Theorien der computervermittelten Kommunikation

Werbung
Computervermittelte Kommunikation — Institut für Psychologie
Institut für Psychologie
Computervermittelte
Kommunikation ...
last edited 4 weeks
ago by brauch
0. Kurzbeschreibung
Boos, Jonas & Sassenberg (2000) formulieren computervermittelte Kommunikation (cvK) wie folgt:
„Unter cvK soll (...) jene Kommunikation zusammengefaßt werden, bei der auf Seiten des Senders und
des Empfängers einer Botschaft ein Computer zur En- und Dekodierung zum Einsatz kommt. Die Palette
der Ausprägungen reicht dabei von textbasierter Massenkommunikation ohne direkte Adressaten (...) bis
hin zu Videokonferenzen zwischen einzelnen Personen oder ganzen Gruppen“
Inhaltsverzeichnis
0. Kurzbeschreibung
1. Definition: Computervermittelte Kommunikation
1.1. Definition: Kommunikation
1.2 Definition: Computervermittlung
2. Theorien der computervermittelten Kommunikation
2.1 Die Theorie der sozialen Präsenz
2.2 Die Theorie der reduzierten sozialen Hinweisreize
2.3 Das Social Identity and Deindividuation (SIDE)-Modell
2.4 Filtertheorien
2.5 Theorien der Medienwahl
2.6 Die Theorie der sozialen Informationsverarbeitung
2.7 Die hyperpersonale Perspektive
3. Literatur
4. Gruppenmitglieder
5. Partnergruppe
6. Siehe auch
1. Definition: Computervermittelte Kommunikation
Um den Begriff der computervermittelten Kommunikation noch genauer zu beschreiben, bedarf es einer
getrennten Definition der beiden Begriffe "Kommunikation" und "Computervermittlung"
1.1. Definition: Kommunikation
1.1.1. Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver
Die meisten Definitionen gehen auf das sehr technische Modell von Shannon und Weaver zurück, die die
Kommunikation als einen Weg von einer Nachricht von einem Sender zu einem Empfänger über einen
bestimmten Kanal beschreiben. Auf diesem Kanal kann nur eine bestimmte Menge an Signalen
übermittelt werden, die durch ein Rauschen gestört werden können. Da dieses Modell aber sehr schwer
auf zwischenmenschliche Kommunikation angewendet werden kann, wurden viele Einwände dagegen
vorgebracht.
1.1.2. Watzlawik, Beavin und Jackson
Watzlawik, Beavin und Jackson postulieren unter anderem, dass jedes menschliche Verhalten eine Art
von Kommunikation ist. Sie sagen sogar: „Man kann nicht nicht kommunizieren“.
1.1.3. Mehrabian und Ferris - Bedeutung der nonverbalen Ebene
Mehrabian und Ferris behaupten, dass die unbewusste nonverbale Ebene in manchen Situationen sogar
wichtiger ist, als die verbale Kommunikation, denn sie dient dazu die Nachrichten in einem bestimmten
1 of 9
Computervermittelte Kommunikation — Institut für Psychologie
Grad hervorzuheben (zB durch Gestik und Mimik während der Kommunikation).
Zum Beispiel:
Ein Bekannter hat einen Termin verschwitzt. Jetzt fragen Sie ihn, warum er nicht erschienen ist. Wenn
Sie diese Frage mit einem Lächeln formulieren, weiß Ihr Bekannter, dass Sie nicht zu sehr verärgert sind.
Fragen Sie ihn jedoch mit einem verärgerter Gesicht, wird er wissen, dass Sie enttäuscht von ihm sind
und eine Entschuldigung erwarten.
1.1.4. Theorie von Morris - Empfängergesteuerte nonverbale Ebene
Morris schreibt hierzu, dass diese nonverbale Ebene auch hauptsächlich durch den Empfänger gesteuert
ist, denn dieser muss eventuell gesendete Signale als solche interpretieren. Für ihn gibt es drei Aspekte
zwischenmenschlicher Kommunikation:
einen pragmatischen Aspekt (Kommunikator muss ein Zeichen verwenden). Hier gibt es drei
Grundfunktionen:
Informationsfunktion: Die Information soll etwas über ein Objekt der Umwelt aussagen,
z.B. die Meldung: ,,Der Drucker druckt jetzt``.
