California Enzephalitis Virus Campylobacter

Werbung
C
California Enzephalitis Virus
Bunyaviren
Campylobacter
Erregerbezeichnung
Campylobacter
Synonym
Entfällt
Morphologie
Gebogene, spiral- oder S-förmige gramnegative
Stäbchen, 0,2–0,9 µm dick, 0,5–5 µm lang, von
älteren Kulturen auch kokkoid. Bei Phasenkontrastbetrachtung gut beweglich.
Taxonomie
Familie: Campylobacteriaceae
Gattungen: Campylobacter, Arcobacter
Spezies: C. coli, C. concisus, C. curvus, C. fetus ssp. fetus, C. fetus ssp. venerealis, C. gracilis,
C. helveticus, C. hominis, C. hyointestinalis ssp.
hyointestinalis, C. hyointestinalis ssp. lawsonii,
C. jejuni ssp. doylei, C. jejuni ssp. jejuni,
C. lanienae, C. lari, C. mucosalis, C. rectus,
C. showae, C. sputorum biovar paraureolyticus,
C. sputorum biovar sputorum, C. upsaliensis
Historie
1886 wurden von Th. Escherich erstmals spiralförmige Bakterien bei durchfallkranken Säuglingen und Katzen beobachtet. Erste Beschreibung eines vibrioähnlichen Erregers (wahrscheinlich C. fetus ssp. fetus) bei Schafen durch
McFadyean und Stockmann 1909. Erstisolation
beim Menschen durch Vinzent 1947 („Vibrio fe-
tus“). 1963 Einführung der Gattungsbezeichnung durch Sebald und Veron.
Erkrankungen/Symptome
Die einzelnen Spezies der Gattung Campylobacter führen zu unterschiedlichen Krankeitsbildern.
Enteritis. Bakterien der Gattung Campylobacter
werden als die weltweit häufigsten Enteritiserreger angesehen. In Deutschland liegen sie zurzeit an zweiter Stelle hinter den Salmonellen.
Am häufigsten werden hier C. jejuni (ca. 90%
der Fälle) und C. coli (ca. 5% der Fälle) isoliert,
seltener auch C. lari, C. upsaliensis und C. fetus
sowie in Einzelfällen C. hyointestinalis, C. concisius und C. mucosalis. Inkubationszeit 2–10 Tage, Prodromalstadium mit Kopfschmerzen, Myalgien, Arthralgien. Nach 12 - 24 Stunden Fieberanstieg bis über 40°C, abdominelle Krämpfe,
wässrige Diarrhöen, in bis zu 50% der Fälle auch
schleimig oder mit Blutauflagerungen, selten
Erbrechen. Üblicherweise selbstlimitierender
Verlauf von 3–7 Tagen Dauer.
Extraintestinale Prozesse. Hier ist neben C. jejuni vor allem C. fetus ssp. fetus von Bedeutung.
Bakteriämie, Sepsis, Harnwegsinfekte, Meningitis, Endokarditis Peritonitis, Pankreatitis, reaktive Arthritis, Abort und Neugeborenensepsis
sind beschrieben. Assoziation von C. jejuni (v.a.
Penner Serotyp O:19) mit Guillain-Barré-Syndrom. C. sputorum wurde aus Abszessen isoliert, während C. concisus und C. rectus mit der
Pathogenese der Periodontitis in Zusammenhang gebracht werden. Bei C. helveticus und
C. showae handelt es sich um Arten von fraglicher humanpathogener Bedeutung.
Differenzialdiagnose
Enteritis: Bakterielle (z.B. Salmonellen, Shigellen, Yersinien) und virale (z.B. Rotavirus, Norwalkvirus) Enteritiserreger, Parasiten. Bei ex99
Campylobacter
traintestinalen Prozessen Differenzialdiagnose
in Abhängigkeit von der Erkrankung.
Labordiagnostik
Extraintestinale Infektionen und Bakteriämie.
Therapie der Wahl sind ebenfalls Makrolide. Bei
sehr schweren Verläufen auch Gentamicin plus
Cefotaxim oder Carbapeneme.
Mikroskopie. Siehe Morphologie.
Kulturelle Anzüchtung. Erfolgt über Filtration
auf Blutplatten oder spezielle bluthaltige oder
blutfreie Selektivmedien. Inkubation für 48 h
bei 37°C in mikroaerobem Milieu (5% O2, 10%
CO2, 85% N2), für einige Campylobacter spp.
(C. sputorum, C. concisus, C. mucosalis und
C. hyointestinalis) kann H2-Zusatz erforderlich
sein. C. curvus, C. rectus und C. gracilis wachsen
bevorzugt anaerob.
Biochemische Differenzierung. Nachweis von
Oxidase und Katalase, Fehlen von Glukosespaltung. H2S-Bildung, DNAse, Hippurathydrolyse,
Indoxylacetathydrolyse, Nitratreduktion und
Wachstum bei 15, 25 und 42°C. Die Prüfung des
Resistenzverhaltens gegen Nalidixinsäure kann
bei zunehmender Chinolon-Resistenz nicht
mehr als Differenzierungsmerkmal empfohlen
werden.
Weitere Differenzierungsmethoden: Aufgrund
der geringen Anzahl zur Verfügung stehender
biochemischer Reaktionen sind weitere Differenzierungsmethoden wie die gaschromatographische Auftrennung der Gesamtzellfettsäuren
und molekularbiologische Verfahren (PCR, Hybridisierung) von Bedeutung.
Serotypisierung. Nach den Schemata von Lior
und Penner, molekularbiologische Typisierung
mittels Pulsfeld-Gelelektrophorese, RFLP u.a.
Antikörpernachweis (ELISA, Western Blot).
Nur bei Folgeerkrankungen (reaktive Arthritis,
Guillain-Barré-Syndrom) indiziert.
Therapie
Enteritis. Bei unkompliziertem Verlauf lediglich symptomatische Therapie (Volumen- und
Elektrolytsubstitution). Bei schwerem und langanhaltendem Verlauf Gabe von Makroliden
(z.B. oral Clarithromycin 2mal täglich 250–
500mg, Kinder 2mal täglich 8–12mg/kg; parenteral Erythromycin-Lactobionat 1,5–2g, Kinder
50mg/kg täglich in 3 Einzeldosen für 5–7 Tage).
Alternativ Ciprofloxacin 2mal 500mg/Tag (häufiger Resistenzen!) oder Tetrazyklin.
100
Guillain-Barré-Syndrom. Gabe von Immunglobulinen, Plasmapherese.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Infektionsdosis ab ca. 1.000 Bakterien. Über die
Pathogenese ist relativ wenig bekannt, Adhäsion und Kolonisation scheinen eine Rolle zu
spielen, z.T. gefolgt von Invasion oder Translokation. Über Campylobacter-Toxine wurde eine
Vielzahl oft widersprüchlicher Arbeiten publiziert. Die hohe Antigenvariabilität wird bei der
Serotypisierung basierend auf hitzelabilen
(HL-) Antigenen nach Lior und O-Antigenen
nach Penner genutzt (über 100 HL- und 60 OSerotypen, s.a. Labordiagnostik).
Transmission
Campylobacter werden vorwiegend über Nahrungsmittel wie nicht durchgegartes Geflügelfleisch oder Rohmilch, durch Kreuzkontamination bei der Nahrungszubereitung sowie durch
kontaminiertes Trinkwasser übertragen. Selten
fäkal-orale Übertragung durch Infizierte. Außer
bei Immunsupprimierten kaum Dauerausscheider.
Vermehrung und Inkubationszeit
Vermehrung im Gastrointestinaltrakt koloniesierter Tiere, selten Vermehrung im kontaminierten Lebensmittel. Inkubationszeit 2–10
Tage (siehe Erkrankungen /Symptome).
Resistenz
Ca. 90% der C. coli- und über 95% der C. jejuniIsolate sind sensibel gegen Makrolide. In den
letzten Jahren Zunahme der Resistenz gegen
Chinolone, oft resistent gegen Penicilline und
Cephalsoporine.
Immunantwort
Anstieg von spezifischen IgG, IgM und IgA-Antikörpern im Serum sowie von IgA-Antikörpern
im Stuhl nach Infektion. Abfall auf Ausgangswerte bei unkompliziertem Verlauf innerhalb
von ca. 4 Wochen (s.a. Labordiagnostik).
Campylobacter
Wirtsbereich
Wichtigstes Erregerreservoir und häufigste Infektionsquelle sind besiedelte, meist asymtomatische Tiere, v.a. Geflügel, aber auch Rind,
Schwein, Schaf, Hund, Katze und Vögel.
Risikogruppen
Risikogruppen sind Kleinkinder, junge Erwachsene, Touristen v.a. bei Reisen in warme Länder
mit niedrigem hygienischen Standard sowie Beschäftigte in Tierzucht- oder tierverarbeitenden
Betrieben.
Epidemiologie
In Deutschland werden bei 5–10% der mikrobiologisch untersuchten Durchfallerkrankungen C. jejuni bzw. C. coli gefunden. Neben sporadischen Fällen sind nahrungsmittel- oder
trinkwasserassoziierte Ausbrüche von Bedeutung.
In den Entwicklungsländern häufige Erkrankung des frühen Kleinkindesalters mit zunehmend asymptomatischen Verläufen etwa ab
dem 5. Lebensjahr.
Genetik
Anfang 2000 wurde die Sequenzierung des Genoms von C. jejuni NCTC 11168 abgeschlossen
(EMBL: CJ11168; accession number AL111168).
Prävention
Verwendung von einwandfreiem Trinkwasser,
strenge Küchenhygiene, Durchgaren von
Fleisch und Verzicht auf Rohmilch.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Campylobacter-freie Nutztierbestände werden
z.T. angestrebt, sind aber in der Praxis nur
schwer zu verwirklichen (s.a. Prävention).
Meldepflicht
Der direkte oder indirekte Nachweis darmpathogener Campylobacter ist nach § 7 (1) IfSG
namentlich zu melden. Weiter ist nach § 6 (1)
IfSG der Verdacht auf oder die Erkrankung an
einer Campylobacter-Enteritis meldepflichtig,
sofern eine Person betroffen ist, die in lebensmittelverarbeitenden Bereichen beschäftigt ist
oder zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen
auftreten, bei denen ein epidemiologischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet
wird.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
◗ Konsiliarlabor für Campylobacter: Institut
für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene,
Universität Freiburg, Prof. Dr. M. Kist, Hermann-Herder-Str. 11, D-79104 Freiburg, Tel.
0761/203-6590, -6510, Fax 0761/203-6562,
E-Mail: [email protected]
◗ Nationales Referenzzentrum für Salmonellen
und andere bakterielle Enteritiserreger: Robert Koch-Institut (Bereich Wernigerode),
Burgstr. 37, 38855 Wernigerode; Leitung: Herr
Prof. Dr. H. Tschäpe, Tel.: 03943/679–206,
Fax: 03943/679–207, E-Mail: tschä[email protected]
und
◗ Hygiene-Institut der Universität Hamburg,
Abteilung Bakteriologie, Prof. Dr. J. Bockemühl, Marckmannstr. 129a, D-20539 Hamburg, Tel. 040/42837-201, Fax 040/42837-483,
E-Mail: [email protected]
◗ Ratgeber Infektionskrankheiten:
http://www.rki.de
◗ Standardization of molecular typing methods
for Campylobacter:
http://www.svs.dk/campynet/contents.htm
◗ Campylobacter jejuni genome:
http://microbios1.mds.qmw.ac.uk/
campylobacter, http://www.sanger.ac.uk/
Projects/C_jejuni/
◗ U.S. Food & Drug Administration:
http://vm.cfsan.fda.gov/~mow/chap4.html
◗ Centers for disease control and prevention:
http://www.cdc.gov/ncidod/dbmd/
diseaseinfo/campylobacter_g.htm
Schlüsselliteratur
1. Allos BM, Taylor DN. Campylobacter infections. In: Evans
AS, Brachman PS, eds. Bacterial Infections of Humans.
New York: Plenum Medical, 1998:169–90.
2. Kist M. Campylobacter- und Arcobacter-Infektionen. In:
F. Hofmann (Hrsg.) Infektiologie. Ecomed Verlag,
Landsberg, 1996
3. Nachamkin I. Campylobacter and Arcobacter. In: P.R.
Murray, E.J. Baron, M.A. Pfaller, F.C. Tenover, R.H. Yolken
(Hrsg.) Manual of Clinical Microbiology. 7. Edit., ASM
Press, Washington, 1999
4. Nachamkin I, Blaser MJ (Hrsg.). Campylobacter. ASM
Press, Washington, 2000.
101
C
Candida
5. Parkhill J, Wren BW, Mungall K, Ketley JM, Churcher C,
Basham D, Chillingworth T, Davies RM, Feltwell T,
Holroyd S, Jagels K, Karlyshev AV, Moule S, Pallen MJ,
Penn CW, Quail MA, Rajandream MA, Rutherford KM,
van Vliet AHM, Whitehead S, Barrell BG. The genome
sequence of the foodborne pathogen Campylobacter jejuni
reveals hypervariable sequences. Nature 403, 665–668
(2000).
Candida
Erregerbezeichnung
Candida albicans, Candida dubliniensis, Candida tropicalis, Candida parapsilosis, Candida
guilliermondii, Candida glabrata, Candida krusei, sonstige Candida species
Synonym
Mehr als 150 Synonyme für C. albicans,
C. tropicalis, ca. 20–50 Synonyme für
C. parapsilosis, C. guilliermondii und C. krusei.
Bekanntestes Synonym für C. glabrata: Torulopsis glabrata.
Morphologie
C. albicans: Auf Sabouraud-Glucose-Agar
(SGA) bei 37°C cremefarbene, meist glatte Kolonien. Mikroskopisch: Sprossende Hefezellen 3–
8×2–7 µm. Auf zuckerarmen Substraten bei
24°C: Reichlich Pseudomyzel, echtes Myzel und
Chlamydosporen. C. dubliniensis: Kulturmorphologie wie C. albicans, jedoch auf Guizotiaabbyssinica-Kreatinin-Agar (Staib-Agar) rauhe
Kolonien mit reichlich Chlamydosporen. C. tropicalis und C. parapsilosis: Auf SGA bei 37°C Kolonien, Hefezellen und Pseudomyzel ähnlich
wie C. albicans; kein echtes Myzel, keine Chlamydosporen. C. guilliermondii: Auf SGA bei
37°C Kolonien ähnlich wie C. albicans. Sprossende Hefezellen 3–6×2–4 µm. Pseudomyzel
spärlich. C. glabrata: Auf SGA bei 37°C Kolonien
ähnlich wie C. albicans. Sprossende Hefezellen
2–4×3–6 µm. Kein Pseudomyzel.C. krusei: Auf
SGA bei 37°C cremefarbene, rauhe Kolonien.
Hefezellen deutlich ellipsoid bis zylindrisch, 4–
5×2–5 µm. Pseudomyzel robust. Wirtsgewebe:
Rundzellen mit Sprossungen, meist größer als
in Kultur; Pseudomyzel, bei C. albicans und
C. dubliniensis auch echtes Myzel.
102
Taxonomie
Division: Ascomycota
Klasse:
Endomycetes
Familie: Endomycetaceae
Gattung: Candida
Arten:
Candida albicans (Robin) Berkhout.
Teleomorph nicht bekannt. Candida tropicalis
(Castellani) Berkhout. Teleomorph nicht bekannt. Candida parapsilosis (Ashford) Langeron & Talice. Teleomorph nicht bekannt. Candida guilliermondii (Castellani) Berkhout var.
guilliermondii. Teleomorph: Pichia guilliermondii Wickerham. Candida guilliermondii
var.membranifaciens Lodder & Kreger-van Rij.
Teleomorph: Pichia ohmeri. Candida glabrata
(Anderson) S. A. Meyer & Yarrow. Teleomorph
nicht bekannt. Candida dubliniensis. Teleomorph nicht bekannt.
Familie: Sacharomycetaceae: Candida krusei
(Castellani) Berkhout. Teleomorph: Issatchenkia orientalis Kudryavtsev.
Historie
Erste Erwähnung des Mundsoor von Hippocrates im 4. Jahrhundert vor Christus. Erste Beschreibung der Ösophagus-Candidose 1835 von
Véron, der zerebralen Candidose 1862 von Zenker. Abgrenzung der Art C. dubliniensis von
C. albicans 1995 durch Sullivan.
Erkrankungen/Symptome
C. albicans und C. species verursachen opportunistische Infektionen verschiedenster Lokalisationen.
Candidose der Haut und Nägel. Intertriginöse,
genitale, perineale, interdigitale Dermatitis,
Onychomykose.
Candidose der Schleimhaut. Soor der Mundschleimhaut, Oesophagitis, Vulvitis und Kolpitis, Balanitis; Harnweginfektionen.
Systemisch disseminierte Candidose. Sepsis
mit möglicher Absiedelung in Auge (Endophthalmitis, Chorioretinitis), Hirn (basale Meningitis, Meningitis mit intraparenchymalen
Abszessen, Enzephalitis), Knochen (Osteomyelitis), Leber (chronische Entzündung mit multiplen Abszessen), Nieren (interstitielle Nephritis), Herz (Endokarditis mit Besiedelung der
Herzklappen, Perikarditis).
Candida
Besiedelung von Plastikimplantaten (Katheter,
Herzklappen etc.) mit Gefahr der Dissemination.
Tieflokalisierte Candidose. intraabdominelle
Candidose (Peritonitis, Organinvasion).
Differenzialdiagnose
Ausschlüsse von Erkrankungen bakterieller, parasitärer oder viraler Genese sind bei oberflächlichen wie disseminierten oder tieflokalisierten
Candidosen notwendig, da die Krankheitsbilder
wenig spezifisch sind. Die Art der Grundkrankheit kann richtungsweisend sein.
Labordiagnostik
Histopathologischer und kultureller Pilznachweis aus Sterilkompartimenten ist pathognomonisch. Ätiologische Bedeutung aus
Nichtsterilkompartimenten ist wegen des Candida-Kommensalismus beim Menschen kritisch
zu bewerten, hier Quantifizierung sinnvoll. Untersuchungsmaterial: Je nach Infektlokalisation. Bei Materialien aus nichtsterilen Kompartimenten muss bakterielle Begleitflora eliminiert
werden (Antibiotika im Kulturmedium).
Kultur und Mikroskopie. Siehe Morphologie.
Artdifferenzierung nach mikroskopischen und
biochemischen Merkmalen. Antigen-Nachweis
im Blut: Kommerzialisierter Test, Detektion
von zirkulierendem β-1,5 Oligomannosid von C.
albicans; für Screening von Risikopatienten einsetzbar, negativer Testausfall schließt disseminierte bzw. Organmykose aber nicht aus.
Antikörper-Nachweis. Kommerzialisierte Teste: Indirekter Hämagglutinationstest (HAT),
Indirekter Immunfluoreszenz (IFT). HAT und
IFT erfassen wegen Antigengemeinschaft Antikörper gegen Zellwandmannane von C. albicans, C. dubliniensis, C. tropicalis, C. parapsilosis und C. glabrata. Präzipitationsreaktionen
weisen AK gegen intrazelluläres Proteinantigen
nach. Candida-Serologie ist zum Monitoring
von lebensbedrohlichen Candidosen bei Patienten mit regelrechter Immunantwort hilfreich,
bei immunsupprimierten Patienten sowie in der
Dermatologie und Gynäkologie verzichtbar.
Therapie
Candidosen der Haut. Lokal Nystatin, Azole
(Clotrimazol, Miconazol, Bifonazol u.a.), Ciclopiroxolamin, Naftifin; begünstigende Faktoren
beseitigen (abgeschlossenes feucht-warmes Milieu).
Genitalcandidose. Lokal Nystatin, Azole, Ciclopiroxolamin, Povidon-Jod; systemisch Fluconazol (1 x 150mg) oder Itraconazol (2 x 200mg).
