Abendprogramm 10. September 2012 – Nixon

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Musikfest Berlin 2012
10. September
Musikfest Berlin 2012
www.berlinerfestspiele.de
030 254 89 – 100
10. September
John Adams
Nixon in China
Philharmonie
bbc singers
BBC S y m p h o n y O r c h e s t r a
john adams
Berliner Festspiele
Musikfest Berlin 2012
Inhaltverzeichnis
Programm4.
6.
Die Handlung 9.
Zum Werk Libretto16.
36.
Über John Adams
Die Interpreten 38.
58.
Musikfest Berlin 2012 61.
Impressum B i t t e s c h a lt e n S i e I h r Mob i lt e l e fon
vor Beginn des Konzerts aus.
Titel: Richard Nixon und Mao Tse-tung, Peking, 21. Februar 1972
3.
Musikfest Berlin 2012
10. September
Montag, 10. September 2012
19:00 Uhr
Philharmonie
18:00 Uhr
Einführung
mit Habakuk Traber
j o h n a da m s [*1947]
nixon in china
Oper in drei Akten [1985-87]
Libretto von Alice Goodman
Konzertante Aufführung in englischer Sprache
mit deutschen Übertiteln
Berliner Erstaufführung
bbc singers
M a tt h e w M o r l e y Einstudierung
b b c s y mp h o n y o r c h e s tr a
m u rr a y h i p k i n Assistant Conductor
m a r k g r e y Klangregie
P a u l c u rr a n Stage Director
j o h n a d a m s Leitung
Pausen nach dem 1. und 2. Akt
Ende der Aufführung gegen 23:00 Uhr
Mit freundlicher Unterstützung durch
The Aaron Copland Fund for Music, Inc.
Übertitel mit freundlicher Genehmigung vom
Theater Freiburg / Einrichtung Franziska Noack
Richard Nixon, Präsident der USA
r o b e rt o rt h Bariton
Pat Nixon, seine Frau
j e s s i c a r i v e r a Sopran
Chou En-lai, chinesischer Premierminister
g e r a l d f i n l e y Bariton
Mao Tse-tung, Parteivorsitzender
a l a n o k e Tenor
Henry Kissinger, Berater Nixons
j a m e s r u t h e rf o r d Bass
Chiang Ch’ing, Maos Frau
k a t h l e e n k i m Sopran
Nancy T’sang, erste Sekretärin Maos
s t e p h a n i e m a r s h a l l Mezzosopran
Zweite Sekretärin Maos
l o u i s e p o o l e Mezzosopran
Dritte Sekretärin Maos
s u s a n p l a tt s Mezzosopran
Soldaten / Minister und Minsterinnen
Bankettgäste / Arbeiter und Arbeiterinnen
Presse / Zuschauer
Aufführungsrechte
Boosey & Hawkes Bote & Bock GmbH, Berlin
für Boosey & Hawkes, Inc., New York
4.
5.
10. September
Musikfest Berlin 2012
nixon in china
2. Szene
Am Abend. Die Nixons und Maos Frau Chiang Ch’ing sehen sich
das Ballett Das rote Frauenbataillon an. Dieses ›Theater im Theater‹ versinnbildlicht die Unterdrückung in Gestalt der Tänzerin Ching-hua
durch die Macht des Gutsbesitzers Lao Szu, dargestellt vom verkleideten Kissinger.
Pat ist empört über die Brutalität der Szene, Richard tröstet sie
(»Es ist nur ein Spiel... Entspann dich, Schatz«). Als Pat der ausgepeitschten Ching-hua zur Hilfe eilt, lässt ein tropischer Sturm die Dramatik plötzlich wechseln. Der Himmel klart auf, und der Parteiabgeordnete Hung Chang-ch’ing, gefolgt von der Frauenkompanie,
beglückwünscht Ching-hua wegen ihres Mutes und nimmt sie in die
Volksarmee auf.
Szenenwechsel. Im Herrenhaus des Gutsbesitzers Lao Szu, der auf
seinem Geburtstag den Gästen seine Strategien gegen den »Erbauer
des Imperiums« verkündet, beginnen Hung, bislang unerkannt geblieben unter den Gästen, und Ching-hua eine »Revolte« – und siegen.
Die Handlung
1. Akt
1. Szene
Chinesisches Militär erwartet auf dem Flughafen von Peking die
Ankunft der Maschine The Spirit of ’76. Nach der Landung betreten Richard Nixon, seine Frau Pat und Henry Kissinger die Gangway. Begrüßt werden sie von Premierminister Chou En-lai und einer kleinen
Gruppe Offizieller. Es folgt eine Zeremonie zwischen Höflichkeit und
Hinterlist, Erwartung und Argwohn.
2. Szene
In Maos Arbeitszimmer. Eine Konversation zwischen Mao, seinen
Sekretärinnen, Chou sowie Nixon und Kissinger beginnt als politische
Diskussion, verwandelt sich aber zum Wechselspiel zugerufener
Schlagworte der beiden Parteien.
3. Szene
Am Abend; ein Bankett in der Großen Halle des Volkes. Euphorie
herrscht bei den Delegationen unter Blitzlichtgewitter.
Pat und Richard Nixon, Chou En-lai und Kissinger unterhalten
sich in teils privater Melancholie (Pat: »Schnee-Mond auf unserem
Weg ...«), teils politischer Metaphorik (Nixon: »... der Westwind kündigt den Frühling an ...«). Chou und Nixon beschwören daraufhin den
Erfolg ihres Treffens.
3. Ak t
Letzter Abend in Peking; die Bettruhe einer Staatsaktion. Alle
plagt der Katzenjammer nach den zurückliegenden Ereignissen. Pat
und Richard versinken in Erinnerungen an vergangene Liebesstunden
ihrer ersten Bekanntschaft; Mao und seine Frau ergreift ebenso die
Nostalgie, jedoch an den gemeinsamen glücksverliebten Aufbau revolutionärer Kräfte. Zurück bleibt die Atmosphäre einer apathischen
Leere zwischen zwei Welten, deren wirkliches Rendezvous verpasst
worden ist.
2. Akt
1. Szene
Am nächsten Morgen. Pat Nixon unternimmt ihre eigene Besichtigungstour: Begrüßung von 115 Küchenhelfern des Peking-Hotels, Besuch der Volkskommune Immergrün, des Sommerpalastes, der MingGräber, der Oper. Pats Sentimentalität (»Ich behandle jeden wie
Weihnachten«) und die verabredete Freundlichkeit des chinesischen
Volkes (Chor: »Bitte, Mrs. Nixon ...«) bestimmen die Zweideutigkeit
der Szene.
6.
7.
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Musikfest Berlin 2012
o p e r a l s o rt d e r d e b at t e
Die individuelle Entwicklung eines unvergleichlichen Idioms repetitiver Musik hat nicht nur zum weltweiten Erfolg von John Adams
als Komponist von Orchestermusik geführt, sondern stellt auch eine
geradezu organische Grundlage für seine Opernmusik dar. Tatsächlich kann Adams dies seit einem Vierteljahrhundert demonstrieren,
seitdem Nixon in China in Houston/Texas am 22. Oktober 1987 zur Uraufführung kam; die Oper, die dazu führte, dass der Komponist weltberühmt wurde.
