Raumspiegelung und Zeitumkehr

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Jan Petersen und Oliver Loesdau
Raumspiegelung und Zeitumkehr
29.11.2004
Raumspiegelung und Zeitumkehr
Vortrag von Jan Petersen und Oliver Loesdau
zum Seminar "Teilchen, Symmetrien und Quantentheorie"
vorgetragen am 29.11.2004
Übersicht
I
II
III
IV
V
Einleitung und Motivation
Theorem von Wigner
Raumspiegelung
Zeitumkehr
Schlussbetrachtung
I)
Einleitung und Motivation
Während kontinuierliche Symmetrietransformationen sowohl in der klassischen Mechanik als auch
in der Quantenmechanik eine entscheidende Rolle spielen (Theorem von E.Noether), spielen
diskrete Symmetrieoperationen - wie Spiegelungen - in der klassischen Mechanik eine unbedeutende Rolle. In der Quantenmechanik jedoch können auch aus diskreten Symmetrien interessante
Ergebnisse gewonnen werden. Das sieht man bereits an folgendem einfachen
Beispiel:
Der Hamiltonoperator des eindimensionalen harmonischen Oszillators lautet
2
1
mw2 2
ÅÅ Å ÅÅÅÅdÅÅÅÅÅ + ÅÅÅÅÅÅÅÅ
ÅÅÅÅÅ x
H = - ÅÅÅÅ
2 m dx2
2
und ist offensichtlich gegenüber der Ersetzung xö(-x) invariant: H(x) = H(-x).
Wenden wir diese Erkenntnis auf die Schrödingergleichung an:
H(x) y(x) = E y(x)
ï H(-x) y(-x) = E y(-x)
ï H(x) y(-x) = E y(-x)
Da y(-x) Eigenfunktion von H zum gleichen Eigenwert wie y(x) ist, und wir ein Problem ohne Entartung
betrachten, können die beiden Wellenfunktionen sich nur um eine Konstante unterscheiden:
y(x) = c y(-x)
(I.1)
Ersetzen wir auf beiden Seiten wieder xö(-x) erhalten wir
y(-x) = c y(x)
und nach einsetzen in (I.1)
c2 = 1
ï
c = 1
y(x)= c2 y(x) ï
Mit (I.1) folgt also
y(x) = y(-x) oder y(x) = - y(-x)
Die Wellenfunktionen des haronischen Oszillators sind also gerade, oder ungerade.
Diese Überlegung gilt für alle nichtentarteten Systeme, derern Hamiltonoperator invariant gegenüber der
Ersetzung xö(-x) ist. Die zugehörigen Eigenfunktionen sind dann automatisch entweder punkt- oder
achsensymmetrisch.
Seminar: Teilchen, Symmetrien und Quantentheorie
S.1
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Raumspiegelung und Zeitumkehr
II)
Jan Petersen und Oliver Loesdau
Theorem von Wigner
Zunächst zwei
Definitionen:
Der unitäre Operator:
Ein beschränkter Operator U: H1L ö H2L , der surjektiv ist, heißt unitär,
wenn er " a,b e , " f,g e die folgenden Eigenschaften besitzt:
(Linearität)
1.
U[af + bg] = a[Uf] + b[Ug]
»X f » g \» = »X Uf » Ug \»
(Isometrie)
2.
Der antiunitäre Operator:
Ein Operator K, der den Hilbert-Raum in umkehrbar eindeutiger Weise auf sich abbildet, heißt antiunitär ,
wenn er " a,b e , " f,g e die folgenden Eigenschaften besitzt:
(Antilinearität)
1.
K[af + bg] = a* [Kf] + b* [Kg]
»X f » g \» = »X Kf » Kg \»
(Isometrie)
2.
und ein
Satz:
1. Für einen antiunitären Operator K und f, g e gilt:
X Kf » Kg \ = X g » f \ = X f » g \*
2. Das Produkt zweier antiunitärer Operatoren ist unitär
3. Das Produkt aus einem unitären und einem antiunitären Operator ist wieder antiunitär.
Bemerkung:
Ein aus 3. folgendes Korollar besagt, dass man jeden antiunitären Operator K als Produkt aus einem festen
antiunitären Operator K0 und einem speziellen unitären Operator U darstellen kann.