Partnermitbehandlung.
Mundsoor:
Lokal
Nystatin-Suspension
(100.000 E alle 3–6 Stunden), Lutschtabletten
mit Amphotericin B oder Miconazol. Bei AIDS
und Soor-Oesophagitis systemische Therapie
mit Fluconazol oder Itraconazol, Dosierung in
Abhängikeit von nachgewiesener Species und
Azol-Empfindlichkeit.
Systemisch disseminierte Candidosen. Amphotericin B parenteral (0,5–1,0mg/kg/die) kombiniert mit Flucytosin (150mg/kg/die bei nachgewiesener Empfindlichkeit). Fluconazol (400mg/
die) oder Itraconazol (400mg/die) bei C. albicans u.a. empfindlichen Spezies. Fluconazol
(600–800mg/die) bei C. tropicalis, C. lusitaniae,
C. parapsilosis und C. glabrata, später Korrektur entsprechend Antimykogramm. C. krusei ist
Fluconazol- und oft Flucytosin-resistent. Neue
Azole und Glukansynthesehemmer (Echinocandine, Pneumocandine etc.) zukünftig einsetzbar bei Azolresistenz. Besiedelte Plastikimplantate (Herzklappen, Katheter) entfernen.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Opportunistische Krankheitserreger. C. albicans besitzt das größte Pathogenitätspotenzial.
Zur Virulenz beitragende Eigenschaften: Dimorphismus (C. albicans, C. dubliniensis); Adhäsion an Epithel- und Endothelzellen, Plastikadhärenz; Sekretion lytischer Enzyme: Aspartatproteinasen, Phospholipasen, Lipasen; Variation von Oberflächenantigenen (Phenotypic
Switching); Expression wirtsähnlicher Moleküle
wie Komplementrezeptoren (Antigenic Mimikry). Expression der einzelnen Faktoren variabel, z.T. in Abhängigkeit der Erregerlokalisation
und Infektionsphase.
103
C
Candida
Transmission
Candidosen entwickeln sich bei Störungen der
Barrierefunktion von Haut bzw. Schleimhaut
größtenteils aus dem patienteneigenen kommensalen Reservoir (endogene Infektion), seltener durch Einbringen extern kontaminierter
Materialien (z.B. Infusionslösungen) oder
durch andersartige Schmierinfektionen (exogene Infektion).
Vermehrung und Inkubationszeit
Vermehrung erfolgt intra- und extrazellulär;
Generationszeiten von C. albicans kürzer als
von anderen Spezies. Inkubationszeit aufgrund
des Kommensalismus nicht bestimmbar.
Resistenz
C. albicans persistiert im Verdauungstrakt von
Mensch und einigen anderen Warmblütern lebenslang, überlebt aber auch in der Natur. Andere C. species vorwiegend in der Natur lebend,
meist feuchtigkeitsliebend.
Immunantwort
Granulozyten wichtige Abwehrzellen, mit entscheidend für Prävention der systemischen Dissemination. Mononukleäre Phagozyten müssen
aktiviert werden (IFNγ hauptsächlich aus CD4+,
aber auch CD8+ und NK-Zellen), um phagozytierte Candidazellen abtöten zu können. Reduktion der CD4+ Zellen mit Auftreten von Soor Oesophagitis korreliert. Antikörperproduktion
bei immunkompetenten Menschen vorhanden,
Unterscheidung zwischen Schleimhautbesiedelung, Infektion und Dissemination kaum möglich, Protektion durch Antikörper fraglich.
Wirtsbereich
C. albicans und wahrscheinlich auch C. dubliniensis existiert auf Haut und Schleimhaut des
Menschen als Kommensale. C. guilliermondii,
C. tropicalis, C. parapsilosis, C. krusei und C. glabrata primär in der Natur vorkommend, zeitweilig Kommensalen bei Mensch und anderen
Warmblütern. Terrestrisches und aquatisches
Habitat vieler C. species außer C. albicans.
Risikogruppen
Für Haut- und Schleimhaut-Candidosen: Frühund Neugeborene, Kleinkinder (Windelbereich), Patienten mit konsumierender Grundkrankheit und/oder Abwehrschwäche, unter
104
Antibiotikatherapie, mit großflächigen Hautverletzungen (bes. Verbrennung), Diabetiker,
Atopiker. Für tieflokalisierte und disseminierte
Candidosen: Neutropenie jedweder Genese, infektabwehrgeminderte Patienten vielfältiger
Genese (bes. Transplantierte), Patienten in Intensivtherapie mit Antibiotikatherapie, Beatmung und / oder zentralem Venenkatheter,
Herzchirurgie (künstliche Klappen), Abdominalchirurgie, CAPD.
Epidemiologie
Besiedelung des Menschen mit C. albicans während und kurz nach Geburt beginnend. Infektion erfolgt deshalb meist endogen bei entsprechender Disposition. Oft nosokomiale Infektionenen, bei prädisponierender Grundkrankheit
hohe Morbidität und Mortalität.
Genetik
Diploider Chromosomensatz bei C. albicans; ca.
800–900 Gene; ein sexueller Vermehrungszyklus wird heute angenommen. Chromosomen
bei C. albicans: R,1, 2, 3, 4, 5, 6, 7. Von C. albicans
ist das komplette mitochondriale Genom sequenziert. Candida species meist haploid, sexuelle Vermehrungszyklen zum Teil bekannt, weshalb Zuordnung zu den Ascomyceten erfolgte.
◗ C. albicans Gene für 18S rRNA, ITS1, 5.8S
rRNA: AB054032
◗ C. albicans SC5314 Candida albicans cDNA,
mRNA Sequenz: AF035758
◗ C. albicans DNA, RPS Region: D63856
◗ C. albicans mRNA für Antigenpeptid: E17071
◗ C. albicans Mitochondrion, komplettes Genom: NC_002653
◗ C. albicans kleine UE rRNA: M60302
◗ C. albicans 18S rRNA Gen: E15168
◗ C. albicans 5.8S rRNA Gen, 28S rRNA Gen, 5'
Ende: L47111
◗ C. albicans Regulatorgen für filamentöses
Wachstum (RFG1): AF330198
◗ C. albicans EFG Gen für putativen Transkriptionsfaktor: Z32687
◗ C. albicans Aspartylproteinase Gene (SAP46):: AF043547, AF043549, AF043548
◗ C. albicans Gen für Phospholipase B:
AB010809
◗ C. albicans Gen für Heat Shock Protein
(HSP70B): X97723
Capnocytophaga
Prävention
Bei Risikopatienten, Fieber unklarer Genese
und Nichtansprechen auf Antibiotika, zusätzlich Therapie mit Antimykotika (Amphotericin
B oder Azol). Prophylaxe in Neutropeniephase
(<1.000/mm3) und in anderen Risikosituationen (z.B. Abdominalchirurgie) mit Fluconazol
400mg/die.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Erfassung nosokomialer Infektionen in Intensivtherapieeinheiten mit Nachweis von Candida
aus dem Blut durch multizentrische Studien in
den USA (Pfaller MA et al. 1998. J. Clin. Microbiol.; 36: 1886–9) und in Europa (Vincent, J.L. et
al. 1995. JAMA; 274: 639–44).
3. Odds FC 1988. Candida and Candidosis. 2nd Ed. Ballière
Tindall. London.
4. Graser, Y et. al. 1996. Molecular markers reveal that
population structure of the human pathogen Candida
albicans exhibits both clonality and recombination. Proc
Natl Acad Sci U S A 93(22):12473–7.
5. Tzung KW et al. 2001. Genomic evidence for a complete
sexual cycle in Candida albicans. Proc Natl Acad Sci U S A
98(6):3249–3253.
Candiru Virus
Bunyaviren
Capillaria hepatica
Nematoden, seltenere
Meldepflicht
Keine Meldepflicht des Erregers. Ausnahme:
besondere Antimykotikaresistenzen.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Kein Referenzzentrum in Deutschland (Stand
April 2001)
◗ Kultur und Mikromorphologie:
http://www.cathouse4.freeserve.co.uk/
mycol.htm
◗ Genetik: http://alces.med.umn.edu/
candida.htm
◗ DSMZ Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH, Artenliste:
◗ http://www.dsmz.de/species/gn300167.htm
◗ Informationen über Candida-Infektionen:
http://www.nlm.nih.gov/medlineplus/
candidiasis.html
◗ HIV-Infektion und Candida: University of
California San Francisco and San Francisco
General Hospital: http://hivinsite.ucsf.edu
◗ Neuentwicklungen von Antimykotika:
http://www.current-drugs.com/news/
ICAAC40R9.htm
◗ Weitere Informationen:
http://www-cme.erep.uab.edu/
onlineCourses/fungal/ID0047.html
Capillaria philippinensis
Nematoden, seltenere
Capnocytophaga
Erregerbezeichnung
C. ochraceae, C. gingivalis, C. sputigena, C. haemolytica, C. granulosa, C. canimorsus und
C. cynodegmi.
Synonym
Keine Daten verfügbar.
Morphologie
Schlankes, fusiformes oder fadenförmiges,
gramnegatives Stäbchen, teilweise gebogen
oder kokkoid. Keine Geißeln, aber gleitende
Motilität im Dunkelfeldpräparat.
Taxonomie
Die Gattung Capnocytophaga besteht aus 7 Arten: C. ochraceae, C. gingivalis, C. sputigena,
C. haemolytica, C. granulosa, C. canimorsus
und C. cynodegmi.
Schlüsselliteratur
Historie
1. Kurtzman, CP & Fell, JW. 1998, The Yeasts, A Taxonomic
Study. Elsevier Science B.V., Amsterdam. 656pp.
2. Coleman, DC, Sullivan, DJ, Bennett, DE, Moran, GP, Barry,
HJ, and Shanley, DB. 1997. Candidiasis: the emergence of a
novel species, Candida dubliniensis. AIDS. 11:557–567
Von Prévot 1956 an zwei Isolaten aus eitrigem
Sputum und aus dem Abszeß einer Katze erstmals beschrieben und Fusiformis nucleatus var.
ochraceus genannt; danach verwirrende Ent105
C
Capnocytophaga
wicklung der Taxonomie: Ristella ochracea,
Bacteroides oralis var. elongatus, Bacteroides
ochraceus, CDC-Gruppe DF-1.
C. canimorsus und C. cynodegmi besiedeln bei
Hunden den Rachenraum und werden häufig
über Bissverletzungen übertragen.
Erkrankungen/Symptome
Vermehrung und Inkubationszeit
Dentalinfektionen (Periodontitis) und extraorale Manifestationen, u.a. Sepsis, Endokarditis,
pulmunale Infekte, Arthritis, Abszess, Wundinfektionen und Kolpitis.
Bebrütung in Anwesenheit von 5–10% CO2 bzw.
anaerob. Wachstum nach 2–4 Tagen.
Resistenz
Keine Daten verfügbar.
Differenzialdiagnose
Erreger der HACEK-Gruppe (Hämophilus, Actinobacillus, Cardiobacterium, Eikenella und
Kingella), Fusobacterium nucleatum (strikt anaerob).
Labordiagnostik
Langsames Wachstum auf Blut- oder KochblutAgar in anaerober oder mikroaerophiler Atmosphäre (5–10% CO2). Nach 2–4 Tagen kleine,
flache, rauhe, teilweise gelblich pigmentierte
Kolonien, in den Agar eingesunken, mit unregelmäßigem Rand und Schwärmzonen oder mit
glattem Rand und glatter Oberfläche. Bittermandelgeruch der Kultur. Kein Wachstum auf
McConkey-Agar. Biochemische Differenzierung schwierig, schwache Fermentation von
Kohlenhydraten, Oxidase- und, Katalase-Reaktion variabel, Indol-negativ. Capnocytophaga
kommt häufig in einer Mischkultur vor.
Immunantwort
Keine Daten verfügbar.
Wirtsbereich
C. ochraceae, C. gingivalis, C. sputigena, C. haemolytica, C. granulosa gehören zur physiologischen Standortflora des oberen Respirationstrakts des Menschen, C. canimorsus und C. cynodegmi kommen vor allem im Rachenraum von
Hunden vor.
Risikogruppen
Immunsupprimierte, vor allem Patienten mit
Granulozytopenie oder Asplenie. Infektion wird
begünstigt durch Ulzerationen der Mundschleimhaut. Personen mit Hundebissverletzungen.
Epidemiologie
Der Erreger kommt weltweit vor.
Therapie
In vitro häufig empfindlich gegen Breitspektrum-Cephalosporine, Carbapeneme, Fluorchinolone, Chloramphenicol, Erythromycin, Clindamycin. Wirksamkeit von Cotrimoxazol und
Aminoglykoside variabel. Resistent gegen Metronidazol und Aztreonam.
Genetik
Komplette Sequenz des 16S rRNA-Gens bekannt, NCBI-Accession-No. von Capnocytophaga ochracea: L14635.
Prävention
Keine Daten verfügbar.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Weniger spezifische Virulenzfaktoren wie Proteasen, die Zellproliferation und die zelluläre
Abwehr hemmende Stoffe beschrieben, Endotoxin.
Keine Daten verfügbar.
Transmission
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Einige Arten sind Bestandteil der physiologischen Rachenflora beim Menschen, die Infektion durch diese Erreger erfolgt i.d.R. endogen.
106
Meldepflicht
Es besteht keine Meldepflicht.
Keine Referenzzentren und Expertenlaboratorien verfügbar.
Cardiobacterium hominis
Dictionnaire de bactériologie vétérinaire:
http://www.bacterio.cict.fr/c/
capnocytophaga.html
Schlüsselliteratur
1. Mutters R. Actinobacillus, Capnocytophaga, Eikenella,
Kingella, and other fastidious or rarely encountered gramnegative rods. In: Murray PR, Baron EJ, Pfaller MA,
Tenover FC, Yolken HY (eds), Manual of Clinical
Microbiology, 2000, 7th. edition, ASM Press, Washington
D.C.
2. Gill VJ. Capnocytophaga. In: Mandell, Douglas and
Bennett´s (eds) Principles and Practice of Infectious
Diseases, 1995, 4th. edition, Churchill Livingstone, New
York.
3. Boltze H.-J. Sonstige, überwiegend langsam wachsende
gramnegative Stäbchen. In: Burkhardt F. (ed),
Mikrobiologische Diagnostik, 1992, Thieme Verlag,
Stuttgart.
4. Martino R, Ramila E, Capdevila JA, Planes A, Rovira M,
Ortega Md, Plume G, Gomez L, Sierra J. Bacteremia caused
by Capnocytophaga species in patients with neutropenia
and cancer: results of a multicenter study. Clin Infect Dis
2001 Aug 15;33(4):E20–2
Caraparu Virus
Bunyaviren
Erkrankungen/Symptome
C. hominis ist ein typischer Erreger der Endokarditis, vor allem bei vorgeschädigten Herzklappen. Der Erreger wurde ferner aus dentalen
Plaques und bei Periodontitis isoliert. Selten
Meningitis.
Differenzialdiagnose
Andere Erreger der HACEK-Gruppe (Hämophilus, Actinobacillus, Cardiobacterium, Eikenella und Kingella) und Suttonella indologenes.
Labordiagnostik
Anzucht in mikroaerophiler Atmosphäre (5–
10% CO2) auf Blut-, Kochblut-, Mueller-Hinton-, Tryptikase-Soja-Agar, nicht oder schlecht
auf McConkey-Agar. Nach 2–4 Tagen kleine
konvexe, runde Kolonien, opaleszierend ohne
oder mit leichter α-Hämolyse, die später flach
und trocken werden, netzartig konfluieren und
in den Agar einsinken. Oxidasereaktion positiv,
Katalasereaktion negativ, Indol wird produziert
(teilweise nur schwach), Glukose und andere
Kohlenhydrate werden fermentiert.
Therapie
Cardiobacterium hominis
Erregerbezeichnung
Cardiobacterium hominis
Synonym
Keine.
Morphologie
Schlankes gramnegatives Stäbchen (0,5×1–
3 µm) mit grampositiv erscheinenden Polkappen, auch pleomorph, in Paaren, Ketten, Haufen oder Rosetten gelagert, auch Filamente.
C. hominis ist in der Regel in vitro empfindlich
auf Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme,
Tetrazykline und Chlorampenicol. Penizillin G,
häufig kombiniert mit Aminoglykosiden, wurde
bisher meist für die Therpie der Endokarditis
eingesetzt. In der letzten Zeit wurden β-Laktamase-produzierende Stämme beschrieben, die
ein alternatives Vorgehen erforderlich machen.
Deshalb sollte die Therapie nach Anfertigung
eines Antibiogramms und nach Rücksprache
mit einer/m klinischen Mikrobiologin/en bzw.
Infektiologin/en erfolgen.
Spezifische Merkmale
Taxonomie
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Cardiobacterium hominis ist der einzige Vertreter des Genus Cardiobacterium und gehört, zusammen mit Suttonellen, der Familie Cardiobacteriaceae an.
Keine Daten verfügbar.
Transmission
Es ist anzunehmen, dass es sich bei C. hominisInfektionen um endogene Infektionen handelt.
Historie
C. hominis wurde aus einer Blutkultur bei Endokarditis isoliert und 1964 von Slotnick und Dougherty benannt.
Vermehrung und Inkubationszeit
Langsames Wachstum. Inkubationszeit 2–7 Tage.
107
C
Cardioviren
Resistenz
Keine Daten verfügbar.
Immunantwort
3. Boltze H.-J. Sonstige, überwiegend langsam wachsende
gramnegative Stäbchen. In: Burkhardt F. (ed),
Mikrobiologische Diagnostik, 1992, Thieme Verlag,
Stuttgart.
Keine Daten verfügbar.
Wirtsbereich
Der Erreger kommt natürlicherweise beim
Menschen auf den Schleimhäuten des oberen
Respirationstrakts vor.
Cardioviren
Erregerbezeichnung
Personen mit vorgeschädigten Herzklappen
bzw. Vitien.
Encephalomyocarditis Virus (EMCV), Theiler's
Murine Encephalomyelitis Virus (TMEV) und
Vilyuisk Human Encephalomyelitis Virus
(VHEV)
Epidemiologie
Synonym
Bis zu 4,8% der Endokarditiden durch gramnegative Erreger werden durch C. hominis hervorgerufen.
Keine Synonyme bekannt.
Risikogruppen
Genetik
Komplette Sequenz des 16S rRNA-Gens bekannt, NCBI-Accession-No.: M35014.
Prävention
Endokarditisprophylaxe bei zahnärztlichen
Eingriffen bei Patienten mit vorgeschädigten
Herzklappen.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Siehe Prävention.
Meldepflicht
Es besteht keine Meldepflicht.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Keine Referenzzentren und Expertenlaboratorien verfügbar.
Schlüsselliteratur
1. Mutters R. Actinobacillus, Capnocytophaga, Eikenella,
Kingella, and other fastidious or rarely encountered gramnegative rods. In: Murray PR, Baron EJ, Pfaller MA,
Tenover FC, Yolken HY (eds), Manual of Clinical
Microbiology, 2000, 7th. edition, ASM Press, Washington
D.C.
2. McGowan JE, Steinberg JP. Other gram-negative bacilli. In:
Mandell, Douglas and Bennett´s (eds) Principles and
Practice of Infectious Diseases, 1995, 4th. edition, Churchill
Livingstone, New York.
