Akkordeon – Aufbau und Funktion

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ARBEITSBLATT
Akkordeon – Aufbau und Funktion
Das Akkordeon, auch Handharmonika, Ziehharmonika, Ziehorgel, Handorgel, Riemenorgel,
Quetschkommode, Zerrwanst, Schifferklavier
oder einfach Harmonika genannt, ist eine
Mischung aus Tasten- und Blasinstrument: Zwar
greift der Spieler Tasten und Knöpfe auf einer
Klaviatur oder einer Knopfleiste, die Tonerzeugung funktioniert jedoch mithilfe des Luftstroms, der beim Drücken und Ziehen des Balgs
entsteht.
Diskant und Bass
Diskant und Bass sind die beiden Seitenteile des
Akkordeons. Der Diskant, die rechte Seite, ist die
„Melodieseite“ mit Klaviertasten (Piano-Akkordeon) oder Knopftasten (Knopf-Akkordeon). Der
Bass, die linke Seite, ist die „Begleitseite“ mit
Knöpfen.
Klavier- und Knopftasten
Die Tastatur kann beim Akkordeon entweder als
Klavier- oder als Knopftastatur ausgebildet sein.
Beim Drücken einer Taste wird der Luftweg zur
entsprechenden Stimmzunge frei.
Balg
Der Balg verbindet Melodie- und Bass-Seite miteinander. Das Auseinanderziehen und Zusammendrücken des Balgs beim Spielen bewirkt,
dass ein Luftstrom in die Stimmstöcke gelangt,
der „Spielwind“. Mit der Handhabung des Balgs
lassen sich Dynamik, Artikulation und Phrasierung steuern.
Stimmstöcke mit Kanzellen
Die Stimmstöcke liegen hinter der Klaviatur im
Diskant. Sie bestehen aus mehreren Kanzellen
(Luftkammern), die den „Spielwind“ zu den tonerzeugenden Stimmzungen weiterleiten. Meist
bestehen die Kanzellen aus Holz, bei manchen
preisgünstigeren Instrumenten auch aus Kunststoff. Von Material und Verarbeitung der Kanzellen hängt der Gesamtklang eines Akkordeons
maßgeblich ab.
Piano-Akkordeon
Registerknöpfe
Mit den Registerknöpfen lässt sich der Tonumfang
um je eine Oktave nach oben oder unten erweitern. Damit birgt das Akkordeon eine große
Klangvielfalt.
Haltung
Das Akkordeon wird im Sitzen gespielt. Mit den
Armen drückt der Spieler den Balg zusammen
und zieht ihn wieder auseinander. Dazu betätigt
er mit der rechten Hand die Klaviatur oder die
Knopftasten im Diskant, mit der linken Hand
spielt er den Bass.
Gehäuse
Balg
Melodie-Seite
Basstasten
Kennzeichen der Bass-Seite ist eine komplizierte
Mechanik, die in Basswerk und Akkordwerk
unterteilt wird. Drückt man einen der bis zu 140
Knöpfe, erklingen jeweils mehrere Töne gleichzeitig – beim Basswerk verschiedene Oktavlagen
des Basstons, beim Akkordwerk dazu auch noch
die Einzeltöne eines Akkords. Diese Kopplung von
Tönen zu einem Akkord gab dem Akkordeon
übrigens seinen Namen.
Bei künstlerisch anpruchsvolleren Instrumenten
gibt es zusätzlich zum Basswerk noch ein so
genanntes Einzelton-Bassmanual, das zusammen mit dem Diskant ermöglicht, zweistimmig zu
spielen.
Bass-Seite
Bass-Knöpfe
Knopf-Akkordeon
Tastatur
Register-Knöpfe
von links:
Stimmplatte mit Stimmzungen, Kanzellen, Stimmstöcke
Stimmzungen
Die Stimmzungen befinden sich im Inneren der
Stimmstöcke. Sie sind auf Stimmplatten aufgenietet, die wiederum auf dem Stimmstock
angebracht sind. Der „Spielwind“ aus dem Balg
bringt die so genannten „durchschlagenden“,
freischwingenden Zungen in Bewegung. Dadurch
wird der Luftstrom regelmäßig unterbrochen –
ein Ton entsteht.
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Akkordeon – Formen
Wechseltöniges, diatonisches Knopf-Akkordeon
Gleichtöniges, chromatisches Piano-Akkordeon
Gleichtöniges, chromatisches Knopf-Akkordeon
Man unterscheidet bei Harmonikainstrumenten
grundsätzlich gleichtönige und wechseltönige
Instrumente – je nachdem, ob beim Auseinanderziehen des Balgs gleiche oder unterschiedliche
Töne erklingen wie beim Zusammendrücken.
wechseltönige instrumente
gleichtönige instrumente
Das diatonische Akkordeon ist wechseltönig
aufgebaut. Bei Zug und Druck erklingen zwei
unterschiedliche Töne. Man bezeichnet es, in
Abgrenzung zum chromatischen Akkordeon, oft
als Handharmonika.
Gleichtönig aufgebaut hingegen ist das chromatische Akkordeon, das es, was die Diskantseite
betrifft, als Instrument mit Klavier- oder KnopfTasten gibt. Eine Klaviertastatur hat meist 41
Tasten, eine Knopftastatur um 100 Knöpfe.
Akkordeon – Geschichte
Von Anfang an war den Harmonikainstrumenten
eines gemeinsam: die freischwingenden Zungen.