Im Vorgriff auf Vortrag 7 zitieren wir nun ein wichtiges Theorem der Quantenmechanik:
Das Theorem von Wigner besagt, dass in der Quantenmechanik Symmetrieoperationen
immer von unitären oder antiunitären Operatoren realisiert werden.
Ein Symmetrieoperator S erhält demnach die Übergangswahrscheinlichkeit zwischen zwei
Zuständen:
»X f » y \» = »X Sf » Sy \»
S.2
Seminar: Teilchen, Symmetrien und Quantentheorie
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Raumspiegelung und Zeitumkehr
III)
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Raumspiegelung
Der Paritätsoperator
Sei er der Zustandsraum eines physikalischen Systems. Der Paritätsoperator ist definiert durch
seine Wirkung auf die Basisvektoren bzw. Eigenfunktionen in er * :
P § ”r ' \ = § - ”r ' \.
Die Matrixdarstellung von P lautet also (bzgl. dieser Basis)
X ”r § P § ”r ' \ = X ”r § - ”r ' \ = dHr” + ”r 'L.
Für einen beliebigen Zustandsvektor †y> gilt dann
† y \ = i yHr÷”i L † ÷r”i \
(III.1)
÷
”
÷
”
Ersetzt man ri durch -ri ' , also
† y \ = i yH-r÷”i 'L † -r÷”i ' \
so ergibt sich nach Anwenden des Paritätsoperators auf diesen Zustand:
÷” ÷”
P †y\ =
(III.2)
i yH-ri 'L † ri ' \
Vergleichen von (1) und (2) zeigt, dass P in der Ortsdarstellung ”r in - ”r unwandelt.
Es folgt also:
X ”r § P † y \ = yH - ”r L.
Fazit:
Geht man also davon aus † y \ beschreibe ein System S , so beschreibt P † y \ das System, welches man
aus S durch Spiegelung am Koordinatenursprung erhält !
Eigenschaften von P
æ Zweifaches Spiegeln gibt wieder die Identität
P2 † ”r \ = P H P † ”r \ L = P † -r” \ = † ”r \
P2 =
Ø P = P-1
æ Wir hatten oben gezeigt, dass für † y \ =
P †y\ =
yH-r÷”L † ÷r” \
i
i
i
yHr÷”i L † ÷r”i \
i
ist, und daher
X ”r § P † y \ = yH - ”r L.
Umgekehrt kann man jedoch auch einfach schreiben
X- ”r § y \ = yH - ”r L ,
womit folgt, dass
X ”r § P † y \ = X- ”r § y \
ï X ”r § P = X- ”r §
da † y \ beliebig.
Nimmt man andererseits die eigentliche Definition von P , also P § ”r ' \ = § - ”r ' \ und berechnet
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†
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\
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den hermitesch konjugierten Ausdruck hiervon,
X ”r § P† = X- ”r §
so ergibt sich durch Vergleich dieser beiden Gleichungen, die zweite Eigenschaft von P :
P† = P
Zusammenfassend gilt dann:
P † = P = P-1
Der Paritätsoperator ist also unitär und hermitesch. Es handelt sich damit hier um einen Symmetrieoperator.
æ Der Paritätsoperator ist ein linearer Operator:
Es gilt also:
P @l1 y1 Hr”L + l2 y2 Hr”LD = l1 P y1 Hr”L + l2 P y2 Hr”L
æ Wirkung auf Operatoren:
è
Der zu einem beliebigen Operator B transformierte Operator B
è
B = P B P-1
erfüllt folgende Beziehung:
é
X ”r § B † ”r ' \ = X -r” †B§ - r” ' \
Konkrete Beispiele für bekannte Observablen, sprich Operatoren
é
Q = P Q P-1 = -Q
é
l = P l P-1 = l
é
p = P p P-1 = - p
é
s = P s P-1 = s
(III.3)
(III.4)
wobei (III.3) als ungerade Operatoren, (III.4) als gerade Operatoren bezeichnet werden.
