Tasten, Töne, Temperamente.

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Tasten, Töne, Temperamente.
Folge 3: „Knopf oder Taste, das ist hier die Frage!“
Text: Thilo Plaesser
ƒƒ Vielleicht
hat sich Ihnen diese
­rage nie gestellt. In den meisten
F
­Fällen lernen wir ein Instrument, wel­
ches der Lehrer spielt oder die regio­
nale Tradition vorgibt. Dann spielen
und lernen die meisten Musiker, ohne
das zu spielende System je zu hinter­
fragen. Ich habe zuerst Orgel und
­Klavier gespielt, bevor ich das Knopf­
akkordeon für mich entdeckt habe.
Ich möchte mit Ihnen meine Er­
fahrungen teilen. Ich denke, dass die
Mehrzahl der akkordeon magazin-Leser
ein Tasteninstrument spielt; aber spie­
len wir nicht alle Knopf? Zumindest
auf der linken Seite...
Seit meiner Kindheit habe ich
mich mit Instrumenten beschäftigt,
die eine Pianotastatur haben. Das hat
mich natürlich geprägt. Als ich eine
38 akkordeon magazin #40
Praxis
neue musikalische Herausforderung
suchte, erkannte ich bald, dass es
­etwas ganz anderes sein muss. Streichoder Blasinstrumente waren nicht so
meine Sache, auch wenn mich viele
davon begeistern. Das Akkordeon war
meine „erste Liebe“. Zuerst war es na­
türlich ungewohnt, wenn nicht gar
unangenehm, so ein großes „Teil“ vor
sich zu haben. Mir sagte einmal eine
Frau, es hätte sich für sie so angefühlt,
als ob sie einen Grizzly umarmen
wollte. Bis dahin war ich es doch vom
Klavier her gewohnt, das Instrument
nur mit den Fingerkuppen und dem
„rechten Zeh“ zu berühren. Mittler­
weile ist das Ak­kordeon für mich kein
Fremd­körper mehr, im Gegenteil, ich
um­arme es wie (m)eine Geliebte. Eine
schöne Erfahrung war es zu spüren,
wie sich fast jede Körperbewegung auf
den Klang auswirkt und wie ich mir
das zunutze machen kann. Beeindru­
ckend war auch, wirklich „blind“ zu
spielen. Bei der Bassseite hat man eh
keine C
­hance. Nachdem ich fest­
gestellt h
­atte, dass meine Nacken­
schmerzen vom ständigen Herunter­
schauen auf die Diskantseite herrühr­
ten, hörte ich einfach damit auf. Das
Entdecken der gespiegelten Töne
­parallel im Con­verter erleichterte dies
enorm.
„Schwarz-Weiß-Denken“
Auch ich spiele eine schwarz-weiße
Knopftastatur – noch. Das ist aber ei­
gentlich ein inkonsequentes „System“.
Die schwarzen Knöpfe entsprechen
den Obertasten der Pianotastatur.
Dass die weißen Tasten für die Hoch­
zeit und die schwarzen für die Beerdi­
gung seien, ist eine weit verbreitete
(falsche) Annahme. Bei der Kirchen­
orgel ist es oft umgekehrt. Die Ober­
tasten sind weiß, die Untertasten sind
schwarz. Das hat wirklich nur einen
pflegetechnischen Grund; auf den
schwarzen Tasten kann man den
Staub und Schmutz nicht gut sehen,
dafür umso mehr an den Fingern.
„Ganze und halbe Portionen“
„Das Fis ist ein halber Ton.“ Dies ist
leider nicht nur eine Aussage von
Schülern, das wird fallweise sogar ver­
mittelt. Dass die Obertasten auf der
Pianotastatur schmaler sind als die
Untertasten, unterstreicht diesen
unsinnigen Eindruck. Natürlich ist
­
der Halbtonschritt von F nach Fis
­ emeint. Und vielen Schülern leuch­
g
tet es zu Recht nicht ein, warum
­zwischen E und F sowie zwischen H
und C keine schwarze Taste ist. Inter­
valle und Skalen sollte man sich idea­
lerweise über das Gehör einprägen.