Exekutionsfunktion: Die Information stellt einen direkten Bezug zum Empfänger des
Zeichens her und hat so einen Instruktionscharakter, z.B. die Meldung: ,,Bitte schalten Sie
den Drucker an``.
Diagnosefunktion: Die Information soll etwas über den Sender der Nachricht selbst
aussagen, z.B. die Meldung: ,,Ich kann den Drucker nicht finden``. auszusprechen
einen syntaktischen Aspekt (beschreibt die Relation der Zeichen untereinander)
bedeutet, dass der Mensch die Zeichenfolge erkennt
Im Beispiel "Bitte schalten Sie den Drucker an" versteht der Mensch die Zeichenfolge und
deutet es als eine Aufforderung
einen semantischen Aspekt (beschreibt die Beziehung zwischen den Zeichen und dem Objekt)
auf dieser Ebene bestimmt der Mensch die Bedeutung der Nachricht und erkennt so die
eigentlich zu übertragende Information.
Im Beispiel "Bitte schalten Sie den Drucker an" deutet der Mensch die Nachricht so, dass
er zu dem Drucker gehen und diesen einschalten muss.
1.1.5. Kategorisierung des Kommunikationsmodells durch Bühler
Bühler kategorisiert das Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver in drei Ebenen:
Die Darstellungsfunktion: Beziehung zwischen Zeichen und Objekt (Morris: semantische
Komponente)
Die Ausdrucksfunktion: Beziehung zwischen Zeichen und Sender (Morris: pragmatische
Komponente)
Die Appellfunktion: Relation zwischen Zeichen und Empfänger (Absicht des Senders beim
Empfänger eine Verhaltens-/Erlebensveränderung herbeizuführen (der Administrator möchte,
dass der Benutzer zu dem Drucker geht und diesen einschaltet))
1.1.6. Erweiterung der Theorie von Watzlawik, Beavin und Jackson
Auf Grund der neuen Erkenntnisse haben Watzlawik, Beavin und Jackson ihre Theorie noch um einen
weiteren Punkt erweitert. Sie unterscheiden zwischen analoger (von Angesicht zu Angesicht) und
digitaler Kommunikation (via Computer, SMS, ...). Bei letzterer eignet sich Sprache sehr gut, da sie
inhaltliche Botschaften auf Grund ihrer komplexen und logischen Syntax sehr gut übermitteln kann, zeigt
aber schwächen in der Übermittlung von Beziehungsinformationen zwischen den
Kommunikationspartnern (bei der analogen Kommunikation verhält es sich genau umgekehrt).
1.1.7. Inferentielle Kommunikation
Neben der kodierten nonverbalen Kommunikation postulieren Perber und die Linguisten Wilson noch
einen zweiten Kommunikationsmodus: Die inferentielle Kommunikation. Sie beschreibt ähnlich zu
Morris die Bedeutung des Empfängers bei der nonverbalen Kommunikation. Genauer ist es eine
Kommunikation, die durch die Deutungsgewohnheiten des Empfängers bestimmt wird. Der Sender
sendet hierbei durch sein Verhalten einen Stimulus, der durch den Empfänger interpretiert und mit einer
Bedeutung versehen wird (zB. Stimulus = verärgertes Gesicht; Interpretation = mein Bekannter ist
verärgert; Bedeutung = er erwartet eine Entschuldigung von mir)
1.1.8. Nonverbaler Bereich bei der computervermittelten Kommunikation
2 of 9
Computervermittelte Kommunikation — Institut für Psychologie
Gerade der nonverbale Bereich (zB das Aussehen eines virtuellen Charakters, das Übersenden von
Emoticons, ...) scheint auch bei der computervermittelten Kommunikation eine starke Bedeutung zu
haben, denn gerade die Notwendigkeit virtuelle Persönlichkeiten zu erschaffen, um natürlich
miteinander interagieren zu können, spricht für ein solches semantisches Register. Gerade die Emoticons
spielen im nonverbalen Bereich der Computerkommunikation eine wichtige Rolle. So macht es zum
Beispiel einen großen Unterschied, wenn man jemanden "Kannst du mir morgen endlich mal die CD
mitbringen ;-)" oder "Kannst du mir morgen endlich mal die CD mitbringen :(" schreibt. Beim ersten Satz
weiß man, dass der andere es etwas scherzhaft meint, beim zweiten Satz weiß man, dass sein Gegenüber
schon etwas enttäuscht ist, dass er die CD schon so lange nicht zurückgegeben hat.