108
Morphologie
Cardioviren sind wie alle anderen Picornaviren
kleine, sphärische und unbehüllte RNA-Viren
(Durchmesser 30 nm, 156S, 1,34g/ml Dichte in
CsCl). Das Viruskapsid mit seinen vier nichtglykosylierten Viruskapsidproteinen VP1–VP4
umgibt ein Molekül der genomischen PlusStrang-RNA (einzelsträngig), die auch als
mRNA
dient
(siehe
auch
Kapitel:
Polioviren). Die Kapsidoberfläche wird
durch die Proteine VP1–VP3 gebildet, wobei die
Proteine VP1 und VP3 zusammen ein Loch (Pit,
2,2 nm tief und 3 nm breit) als Erkennungsstelle
für den virusspezifischen Rezeptor bilden. Die
Genomorganisation gleicht im Wesentlichen
der von den Entero- und Rhinoviren, die Cardioviren enthalten jedoch zusätzlich eine Leadersequenz (Abbildung 1). Die virale RNA kodiert als polycistronische mRNA für ein Leader(L-) Protein, die Kapsidproteine VP4, VP2, VP3
und VP1 sowie funktionelle Proteine mit Polymerase- und Proteaseaktivität(en). Die genomische RNA von Encephalomyocarditis Virus
(EMCV) ist ca. 7840 Nukleotide und die von
Theiler’s Murine Encephalomyelitis Virus
(TMEV) ca. 8100 Nukleotide lang. In der 5’-terminalen nichttranslatierten Region (5’-NTR, 833
Nukleotide bei EMCV und 1064 Nukleotide bei
TMEV) hat Encephalomyocarditis Virus einen
Poly-Cytosin-Abschnitt (Poly-C-Tract; 80–250
Cytosine).
Cardioviren
Kapsidproteine
Funktionelle Proteine
P1
VPg
VP4
(Cn)
L
VP2
VP0
VP3
P2
VP1
2A
2B
P3
2C
5’-NTR
3A 3B 3C
3D
AAAn
3’-NTR
Abb. 1
Genomorganisation von Cardioviren. Die Genomkarte zeigt die einzelsträngige virale Plus-Strang-RNA
(EMCV ca. 7840 Nukleotide, TMEV ca. 8100 Nukleotide) mit den kodierenden Bereichen (Kästen) und den
nichttranslatierten Regionen am 5´- und 3´-Terminus (5´-NTR und 3´-NTR) (siehe Rueckert, 1996). An das 5´terminale Uracil der RNA ist das kleine hydrophobe Protein VPg (Virus Protein Genome Linked, 2,4 kDa) kovalent gebunden. In der 5´-NTR (EMCV 833 Nukleotide und TMEV 1064 Nukleotide) befindet sich mit einer
ausgeprägten Sekundärstruktur der Initiationsort der Translation (Internal Ribosome Entry Site = IRES)
und bei EMCV eine Poly-Cytosin-Region (Poly-C-Tract; 80–250 Cytosine). Die 3´-NTR ist in unterschiedlicher
Länge polyadenyliert. Während der Proteinbiosynthese wird der kodierende Bereich der polycistronischen
mRNA in ein Polyprotein übersetzt, das im Vergleich zu den Enteroviren am N-Terminus zusätzlich ein Leader-Protein aufweist. Die Region P1 enthält die Kapsidproteine VP0 (Vorläufer von VP4 und VP2), VP3 und
VP1. Die Regionen P2 und P3 enthalten funktionelle Proteine (u.a. 2A = Protease, 3B = VPg, 3C = Protease,
3D = RNA-Polymerase). Die Prozessierung der Proteine wird durch 3 Proteasen bewirkt. Protease 2A (Pfeil;
nur zusammen mit 2B proteolytisch aktiv) setzt ein Vorläuferprotein L-P1-2A frei. Die Protease 3C spaltet
das Vorläuferprotein an den L-P1 und P1-2A Schnittstellen und setzt das Vorläuferprotein P1 für die Kapsidproteine frei. Die Protease 3C übernimmt auch die meisten übrigen proteolytischen Spaltungen vor dem
Zusammenbau des Virus (Assembly). Im Viruskapsid wird nach Aufnahme der viralen RNA das Vorläuferprotein VP0 in die Kapsidproteine VP2 und VP4 gespalten, wobei für Enteroviren eine Beteiligung der RNA
postuliert wird.
Die Enteroviren (Poliovirus, Coxsackieviren, ECHO Viren und Enteroviren 68–71) und die humanen Rhinoviren haben eine gleiche Genomorganisation, besitzen jedoch keine Leader (L)-Sequenz und können in der
Länge der kodierenden und nichtkodierenden Bereiche der jeweiligen RNAs voneinander abweichen (siehe Kapitel: Polioviren)
Taxonomie
Genus Cardiovirus in der Familie der Picornaviridae mit den weiteren Genera: Enterovirus,
Rhinovirus, Aphthovirus, Hepatovirus und Parechovirus.
Mit dem Seventh Report of the International
Committee on Taxonomy of Viruses (2000;
http://life.bio2.edu/Ictv/) wurde eine neue Einteilung in die Spezies Encephalomyocarditis Virus (EMCV; 1 Serotyp) und Theilovirus vorgenommen. Zur Spezies Encephalomyocarditis
Virus zählen die Stämme Encephalomyocarditis
Virus, Mengovirus, Columbia SK Virus, Maus
Elberfeld Virus und MM Virus. Zur Spezies
Theilovirus gehören die Stämme Theiler’s Murine Encephalomyelitis Virus (GDVII, FA, Ask1, TO, BeAn, DA), Vilyuisk Human Encephalomyelitis Virus und Rat Encephalomyelitis Virus.
Die Grundlage für diese Einteilung waren u.a.
Aminosäure-Identitäten in den Regionen P1 so-
wie 2C und 3CD (jeweils >70%). Bezogen auf
das gesamte Virusgenom besteht zwischen den
einzelnen Spezies des Genus Cardiovirus eine
Sequenzhomologie von >50%, wobei für bestimmte Genomabschnitte die Homologien größer oder geringer sein können.
Basierend auf biologischen Eigenschaften, serologischer Typisierung und Homologievergleichen von RNA- und Proteinsequenzen werden
die Cardioviren von den übrigen Picornaviren
abgegrenzt.
picorna: von pico = piccolo, klein; rna = RNA,
ribonucleic acid; cardio: von griech. kardia =
Herz
Historie
Im Rahmen der Anstrengungen von Patienten
mit Poliomyelitis, den Erreger durch Anzüchtung im Tier zu charakterisieren, wurden ab
1939 u.a. von Jungeblut, Sanders und Dalldorf
verschiedene tierpathogene Viren gefunden, die
109
C
Cardioviren
in Mäusen, Hamstern, Affen und anderen Tieren Erkrankungen des ZNS (Enzephalitis und
Paralyse) hervorrufen. 1945 isolierten in den
USA Helwig und Schmidt von kranken Affen,
die in Gefangenschaft an einer Myokarditis verstorben waren, ein Virus, das in inokulierten
Mäusen eine tödlich verlaufende Paralyse und
Myokarditis hervorrief. Diese neuen Virusisolate wurden als Encephalomyocarditis Viren
(EMCV) bezeichnet und ließen sich durch ihre
gemeinsamen antigenen Eigenschaften als eigener EMCV-Serotyp von den Theiloviren abgrenzen. 1948 und 1949 wurden zwei weitere
EMCV-Stämme gefunden: Das Mengovirus
wurde in Entebbe (Mengo District, Uganda) aus
gefangenen Rhesusaffen isoliert, die an einer
Paralyse litten. In Elberfeld (Deutschland) wurde aus Mäusen das Mouse Encephalomyelitis
Virus (= Maus Elberfeld Virus) nachgewiesen.
Max Theiler isolierte 1933 ein Virus, das in Mäusen eine Enzephalomyelitis hervorruft. Dieses
Virus wurde ursprünglich als murines Poliovirus und später als Theiler’s Murine Encephalomyelitis Virus (TMEV) bezeichnet. Später wurden von Theiler ursprünglich gefundene Isolate
als TO (Theiler’s original) Stämme bezeichnet.
Vilyuisk Human Enzephalomyelitis Virus
(VHEV) wird für ein gehäuftes Auftreten von
neurodegenerativen Erkrankungen bei der yakutischen Bevölkerung im Vilyuy-Flußtal in Sibirien verantwortlich gemacht. VHEV gehört zu
den Theiloviren und wurde zwischen 1954 und
1957 aus dem Liquor eines Patienten isoliert und
in Mäusen vermehrt.
Erkrankungen/Symptome
Bei den Cardioviren handelt es sich primär um
Viren von Nagetieren, die auf den Menschen
und andere Säugetiere wie Affen, Schweine, hasenartige Tiere, Pferde und Rinder übertragen
werden können. Cardiovirus-Infektionen können vereinzelt beim Menschen nach direktem
Kontakt mit infizierten Tieren auftreten und
verlaufen überwiegend asymptomatisch. Einige
Fälle von klinisch apparenten Cardiovirus-Infektionen beim Menschen sind für Viren des
EMCV-Serotyps und für das Vilyuisk Human
Encephalomyelitis Virus beschrieben und beziehen sich hauptsächlich auf Untersuchungen
in den vierziger und fünfziger Jahren
(Tabelle 1). In den letzten Jahren sind Cardiovirus-Infektionen nicht mit Erkrankungen beim
110
Menschen assoziiert worden, jedoch sind
EMCV-spezifische neutralisierende Antikörper
bei Tierpflegern nachzuweisen, die Kontakt zu
Nagetieren haben. Im Gegensatz zu den humanpathogenen Enteroviren (Polioviren, Coxsackieviren, ECHO Viren und Enteroviren 68–71)
ist über die Verteilung, Pathologie und Histopathologie von EMC Viren beim Menschen wenig
bekannt. In Analogie zu infizierten Affen ist davon auszugehen, dass auch beim Menschen viszerale Organe die Hauptvermehrungsorte für
EMC Viren darstellen.
Fieberhafte Infekte und Erkrankungen des zentralen Nervensystems beim Menschen. Infektionen mit Encephalomyocarditis Viren können
zu fieberhaften Erkrankungen führen. 1945 bis
1946 trat bei Soldaten der US-Truppen auf den
Philippinen gehäuft ein „Drei-Tage-Fieber“ auf,
das (ohne kardiale Beteiligung) mit starken
Kopfschmerzen, erhöhten Temperaturen für 2–
3 Tage, Pharyngitis, steifem Nacken und Starre
der Gesäß- und Oberschenkelmuskeln (Kernig
Zeichen) einherging. Neutralisationsteste mit
Serumpaaren zeigten einen Titeranstieg bei den
Erkrankten. G. Dick, der als erster 1948 in Uganda das Mengovirus bei gefangenen paralytischen Rhesusaffen isolierte, erkrankte selbst an
einer akuten fieberhaften Erkrankung mit Enzephalitis, wobei das Virus aus dem Blut nachgewiesen und ein signifikanter Titeranstieg von
neutralisierenden Antikörpern im Serum bestimmt wurde. In den folgenden Jahren wurde
mehrfach EMC Virus bei Patienten nachgewiesen, die an aseptischer Meningitis, einer Poliomyelitis-ähnlichen Paralyse oder Guillain-Barré
Syndrom litten. Das Vilyuisk Human Enzephalomyelitis Virus (VHEV) wird für ein gehäuftes
Auftreten von neurodegenerativen Erkrankungen in Sibirien bei Yakuten verantwortlich gemacht.
Differenzialdiagnose
Fieberhafte Erkrankungen mit ZNS-Beteiligung
wie aseptische Meningitis und Poliomyelitisähnliche Paralyse können auch durch Enteroviren hervorgerufen werden. Zur Differenzialdiagnostik siehe die Kapitel: Polioviren, Coxsackieviren, Echoviren und Parechoviren
sowie Enteroviren 68–71. Zur Differenzierung von Meningitis bzw. Paralyse, für die an-
Cardioviren
Tabelle 1
Klinische Syndrome der Infektionen mit Cardioviren beim Menschen
Klinische Syndrome beim Menschen (selten)
Viren (Stämme)
Drei-Tage-Fieber
Aseptische Meningitis, polioähnliche Paralyse
Guillain-Barré Syndrom
Fieberhafte Erkrankungen mit ZNS-Beteiligung (Enzephalitis)
Neurodegenerative Erkrankungen
EMCV
EMCV
EMCV
Mengovirus
VHEV
dere Viren verantwortlich sein können, sind
Mumpsvirus, Herpes-simplex-Virus und (seltener) andere Viren der Herpesvirusfamilie sowie
das Lymphozytäre Choriomeningitis Virus in
Betracht zu ziehen.
C
Auftretens von EMC Virus-Infektionen beim
Menschen sind Virus- und Antikörpernachweise weltweit auf wenige Speziallaboratorien beschränkt und keineswegs Routinemethoden.
Therapie
Labordiagnostik
Nachweis von Virus und Antikörpern. Zur Virusisolierung eignen sich je nach Organmanifestation Liquor und Serum, die in der akuten
Krankheitsphase gewonnen werden, und bei fatalen Fällen weiterhin Biopsie-/Autopsiematerialien von Gehirn, Rückenmark, Myokard und
Milz. Die klassische Virusanzüchtung ist durch
intrazerebrale Inokulation von Mäusen oder
Beimpfung von embryonierten Hühnereiern
möglich. Die Anzüchtung kann außerdem in
Zellkulturen von Mensch und Nagetieren vorgenommen werden. Beispiele für humane Zelllinien: HeLa- und HEp-2-Zellen. Beispiele für Nagerzelllinien: Primäre murine embryonale Fibroblasten, Ehrlich oder Krebs Aszites Tumorzellen von murinen L-929 Fibroblasten, Baby
Hamster Kidney (BHK) Zellen. Die Virustypisierung erfolgt im Neutralisationstest (NT). Zusätzliche Untersuchungen können mit modernen molekularbiologischen Methoden wie Polymerase-Kettenreaktion (PCR), Restriktionsfragmentanalyse,
Hybridisierung
und
Sequenzierung vorgenommen werden. Virusspezifische Antikörper lassen sich im Neutralisationstest (NT), in der Komplementbindungsreaktion (KBR), im Hämagglutinationshemmtest (HAH) und Enzymimmunoassay (EIA) bestimmen.
Auf
Grund
der
hohen
Sequenzhomologie der Kapsidproteine von
Viren des EMCV-Serotyps mit Viren des
TMEV-Serotyps ist bei EIA und KBR eine immunologische Kreuzreaktion zwischen den
Cardioviren zu beobachten. Wegen des seltenen
Eine antivirale Therapie steht nicht zur Verfügung.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilitä
Der Reproduktionsmechanismus von Cardioviren ist erst ansatzweise aufgeklärt. Da Cardioviren in ihren strukturellen und funktionellen Eigenschaften teilweise den Enteroviren gleichen,
ist für Cardioviren eine Vermehrungsstrategie
wie bei Enteroviren anzunehmen (siehe Kapitel:
Polioviren). Der Zelltropismus wird durch
virusspezifische Rezeptoren geregelt. Für EMC
Viren sind Glycophorin A auf Erythrozyten und
VCAM-1 (Vascular Cellular Adhesion Molecule1, Immunglobulin-Superfamilie) auf Endothelzellen als Rezeptoren charakterisiert worden.
Für TME Viren kommt ein bislang nicht näher
untersuchtes 34 kDa Protein als Rezeptor in Betracht. In Analogie zu Polioviren und humanen
Rhinoviren der Major Gruppe dient das Loch
(Pit), das auf der Kapsidoberfläche durch die
Virusproteine VP1 und VP3 gebildet wird, als
Anhaftungsstelle für den Rezeptor. Die wesentlichen Schritte des viralen Reproduktionszyklus
mit Adsorption, Penetration, Freisetzung der
viralen RNA (Uncoating), viraler Protein- und
RNA-Synthese, Virusreifung (Assembly) zeigen
für EMC Virus Übereinstimmung mit dem Vermehrungsmechanismus von Polioviren. Der zytopathische Effekt (z.B. durch Maus Elberfeld
Virus) zeigt sich durch extreme Membranausstülpungen der Zelloberflächenmembran. Die
111
Cardioviren
Stärke der Neurovirulenz von EMC Viren ist
von der Länge vom Poly-C-Tract in der 5’-NTR
abhängig. Über den Reproduktionsmechanismus von TME Viren ist vergleichsweise wenig
bekannt.
Erkrankungen bei Nagetieren, Affen und
Schweinen. Encephalomyocarditis Viren rufen
in oral infizierten Mäusen, Ratten und Meerschweinchen häufig Infektionen hervor, die
asymptomatisch oder mit geringen klinischen
Zeichen verlaufen. Orale Infektionen mit hohen
Virusdosen und vor allem intrazerebrale Inokulationen führen zu starken ZNS-Manifestationen mit Enzephalitis sowie Paralyse (schlaffe
Lähmungen der hinteren Extremitäten) und in
der Folge zum Tode. Anders als beim Menschen
sind EMC Viren bei der Maus auch für eine
Myokarditis verantwortlich. EMC(D), das eine
Variante von EMCV ist, infiziert in Labormäusen die Insulin-produzierenden B-Zellen des
Pankreas und induziert Diabetes mellitus.
EMC(D) hat im Vergleich zum Wildtypvirus
eine Mutation im Viruskapsidprotein VP1. Es
wird postuliert, dass EMC(D) dadurch für einen
Rezeptor auf B-Zellen erkennbar wird. Folge
sind Virusaufnahme und Virusvermehrung mit
zytopathischem Effekt der B-Zellen.
Bei Affen rufen verschiedene Stämme der EMC
Viren eine Paralyse und Myokarditis hervor. Bei
erwachsenen Schweinen steht die Myokarditis
im Vordergrund. Intrauterine Infektionen können beim Schwein zu Totgeburten führen. Lebendgeborene Schweine versterben i. Allg. an
einer interstitiellen Pneumonie, Meningoenzephalitis und/oder Myokarditis.
Die Virusstämme von Theiler's Murine Encephalomyelitis Virus sind für Mäuse neurovirulent und werden in hochvirulente und schwachvirulente Stämme unterteilt. Die hochvirulenten Stämme (z.B. GDVII, FA, Ask-1) vermehren
sich in Mäusen nach intrazerebraler Inokulation in Gehirn und Rückenmark und rufen eine
Enzephalitis oder Enzephalomyelitis mit nachfolgender Paralyse hervor. Zielzellen sind Neuronen und Gliazellen. Die schwachvirulenten
Stämme (z.B. TO, BeAn, DA, Vilyuisk) führen
zu einer biphasischen ZNS-Erkrankung. Zu Beginn zeigt sich ein Poliomyelitis-ähnliches
Krankheitsbild mit Paralyse (schlaffe Lähmung
der hinteren Extremitäten), weshalb die Erkrankung auch als Mäuse-Poliomyelitis bezeichnet
112
wird. Während dieser frühen Krankheitsphase
sind vor allem die motorischen Neuronen im
Hirnstamm und Rückenmark betroffen. Wochen später kommt es zu einer chronischen und
entzündlichen Erkrankung mit demyelinisierenden Prozessen. Die weiße Substanz von Gehirn und Rückenmark zeigen Infiltrate, wobei
zuerst Lymphozyten und danach Makrophagen
auftauchen. Mit der Infiltration von Makrophagen beginnt der Myelinzerfall. Als Ursache für
den chronischen Verlauf wird u.a. die Persistenz von TMEV in Makrophagen angesehen.
Wie Lipton (1994) zusammenfasst, ist die
TMEV-induzierte demyelinisierende Erkrankung der Maus ein anerkanntes Tiermodell für
die Multiple Sklerose (MS). Dafür spricht weiterhin, dass die Krankheit unter Kontrolle von
Genen des Haupt-Histokompatibilitäts-Komplexes (MHC II) steht und der Myelinzerfall
durch einen Immunpathogenitätsmechanismus
hervorgerufen wird.
Transmission
Tierexperimente ergaben, dass Cardioviren enteritisch übertragen werden. Für EMC Viren
wurde gezeigt, dass oral infizierte Schweine
EMCV im Darm vermehren und über Fäzes ausscheiden. Auch Mäuse und Ratten sind oral infizierbar und werden als Hauptüberträger von
EMCV-Infektionen angesehen. In diesem Zusammenhang wird der epizoonotische Ausbruch von EMCV-Infektionen gesehen, die in
New South Wales (Australien) 1986 in Schweinezuchten vorkamen. Infektionen über Ausscheidungen von Nagetieren werden für das
„Drei-Tage-Fieber“ verantwortlich gemacht,
das 1945 bis 1946 bei Soldaten der US-Truppen
auf den Philippinen auftrat (siehe auch Abschnitt: Erkrankungen/Symptome).