Ein wesentlicher Vorteil der Knopf­
tastatur ist die Tatsache, dass man
Skalen und Intervalle von jedem Ton
aus mit dem gleichen Fingersatz spie­
len kann. Und jeder kennt das Pro­
blem, wenn der Sänger bei seinem
Stück in A-Dur plötzlich feststellt,
dass seine Stimme heute „etwas indis­
poniert“ ist und er es doch lieber in
As-Dur singen möchte. Was tut also
der Akkordeonist? Der Knopfspieler
sagt „Kein Problem“, spielt und bietet
zum Erstaunen des Sängers noch ei­ni­
ge andere Tonarten an. Der Pianospie­
ler lobt den Sänger, dass seine Stimme
doch wunderbar in A-Dur klingt...
Spielen sie mal ein „Zeh“
Auf die Bitte, einmal „irgendeinen
Ton“ zu spielen, greifen die meisten
Menschen zielsicher auf das C. Alle
Klavier-, Akkordeon- oder Orgelschu­
len beginnen auf diese Weise. Alles
wird vom C, von C-Dur her aufgebaut.
Dabei ist C-Dur klanglich eine sehr
matte Tonart. Auf der Pianotastatur
ist C-Dur sogar schwieriger gleich­
mäßig zu spielen, als etwa H-Dur. Das
erkannte auch schon Chopin und so
war es die H-Dur-Tonleiter, die seine
Schüler zuerst lernten.
C- oder B-Griff? (oder eine der
unzähligen Varianten?)
Diese Bezeichnung sagt ja in erster
­Linie erst einmal aus, dass das C oder
das B (im europäischen Sprachge­
brauch ist es natürlich das H) in der
ersten Reihe liegt. Beim C-GriffInstru­ment liegen außerdem noch Es,
perfekt spielbar mit allen gebräuchlichen HOHNER
Fis und A dort. Also könnte man auch
vom Es-Griff, Fis-Griff oder A-Griff
sprechen. Wir sind leider von der In­
stru­men­tal­pädagogik (im Übrigen ein
schreckliches Wort) auf das C kon­di­
tioniert worden. Bedauerlicherweise
bin ich nicht mit der Solmisation groß
geworden. Ich denke aber, dass die Sol­
misation ideale Voraussetzungen für
ein natürliches musikalisches Denken
schafft. Denn ob ich ein Lied in Coder Es-Dur spiele, die Intervalle blei­
ben gleich. Der Knopfspieler spürt kei­
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akkordeon magazin #40 39 Alte Finger­sätze sind eine Wissenschaft für sich
nen Unterschied, der Pianospieler
muss für fast alle Tonarten einen an­
deren Fingersatz parat haben. Das
hemmt die Spontaneität, in erster
Linie beim Improvisieren und beim
­
Ensemblespiel.
Fingersätze
Vor kurzen sah ich Otto Lechner, wie
er recht ungewöhnlich mit der Piano­
tastatur umging. Er spielte oft nur mit
dem zweiten, dritten, vierten und
fünften Finger. Er hielt sie ganz flach
auf den Tasten. Aber ist das wirklich
so ungewöhnlich? Nein, er macht es
intuitiv und aus ergonomischen
Gründen. Es lohnt sich eine Betrach­
tung der „alten Meister“. Damit meine
ich nicht Otto Lechner, sondern J. S.
Bach und seine Zeitgenossen. Zu die­
ser Zeit und vor allem in der Zeit da­
vor spielte man ohne Einsatz des Dau­
mens. Diese Spielweise hat mit den
Vorläufern unserer heutigen ­Tastatur
zu tun. Interessant sind die Auswir­
kungen auf die Artikulation. Nehmen
wir als Beispiel den Fingersatz von
dorisch d auf Pianotasten.
Die Töne d, e, f, g werden mit den
­Fingern 2, 3, 4, 5 gespielt. Dann muss
ich herüberrutschen, um mit dem
2. Finger auf das A zu gelangen. Bei
den Übergängen wird es zwangsläufig
zu einem hörbaren Absetzen kom­
men. Wenn wir die Artikulationsbö­
gen beachten, spielt man wie üblich
die letzte Note des Bogens kurz. Dies
ergibt eine klare Gliederung. Alte
Finger­
sätze sind eine Wissenschaft
für sich und geben Einblick, wie die
Musik damals lebendig interpretiert
wurde. Versuchen Sie einmal, Lieder
Von Thilo Plaesser gibt es ein neues Album.
40 akkordeon magazin #40
auf diese ­Weise zu spielen, es kann
ganz neue Welten eröffnen. Die Be­
schäftigung mit alten Fingersätzen
würde auch Knopf-Bayanisten ganz
andere interpretatorische Sichtweisen
eröffnen.