1.2 Definition: Computervermittlung
Kommunikation bedeutet hier die Digitalisierung eines Inputs, der mathematisch transformiert wird,
kurzfristig gespeichert und zu einem weiteren Gerät übermittelt wird, welches die gleichen Operationen
zu einem Output durchführt.
1.2.1. Synchron vs. Asynchron
Es wird eine Unterscheidung zwischen synchroner und ansynchroner Kommunikation gemacht, welcher
die zeitliche Verzögerung zwischen dem Encodieren vom Sender und Dekodieren vom Empfänger
unterstreichen soll. Ein typisches Beispiel für asynchrone computervermittelter Kommunikation ist
eMail-Verkehr (es kann durchaus mehrere Tage dauern eine Antwort zu bekommen), eines für synchrone
Kommunikation sind sogenannte Computer-Chats (man kommuniziert direkt miteinander).
Siehe auch: Asynchrones Lernen
1.2.2. Synchrone/Asynchrone Kommunikation vs. Face-To-Face Kommunikation
Wenn wir asynchrone Kommunikation mit der typischen face-to-face Kommunikation vergleichen stellen
wir fest, dass es asynchroner Kommunikation schwierig ist einen gemeinsamen sozial-kommunikativen
Kontext zu finden (common grounding). Jedoch kann sie auch zu einem verstärkten Bewusstsein des
Senders bezüglich des kommunikativen Aktes führen, da durch die Möglichkeit der Reflexion (man kann
eine eMail nocheinmal durchlesen) ein deutlich erhöhtes Niveau an persönlicher Selbstaufmerksamkeit
herrscht. Bei einer synchronen Kommunikation ist das Verhalten eher spontan, da man zu einer
unmittelbaren Antwort gezwungen wird und man seine eigenen Intentionen weniger intensiv reflektiert.
1.2.3. Kategorien für Kommunikation
Man unterscheidet folgende Kategorien für die Kommunikation:
One-To-One-Kommunikation: Es sind zwei Personen beteiligt, die jeweils als Sender und
Empfänger handeln (typische Beispiele: eMail, Videotelefonie, Internettelefonie)
One-To-Many-Kommunikation: Ein Sender, viele Empfänger (Beispiele: Mailinglisten, Blogs)
Many-To-Many-Kommunikation: Viele Sender, viele Empfänger (Beispiele: Internetforen)
1.2.4. Unterscheidung der Kommunikationskanäle durch Kunczik
Ein wichtiger Nachteil im Modell von Shannon und Weaver ist, dass sowohl Sender als auch Empfänger
den gleichen Kanal benutzen. Dies darf man aber nicht so annehmen, denn nimmt man zum Beispiel eine
Geste des Senders, benötigt dies den motorischen Kanal, und der Empfänger benötigt einen visuellen
Kanal um diese Geste zu entschlüsseln. Ein weiteres Beispiel um dies zu verdeutlichen ist eine
Kommunikationssituation, in der ein Gesprächspartner mittels Video und Sprache (visueller und
verbaler Kanal) sendet und der andere nur über Tastatureingaben (eingeschränkter visueller Kanal)
kommuniziert.
Einen Ansatz macht hier Kunczik mit drei Unterscheidungen:
gesprochene Sprache (verbale und paralinguistische Informationen)
non-vokale Kanäle (visuelle, olfaktorische (Geruch)
taktile (Tasten) und gustatorische (Geschmack))
Ausnutzung des Raumes (Proxemik (nachbarschaftsbezogen))
2. Theorien der computervermittelten Kommunikation
In dem folgenden Text soll eine kurzer Überblick über die verschiedenen Modelle der
3 of 9
Computervermittelte Kommunikation — Institut für Psychologie
computervermittelten Kommunikation gegeben werden. Folgende Modelle werden dabei behandelt:
die Theorie der sozialen Präsenz
die Theorie der reduzierten sozialen Hinweisreize
das SIDE-Modell
Filtertheorien
Theorien der Medienwahl
die Theorie der sozialen Informationsverarbeitung
die hyperpersonale Perspektive.