Man sagt auch ein Operator ist "unter Raumspiegelung gerade", bzw. er hat "gerade Parität".
Die meisten bekannten phyikalischen Systeme, d.h. deren Hamilton-Operatoren, sind unter Raumspiegelung invariant, aber es gibt auch Gegenbeispiele. Dazu jedoch später.
Zum Verständnis: Transformiert man sowohl Operator (der z.B. eine Messung an einer Messaparatur beschreibt), wie auch Zustand, so erhält man stets denselben Erwartungswert, den man ohne
Transformation erhalten würde.
S.4
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29.11.2004
æ Eigenwerte:
Da P2 = ist müssen natürlich auch die Eigenwerte zu den Eigenfunktionen von P die Werte ±1
besitzen:
P P † n \ = P n † n \ = n2 † n \
bzw.
P2 † n \ = 1 † n \
ö
n2 = 1
ï
n =
1
für n und † n \ beliebig
Ist der Eigenwert +1, so ist die Eigenfunktion unter Raumspiegelung invariant.
Bedeutung von P für physikalische Systeme
Ob P mit dem Hamiltonoperator vertauscht oder nicht, ist gleichbedeutend mit der Frage, ob das
System unter Raumspiegelung invariant ist.
Betrachten wir einen Hamiltonoperator der Form H = H+ + H- , wobei H+ unter P gerade und
H- ungerade sein soll. Man sieht leicht ein, dass dieser kein wohldefiniertes Verhalten unter P
besitzt, d.h. er ist unter Raumspiegelung stets weder gerade, noch ungerade. Ein gerader Term H+
existiert immer, da die kinetische Energie gerade Parität hat. Somit ist jeder Hamiltonoperator
wohldefiniert, falls kein Term mit ungerader Parität auftritt und die Wechselwirkung unter Raumspiegelung invariant.
2
ÅÅ Xs\p ist ein Beispiel für einen Term H- ungerader
Die longitudinale Polarisation des Elektrons ÅÅÅÅ
» p»
Parität. Solche Terme treten bei der Schwachen Wechselwirkung auf, die die Invarianz unter
Raumspiegelung verletzt.
Beispiel der Wirkung von P auf Eigenfunktionen des Bahndrehimpules
Vertauscht der Hamilton-Operator mit P so lassen sich gemeinsame Eigenfunktionen finden um
das System zu beschreiben.
Es gilt:
mit
P Ra HrL Yl,m Hq, fL = Ra HrL Yl,m Hp - q, f + pL
Yl,m Hq, fL = N Pl m Hcos qL ‰ i m f
m
ÅÅÅÅÅ
Å „m
Pl m HzL = H-Lm H1 - z2 L 2 ÅÅÅÅ
ÅÅÅÅÅ Pl HzL
„zm
l
1
„L
2
Pl HzL = ÅÅÅÅ
ÅÅÅÅÅ ÅÅÅÅÅÅÅÅ Hz - 1L
2l l! „zl
P wirkt natürlich nur auf Yl,m , da in Ra HrL nur der Betrag des Radius eingeht und dieser sicher
invariant unter Raumspiegelung ist. Das Problem verringert sich nun also auf die Gleichung:
P Yl,m Hq, fL = Yl,m Hp - q, f + pL. Ziel ist es nun, zu untersuchen, welche Änderungen unter Raumspiegelung für Yl,m auftreten. Relevant sind nur die Terme, die auch vom Paritätsoperator
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S.5