Ob nun mit oder ohne Daumen,
Knopf- oder Pianotastatur – die Arti­
kulation ist nicht nur Beiwerk, son­
dern wesentlicher Bestandteil der Mu­
sik und sollte von Anfang an Berück­
sichtigung finden. Paul Jankó entwi­
ckelte 1882 eine neuartige Tastatur für
das Klavier, die dem Knopfsystem ähn­
lich war. Auch hier konnte man mit
gleichen Fingersätzen Skalen und Ak­
korde in den verschiedenen Tonarten
spielen. Und obwohl Arthur Rubinstein
begeistert war und Franz Liszt sogar
prognostizierte, dass diese Tastatur die
herkömmliche ablösen werde, setzte
sie sich nicht durch. Die Klavierindu­s­
trie, aber auch die Musiker waren
nicht bereit umzudenken. Auf You­
Tube kann man ein akustisches Klavier
mit dieser Tastatur sehen und hören.
In ­Japan ist eine chromatische Knopf­
tastatur, die ähnlich der des Knopf­
akkordeons ist, weit verbreitet und
sehr beliebt und in Digitalpianos er­
hältlich. Interessant ist, dass das
Knopfsystem eher mit dem Griffbrett
einer Gitarre oder eines Basses ver­
wandt ist als mit der Tastatur eines
­Pianos. Aber ist denn die Knopftasta­
tur „besser“ als die Pianotastatur beim
Akkordeon? Beleuchten wir die Unter­
schiede:
Pro Knopf:
•D
ie Bauweise ermöglicht einen grö­
ßeren Tonumfang auch bei kleine­
ren Instrumenten.
Praxis
• Die Größe und Abstände der Knöpfe
sind gleich.
• Die ergonomische Griffweise er­
laubt ein bequemes Spiel und eine
ermüdungsfreiere Haltung.
Aus diesen Gegebenheiten
resultiert:
• Wer einen Converter spielt, lernt
viel schneller und einfacher beide
Manuale, da die Manuale, also Dis­
kant und Bass, in ihrer Griff­weise
gespiegelt angeordnet sind.
• Transponieren ist relativ einfach.
• Viele Skalen und Akkorde haben den
gleichen „Griff“, also den gleichen
Fingersatz.
• Die Knopftastatur ermöglicht eine
höhere Beweglichkeit, Schnelligkeit
und Sicherheit beim Spiel.
Pro Taste:
• Die Töne sind „sichtbar“. Das Er­
klären von Intervallen fällt leichter,
da die Töne sichtbar sind.
• Wer mit dem Akkordeon beginnt
und vorher schon Klavier oder Key­
board gespielt hat, kann natürlich
sofort loslegen, zumindest auf der
rechten Seite.
• Manchmal höre ich das Argument,
dass, wenn „man mal rausgeflogen ist“,
es bei einem Tasteninstrument leich­
ter sei, wieder hineinzukommen.
Nun gehen mir schon die „Pro-­
Tasten-Argumente“ aus. Zumindest für
das Akkordeon. Beim Klavier oder der
Orgel sähe das anders aus. Aber wir
sprechen ja vom Akkordeon. Wer mit
dem Akkordeonspiel beginnt und kei­
nerlei Vorerfahrungen hat, sollte mei­
ner Meinung nach zum Knopfinstru­
ment greifen. Die Vorteile liegen auf
der Hand. Wer schon vorher Klavier
gespielt hat, kann sich relativ einfach
dem Pianoakkordeon nähern. Aller­
dings sollte man nicht denken, dass
man sein Klavierspiel einfach auf das
Akkordeon übertragen kann. Die unge­
wohnte Haltung, die andere Position
der Klaviatur und die Tatsache, auch
noch für die T
­ onerzeugung sorgen zu
müssen, würden dieses Unterfangen
zum Scheitern bringen.
Auch der „Umstieg“ von einem
­Tasten- zu einem Knopfintrument hat
seinen Reiz. Aber Gewohnheiten las­
sen sich nur schwer überwinden, so­
dass vor allem hier in Deutschland das
Tastenakkordeon ­
sicher die „Ober­
hand“ (OberTaste) behalten wird.
Wie wir uns der Musik nähern, ist
meiner Meinung nach eng damit
verbunden, wie Musik vermittelt wird.
Kurz gesagt:
•B
eim Tastenakkordoen spielt oft das
Visuelle eine entscheidende Rolle.
•B
eim Knopfakkordeon spielt das
Hören eine entscheidende Rolle.