2.1 Die Theorie der sozialen Präsenz
2.1.1. Definition Soziale Präsenz
Die soziale Präsenz einer Person gibt an, wie diese von anderen Personen wahrgenommen und eine
Interaktion mit ihr aufgebaut wird.
2.1.2. Erklärung
Die soziale Präsenz wird durch das verwendete Medium bestimmt. Sie wird aus einer Synthese von
verbalen, non- und paraverbalen Siganlen, dem Aussehen des Partners mit dem interagiert wird und der
wahrgenommenen Nähe hergestellt. Durch eine Bewertung der Medien mittels Eigenschaften, wie
unpersönlich – persönlich, kalt – warm, entmenschlichend – menschlicher machend, insensitiv –
sensitiv, ist es möglich diese auf den Grad der vermittelten sozialen Präsenz einzuschätzen. Mit Hilfe
dieser Eigenschaften wurden den Medien face-to-face, visuelle Medien, auditive Medien und textbasierte
Kommunikation ein Grad an vermittelter sozialer Präsenz zugewiesen. Hierbei hat face-to-face den
höchsten Grad erreicht und die textbasierte Kommunikation den schlechtesten Grad.
2.1.3. Die drei Stränge der sozialen Präsenz
Der erste Stang hat die Ko-Präsenz zu Grundlage in der von einer gegenseitigen sensorischen
Wahrnehmung der Interaktionspartner ausgegangen wird.
Der zweiten Strang geht davon aus das über den Aufbau einer interpersonellen Beziehung der
Grad der sozialen Präsenz bestimmt wird und deshalb die reine wahrgenommene Anwesenheit
eines anderen Menschen nicht ausreicht.
Im dritten Strang wird soziale Präsenz über das Verhalten in Kommunikationssituationen
definiert. Als Beispiel ist hier die Blickbewegungen oder Mimik zu nennen.
Durch soziale Präsenz können aussagen getroffen werde wie viel persönliche Nähe und Lebendigkeit
während der Kommunikation empfunden werden und sie liefert Informationen um optimale
Bedingungen für die Interaktion von Lernenden untereinander und zu Lehrenden zu schaffen.
2.2 Die Theorie der reduzierten sozialen Hinweisreize
Während man im Alltag davon ausgeht, dass nonverbales Verhalten (Gestik, Mimik, usw.) in der
face-to-face Kommunikation eine entscheidende Rolle bei der Informationsvermittlung spielt, gehen
Theorien der reduzierten sozialen Hinweisreize davon aus, dass das Fehlen dieser nonverbalen
Komponente in der computervermittelten Kommunikation zu einem Informationsverlust führt. Die
Eindrucksbildung des Gegenübers wird dabei erschwert und auch die sozialen Funktionen des
nonverbalen Verhaltens werden eingeschränkt, somit bleibt der soziale bzw. soziodemografische
Hintergrund des Kommunikationspartners weitestgehend unbekannt. Nur wenige individualisierende
Informationen passieren das Medium.
Dadurch entsteht ein sogenannter Nivellierungseffekt, d.h. dass sich weder eine imposante Gestalt, eine
laute Stimme, das Alter, die Kleidung oder sonstige denkbare Attribute einer Person in einem
Kommunikationsvorteil niederschlagen. Dies hat zur Folge, dass soziale Hemmungen, Hürden,
Privilegien und Kontrollen abgebaut werden, was sich in verstärkter Offenheit, Ehrlichkeit und
Freundlichkeit, aber auch in verstärkter Feindlichkeit und normverletzendem bzw. antisozialem
Verhalten ausdrücken kann.
Die Anonymität vermittelt hierbei ein Gefühl von Sicherheit. Newsgroups, Foren und Chats die sich mit
persönlichen Problemen befassen, erfahren dadurch einen höheren Grad an Selbstoffenbarung der
Teilnehmer. Jedoch wird durch die Anonymität auch antisoziales Verhalten begünstigt, was sich z.B. in
persönlichen Beleidigungen (auch flaming genannt) widerspiegeln kann. Auch das Verbreiten von Viren
und Spam sind Beispiele für antisoziales Verhalten.