Mit einem flexiblen, scheinbar mühelosen und – wo passend – farbenprächtigen Einsatz des groß besetzten Orchesters als wesentlichem
Aspekt seines Handwerks hat Adams ein einzigartiges Opernidiom
ausgebildet. Ausgangspunkt war, auch bei seinen Orchesterwerken,
die sogenannte Minimal Music seiner ein wenig älteren Kollegen: vielleicht besonders von Steve Reich, aber auch von Philip Glass, der vor
Adams die Opernbühne mit seiner Trilogie der »Portrait-Opern« eroberte; den Anfang machte Glass’ Einstein on the Beach (Avignon 1976),
die kürzlich in einer Neuproduktion in Montpellier, Reggio Emilia
und London aufgeführt wurde.
Das Vermächtnis der Minimal Music ist jedoch in John Adams’ eigenen bislang sechs Opern auf verschiedene Arten beträchtlich transformiert worden. Der direkte, emotionale Zug seiner musikalischen
Sprache führt zu einer Fülle melodischer Inspirationen und zu spezifischen Lösungen in der Harmonik. Dies hat als Konsequenz, dass seine
Musik in der Lage ist, gleichzeitig plastische Operncharaktere auf der
Bühne zu kreieren und eine differenzierte dramatische Entwicklung
für jeden Handlungsstrang einer Oper in Gang zu setzen. Diese musikalisch bedingte Dynamik ist dafür verantwortlich, dass eine Oper
von John Adams bei Aufführungen völlig anders erlebt wird als eine
Oper von Philip Glass.
John Adams arbeitet mit Referenzen aus der Operntradition, die
viele seiner Hörer leicht identifizieren können, und zieht auch zuweilen etwas aus der aktuellen Musikproduktion heran. Diese weitere Dimension seines Stils bereichert seine Musiksprache mit vielfältigen Bezügen. Das Spektrum reicht von direkten Zitaten bis zu stilistischen
Andeutungen, bei denen der einzelne Hörer sich fragen wird, ob es
sich um diese oder jene Vorlage handelt.
Bevor einige dieser Aspekte kurz dargelegt werden, noch einige
Worte über die Rolle von Peter Sellars, mit dem der Komponist im Musiktheater maßgeblich zusammenarbeitet. Ohne Peter Sellars hätte
keine der Opern von John Adams ihre dramatische Tiefe und weitrei-
chende Bedeutung erzielt. Sellars ist der Impulsgeber und Co-Autor
sowie der Regisseur aller bisherigen Opern von Adams. Bei jedem
Werk, glaube ich, wurde der Inhalt zuerst von Peter Sellars vorgeschlagen; und die Art und Weise, wie jede einzelne Oper einen anderen
Kommentar zum Weltgeschehen gibt, ohne dabei propagandistisch
oder parodistisch bemüht sein zu müssen, zeigt Sellars’ Ehrgeiz, Oper
als etwas Aussagekräftiges für ein modernes Publikum zu gestalten
und sie nicht als antiquarischen Zeitvertreib zu betrachten.
Die Absicht, neue Opern direkt in der Kultur und Politik ihrer eigenen Zeit zu verwurzeln, ist eine logische Konsequenz einer solchen
Haltung. Mit Nixon in China schufen Sellars und Adams – zusammen
mit ihrer Librettistin Alice Goodman und dem Choreographen Mark
Morris, die beide ebenso wesentlich am Entstehen der Oper beteiligt
waren – einen Kommentar zu einem politischen Ereignis, dass lediglich 15 Jahre vor der Uraufführung der Oper stattfand: Der Besuch des
amerikanischen Präsidenten Richard Nixon beim Vorsitzenden der
Kommunistischen Partei Chinas Mao Tse-tung in Peking im Februar
1972. (Das Ehepaar Nixon, Außenminister Dr. Henry Kissinger und
Madame Mao – wäre sie nicht im Gefängnis zu dieser Zeit gewesen –
hätten alle, da noch am Leben, der Uraufführung von Nixon in China in
Houston beiwohnen können; und tatsächlich es ist wahrscheinlich,
dass Richard Nixon später die Oper über sich bei der Übertragung im
amerikanischen Fernsehen sah.)
Ereignisse der jüngsten Geschichte wurden in mehreren Opern
von Sellars und Adams behandelt, dabei verringerte sich der zeitliche
Abstand zwischen Ereignis und Oper bei den Werken: Beim Sujet einer
Geiselnahme auf einem Kreuzfahrtschiff, die 1985 stattfand (The Death
of Klinghoffer, 1991, ebenfalls in Zusammenarbeit mit Alice Goodman
und Mark Morris), betrug dieser Abstand nur sechs Jahre; beim Rock–
Musical I was Looking at the Ceiling and Then I Saw the Sky, 1995, dessen
Handlung auf Geschehnissen während des Erdbebens in Los Angeles
1994 basiert, verringerte sich der zeitliche Abstand sogar auf ein Jahr.
Die einzige Oper von Adams und Sellars über eine Begebenheit aus
dem 20. Jahrhundert, die nicht während der Lebenszeit der meisten
Zuschauer der Uraufführung stattfand, ist ihre fünfte Zusammenarbeit (Dr. Atomic, 2005). Die Handlung ist im Jahr 1945 angesiedelt, zur
Zeit der ersten Atombombenversuche .
Solch eine Vorgehensweise kann Kontroversen hervorrufen, vor allem, wenn heikle Fragen der Religion und der Ethnizität aufgeworfen
werden. The Death of Klinghoffer, eine Oper, die sowohl reiche jüdischamerikanische Touristen als auch palästinensische Terroristen präsentiert, entfachte – wohl nicht überraschend – eine Mischung aus konstruktiver Kritik und unseliger Kontroverse. Auch Nixon in China selbst
8.
9.
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Musikfest Berlin 2012
war Anlass für recht gegensätzliche Ansichten über Wesen, Intention
und Wirkung dessen, wie die Oper die historischen Ereignisse und
Personen behandelt. Wird Richard Nixon satirisch als abgehalfterter
Politiker gezeichnet? Interpretieren Sellars und Adams die Ereignisse,
die in der Oper erzählt werden, auf eine besondere Weise? Oder ist die
Oper ein Kommentar zum Wesen der Politik in einem allgemeinen
Sinne? Unterschiedliche Urteile zielten auf alle Autoren der Oper, darunter auch Vorwürfe wie jenen, den Edward Rothstein erwähnt, dass
die Autoren »sich gegen eine politische Karikatur entschieden haben,
aber dann keine Ahnung hatten, wohin sie das Ganze führen sollen.«
Vielleicht kann das alles gerade beweisen, dass diese Verarbeitung des
Themas genau die richtige Art und Weise ist, aus dem Opernhaus einen Ort der Debatte zu machen und kein Museum.
