Schlaf und Schlaf- störungen – ein kleines Mysterium

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Schlaf
und Schlafstörungen –
ein kleines
Mysterium
Dr. Isabel Klusman (Universität
Zürich & ETH Zürich) und
Romina Theiler (Inselspital Bern)
Weshalb schlafen wir eigentlich? Das
ist für die Forschung noch immer ein
Mysterium, das sich allerdings langsam auflöst. Fest steht, dass das Gehirn in erster Linie Schlaf braucht, um
sich zu erholen. In den durchschnittlich sechs bis zehn Stunden, die wir
täglich schlafend zubringen, ist das
Gehirn dennoch aktiv: Gelerntes wird
derweil gefestigt. Bewusste Entscheidungen für den folgenden Tag werden
schon unbewusst vorentschieden. Und
sogar die Kreativität wird gefördert.
Volkskrankheit Schlaf-WachStörungen
Für einen ausgewogenen Schlaf müssen verschiedene Hirnregionen genau zusammenarbeiten. Bei zehn bis
zwanzig Prozent der Bevölkerung
Schlafen wie Dornröschen?
Ob wir einen tiefen und erholsamen
Schlaf haben, bestimmen
zum Teil auch die Gene.
Quelle: iStockphoto
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Das Gehirn 1/2017
ist dieses Zusammenspiel aus dem
Gleichgewicht geraten: Sie leiden unter Schlaf- und/oder Wach-Störungen.
Die Ursachen dieser Störungen sind
mannigfaltig. Auch Schlaganfall,
Angst oder körperliche Erkrankungen können mögliche Auslöser sein.
Schlaf-Wach-Störungen können zudem die Erstmanifestation einer Depression oder einer neurologischen
Erkrankung wie Morbus Parkinson
darstellen. Sind die Schlafstörungen
leicht und treten nur gelegentlich auf,
besteht aber kein Anlass zur Sorge.
Der Einfluss der Gene
Die Gene scheinen ihren Teil dazu
beizutragen, dass wir Menschen unterschiedlich gut und lange schlafen.
Der Botenstoff Dopamin nimmt dabei
eine zentrale Rolle ein. Das haben Forschende am «Zentrum für interdiszipFortsetzung Seite 6
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linäre Schlafforschung» (ZiS) der Universität Zürich herausgefunden. Die
Gene bestimmen zum Beispiel mit,
wie wir uns nach einer durchwachten
Nacht erholen. Das Gehirn mancher
Menschen übermittelt Signale sehr
effizient. Bei ihnen führt Dopamin
zu einem tieferen Erholungsschlaf als
Forschung für mehr Lebensqualität
Auch im «Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrum» des Inselspitals in Bern und im
BENESCO Netzwerk (Bern Network
Epilepsy Sleep Consciousness) werden
Schlaf-Wach-Störungen untersucht
und erforscht. Neurologen, Lungenspezialisten, Psychiater, Kinderärzte,
Psychologen und Grundlagenforscher
arbeiten hier eng zusammen. Sie diagnostizieren und erforschen die Störungen mit einem ganzen Arsenal an
Instrumenten: mit elektrophysiologischen und bildgebenden Verfahren,
Genetik- und Laboruntersuchungen.
Werden die Störungen umfassend abgeklärt und behandelt, steigert das die
Lebensqualität. Es führt zu einer besseren geistigen Leistungsfähigkeit und
erhöht sogar die Lebenserwartung.
Blick in die Zukunft
Denkspiel
Neuronen sind Hirnzellen, die dafür
sorgen, dass Sie denken und körperlich aktiv sein können. Wie viele Neuronen enthält Ihr Gehirn?
1) 100
2) 100 Millionen
3) 100 Milliarden
die Entstehung neuer Neuronen und neuer Verbindungen
Halten Sie Ihr Gehirn auf Trab! Geistige Regsamkeit kurbelt
maximale Grösse etwa im Alter von sechs Jahren erreicht ist.
Ihrer Geburt. Die Zellen wachsen allerdings noch, wobei ihre
nen. Annähernd so viele Neuronen hatten Sie auch schon bei
3) Ein durchschnittliches Gehirn hat ca. 100 Milliarden NeuroLösung:
Quelle: iStockphoto
bei Menschen, deren Gehirne weniger
effizient Signale übertragen. Interessanterweise sind die gleichen Gene
auch für Schlafstörungen nach Kaffeegenuss verantwortlich: Das Koffein
greift in die Regulationsmechanismen
des Schlafs ein und aktiviert das Gehirn dabei über Prozesse, an denen
Dopamin beteiligt ist.
zwischen den Nervenzellen an – ein Leben lang.
Noch ist vieles unklar, was
Schlaf und Schlaflosigkeit angeht.
Die Forschung zeigt, dass sich
manch andere Erkrankung
verbessern kann, wenn Schlafstörungen behandelt werden.
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Das Gehirn 1/2017
Schlafstörungen zu behandeln kann
auch den Verlauf von Krankheiten wie
Diabetes oder Bluthochdruck positiv
beeinflussen. Auch können sich Betroffene nach einem Hirnschlag besser
erholen. Und ein kurzer Schlafentzug
bei depressiven Menschen, die einen
gestörten Schlaf haben, kann die
Symptome oft lindern. Noch ist nicht
bekannt, welche biologischen Mechanismen für dieses Phänomen zuständig sind. Aber Studien mit gesunden
Versuchspersonen in Zürich zeigen:
Bei Schlafentzug verändern sich die
Hirnbereiche, welche die Stimmung
regulieren.
Auch technologische Innovationen
wie z. B. die nicht-invasive Atmungsanalyse tragen dazu bei, das SchlafWach-Verhalten besser zu verstehen.
Bei dieser Analyse wird mit einer
bisher ungeahnten Geschwindigkeit
und Präzision untersucht, wie die
Luft zusammengesetzt ist, die wir
ausatmen. In Zukunft werden neue
Technologien und Erkenntnisse aus
der Forschung die Diagnose von
Schlaf-Wach-Störungen vereinfachen
und personalisierte Therapien und
Medikamente ermöglichen.
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