4 of 9
Computervermittelte Kommunikation — Institut für Psychologie
2.3 Das Social Identity and Deindividuation (SIDE)-Modell
2.3.1. Definition: Salienz
Salienz bedeutet, dass ein Reiz (z. B. ein Objekt oder eine Person) aus seinem Kontext hervorgehoben
und dadurch dem Bewusstsein leichter zugänglich ist als ein nicht-salienter Reiz.
2.3.2. Definition: Deindividuation
Zimbardo definiert Deindividuation als einen Zustand, der sich auszeichnet durch:
eine geschwächte Verhaltenskontrolle
geschwächte rationale und normative Urteilsprozesse
verringerte Bewertungsangst und in der Folge
eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit, im Widerspruch mit Normen zu handeln.
Das Socialidentity Deindividuation Model SIDE (Reicher, Spears & Postmes, 1995) (dt. Modell der
sozialen Identität und Deindividuation) befasst sich mit Deindividuations-Situationen und nimmt an,
dass Computervermittelnde Kommunikation (CvK), gerade solch eine Situation sei. Die Sinneskanäle
werden nicht so schwer gewichtet wie in anderen Theorien zur (CvK). Das Modell setzt natürlich auch die
räumliche Trennung der Kommunizierenden voraus und versucht daraufhin etwas über das Erleben und
Verhalten der Personen im speziellen situativen Kontext auszusagen. Hierfür unterscheidet das
SIDE-Modell zuerst einmal zwischen:
Sozialer Identität, welche beschrieben durch alle äußeren Einflüsse, die einer Person das
Gefühl vermitteln, wer oder was sie ist (bspw. bedeutet es ein 68er zu sein, dass man einer
bestimmten Gruppe angehört(e), welche sich durch bestimmte Normen identifiziert(e)), ihre
Ausprägung ist variabel, etwaige individuelle Charakteristika treten in den Hintergrund
Ein Beispiel für soziale Identität
Personaler Identität, welche die individuellen Eigenschaften (wie bspw. Größe: 1,76, Alter: 22,
Hobbys: Tanzen usf.) und den Vergleich zwischen Personen umfasst, zudem ist Sie invariant,
etwaige individuelle Charakteristika treten in den Vordergrund
Ein Beispiel für personale Identität
Die soziale Identität ist im Gegensatz zur personalen Identität nicht invariant. Da jeder Mensch
mehreren sozialen Gruppen angehört, wird immer diejenige soziale Identität ans Tageslicht treten, die
am besten zum situativen und sozialen Kontext passt. So wird sich Herr K. bei einer samstäglichen
Chorprobe in der Kirche grundweg anders verhalten als auf dem Bolzplatz am Freitagabend. Diese
situative, soziale Kontextpassung nimmt eine Schlüsselstellung in dem SIDE-Modell ein.
Entwickelt wurde das Modell vor allem um die Auswirkungen der Deindividuation Erleben und
Verhalten Vorraussagen zu können. Hierfür gliedert das Modell die Deindividuation in Anonymität
5 of 9
Computervermittelte Kommunikation — Institut für Psychologie
(Situationen, in denen individuelle Charakteristika nicht wahrnehmbar sind) und Identifizierbarkeit
(Wissen einer Person, dass andere Sie erkennen können) auf. Diese Zweiteilung ist durchaus sinnvoll,
weil das SIDE-Modell zweierlei Aspekte behandelt.
2.3.3. Der kognitive Aspekt des SIDE-Modells
1 Fall: soziale Identität ist stark ausgeprägt
Mitglieder einer Gruppe (ingroup), verstehen sich als Einheit, dies führt dazu dass die
individuellen Charakteristika zurück treten, hierdurch gewinnen die Gruppennormen an
Wertigkeit
2. Fall: soziale Identität schwach ausgeprägt
(weil es keine Gruppen/Kategorien gibt) die Anonymität verhindert den Prozess der
Deindividuation, das Verhalten ist selbstbezogen
2.3.4. Der strategische Aspekt des SIDE-Modells
Dieser Aspekt betrachtet die Ausrichtung des Verhaltens an der Norm derjenigen Gruppe, gegenüber der
man identifizierbar ist. D.h. hier wird der Frage nachgegangen ob man sich anders verhält, wenn man
identifizierbar ist oder nicht ist.