Was hat es nun schließlich mit der Bedeutung des eigentlichen
musikalischen Materials und seiner kompositorischen Behandlung
auf sich? Hier nur zwei kurze Beispiele zur Betrachtung:
Der Prolog der Oper und der erste Chor, wenn am Pekinger Flughafen die Ankunft von Nixon und seiner Entourage erwartet wird, bedient sich auf den ersten Blick eines extrem faden Materials – im wesentlichen einer A-Moll-Tonleiter – , verarbeitet sie jedoch zu etwas,
was sicherlich zu den dramatisch wirkungsvollsten Eröffnungen der
ganzen Operngeschichte zählen kann. Die Passage ist durchwoben
von nervöser Spannung und wirkt ahnungsvoll vor dem großartigen
Augenblick, wenn die amerikanische Präsidentenmaschine »The Spirit
of ’76« aufsetzt.
Als Beispiel für eine musikalische Andeutung im Sinne von »Ist es
das oder ist es das nicht?«: Die Musik von Richard Wagner und nicht
nur das Bestreben, das John Adams erwähnte, nämlich Musik zu
schreiben, die emotional genauso intensiv wie jene ist, verbirgt sich
zweifellos hinter der Passage in Akt II, Szene 2 in Nixon in China, wenn
die Protagonistin des Balletts zu neuem Leben erweckt wird. Selbstverständlich werden die Zuhörer jedoch ziemlich unterschiedliche Ansichten über die genauen Vorlagen haben, offensichtlich eine Absicht
und tatsächlich ein Ergebnis dessen, was Alex Ross beschrieben hat als
»transhistorische Mischung aus Pop aus zweiter Hand und Wagner
aus zweiter Hand«. Dies macht sich diese wahrscheinlich bedeutungsvollste Szene dieser Oper zunutze.
Beschwörung der amerikanischen
E r fa h r u n g
k ei t h pott er
Übersetzung Eckhard Weber
10.
Als ein Kind, das in New Hampshire aufwuchs und eine liberale
Demokratin alter Schule zur Mutter hatte, eine selbstlos tätige Helferin der Partei, entwickelte ich schon früh eine Faszination für das
amerikanische politische Leben. Die Stadt Concord, wo ich die High
School besuchte, war das Nervenzentrum der ersten Kampagnen zur
Präsidentenwahl, die alle vier Jahre durch die Stadt zogen und dabei
die übliche Entladung von heißer Luft, Gratis-Schnittchen und geföhnten, händeschüttelnden Kandidaten mit sich brachten. Ich
schüttelte die Hand von JFK an dem Abend, bevor er 1960 die Vorwahlen in New Hampshire gewann, und die erste Stimme, die ich abgab, war für den eigensinnigen Eugene McCarthy, dessen Kampagne
von 1968 schließlich die Aufgabe von Lyndon Johnson einläutete und
den langsamen Rückzug aus dem Krieg in Vietnam.
So war es gewissermaßen eine natürliche Fügung, dass gerade
mir der Gegenstand von Richard Nixon, Mao Tse-tung, Kapitalismus
und Kommunismus als Thema einer Oper vorgeschlagen werden sollte. Die Idee kam von dem Regisseur Peter Sellars, den ich in New
Hampshire getroffen hatte, passenderweise im Sommer 1983. Erst
langsam, aber immerhin, begriff ich die Brillanz dieser Idee. 1983
war Nixon zum Stoff von schlechter, vorhersagbarer Komödien-Routine geworden, und es war schwierig, meine eigene Feindseligkeit –
er hatte versucht, mich nach Vietnam zu schicken – von dem großen
historischen Bild zu entwirren. Aber als die Dichterin Alice Goodman zustimmte, ein Libretto in Versen mit Paarreimen zu schreiben,
nahm das Vorhaben plötzlich eine wundervoll vielschichtige Gestalt
an, teils episch, teils satirisch, teils eine Parodie auf das politische
Sich-in-Szene-Setzen, teils eine ernsthafte Untersuchung von Fragen
der Geschichte, der Philosophie und sogar der Geschlechterrollen.
All dies ordnete sich um sechs außergewöhnliche Persönlichkeiten:
die Nixons, den Vorsitzenden Mao und Chiang Ch’ing (d.i. Maos
Frau), Chou En-lai und Henry Kissinger. War das nicht etwas, das
man, sowohl im Sinn einer Erzählung als auch der Charakterzeichnung, nur als Große Oper behandeln konnte?
Die Vollendung von Nixon in China nahm zwei ganze Jahre in Anspruch. Während des Komponierens fühlte ich mich, als ob ich mit
dem königlichen Thronfolger schwanger wäre, so groß war die Aufmerksamkeit, die sich in den Medien und der gesamten Musikszene
darauf richtete. Je näher ich der Vollendung der Partitur kam, umso
offensichtlicher wurde es, dass sich diese Oper auf keinen Fall einfach so aus der Werkstatt schleichen würde. Fünf Monate vor der Pre-
11.
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Musikfest Berlin 2012
miere in Houston gab es in San Francisco einen Durchlauf ohne Bühne und mit Klavierbegleitung, der Kritiker von zwölf Zeitungen aus
dem ganzen Land anzog und sogar in den NBC-Abendnachrichten
erwähnt (und grimmig abgetan) wurde.
Meiner Meinung nach ist Alice Goodmans Dichtung eines der
großen bis jetzt noch nicht recht gewürdigten Werke des amerikanischen Theaters. Ihre Worte sind eine Zusammenfassung, eine Beschwörung der amerikanischen Erfahrung, und ihr Richard Nixon
ist unser präsidentaler Jedermann: banal, von lächerlichem Pathos,
sentimental, paranoid. Jedoch verweigert Goodman ihm nicht den
Versuch, eine Vision des amerikanischen Lebens auszudrücken,
wenn auch eingespannt in flache Metaphern aus den Sphären von
Raumfahrt und Lehrsätzen zur Geschäftemacherei.
Adrienne Lobels Szene für die originale Sellars-Produktion
knüpfte an die Ikonographie des chinesischen Kommunismus an.
Rot, Blau und Grün erschienen klar und ungemischt und vermittelten so die Wirkung und Empfindung alter Propaganda-Literatur aus
der Kulturrevolution. Die Ankunft der Nixon-Delegation im 1. Akt,
ein Theater-Coup, der der Aida würdig ist (welche zufällig in Houston
auf der Bühne mit Nixon konkurrierte), zeigte eine riesige Nachbildung der Air Force One, der präsidentalen 747, aus der Nixon, Pat
und Kissinger herabstiegen, um von einer langen Reihe gleich gekleideter chinesischer Offizieller begrüßt zu werden. Das Ballett des
2.Aktes, Das Rote Frauenbataillon, eine Studie in Agitprop-Tanz, -Theater und -Musik, basiert auf einem politischen Tanzstück aus der
Zeit der Kulturrevolution, das von Madame Mao entworfen und ideologisch aufgepolstert wurde. Die Choreographie von Mark Morris
pointierte dieselben absurden Bilder durch die Tänzerinnen, die in
Uniformen der Revolutionären Volksarmee gekleidet waren und Gewehre schwangen. Beim Komponieren dieser Szene setzte ich mir das
entsprechende absurde Ziel, es so klingen zu lassen, als ob es sich um
die Schöpfung eines Komponisten-Komitees handeln würde, bei dem
niemand sicher sein konnte, was der andere tat. Darin folgte ich der
Traditionslinie bei der Herstellung solcher»Volks«-kunst.