Vermehrung und Inkubationszeit
Da Infektionen mit Cardioviren beim Menschen
selten auftreten, fehlen detaillierte Angaben
über Vermehrung und Inkubationszeit. Die enteritische Übertragung und die Organmanifestation im ZNS legen eine Virusvermehrung im
Darm mit nachfolgender Virämie und im ZNS
nahe.
Resistenz
Cardioviren sind wie Enteroviren an die Bedingungen bei der Passage des Magen-Darmtraktes
Cardioviren
angepasst und bleiben bis pH 3 stabil. Viren des
TMEV-Serotyps sind über den gesamten Bereich von pH 3–9,5 resistent. Viren des EMCVSerotyps sind dagegen im pH-Bereich 5–7 sehr
labil, wenn das umgebende Medium 0,1 M Chlorid oder Bromid enthält. Cardioviren sind wegen der fehlenden Lipidhülle resistent gegen lipidlösende Mittel (Äther, Chloroform und Detergenzien) und werden bei neutralem pH-Wert
bei Temperaturen über 50°C zerstört. Zur chemischen Inaktivierung eignen sich Formaldehyd (0,3%), Salzsäure (0,1 M) und halogenabspaltende Mittel (siehe aktuelle Desinfektionsmittelliste der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie und des Robert KochInstituts).
Immunantwort
Für die Antigenität und Immunantwort bei Cardiovirus-Infektionen des Menschen liegen nur
sehr wenige Ergebnisse vor. Es zeigt sich, dass
nach Infektion mit EMC Viren die humorale
Immunantwort ähnlich wie nach Poliovirus-Infektionen abläuft (siehe Kapitel: Polioviren).
Im Tiermodell wurde für Mengovirus gezeigt,
dass Epitope der Virusproteine VP1, VP2 und
VP3 auf der Kapsidoberfläche für die Erkennung durch neutralisierende Antikörper verantwortlich sind. Für die zellvermittelte Immunität sind Bereiche von VP2 und VP3 als T-ZellEpitope bekannt.
TME Viren induzieren in Mäusen lebenslang
nachweisbare neutralisierende Antikörper. Murine CD4+ T-Zellen (Th1) sind für eine Überempfindlichkeitsreaktion vom verzögerten Typ
(DTH = Delayed Type Hypersensitivity) verantwortlich (MHC II-Restriktion), die durch Epitope von VP2 bewirkt wird. Die virusspezifische
T-Zellantwort, DTH und Makrophagen-vermittelte Demyelinisierung werden für die Multiple
Sklerose-ähnliche Krankheit in Mäusen verantwortlich gemacht.
Als Ursache für die dauerhafte Persistenz von
TMEV werden zwei Mechanismen vorgeschlagen: In Makrophagen persistiert TMEV mit herunterregulierter Virusvermehrung. TMEV unterläuft in infektiösen Virus-Antikörper-Komplexen bzw. Virusaggregaten oder an zelluläre
Membranen gebunden die Immunüberwachung.
Wirtsbereich
Als natürliches Reservoir für Cardioviren werden Nagetiere (vor allem Maus und Ratte) angesehen. Der Wirtsbereich der Theiloviren ist im
Wesentlichen auf Nager beschränkt. Eine Ausnahme bildet das Vilyuisk Virus, das auch Menschen infiziert. Viren des EMCV-Serotyps können auch auf Menschen, Affen, hasenartige Tiere, Schweine und andere Haustiere sowie Vögel
übertragen werden. Als mögliche Träger von
EMCV werden u.a. auch Moskitos diskutiert.
Maus oder Ratte werden für ausgewählte Fragestellungen zum Nachweis von EMC Viren durch
Anzüchtung verwendet. Zelllinien von Mensch
und Nagetieren eignen sich zur Propagierung
von EMC Viren (siehe Abschnitt: Labordiagnostik). Der Nachweis von TME Viren in Zellkulturen ist problematisch.
Risikogruppen
Da in den letzten Jahren keine Cardiovirus-assoziierten Erkrankungen beim Menschen berichtet wurden, ist das Risiko für den Menschen
als gering anzusehen. Personen, die mit Ausscheidungen infizierter, freilebender Tiere in
Kontakt kommen (z.B. Soldaten) oder Materialien mit konzentrierten EMC Viren bearbeiten
(z.B. Personal in wissenschaftlichen Laboratorien), können sich infizieren.
Epidemiologie
EMC und TME Viren sind in ihren natürlichen
Wirten weltweit verbreitet. Die Epidemiologie
von Cardiovirus-Infektionen beim Menschen
ist nur wenig untersucht. Eine Prävalenzstudie
für EMCV in Hawai 1978 ergab, dass Ratten zu
36% sowie Schweine und Kühe zu ca. 20%
durchseucht waren. Für Menschen wurde eine
Durchseuchung von 6% festgestellt.
Genetik
Für die Genomorganisation von Cardioviren
siehe Abschnitt: Morphologie, und Kapitel:
Polioviren. Die Accession-No. der Nukleinsäure- und Proteinsequenzen sind zu finden unter:
http://life.bio2.edu/Ictv/ und
http://www.iah.bbsrc.ac.uk/virus/
Picornaviridae/picornavirus.htm.
113
C
Catu Virus
Tabelle 2
Klinische Syndrome der Infektionen mit Cardioviren beim Tier (Syndrome bei 1Affe, 2Maus, 3Ratte,
4Meerschweinchen, 5Schwein)
Klinische Syndrome beim Tier
Encephalomyocarditis Virus (Stämme)
Pneumonie, pulmonales Ödem2,5
EMCV
EMCV, Columbia SK, Mengovirus
MM-Virus
EMCV
EMCV
EMCV (D)
EMCV
Theiler´s Murine Encephalomyelitis Virus (Stämme)
Paralyse1,2,4
Enzephalitis2
Meningoenzephalitis5
Myokarditis1,2,5
Diabetes mellitus2
Totgeburt5
Klinische Syndrome beim Tier
Intestinale Infekte2,3
Paralyse2
Enzephalitis2
Enzephalomyelitis2
Mäuse-Poliomyelitis
Demyelinisierung (Multiple Sklerose-ähnlich)2
Prävention
Eine aktive und passive Immunisierung gegen
Cardioviren sowie eine antivirale Therapie stehen nicht zur Verfügung.
Hochvirulente Stämme:
GDVII, FA, Ask-1
Schwachvirulente Stämme:
TO, DA, Vilyuisk
The Picornavirus Homepage:
http://www.iah.bbsrc.ac.uk/virus/
Picornaviridae
Schlüsselliteratur
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Die Vermeidung von Kontakten mit infizierten
Tieren (speziell Nagetieren) dient der Krankheitsvorbeugung.
Meldepflicht
Es besteht keine Meldepflicht.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Web-Adressen
The International Committee on Taxonomy of
Viruses: http://www.ncbi.nlm.nih.goc/ICTV/
All the virology on the WWW:
http://www.virology.net
The big picture book of viruses:
http://www.virology.net/Big_Virology/
BVHomePage.html
114
1. King, A.M.Q. et al., Picornaviridae. In: Virus Taxonomy,
Classification and Nomenclature of Viruses, Seventh
Report of the International Committee on Taxonomy of
Viruses, edited by van Regenmortel, M.H.V. et al.,
Academic Press, San Diego, (2000) 657–678.
2. Lipton, H.L., Theiler’s Viruses. In: Encyclopedia of
Virology, edited by Webster, R.G. and Granoff, A.,
Academic Press Inc., San Diego, Vol. 3, (1994) 1423–1430.
3. Racaniello, V.R., Picornaviridae: The Viruses and Their
Replication. In: Fields Virology, Fourth Edition, edited by
Knipe, D.M. et al., Lippincott Williams & Wilkins,
Philadelphia, Vol. 1, (2001) 685–722.
4. Scraba, D.G., Cardioviruses. In: Encyclopedia of Virology,
edited by Webster, R.G. and Granoff, A., Academic Press
Inc., San Diego, Vol. 1, (1994) 205–213.
5. Warren, J., Miscellaneous Viruses: Encephalomyocarditis.
In: Diagnostic Procedures for Viral, Rickettsial and
Chlamydial Infections, Fifth Edition, edited by Lennette,
E.H. and Schmidt, N.J., American Public Health
Association, Inc., (1979) 1010–1013.
6. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of
Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio
Catu Virus
Bunyaviren
Cestoden (seltenere Cestoden-Infektionen)
CDC coryneform group 2
Arcanobakterien
CDC coryneform group E partial_1
Aktinomyzeten mit fermentativem Kohlenhydratmetabolismus
CDC coryneform group E partial_2
Aktinomyzeten mit fermentativem Kohlenhydratmetabolismus
Central European encephalitis virus
Frühsommer-Meningoenzephalitis-Virus
und Russisches Frühjahrs-Sommer-Enzephalitis-Virus
Ceropithecine herpesvirus 1
B-Virus
Cestoden (seltenere CestodenInfektionen)
Neben den weitverbreiteten und häufigen Infektionen mit humanspezifischen CestodenArten kann es gelegentlich auch zum Befall des
Menschen mit solchen Bandwürmern kommen, die Tierparasiten sind und deshalb hier
nur tabellarisch aufgelistet werden. Für die
Epidemiologie dieser Spezies spielt der
Mensch keine Rolle. Für Taenia multiceps
stellt er sogar einen Fehlzwischenwirt dar, da
sich die Finne im Zentralnervensystem ansiedelt und von ihr keine Infektion der Endwirte
(Hunde) ausgehen kann. Die Finne wird als
Coenurus cerebralis bezeichnet, das von ihr
hervorgerufene Krankheitsbild als Coenurose.
Bei den anderen in der Tabelle 1 angeführten
Arten handelt es sich um Darmhelminthen,
die als Adultwurm im Menschen parasitieren
und unklare Bauchbeschwerden hervorrufen
können. Die Differenzialdiagnose dieser
Bandwürmer bleibt parasitologischen Speziallaboratorien vorbehalten. Über die Therapie
liegen keine Erfahrungen vor. Es ist anzunehmen, dass als Breitspektrumanthelminthikum
das Praziquantel wirksam ist.
Tabelle 1
Seltenere Cestoden-Arten des Menschen
Erregerbezeichnung
Natürliche Endwirte
Transmission
Verbreitung
Diphyllobothrium pacificum
Meeressäugetiere
oral (Fische)
Bertiella studeri
Affen, Hunde
oral (Milben)
Pazifikküste (Südamerika,
Japan)
Süd- und Südostasien,
Inermicapsifer madagascariensis
Mesocestoides spec.
Nagetiere
Vögel, Säugetiere
Dipylidium caninum
Raillietina celebensis
Hunde, Katzen
Ratten
oral (Arthropoden?)
oral (Vögel, Reptilien,
Amphibien)
oral (Flöhe, Mallophagen)
oral (Ameisen)
Hymenolepis diminuta
Taenia multiceps (Coenurose)
Nagetiere
Hunde
oral (Arthropoden)
oral (Hundekot)
Ostafrika, Karibik
Afrika, Karibik, Südamerika
weltweit
weltweit
Ost- und Südostasien,
Australien
weltweit
weltweit
115
C
Chagres Virus
Chagres Virus
Bunyaviren
Chandipuravirus
Vesiculovirus
Chigoe
Tunga penetrans
Chikungunya Virus
Alphaviren
sich durch Teilung und sind empfindlich gegen
bestimmte Antibiotika. Nach Abschluss der
Vermehrungsphase kondensieren die RK wieder in EK, die nach Freisetzung aus der Zelle einen weiteren Infektionszyklus in Gang setzen
können. Chlamydien können nur in der Zellkultur oder im bebrüteten Hühnerei angezüchtet
werden. Wegen dieser Eigenschaften wurden
Chlamydien früher fälschlicherweise für „große
Viren“ gehalten.
Taxonomie
Familie: Chlamydiaceae
Gattung: Chlamydia (Chlamydophila gen.
nov.)
Art:
Chlamydia pneumoniae (TWAR)
(Chlamydophila pneumoniae comb.nov.)
Historie
Chilomastix mesnili
Darmflagellaten
Chinesischer Leberegel
Opisthorchis
Chlamydia pneumoniae (TWAR)
Erregerbezeichung
Chlamydia pneumoniae (TWAR)
Synonym
TWAR; Chlamydophila pneumoniae (neu vorgeschlagene, aber noch nicht allgemein verwendete Bezeichnung)
Morphologie
Chlamydien sind Bakterien mit obligat intrazellulärer Vermehrung. Sie durchlaufen einen typischen Vermehrungszyklus: Die 300 nm kleinen Elementarkörperchen (EK) sind die extrazelluläre infektiöse Form des Erregers; sie werden in eine geeignete Wirtszelle aufgenommen
und wandeln sich in die ca. 1000 nm großen intrazellulären Retikularkörperchen (RK) um;
diese RK sind metabolisch aktiv, vermehren
116
Das erste Isolat (TW-183) wurde 1965 aus dem
Konjunktivalabstrich eines Kindes in Taiwan
angezüchtet und als atypischer „Chlamydia
psittaci“-Stamm betrachtet. Während einer
Pneumonie-Epidemie in Finnland im Jahre 1978
fiel auf, dass die Patienten einen erhöhten Antikörper-Titer in der Chlamydien-Komplementbindungsreaktion aufwiesen. Zwei Jahre später
konnte mit dem Mikroimmunfluoreszenztest
(MIF) gezeigt werden, dass es sich bei den Antikörpern der finnischen Patienten um IgM-Antikörper gegen TW-183 handelte. 1983 wurde in
Seattle, USA erstmalig ein Stamm aus dem Rachenabstrich eines Studenten mit Pharyngitis
angezüchtet (AR-39). Der Name TWAR leitet
sich aus den Bezeichnungen der ersten Isolate
ab. 1989 wurde Chlamydia pneumoniae
(TWAR) als dritte Spezies der Gattung Chlamydia anerkannt. 1999 wurde von K. D. E. Everett
et al. (1) eine neue Taxonomie der Familie Chlamydiaceae auf der Basis von 16S rRNA-Untersuchungen vorgeschlagen, die bisher aber noch
nicht allgemein gebräuchlich ist.
Erkrankungen/Symptome
Infektionen der Atemwege, Krankheiten wie Sinusitis, Pharyngitis oder Otitis media und seltener schwere systemische Infektionen; eine Assoziation mit der Arteriosklerose (Koronare
Herzkrankheit, Herzinfarkt) wurde beschrieben.
Chlamydia pneumoniae (TWAR)
Atemwegsinfektionen. Am häufigsten sind
asymptomatische Infektionen oder leichter verlaufende atypische Pneumonien und Bronchitiden. Chlamydia pneumoniae gilt als Ursache
von ca. 15% aller ambulant erworbenen Pneumonien und von ca. 5% der Bronchitiden und
Sinusitiden im Erwachsenenalter. Keine typischen klinischen Befunde oder Leitsymptome;
häufig sind: Subakuter Beginn, Halsschmerzen,
Heiserkeit oder trockener, lange anhaltender
Husten.
Andere Erkrankungen. Daneben kommen Otitis media, Sinusitis oder Pharyngitis vor, sehr
selten wurden auch Endokarditis, Myokarditis,
Meningoradikulitis, Erythema nodosum und
reaktive Arthritis beschrieben. Eine Assoziation
mit dem Asthma bronchiale wurde ebenfalls beschrieben.
Schwere systemische Infektionen. Gelegentlich
sowohl im Erwachsenenalter als auch bei Kindern schwere systemische Infektionen, zum
Beispiel als „Fieber unklarer Genese“ (FUO =
fever of unknown origin). Besonders bei Patienten mit schweren Grundkrankheiten wurden lebensbedrohliche Verläufe beobachtet.
◗ Antigen-Nachweis-Verfahren (Immunfluoreszenz, ELISA) sind wegen zu geringer Sensitivität und Spezifität nicht empfehlenswert.
◗ DNA-Nachweis: Verschiedene Primer zum
Nachweis von C. pneumoniae-Nukleinsäure
nach Vermehrung in der PCR sind beschrieben. Allerdings bestehen noch Unklarheiten
in Bezug auf Standardisierung und Wahl des
Untersuchungsmaterials.
Serologie. Auf Grund der Schwierigkeiten beim
Erregernachweis ist der serologische Nachweis
von Antikörpern zurzeit die für das Routine-Labor am besten geeignete Methode. Gattungsspezifische serologische Tests wie z.B. die KBR
messen Antikörper gegen alle Chlamydien-Arten, während mit Spezies-spezifischen Tests wie
z.B. dem Mikroimmunfluoreszenztest Antikörper gegen die einzelnen Chlamydien-Arten unterschieden werden. Bei der akuten Primär-Infektion ist in der Regel die KBR positiv, und es
sind IgM- und IgG-Antikörper im MIF-Test
nachweisbar. Dagegen ist bei den im Erwachsenenalter häufigen akuten Reinfektionen die
KBR meist negativ, und es findet sich im MIF lediglich ein IgG-Titer-Anstieg bei negativem
IgM-Titer.
Therapie
Koronare Herzkrankheit. Eine Assoziation zwischen Chlamydia pneumoniae-Infektion und
Koronarer Herzkrankheit wurde sowohl durch
serologische Studien als auch durch Nachweis
des Erregers in arteriosklerotisch veränderten
Gefäßen gezeigt. Welche Rolle Chlamydia pneumoniae in der Pathogenese der Arteriosklerose
spielt, ist bis heute ungeklärt.
Differenzialdiagnostik
Respiratorische Infektionen durch andere Erreger wie Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia
psittaci, Coxiella burnetii, Legionellen oder Viren.
Labordiagnostik
Erregernachweis.
◗ Anzüchtung in der Zellkultur: Die Anzüchtung des Erregers aus Rachenabstrichen oder
aus Bronchioalveolärer Lavage-Flüssigkeit in
der Zellkultur ist zeit- und arbeitsaufwändig
und an Spezial-Laboratorien gebunden.
In vitro empfindlich gegen Tetrazykline (Doxycyclin), Makrolide (Erythromycin und besonders neuere Derivate wie Clarithromycin, Azithromycin) und Gyrase-Hemmer (Ofloxacin,
Ciprofloxacin). In vivo kommen trotz antibiotischer Behandlung häufig Rezidive vor. Deshalb
soll die Dauer der Behandlung mit Doxycyclin
oder Erythromycin auf zwei bis drei Wochen
ausgedehnt werden. Azithromycin wird bei Erwachsenen in einer Gesamtdosis von 1,5 g verteilt auf 5 Tage empfohlen.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Die Zellwand von Chlamydien ist wie bei gramnegativen Bakterien aufgebaut, sie enthält neben Lipopolysaccharid (LPS) zahlreiche Proteine, darunter das MOMP (major outer membrane protein). Chlamydien besitzen gattungsspezifische Antigene (z.B. LPS) und art- bzw.
serovarspezifische Antigene (Proteine). Von
Chlamydia pneumoniae ist bisher nur ein Sero117
C
Chlamydia pneumoniae (TWAR)
typ (TWAR) bekannt, unterschiedliche Isolate
wiesen eine DNA-Homologie untereinander
von 94–100% auf.
Transmission
Es wird angenommen, dass Chlamydia pneumoniae von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen wird. Die Verbreitung der Infektion erfolgt langsam mit einem
durchschnittlichen Fall-zu-Fall-Intervall von 30
Tagen. Möglicherweise spielen asymptomatische Träger eine Rolle bei der Verbreitung der
Infektion.
Vermehrung und Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt mehrere Wochen
(im Mittel ca. 21 Tage). Im Tiermodell wurde
eine Dissemination respiratorisch aufgenommener Chlamydien durch Alveolarmakrophagen beobachtet.
