Kongruenz zwischen Konsumenten

Werbung
Kongruenz zwischen Konsumentenund Markenpersönlichkeit
Das DiSG-Modell als Segmentierungsansatz von Marken
Anna Nauen / Sebastian Link
1.
Ziele und Absichten ........................................................................... 129
2.
Persönlichkeitsorientierte Markenführung ..................................... 130
3.
DiSG-Profil als Segmentierungsansatz ........................................... 132
4.
Untersuchung der Kongruenz zwischen
Mensch und Marke anhand des DiSG-Profils ................................. 136
4.1
Voruntersuchung – persönliche Befragung...........................................137
4.2
Hauptuntersuchung – Online-Befragung ..............................................139
4.2.1 Marken lassen sich im DiSG-Profil positionieren! .................................141
4.2.2 Gleich und gleich gesellt sich gern! ......................................................143
5.
Implikationen für Wissenschaft und Praxis .................................... 145
6.
Fazit..................................................................................................... 146
Literaturverzeichnis ..................................................................................... 147
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127
Anna Nauen, M.A.
Anna Nauen studierte Business Psychology an der Hochschule Fresenius in Köln. Ihre Schwerpunkte Marketing
und Konsumentenverhalten vertiefte sie durch theoretische
und praktische Aufgaben im In- und Ausland. Die zertifizierte DiSG®-Trainerin erforscht zurzeit die Wechselwirkungsbeziehungen im Umfeld der Markenpersönlichkeit
anhand von Persönlichkeitsmodellen.
Sebastian Link, Dipl.-Wirt.Ing. (FH), Dipl.-Ing. (FH)
Sebastian Link ist Projektleiter am Deutschen Institut für
Marketing in Köln. Er berät und unterstü t Unternehmen
in allen Disziplinen des Marketings. Als Produktmanager
zeigt er sich verantwortlich für das Persönlichkeitsmodell
DiSG® in Deutschland. Neben seinen hauptberuflichen Tätigkeiten forscht er in den Bereichen Kundenbindung und
Marketingprozesse.
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JAHRBUCH MARKETING 2012/2013
Kongruenz zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit
1.
Ziele und Absichten
Es gibt „zu viele ähnliche Firmen, die ähnliche Mitarbeiter beschäftigen (...). Sie
haben ähnliche Ideen und produzieren ähnliche Dinge zu ähnlichen Preisen in
ähnlicher Qualität. Wenn Sie dazugehören, werden Sie es künftig schwer haben“
(Pilsl 2007, S. 48).
Seit einigen Jahren stellt sich die Markenführung neuen Herausforderungen
(Me ert/ Burmann/Kirchgeorg 2012). Das Angebot von Marken und Produkten
scheint zu explodieren, die Anzahl der Produkteinführungen steigt jährlich.
Marktbezogene Rahmenbedingungen wie der zunehmende We bewerb, die
Wachstumsorientierung von Unternehmen, die Internationalisierung, die Individualisierung, die Verkürzung von Produktlebenszyklen oder neue Vertriebswege, wie zum Beispiel das Internet, führen zu einer „Inflation von Produkten
und Marken“ (Esch 2012, S. 25). So bewerben Unternehmen beispielsweise
unzählige Zahnpasta-Varianten, Marmeladensorten und Automobile in allen
Variationen und Aussta ungen. Um diese Produktindividualisierung auch individualisiert und kundenorientiert zu kommunizieren, steigt auch die Anzahl
der Kommunikationsinstrumente und -kanäle kontinuierlich. Der Konsument
steht somit vor einer wachsenden Angebotsvielfalt, die einerseits Wahlfreiheit
bedeutet, andererseits zur Informationsüberflutung führt. Gemäß einer Studie
von BBDO (2009) nehmen zwei Dri el der Konsumenten Marken als austauschbar wahr. Dies führt zum einen zur Orientierungslosigkeit des Konsumenten,
zum anderen besteht eine hohe Verwechslungsgefahr von Marken (Esch 2012).
O enbar lassen sich Marken nicht mehr allein aufgrund funktionaler A ribute
wie beispielsweise Qualität unterscheiden. Objektive Testergebnisse (z. B. Stiftung Warentest) weisen kaum Qualitätsunterschiede auf (Esch 2012). Damit der
Konsument die Marke als einzigartig wahrnimmt, gilt es geeignete Wege der
Di erenzierung zu nu en. Ein Ansa punkt, der in den le ten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, ist die Markenpersönlichkeitsforschung
(vgl. u. a. Aaker 1997; Aaker 2010; Burmann/Hieronimus 2005b; Fournier 1989;
Mäder 2005; Kilian 2011). Dabei postulieren die verschiedenen Studien stets das
Vorhandensein von Markenpersönlichkeiten. Eine Di erenzierung gegenüber
dem Kunden kann über die jeweilige Persönlichkeitsausprägung sta finden.
Dadurch ergeben sich interessante Fragestellungen: inwiefern müssen Persönlichkeiten von Marken und Konsumenten harmonieren bzw. ähnliche Muster
aufweisen? Und wie lässt sich diese Kongruenz messen?