Nixons Reise von 1972 war tatsächlich ein epochales Ereignis,
dessen Größe sich aus unserer gegenwärtigen Perspektive schwer vorstellen lässt, und sie war genau das Richtige für Peter Sellars Vorstellungskraft als Regisseur. [...] Er verstand auf brillante Weise, wie die
Diktaturen der Rechten und der Linken das Jahrhundert hindurch
sorgfältig die öffentliche Meinung durch eine Form des öffentlichen
Theaters und den Kult ihrer Person in der politischen Arena gesteuert hatten. Beide, Nixon und Mao, waren geschickte Manipulatoren
der öffentlichen Meinung. Und die zweite Szene des 1. Aktes, das be-
rühmte Treffen zwischen Mao und Nixon, führt diese zwei vielschichtigen Figuren von Angesicht zu Angesicht zusammen, in einem Dialog, der zwischen philosophischem Schlagabtausch und
politischer Selbstinszenierung oszilliert.
Von besonderer Bedeutung waren für mich die zwei ersten
Frauenrollen, Pat und Chiang Ch’ing. Als Frauen von Politikern repräsentierten sie das Yin und Yang der beiden Alternativen des Zusammenlebens mit jemandem, der tief in Macht und politische Manipulationen eingetaucht ist. Pat war das Ideal, die Quintessenz
»familiärer Werte«, eine Frau, die zu ihrem Mann stand (vorzugsweise ein oder zwei Fußlängen im Hintergrund), die seine Angelegenheiten auch als ihre Aufgabe verstand, und die ihre ganze lange Laufbahn hindurch, in den zahllosen Runden von Depressionen und
vernichtenden Erniedrigungen, ein gütiges, wenn nicht stoisches Lächeln im Gesicht trug. Chiang Ch’ing begann ihre Karriere als Filmschauspielerin und trat erst später der Partei bei, begleitete Mao auf
dem grausigen Langen Marsch und wurde schließlich zu der Macht
hinter seinem Thron, zum Gewissen und zur bewegenden Kraft hinter dem scheußlichen Experiment zur Gesellschaftsplanung, der
Kulturrevolution. In der Musik, die ich für diese zwei Frauen schrieb,
versuchte ich, hinter die Karikatur ihrer öffentlichen Person zu gelangen und auf die Zerbrechlichkeit der Beziehung einer jeden zu ihrem Ehmann zu schauen. Im 2. Akt sehen wir beide in ihrer öffentlichen Rolle: Pat ist der perfekte diplomatische Gast, sie lässt sich zu
einer wirbelwindartigen Stadtrundfahrt einladen, von der sie sagt,
sie habe »jede einzelne Minute geliebt«. Die schrille, ätzende Chang
Ch’ing unterbricht die Tanzeinlage, um den Tänzern wütende Befehle zuzubrüllen und ihr Bekenntnis zu Macht und Gewalt vorzutragen, »Ich bin die Frau von Mao Tse-tung«. Aber im letzten Akt
steht sowohl im Text als auch in der Musik ihre Verwundbarkeit im
Mittelpunkt, ihre verzweifelte Sehnsucht, die Zeit bis dahin zurückzuspulen, wo das Leben noch einfacher war und das Gefühlsleben
weniger durch Kompromisse entstellt. Tatsächlich sind die fünf
Hauptpersonen in diesem Akt alle durch ihre innersten Gedanken
virtuell paralysiert. In der Einsamkeit und Abgeschiedenheit ihres
oder seines Bettes kann niemand den Empfindungen der Reue entfliehen, dem Gefühl der unwiederbringlich verlorenen Zeit und der
verpassten Gelegenheiten. Es fällt Chou En-lai zu, dem einzigen mit
einer Prise Selbsterkenntnis, die abschließende Frage zu formulieren: »Wie viel von dem, was wir taten, war gut?«
12.
13.
joh n a da ms
Übersetzung Martin Wilkening
10. September
Musikfest Berlin 2012
john adams
Der amerikanische Komponist John Adams hat aus Elementen
der Minimal Music und der Spätromantik einen kraftvollen, unverwechselbar eigenen Personalstil entwickelt, in dem zarte Lyrik und
weit ausschwingende Melodiebögen ebenso ihren festen Platz haben
wie große, sich über weite Strecken entwickelnde Steigerungen und
wie entfesselt wirkende Klangstürme. Den Schwerpunkt seines
Schaffens bilden Werke für großes Orchester und Opern, in denen
sich die individuelle klangliche Phantasie und die Instrumentationskunst des Komponisten besonders eindrucksvoll zeigen. John Adams
ist einer der erfolgreichsten Künstler unserer Zeit. Seit Jahren schon
führen seine Werke die Liste der in den USA am häufigsten aufgeführten zeitgenössischen Kompositionen mit Abstand an.
John Adams wurde 1947 geboren und wuchs an der amerikanischen Ostküste auf. Seine musikalische Ausbildung begann mit
gründlichem Klarinettenunterricht, er brachte es bis zur Konzertreife auf diesem Instrument und trat als Solist auf. Von 1965 an studierte John Adams Komposition an der Harvard Universität, ohne dass
ihn der dort gelehrte akademische Konstruktivismus künstlerisch
befriedigen konnte. Als ihm 1972 eine Dozentur am San Francisco
Conservatory angeboten wurde, griff Adams zu und siedelte nach
Kalifornien über. Hier übernahm er unter anderem die Leitung des
New Music Ensembles und wirkte als Berater des San Francisco Symphony. Gleichzeitig beschäftige er sich intensiv mit der Minimal Music der eine Generation älteren Komponisten wie Steve Reich und Philip Glass. Diese Auseinandersetzung wirkte wie eine Initialzündung
auf Adams’ Schaffen. Die neu entstandenen Werke wie Phrygian Gates
für Klavier (1977) zeigen bereits allgemeine Charakteristika seines
Schaffens wie die großzügige, aber nie weitschweifige Formdisposition, die von den älteren Minimalisten übernommene Arbeit mit repetitiven, sich allmählich verändernden Strukturen und die tonal verfasste Harmonik. Dabei gelingen Adams beim Wechsel zwischen
verschiedenen Klangräumen immer wieder verblüffende harmonische Wirkungen.
In Expertenkreisen wurde John Adams nun zunehmend beachtet, er fand auch einen Verlag und eine Schallplattenfirma, mit denen
er bis heute zusammenarbeitet. Den eigentlichen Durchbruch brachte dann 1987 die Houstoner Uraufführung der Oper Nixon in China.
Der internationale Erfolg des Werkes war keineswegs selbstverständlich, werden in ihm doch ungeschriebene Gesetze des Genres ignoriert. Denn die Handlung der Oper basiert weder auf einer literarischen Vorlage noch spielt sie in einer fernen oder unbestimmten Zeit,
48.
joh n a da ms Foto Lambert Orkisl
sondern in der jüngsten Vergangenheit. Überdies bezieht sie sich
noch auf ein konkretes politisches Ereignis, den ersten Besuch eines
amerikanischen Präsidenten im kommunistischen China, den die
meisten Zuschauer der Premiere noch am Fernseher verfolgt haben.