Resistenz
C. pneumoniae kann experimentell in einem
Aerosol bei Raumtemperatur und hoher Luftfeuchtigkeit einige Zeit überleben, die Infektiosität nimmt jedoch schnell ab (um die Hälfte innerhalb der ersten 30 Sekunden). Die Überlebenszeit auf Laborflächen betrug bis zu 30 Stunden, auf menschlicher Haut 15 bis 30 Minuten.
Immunantwort
Die Infektion mit C. pneumoniae führt zur Bildung vom IgM-, IgG- und IgA-Antikörpern. In
der Zellkultur weisen die Antikörper teilweise
neutralisierende Eigenschaften auf. Es entwickelt sich jedoch keine vollständige Immunität.
Re-Infektionen kommen häufig vor und sind
durch einen erneuten Anstieg des IgG-Antikörper-Titers zu erkennen. Im Tiermodell ist eine
T-Zell-vermittelte zelluläre Immunität für die
Kontrolle einer Chlamydien-Infektion von großer Bedeutung.
Wirtsbereich
Menschen stellen das Reservoir dar, die Wertigkeit einzelner Isolate tierischer Herkunft ist
noch ungeklärt.
Risikogruppen
Die Durchseuchung mit Chlamydia pneumoniae im Erwachsenenalter ist hoch (50% und
höher), so dass davon auszugehen ist, dass na118
hezu jeder Mensch im Laufe seines Lebens Chlamydia pneumoniae-Infektionen und -Reinfektionen durchmacht. Enger Kontakt mit Kindern
kann ein höheres Risiko einer Chlamydia pneumoniae-Infektion bedeuten.
Epidemiologie
Chlamydia pneumoniae-Antikörper sind bei
Kleinkindern unter 5 Jahren sehr selten, im Alter zwischen 5 und 14 Jahren steigt die Prävalenzrate steil an und erreicht im Alter von 20
Jahren Werte von über 5%. Im Erwachsenenalter ist die Seroprävalenz bei Männern höher als
bei Frauen. Chlamydia pneumoniae kommt
weltweit vor, in tropischen Ländern erfolgt die
Primärinfektion häufiger schon im Alter unter 5
Jahren.
Genetik
Die Genomsequenz ist bekannt:
Accession-No. der Nukleinsäuren- und Proteinsequenzen: Gen Bank Accession # AE 001363
http://chlamydia-www.berkeley.edu:4231
Nature Genetics 21: 385
Prävention
Gezielte Präventionsmöglichkeiten sind nicht
bekannt.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
An Impfstoffen wird experimentiert, bisher sind
keine Strategien zur gezielten Vorbeugung oder
Kontrolle verfügbar.
Meldepflicht
Es besteht keine Meldepflicht
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Konsiliarlaboratorium für Chlamydien: Institut
für Medizinische Mikrobiologie am Klinikum
der FSU Jena, Semmelweisstr. 4, 07740 Jena.
Schlüsselliteratur
1. Everett KDE, RM Bush, AA Andersen. Emended
description of the order Chlamydiales, proposal of
Parachlamydiaceae fam.nov. and Simkaniaceae fam.nov.,
each containing one monotypic genus, revised taxonomy
of the family Chlamydiaceae, including a new genus and
five new species, and standards for the identification of
organisms. International Journal of Systematic
Bacteriology, 1999; 49: 415–440.
Chlamydia psittaci
2. Kuo CC, LA Jackson, LA Campbell, JT Grayston.
Chlamydia pneumoniae (TWAR). Clinical Microbiology
Reviews, 1995; 8: 451461.
3. JT Grayston. Chlamydia pneumoniae (TWAR). In:
Mandell GL, JE Bennett, R Dolin (ed). Principles and
practice of infectious diseases. 4. Auflage, Vol. 2, 1995.
Churchill Livingstone, New York.
4. Freidank H. Akute respiratorische Infektionen durch
Chlamydia pneumoniae. DMW 117 (1992), 187191.
5. Kauppinen M, P Saikku. Pneumonia due to Chlamydia
pneumoniae: prevalence, clinical features, diagnosis, and
treatment. Clinical Infectious Diseases 1995; 21: S24452.
schlagen, die noch nicht allgemein verwendet
wird ( C. pneumoniae).
Erkrankungen / Symptome
Das von Chlamydia psittaci verursachte Krankheitsbild wird als Psittakose (auch Papageienkrankheit) oder Ornithose bezeichnet. Man unterscheidet pulmonale und systemische Infektionen. Eine C. psittaci-Infektion kann subklinisch, als „grippaler“ Infekt, Mononukleoseartig, Typhus-artig oder als atypische Pneumonie verlaufen.
Chlamydia psittaci
Erregerbezeichnung
Chlamydia psittaci
Synonym
Chlamydophila psittaci
Morphologie
C. pneumoniae
Taxonomie
Familie:
Gattung:
Art:
Chlamydiaceae
Chlamydia
(Chlamydophila
gen.nov.)
Chlamydia psittaci (Chlamydophila
psittaci comb.nov.)
Historie
Die Psittakose wurde zum ersten Mal 1879 in der
Schweiz von Ritter beschrieben, der mehrere
Fälle einer ungewöhnlichen Pneumonie nach
Kontakt mit tropischen Vögeln beobachtet hatte. 1894 erkannte Morange bei einer Häufung
von Krankheitsfällen in Paris Papageien als Ursache. Er benannte die Erkrankung „Psittakose“
nach dem griechischen Wort für Papagei (psittakos). Nachdem der Besitz tropischer Vögel in
Mode gekommen war, traten 1929 bis 1930 Pandemien mit einer Letalität von ca. 20% auf. 1930
wurde der Erreger in mehreren Laboratorien
isoliert: von Bedson während einer Epidemie im
Londoner Zoo, von Kromwede in den USA und
von Levinthal in Deutschland. Die Bezeichnung
„Ornithose“ (nach dem griechischen Wort für
Vogel, ornithos) wurde 1941 von K. F. Meyer geprägt, weil inzwischen bekannt war, dass die Erkrankung auch von anderen Vogelarten übertragen werden kann. 1999 wurde von Everett et
al. eine neue Taxonomie der Chlamydien vorge-
Atypische Pneumonie. Häufig plötzlicher Beginn, Schüttelfrost, hohes Fieber, trockener Husten, Kopfschmerzen. Der Schweregrad reicht
von inapparenter oder leichter Erkrankung bis
zur tödlich verlaufenden systemischen Infektion, bei der respiratorische Symptome im Vordergrund stehen.
Systemische Infektionen. Anhaltender Husten,
Kopfschmerzen, Krankheitsgefühl, Muskelund Gelenkschmerzen, Hepatomegalie, manchmal gastrointestinale Beschwerden und Bewusstseinsstörungen. Häufige Symptome: Fieber (z.B. „Fieber unklarer Genese“, FUO = fever
of unknown origin), Husten (häufig erst im späteren Verlauf), Rötung des Rachenraums, pathologische Auskultationsbefunde und Hepatomegalie. Selten wurden Meningitis, Enzephalitis, Endokarditis, Myokarditis, Konjunktivitis,
reaktive Arthritis, Haut-Exantheme, Hepatitis,
Nierenbeteiligungen, Venenthrombosen, Pankreatitis oder Thyreoiditis beschrieben. Nach
dem Bundesseuchengesetz meldepflichtig, in
Deutschland unter 250 Fälle pro Jahr bei unbekannter Dunkelziffer.
Differenzialdiagnostik
Andere atypische Pneumonien durch Mycoplasma pneumoniae, Chlamydia pneumoniae, Coxiella burnetii, Legionellen oder Viren (z.B. Influenza), Pilzinfektionen, Tuberkulose, Brucellose,
EBV-Infektion.
Labordiagnostik
Die Anzucht von Chlamydia psittaci in der Zellkultur ist prinzipiell möglich, wegen des Risikos
schwerer Laborinfektionen jedoch nur in Laboratorien der Sicherheitsstufe III zugelassen.
Deshalb wird die Diagnose in der Regel serolo119
C
Chlamydia psittaci
gisch durch Nachweis von Antikörpern gestellt.
Mit der gattungsspezifischen Komplementbindungsreaktion findet man einen Titer-Anstieg
oder einen erhöhten Antikörper-Titer. Dieser
kann allerdings auch auf akuten Infektionen
durch andere Chlamydien-Arten (Chlamydia
pneumoniae, Chlamydia trachomatis) beruhen,
die mit artspezifischen Tests (Mikroimmunfluoreszenz-Test) abgegrenzt werden können.
Kreuzreagierende Antikörper wurden auch in
diesen Tests beschrieben.
Resistenz
Die Erreger sind resistent gegen Austrocknung
und können mehrere Monate lang infektiös
bleiben.
Immunantwort
Die humorale Immunantwort führt zur Bildung
von gattungsspezifischen Antikörpern gegen
das Lipopolysaccharid, die mit der Komplement-Bindungsreaktion nachgewiesen werden
können. Daneben werden auch spezies-spezifische Antikörper produziert.
Therapie
Mittel der Wahl sind Tetrazykline: Doxycyclin
2×100mg/d, 10–21 Tage lang. Alternative: Erythromycin. Unter antibiotischer Behandlung
sinkt die Letalität von 20% auf 1%.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Chlamydia psittaci weist die bei Chlamydia
pneumoniae beschriebenen, für Chlamydien typischen Eigenschaften auf. Die Anzahl der Serotypen von Chlamydia psittaci ist unbekannt. Es
liegen auch keine Kenntnisse darüber vor, welche Serotypen in Deutschland und welche bei
menschlichen Infektionen vorkommen. Die
Psittakose ist primär eine Zoonose. Wichtig ist
daher die anamnestische Angabe eines VogelKontakts, allerdings findet sich bei bis zu 25%
der Patienten keine entsprechende Exposition.
Eine Übertragung durch andere Tierarten
(Haustiere) ist sehr selten. Die Erreger sind gegen Austrocknung resistent und können tagelang infektiös bleiben.
Wirtsbereich
Chlamydia psittaci wurde bei mehr als 130 Vogelarten und bei vielen Haustieren (z.B. Kühe,
Ziegen, Schafe, Katzen) gefunden. Besonders
häufig kommen als Überträger Papageien, Wellensittiche, Tauben und Geflügel (Truthähne)
vor.
Risikogruppen
Vogelbesitzer, Tierpfleger, Tierärzte, Angestellte in Tierhandlungen, Geflügelfarmen (z.B.
Truthahnfarmen), Schlachthöfen.
Epidemiologie
Infizierte Vögel können völlig asymptomatisch
oder schwer krank sein. Sie scheiden die Erreger
mit dem Nasensekret, Kot und Urin aus. Unbehandelt werden 10% der infizierten Vögel zu
chronischen asymptomatischen Trägern.
Genetik
C. pneumoniae
Prävention
Transmission
Durch Einatmen von erregerhaltigem Staub
(aus getrocknetem Vogelkot, Sekret oder Staub
in Vogelkäfigen) oder über Mund-SchnabelKontakt. Mensch-zu-Mensch-Übertragungen
wurden sehr selten beschrieben, sie sollen zu
schwereren Verläufen führen.
Behandlung infizierter Vögel mit Tetrazyklinen
(mind. 45 Tage lang). Importüberwachung von
Papageien und Sittichen nach tierseuchenrechtlichen Vorschriften.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Keine Daten verfügbar.
Vermehrung und Inkubationszeit
Im Labor lässt sich C. psittaci in einer Vielzahl
von Zellkultur-Linien anzüchten. Die Inkubationszeit beträgt ca. 5–14 Tage.
120
Meldepflicht
IfSG § 7 (1): namentliche Meldung bei Nachweis
einer akuten Infektion mit C. psittaci.
Chlamydia trachomatis
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Keine Daten verfügbar.
Schlüsselliteratur
1. Schlossberg D. Chamydia psittaci (psittacosis). In: Mandell
GL, JE Bennett, R Dolin (ed). Principles and practice of
infectious diseases. Vol 2, 1995. Churchill Livingstone, New
York.
2. Oehme A, PB Musholt, K Dreesbach. Chlamydiae as
pathogens- an overview of diagnostic techniques, clinical
features, and therapy of human infections.
Klin. Wochenschr. 1991; 69: 463–473.
3. Rolle M, A Mayr: Medizinische Mikrobiologie, Infektionsund Seuchenlehre für Tierärzte, Biologen,
Agrarwissenschaftler und Interessierte aus benachbarten
Fachgebieten. 6. Auflage. Ferdinand Enke Verlag Stuttgart
1993.
Chlamydia trachomatis
gesehen, die denen beim Trachom ähnelten. In
der Folge wurden dann vergleichbare Einschlüsse auch in Abstrichen von Zervix bzw.
Urethra der Eltern infizierter Kinder gefunden.
1935 konnten Chlamydien erstmals im Hühnerembryo und seit den 60er Jahren auch in Zellkulturen angezüchtet werden. Erst durch diese
Nachweismöglichkeit wurde in den frühen 70er
Jahren die Bedeutung dieser Keime als Ursache
von Urogenitalinfektionen erkannt. Heute ist
Chlamydia trachomatis der häufigste bakterielle Erreger sexuell übertragbarer Infektionen.
Erkrankungen/Symptome
Chlamydia trachomatis-Infektionen können in
vier Gruppen eingeteilt werden: 1. Trachom,
2. Lymphogranuloma venereum, 3. Andere
Urogenital- und Augeninfektionen bei Erwachsenen und deren Komplikationen, 4. Neugeborenen-Infektionen.
Erregerbezeichung
Chlamydia trachomatis
Synonym
Entfällt.
Morphologie
C. pneumoniae
Taxonomie
Familie: Chlamydiaceae
Gattung: Chlamydia
Art:
Chlamydia trachomatis
Serotypen: A-C (Trachom-Erreger),
D-K (Erreger von Urogenital- und Augeninfektionen),
L1-L3 (Lymphogranuloma venereum-Erreger)
Historie
Eines der Krankheitsbilder, das Trachom, ist
seit dem Altertum bekannt. Bereits im 4. Jahrh.
vor Christus wurden Therapie und Komplikationen dieser Erkrankung in Griechenland beschrieben. Der Begriff „Trachom“ (von dem
griechischen Wort für Rauhigkeit abgeleitet)
wurde 60 n. Chr. geprägt. 1907 gelang es Halberstaedter und v. Prowazek, mit einer Giemsafärbung punktförmige Einschlüsse in Epithelzellen
darzustellen, die sie „Chlamydozoa“ (von griechisch chlamys für Mantel) nannten. 1909 wurden in Konjunktivalabstrichen von Neugeborenen Zellen mit zytoplasmatischen Einschlüssen
Trachom. In tropischen Ländern mit mangelhaften hygienischen Verhältnissen endemisch.
Die Erstinfektion erfolgt meist im Kindesalter
und verursacht eine chronische Infektion mit
follikulärer Keratokonjunktivitis. Häufig sind
Reinfektionen und bakterielle Superinfektionen. Im Endstadium kommt es zu Vernarbungen, Gefäßeinsprossungen, Pannusbildung, Entropium und Erblindung. Die Erkrankung ist in
Deutschland extrem selten.
Lymphogranuloma venereum. In tropischen
Ländern (Asien, Afrika, Südamerika) endemische Geschlechtskrankheit. Am Infektionsort
zunächst schmerzloses Bläschen, dann oberflächliches Geschwür (Primärläsion). 1–8 Wochen später schmerzhafte Schwellung der regionären Lymphknoten (Bubo), die aufbrechen
können. Abheilung unter Bildung bindegewebiger Narben, Verlegung der Lymphgefäße mit
nachfolgenden Abflussstörungen, Fisteln. In
Deutschland extrem selten.
Urogenital- und Augeninfektionen bei Erwachsenen
Genitalinfektionen bei Männern. STD-Erkrankungen (sexually transmitted disease): Urethritis (NGU = nicht-gonorrhoische Urethritis,
PGU = post-gonorrhoische Urethritis nach
Therapie einer Gonorrhoe bei Mischinfektion
mit Chlamydia trachomatis), Epididymitis
121
C
Chlamydia trachomatis
(Chlamydia trachomatis häufigster Erreger bei
Männern unter 35 Jahren), Proktitis, reaktive
Arthritis (bei 1% der Patienten mit Chlamydia
trachomatis-Urethritis, 80% HLA-B27 positiv),
Reiter-Syndrom. Die C. trachomatis-Infektion
kann auch asymptomatisch sein.
Genitalinfektionen bei Frauen. Asymptomatische Infektion oder nur geringe Symptomatik
bei ca. 70% der infizierten Frauen; STD-Erkrankungen: Urethritis, Urethralsyndrom, Bartholinitis, Zervizitis, Salpingitis (akute Salpingitis
bei ca. 8% der Patientinnen mit Chlamydia trachomatis-Zervizitis, häufiger subakute, klinisch
inapparente Salpingitis), Endometritis (bei ca.
40% der Patientinnen mit Chlamydia trachomatis-Zervizitis), PID (pelvic inflammatory
disease), Perihepatitis, Sterilität durch Tubenverschluss (Risiko bei einmaliger C. trachomatis-Infektion ca. 10%, nach 3 und mehr Infektionen 40–60%), Extrauterin-Gravidität, reaktive
Arthritis.
Augeninfektionen: Follikuläre Konjunktivitis,
früher auch als „Schwimmbad-Konjunktivitis“
bezeichnet, besteht unbehandelt monatelang.
Neugeborenen-Infektionen. Bei Neugeborenen
infizierter Mütter: Infektion in ca. 60%, Einschlusskonjunktivitis 2 bis 25 Tage nach der Geburt bei bis zu 40% (Blennorrhoea neonatorum), Pneumonie 3 bis 19 Wochen nach der
Geburt bei ca. 20 %.
Andere Erkrankungen. Sehr selten Pneumonie,
Meningoenzephalitis, Myokarditis, Endokarditis.
(Spezifität 97–99%, bei Patientengruppen mit
niedriger Prävalenzrate häufiger falsch positive
Befunde, positive Ergebnisse sollten deshalb
mit einem zweiten Test bestätigt werden). Nukleinsäure-Nachweis-Verfahren (Hybridisierung). Amplifikationsverfahren (PCR, LCR):
sehr hohe Sensitivität und Spezifität, aber auch
hoher Aufwand und höhere Kosten.
Antikörper-Nachweis.
Gattungsspezifische
Tests (KBR, ELISA) erfassen Antikörper gegen
alle Chlamydien-Arten, z.B. auch gegen die weit
verbreitete Art Chlamydia pneumoniae. Mit artspezifischen Tests (Mikroimmunfluoreszenztest) lassen sich Antikörper gegen die einzelnen
Chlamydien-Arten unterschieden. Nach Chlamydia trachomatis-Infektionen können die Antikörper monate- oder sogar jahrelang persistieren, so dass häufig nicht zwischen zurückliegenden und bestehenden Infektionen unterschieden werden kann. Deshalb sollte die
serologische Diagnostik Fragestellungen nach
Folge- oder chronischen Zuständen (wie z.B. reaktive Arthritis, Sterilität) vorbehalten bleiben,
während zum Nachweis einer bestehenden Infektion der Erregernachweis die Methode der
Wahl ist.
Therapie
Genitalinfektionen bei Erwachsenen: Doxycyclin (100mg oral, 2×tgl., 7 Tage) oder Azithromycin (Einmalgabe von 1g) oder Erythromycin
(500mg oral, 4×tgl., 7 Tage) oder Ofloxacin
(300mg oral, 2×tgl., 7 Tage). Die Partnerbehandlung sollte mit eingeschlossen werden.
Spezifische Merkmale
Differenzialdiagnostik
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Gonorrhoe, Lues, Herpes genitalis;
bei Konjunktivitis andere bakterielle, virale
oder allergische Konjunktivitiden;
bei Arthritis andere reaktive Arthritis-Formen
(z.B. nach Streptokokken-, Yersinien-, Shigellen-, Campylobacter-Infektion), Borreliose, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises.