Im Rahmen der psychografischen Marktsegmentierung haben sich auf Basis
psychologischer Persönlichkeitsmodelle eine Vielzahl von Käufer- und Konsumententypologien entwickelt mit dem Ziel, Konsumentengruppen mit gleichem
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Nolte / Link
Kaufverhalten zu identifizieren und persönlichkeitsorientiert anzusprechen
(u. a. Freter/Diller/Köhler 2008; Bruhn 2012; Esch 2012; Homburg 2012; Me ert/
Burmann/Kirchgeorg 2012). Ein geeignetes Instrument zur Identifizierung von
Konsumentengruppen stellt das DiSG-Persönlichkeitsprofil dar, das vier Verhaltensdimensionen ableitet: dominant, initiativ, stetig und gewissenhaft. Es handelt sich um ein selbstbeschreibendes Verfahren, das die Reflexion des eigenen
sowie des fremden Verhaltens ermöglicht. Es findet Einsa in verschiedenen
Bereichen der Personal- und Organisationsentwicklung wie in der Führung,
im Team, in der Kommunikation sowie im Vertrieb. Das Deutsche Institut für
Marketing (DIM) entdeckte die Vorteile des DiSG-Modells auch für das Marketing, um die Analyse und Optimierung von Marketingprozessen e zienter
zu gestalten (Link 2011). Vor dem Hintergrund der Relevanz der Di erenzierung von Marken und der Annahme, dass Marken eine eigene Persönlichkeit
besi en, entstand die Idee, dass auch Marken ihre Persönlichkeit im DiSG-Profil
widerspiegeln.
Infolgedessen beleuchtet der Beitrag erstmalig die Adaption des DiSG-Modells
auf Marken. Zudem gilt es herauszufinden, inwieweit sich Marken im DiSGProfil positionieren lassen. Zum anderen möchte der Artikel die Beziehung zwischen Mensch und Marke aufdecken. Heißt es „Gleich und gleich gesellt sich
gern!“ oder „Gegensä e ziehen sich an“?
2.
Persönlichkeitsorientierte Markenführung
Das Konstrukt der Markenpersönlichkeit bildet die Grundlage für KonsumentMarken-Beziehungen, die entstehen können, falls zwischen den Persönlichkeitsmerkmalen des Konsumenten und der Marke weitestgehend eine Kongruenz
besteht (u. a. Kilian 2011; Mäder 2005; Sirgy 1982). Von einer Evolution in der
Markenführung hin zu einem „identitätsorientierten Markenverständnis“ betrachtet die Forschung die Marke in der heutigen Zeit als sozialpsychologisches
Phänomen (Burmann/Me ert 2005a, S. 19). Einen Meilenstein in der wissenschaftlichen Erforschung der Markenpersönlichkeit legte Aaker (1997), in dem
sie in den USA ein Konstrukt der menschlichen Persönlichkeit auf Marken übertragen hat. Als wesentlicher Bestandteil des Markenimages beschreibt sie die
Markenpersönlichkeit als „human characteristics associated with a brand“ (Aaker 1997, S. 347). Nach diesem Markenverständnis besi en Marken eine Identität und somit eine Persönlichkeit: „Die Marke hat ein Gesicht wie ein Mensch“
(Domizla 1993, zitiert nach Domizla 2005, S. 97). Dies mag zunächst ungewöhnlich erscheinen, aber oft ist es naheliegend Marken anhand von Persönlichkeitsmerkmalen zu charakterisieren. Die Marke Apple beschreiben Kunden
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JAHRBUCH MARKETING 2012/2013
Kongruenz zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit
beispielsweise als locker und lässig und die Marke Nivea als besonders schön
und natürlich.
Der Au au sowie die Entwicklung einer starken Markenpersönlichkeit zählen
zur Königsdisziplin in der Markenführung (vgl. Kilian 2011; Burmann/Hieronimus 2005b; Me ert/Burmann/Kirchgeorg 2012). Laut der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) lassen sich 70 Prozent der Markenstärke durch die Wahrnehmung der Persönlichkeit einer Marke erklären, womit die Positionierung
von Marken anhand von Persönlichkeitsmerkmalen an Bedeutung gewinnt (vgl.
Riesenbeck/Perrey 2005).
Damit Marken als unverwechselbare „Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen“ verankert werden können, spielt die Integration kommunikativer Maßnahmen eine entscheidende Rolle (Esch 2012, S. 23). Hierbei steht der
symbolische Nu en im Fokus, der beim Konsumenten Gefühle wie zum Beispiel Gruppenzugehörigkeit oder Selbstverwirklichung durch die Marke entstehen lassen kann (Esch 2012; Me ert/Burmann 2005a). Marken mit einer starken
Persönlichkeit bieten zudem einen „emotionalen Mehrwert an, der kapitalisierbar ist“ (Esch 2012, S. 10). Dies zeigt sich in Form von größeren Absa mengen
und höheren Preisen.
Konsument-Marken-Beziehungen
„People do choose their brands in the same way they choose their friends“ (King
1973, S. 14).
Auf der Annahme au auend, dass Marken eine Persönlichkeit besi en, vertreten verschiedene Forschungsgruppen die Meinung, dass Menschen Beziehungen
zu Marken gleichermaßen erleben wie zu anderen Menschen (vgl. Aaker 2010;
Blackston 2000; Fournier 1998; 2005). Eine Marke fungiert hier als lebendiger
Beziehungspartner, beispielsweise als Freund, wie Henkel mit dem Slogan „a
brand like a friend“ transportiert. Ma enklo (2012) betont in diesem Zusammenhang die Relevanz emotionaler Bindungen für die Beziehung zwischen
Mensch und Marke, die mit geeigneten Werbemaßnahmen entstehen können.
Die auf Levy (1959) und Lecky (1945) zurückzuführende Kongruenzhypothese
besagt, dass Menschen ein Bedürfnis haben ihre tatsächliche oder gewünschte Persönlichkeit auszudrücken. Demzufolge streben Konsumenten nach einer
Übereinstimmung der Markenpersönlichkeit mit ihrer eigenen Persönlichkeit
(Bauer/ Mäder/ Huber 2002). Mehrere Forschungen bestätigen die Annahme,
dass eine größtmögliche Übereinstimmung zwischen dem Selbstkonzept (Selbstbild) des Konsumenten und der Markenpersönlichkeit eine Präferenz auf eine
Marke auslöst (u. a. Sirgy 1982; Mäder 2005; Bauer/Mäder/Huber 2002). Ob hier-
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Nolte / Link
bei das tatsächliche, ideale oder soziale Selbstkonzept den Ausschlag gibt, hängt
laut Bü ner et al. (2008) von der Kaufsituation und dem angestrebten Nu en
ab, beispielsweise ob der Kunde das Produkt privat oder ö entlich konsumiert.