Adams und seinen Mitstreitern, dem Regisseur Peters Sellars und der
Librettistin Alice Goodman, mit denen sich eine weitere produktive
Zusammenarbeit entspann, gelang es in ihrem Werk, die Ereignisse
auf allgemein menschliche Erfahrungen und Situationen hin durchsichtig zu machen und die Zuschauer mit den Protagonisten mitfühlen zu lassen. Nicht zuletzt zeigt John Adams in Nixon in China, wie
in vielen anderen seiner Werke, einen in der Musik unserer Zeit seltenen Witz und Humor. Seit Nixon in China hat John Adams eine Fülle
von Werken komponiert, die häufig einen konkreten Bezug zum Leben in Amerika haben. Der Rahmen ist dabei denkbar weit gesteckt
und reicht von der Inspiration durch die amerikanische Alltags- und
Populärkultur bis zu explizit politischen Kompositionen wie dem
Chorwerk On the Transmigration of Souls zum Gedenken an die Anschläge vom 9. September 2001.
Seit langem schon tritt John Adams mit einem Repertoire, das
um die eigenen Werke zentriert, aber keineswegs auf sie beschränkt
ist, als Dirigent auf. Auch die Ersteinspielung zahlreicher seiner Werke hat John Adams selbst geleitet. Im Jahr 2008 erschien seine Autobiographie Hallelujah Junction, die ein glänzendes Presseecho gefunden hat. Für sein Schaffen und Wirken ist John Adams mit
zahlreichen bedeutenden Auszeichnungen geehrt worden.
49.
Musikfest Berlin 2012
Interpreten
jessica rivera
Jessica Rivera hat mit vielen Komponisten
wie John Adams, Gabriela Lena Frank, Osvaldo
Golijov und Nico Muhly zusammengearbeitet.
Sie tritt regelmäßig mit Dirigenten wie Gustavo Dudamel, Bernard Haitink, Esa-Pekka Salonen und Michael Tilson Thomas auf. A Flowering Tre e von Joh n Ad a m s s a n g sie i n
Bernard Haitink, dem Orchestra of St Luke’s
unter Sir Roger Norrington und dem San Francisco Symphony unter Michael Tilson Thomas.
workest und den Berliner Philharmonikern.
Seine Diskographie umfasst Aufnahmen mit
Sir Simon Rattle, Antonio Pappano, Bernard
Haitink, Nikolaus Harnoncourt, Kurt Masur
und Vladimir Jurowski.
Den Grammy erhielt er für eine CD mit
Schumanns Dichterliebe sowie für eine CD mit
Liedern von Samuel Barber.
robert ort h
r o b e rt o rt h
ger a ld fi n ley Foto Sim Canetty-Clarke
Der Bariton Robert Orth ist regelmäßiger
Gast der großen Opernhäuser der USA. Er wurde sowohl an der New York City Opera und als
auch an der Seattle Opera zum Künstler des
Jahres gewählt. Jüngste Engagements waren
u.a. Richard Nixon (Nixon in China) bei der Canadian Opera Company, an der Vancouver Opera, Opera Colorado, Cincinnati Opera und am
Opera Theater of St. Louis, die Uraufführung
von Jake Heggies Moby-Dick an der Dallas Opera und der San Diego Opera, die Uraufführung
von André Previns Brief Encounter mit der Houston Grand Opera und die Uraufführung von
Ricky Ian Gordons The Grapes of Wrath an der
Minnesota Opera. Einige weitere der vielen
Höhepunkte seiner Auseinandersetzung mit
zeitgenössischen Opern waren The Aspern Papers
von Dominick Argento am Kennedy Center
Washington DC, Argentos A Water Bird Talk in
Chicago und Indianapolis, Six Characters in
Search of an Author von Hugo Weisgall, die Titelpartie in Stewart Wallaces Harvey Milk an der
Houston Grand Opera, New York City Opera
und der San Francisco Opera, Daron Hagens
Shining Brow und die Weltpremiere von Heggies
Dead Man Walking an der San Francisco Opera.
gerald finley
j essica r i v er a Foto Ken Howard
Produktionen des New Crowned Hope Festival
und an der Cincinnati Opera, sowie konzertant
mit den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle. Unter der Leitung des Komponisten führte sie das Werk mit dem San Francisco
Symphony, dem Los Angeles Philharmonic Orchestra, dem Orchestra of St Luke’s und dem
London Symphony Orchestra auf. Mit dem LSO
hat sie es auch auf CD eingespielt. Ihr europäisches Operndebüt gab sie als Kitty Oppenheimer in Adams’ Doctor Atomic an der Niederländischen Oper, eine Rolle, die sie auch an der
Chicago Lyric Opera und und der Finnish National Opera sang. Die Amsterdamer Aufführung ist auf DVD erschienen. Zu den aktuellen
Auftritten zählen Konzerte mit dem St. Louis
Symphony Orchestra unter David Robertson,
dem Cleveland Orchestra unter Franz WelserMöst, dem Chamber Orchestra of Europe unter
50.
Der kanadische Bariton Gerald Finley begann als Chorsänger in Ottawa. Er studierte in
Großbritannien am Royal College of Music,
King‘s College, Cambridge und am National
Opera Studio. Seit seinen ersten Auftritten in
Glyndebourne im Mozart-Fach tritt er an den
großen Opernhäusern von London, Berlin, Paris, Amsterdam, Salzburg, New York, Chicago,
San Francisco und Wien in einer Vielzahl von
Rollen auf. Sein Don Giovanni wurde in Salzburg, München, Wien, Prag, Rom, New York,
Paris, Tel Aviv, Budapest und London gefeiert.
Er hat viele Hauptrollen zahlreicher Uraufführungen gestaltet, u.a. in Doctor Atomic von John
Adams an der Metropolitan Opera New York
und in L‘amour de loin von Kaija Saariaho. Jüngste herausragende Erfolge konnte er als Hans
Sachs (Meistersinger) in Glyndebourne und Eugen
Onegin am Royal Opera House Covent Garden
erzielen. Er konzertiert häufig mit dem New
York Philharmonic, dem Boston Symphony,
dem London Symphony, dem Concertgebou-
a l a n ok e
Alan Oke
Alan Oke studierte an der Royal Scottish
Academy of Music and Drama und bei Hans
Hotter in München. Nach einer erfolgreichen
Karriere als Bariton gab er sein Debüt als Tenor
im Jahr 1992 an der Garsington Opera. Als Mitglied der Opera Holland Park hat er seitdem
Rollen wie Rodolfo (La Bohème), Alfredo (La Traviata), Pinkerton (Madama Butterfly) und Florestan (Fidelio) gesungen. Außerdem ist er in Katja
Kabanova, Jenufa, Lulu, Le nozze di Figaro und Luisa
Miller aufgetreten. Gastspiele führten ihn u.a.
an die Metropolitan Opera, Royal Opera Covent Garden, English National Opera, Boston
Opera und nach Glyndebourne sowie zu Festivals in Edinburgh, Aldeburgh, Bregenz, Ravenna und zu den BBC Proms. Sein Konzertrepertoire umfasst Beethovens Missa solemnis und
51.
