Perikardhöhle und Herzentwicklung stehen zwei dünne Klappen, die später verstreichen. Am erwachsenen Herzen sind an der Einmündung der V. cava inf. und des Sinus coronarius oft noch klappenartige Vorsprünge als Reste der Sinusklappen erhalten. Vorhofsepten und Septierung der Ausstrombahn An der Hinterwand des Vorhofes entsteht nun ein Septum primum, das unten ein oder mehrere kleine Löcher bekommt (Foramen primum), die sich aber bald wieder verschließen. Stattdessen entsteht hinten-oben eine etwas größere ovale Öffnung (Foramen secundum), die von einem rechts vom Septum primum herunterwachsenden, jedoch unvollständig bleibenden Septum secundum bogenförmig überwachsen und so zum Foramen ovale wird, das bis zur Geburt bestehen bleibt (Abb. 42). Wenn nach der Geburt die Lungenatmung einsetzt und der Druck im linken Vorhof ansteigt, schlägt die vom Septum primum gebildete »Tür« zu und verklebt mit dem Septum secundum, so dass die Vorhöfe dann vollständig getrennt sind. Sollten kleine Dehiszenzen bestehen bleiben, sind sie in der Regel funktionell ohne Bedeutung. Nun folgt ein Vorgang, der für die weitere Herztrennung von entscheidender Bedeutung ist, nämlich die Bildung von zwei Endokardkissen am Übergang vom Vorhof in die Kammer. Durch die beiden von ventral und dorsal vorwachsenden Endokardkissen wird der ursprünglich breite Atrioventrikularkanal (auch Ohrkanal oder Aurikularkanal genannt) eingeengt und schließlich nach deren Verwachsung mit dem Septum interventriculare in zwei Öffnungen, die Anlagen der beiden atrioventrikularen Ostien, unterteilt. Hier entstehen später die Trikuspidalund Mitralklappen (Abb. 43). Durch diesen Prozess wird wahrscheinlich die Blutströmung in der anschließenden Ausstrombahn, d.h. im Bulbus cordis (Conus und Truncus cordis), so verändert, dass zwei spiralig gedrehte Strömungen resultieren, 81 die anschließend durch die schraubenförmige Septierung der Ausstrombahn und die Bildung zweier, voneinander getrennter Gefäße (Aorta und Truncus pulmonalis) auch morphologisch manifest werden. An der Septierung der Ausstrombahn beteiligen sich auch die Bulbuswülste (Konuswülste) (Anlagen der Taschenklappen), die Trunkuswülste und die zum Septum aorticopulmonale verschmelzenden Endothelkissen des großen Gefäßstammes, der auch als Aortenwurzel bezeichnet wird. Das Mesenchym dieser Wülste und Septen stammt aus der Neuralleiste des Rautenhirns und wandert über die 3., 4. und 6. Pharyngealbogenarterie in die Ausstrombahn des Herzens ein (Abb. 41). Das Mesektoderm des Kopfes ist damit entscheidend an der lemniskatischen Umgestaltung des Kreislaufs beteiligt. Die Verschmelzung der Bulbuswülste erfolgt nicht in einer Ebene, sondern in einer sich spiralig drehenden Ebene, so dass die Aorta hinten in den linken Ventrikel, der Truncus pulmonalis dagegen mehr vorne in den rechten Ventrikel »eingeschraubt« wird (Abb. 43). Durch Verschmelzung der konotrunkalen Wülste mit dem Kammerseptum wird die Herztrennung vollständig (Abb. 43b). Das gallertige, lockermaschige Gewebe der Bulbuswülste bildet sich nach der Septumbildung wieder zurück, nur die unteren Abschnitte bleiben erhalten und differenzieren sich zu festen Bindegewebsplatten, die zu den Taschenklappen werden. Die charakteristische Form der Taschenklappen mit ihren Y-förmigen Öffnungen weist noch auf diesen Entstehungsmodus hin (Abb. 43c und d). Funktionelle Gesichtspunkte: Die Zentralisation des Herzens besteht aber nicht nur in der Septierung, sondern auch in der Änderung der Arbeitsweise und der räumlichen Verlagerung des Herzens zur Körpermitte hin. Der einfache, ungeteilte Herzschlauch zeigt anfangs noch eine Kontraktionsform, die einer peristaltischen Welle vergleichbar ist. Die Kontraktionswelle läuft vom Sinus venosus (unten) bis zum Truncus 82 Körperhöhlen und Organsysteme Septum secundum Septum primum Septum primum Sinusklappen For. ovale (sec.) Atrium dext. For. ovale primum Atrium sin. Endokardkissen Li. Ventrikel Re. Ventrikel Septum interventriculare Septum interventriculare a) b) Aorta Truncus pulmonalis V. cava