Kongruenz mit dem tatsächlichem Selbst: Das Streben nach Kongruenz lässt sich
zum einen auf das Selbstkonsistenz-Motiv zurückführen. Konsistenztheorien
tragen hierbei eine relevante Rolle als Erklärungsansa für das Kaufverhalten.
Diese nehmen an, dass Menschen danach streben ein möglichst widerspruchsfreies, konsistentes Bild im Hinblick auf das tatsächliche Selbst aufrech uerhalten und die Persönlichkeit vor Veränderungen zu schü en (Aronson/Wilson/
Akert 2009). So präferiert beispielsweise ein Sportler einen Sportwagen, um sein
tatsächliches Selbst auszudrücken.
Kongruenz mit dem idealem Selbst: Zum anderen zeigt das SelbstwertgefühlMotiv innerhalb der Theorie der Selbst-Diskrepanz eine Erklärung für das Streben nach Kongruenz. Dieser Ansa besagt, dass starke Diskrepanzen zwischen
idealem und tatsächlichem Selbst ein niedriges Selbstwertgefühl bedingen. Der
Theorie folgend strebt der Mensch danach diese Diskrepanz zu minimieren und
nähert sich entsprechend seinem idealen Selbstkonzept. Die Präferenz für eine
Marke ergibt sich somit, wenn die Persönlichkeit einer Marke sich kongruent
zum idealen Selbstkonzept verhält. Der Konsument ergänzt durch die Marke
eine Eigenschaft, die er gerne besi en würde. Beispielsweise kauft sich ein unsportlicher Mensch Nike Turnschuhe, um Sportlichkeit nach außen zu transportieren oder entwickelt eine Präferenz für einen Sportwagen (Bauer/Mäder/Wagner 2006; Bauer/Mäder/Huber 2002; Mäder 2005).
Kongruenz mit dem sozialen Selbst: Das „soziale Selbstkonzept“ beinhaltet das
wahrgenommene Bild, das andere Menschen von einem haben (Bauer/ Mäder/
Wagner 2006). So präferiert ein Konsument einen Sportwagen, weil er meint,
dass er von anderen Menschen als sportlich wahrgenommen wird.
Le ten Endes erzeugt die personifizierte Selbstdarstellung einer Marke die Präferenz beim Kunden. Der Kongruenzhypothese folgend betonen Bauer, Mäder
und Wagner (2006) hierzu, dass eine Klassifizierung der Persönlichkeitsmerkmale im Rahmen der psychografischen Segmentierung sinnvoll sein kann.
3.
DiSG-Profil als Segmentierungsansatz
Eine Marke zeigt sich in der Regel nicht für alle Konsumenten im gleichen Maße
a raktiv. Die Persönlichkeiten und die Bedürfnisse der Konsumenten sind zu
unterschiedlich, um einen Markt in der Gesamtheit zu bedienen – Kunde ist
nicht gleich Kunde. In den le ten Jahren lässt sich ein Trend vom Massenmarke-
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Kongruenz zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit
ting zu einer zielgruppenspezifischen Ansprache beobachten (Freter/Diller/
Köhler 2008; Kotler/Keller 2012). Eine erfolgreiche Produkt- und Kommunikationsplanung se t hier eine umfassende, di erenzierende Zuwendung zum Konsumenten voraus und bedingt eine Klassifizierung bzw. Typisierung von Konsumenten, die über soziodemographische und geographische Kriterien hinaus
geht (Barz/Tippelt 2004). Einen Ansa punkt für eine weitergehende Typisierung sehen Wissenschaftler und Praktiker in der Erforschung der Beziehungen
zwischen Marketing-Anreizen (Stimulus) und Käuferreaktionen (Response).
Ausgangspunkt dieser Überlegungen sind SOR-Modelle des Konsumentenverhaltens, die die Forscher als Erklärungsansa von Wahlverhalten und Kaufentscheidungen heranziehen. Hierbei rücken psychographische Kriterien wie
zum Beispiel Persönlichkeitsmerkmale, Lebensstile, Einstellungen und Werte
ins Zentrum. Auf Basis von psychologischen Persönlichkeitsmodellen sind eine
Vielzahl von Konsumententypologien durch Marktforschungsinstitute wie beispielsweise die GfK oder das Sinus Institut sowie durch verschiedene Zeitschriftenverlage entstanden.
DiSG-Typologie – das weltweit führende Persönlichkeitsmodell
seit über 30 Jahren
Ein erfolgversprechender Ansa , den Unternehmen vielfach zur Identifizierung
von Konsumentengruppen heranziehen, ist das DiSG-Persönlichkeitsprofil
(engl. DiSC). Es handelt sich hierbei um ein typisierendes Verfahren, das mit-
Abbildung 1: Vier Verhaltensdimensionen (Inscape Publishing, 2004, S. 13)
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Nolte / Link
tels zweier Dimensionen („Wahrnehmung des Umfelds“ und „Wahrnehmung
der eigenen Person“) vier Verhaltensstile ableitet: dominant, initiativ, stetig
und gewissenhaft. In den 1920er Jahren zeigten Forschungsarbeiten des amerikanischen Psychologen William Moulton Marston, dass Kommunikation davon abhängt wie Menschen die Umwelt wahrnehmen. Er stellte fest, dass sich
Menschen grundsä lich in zwei Hinsichten unterscheiden: sie betrachten sich
entweder stärker oder schwächer als ihr Umfeld oder ihr Umfeld als freundlich
oder feindlich:
Dominant: Direkt und bestimmt
„D s sind entschlossene, willensstarke Menschen, die gerne Herausforderungen
annehmen, Aktionen se en und sofortige Resultate bekommen“ (DIM 2012).
