildungen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, messbare Abbildungen zu definieren. Wir wählen hier
die üblichste und behandeln später den Zusammenhang zu anderen Varianten in speziellen
Situationen.
Zuerst vermerken wir einige grundlegende Eigenschaften von inversen Abbildungen (als Abbildungen von Mengensystemen).
Definition 1 Gegeben seien zwei nichtleere Mengen Ω, X und eine Abbildung ξ : Ω → X,
d.h. für jedes ω ∈ Ω ist ξ(ω) ∈ X eindeutig definiert. Dann heißt für eine beliebige Teilmenge
B ⊆ X von X die Menge ξ −1 (B) := {ω ∈ Ω : ξ(ω) ∈ B} das (volle) Urbild von B unter
der Abbildung ξ.
Behauptung 2 Gegeben seien nichtleere Mengen Ω, X und eine Abbildung ξ : Ω → X.
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Kap. 01
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(i) Wird ξ −1 als Abbildung der Potenzmenge von X in die Potenzmenge von Ω betrachtet,
erhält sie alle mengentheoretischen Operationen, d.h. für beliebige nichtleere Indexmengen Γ und Mengen B ⊆ X, Bγ ⊆ X, γ ∈ Γ, gelten
!
[
[
ξ −1
Bγ =
ξ −1 (Bγ ) ;
γ∈Γ
γ∈Γ
!
ξ −1
\
γ∈Γ
Bγ
=
\
ξ −1 (Bγ ) ;
γ∈Γ
ξ −1 (X \ B) = Ω \ ξ −1 (B).
(ii) Ist auf Ω eine σ−Algebra A gegeben, so ist das Mengensystem
B ⊆ X : ξ −1 (B) ∈ A
eine σ−Algebra auf X.
(iii) Ist auf X eine σ−Algebra AX gegeben, so das Mengensystem
ξ −1 (AX ) := A ⊆ Ω : A = ξ −1 (B) für ein B ∈ AX = {ξ −1 (B) : B ∈ AX }
eine σ−Algebra auf Ω.
Die beiden letzten Punkte obiger Behauptung geben Wege an, wie mit Hilfe einer Abbildung
eine gegebene σ−Algebra in einen anderen Raum transportiert“ werden kann.
”
Definition 3 Gegeben seien eine nichtleere Menge Ω, ein messbarer Raum (X, AX ) und
eine Abbildung ξ : Ω → X. Die in obiger Behauptung (iii) definierte σ−Algebra ξ −1 (AX )
wird die von ξ erzeugte σ−Algebra genannt und mit σ(ξ) bezeichnet: σ(ξ) = ξ −1 (AX ).
Nun kommen wir zum grundlegenden Begriff einer messbaren Abbildung. Man vergleiche
diese Definition mit der Definition einer stetigen Funktion eines metrischen (oder topologischen) Raumes in einen metrischen (oder topologischen) Raum.
Definition 4 Gegeben seien zwei messbare Räume (Ω, A) und (X, AX ) und eine Abbildung
ξ : Ω → X. Die Abbildung ξ heißt messbar oder X-wertige Zufallsvariable oder Zufallsvariable in X oder Zufallselement in X falls ξ −1 (AX ) = σ(ξ) ⊆ A gilt. Genauer kann die
Messbarkeit auch als A − AX −Messbarkeit charakterisiert werden.
Häufig genutzt werden die folgenden Eigenschaften.
Behauptung 5 Gegeben seien die messbaren Räume (Ω, A), (X, AX ) und (Y, AY ), sowie
die Abbildungen ξ : Ω → X und f : X → Y . Ist die Abbildung ξ A − AX −messbar und die
Abbildung f AX − AY −messbar, dann ist die Komposition η : Ω → Y, η(ω) := f (ξ(ω)) eine
A − AY −messbare Abbildung.
Behauptung 6 Gegeben seien die messbaren Räume (Ω, A) und (X, AX ), wobei AX durch
eine Menge A0 erzeugt werde, d.h. AX = σ(A0 ). Dann ist eine Abbildung ξ : Ω → X genau
dann A − AX −messbar, wenn für jede Menge B ∈ A0 gilt: ξ −1 (B) ∈ A.
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Behauptung 7 Gegeben seien die messbaren Räume (Ω, A), (X, AX ) und (Yγ , Aγ ), γ ∈ Γ,
wobei die σ−Algebra AX durch die Menge von Abbildungen fγ : X → Yγ , γ ∈ Γ, erzeugt
werde, d.h. AX = σ(fγ , γ ∈ Γ). Dann ist eine Abbildung ξ : Ω → X genau dann A −
AX −messbar, wenn für jedes γ ∈ Γ die Abbildung ω 7→ fγ (ξ(ω)) A − Aγ −messbar ist.
Ein weiteres fundamentales mathematisches Objekt, welches bei der Untersuchung von Zufallsvariablen in einer Menge X eigentlich immer eine Rolle spielt, ist die Verteilung der
X-wertigen Zufallsvariablen.
Definition 8 Gegeben seien ein Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, A, P), ein messbarer Raum
(X, AX ) und eine X-wertige Zufallsvariable ξ : Ω → X. Die Abbildung
Pξ −1 : AX → [0, 1] , Pξ −1 (B) = P ξ −1 (B) = P (ω ∈ Ω : ξ(ω) ∈ B) =: P(ξ ∈ B)
ist ein Wahrscheinlichkeitsmaß auf dem messbaren Raum (X, AX ), welches Verteilung oder
Wahrscheinlichkeitsverteilung der Zufallsvariable ξ genannt und mit Pξ bezeichnet wird, d.h.
Pξ (B) = P(ξ ∈ B),
B ∈ AX .
Die nächste Behauptung zeigt, dass jedes Wahrscheinlichkeitsmaß auf einem messbaren
Raum als die Verteilung einer entsprechenden Zufallsvariable aufgefasst werden kann (obwohl dieses Maß auch direkt gegeben sein kann, d.h. ohne Bezug auf eine Zufallsvariable).
Andererseits haben im Allgemeinen viele unterschiedliche Zufallsvariablen ein und dieselbe
Verteilung, d.h. durch die Verteilung wird eine erzeugende Zufallsvariable nicht eindeutig
definiert.
Behauptung 9 Gegeben seien ein messbarer Raum (X, AX ) und ein Wahrscheinlichkeitsmaß PX auf (X, AX ). Dann existiert ein Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, A, P) und darauf eine
X-wertige Zufallsvariable ξ : Ω → X, so dass PX die Verteilung von ξ ist, d.h. Pξ = PX .
Beweis Man nehme (Ω, A, P) = (X, AX , PX ) und die X-wertige Zufallsvariable ξ, welche
durch ξ(x) = x, x ∈ X = Ω definiert wird.
Für Integrale von reellwertigen messbaren Abbildungen gilt die bekannte Substitutionsformel.
Behauptung 10 Gegeben seien ein Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, A, P), ein messbarer Raum
(X, AX ), eine X-wertige Zufallsvariable ξ : Ω → X und eine messbare reellwertige Abbildung
f : (X, AX ) → (R, B(R)). Dann gilt
Z
Z
Ef (ξ) :=
f (ξ(ω))P(dω) =
f (x)PX (dx)
Ω
X
in dem Sinne, dass wenn eines der Integrale existiert auch das andere existiert (jeweils als
abstraktes Lebesgue-Integral auf dem entsprechenden Maßraum) und deren Werte übereinstimmen.
Literatur
[1] H. Michel. Maß- und Integrationstheorie. Dt. Verl. d. Wissenschaften, Berlin, 1978.
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