Ein Experiment gemäß Spears, Lea & Lee
Als Gruppennormen dienten empirische Daten , welche den Probanden vor dem Test bekannt gemacht
wurden.
Anonymität
soziale Identität
3 Personen sitzen in unterschiedlichen
Räumen, können sich nicht sehen,
werden als Gruppenmitgleider angesprochen und kommuni- zieren
computervermittelt
Identifizierbarkeit
3 Personen sitzen im selben Raum,
können sich sehen, werden als
Gruppenmitglieder ange- sprochen und
kommuni- zieren computervermittelt
(1. Fall)
personale
Identität
3 Personen sitzen in unterschiedlichen
Räumen, können sich nicht sehen,
werden als individuelle "Untersuchungsteilnehmer" an- gesprochen und
kommuni- zieren computervermittelt
3 Personen sitzen im selben Raum,
können sich sehen, werden als
individuelle "Untersuchungsteilnehmer" angesprochen und
kommuni- zieren computervermittelt
(2. Fall)
aus Nicola Döring - Sozialpsychologie des Internet
Das SIDE-Modell sagte vorber:
dass Personen ihre Meinung bei Anonymität und salienter sozialer Identität besonders stark der
vorgegebenen Gruppennorm anpassen würden,
dass Personen bei Anonymität und salienter personaler Identität besonders stark von der
Gruppennorm abweichen würden und Sich an ihren individuellen Wertvorstellungen onentieren.
Und so war es dann auch!
Einige Autoren zählen dieses Modell auch unter dem Oberbegriff "Theorien zum medialen
Kommunikationsverhalten" auf. Siehe auch: Die Theorie der sozialen Informationsverarbeitung
(Theorien zum medialen Kommunikationsverhalten konzentrieren sich darauf, wie die Beteiligten
während der Computervermittelten Kommunikation agieren. Welche Informationen, welche Normen
usw.)
2.4 Filtertheorien
6 of 9
Computervermittelte Kommunikation — Institut für Psychologie
Der Filtertheorie liegt die zentrale Annahme zugrunde das in texbasierter CvK Kontextinformationen zu
dem Interaktionspartner sowie non- und paraverbale Hinweisreize, welche die face-to-face
Kommunikation begleiten, herausgefiltert werden, wodurch der normative soziale Einfluss in Relation zu
dem Einfluss von Information reduziert wird.
2.4.1. Messaging threshold Ansatz
Hierbei wird betrachtet wie sich der Mehraufwand der zur Kommunikation benötigt wird auf das
Endresultat auswirkt. Es hat sich gezeigt das mehr Zeit für die Kommunikation benötigt wird. Wenn
genügend Zeit zu Verfügung steht wirkt sich ein cvK nicht negativ auf das Ergebnis aus. Wenn jedoch
nicht genügend Zeit vorhanden ist zeigt sich das indem Werte und Normen an Stelle von Fakten als
Argumente herangezogen werden. Auch bei der Medienwahl werden Kosten-Nutzen-Überlegungen
angestellt, z.B. der Mehraufwand der benötigt wird um etwas zu schreiben anstatt zu sprechen. Wenn die
Medienwahl verwehrt bleibt führt das zu Strategien zur Kompensation der mit dem Medium
verbundenen Kosten entwickelt werde. Was sich dann z.B. in der Verwendung von Abkürzungen in
Chat-Nachrichten zeigt.
2.5 Theorien der Medienwahl
Theorien der Medienwahl befassen sich mit der Tatsache, dass vor der computervermittelten
Kommunikation die Wahl des Mediums bei einem gegebenen Kommunikationsanlass auf das
Netzmedium fiel. Diese Entscheidung kann unbewusst, aber auch bewusst getroffen werden. Die Media
richness theory und die Media Synchronicity theory sind Vertreter, bei denen die
Medienwahl-Entscheidungen bewusst erfolgen, indem Kommunikationsaufgaben bzw.
Kommunikationsprozesse betrachtet werden und ein passendes Medium gewählt wird.
2.5.1. Media richness theory
Je besser ein Medium die Bearbeitung mehrdeutiger Botschaften und den Umgang mit Ambiguität
unterstützt, desto größer ist seine mediale Reichhaltigkeit. Es gibt entsprechende Skalen mit denen diese
empirisch erfasst werden kann.