Um mit einem D-Typen erfolgreich zu kommunizieren, empfiehlt es sich schnell
zum Punkt zu kommen, direkte Antworten zu geben, Fakten zu präsentieren
und logisch zu argumentieren.
Initiativ: Optimistisch und aufgeschlossen
„I s sind ‚menschen Menschen‘, die gerne in Teams arbeiten, Ideen teilen und andere unterhalten und anregen“ (DIM 2012). In der Kommunikation mit einem ITypen sollte ein o ener Dialog in freundlicher Atmosphäre sta finden, geprägt
von Aufmerksamkeit und gegebenenfalls Komplimenten.
Stetig: Einfühlsam und kooperativ
„S s sind hilfsbereite Menschen, die gerne hinter den Kulissen agieren, gleichmäßig und vorhersehbar arbeiten und laufend die Genauigkeit prüfen“ (DIM 2012).
Einem S-Typen sollte in der Kommunikation echtes Interesse in einer ruhigen
und gelassenen Atmosphäre entgegengebracht werden, wobei eine informelle
Art gewählt werden sollte.
Gewissenhaft: Bedacht und korrekt
„G s sind auf Qualität bedacht. Sie planen gerne voraus, wenden systematische
Zugänge an und prüfen laufend die Genauigkeit“ (DIM 2012). Um mit einem
G-Typen zu kommunizieren, sind Formulierungen sorgfältig und genau zu treffen, Fakten sta Gefühle sollten im Fokus stehen und seinem Gesprächspartner
sollte Zeit zum Nachdenken und Reflektieren gelassen werden.
Auf den ersten Blick scheint es, dass sich Menschen in „Schubladen“ wiederfinden, doch das Modell behält sich vor, dass jeder Mensch in verschiedenen
Situationen (z. B. Arbeitspla , Familie) unterschiedlich reagiert. Die Prämisse
des DiSG-Modells lautet, dass jeder Mensch alle vier Verhaltenstendenzen in
sich trägt, diese allerdings unterschiedlich einse t. Aus den vier skizzierten Dimensionen lassen sich verschiedene Verhaltenstendenzen klassifizieren. Manche Menschen haben eine, andere zwei und wieder andere drei ausgeprägte,
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Kongruenz zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit
−
INTENSITÄT
+
bestimmende Dimensionen. Es geht also nicht nur um die Zuordnung eines Persönlichkeitstyps, sondern vielmehr darum herauszufinden, welche Anteile die
menschliche Persönlichkeit bestimmen. Die Intensität der Verhaltenstendenzen
wird mithilfe von Adjektiven bestimmt. Die folgende Abbildung gibt einen
Überblick über die zehn intensivsten, das heißt die am meist determinierenden
Adjektive der jeweiligen DiSG-Dimension:
DOMINANT
egozentrisch
INITIATIV
enthusiastisch
STETIG
passiv
GEWISSENHAFT
perfektionistisch
direkt
wagemutig
herrisch
anspruchsvoll
energisch
risikofreudig
abenteuerlustig
entschieden
wissbegierig
gesellig
beeinflussend
impulsiv
emotional
selbstdarstellend
vertrauensvoll
einflussreich
freundlich
kontaktfreudig
geduldig
loyal
voraussagbar
teamfähig
heiter
besitzergreifend
selbstgefällig
inaktiv
entspannt
genau
faktenorientiert
diplomatisch
systematisch
konventionell
höflich
sorgfältig
zurückhaltend
hat hohe
Ansprüche
Tabelle 1: DiSG-Adjektive
Gibt es ein DiSG-Markenprofil?
Die DiSG-Typologie ermöglicht eine Segmentierung von Konsumenten, für eine
zielgruppenorientierte Ansprache anhand von Persönlichkeiten. Der Annahme
folgend, dass Marken wie Menschen eine Persönlichkeit haben, wird postuliert,
dass auch Marken ein Persönlichkeitsprofil besi en. Ein „DiSG-Markenprofil“
zur Erfassung der Markenpersönlichkeit gibt es allerdings nicht. In diesem Zusammenhang ist es verwunderlich, dass bisher noch keine Positionierung von
Marken anhand des DiSG-Modells sta fand. Mit Bezug zum Konstrukt der Markenpersönlichkeit könnte das DiSG-Modell als Segmentierungsansa fungieren. Ein Blick in die Werbewelt zeigt, dass Unternehmen mit Werten werben, die
sich den DiSG-Dimensionen zuordnen lassen. So wirbt der Autohersteller BMW
mit „Freude am Fahren“ (I), Mercedes gibt sich die Sternposition „das Beste oder
nichts“ (D), Volvo betont die Sicherheit „Drive Safely“ (GS, SG) und Alfa Giulie a betont die Persönlichkeit „Ohne Herzen wären wir nur Maschinen“ (IS, SI).
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Nolte / Link
4.
Untersuchung der Kongruenz zwischen Mensch
und Marke anhand des DiSG-Profils
Um die Beziehung zwischen Konsument und Marke aufzudecken, erfordert
es die relevanten Einflussfaktoren zu ermi eln. Zur Erfassung der Persönlichkeitsprofile von Mensch und Marke kommt in der folgenden beschriebenen
Studie erstmals das DiSG-Profil zum Einsa . Die Forschung kennt ein „DiSGMarkenprofil“ zur Erfassung der Markenpersönlichkeit bisher nicht. Diese Studie soll die Anwendbarkeit des DiSG-Profils auf Marken prüfen. Mit anderen
Worten: Gibt es Marken mit einer höchsten Verhaltenstendenz in D, I, S oder G?
So lautet die erste Fragestellung:
1. Lassen sich Marken im DiSG-Profil positionieren?
Heißt es „Gegensä e ziehen sich an!“ oder „Gleich und gleich gesellt sich gern“?