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verändert wurden, sprich Terme in denen f ö f+p ; q ö p-q ; z = cos q ö -z = - cos q:
Pl H-zL :
æ HH-z2 L - 1L invariant
„
„
„l
„l
ÅÅÅÅ Ø - ÅÅÅÅ
ÅÅÅÅ
ÅÅÅÅ
ÅÅÅÅÅ Ø H-Ll ÅÅÅÅ
ÅÅÅÅÅ
æ ÅÅÅÅ
„z
„z
„ zl
„ zl
l
Pl m H-zL:
æ H1 - H-z2 LL 2 invariant
„
„
„m
„m
ÅÅÅÅ Ø - ÅÅÅÅ
ÅÅÅÅ
ÅÅÅÅ
ÅÅÅÅÅÅ Ø H-Lm ÅÅÅÅ
ÅÅÅÅÅÅ
æ ÅÅÅÅ
„z
„z
„ zm
„ zm
ÅÅÅÅmÅ
Yl,m Hp - q, f + pL:
æ ‰ Â m f Ø ‰ Â m Hp + fL = ‰ Â m p ‰ Â m f und somit
‰ Â m p = cos HmpL + Â sin HmpL = H-Lm
Die Änderungen von P Yl,m Hq, fL im Vergleich zu Yl,m Hq, fL sind also:
H-Lm H-Ll H-Lm = H-Ll H-L2 m = H-Ll
Sprich:
P Yl,m Hq, fL =
H-Ll Yl,m Hq, fL
(III.5)
Diese Aussage hat für die Diskussion von Auswahlregeln große Bedeutung, um dazu jedoch ein
weiteres Beispiel betrachten zu können, benötigen wir noch eine zweite wichtige Formel:
Übergangsbedingung aus dem Paritätsoperator
Allgemein gilt, wenn yi Anfangszustand, y f Endzustand und O yi = y f , dass:
H y f , O yi L = H y f , P-1 P O P-1 P yi L
é
= I y f , P † O P yi M
é
= I P y f , O P yi M
Seien nun die yi, f Eigenfunktionen von P (z.B. die Yl,m ) mit den dazugehörigen Eigenwerte
é
gemäß P yi, f = H-LPi, f yi, f und es gelte außerdem O = H-LPO O. Dann folgt weiter
é
I P y f , O P yi M = H H-LP f y f , H-LPO O H-LPi yi L
= H H-LP f y f , H-LPO +Pi O yi L
H y f , O yi L = H-LP f H-LPO +Pi H y f , O yi L
Linke und rechte Seite sind jedoch nur gleich für
Also:
H-LP f = H-LPO +Pi
(III.6)
Für alle weiteren Möglichkeiten gibt das Skalarprodukt null.
Die Parität des Anfangszustandes multipliziert mit der Parität des Operators muss also gleich der
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Parität des Endzustandes sein! Dies ist die zweite wichtige Regel, die wir benötigt haben um nun
das abschließende Beispiel verstehen und lösen zu können:
Übergänge im H-Atom durch elektro-magnetische Strahlung
Der Wechselwirkungsoperator für elektro-magnetische Strahlung ist jl Hk rL Yl,m , wobei jl Hk rL
die sphärischeBesselfunktion, k eine Wellenzahl ist und Yl,m die Eigenfunktionen des Bahndrehimpulses. Außerdem ist hier H-LPO ª H-Ll .
Das Übergangsmatrixelement, dessen Betragsquadrat proportional zur Wahrscheinlichkeit für
diesen Übergang ist, ist also gegeben durch:
Xn' l ' m'§ jl Hk rL Yl,m †n l m\
Vergleichen wir dieses mit der Rechnung für die Übergangsbedingung, so erkennt man sehr schnell
das es sich hier nur um einen Spezialfall der allgemeinen Übergangsbedingung handelt.Da das
Übergansmatrixelement eine Wahrscheinlichkeitsamplitude als Ergebnis liefert leuchtet nun auch
anschaulich ein, was es bedeutet, wird dieses Matrixelement Null. Der Übergang von Zustand
†n l m\ in Zustand †n' l ' m'\ findet nie statt.