Musikfest Berlin 2012
Interpreten
die 9. Symphonie, Mendelssohns Elias, Bachs hMoll-Messe, Janáčeks Glagolitische Messe, Brittens
Spring Symphony und das War Requiem, Elgars
The Dream of Gerontius, Birtwistles The Mask of
Orpheus und Schönbergs Gurrelieder. Besonders
gefeier t w urde seine Interpretation de s
Aschenbach in Brittens Death in Venice beim Aldeburgh Festival, den Bregenzer Festspielen,
an der Canadian Opera und der Opéra de Lyon,
ebenso die Uraufführung von Turnages Anna
Nicole am Covent Garden und Die Sache Makropulos an der Metropolitan Opera. Zukünftige Engagements führen Alan Oke an die Welsh National Opera, die Metropolitan Opera und nach
Covent Garden.
ja m es ru t h erfor d Foto Sussie Ahlburg
Graz. Dort sang seinen ersten Hans Sachs (Die
Meistersinger von Nürnberg), Barak (Die Frau ohne
Schatten), Germont (La Traviata), Jago (Otello)
und Orest (Elektra). 2010 debütierte er bei den
Bayreuther Festspielen als Hans Sachs, die gleiche Rolle sang er dort auch im Folgejahr. Zu
seinen weiteren Opern-Engagements gehören
Jochanaan (Salome) in Wien; Hans Sachs in
Hamburg, Wien, Köln und Budapest, Mandryka (Arabella) in Amsterdam, sowie Germont,
Mandryka und die Titelpartie in Der fliegende
Holländer in Hamburg. Er singt Le Roi (in Massenets Le Cid) in Valencia, Paolo Orsini (Rienzi)
am Teatro Real Madrid und die Titelpartie in
Falstaff in Graz.
j a m e s r u t h e rf o r d
James Rutherford wurde in Norwich geboren. Er studierte Theologie an der Universität
Durham, bevor er sein Studium am Royal College of Music und am National Opera Studio in
London begann. Er erhielt zahlreiche Stipendien und Preise, im Jahr 2000 wurde er BBC New
Generation Artist. 2006 gewann er den Internationalen Wagner-Wettbewerb der Seattle
Opera. Er ist an der English- und Welsh National Opera, der Opera North, der Pariser Opéra,
der Royal Opera Covent Garden, der Staatsoper
Berlin, Chicago Lyric Opera und der San Francisco Opera aufgetreten. Im Konzertsaal tritt
er regelmäßig bei den großen britischen
Festivals und mit den großen englischen Orchestern auf sowie mit den Berliner Philharmonikern, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem SWR-Orchester und
dem Orchester der Bayerischen Staatsoper unter Dirigenten wie Sir Colin Davis, Sir Mark Elder, Thomas Hengelbrock , Christopher Hogwood, Charles Mackerras, Sir Roger Norrington, Sakari Oramo, Sir Simon Rattle, Donald
Runnicles und Leonard Slatkin. Im Jahr 2009
begann er eine enge Verbindung mit der Oper
kath le en ki m
Die koreanische Sopranistin Kathleen Kim
erregte internationales Aufsehen, als sie 2007
erstmals an der Metropolitan Opera auftrat.
An diesem Haus hat sie seither mehrfach in
Rollen des Koloraturfachs reüssiert, zuletzt als
Madame Mao in Nixon in China unter der Regie
von Peter Sellars und der Leitung des Komponisten und als Zerbinetta in Ariadne auf Naxos
unter Fabio Luisi. Auch Barockwerke hat Kathleen Kim oft gestaltet, z.B. an der Central City
52.
Satyagraha von Philip Glass an der English National Opera, die Titelpartie in Maria Stuarda an
der Opera North und Erika in Barbers Vanessa
an der Pacific Opera Victoria. Konzertpartien
hat sie beim Hallé Orchester, dem English
Chamber Orchestra, der Britten Sinfonia und
der Birmingham Contemporary Music Group
gesungen. Mozarts Requiem hat sie mit dem Orchestre de Bretagne und der Northern Sinfonia
aufgeführt, Elgars The Dream of Gerontius mit
dem Hallé Orchester und ein neues Werk von
Michel van der Aa mit dem BBC Symphony Orchestra. In diesem Jahr trat Stephanie Marshall
u.a. als Octavian (Der Rosenkavalier) an der English National Opera auf. Nachfolgende Engagements beinhalten Nancy in Brittens Albert Herring an der Pacific Opera Victoria.
k at h leen k i m Foto Dario Acosta
Opera Colorado in Händels Rinaldo und Amadigi
di Gaula sowie als Agrippina an der Boston Lyric
Opera. In der vergangenen Saison hat sie mehrere Rollendebüts absolivert, darunter die Titelrolle in Donizettis Lucia di Lammermoor an der
Sarasota Opera, die Fee in Massenets Cendrillon
an der Opéra de Lille und die Rollen von Feuer,
Prinzessin und Nachtigall in Ravels L‘enfant et
les sortilèges in Glyndebourne. Im Konzertsaal
sang sie Mozarts Messe c-Moll KV 427 mit dem
Oslo Philharmonic Orchestra unter Manfred
Honeck.
louise poole
Louise Poole studierte an der Guildhall
School of Music and Drama und am National
Opera Studio. Zu ihren Opern-Engagements
gehören die Titelpartie in Carmen an der London City Opera, Ruggiero in Alcina bei der English Touring Opera, Olga in Eugen Onegin an der
English National Opera und der Opéra de Lille,
Partien in Albert Herring, Die Zauberflöte und Die
Krönung der Poppea mit Glyndebourne on Tour
sowie Hippolyta in Brittens A Midsummer Night‘s
Dream an der Glyndebourne Festival Opera. Als
Konzertsängerin hat sie u.a. Händels Dixit Dominus und Vivaldis Gloria in St. John‘s, Händels
Messias in der Royal Festival Hall, Birmingham
Symphony Hall und Royal Albert Hall gesungen. Sie ist in Beethovens Neunter Symphonie
im Barbican aufgetreten und hat die britische
Premiere von Maxwell Davies’ Canticum Cantorum gesungen. In Canterbury hat sie Mozarts
Requiem und Elgars The Apostles aufgeführt. Zu
den jüngsten Engagements von Lousie Poole
zählen Rinaldo mit Glyndebourne on Tour, Elgars The Dream of Gerontius in der King’s College
St e p h a n i e m a r s h a l l
Stephanie Marshall studierte an der McGill
University Montreal und an der Royal Academy
of Music in London. 2001 war sie Gewinnerin
des Kathleen Ferrier Award. Als Mitglied der
English National Opera sang sie Rollen wie
Cherubino (Le nozze di Figaro), Wellgunde (Rheingold und Götterdämmerung) und Mercedes (Carmen). Außerdem sang sie die Rolle der Offred in
der britischen Premiere von Poul Ruders’ The
Handmaid’s Tale, diese Partie gestaltete sie auch
an der Canadian Opera Company. Weitere Engagements beinhalteten Holsts Savitri am
King’s Place; Rollen in Wagners Parsifal und in
53.