Chlamydia trachomatis weist die bei Chlamydia
pneumoniae beschriebenen, für Chlamydien typischen Eigenschaften auf. Chlamydia trachomatis-Infektionen verlaufen sehr oft asymptomatisch oder mit wenig ausgeprägten, uncharakteristischen Beschwerden. Auch asymptomatische Infektionen können zu schweren
Folgezuständen wie zum Beispiel Tubenverschluss und daraus resultierender Sterilität führen. Chlamydia trachomatis-Infektionen verlaufen häufig chronisch, die Erreger können unbehandelt lange Zeit persistieren. Für das Zustandekommen der Folgezustände spielen
Labordiagnostik
Erregernachweis. Anzucht in der Zellkultur aus
Zervix-, Urethra-, Rektum- oder Konjunktivalabstrichen (Spezifität 100%). Antigen-Nachweis
durch ELISA oder Direkte Immunfluoreszenz
122
Chlamydophila pneumoniae
Reinfektionen und eine Hypersensibilisierung
durch Antikörper gegen das Heat-shock-Protein von Chlamydia trachomatis eine Rolle.
Genetik
Transmission
Prävention
Geschlechtsverkehr, Augeninfektionen durch
Schmierinfektion, Infektion des Neugeborenen
bei der Geburt.
Präventionsmaßnahmen wie bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (z.B. Kondom),
Nachweis und Behandlung der Infektion. Prävention der Neugeborenen-Infektionen: Seit
April 1995 Untersuchung auf Chlamydia trachomatis routinemäßig im Rahmen der Schwangerenvorsorge. Prophylaxe der Konjunktivitis
durch lokale Anwendung von Erythromycin
nicht immer effektiv.
Vermehrung und Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt mehrere Wochen,
die Infektiosität Wochen bis Monate (unbehandelt Jahre).
Resistenz
C. trachomatis konnte nach 2 und mehr Tagen
aus Dottersack-Material bei Temperaturen zwischen 4 und 20oC nachgewiesen werden. Die
Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt
mit infektiösen Genitalsekreten.
Immunantwort
C. trachomatis-Infektionen können die Bildung
von gattungsspezifischen Antikörpern gegen
das Lipopolysaccharid des Erregers und von
speziesspezifischen Antikörpern gegen ProteinAntigene hervorrufen. Bei der Mehrzahl der Patienten persistieren die Antikörper über Monate
bis Jahre.
Die Genomsequenz ist bekannt. C. pneumoniae
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
An einem Impfstoff wird gearbeitet, bisher stehen keine Vakzine zur Verfügung. Durch Screening-Programme konnte in einigen nordeuropäischen Ländern die Prävalenz gesenkt werden.
Meldepflicht
Es besteht keine Meldepflicht.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
C. pneumoniae
Wirtsbereich
Chlamydia trachomatis ist nur für Menschen
pathogen.
Risikogruppen
◗ Chlamydia trachomatis-Infektionen kommen häufiger bei jüngeren Erwachsenen vor
(Altersgipfel 15–25 Jahre).
◗ Sexualpartner infizierter (auch asymptomatisch infizierter) Personen.
◗ Neugeborene infizierter Mütter.
Epidemiologie
Trachom: Weltweit die häufigste Ursache für
vermeidbare Blindheit, ca. 500 Millionen Infizierte, wovon etwa 7–9 Millionen erblinden.
Chlamydia trachomatis Serotyp D-K: Häufigste
sexuell übertragbare, bakterielle Infektion.
Schätzungsweise 300.000 Infektionen im Jahr in
Deutschland, Prävalenz in der Durchschnittsbevölkerung ca. 4–5%.
Schlüsselliteratur
1. Jones RB. Chlamydia trachomatis (trachoma, perinatal
infections, lymphogranuloma venereum, and other genital
infections). In: Mandell GL, JE Bennett, R Dolin (ed).
Principles and practice of infectious diseases. Vol 2, 1995,
Churchill Livingstone, New York.
2. Centers for Disease Control. Recommendations for the
prevention and management of Chlamydia trachomatis
infections. 1993. Morbidity and mortality weekly report,
August 6, 1993/Vol. 42/No. RR-12.
3. Petersen EE, A Clad. Genitale Chlamydien-Infektionen.
Deutsches Ärzteblatt Heft 5, A: Seite 277–282, 3. Februar
1995.
4. Dieterle S. Chlamydieninfektionen in Gynäkologie und
Geburtshilfe. Geburtsh. u. Frauenheilk. 55 (1995) 510–517.
5. Black CM. 1997. Current methods of laboratory diagnosis
of Chlamydia trachomatis infections. Clinical
Microbiology Reviews 10:160–184.
Chlamydophila pneumoniae
Chlamydia pneumoniae
123
C
Chlamydophila psittaci
Chlamydophila psittaci
Differenzialdiagnose
Keine Daten verfügbar.
Chlamydia psittaci
Labordiagnostik
Kulturelle Anzüchtung. fakultativ pathogene E. coli.
Citrobacter
Erregerbezeichnung
Citrobacter (C.) freundii, (C. freundii Komplex
mit 8 Spezies), C. coseri, C. amalonaticus
Synonym
Keine Daten verfügbar.
Morphologie
Gramnegative Stäbchenbakterien, 1,0 µm im
Durchmesser und 2,0–6,0 µm Länge. Beweglich
durch peritriche Begeißelung.
Taxonomie
Familie:
Gattung:
Enterobacteriaceae
Citrobacter
Biochemische Differenzierung.
◗ Citrat kann als alleinige Kohlenstoffquelle
verwertet werden.
◗ Nitrat wird zu Nitrit reduziert
◗ Glukose wird abgebaut zu Säure und Gas
◗ Methylrotreaktion ist positiv
◗ Anwesenheit von Betagalaktosidase
◗ Fermentation von Arabinose, Zellobiose,
Maltose, L-Rhamnose, Trehalose, D-Xylose,
D-Mannit, D-Sorbit, Glycerol
◗ H2S-Bildung durch C. freundii
Serologische Differenzierung. Bei Citrobacter
freundii können 42 O- und mehr als 90 H-Antigene unterschieden werden.
Therapie
Erstbeschreibung durch Werkmann und Gill
1932: Bacteria producing trimethylene glycol. J.
Bacteriol. 1932, 23, 167–182. Der Name leitet sich
ab von Citrus (Zitrone), Bacter (griech.: Stäbchen).
Mehrfach-resistente Stämme werden beobachtet. Die Therapie entsprechend dem Antibiogramm wird empfohlen. Wirksam sind häufig
Ureidopenicilline, Cefotaxim, Cefmenoxim,
Ceftriaxon, Carbapeneme, Chinolone und Aminoglykoside.
Erkrankungen/Symptome
Spezifische Merkmale
Historie
Citrobacter spp. können lokalisierte, generalisierte und durch Toxine hervorgerufene Erkrankungen verursachen.
Lokalisierte Prozesse. In warmen Klimazonen,
sporadisch bei kleinen Kindern Diarrhö, Erreger von Harnwegsinfektionen (selten), Wundinfektionen, Infektionen des Respirationstraktes, Meningitis, Otitis, Citrobacter coseri ist ein
häufiger Erreger von Meningitiden und Hirnabszessen bei Neugeborenen.
Generalisierte Prozesse. Durch Einschwemmen
von Citrobacter sp. in die Blutbahn kann es zur
Sepsis und extrem selten zur Endocarditis kommen.
124
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Von Citrobacter freundii wurden hitzelabile
und hitzestabile Enterotoxine beschrieben. Die
Wirkungsweise der Enterotoxine ist jedoch
noch nicht so gut erforscht wie bei E. coli, Endotoxin. Bei Citrobacter diversus, der bei Patienten
mit Meningitis isoliert wurde, wurde ein äußeres Membranprotein beobachtet, das bei anderen Citrobacter-Stämmen nicht vorhanden ist.
Transmission
Citrobacter spp. werden durch direkten Kontakt oder auch indirekt über Gegenstände oder
Lebensmittel übertragen.
Clostridien der Gasbrand-Gruppe
4. Konemann, E.W., H.D. Allen, W.M. Janda, P.C.
Schreckenberger, W.C. Winn (Eds.) Diagnostic
Microbiology, 5th Ed., Lippincott, Philadelphia, New York,
1997
5. Mandell, G.L., J.E. Bennett, R. Dolin (Eds.) Mandell,
Douglas, and Bennett’s Principles and Practice of
Infectious Diseases. 5th Ed. Churchill-Livingstone,
Philadelphia, London, Toronto, Montreal, Sydney, Tokyo,
Edinburgh, 2000
Vermehrung und Inkubationszeit
Keine Daten verfügbar.
Resistenz
Keine Daten verfügbar.
Immunantwort
Keine Daten verfügbar.
Wirtsbereich
Angehörige des Genus Citrobacter finden sich
in Fäzes von Menschen und Tieren, sie werden
auch aus Wasser, Abwasser und Abfall isoliert.
Risikogruppen
Säuglinge, Immunsupprimierte,
und Transplantationspatienten.
Karzinom-
Clostridien der Gasbrand-Gruppe
Erregerbezeichnung
Clostridium perfringens, Clostridium septicum,
Clostridium histolyticum, Clostridium novyi, einige andere sehr selten
Synonym
Eine epidemische Ausbreitung von Citrobacter
sp. im Rahmen von nosokomialen Infektionen
wurde bisher nicht beobachtet.
C. perfringens: Clostridium welchii, WelchFraenkel-„Bazillus“
C. septicum: Pararauschbrand-„Bazillus“
C. novyi: Clostridium oedematiens
Genetik
Morphologie
Keine Daten verfügbar.
Meldepflicht
C. perfringens: Grampositive „plumpe“ Stäbchen, unbeweglich, in Präparaten von Kulturen
und vom Patientenmaterial keine Spore sichtbar
C. septicum: Grampositive, mittelgroße Stäbchen, stark beweglich, subterminale ovale Spore
C. histolyticum: Grampositive, kleine Stäbchen,
beweglich, subterminale ovale Spore
C. novyi: Grampositive, lange, schlanke Stäbchen, beweglich, subterminale ovale Spore
§ 23 IfSG Abs. 1: Multiresistenz ist zu dokumentieren.
Taxonomie
Epidemiologie
Prävention
fakultativ pathogene E. coli.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Keine Daten verfügbar.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
http://www.cdc.gov/
Schlüsselliteratur
1. Blaser, M.J., Ph.D. Smith, J.I. Ravdin, H.B. Greenberg, R.L.
Guerrant (Eds.) Infections of the Gastrointestinal Tract,
Raven Press New York, 1995
2. Hahn, H., D. Falke, S.H.E. Kaufmann, U. Ullmann (Hrsg.)
Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 4. Auflage,
Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York, Barcelona,
Hongkong, London, Mailand, Paris, Singapur, Tokyo, 2001
3. Kist, M., J. Bockemühl, S. Aleksic, M. Altwegg, I.B.
Autenrieth, W. Bär, L. Beutin, B. Gerten, E. Heintschel von
Heinegg, H. Karch, A. Lehmacher, F. Mehnert, U.
Sonnenborn, H. Tschäpe, Chr. V. Eichel-Streiber:
Infektionen des Darmes: MiQ 9, Urban und Fischer,
München, Jena, 2000
Familie:
Gattung:
Bacillaceae
Clostridium (anaerob)
Historie
1892 fanden Welch und Nuttal in den Blutgefäßen Verstorbener grampositive, gasbildende
Stäbchen, die sich schnell vermehrten; Welch
und Flexner erkannten 1896 die ätiologische Bedeutung dieses Erregers für verschiedene
Krankheitsbilder, insbesondere für Gasbrand;
die mikrobiologische Erstbeschreibung von
Clostridium perfringens (C. welchii) erfolgte
1898 durch Veillon und Zuber. Gasbrand
(Gasödem) war schon im Altertum bekannt; vor
der antiseptischen Ära war er als „Hospitalbrand“ gefürchtet. Zum gehäuften Auftreten
125
C
Clostridien der Gasbrand-Gruppe
kam es in Kriegszeiten, vor allem im ersten
Weltkrieg (100.000 Tote).
Erkrankungen/Symptome
Gasbrand = Gasödem ist eine Weichteilinfektion, die klinisch als Zellulitis mit Gasbildung
ohne systemische Toxizität auftritt, oder als
schweres Krankheitsbild in Form einer Myonekrose mit Toxinämie. Die klinische Symptomatik beginnt mit Schmerzen und ödematöser
Schwellung, es kommt zur Gasbildung im Gewebe, die mit bildgebenden Verfahren sichtbar
gemacht werden kann und bei Berührung als
„Knistern“ wahrnehmbar ist. Die Haut ist blass,
später bronzefarben, die Muskulatur sieht wie
gekochter Schinken aus; ein süßlicher Geruch
kann wahrgenommen werden; weitere Symptome sind Tachykardie ohne entsprechende Temperaturerhöhung; Ängstlichkeit des Patienten;
später: intravasale Hämolyse, Hypotonie, Nierenversagen. Die Letalität beträgt 20–25%. Eine
Nahrungsmittelvergiftung kann durch enterotoxinbildende Clostridium perfringens-Stämme
hervorgerufen werden. Symptome: Durchfall
für 1–2 Tage mit Übelkeit und Bauchschmerzen
ohne Fieber. Durch Clostridium perfringens Typ
C kann die Enteritis necroticans (Darmbrand)
verursacht werden, bei der es sich um eine nekrotisierende Infektion des Jejunum handelt.
Symptome: Schmerzen, blutiger Stuhl, Erbrechen.
Clostridium septicum ist der zweithäufgiste Gasbranderreger; wegen seiner hohen Invasivität
kommt er vor allem beim nichttraumatischen,
spontanen Gasbrand vor. Heute wird er als Erreger der neutropenischen Enterocolitis häufiger aus Blutkulturen nachgewiesen. Dieses
Krankheitsbild tritt bei Patienten mit einer Barrierestörung des Darmes aufgrund einer Mukositis bei angeborener Neutropenie, bei Leukämien, bei Neutropenie durch zytostatische
Chemotherapie oder bei Vorliegen eines KolonKarzinoms auf. Symptome: Bauchschmerzen,
Fieber, blutiger Durchfall. Clostridium histolyticum: Gefährlichster Gasbranderreger; bewirkt
durch seine Toxine Verflüssigung des Gewebes.
Clostridium novyi: Inkubationszeit 5 Tage und
länger; Ödembildung steht im Vordergrund,
Gas tritt im Gewebe nur selten auf.
126
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnose des Gasbrandes: Nekrotisierende Fasziitis, Streptokokken-Fasziitis, Infektion mit anderen gasbildenden Bakterien
(Enterobacteriaceae). Bei der Nahrungsmittelvergiftung kommen alle anderen Erreger dieses
Krankheitsbildes differenzialdiagnostisch in
Betracht.
Labordiagnostik
Gasbrand durch Clostridium perfringens: Neben
den oben beschriebenen klinischen Symptomen: Im Grampräparat vom tief entnommenen
Wundsekret Nachweis grampositiver plumper
Stäbchen ohne Vorhandensein von Leukozyten;
die Stäbchen weisen keine Sporen auf; kulturelle
Anzüchtung des Erregers im anaeroben Milieu;
starke Gasbildung in flüssigen Kulturen, Doppelhämolyse auf anaerob bebrütetem Blutagar;
biochemische Identifizierung. Nahrungsmittelvergiftung durch Clostridium perfringens: Toxinnachweis im Stuhl mittels EIA oder VeroZellkultur. Enteritis necroticans: In endemischen Gebieten aufgrund des klinischen Bildes.
Neutropenische Enterocolitis: Nachweis von
Clostridium septicum aus Blutkulturen. Gasbrand durch Clostridium histolyticum oder
Clostridium novyi: Im Grampräparat kleinere
bzw. schlankere grampostitive Stäbchen, evtl.
Sporen erkennbar. Sonst wie bei Clostridium
perfringens.
Therapie
Gasbrand durch Clostridium perfringens: Am
wichtigsten ist das chirurgische Vorgehen: breite Eröffnung der Wunde bzw. großzügiges Debridement, evtl. frühzeitige Amputation bzw.
Hysterektomie; Antibiotika: Penicillin G 10–30
Millionen Einheiten pro Tag, dazu Metronidazol und/oder Clindamycin bzw. Tetrazykline,
Erythromycin oder Rifampicin; bei Penicillinunverträglichkeit: Imipenem. Die Effektivität
der hyperbaren Sauerstofftherapie wird nicht
einheitlich beurteilt, sie hat sich jedoch in manchen Fällen als vorteilhaft erwiesen. Nahrungsmittelvergiftung: Keine antibiotische Therapie,
selbstlimitierend. Enteritis necroticans: Penicillin G plus Metronidazol. Neutropenische Enterocolitis durch Clostridium septicum: Penicillin
G, evtl. chirurgische Maßnahmen. Gasbrand
durch Clostridium histolyticum oder Clostridium novyi: Chirurgisches Vorgehen, passive Im-
Clostridien der Gasbrand-Gruppe
munisierung mit spezifischem Antiserum, Penicillin G.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Immunantwort
Es kommt im menschlichen sowie auch im tierischen Organismus zur Antikörperbildung gegen die verschiedenen Exotoxine (Exoenzyme);
daher ist prinzipiell die Gabe eines polyvalenten
Antiserums möglich.
Die Pathogenität der Gasbranderreger ist durch
Exotoxine (Exoenzyme) bedingt, die gewebsschädigende Wirkung haben und zu Muskelzerfall mit Ödem- und Gasbildung führen und die
Zerstörung von Leukozyten und Erythrozyten
bewirken. Haupttoxin ist die Phospholipase C
(= Lezithinase), daneben werden Kollagenase,
Hyaluronidase, Hämolysine und weitere Enzyme gebildet.
Clostridium perfringens kommt im Boden und
vor allem im Darm von Menschen und Tieren
vor; 90% der Menschen haben C. perfringens in
hoher Zahl im Darm. Die übrigen Clostridien
sind überwiegend Umweltbakterien, im Darm
sind sie seltener zu finden, z.B. Clostridium septicum bei 2% der Menschen.
Transmission
Risikogruppen
Die Infektion durch Gasbranderreger erfolgt in
der Hälfte der Fälle exogen traumatisch bei
schweren Unfällen mit Gewebszertrümmerung,
offenen Frakturen, Schusswunden; die meisten
anderen Fälle entstehen postoperativ nach Colonchirurgie oder nach Amputationen sowie infolge intramuskulärer oder subkutaner Injektionen; früher häufig nach kriminellem Abort.
Endogene Entstehung von Gasbrand vor allem
bei Patienten mit diabetischem Fuß, arteriellem
Verschlussleiden sowie auch bei Kolon-Karzinom. Zur Kontamination von Wunden kommt
es häufig, das klinische Bild des Gasbrandes ist
demgegenüber selten.
Vermehrung und Inkubationszeit
Das klinische Bild des Gasbrandes entwickelt
sich nur in hypoxischem Gewebe, da sich die
Clostridien nur unter diesen Bedingungen vermehren können. Ursachen für die Hypoxie sind
schlechte Durchblutung aufgrund von Gefäßerkrankungen, Kälte, Schock, straffen Verbänden
oder Abschnüren, eingedrungene Fremdkörper
sowie Mischinfektionen mit anderen Bakterien.
Die Inkubationszeit beträgt meist 1–4 Tage, sie
kann aber auch kürzer oder länger sein.
Wirtsbereich
Risikogruppen für Infektionen mit den Gasbranderregern sind Schwerverletzte, Patienten
mit Durchblutungsstörungen, Patienten nach
Colon-Chirurugie sowie neutropenische Patienten.