Die sozialpsychologische Forschung stü t die zweite Aussage und besagt, dass
die interpersonelle Anziehung und das Empfinden von Sympathie auf der Ähnlichkeit von Persönlichkeitsmerkmalen beruhen (Felser 2007). Die Sympathie,
die sich unter anderem durch die Markenwahl ausdrücken kann, soll im Sinne
der Kongruenzhypothese anhand des DiSG-Profils beleuchtet werden. Wählt
zum Beispiel ein D-Kunde auch eine Marke mit einer hohen D-Ausprägung oder
bevorzugt er eine andere Marke mit anderen Charaktereigenschaften? Demnach
ergibt sich die zweite Fragestellung:
2. Besteht eine Kongruenz zwischen Mensch und Marke bei der Markenwahl?
Es handelt sich dabei um marketingpraktische Fragestellungen, für die bis heute nur unzulängliche Erklärungen vorliegen. Die angewandte Marketing- und
Markenforschung steuert auf einen Gestaltungsbeitrag zu praxisrelevanten Fragestellungen hin. Deren Ziel besteht in der Entwicklung und Bereitstellung von
Handlungsanleitungen und Entscheidungshilfen für die Marketingpraxis (vgl.
Berekoven/ Eckert/Ellenrieder 2009; Dyllick/Tomczak 2009). Um dieser Forderung gerecht zu werden, greift die nachfolgende Studie sowohl auf qualitative
als auch auf quantitative Methoden, das heißt auf explorative als auch auf deskriptive und explikative Forschungsansä e, zurück. Hierbei kommen persönliche Befragungen sowie eine Online-Befragung zum Einsa .
Anhand des DiSG-Profils möchte die Studie klären, ob eine zunehmende Übereinstimmung der Persönlichkeitsmerkmale von Mensch und Marke Einfluss auf
die Sympathie und das Wahlverhalten der Marke im ersten Kundenkontakt hat.
Grundlage der Untersuchung bilden demnach die Persönlichkeitsprofile der involvierten Menschen und Marken sowie deren Übereinstimmung (Kongruenz).
Die Erfassung der Persönlichkeitsprofile von Mensch und Marke erfolgt mit
dem DiSG-Profil.
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Kongruenz zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit
4.1
Voruntersuchung – persönliche Befragung:
Im ersten Schri soll herausgefunden werden, ob sich Marken überhaupt im
DiSG-Profil positionieren lassen. Die Methode für das vorliegende Forschungsvorhaben soll Nachfragen bei Probanden ermöglichen, damit Motive der individuellen Markenwahl sowie mögliche Transfere ekte und Einflussfaktoren
anhand des DiSG-Modells auf Marken erarbeitet werden können. Hierfür erscheint die Form der persönlichen Befragung am sinnvollsten. Ein Vorteil der
persönlichen Befragung liegt darin, dass durch die Interaktion zwischen Interviewer und Proband Rückfragen gestellt werden können. Zudem können dem
Probanden weitere Unterlagen an die Hand gegeben werden (Bruhn 2012; Homburg 2012; Me ert/ Burmann/Kirchgeorg 2012).
Hierfür wählten die Forscher zunächst frei zugängliche Marketing-Stimuli
mi els Dokumentenanalyse aus und positionierten diese innerhalb des DiSGProfils. Im Zentrum der Analyse standen Kommunikationselemente der Marke wie Bilder, Typografie, Farbe, Sprache und Slogan, sowie die wahrgenommenen Assoziationen und der Charakter der Marke. Insgesamt beleuchtet die
Voruntersuchung drei Leistungskategorien mit jeweils vier Marken (Telekommunikationsmarken: vodafone, O2, T-Mobile, e-plus; Automarken: Audi, BMW,
Volkswagen, Volvo; Reiseveranstalter: airtours, Meiers Weltreisen, Neckermann
Reisen, ADAC Reisen). Um mögliche Einflussfaktoren, wie beispielsweise die
Markenbekanntheit oder Erfahrungen mit einer Marke auszuklammern wurde eine weitere fiktive Leistungskategorie mit vier DiSG-Botschaften gestaltet.
Hierfür wurde ein austauschbares Gut - Wasser - ausgewählt. Während bei der
D-Kommunikation „Nur das Beste“ E zienz, Selbstbewusstsein und Prämien
im Vordergrund stehen, wird die S-Kommunikation „Harmonie & Balance“ mit
Werten wie Tradition geprägt. Die I-Kommunikation „Erlebe die pure Lust“
strahlt Lebenslust und Geselligkeit aus, während die G-Kommunikation „die
Quelle der Perfektion“ auf Qualität, Zahlen, Daten und Fakten se t, was durch
einen Informationstext gestü t wird:
Abbildung 2: Fiktive Wasseranzeigen (von links nach rechts: D, I, S und G-Kommunikation)
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Nolte / Link
Diese zunächst interne Analyse, sowohl der fiktiven Wasser-Werbebotschaften
als auch die Zuordnungen der realen Marken im DiSG- Profil, wurden durch
25 persönliche Interviews überprüft. Die Abfrage verlief gestü t, indem die Interviewpartner Hilfsmi el wie Startseiten von Homepages, Slogans und Logos
im farbigen Ausdruck zur Hand bekamen. Die Probanden wurden gebeten den
jeweiligen Marken die sieben intensivsten Adjektive des DiSG-Profils zuzuordnen (s. Tabelle 1). Die Versuchsanordnung lautete, sich die Marke als Person
vorzustellen und das Adjektiv zuzuordnen, das am ehesten auf die jeweilige
Marke zutri t.