Gleichung (III.6) wird hier also zu:
H-Ll' = H-Ll H-Ll
ï H-Ll' = H-Ll+l
Betrachtet man nun zB. speziell elektrische Dipolübergänge, so ist l=1 und damit die Parität des
Wechselwirkungsopertor gleich 1, denn H-Ll' = H-Ll+1 . Die Parität von Anfangs- und Endzustand
müssen also verschieden sein.
Konkreter ausgedrückt: Ein 2p-Zustand zum Beispiel, der ja, weil l = 1, wegen Gleichung (III.5)
ungerade Parität hat, kann durch einen elektrischen Dipolübergang in den 1s-Zustand übergehen,
nicht jedoch ein 2s-Zustand. Der elektrische Dipolübergang entsteht durch Multipolentwicklung
des Wechswirkungsoperator (in erster Ordnung) jl Hk rL Yl,m . (Der Wechselwirkungsoperator für
den elektrischen Dipolübergang lautet: e r).
Fazit:
All dies haben wir nur herausgefunden, durch Feststellen der Wirkung von P auf Yl,m Hq , f L , sowie durch
Umschreiben des Übergangsmatrixelements mit Hilfe des Paritätsoperators und der Forderung, dass natürlich immernoch dasselbe herauskommen muss.
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Raumspiegelung und Zeitumkehr
IV)
Jan Petersen und Oliver Loesdau
Zeitumkehr
Bewegungs- und Zeitumkehr in der klassischen Mechanik
Betrachten wir ein klassisches, zeitlich translationsinvariantes System, beschrieben durch die
verallgemeinerten Koordinaten q und die kanonisch konjugierten Impulse p. Die Hamiltonfunktion
sei H(q,p).
HHq, pL
HHq, pL
ÅÅÅÅÅÅÅÅ
ÅÅÅ
p† = - ÅÅÅÅÅÅÅÅ
ÅÅÅÅÅÅÅÅ
ÅÅÅ
Es folgen die Bewegungsgleichungen
q† = ÅÅÅÅÅÅÅÅ
p
q
Außerdem seien
qHt = 0L = q0
pHt = 0L = p0
qHt1 > 0L = q1
pHt1 > 0L = p1
Der zur Zeit t1 zeitumgekehrte Zustand ist definiert durch
und
p' Ht1 L = - p1 .
q' Ht1 L = q1
Erreicht das System nun nach der Zeit t wieder den Ausgangszustand (q0 , p0 ), so heißt das System
zeitumkehrinvariant.
êêê
Die Hamiltonfunktion wird bei Zeitumkehr zu H = H Hq, - pL. Ist die Hamiltonfunktion quaêêê
dratisch in p, so ist H = H und es folgt für die Bewegungsgleichungen:
HHq, pL
ÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅÅ = -q°
q† ' = ÅÅÅÅÅÅÅÅ
H- pL
HHq, pL
p† ' = - ÅÅÅÅÅÅÅÅ
ÅÅÅÅÅÅÅÅ
ÅÅÅ = p°
q
In diesem Fall läuft das System also zurück und ist zeitumkehrinvariant.
Bemerkung:
Wir sehen hier, dass Zeitumkehr nichts mit rückwärtslaufenden Uhren zu tun hat. Die Zeitumkehr ist
eigentlich eine Bewegungsumkehr und kann somit auch experimentell realisiert werden.
Bewegungs- und Zeitumkehr in der Quantenmechanik
In der Quantenmechanikwird die Bewegungsumkehr durch einen antiunitären Operator T auf dem
Hilbertraum dargestellt. Die Wirkung auf Ort, Impuls, Bahndrehimpuls sollen analog zum klassischen Fall gegeben sein durch
T P T -1 = -P
T l T -1 = -l .
(IV.1a)
T Q T -1 = Q
Der eindimensionale Fall
Betrachten wir die Schrödingergleichung für ein System ohne Spin. Wenn H mit T vertauscht, also
zeitunabhängig ist, dann muß T auch die Schrödingergleichung forminvariant lassen, d.h.
d
ÅÅÅÅÑi ÅÅÅÅ
Å yHt, xL = H yHt, xL
dt
ìTï
d
- ÅÅÅÅÑi ÅÅÅÅ
Å TyHt, xL = H TyHt, xL
dt
Diese Forderung wird erfüllt, wenn wir T mit der komplexen Konjugation K0 identifizieren.