Epidemiologie
In Deutschland treten ca. 100 Gasbrandfälle pro
Jahr auf, bei denen als häufigster Errger Clostridium perfringens nachgewiesen wird. Clostridium perfringens kommt in fünf Typen vor, von
denen zwei für den Menschen pathogen sind:
Typ A verursacht Gasbrand und Nahrungsmittelvergiftung, Typ C die Enteritis necroticans
(Darmbrand). Bei der Nahrungsmittelvergiftung durch Clostridium perfringens erfolgt die
Enterotoxinbildung im Darm, wenn 106 bis 107
enterotoxinbildende Clostridium perfringensZellen mit einem schlecht gekühlten Nahrungsmittel, z.B. Hackfleisch, Fleischpasteten, Geflügel, Bohnen, aufgenommen werden. Die Enteritis necroticans (Darmbrand) tritt bei Tieren
häufig auf, Menschen erkranken nur bei Fehlernährung. So war diese Erkrankung in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg sehr häufig, jetzt
kommt sie nur noch in Papua-Neuguinea vor.
Resistenz
Clostridium perfringens weist in ca. 40% eine
Resistenz gegen Tetrazykline auf; andere Resistenzen spielen bisher keine Rolle, insbesondere
sind die Clostridien der Gasbrandgruppe weiterhin empfindlich für Penicillin G.
Genetik
Keine Daten verfügbar.
Prävention
Siehe Strategien zur Krankheitsvorbeugung.
127
C
Clostridium botulinum
Für die Prävention des Gasbrandes gibt es außer
adäquater Wundversorgung keine anderen
Maßnahmen; die Nahrungsmittelvergiftung
durch Clostridium perfringens kann nur durch
gute Nahrungsmittelhygiene und Kühlung verhindert werden.
des Patienten, der nach Verzehr des Schinkens
verstorben war. Symptome entsprachen der
durch Kerner 1820 beschriebenenen und
Botulismus = Wurstvergiftung genannten Erkrankung, deshalb „Clostridium botulinum“.
Erstbeschreibung des Wundbotulismus 1943,
des Säuglingsbotulismus 1976 und des Botulismus ungeklärter Ursache 1986.
Meldepflicht
Erkrankungen/Symptome
Keine Meldepflicht mehr.
Botulismus ist eine Intoxikation durch das von
dem Erreger gebildete Neurotoxin; die Toxintypen A, B, E und F sind für den Menschen pathogen. Drei Erkrankungsformen werden unterschieden:
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Konsiliarlaboratorium für Clostridien: Thüringer Medizinal-, Lebensmittel- und Veterinäruntersuchungsamt (TMLVUA) Herr Dr. habil. H.
P. Schau, Abteilung Medizinaluntersuchung Erfurt, FB Medizinische Mikrobiologie, Nordhäuser Str. 74, Haus 6, 99089 Erfurt, Tel.: 0361
740910.
Schlüsselliteratur
1. Brandis, H., H. J. Eggers, W. Köhler, G. Pulverer (Hrsg)
Lehrbuch der Meizinischen Mikrobiologie 7. Auflage,
Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1994
2. Mandell, G. L., J. E. Bennett, R. Dolin (Editors) Principles
and Practice of Infectious Disease 4th ed., Churchill
Livingstone Inc. London 1995
3. Murray, P. R., E. J. Baron, M. A. Pfaller, F. C. Tenover, R. H.
Yolken (Editors) Manual of Clinical Microbiology 6th ed.
ASM Press Washington 1995
Clostridium botulinum
Erregerbezeichnung
Clostridium botulinum
Synonym
Keine Daten verfügbar.
Morphologie
Grampositive relativ kurze Stäbchen mit subterminaler Spore.
Taxonomie
Familie: Bacillaceae Gattung: Clostridium
(anaerob)
Historie
Erster Nachweis 1896 durch van Ermengen aus
ranzigem Schinkenrest und dem Mageninhalt
128
1. Lebensmittelvergiftung durch Aufnahme des
im Nahrungsmittel unter anaeroben Bedingungen (die in dicken Würsten oder Schinken, hausgemachten Konserven mit Bohnen,
Erbsen, Fleisch, vakuumverpacktem Fisch
etc. vorliegen) gebildeten Toxins;
2. Wundbotulismus: Toxinbildung bei Vermehrung der Bakterien in der infizierten Wunde;
diese Form tritt vor allem bei Drogenabhängigen auf;
3. Säuglingsbotulismus: Sporen von Clostridium botulinum werden mit der Nahrung (mit
Honig gesüßter Tee) aufgenommen, die Toxinbildung erfolgt im Darm.
Außerdem gibt es den „Botulismus ungeklärter
Ursache“, der wahrscheinlich ähnlich wie der
Säuglingsbotulismus entsteht. Symptome der
Lebensmittelvergiftung: 8 Stunden bis wenige
Tage nach Aufnahme des Toxins treten Übelkeit, Schwindel, Erbrechen, Mundtrockenheit,
Schluckbeschwerden, Augenmuskellähmung
(Doppelbilder, Lichtscheu, Flimmern, Pupillenstarre) auf, dann kommt es zu symmetrisch absteigender schlaffer Lähmung; kein Fieber; das
Bewusstsein bleibt erhalten; der Tod tritt durch
Lähmung der Atemmuskulatur ein. Wundbotulismus geht meist von kleinen Wunden aus,
auch Septumverletzungen bei „Schnupfern“;
hierbei keine gastrointestinalen Symptome,
aber Fieber durch die Wundinfektion, Lähmungserscheinungen wie beschrieben. Säuglingsbotulismus sowie auch Botulismus ungeklärter Ursache: Obstipation, Mattigkeit,
Schluckschwierigkeiten,
Muskelschwäche,
plötzlicher Tod durch Atemstillstand.
Clostridium botulinum
Differenzialdiagnose
Intoxikation durch Atropin oder Methylalkohol, paralytische Polio.
Labordiagnostik
Versuch des Toxinnachweises im Tierversuch
(Maus) aus dem Patientenserum, bei Verdacht
auf Lebensmittelvergiftung außerdem nach
Aufarbeitung des Materials aus Mageninhalt,
Erbrochenem und/oder Nahrungsmittel; kulturelle Anzüchtung des Erregers unter streng anaeroben Bedingungen bei Lebensmittelvergiftung aus Mageninhalt, Erbrochenem, Stuhl,
Nahrungsmittel, bei Wundbotulismus aus Abstrichen, Gewebe, Exsudat, bei Säuglingsbotulismus aus dem Stuhl; biochemische Identifizierung schwierig, Nachweis der Toxinbildung aus
dem Kulturüberstand.
Therapie
Bei allen Formen sofortige i.v.- und i.m.-Gabe
von poylvalentem Antitoxin vom Pferd, bei Lebensmittelvergiftung außerdem Magenspülung,
Abführen; keine Antibiotika. Bei Wundbotulismus: Nach Antitoxingabe breite Eröffnung der
Wunde, 10–20 Millionen Einheiten Penicillin G
pro Tag. Wichtig ist der rechtzeitige Beginn der
künstlichen Beatmung.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Das Toxin wirkt durch Hemmung der Acetylcholinfreisetzung. Somit wird die neuromuskuläre Erregungsübertragung blockiert und es
kommt zu den schlaffen Lähmungen. Das Botulismus-Toxin Typ A ist das stärkste mikrobiell
gebildete Toxin: die letale Dosis für den Menschen beträgt 1µg.
Transmission
Da die Sporen von Clostridium botulinum ubiquitär verbreitet sind, erfolgt die Kontamination von Nahrungsmitteln bzw. von Wunden aus
der Umwelt.
Vermehrung und Inkubationszeit
Clostridium botulinum hat unter optimalen Bedingungen eine Generationszeit von 18 bis 20
Stunden. Bei seiner Vermehrung im Nahrungsmittel bzw. im Wirtsorganismus bildet es das
Exotoxin. Bei der Aufnahme des Toxins mit
dem Nahrungsmittel beträgt die Zeit bis zum
Auftreten der Symptome („Inkubationszeit“) 8
Stunden bis einige Tage. Bei den anderen oben
erwähnten Formen des Botulismus lässt sich
eine Inkubationszeit nicht angeben.
Resistenz
Clostridium botulinum ist empfindlich für Penicillin G; eine antibiotische Therapie ist jedoch
nur beim Wundbotulismus indiziert, nicht bei
der Intoxikation.
Immunantwort
Es kommt im tierischen und im menschlichen
Organismus zu einer humoralen Immunität; die
Antikörperbildung in Tieren wird für die Produktion der therapeutisch und auch diagnostisch verwendeten Antiseren benutzt.
Wirtsbereich
Clostridium botulinum Typen A, B, E, F und G
sind primär Bodenbakterien, die Typen C und D
kommen bei Tieren vor und führen insbesondere bei Wassergeflügel auch zur Erkrankung, die
sich in Form einer Erschlaffung der Halsmuskulatur zeigt. Typ E wird auch in Fischen gefunden.
Risikogruppen
In Bezug auf den Wundbotulismus stellen Drogenabhängige eine Risikogruppe dar. Menschen, die eigene Konserven im Haushalt herstellen, sind als eine weitere Riskogruppe anzusehen.
Epidemiologie
Clostridium botulinum Typen A und B sind vor
allem für die Lebensmittelvergiftung und den
Wundbotulismus verantwortlich, beim Säuglingsbotulismus wurde vor allem Typ F gefunden. Die Typenverteilung weist geographische
Unterschiede auf, in Deutschland kommt überwiegend Typ B vor. Die Anzahl der gemeldeten
Fälle in Deutschland beträgt jährlich 10 bis 20,
im Jahr 2000 gab es drei Fälle nach Verzehr von
vakuumverpackten, unsachgemäß gelagerten
Forellenfilets. In Russland wurden 1998 500 Fälle mit 48 Toten registriert. Auch in anderen Ländern treten sporadisch Ausbrüche auf; in den
USA ist eine Zunahme des Wundbotulismus vor
allem bei Drogenabhängigen festzustellen.
129
C
Clostridium difficile
Genetik
Keine Daten verfügbar.
Prävention
Eine spezifische Prävention im Sinne einer Impfung gibt es nicht.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Für die Prävention ist es am wichtigsten, verdächtige Speisen zu meiden, auch nicht probieren(!); Konservendosen, die eine Bombage aufweisen, nicht öffnen. Zuverlässigster Schutz für
vakuumverpackte Nahrungsmittel, insbesondere Fisch, ist die durchgängige Einhaltung von
Temperaturen unter 7°C besser unter 3°C bei
Lagerung und Transport. Alle Toxintypen sind
hitzelabile Proteine, sie werden durch
15minütiges Kochen zerstört, aber verdächtige
Speisen sollten trotzdem keinesfalls aufbereitet
werden! Die Toxinbildung in den Nahrungsmitteln kann nur bei pH-Werten über 4,6 erfolgen.
Bei den Laborarbeiten mit dem auf BotulismusToxin zu untersuchenden Material und mit den
Kulturen sind besondere Sicherheitsmaßnahmen zu beachten. Aufgrund der genannten Eigenschaften fällt das Botulismus-Toxin unter
die biologischen Waffen und die für „Bioterrorismus“ missbrauchten Agenzien.
Meldepflicht
Nach dem Infektionsschutzgesetz besteht Meldepflicht für Verdacht, Erkrankung und Tod an
Botulismus sowie für den Nachweis des Erregers und/oder des Botulismustoxins.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Konsiliarlaboratorium für Clostridium botulinum: Thüringer Medizinal-, Lebensmittel- und
Veterinäruntersuchungsamt (TMLVUA) Herr
Dr. habil. H. P. Schau, Abt. Medizinaluntersuchung Erfurt FB Medizinische Mikrobiologie
Nordhäuser Str. 74 Haus 6; 99089 Erfurt Tel.:
0361 740910
Schlüsselliteratur
1. Brandis, H., H. J. Eggers, W. Köhler, G. Pulverer (Hrsg.)
Lehrbuch der Medizinischen Mikrobiologie 7. Auflage,
Gustav Fischer Verlag Stuttgart, 1994
2. Mandell, G. L., J. E. Bennett, R. Dolin (Editors) Principles
and Practice of Infectious Disease 4th ed. Churchill
Livingstone Inc. London 1995
130
Clostridium difficile
Erregerbezeichnung
Clostridium difficile
Synonym
Keine Daten verfügbar.
Morphologie
Gampositive mittelgroße Stäbchen, subterminale Spore.
Taxonomie
Familie:
Gattung:
Bacillaceae
Clostridium (anaerob)
Historie
Seltene Fälle von antibiotikaassoziierter Kolitis
wurden von 1960 bis 1970 bei Patienten beobachtet, die mit Lincomycinen oder Breitspektrum-β-Laktamantibiotika behandelt waren, sie
traten seit 1970 häufiger auf und 1977 wurde erkannt, dass ein Exotoxin von Clostridium difficile für dieses Krankheitsbild verantwortlich
ist.
Erkrankungen/Symptome
Die antibiotikaassoziierte Kolitis beginnt meist
während oder kurz nach einer antibiotischen
Therapie, kann aber auch noch Wochen danach
auftreten. Symptome: leichte bis schwere z.T.
blutig-schleimige Durchfälle mit Fieber und
krampfartigen Bauchschmerzen; schwerste
Form: pseudomembranöse Kolitis. Die klinische Verdachtsdiagnose wird aufgrund des endoskopischen Bildes gestellt. Es zeigt eine ödematös veränderte Darmschleimhaut mit charakteristischen gelblich-weißen Plaques und
Pseudomembranen. Entstehung eines toxischen Megakolon sowie Darmperforation möglich.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch kommen die enteropathogenen Erreger in Betracht.
Labordiagnostik
Nachweis des Toxins mittels EIA-Test in Stuhlproben; er hat aber nur in Verbindung mit der
Clostridium difficile
klinischen Symptomatik Aussagewert, da das
Toxin auch bei gesunden Menschen vorhanden
sein kann.
gen die zur Therapie eingesetzten Antibiotika
Metronidazol bzw. das in der Regel nicht mehr
empfohlene Vancomycin sind bisher keine Resistenzen aufgetreten.
Therapie
Eventuell kann allein das Absetzen einer noch
laufenden antibiotischen Therapie die Symptome stoppen, bei schwerer Symptomatik muss
jedoch Metronidazol gegeben werden; Vancomycin soll für diese Indikation nicht mehr verwendet werden.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Clostridium difficile kommt in geringer Zahl im
Darm des Menschen vor und kann aufgrund
seiner Resistenzeigenschaften selektioniert
werden, wenn durch eine antibiotische Therapie die übrige Darmflora zerstört wird. Sein
Exotoxin bewirkt einen vermehrten Flüssigkeitsaustritt aus den Zellen der Darmschleimhaut und nachfolgend die übrigen oben genannten Symptome.
C
Immunantwort
Keine Daten verfügbar
Wirtsbereich
Clostridium difficile kommt in geringer Zahl im
Darm von Tieren und Menschen vor. Es wird
bei 3–10% der erwachsenen Menschen, jedoch
bei 25–60% der Säuglinge gefunden. Außerdem
kann dieses Bakterium auch im Boden und in
Gewässern nachgewiesen werden.
Risikogruppen
Risikogruppen sind vor allem ältere Patienten
und Kinder unter antibiotischer und evtl. auch
unter antineoplastischer Therapie.
Epidemiologie
Keine Daten verfügbar.
Genetik
Transmission
In der Regel handelt es sich um ein endogenes
Geschehen, jedoch ist eine nosokomiale Übertragung im Sinne von cross infection möglich
z.B. durch die Hände des Pflegepersonals. Ausbrüche auf Stationen werden hin und wieder beobachtet. Dabei muss berücksichtigt werden,
dass die Sporen von C. difficile sehr resistent gegen Umwelteinflüsse und auch gegen Desinfektionsmittel sind.
Vermehrung und Inkubationszeit
Wie bereits erwähnt, kann es zur Vermehrung
von Clostridium difficile kommen, wenn die
normale Darmflora durch eine antibiotische
Therapie zerstört wird. Eine Inkubationszeit im
eigentlichen Sinne lässt sich nicht angeben. Das
Krankheitsbild tritt meist noch während der
Gabe des Atnbiotikums auf, es wurden aber
auch Fälle beschrieben, bei denen sich erst 1–2
Wochen nach dem Absetzen des Antibiotikums
eine pseudomembranöse Colitis entwickelte.
Resistenz
Die Resistenzeigenschaften von Clostridium difficile sind die Ursache für seine Selektionierung
und somit für die Erkrankung überhaupt. Ge-
Keine Daten verfügbar.
Prävention
Siehe Strategien zur Krankheitsvorbeugung.
Strategien zur -Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Um dieser schweren Erkrankung vorzubeugen,
ist es wichtig, dass Antibiotika nur unter strenger Indikationsstellung gegeben werden. Patienten mit nachgewiesener pseudomembranöser
Colitis müssen isoliert werden, um eine weitere
Übertragung zu vermeiden.
Meldepflicht
Es beseht keine Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz außer, wenn es sich um einen
nosokomialen Ausbruch handelt.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Konsiliarlaboratorium für Clostridium difficile:
Institut für Medizinische Mikrobiologie und
Hygiene der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz Herr PD Dr. Chr. Von Eichel-Streiber;
Obere Zahlbacher Str. 63; 55101 Mainz; Tel.: 0631
173310 E-Mail: veichel@mail. Uni-Mainz.de
131
Clostridium novyi
Schlüsselliteratur
1. Brandis, H., H. J. Eggers, W. Köhler, G. Pulverer (Hrsg.)
Lehrbuch der Medizinischen Mikrobiologie 7. Auflage,
Gustav Fischer Verlag Stuttgart, 1994
2. Mandell, G. L., J. E. Bennett, R. Dolin (editors) Principles
and Practice of Infectious Diseases 4th ed. Churchill
Livingstone Inc. 1995
Clostridium novyi
Clostridien der Gasbrand-Gruppe
Clostridium oedematiens
Clostridien der Gasbrand-Gruppe
Clostridium perfringens
Clostridien der Gasbrand-Gruppe
Clostridium septicum
Clostridien der Gasbrand-Gruppe
nachweis durch Faber und Gewinnung von antitoxischem Tetanusserum von Pferden und Kaninchen durch Faber, von Behring, Kitasato.
Erkrankung/Symptome
Tetanus = Wundstarrkrampf kann in vier verschiedenen klinischen Verlaufsformen auftreten: der generalisierte Tetanus ist die häufigste
Form, weiterhin kommen lokalisierter Tetanus,
cephaler Tetanus und Nabelschnur-Tetanus
vor. Symptome des generalisierten Tetanus: Tonuserhöhung der Muskulatur, zuerst der Kaumuskulatur: Mund kann nicht geöffnet werden,
Sprech- und Schluckschwierigkeiten, grinsendes Aussehen (Risus sardonicus) durch Kontraktion der mimischen Muskulatur; Opisthotonus; tonisch-klonische Krämpfe, die durch
optische, akustische und taktile Reize ausgelöst
werden. Das Bewusstsein bleibt ungetrübt. Erstickungstod durch Lähmung von Glottis,
Schlundmuskulatur, Zwerchfell. Beim lokalisierten Tetanus: nur Muskelstarre beim Neugeboreren-Tetanus: Schwäche, Unfähigkeit zu
trinken, später Spasmen.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch kommt eine Strychninvergiftung in Frage.
Clostridium tetani
Labordiagnostik
Keine Daten verfügbar
Tetanus ist vor allem eine klinische Diagnose.
Laboruntersuchungen können ihn weder beweisen noch ausschließen. Prinzipiell ist ein Toxinnachweis im Tierversuch (Maus) möglich,
bleibt aber meist erfolglos. Die kulturelle Anzüchtung des Erregers hat keine Bedeutung.
Morphologie
Therapie
Grampositive, schlanke, lange Stäbchen, beweglich, terminale „auftreibende“ Spore, daher die
Bezeichnung trommelschlegelform.