Die visuelle Vermittlung und das
Spiel nach Noten sind eine typisch
westliche „Errungenschaft“. Die audi­
tive und sensitive Herangehensweise
an die Musik typisch für die orienta­
lische und asiatische Musiktradition.
Natürlich gibt es Ausnahmen, die ich
hier aber nicht näher erläutern möchte.
Da lohnt es sich doch, einen Blick
auf die Akkordeon­ausbildung und
Musikpädagogik im Allgemeinen zu
werfen: In den meisten Fällen erfahren
wir eine technikorientiere Ausbildung.
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statt von den „Ohren in die Finger“ gelehrt zu spielen. Die
Technik steht im Mittelpunkt und ist nicht länger „Mittel
zum Zweck“. Wer kennt sie nicht, die „Wunderkinder“ (und
„wundersamen“ Erwachsenen), die ohne einen falschen Ton
zu spielen blutleer ihre Stücke abspulen oder aber musi­
kalische Regungen vorgaukeln, die ihnen antrainiert wur­
den. Sie sind aber nicht dazu in der Lage, diese auch
­tatsächlich zu empfinden.
Dann haben wir noch alle erdenklichen instrumentalen
„Weltmeister“. Das instrumentale Spiel verkommt zu einer
sportlichen Disziplin. Deshalb lehne ich auch jede Form von
Wettbewerb in der Musik ab. Leider funktioniert unser
Musikbusiness heute so, dass vom Gewinn der Wett­bewerbe
die „Karriere“ abhängt – unter anderem durch die Vermitt­
lung von Konzertmöglichkeiten und CD-Produktionen.
Eine ­fatale Entwicklung.
Noch bevor ein Anfänger die Möglichkeit hat, das In­
strument spielerisch zu entdecken, zeigen wir ihm „das C“
und belasten ihn viel zu früh mit vielen weiteren theo­
retischen Dingen. Deshalb plädiere ich für das improvisato­
rische ­Lernen. Natürlich müssen auch später musiktheoreti­
sche Kenntnisse vermittelt werden, das steht außer Frage.
Durch das improvisatorische Lernen werden aber erst ein­
mal die wahren Grundlagen gelegt wie das Vertrautwerden
mit dem Instrument sowie Tongestaltung, Artikulation,
Phrasierung und Dynamik. Auswendig gelernte Stücke
­
­bleiben haften und bieten die Möglichkeit, an den wesent­
lichen Dingen zu arbeiten. Außerdem fördern wir so die
­natürliche Spielfreude und Kreativität. Dass diese Art der
Vermittlung greift, hat sich in meiner langjährigen Tätigkeit
bestätigt. Nach zwei oder drei Stunden spielt der Anfänger
Stücke, die er nach der herkömmlichen „Methode“ erst nach
ein paar Monaten spielen könnte. Warum? Er weiß nichts
von „Schwierigkeiten“, sondern imitiert einfach und hat
Spielfreude. Die berechtigte Frage, die mir dann immer wie­
der gestellt wird, lautet: „Warum unterrichten dann nicht
alle Lehrer so?“ Weil die Lehrer doch selbst in diesem
­System groß geworden. Das macht ein Durchbrechen dieser
Ausbildungsmethoden sehr schwer.
Bedenken wir: Ein Gypsie- oder ein Blues-Musiker kann
oftmals keine Noten lesen, er weiß nicht, dass er einen Ak­
kord der Doppeldominante mit hinzuge­füger Sept, Non und
tiefalterierter Quinte spielt. Sind wir nicht von der Musika­
lität und Leichtigkeit dieser Musiker fasziniert? Es hat
nichts mit seiner Nationalität zu tun, s­ ondern damit, wie er
die Musik vermittelt bekommen hat, und das hat wiederum
doch mit der Nationalität zu tun. Diese Art des Lernens hat
mit seinem kulturellen Hintergrund zu tun. In vielen Kul­
turen vollzieht sich Lernen auf einfachste, aber geniale
­Weise: durch Vor- und Nachspielen. Aber alles, was leicht
ist, füttert nicht unser Ego, und wir meinen, es sei nicht
richtig.
•D
em Komponisten Leopold Godowski spielte einmal ein
Mädchen vor. Die Eltern waren überglücklich und stolz
und fragten ihn nach seiner Meinung. Er sagte, er habe
noch nie jemanden so einfache Stücke mit so großen
Schwierigkeiten spielen gehört...
Im orientalischem Kulturkreis kommt noch ein weiterer –
für mich der wichtigste – Aspekt hinzu: die Spiritualität in
der Musik. Für mich ist Musik immer spirituell.