Die Ergebnisse ließen eine klare Tendenz erkennen! Die fiktiven DiSG-Botschaften der Wasseranzeigen (s. Abbildung 2) wurden von den Probanden als
solche wahrgenommen. Auch die real existierenden Marken zeigten eine höchste
Verhaltenstendenz im DiSG-Profil auf (s. Abbildung 3). Die Testpersonen ordneten den Reiseveranstalter airtours als sehr dominant ein, wobei die schwarze
Farbe und Begri e wie „die besten Hotels“ ausschlaggebend für die Zuordnung
waren. Meiers Weltreisen wurde mit einer höchsten Verhaltenstendenz in I, Neckermann mit S und ADAC, aufgrund des Sicherheitsaspektes, mit G eingestuft.
Während die Probanden den Telekommunikationsanbieter vodafone aufgrund
der roten Farbe und des Slogan „power to you“ als dominant einschä en, sticht
O2 aufgrund der kreativen Seitengestaltung und der metaphorischen Elemente
(z. B. Sauersto = O2) als initiativ hervor. E-Plus weist einen sehr hohen G-Anteil
und T-Mobile hohe Anteile in S und G auf. Bei den Automarken wurden der
Abbildung 3: Einordnung von Marken im „DiSG-Markenprofil“
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Kongruenz zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit
Slogan von BMW mit „Freude am Fahren“ als initiativ, der Slogan von Audi
„Vorsprung durch Technik“ als dominant und Volkswagen „Das Auto“ als stetig
und Volvo „Drive Safely“ als gewissenhaft wahrgenommen:
Die Ergebnisse der 25 persönlichen Interviews zeigen, dass sich Marken im
DiSG-Profil positionieren lassen. Dies gilt es im Folgenden an einer größeren
Stichprobe zu überprüfen. Um eine möglichst große Stichprobe zu erfassen,
sprechen viele Gründe für eine Online-Befragung. Zudem kann der Proband an
der Befragung teilnehmen, wann, wo und wie er will.
4.2
Hauptuntersuchung – Online-Befragung:
Im Rahmen der Hauptuntersuchung wurde au auend auf den Erkenntnissen
der Interviews ein Fragebogen erstellt, der im Rahmen einer Online-Befragung
zum Einsa kam. Hierbei stand insbesondere das Wahlverhalten der Konsumenten im Mi elpunkt der Forschung. Die persönlichen Interviews zeigten,
dass äußere Faktoren wie zum Beispiel Markenbekanntheit, Erfahrungen mit
der Marke, Berichte von Freunden und Bekannten Einfluss auf die Markenwahl
und deren Sympathie haben. Um diese zu reduzieren und das Wahlverhalten
der Konsumenten beleuchten zu können, fanden vermehrt fiktive Marken und
Botschaften Einsa . Neben der fiktiven Leistungskategorie Wasser präsentierte
der Fragebogen weitere fiktive Marketing Stimuli. Zum einen handelt es sich
um ein Produkt – eine Regenjacke mit ähnlicher Qualität, ähnlichem Preis und
ähnlicher Funktion. Einziges Di erenzierungskriterium ist die Kundenansprache, die für die vier DiSG-Typen entwickelt wurde. Bei der D-Kommunikation
werden die Eigenschaften Macht und Luxus betont, wohingegen die S-Kommunikation auf Tradition abzielt. Die I-Kommunikation sticht durch Individualität
und Begeisterung hervor, die G-Kommunikation durch Qualität und Gütesiegel:
D-Kommunikation
I- Kommunikation
S-Kommunikation
G-Kommunikation
Rechnen Sie mit neidischen Blicken – schick – elegant – luxuriös
Mode die begeistert – individuell – einzigartig – kreativ
Tradition seit 1942 – wasserdicht – atmungsaktiv – bequem
Stiftung Warentest sehr gut – qualitativ – präzise – genau
Tabelle 2: DiSG-Botschaften
Zum anderen handelt es sich um das Thema Reise. Hier wird ein und dasselbe Bild mit unterschiedlichen DiSG-Botschaften gezeigt. Der G-Konsument soll
durch den Sicherheitsaspekt angesprochen werden, wohingegen beim D-Konsumenten Kontrollgefühle ausgelöst werden sollen. Der S-Konsument soll durch
Beständigkeit und der I-Konsument durch Erlebnisse animiert werden.
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DiSG-Botschaften:
D-Plakat: Ihr Urlaub. Ihre Regeln. Ihre Ziele.
I-Plakat: Gemeinsam (er)leben.
S-Plakat: Hier liegt man immer richtig.
G-Plakat: Mit Sicherheit mehr vom Urlaub.
Abbildung 4: Holiday Paradise (© Murat Subatli)
Neben den fiktiven Marken wurden die Probanden mit real existierenden Telekommunikationsmarken (O2 und vodafone) sowie Autoslogans bekannter
Hersteller konfrontiert. Für die ausgewählten Stimuli wurde ein Fragebogen
„Umfrage zum Thema Mensch und Marke“ erstellt, der im Rahmen einer OnlineUmfrage vom 15. Juni bis zum 18. Juli 2012 zum Einsa kam. Die Teilnehmer
wurden hauptsächlich über die Homepage des DIM (www.Marketinginstitut.
BIZ) sowie über die Pla form Facebook angesprochen.
In dem Fragebogen wurde zum einen das Persönlichkeitsprofil des Probanden
mi els der zehn intensivsten DiSG-Adjektive (s. Tabelle 1) erfasst. Zum anderen
wurden verschiedene Auswahlfragen zu Marken gestellt, um das Wahlverhalten
der Konsumenten zu beleuchten. Die einzelnen Fragen zum Thema Marke wurden in thematisch zusammenhängende Bereiche gegliedert wie beispielsweise
„Handy, Verträge und Co“ (Anzeigen von O2 und vodafone), „Erfrischung gefällig“ (vier fiktive Getränkeanzeigen), „Regenjacke für alle Fälle“ (vier fiktive
Regenjackenslogans) und „Ab in den Urlaub“ (vier fiktive Reiseplakate). Es
wurden vermehrt Auswahlfragen gestellt wie: „Welche Anzeige gefällt Ihnen
am besten bzw. ist Ihnen am sympathischsten, so dass Sie sich weitere Informationen bescha en würden? Bi e wählen Sie nur eine Anzeige aus, die Sie am
meisten anspricht“ (Einfachauswahl). Zudem wurden die Probanden bei einigen Anzeigen gebeten die ersten vier intensivsten DiSG-Adjektive (s. Tabelle 1)
zuzuordnen, die am ehesten auf die jeweilige Marke zutre en.