Die Media richness theory (Daft & Lengel, 1984) besagt, dass die Informationsverarbeitungsleistung
umso höher ist, desto besser die Reichhaltigkeit des verwendeten Mediums zu den Anforderungen der
gestellten Aufgabe passt. Es stellt sich also die Frage, welches Medium zu welcher
Kommunikationsaufgabe am besten passt. Je nach Aufgabe sind die Anforderungen verschieden. Gibt es
der Aufgabe entsprechend z.B. eine zu hohe mediale Reichhaltigkeit würde ein unnötiger Mehraufwand
entstehen, wodurch leicht Verwirrungen oder andere Kommunikationsstörungen resultieren können.
Wenn das Medium dagegen eine zu geringe mediale Reichhaltigkeit aufweist, können komplexere
Informationen nicht vollständig übermittelt werden und somit ist der Kommunikationserfolg durch
beispielsweise Missverständnisse gefährdet.
In verschiedenen Untersuchungen wurde versucht die mediale Reichhaltigkeit verschiedener Medien mit
Skalen zu erfassen, auch der Frage nach dem geeignetsten Medium für verschiedene
Kommunikationsaufgaben wurde empirisch nachgegangen.
Mediale Reichhaltigkeit unterschiedlicher Individualmedien
(1: überhaupt nicht reichhaltig - 5: äußerst reichhaltig)
Individualmedium
Face-To-Face
Telefon
Handschriftlicher Text
E-Mail
Maschinengeschriebener Text
Numerischer Computerausdruck
Mediale Reichhaltigkeit M
4,4
3,8
3,6
3,5
3,3
2,5
(Quelle: Daten aus Schmitz & Falk, 1991, S.503)
2.5.2. Media Synchronicity Theory
Die Media Sycnchronicity theory (Dennis & Valacich, 1999) kann als Erweiterung der Media richness
7 of 9
Computervermittelte Kommunikation — Institut für Psychologie
theory aufgefasst werden. Der Unterschied besteht darin, dass sich bei der Media Synchronicity theory
die Anpassung der Medienwahl am Kommunikationsprozess orientiert und nicht an der
Kommunikationsaufgabe, wie es die Media richness theory postuliert. Der Kommunikationsprozess wird
als sozialer Verständigungs- und Kooperationsprozess aufgefasst. Es stellt sich hierbei die Frage, wie gut
die Beteiligten sich bei der Mediennutzung aufeinander abstimmen, dabei spricht man auch von
synchronisieren.
Mediensychnonität ist das Ausmaß, in dem Individuen zur gleichen Zeit an der gleichen Aufgabe
zusammenarbeiten und somit einen gemeinsamen Fokus haben. Folgende fünf Medienmerkmale
charakterisieren die Mediensychronität:
Geschwindigkeit des Feedbacks: Wie schnell kann auf Botschaften reagiert werden ?
Symbolvarietät: Wie viele Symbolsysteme stehen für die Informationsübermittlung zur
Verfügung ?
Parallelität: Auf wie vielen Kanälen können wie viele Personen gleichzeitig kommunizieren ?
Überarbeitbarkeit: Wie umfassend und häufig kann ein Sender seine Botschaft überarbeiten,
bevor sie verschickt wird ?
Wiederverwendbarkeit: Wie komfortabel kann ein Empfänger die erhaltene Botschaft ohne
Medienbrüche wiederverwenden ?
Je nach Kommunikationsprozess wird man also diese fünf Eigenschaften der in Frage kommenden
Medien gegeneinander abwägen und auf Grundlage dieser eine Entscheidung für ein Medium treffen.
2.6 Die Theorie der sozialen Informationsverarbeitung
Die Theorie besagt, dass die Entwicklung von Beziehungen Zeit braucht. Und im Rahmen von
computervermittelnder Kommunikation (cvK) mehr Zeit benötigt wird, wie bspw. bei der face-to-face
Kommunikation. Allerdings führt diese Annahme dazu, dass die Theorie der sozialen
Informationsverarbeitung, nicht davon ausgeht, dass es bei cvK zwangsläufig zu einem
Informationsverlust kommen muss. Laut der Theorie kommt es nur dann zu einem Verlust wenn die Zeit
zu gering ist oder die Kommunikation für die Interagierenden unbefriedigend verläuft.