Musikfest Berlin 2012
Interpreten
Chapel Cambridge, Messias mit dem Keele
Bach-Choir, Vivaldis L’Olimpiade mit La Serenissima, und Mozarts Requiem in der Cadogan
Hall und mit dem Hallé Orchestra.
M u rr a y H i p k i n
Murray Hipkin studierte an der York University, der Guildhall School of Music and Drama und am National Opera Studio und arbeitete u.a. an der Opéra de Lyon, der Scottish Opera
und Opera Brava. Seit 1995 ist er Mitglied der
English National Opera. Dort ist er als Korrepetitor und Orchester-Pianist an zahlreichen
Produktionen (u.a. Nixon in China) und als assistierender Dirigent tätig, zuletzt für The Death
of Klinghoffer, Madam Butterfly und Dr. Dee. Als
Dirigent leitete er u.a. Werke von Gilbert and
Sullivan an der ENO und zahlreiche Aufführungen britischer Operngruppen. Mit John
Adams erarbeitete er Aufführungen und die
Verfilmung von The Death of Klinghoffer. Im kommenden Jahr wird er Brittens War Requiem
beim Konzerthausorchester Berlin leiten.
s u s a n p l a tt s
Die in Großbritannien geborene kanadische Mezzosopranistin Susan Platts wurde vor
allem für ihre Mahler-Interpretation bekannt.
Im Jahr 2004 wurde sie für die Protégé Arts Initiative von Jessye Norman ausgewählt die weiterhin ihre Mentorin ist. 2010 schrieb der kanadische Komponist Marjan Mozetich, für sie das
Werk Under the Watchful Sky, das sie mit dem
Quebec Symphony Orchestra unter Yoav Talmi
uraufführte. Sie sang an der Mailänder Scala,
am Teatro di San Carlo, Neapel, in der Carnegie
Hall und am Lincoln Center in New York. Sie
trat u.a. mit den Orchestern von Montreal, Cleveland, Philadelphia und Minnesota, dem Orchestre de Paris und dem Los Angeles – und St.
Paul Chamber Orchester auf. Unter den Dirigenten, mit denen sie zusammengearbeitet
hat, sind Yannick Nézet-Séguin, Roberto Abbado, Sir Andrew Davis, Christoph Eschenbach,
Eliahu Inbal, Kent Nagano, Sir Roger Norrington, Itzhak Perlman und Pinchas Zukerman.
Susan Platts hat Mahlers Das Lied von der Erde
mit dem Tokyo Metropolitan Orchestra unter
Gary Bertini und die Lieder eines fahrenden Gesellen mit den Smithsonian Chamber Players und
Santa Fe Pro Musica aufgenommen, Lieder von
Brahms mit Steven Dann und Lamert Orkis
eingespielt, eine CD geistlicher Kunstlieder
mit Dalton Baldwin und ihre erste Solo-CD mit
Liedern von Brahms, Robert und Clara Schumann.
p a u l c u rr a n
Der Regisseur Paul Curran ist Absolvent des
National Institute of Dramatic Art, Sydney,
und der Finnischen Nationaloper. 2007-11 war
er künstlerischer Leiter der Norwegischen Nationaloper. Arbeiten der aktuellen Saison sind
Zauberflöte für die Norwegische Nationaloper,
Rusalka am New National Theatre Tokio, Pagliacci am Königlich Dänischen Theater, Tosca für
die Canadian Opera Company, Albert Herring
für die Los Angeles Opera und eine neue Produktion von A Midsummer Night’s Dream für die
Oper Rom. Zu seinen bekanntesten Regiearbeiten zählen Die Zarenbraut für die Royal Opera
Covent Garden, Tannhäuser an der Mailänder
Scala, La Bohème, Billy Budd, Albert Herring und
Peter Grimes für die Santa Fe Opera, I Lombardi in
Florenz, Die Fledermaus und Die Krönung der Poppea am Royal College of Music; Ariadne auf Naxos
und Daphne (DVD) am La Fenice Venedig, Cherubin (DVD) in Cagliari, Peter Grimes und Othello in
Triest; Peter Grimes für die Washington National Opera, Il trovatore (DVD) in Rom, Bologna
54.
bbc si nger s Foto John Wood
und Tokio sowie Tristan und Isolde für das BBC
Symphony Orchestra. Zukünftige Engagements von Paul Curran beinhalten Neuproduktionen von La Donna del Lago an der Santa Fe
Opera und Tristan und Isolde am La Fenice.
Sopran: Jennifer Adams-Barbaro,
Ildikó Allen, Sarah Dacey, Margaret
Feaviour, Amy Moore, Elizabeth Poole,
Olivia Robinson, Alison Smart, Emma Tring
Alt: Lynette Alcántara, Julia Batchelor-Walsh,
Morag Boyle, Margaret Cameron, Jacqueline
Fox, Ruth Gibbins, Vanessa Heine,
Cherith Millburn-Fryer, Stephanie Seeney
Tenor: Christopher Bowen, Edward Goater,
Stephen Jeffes, Robert Johnston, Neil
MacKenzie, Andrew Murgatroyd, Gerard
O’Beirne, Alastair Putt, Philip Salmon
Bass: Stephen Charlesworth, Charles Gibbs,
Jamie W Hall, Tom Oldham, Adrian Peacock,
Paul Parfitt, Edward Price, Andrew Rupp,
John Ward
bbc singers
Die BBC Singers sind eine vitale Ressource
der Musik-Produktion der BBC und ein wichtiger Teil des britischen Musiklebens. Das
24-köpfige Ensemble hat ein einzigartiges Repertoire von Byrd bis Birtwistle, von Tallis bis
Takemitsu. Die Aufführung von neuesten Partituren brachte das Ensemble mit wichtigen
Komponisten und Dirigenten des 20. und
21. Jahrhunderts zusammen, unter ihnen Poulenc, Britten und Pierre Boulez. Die BBC Singers konzertieren in ganz Großbritannien und
im Ausland. Sie arbeiteten regelmäßig mit den
Orchestern der BBC zusammen sowie mit Ensembles für historische Aufführungen und für
zeitgenössische Musik. Die Tätigkeit des Chores schließt regelmäßige Zusammenarbeit mit
Jugend- und Amateur-Chören, jungen Sängern
und Dirigenten ein.
Chief Conductor David Hill
Principal Guest Conductors
Paul Brough, Bob Chilcott
Conductor Laureate Stephen Cleobury
Associate Composer Gabriel Jackson
General Manager Paul Hughes
Choral Manager Helen Blythe
Tours Manager Kathryn Aldersea
Co-ordinator Ruth Potter
55.
Musikfest Berlin 2012
Interpreten
niertes Projekt am Barbican Centre sind die
»Total Immersion Days«, an denen jeweils über
einen Tag hinweg das Schaffen eines zeitgenössischen Komponisten intensiv beleuchtet wird.