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JAHRBUCH MARKETING 2012/2013
Kongruenz zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit
Stichprobe und DiSG-Profile der Probanden:
An der Studie nahmen N = 460 Probanden teil. Davon waren 54 Prozent Frauen
(n = 248) und 46 Prozent Männer (n = 212). Die Rücklaufquote lässt sich aufgrund
der o enen Ansprache über Foren, Facebook sowie andere soziale Medien nicht
ermi eln. Das Alter der Teilnehmer variierte zwischen 14 und 80 Jahren mit
einem Durchschni salter von M = 34.27 (SD = 11.60).
Die Stichprobe ist zu 87 Prozent durch Teilnehmer mit einer Hauptdimension geprägt. Menschen mit höchsten Verhaltenstendenzen in G (n = 145) und I
(n = 140) dominieren. 66 Probanden haben eine höchste Dimension in D und 46
Probanden in S. 11 Prozent der Stichprobe se en sich aus Probanden mit zwei
Dimensionen zusammen und die restlichen 2 Prozent aus Probanden mit drei
Dimensionen.
4.2.1 Marken lassen sich im DiSG-Profil positionieren!
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass DiSG-Markenbotschaften o enbar von
den Konsumenten wahrgenommen werden. Bei den Telekommunikationsmarken O2 und vodafone konnte eine höchste DiSG-Dimension ermi elt werden.
Die Anzeige O2 zeigt einen I-Anteil von 50 Prozent sowie einen ausgeprägten
S-Anteil von 31 Prozent auf. Der DiSG-Anteil ergibt sich jeweils aus der Summe
der zugeordneten Adjektive durch die Probanden:
Abbildung 5: DiSG-Anteile der Anzeige von O2
Die Markenbotschaft von vodafone wird von den Probanden o enbar als eine
D-Markenkommunikation aufgefasst. Der D-Anteil überwiegt mit 54 Prozent,
gefolgt von einem G-Anteil mit 26 Prozent:
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Abbildung 6: DiSG-Anteile der Anzeige von vodafone
Die selbst erstellten DiSG-Markenbotschaften der Wasseranzeigen (s. Abbildung
2) wurden von den Probanden wahrgenommen. Die folgende Abbildung zeigt
die Zuordnungen der DiSG-Adjektive durch die Probanden. Der D-Kommunikation wurden am häufigsten die Adjektive direkt, herrisch und egozentrisch
zugeordnet, der I-Kommunikation die Adjektive enthusiastisch, gesellig und
impulsiv, der S-Kommunikation die Adjektive geduldig, loyal und passiv und
der G-Kommunikation die Adjektive faktenorientiert, genau und perfektionistisch:
Abbildung 7: DiSG-Marken-Profil der fiktiven Getränkeanzeigen
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Kongruenz zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit
4.2.2 Gleich und gleich gesellt sich gern!
Die Befunde der Studie zeigen, dass sich Gegensä e o enbar nicht anziehen und
stü en damit die Annahmen der Selbstkongruenzforschung, die besagen, dass
Menschen nach Marken streben, die Parallelen zu ihren eigenen Persönlichkeitsmerkmalen aufweisen (vgl. u. a. Bü ner et al. 2008; Bauer/Mäder/Wagner 2006;
Mäder 2005; Sirgy 1982). Bei den fiktiven Markenkommunikationsbotschaften
konnte eine Kongruenz zwischen Mensch und Marke bei der Präferenz festgestellt werden. Die folgenden Abbildungen 8 bis 10 visualisieren die Ergebnisse
in prozentualer Angabe. Die Anzahl der Nennungen sind in den Balken aufgeführt. Eine erste Betrachtung der Balken zeigt, dass kongruent wahrgenommene
Charaktereigenschaften einer Marke zur eigenen Persönlichkeit zumeist in einer
Bevorzugung dieser Marke münden:
Ab in den Urlaub ...
Bei den Probanden vermi elt die I-Kommunikation „Gemeinsam (er)leben“ offenbar mehr Reisefeeling als beispielsweise die G-Kommunikation „Mit Sicherheit mehr vom Urlaub“. Le tere wird dennoch von den G´s präferiert:
Abbildung 8: Kongruenz zwischen Mensch und Marke, Ab in den Urlaub (s. Stimuli Abbildung 4)
Regenjacke für alle Fälle ...
Die A ribute Praktikabilität und Qualität, ausgedrückt durch die S-Kommunikation, zeigen eine deutliche Präferenz bei den S´s der Stichprobe. Weniger attraktiv erscheint auf den ersten Blick der D-Slogan „Rechnen Sie mit neidischen
Blicken“, doch knapp die Hälfte der D´s präferieren diesen (siehe Abbildung 9
nächste Seite):
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Abbildung 9: Kongruenz zwischen Mensch und Marke, Regenjacke für alle Fälle (s. Stimuli Tabelle 2)
Erfrischung gefällig ...
O enbar streben Menschen nach Harmonie & Balance bei der Wahl eines Getränks (S-Kommunikation). Die G´s der Stichprobe präferieren die S-Kommunikation, knapp gefolgt von der G-Kommunikation. Die G-Anzeige wird insgesamt als weniger sympathisch empfunden, was auf die Text Lastigkeit der
G-Anzeige zurückgeführt werden könnte.
Abbildung 10: Kongruenz zwischen Mensch und Marke, Erfrischung gefällig (s. Stimuli Abbildung 2)
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Kongruenz zwischen Konsumenten- und Markenpersönlichkeit
5.