Betrachten wir die Transformation des Zeitentwicklungsoperators exp@- ÅÅÅÅÑi H tD unter T ª K0 :
S.8
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T exp@- ÅÅÅÅÑi H tD T-1 = exp@+ ÅÅÅÅÑi H tD
Wenn also ein Zustand y zur Zeit 0 nach der Zeit t in den Zustand f übergeht, f = exp@- ÅÅÅÅÑi H tDy,
dann läuft die Zeitentwicklung für die bewegungsumgekehrten Zustände in der gleichen Zeit von
Tf nach Ty, exp@- ÅÅÅÅÑi H tDTf = Ty. T realisiert also eine Umkehr der Zeitrichtung.
i y+ y
Enthält die Wellenfunktion y einen Spin 1/2, so ist sie zweikomponentig y = j z .
k y- {
Zusätzlich zu den Relationen (IV.1a) soll hier für den Spinoperator gelten
T s T - 1 = -s
(IV.1b)
0
und wir setzen die Zeitumkehr an mit T= UK , wobei U eine noch zu bestimmende unitäre Transformation ist.
*
ij y+ yz
ij y+ yz
=U *
ïT
k y- {
k y- {
Damit (IV.1b) erfüllt ist, muss U s*j U † = -s j gelten, wobei s j die Paulimatrizen sind:
i0 1 y
i 0 -i y
i1 0 y
s1 = j
s2 = j
s3 = j
z
z
z
k1 0 {
ki 0 {
k 0 -1 {
Wellenfunktion mit Spin
Wegen s*2 = -s2 muss U mit s2 vertauschen, wegen s*i = si Hi = 1, 3L mit s1 und s3 jedoch
antikommutieren. Dies ist erfüllt für U = s2 selbst, und U ist damit bis auf einen Phasenfaktor
festgelegt. Konventionell setzt man
i 0 1y
U = is2 = j
z
k -1 0 {
Theorem von Kramers
Offensichtlich bewirkt U eine Drehung um p um die 2-Achse:
U = is2 = DH1ê2L (0, p, 0)
i cosHq ê 2L e i Hy + fL ê 2 sinHq ê 2L e i Hy - fL ê 2
wobei DH1ê2L (y, q, f) = jjj
-i Hy - fL ê 2 cosHq ê 2L e -i Hy + fL ê 2
k sinHq ê 2L e
yz
zz
{
Dies führt zu einem interessanten Ergebnis. Wir führen die Zeitspiegelung zweimal aus und erhalten (da U reell gewählt wurde):
2
T2 = UK0 UK0 = U2 HK0 L = DH1ê2L (0, 2p, 0) = H-L2 j
Denn wie wir (aus Vortrag 2: Eulersche Winkel, Drehmatrizen und Spin) wissen, liefert für ein
System mit Drehimpulszahl j eine Drehung um 2p nicht die Identität, sondern gerade H-L2 j
Somit ist für einen ganzzahligen Drehimpuls T2 = , für halbzahligen Drehimpuls ist T2 = - .
Insbesondere gilt für ein System mit N Fermionen T2 = H-LN .
Wir betrachten nun für ein System ungerader Anzahl von Fermionen die Eigenwertgleichung
Hy=Ey unter der Annahme, dass H mit T vertauscht, d.h. es gilt auch H(Ty)=E(Ty)
Dann muss auch Ty Eigenfunktion zum Eigenwert E sein. Außerdem ist Tyªf orthogonal zu y:
X » \ X
»
\ X
»
\
X »
\
X » \
X »
\
Seminar: Teilchen, Symmetrien und Quantentheorie
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Raumspiegelung und Zeitumkehr
X y » f \ = X Tf » Ty \ = X TTy » Ty \ = – X y » Ty \ = – X y » f \
Jan Petersen und Oliver Loesdau
ï
X y » Ty \ = 0
Die Wellenfunktionen y und sind Ty also verschieden. Dies ist das
Theorem von Kramers:
Für ein System mit einer ungeraden Anzahl von Fermionen ist der Entartungsgrad der
Eigenwerte des Hamiltonoperators immer gerade, d.h. mindestens zwei.