sup. Pulmonalklappe Septum secundum Trikuspidalklappe For. ovale Septum primum V. cava inf. c) d) M. papillaris Abb. 42. Entstehung der Vorhofsepten (Frontalschnitte durch die Herzanlage): a) etwa 28. Tag, b) etwa 36. Tag. c) Längsschnitt durch das rechte Herz (etwa 8. Woche). Die beiden Vorhofsepten verschmelzen mit den Endokardkissen. Das For. ovale (secundum) bleibt bis zur Geburt offen. Roter Pfeil = Richtung des arteriellen Blutstromes aus der Plazenta über die V. umbilicalis sin.; blauer Pfeil = Richtung des mehr venösen Blutes aus der oberen Körperhälfte. Re. Ventrikel d) Schema der Wachstumsprozesse, die zur Herztrennung führen, und zwar im Vorhofbereich durch die Bildung des Septum primum (blau) und Septum secundum (rote Linien = Wachstumsphasen; roter Pfeil = Wachstumsrichtung), im Kammerbereich durch die Bildung des Septum interventriculare (breiter Pfeil) und im Bereich der späteren Ventilebene durch die Verschmelzung der Endokardkissen (gelb, dünne Pfeile). Perikardhöhle und Herzentwicklung 83 1 Trunkusleisten 4 Vorhof 3 2 Trunkuswülste c) Bulbuswülste 3 2 Septum interventriculare Atrioventrikularkanal a) Ventrikel Aorta Truncus pulmonalis Truncus pulmonalis Re. Vorhof Ostium atrioventriculare dext. b) 4 1 d) T Abb. 43. Septierung der Ausstrombahn des Herzens: a) etwa 5. Woche, b) etwa 9. Woche. Im Truncus arteriosus bilden sich zwei Leisten (gelb und blau), die zum Septum aorticopulmonale in Richtung Ventrikel miteinander verschmelzen und dabei Kontakt mit den beiden Trunkuswülsten bekommen. Im Bereich des Bulbus cordis (Conus) entstehen ebenfalls mesenchymale Verdickungen (Bulbus- oder Konuswülste), die in den Septierungsprozess einbezogen werden, wobei sich der Bulbus verkürzt und in die Ventrikel eingliedert. Am unteren Ende der Bulbuswülste entstehen durch teilweise Rückbildung des Mesenchyms die sehnigen Taschenklappen Aorta (Abb. c u. d). Dadurch, dass die beiden Leisten des Septums in spiraliger Form miteinander verwachsen (Abb. b), Septum kommt es zur Torquierung der dadurch entstandenen beiaorticoden großen Gefäße der Ausstrombahn (Aorta und Trunpulmonale cus pulmonalis), d. h. zur Einpflanzung der Aortenwurzel Bulbuswulst in den linken und der Pulmonaliswurzel in den rechten Ven(Anlage der trikel (Pfeile in Abb. b). Die Endokardpolster verwachsen Taschenklappe) mit dem Septum interventriculare (der weiter vorgewachsene Teil ist heller getönt), so dass der AtrioventrikularkaHerzskelettnal in die beiden Atrioventrikularklappen (Segelklappen anlage des rechten und linken Herzens) aufgeteilt wird. Septum c) und d) Im Truncus arteriosus bilden sich außer den beiinterventriden zum Septum aorticopulmonale verschmelzenden culare Leisten (3 und 4) dorsal und ventral noch zwei weitere Leisten (1 und 2), so dass das Lumen nach Trennung der Li. Ventrikel Ausstrombahn (Abb. d) Y-förmig umgestaltet wird. Am unteren Ende dieser Leisten verdichten sich diese Mesenchymwülste zu den Taschenklappen (T) (Abb. d), während Re. Ventrikel die Leisten selbst zurückgebildet werden (punktierte Bereiche). Man beachte die Drehung der Septierungsebene (Pfeile). 84 Körperhöhlen und Organsysteme Stadium 9 20. Tag gerader Herzschlauch wird gebildet Stadium 10 22. Tag Herzschleifenbildung beginnt Stadium 11 24. Tag deutliche Krümmungen, Herz ist von der Kopfregion in die Halsregion gelangt Stadium 16 37. Tag Herzspitze liegt in Höhe des 1. Brustwirbels Stadium 18 44. Tag Herzspitze liegt in Höhe des 5. Brustwirbels Neugeborenes Herzspitze im Bereich des 3.