Stellen wir uns einmal folgende Fragen:
•W
arum mache ich Musik?
•F
ür wen mache ich Musik?
•S
piele ich wirklich mit Hingabe?
•D
rücke ich mich mit meiner Musik wirklich aus?
Hier berühren wir ein ganz anderes
Gebiet, das mir im Laufe meiner Unter­
richtstätigkeit immer deutlicher wur­
de. Sehr häufig beruhen Schwierigkei­
ten beim Spiel nicht auf mangelnder
Technik oder fehlendem musikalischen
Verständnis. Sie sind in der Psyche ver­
haftet. Einem völlig überdrehten, ner­
vösen Schüler kann ich noch so viele
musika­lische Hinweise geben, er wird
das meditative Stück nie entsprechend
spielen können, da er es gar nicht emp­
finden kann. Das heißt, dass das Er­
lernen eines Instruments nicht auf das
Musikalische beschränkt ist. Wie
könnte es auch ­anders sein, wenn die
Musik Ausdruck der Seele ist. Dem
Unterrichtenden wird es sehr schwer
gemacht, da er auf d
­ iese Dinge selten
Einfluss nehmen kann.
42 akkordeon magazin #40
Praxis
Ein weiterer Aspekt ist die In­stru­mentenentwicklung.
Da kann man sich fragen, ob die Instru­men­tenentwicklung
für das Akkor­deon eigentlich schon abgeschlossen ist.
Vor kurzem buchte ich bei der Lufthansa einen Flug. Die
Bestätigung kam durch Air Berlin. Ich stieg in eine Ma­
schine von Niki und wurde begrüßt mit den Worten, dass
der Flug von Austrian Airlines in „cooperation with Etihad“
durchgeführt wird. Zu meinem Erstaunen kam ich aber dort
an, wo ich hin wollte. Transparenz heißt das Stichwort. Mir
sagte kürzlich ein erfahrener Akkordeonbauer: „Mir ist egal,
was drauf steht, wichtig ist, was drin ist.“
Ja, was ist denn drin? Die meisten Akkordeonfirmen
­beziehen ihre Teile von ein und demselben Hersteller. In
verschiedenen Akkordeonmarken finden sich zum Beispiel
Mechaniken, Stimmzungen, Tastaturen und Knöpfe, Re­
gistermechaniken und Schalter ein und desselben Zulie­
ferers. Diese „Gleiche Teile“-Philosophie kennen wir von
diver­sen Autoherstellern, daher lässt es uns nicht verwun­
dern, dass viele Instrumente nahezu identisch klingen. Auch
die Angabe des Herstellungsortes stimmt nicht immer mit
der Realität überein. Das schafft kein Vertrauen.
Aber es gibt sie noch, die guten Instrumente und die
aufrichtigen Hersteller, man muss nur genau hinschauen –
wie sonst auch im Leben. Aber zurück zur Frage, ob die
Instrumentenentwicklung abgeschlossen ist. Ich denke
­
nicht. Schon immer haben die Musiker die Entwicklung der
Instrumente vorangetrieben. Das geschah auch in der Ver­
gangenheit mit dem Akkordeon so. Erweiterter Tonumfang,
Converter und programmierbare Kinnregister, um nur
­einige Beispiele zu nennen, haben wir den Wünschen von
Musikern zu verdanken. Wir, die Musiker, sind also gefragt,
Ideen und Wünsche so zu äußern, dass die Hersteller darauf
reagieren können, ja müssen. Dies wird leider durch die oft
prekäre finanzielle Situation vieler Hersteller erschwert.
Die Darstellung meiner konkreten Vorstellungen würde
hier den Rahmen sprengen.
Fazit
Die Knopftastatur hat eindeutig viele Vorteile gegenüber
der Pianotastatur. Kulturelle und persönliche Gründe spie­
len aber eine größere Rolle als eine Liste mit diversen
­Argumenten. Am Wichtigsten ist natürlich, was der Spieler
dem Instrument für Töne entlockt. Die verschiedenen
­Tastaturen sind zwar „nur“ die Schnittstelle, diese ist aber
entscheidend, um musikalische Vorstellungen umzusetzen.
Da fällt mir ein treffendes Zitat von Gustav Mahler ein:
„Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.“ Oder frei
formuliert: „Das Beste in der Musik hängt nicht von Tasten
oder Knöpfen ab.“
Ob Taste oder Knopf – viel Freude beim Musizieren!
Aus Liebe zur Musik.
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akkordeon magazin #40 43 
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