S.10
Seminar: Teilchen, Symmetrien und Quantentheorie
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Raumspiegelung und Zeitumkehr
V)
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Schlussbetrachtung
æ Allgemein ist zunächst einmal festzuhalten, dass die Berücksichtigung von Symmetrien, für die
Bewältigung eines physikalischen Problems, erhebliche Vorteile mit sich bringt. Doch nicht nur
das, in der QM lassen sich sogar unmittelbar physikalische Phänomene damit erklären. Im Beispiel
der Raumspiegelung die Auswahlregeln für Übergänge; für Zeitumkehr das Theorem von Kramers.
æ Die dritte wichtige diskrete Symmetrieoperation ist die Ladungskonjugation, C. Dieser Operator ersetzt alle Ladungen durch ihr Negatives.
Sie steht in tiefem Zusammenhang mit Raumspiegelung und Zeitumkehr. Ein fundamentales
Theorem der Quantenfeldtheorie (Lüders und Pauli, Jost) besagt, dass eine Lorentz-invariante
Theorie, die gewisse Lokalitäts- bzw. Kausalitätseigenschaften besitzt, unter dem Produkt PCT
invariant ist.
æ Historisches:
Zuerst dachte man die Symmetrien werden jeweils einzeln erhalten, bis Wu und Garwin 1957 nachwiesen, dass C und P in der schwachen Wechselwirkung sogar maximal verletzt sind. Jedoch hielt man
die Kombination von C und P für noch erhalten bis Christenson , Cronin und Fitch zeigten 1964, dass
auch CP in der Schwachen Wechselwirkung verletzt wird, und zwar beim Zerfall der neutralen K-Mesonen. Stimmt das oben genannte Theorem zum Produkt PCT, muß also auch die Invarianz unter
Zeitumkehr verletzt werden, was bis heute jedoch nicht nachgewiesen werden konnte.
æ Die CP-Verletzung der Schwachen Wechselwirkung ist eine der drei Vorraussetzungen, dass im
Universum eine Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie entsteht. Es hat also eine unmittelbare Bedeutung für unsere Existenz! (Sacharov 1967)
2 Experimente erforschen zur Zeit diese Verletzung:
ä BaBar im Beschleunigerzentrum SLAC (USA)
ä Belle im Beschleunigerzentrum KEK (Japan)
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S.11
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Raumspiegelung und Zeitumkehr
Jan Petersen und Oliver Loesdau
Literatur
SCHECK, F.: Theoretische Physik, Band 2: Nichtrelativistische Quantentheorie, Springer, Berlin,
Heidelberg, New York 2000
SCHWABEL, F.: Quantenmechanik für Fortgeschrittene, Springer, Berlin, Heidelberg, New York 2000
GRAWERT, G: Quantenmechanik, AULA-Verlag, Wiesbaden 1989
COHEN-TANNOUDJI, C / DIU, B / LALOE, F: Quantenmechanik, de Gruyter, Berlin, New York 1999
FICK, E: Einführung in die Grundlagen der Quantentheorie, AULA-Verlag, Wiesbaden 1984
WIGNER, E. P.: Group Theory and its Application to the Quantum Mechanics of Atomic Spectra,
Academic Press, New York, London 1959
FLEISCHER, R.: Neue Ergebnisse zur CP-Verletzung in Physik Journal, WILEY-VCH Verlag,
Weinberg, 3. Jahrgang (2004), Nr. 11. S. 18f
NAICA-LOEBELL, A.: Materie und Antimaterie, http://www.heise.de/tp/r4/artikel/7/7675/1.html,
heise online, Hannover 2001
S.12
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