–4. Interkostalraums Erwachsener Herzspitze im Bereich des 5. Interkostalraums cordis (oben) nacheinander über alle Herzräume hinweg. Mit der Abknickung des Herzschlauches und der Bildung einer Herzschleife (Abb. 40) ändern sich die Strömung und die Kontraktionsweise. Das Blut strömt jetzt von oben (von den Vorhöfen) in die Kammern (nach unten) zur Herzspitze. Dort erfolgt eine Strömungsumkehr, wiederum nach oben zur Ausstrombahn hin. In gewisser Hinsicht haben wir hier – ähnlich wie bei der Lunge – ein »Einwegsystem« vor uns – Einstrom und Ausstrom erfolgen sozusagen in derselben Richtung und rufen, durch das in den Ventrikeln erfolgende »Anhalten« der Strömung und durch die Strömungsumkehr, die rhythmische (sakkadierte) Kontraktionsform des Herzens hervor. Durch die geschilderte Verlagerung der Herzräume in der Oben-unten-Dimension und die Septierung gibt das Herz die gefäßähnliche, peristaltische Kontraktionsweise auf und wird zu einem rhythmisch arbeitenden Mittelpunktsorgan des Kreislaufs. Die Verlagerung des Herzens von der Kopf- bzw. Halsregion in die Brusthöhle (Descensus cordis), in der auch das andere große, rhythmisch arbeitende Organ, nämlich die Lunge, untergebracht ist, kann daher nur als die letzte Konsequenz dieses »Zentralisationsvorganges« angesehen werden. Auch die Lungenanlage entsteht zunächst im Halsbereich und schiebt sich dann kaudalwärts bis in die Brusthöhle vor, die dadurch zum Zentrum des sog. rhythmischen Systems des Organismus wird. Fehlbildungen Vorhofseptumdefekte sind die am häufigsten auftretenden Herzfehlbildungen. Sie führen zu einem Offenbleiben des Foramen ovale secundum oder auch primum und dadurch gegebenenfalls (nicht automatisch) zu Kreislaufstörungen. Eine Transposition der großen Gefäße liegt vor, wenn die Rotation des Septum aorticopulmonale unvollständig erfolgt ist, so dass die Aorta vor dem Truncus pulmonalis zu liegen kommt und aus dem rechten Ventrikel entspringt. Das Neugeborene kann nur überleben, wenn gleichzeitig ein Septumdefekt oder ein offener Ductus arteriosus (Botalli) vorhanden ist. Man nimmt heute an, dass für diese Missbildungen eine fehlerhafte Migration der Neuralleistenzellen verantwortlich ist. Bei einer Pulmonalstenose sind die pulmonalen Taschenklappen ganz oder teilweise miteinander verwachsen, was regelmäßig zu einer Hypertrophie des rechten Ventrikels führt. Als Fallot-Tetralogie bezeichnet man ein Syndrom, bei dem die vier folgenden Fehlbildungen gleichzeitig auftreten: • Pulmonalstenose; • Ventrikelseptumdefekte; • reitende, d. h. Rechtsverlagerung der Aorta, und • Hypertrophie des rechten Ventrikels mit Verengung des Truncus pulmonalis. Perikardhöhle und Herzentwicklung Bei der Aortenstenose sind die Taschenklappen ganz oder teilweise miteinander verwachsen, so dass es zu einer Hypertrophie des linken Ventrikels kommt. Aortenisthmusstenosen entstehen dadurch, dass die Aorta im Bereich der Einmündung des Ductus arteriosus (Botalli) stark eingeengt wird. Meist entwickelt sich dann postnatal ein Kollateralkreislauf über die Brustwand (via A. subclavia und Aa. intercostales). Kardiale Sonographie bei Feten Zwischen der 18. und 22. Schwangerschaftswoche können bereits sonographische Untersuchungen durchgeführt werden, wenn beispielsweise ein Verdacht auf 85 Herzfehler oder Entwicklungsstörungen des Gefäßsystems oder des Herzens vorliegt, z.B. bei einem zu langsamen Herzschlag (< 90 Schläge pro Minute). Asymmetrie der herznahen Gefäße Mit der Zentralisation ist noch ein anderer Vorgang verbunden, ohne den die Herztrennung funktionell nicht effektiv werden würde, nämlich die Entwicklung einer Asymmetrie der großen, herznahen Gefäße sowohl bei der Einstrombahn (Sinus venosus, Venensystem) als auch bei der Ausstrombahn (Truncus cordis, Arteriensystem). Zunächst werden im arteriellen Schenkel sechs Paare von Pharyngealbogenarterien (»Kiemenapparat«), die beiderseits in eine dorsale Aorta übergehen, angelegt (Abb. 44 und 45). Rhombencephalon Amnionhöhle Schlundtaschen Prosencephalon Augenanlage Lungenanlage 4 Pharyngealbogenarterien 2 3 1 Perikard V. cardinalis comm. Magen Leberanlage Aorta dors. V. umbilicalis Aa. umbilicales Abb. 44. Herzanlage mit Pharyngealbogenarterien bei einem menschlichen Embryo (etwa 26. Tag, modif. nach K. V. Hinrichsen). Der Herzschlauch beginnt eine schleifenförmige Krümmung mit 4 aufeinander folgenden Abschnitten (1–4) auszubilden. Er hat bereits die Leberent- wicklung, die vom Duodenalabschnitt des Darmrohres ausgeht, induziert. 1 = Sinus venosus; 2 = Atrium; 3 = Ventrikel; 4 = Bulbus cordis (Übergang in den Truncus arteriosus und die Pharyngealbogenarterien).