Implikationen für Wissenschaft und Praxis:
Die Untersuchungen ermöglichen eine Beantwortung beider Forschungsfragen.
Marken lassen sich innerhalb des DiSG-Profils positionieren! Gegensä e ziehen
sich o enbar nicht an! Diese Erkenntnisse sind mit Implikationen für die Wissenschaft und die Praxis verbunden.
Um Kommunikationsbotschaften gezielt zu steuern steht folgende Frage im
Fokus der Betrachtung: Wer sind meine Kunden? Die Notwendigkeit einer gezielten Kundenansprache zeigt sich unter anderem durch die Zunahme bzw.
die Entwicklungen von Konsumententypologien. Hierbei bietet das DiSG-Profil
eine Möglichkeit, Marken zu positionieren und Konsumenten zielorientiert anzusprechen. Für die Praxis lassen sich Ansä e zur Steuerung und Gestaltung
einer DiSG-Markenpersönlichkeit ableiten:
1. Analyse der DiSG-Zielgruppe:
Wer sind meine Kunden? Welche Zielgruppe soll angesprochen werden? D-, I-,
S- oder G-Kunden?
2. Positionierung der Marke im DiSG-Profil:
Zielgruppenorientierte Implementierung von Marketing-Stimuli.
3. Erfassung Selbst-und Fremdbild der Marke:
Überprüfung, ob die DiSG-Botschaften als solche wahrgenommen werden und
ob „die richtigen“ Kunden „richtig“ angesprochen werden.
Für die Marketingpraxis erscheint das Wissen über zielgerichtete Determinanten zur Gestaltung und Steuerung der Markenpersönlichkeit äußerst notwendig.
Um Kommunikationsmaßnahmen zur Selbstkongruenzinitiierung gestalten zu
können, ist das Wissen über das Selbstkongruenzpotenzial der Markenverwender in der Markensteuerung von entscheidender Bedeutung. Insbesondere bei
neuen Marken und Produkten, für die noch keine Persönlichkeitsassoziationen
beim Konsumenten vorliegen, hängen die Profilierung sowie die Vermi lung
der Markenbotschaft fast ausschließlich von der Werbemaßnahme ab. Es konnte
gezeigt werden, dass DiSG-Botschaften von den Konsumenten wahrgenommen
werden und eine Präferenz erzeugen, die durch kongruentes Wahlverhalten
ausgedrückt wird. In der Forschung konnte gezeigt werden, dass ein Transfer
der wahrgenommenen Persönlichkeitsmerkmale von Testimonials auf die Verwender erfolgen kann (vgl. Kilian 2011). Somit können gezielte Informationen in
bestehende Schemata integriert werden (vgl. Esch 2012).
Hier gilt es zu beachten, dass die Gestaltung einer Markenpersönlichkeit nicht
durch eine einzige Kampagne erfolgen kann. Neben dem symbolischen Nutzen, der durch die Markenpersönlichkeit determiniert wird, spielen ebenso die
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funktionalen A ribute der Marke eine Rolle, um glaubwürdig aufzutreten. Damit DiSG-Botschaften von den relevanten Zielgruppen wahrgenommen werden,
muss eine ganzheitliche Konzeption erfolgen. Für die Praxis bieten sich in diesem Zusammenhang Gruppendiskussionen, sowohl in heterogener als auch homogener Zusammense ung an, um Marketing-Stimuli ableiten zu können. Die
Generierung von Maßnahmen im Rahmen des Marketingmix ist als Prozess zu
betrachten, der nicht von heute auf morgen generiert werden kann.
6.
Fazit
Es gibt „zu viele ähnliche Firmen, die ähnliche Mitarbeiter beschäftigen (...). Sie
haben ähnliche Ideen und produzieren ähnliche Dinge zu ähnlichen Preisen in
ähnlicher Qualität“ (Pilsl 2007 S. 48) – wenn Sie nicht dazugehören wollen, steuern Sie ihre Marke und geben Sie ihr ein unverwechselbares Persönlichkeitsprofil!
Wie? Mit DiSG! Ein „DiSG-Markenprofil“ erö net einen Weg, sich von den We bewerbern zu di erenzieren. Die Adaption des DiSG-Profils auf Marken zeigt,
dass sich Marken im DiSG-Profil positionieren lassen und eine zielgruppenorientierte Markenkommunikation erreicht werden kann. Konsumenten suchen
nach Marken, die Parallelen zu ihren wahrgenommenen Persönlichkeitsmerkmalen vermi eln. Mithilfe des DiSG-Profils lassen sich „DiSG-Botschaften“ gestalten, welche von Konsumenten als solche erkannt werden. Gegensä e ziehen
sich o enbar nicht an! Vielmehr heißt es: „Gleich und gleich gesellt sich gern!“
O enbar führen empfundene Persönlichkeitsübereinstimmungen zwischen
Mensch und Marke dazu, dass die Marke als sympathisch empfunden wird. Der
Konsument strebt demzufolge nach Parallelen zwischen den eigenen Persönlichkeitsmerkmalen und denen der Marken. Damit Ähnlichkeiten zwischen Mensch
und Marke vom Konsumenten wahrgenommen werden können, ist die Gestaltung der Markenpersönlichkeit als zentrale Determinante der Markenidentität
notwendig. Wer die Kommunikation beherrscht und die relevanten Zielgruppen
anspricht, hat Chancen sich in der heutigen Wirtschaft durchzuse en. Hat eine
Marke keine entwickelte Positionierung, so ist sie mit einer Jolle ohne Steuermann vergleichbar, die vom Winde in zufällige Richtungen getrieben wird.
Vor dem Hintergrund der Relevanz persönlichkeitsorientierter Markenführung
könnte das „DiSG-Markenprofil“ als Segmentierungsansa im Bereich der persönlichkeitsorientierten Markenführung fungieren.
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