In dieser Saison sind die Immersion Days Jonathan Harvey, Brett Dean und Arvo Pärt gewidmet. Ein be sonderer progra mmatischer
Schwerpunkt des Orchesters in dieser Saison
bildet das symphonische Schaffen von Jean Sibelius.
Das BBC Symphony Orchester hat in seiner
Geschichte begehrte Künstler als Chefdirigenten an sich binden können, zu denen unter anderem der Gründungsdirigent Sir Adrian
Boult, der dem BBC Symphony Orchestra 20
Jahre lang vorstand, Colin Davis und Pierre
Boulez gehören. Seit dem Jahr 2006 war Jiří
Bělohlávek Chefdirigent des Orchesters, die Position des Prinzipal Guest Conductors hat David Robertson inne. Fest mit dem Orchester ist
zudem sein langjähriger Chefdirigent (1989 2000) und nunmehriger Ehrendirigent Sir Andrew Davis verbunden. Als Designierter Chefdirigent hat der Finne Sakari Oramo, ehemals
Nachfolger Sir Simon Rattles beim City of Birmingham Symphony Orchestra, die Leitung
des BBC Symphony Orchestra übernommen.
Die Diskographie des Orchesters ist so umfangreich wie vielfältig. Tondokumente von
bedeutendem historischen Wert stehen neben
aktuellen Produktionen wie der Aufnahme von
Janáčeks selten zu hörender Oper Die Ausflüge
des Herrn Brouček, die 2008 von der renommierten Zeitschrift Gramophone als Opernaufnahme des Jahres ausgezeichnet wurde.
Neben seiner Konzerttätigkeit engagiert
sich das BBC Symphony Orchestra im Bildungsbereich und bietet das ganze Jahr über
verschiedenen Projekte wie spezielle Familienkonzerte, Workshops in Schulen und das sehr
erfolgreiche BBC SO Family Orchestra an.
b b c s y mp h o n y o r c h e s tr a
Seit seiner Gründung im Jahr 1930 spielt
das BBC Symphony Orchestra eine zentrale
Rolle im britischen Musikleben. Als wichtigster unter den sechs Klangkörper der BBC ist es
das musikalische Aushängeschild des Senders,
der die Konzerte des Orchesters im Radio und
etliche auch im Fernsehen überträgt. Mit jährlich mindestens 12 Konzerten bildet das Orchester das Rückgrat der berühmten Londoner
Sommerkonzerte, der Proms, und bestreitet
dabei traditionell sowohl das Eröffnungs- wie
das Abschlusskonzert, die in alle Welt übertragene »Last Night of the Proms«. In den letzten
Jahren haben seine Konzertreisen das BBC
Symphony Orchestra unter anderem nach Japan, Südkorea, China, Taiwan und Deutschland geführt, wo es 2009 auch beim Musikfest
Berlin auftrat.
Neben der Pflege des traditionellen Repertoires hat sich das Orchester in einem weit über
das Gewöhnliche hinausgehenden Maß der
Pflege zeitgenössischer Werke und der Musik
des 20. Jahrhunderts verschrieben. Seit seinem
Bestehen hat es über 1000 Werke zur Uraufführung oder zur britischen Erstaufführung gebracht. Schon Arnold Schönberg und Anton
Webern haben mehrfach als Dirigent eigener
Kompositionen vor dem BBC Symphony Orchestra gestanden und auch Werke von Dimitri
Schostakowitsch und Sergej Rachmaninow
sind erstmals von diesem Orchester dem englischen Publikum vorgestellt worden. Mit Komponisten wie Luciano Berio, György Ligeti, Elliott Carter, Pierre Boulez, Hans Werner Henze
und Kaija Saariaho lässt sich diese Linie bis in
unsere Tage weiterführen. Um die Neue Musik
hat sich das BBC Symphony Orchestra auch
durch die kontinuierliche Vergabe von Kompositionsaufträgen verdient gemacht.
Das BBC Symphony Orchestra arbeitet eng
mit dem Barbican Centre, dem größten Kulturzentrum Londons, zusammen und veranstaltet dort eine eigene Konzertreihe. Ein ambitio56.
bbc sy mphon y orch estr a Foto Lara Platman
Besetzung
Sakari Oramo Chief Conductor Designate
Jiří Bělohlávek Conductor Laureate
Sir Andrew Davis Conductor Laureate
Semyon Bychkov Günter Wand Chair
Oliver Knussen Artist in Association
Violine I: Laura Samuel (Leader),
Richard Aylwin, Jeremy Martin, Frances
Dewar, Regan Crowley, Shirley Turner
Violine II: Emily Davis, Ruth Hudson,
Daniel Meyer, Lucy Curnow, Tammy Se,
Caroline Cooper
Viola: Norbert Blume, Caroline Harrison,
Philip Hall, Matthias Wiesner
Violoncello: Sue Monks, Graham Bradshaw,
Tamsy Kaner, Marie Strom
Kontrabass: Donald Walker, Richard Alsop,
Marian Gulbicki
Flöte: Daniel Pailthorpe, Rebecca Larsen
Oboe: David Powell, Alison Teale
Klarinette: Richard Hosford, Jessica Lee
Bassklarinette: Emma Canavan
Saxophon: Martin Robertson, Peter Davis,
Timothy Holmes, Christopher Caldwell
Trompete: Gareth Bimson, Martin Hurrell,
Joseph Atkins
Posaune: Helen Vollam, Dan Jenkins,
Robert O’Neill
Schlagzeug: Alex Neal
Klavier: Liz Burley, Stephen Betteridge
Synthesizer: Ian Ryan
General Manager Paul Hughes
Orchestra Manager Susanna Simmons
Concerts Manager Marelle McCallum
Tours Manager Kathryn Aldersea
Senior Librarian Moira Webber
Senior Stage Manager Rupert Casey
Stage Manager Michael Officer
Road Manager Simon Halliwell
Broadcast Assistant Dean Craven
57.
Musikfest Berlin 2012
Musikfest Berlin
Künstlerische
Dr . W i n r ich Hopp
Leitung
Organisationsleitung A n k e Buck en t i n
Organisation Ch loË R ich a r dson, I na St effa n
Programmheft
Redaktion Komponisten- und
Künstlerbiographien Mitarbeit Grafisches Konzept Gesamtherstellung Ber n d K rüger
Dr . Volk er Rü lk e
J u li a n e K au l
St u dio CRR, Zü r ich
M EDI A LIS Offset druck GmbH, Ber li n
© 2012 Berliner Festspiele und Autoren
Veranstalter
Berliner Festspiele
Ein Geschäftsbereich der Kulturveranstaltungen
des Bundes in Berlin GmbH
Gefördert durch den Beauftragten der Bundesregierung
für Kultur und Medien
In Zusammenarbeit mit der Stiftung
Berliner Philharmoniker
Intendant Dr . T homas Ober en der
Kaufmännische
Geschäftsführung Ch a r lot t e Si eben
M e d i e n partn e r
Pa r t n e r
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