Dieses Prinzip kommt ursprünglich aus dem fernen Osten. Schon vor dreitausend Jahren gab es
in China und Japan Mundorgeln („Sheng“ und
„Sho“), die auf solche Weise funktionierten. In
Europa entdeckte man diese Instrumente gegen
Ende des 18. Jahrhunderts und entwickelte sie
weiter. Als erstes Harmonikainstrument in heutigem Sinn gilt die „Aeoline“, ein kleines Instrument, das, mit dem Mund angeblasen, die Vergleichstöne beim Orgelstimmen lieferte. Es wurde
mit einem Faltenbalg und Basstasten versehen:
Das erste Akkordeon war geboren. Der Orgel- und
Klaviermacher Cyrill Demian ließ es sich am 6.
Mai 1829 als „Accordion“ patentieren.
Für die Musikwelt bedeutete diese Erfindung
einen historischen Einschnitt: Das unkomplizierte
Zusammenspiel von Melodie und Akkordbegleitung innerhalb eines einzigen Instruments
machte das Akkordeon auch für musikalische
Laien attraktiv, denn man konnte ohne große
musikalische Vorkenntnisse beeindruckende
Klangeffekte erreichen – sowohl in der Klangfülle
als auch in der Lautstärke (das Akkordeon übertönte mühelos jedes bis dahin gebräuchliche Saiteninstrument).
Cyrill Demian selbst entwickelte bis zum Ablauf
seines Patents 1834 zahlreiche Varianten des
Instruments, danach baute man zunächst vor
allem in Demians Heimatstadt Wien neue Instrumente, bald aber auch im Ausland. Man ver-
besserte die Möglichkeiten des Instruments
immer weiter: Hinzu kamen nach und nach Kanzellen, tiefe Oktave und Tremolo, Register, das
Gleichtonprinzip, eine neue Spielhaltung (seit
1854 spielte man die Melodie mit der rechten,
den Bass mit der linken Hand) und schließlich
Pianotasten. Man teilte die Instrumente in diatonische und chromatische auf, führte das Bassmanual ein und verbesserte die Registermechanik,
außerdem die Form, die verwendeten Materialien und die Tonqualität.
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Akkordeon – Instrumentenfamilie
konzertina
bandonion
mundharmonika
Die Konzertina ist ein wechseltöniges Harmonika-Instrument (auf Zug und Druck des Balgs
erklingen jeweils unterschiedliche Töne) mit vieroder sechseckigem Querschnitt, das im 19. und
frühen 20. Jahrhundert populär war. Auf der
Konzertina spielte man einfache Volks- und
Unterhaltungsmusik, bekannt ist sie vor allem als
Instrument von Clowns.
Das Bandonion ist eine quadratische Weiterentwicklung der Konzertina mit bis zu 200 Tönen.
Auch die Spielliteratur des Bandonions beschränkte sich zunächst auf Unterhaltungsmusik,
anspruchsvollere Bandonion-Stücke gibt es seit
etwa 1930. Außerdem ist das Bandonion mit seinem warmen Klang wichtigstes Instrument im
argentinischen Tango.
Anders als bei den Handzuginstrumenten werden bei der Mundharmonika die durchschlagenden Zungen durch den menschlichen Atem zum
Schwingen gebracht; mit dem Ein- wie auch mit
dem Ausatmen. Mundharmonikas sind wechseltönig gebaut: Jeder Tonkanal enthält zwei Zungen, von denen eine auf Blasen, die andere auf
Ziehen anspricht.
Akkordeon – zusammen spielen
ein-mann-kapelle
Melodiestimme und dazu gehörige Akkordbegleitung in einem gut zu transportierenden
Instrument – das Akkordeon wurde bald nach
seiner Erfindung zum Prototyp der Ein-MannKapelle. Seine Klangfülle reichte sogar aus, um in
einem lärmenden Tanzsaal Musik zu machen.
akkordeon-orchester
Im Rahmen einer Werbekampagne zur Imageverbesserung des Akkordeons gründete die Firma
Hohner Anfang der 1930er-Jahre das erste Akkordeon-Ensemble. Zentral war der „Clubgedanke“,
das gemeinsame Musizieren in größerer Runde.
Heute konzentriert sich das gemeinsame Akkordeonspiel meist auf drei Gruppierungen: das
große Akkordeon-Orchester mit 20 bis 30 SpielerInnen, das Akkordeon-Ensemble mit maximal
zwei SpielerInnen pro Stimme und die Akkordeon-Spielgruppe, meist als Quintett.
musikrichtungen
In der Volksmusik ist das Akkordeon seit jeher zu
Hause. Seit Mitte der 1970er-Jahre ist das Instrument dann in den unterschiedlichsten Musikstilen zu finden. In der zeitgenössischen Musik
und im Jazz galt es mehr und mehr als schick, mit
dem Volkstümlichen, Banalen zu kokettieren,
wofür sich das Akkordeon als Symbol der so
genannten Volkskultur hervorragend eignete.
Aber auch Rock- und PopmusikerInnen reizte das
Instrument zunehmend, zum Beispiel Eric
Clapton und Bruce Springsteen. Nicht zu vergessen ist die lateinamerikanische Tangomusik. In
den internationalen Hitparaden verschafften sich
lateinamerikanische Akkordeonklänge erstmals
Ende der 1980er-Jahre mit dem Hit Lambada von
Kaoma Gehör.
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