In manchen Kontexten wird das Kommunikationsverhalten beim CvK auch mit Defizit-Kompensation
beschrieben, was soviel bedeutet wie: Kommunikationspartner konzentrieren sich nicht auf die
fehlenden , sondern auf die medial verfügbaren sozialen Hinweise. Laut der Theorie ist es somit, nicht
zwingend die Kommunikationsgüte mindernd, wenn man das Gegenüber nicht sieht, wie bspw. beim
face-to-face, sondern es werden Alternativen geschaffen und genutzt bspw. Emoticons (dies ist ein
Emoticon :-) ). Hierdurch kann dann eine befriedigende Kommunikation realisiert werden.
Zu Störungen der CvK kommt es Laut der Theorie vor allem dann, wenn Personen die Möglichkeiten
nicht nutzen oder nicht nutzen können.
Einige Autoren zählen diese Theorie auch unter dem Oberbegriff "Theorien zum medialen
Kommunikationsverhalten" auf. Siehe auch: Das Social Identity and Deindividuation (SIDE)-Modell
(Theorien zum medialen Kommunikationsverhalten konzentrieren sich darauf, wie die Beteiligten
während der Computervermittelten Kommunikation agieren. Welche Informationen, welche Normen
usw.)
2.7 Die hyperpersonale Perspektive
Bei der hyperpersonalen Perspektive wir davon ausgegangen das sich die Teilnehmer bei der cvK unter
bestimmten Umständen verbundene und intimer mit ihren Kommunikationspartnern fühlen, als bei
einer face-to-face Kommunikation. Diese Theorie wird mit den vier Elementen des
Kommunikationsprozesses, Sender, Empfänger, Kommunikationskanal und Feedback, begründet, auf
welche im Folgenendem eingegangen wird.
2.7.1. Sender
Wenn als Medium ein cvK verwendet wird kann die Nachricht vom Sender davor bearbeitet werden. So
können relevante Informationen im Sinne einer gezielten Selbstdarstellung vorenthalten werden. Somit
haben diese Nachrichten bereits einen Filter durchlaufen.
2.7.2. Empfänger
Der Empfänger kann auf Grund der wenigen personenbezogene Information die zur Verfügung stehen,
unter bestimmten Voraussetzungen, idealisierte, übertriebene Vorstellungen von seinem
Kommunikationspartner aufbauen. Dies kann zu einem übermäßigen Vertrauen gegenüber dem
8 of 9
Computervermittelte Kommunikation — Institut für Psychologie
Kommunikationspartner führen.
2.7.3. Kanal
Da die Kommunikationspartner bei der cvK weniger stark dem Zeitdruck ausgesetzt sind, kann die
Aufmerksamkeit zwischen der Aufgaben- und Beziehungsdimension verteilt werde. Dadurch kann die
Koordination der konkurrierenden Zeit- und Aufmerksamkeitsansprüche sozialer und
aufgabenbezogener Funktionen bei der Interaktion verbessert werden.
2.7.4. Feedback
Wenn in der Kommunikation ein positiver Eindruck von dem Gegenüber entsteht und sie die
Kommunikationsteilnehmer daraufhin positiv zueinander verhalten wird eine selbsterfüllende
Prophezeiung in Gang gesetzt. Was dazu führt das die Kommunikation über die Zeit intimer und
beziehungsorientierter werden.
Die hyperpersonale Perspektive sagt aus das die Empfänger den Sender idealisieren und der Sender
einen selektive Selbstdarstellung betreibt. Des weiteren unterstützt der Kommunikationskanal und das
Feedback das Kommunikationsverhalten.
3. Literatur
Boos, Margarete. Sozialpsychologische Grundlagen computervermittelter Kommunikation
Döring, Nicola. Theorien der computervermittelten Kommunikation
4. Gruppenmitglieder
Michael Moore
Thorsten Brauch
Marco Haustein
Alexander Schneider
5. Partnergruppe
Wissenskommunikation
6. Siehe auch
Diskussion: Computervermittelte Kommunikation
[[Kritik: Computervermittelte Kommunikation]]
subtopics:
Gruppenseite: Computervermittelte Kommunikation
Diskussion: Computervermittelte Kommunikation
9 of 9
Herunterladen