Wichtig ist eine sorgfältige Wundtoilette. Wenn
der Impfstatus unklar ist, muss auch bei kleinen
Verletzungen so früh wie möglich eine passive
Immunisierung mit 500 Einheiten Tetanus-Antitoxin i.M. und gleichzeitig die aktive Immunisierung durchgeführt werden („Simultanimpfung“). Symptomatische Therapie mit Benzodiazepinen; intensivmedizinische Maßnahmen.
Erregerbezeichnung
Clostridium tetani
Synonym
Taxonomie
Familie:
Gattung:
Bacillaceae
Clostridium (anaerob)
Historie
Tetanus war schon im Altertum bekannt (Berichte aus Ägypten und Griechenland); erste Beschreibung der Stäbchen in menschlichem Untersuchungsmaterial 1886 durch Rosenbach,
Anzüchtung 1889 durch Kitasato; 1890 Toxin132
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Tetanus ist eine Toxiinfektion. Das Toxin (Tetanospasmin) wird nach Infektion der Wunde bei
Coccidioides immitis
der lokalisiert bleibenden Vermehrung der Bakterien gebildet und breitet sich entlang der Nervenbahnen bis zu den Vorderhörnern des Rückenmarks aus. Es blockiert die Freisetzung von
erregungshemmenden Transmittersubstanzen
(Glycin, Gammaaminobuttersäure).
Transmission
Die Sporen von Clostridium tetani dringen über
Wunden in den Körper ein. Auch Bagatellverletzungen können mit Tetanussporen infiziert
sein. Die vegetative Form des Erregers wird
auch durch Tierbisse übertragen.
Vermehrung und Inkubationszeit
Der Erreger vermehrt sich nur an der Eintrittsstelle, das Toxin breitet sich im Körper aus. Die
Inkubationszeit beträgt 4–14 Tage; je kürzer sie
ist, umso schlechter ist die Prognose.
Resistenz
Da eine antibiotische Therapie beim Tetanus
keine Rolle spielt, liegen zu den Resistenzeigenschaften dieses Erregers keine Daten vor.
Immunantwort
Es entwickelt sich eine antitoxische Immunität
aufgrund einer humoralen Immunantwort.
Grundimmunisierung (3 Impfungen im Abstand von 4 Wochen, 4. Impfung nach einem
Jahr) alle 10 Jahre wiederholt werden.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
C
Bei adäquat durchgeführter Impfung sind andere Maßnahmen zur Krankheitsvorbeugung
nicht erforderlich.
Meldepflicht
Es besteht keine Meldepflicht.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Konsiliarlaboratorium für Clostridien: Thüringer Medizinal-, Lebensmittel- und Veterinäruntersuchungsamt (TMLVUA), Herr Dr. habil. H.
P. Schau, Abt. Medizinaluntersuchung Erfurt,
FB Medizinische Mikrobiologie, Nordhäuser
Str. 74, Haus 6; 99089 Erfurt; Tel.: 0361 740910
Schlüsselliteratur
1. Brandis, H., H. J. Eggers, W. Köhler, G. Pulverer (Hrsg)
Lehrbuch der Medizinischen Mikrobiologie 7. Auflage,
Gustav Fischer Verlag Stuttgart 1994
2. Mandell, G. L., J. E. Bennett, R. Dolin (Editors) Principles
and Practice of Infectious Disease 4th ed. Churchill
Livingstone Inc. London 1995
Wirtsbereich
Clostridium tetani kommt im Darm von Tieren,
selten auch des Menschen vor sowie im Boden
und im Staub.
Clostridium welchii
Clostridien der Gasbrand-Gruppe
Risikogruppen
Risikogruppen sind alle nicht oder unvollständig geimpften Menschen.
Epidemiologie
In Deutschland kommt Tetanus wegen des guten Impfstatus der Bevölkerung nur noch selten
vor, in anderen Ländern jedoch auch heute
noch häufig; insbesondere tritt in den Entwicklungsländern Asiens und Afrikas noch der Nabelschnur-Tetanus auf.
Coccidioides brasiliensis
Paracoccidioides brasiliensis
Coccidioides immitis
Erregerbezeichnung
Coccidioides immitis Rixford & Gilchrist 1896
Genetik
Synonym
Keine Daten verfügbar
Posadasia esteriformis, Geotrichum immite, Trichosporon proteolyticum u.a.
Prävention
Die wichtigste Präventionsmaßnahme ist die
aktive Immunisierung. Sie soll nach erfolgter
Morphologie
Dimorph.
133
Coccidioides immitis
Wirtsgewebe. Sphärulen 30–60 µm Durchmesser, nach Reifung vielkernige Sporangiosporen
freisetzend 2–5 µm Durchmesser, die durch
Plasmaportionierung entstehen.
Kultur. 37°C: Wachsartige Kolonien durchsetzt
mit Myzelsektoren. Keine Konversion in die Hefephase auf Herz-Hirn-Agar. 24°C: Watteähnliches, grau-braunes Myzel mit wachsartigen Anteilen. Rückseitig cremefarben, später bräunlich. Hyphen hyalin; jede zweite Zelle wandelt
sich zu Arthrokonidien um, kurz-zylindrisch
bis tonnenförmig, glattwandig, mäßig dickwandig, 3–8×3,5–4,5 µm. An beiden Enden rüschenartige Reste der benachbarten, zugrundegegangenen Disjunktorzellen, die die Verbreitung
durch die Luft begünstigen.
Taxonomie
Klasse:
Ordnung:
Familie:
Gattung:
Hyphomycetes
Onygenales
Onygenaceae
Coccidioides, Teleomorph: Nicht
bekannt.
Historie
Erste Fallberichte aus Argentinien von Posadas
und Wernicke 1892, aus Kalifornien von Rixford
und Thorne 1894. Identifizierung als Pilz durch
Ophuls & Moffitt 1900. Erste Isolierung aus dem
Erdboden durch Stewart & Mayer 1932.
Erkrankungen/Symptome
Synonyme. Coccidioidomykose, San Joaquin
Valley Fever, Wüstengrippe, Wüstenrheumatismus, Posadas-Wernicke-Krankheit.
Primäre pulmonale Form. Einfache „Grippe“
bis schwere Bronchopneumonie mit Pleurabeteiligung, Chronifizierung möglich. Remittierendes Fieber, Schüttelfrost, Unwohlsein, intensive Thoraxschmerzen, Kopfschmerzen, Husten
meist trocken. Gelenkschmerzen seltener, ebenso Erythema nodosum und Erythema multiforme, Urtikaria sowie Konjunktivitis. Meist gutartiger Verlauf mit Ausheilung.
Primäre kutane Form. Selten nach Trauma.
Disseminierte Form. Disseminierung hämatogen aus aktivem, latentem oder residualem
Lungenherd: Hauteffloreszenzen bis zu wu134
cherndem Granulationsgewebe, Abszesse, fistelnde Gummata. Osteo-artikuläre Veränderungen mit Entkalkung und knocheneinschmelzenden, fistelnden Abszessen. ZNS-Befall mit meningitischen Symptomen. Nach
relativ langer Wahrung des Allgemeinzustandes
letaler Ausgang.
Differenzialdiagnose
Pulmonale Form: Infektiöse Lungenerkrankungen, insbesondere Tuberkulose, Histoplasmose,
Blastomykose, Paracoccidioidomykose, Pneumocystis carinii Pneumonie bei AIDS. Tumoren, Erkrankungen des lymphatischen Systems.
Kutane Form: Syphilitische, tuberkulöse, sporotrichöse Ulzera. Disseminierte Form: Systemische, infektiöse, granulomatöse und neoplastische Erkrankungen.
Labordiagnostik
Sicherheitsmaßnahmen beachten, biologische
Sicherheitsstufe III!
Untersuchungsmaterial. Sputum, Bronchialsekret, Magensaft, Eiter, Liquor, Punktate, Biopsiematerial, OP-Material. Verdacht ist zu deklarieren!
Direktmikroskopie. Nachweis von Sphärulen
ist pathognomonisch.
Kultur. 24°C, nach 3–7 d auf Herz-Hirn-Agar
watteartige Myzelkulturen, siehe Morphologie.
37°C: Nach 3–7 d auf Herz-Hirn-Agar lederartige Kulturen, siehe Morphologie.
Serologie. Antikörpernachweis im Konsiliarlabor (KBR im Akutstadium und für Verlaufskontrolle, Immundiffusion, Western blot).
Therapie
Primär pulmonale Form oft selbstlimitierend
und nicht behandlungsbedürftig. Bei chronischem Verlauf: Itraconazol (400 mg/die) oder
Fluconazol (400–800mg/die). Bei schwerem
Verlauf und Disseminierung: Amphotericin B
(1,0–1,5mg/kg/die), zusätzlich Fluconazol bei
ZNS Manifestation. Lebenslange Suppressionstherapie mit Fluconazol (200–400mg/die) für
Immunsupprimierte, besonders HIV+ Patienten.
Coccidioides immitis
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Arthrosporen sind hochinfektiös, Infektion erfolgt bei hoher Erregerdichte in der Luft unabhängig vom Immunstatus. Mit Virulenz assoziierbare Faktoren: Chitinasen (Zellwandlyse bei
Endosporulation),
Ornithindecarboxylasen
(Morphogenese), Proteinasen (Gewebelyse).
Transmission
Inhalation bodenbürtiger Arthrokonidien. Inokulation der Sporen in die Haut durch Mikrotrauma selten. Keine Übertragung von Mensch
zu Mensch. Laborinfektion durch kultivierte
Sporen bei Nichtbeachtung der Sicherheitsbestimmungen.
Genetik
Coccidioides immitis hat eine Genomgröße von
ca. 28 Mb; 4 Chromosomen. Ein sexueller Vermehrungszyklus ist nicht bekannt.
◗ Coccidioides immitis Gen für Chitin Synthase
(chs1): AJ292088 bis 89
◗ Coccidioides immitis Gen (pyrG) für Orotidin 5'-monophosphat Decarboxylase
(OMPD): AJ292100
◗ Coccidioides immitis Komplementfixation/
Chitinase Antigen mRNA: U33265
◗ Coccidioides immitis Chitin Synthase Klasse I
u. II (CHS3 u. 2) Gen, partial cds: U60212 u.
U60213
◗ Coccidioides immitis mRNA für 34 kD Chymotrypsin-like Serin Proteinase: X63114
Prävention
Vermehrung und Inkubationszeit
Inkubationszeit 1–4 Wochen.
Resistenz
Arthrokonidien überleben bei extremer Hitze
und Trockenheit jahrelang im Erdboden und
tolerieren hohe Salzkonzentrationen. Inaktivierung 15 min bei 121°C.
Immunantwort
Zellwandantigene induzieren humorale und
zelluläre Immunantwort. Nach überstandener
Infektion lebenslange Immunität, Reaktivierung alter, nicht austherapierter Herde bei eintretender Immunschwäche möglich. Coccidioidin-Hauttest induziert Antikörperproduktion.
Wirtsbereich
Mensch, Haus-, Wild- und Zootiere, Seeottern.
Risikogruppen
Aufenthalt in Endemiegebieten (Landarbeiter,
Archäologen, Touristen), besonders bei Sandstürmen. Immunsupprimierte Patienten, insbesondere AIDS Patienten zeigen schwere Verläufe.
Epidemiologie
Streng umschriebene Endemiegebiete: Wüsten
im Südwesten der USA (St. Joaquin-Valley/Kalifornien), Mexiko, Venezuela, Paraguay, Argentinien. Inzidenz ca. 15 Fälle pro 100.000 Einwohner in Arizona. Bis 50% der Bewohner von Endemiegebieten zeigen positiven Hauttest.
Meidung von Endemiegebieten, Mundschutz
bei Erdarbeiten. Bei Hochrisikopatienten in Endemiegebieten mit CD4+ Zellen <250/µl ist Itraconazol als Prophylaxe erwägenswert.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Nationales Surveillance (NETSS) seit 1995 in
den USA. Feststellung des Durchseuchungsgrades in Endemiegebieten mit Coccidioidin-Hauttest.
Meldepflicht
Keine.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
◗ Konsiliarlabor: Robert-Koch-Institut, Nordufer 20, FG212, D-13353 Berlin:
http://yellow-fever.rki.de/INFEKT/STECKBRF/
STBR.HTM
◗ National Centers for Disease Control, Mycotic Diseases Branch, Atlanta, GA 30333, USA.
◗ Centers for disease control:
http://www.cdc.gov/ncidod/dbmd/
diseaseinfo/coccidioidomycosist.htm
◗ Links to further information:
http://www.astdhpphe.org/infect/
valley.html,
http://vfce.arl.arizona.edu/vermain.htm
◗ HIV-Infektion und Coccidioidomykose: University of California San Francisco and San
Francisco General Hospital:
http://hivinsite.ucsf.edu
135
C
Cohnistreptothrix israeli
Schlüsselliteratur
1. Kwong-Chung, KJ & Bennett, JW. 1992, Medical Mycology.
Lea & Febiger, Philadelphia. 356 pp. De Hoog GS, Guarro J
1995. Atlas of Clinical Fungi, p. 122. CBS, Baarn.
2. Müller, J. 1992. Dimorphe Pilze. In: Burkhardt F. (Ed.):
Mikrobiologische Diagnostik. G. Thieme Verlag, Stuttgart,
New York, pp. 478–486.
3. Kappe, R. & Seeliger, HPR. 1993. Chapter 10: Serodiagnosis
of deep-seated fungal infections. In: Borgers M, Hay R &
Rinaldi MG (Eds.): Current topics in medical mycology,
Vol V, Prous Science, Barcelona, Spain, pp. 247–280.
4. Galgiani, JN. 1999. Coccidioidomycosis: a regional disease
of national importance. Rethinking approaches for
control. Ann Intern Med. 130, 293–300.
Cohnistreptothrix israeli
Aktinomyzeten mit fermentativem Kohlenhydratmetabolismus
Colorado Tick Fever Virus
Coltiviren
Coltiviren
Erregerbezeichnung
Colorado Tick Fever Virus
Synonym
Die Morphogenese und Ausbildung neuer Viruspartikel findet im Zytoplasma der infizierten
Zelle statt, was an den Einschlusskörperchen zu
erkennen ist. Diese Einschlusskörper sind Orte
der Virusreplikation und des Zusammenbaus
von neuen Viruspartikeln. Das virale Genom
besteht aus zwölf doppelsträngigen RNA Segmenten.
Taxonomie
Aufgrund morphologischer, serologischer und
physikochemischer Eigenschaften dieser Virusgruppe wurde das Genus Coltivirus eingeführt.
Im Gegensatz zu anderen Reoviren sind Coltiviren relativ labil gegenüber Säuren. Die Einführung eines neuen Genus innerhalb der Familie
Reoviridae wird auch durch die Übertragung
dieser Viren durch Arthropoden untermauert.
Coltiviren werden in 13 verschiedene Serogruppen eingeteilt, diese Serogruppen werden nochmals in verschiedene Serotypen untergliedert.
Als wichtigste Serogruppen sind hier das humanpathogene Colorado Tick Fever Virus und
das Eyach Virus zu nennen.
Historie
Ursprünglich wurde diese Gruppe von Reoviren
als Arboviren klassifiziert, weil sie von Arthropoden übertragen werden. Allerdings unterscheiden sie sich stark von Arboviren in ihrer
Resistenz gegen organische Lösungsmittel.
Ein Synonym ist nicht bekannt.
Erkrankungen/Symptome
Morphologie
Coltiviren sind sphärische Partikel mit ikosaedrischer Symmetrie, ihr Durchmesser liegt bei
ca. 60–80 nm. Das Virion besteht aus einer äußeren Hülle und einem inneren Core. Dieses
Core besteht aus den fünf Proteinen VP 1, VP 3,
VP 4, VP 6 und VP 7. Das Nukleokapsid ist von
einer diffusen Proteinschicht aus VP 2 und VP 5
umgeben. Dieses äußere Kapsid besitzt keine
klaren morphologische Untereinheiten. Der
Durchmesser des Colorado Tick Fever Virus beträgt 80 nm bei negativer Färbung, die Kapsomere sind bei dieser Art der Darstellung ringförmig angeordnet. Die äußere Kapsidhülle ist
eine diffuse Schicht, die im Vergleich zu anderen Reoviren eher zerbrechlich wirkt. Coltiviren
ähneln in ihrer Morphologie stark den Reoviren, d.h. sie besitzen kein Envelope, aber ein
segmentiertes doppelsträngiges RNA Genom.
136
Coltiviren sind in der Natur sehr weit verbreitet
und wurden von vielen Tierspezies und dem
Menschen isoliert. Sie werden durch Zecken,
Stechmücken und Culiciden übertragen und replizieren auch in diesen Vektoren. Das Colorado Tick Fever Virus (CTFV) ist der humanpathogene Vertreter der Coltiviren. CTFV verursacht eine febrile Erkrankung und Enzephalitis
beim Menschen. Dermacentor andersoni ist die
Zecke, die dieses Virus in den Rocky Mountains
und in Nordwestkanada überträgt.
Die Krankheit, die durch das Colorado Tick Fever Virus beim Menschen hervorgerufen wird,
wird wegen der recht unspezifischen Symptome
auch als Bergfieber bezeichnet und wird immer
noch mit einer Anzahl von anderen Erkrankungen verwechselt. Zu Beginn dieses Jahrhunderts
beschrieben Ärzte in Montana und Colorado
eine mild verlaufende Krankheit ohne Aus-
Coltiviren
schlag, die dort nach Zeckenstich auftrat. Erst
1930 beschrieb Becker das Colorado Tick Fieber.
Florio isolierte das Virus 1944 aus menschlichem Blut. Dieser Virusstamm ist der Prototyp
des Colorado Tick Fever Virus. Freiwillige wurden mit Seren von infizierten Personen inokuliert und zeigten die gleiche Symptomatik wie
natürlich infizierte Personen. Danach wurde
das Virus an Mäusen und Hühnerembryonen
adaptiert und konnte durch Inokulation von
Babymäusen isoliert werden.
Die Krankheit beginnt mit Fieber, Schüttelfrost,
Kopfschmerz, Myalgien und Photophobie, unter Umständen Diarrhö. Die akute Krankheitsphase dauert fünf bis zehn Tage.
Differenzialdiagnose
Das Colorado Tick Fieber kann wegen der Übertragung durch Zecken mit einer Lyme Borreliose verwechselt werden. Bei europäischen Formen der Infektion kommt differenzialdiagnostisch eine Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) in Betracht.
Labordiagnostik
Das Colorado Tick Fever Virus kann leicht aus
infizierten Patienten isoliert werden. Infektiöses Virus ist in zirkulierenden Erythrozyten
nachweisbar. Das am besten geeignete Untersuchungsmaterial ist Heparinblut, da das Virus
zellassoziiert ist. Erythrozyten müssen vor einer
Untersuchung gut gewaschen werden, um sie
vom Serum und den darin enthaltenen Antikörpern zu befreien. Die Probe sollte gekühlt transportiert und gelagert werden, Einfrieren ist zu
vermeiden. Das sensitivste Nachweissystem zur
Isolierung des Virus ist die intrazerebrale Inokulation von Babymäusen. Ein Antigennachweis mittels Immunfluoreszenz ist auch möglich. Zum serologischen Nachweis einer Colorado Tick Fieber Infektion werden die Komplementbindungsreaktion und der IgM-Nachweis
eingesetzt. Komplementbindende Antikörper
werden bei einem Viertel der Patienten nicht gebildet. Neutralisierende Antikörper werden
spät, d.h. etwa zwei bis drei Wochen nach Beginn der Symptomatik gebildet. Infizierte Verooder BHK-21-Zellen werden zum Nachweis von
Antikörpern gegen das CTFV in der Immunfluoreszenz benutzt. Die IgM-Antikörperantwort, die ca. vier bis fünf Wochen nach der In-
fektion ihren höchsten Titer erreicht, wird im
ELISA gemessen.
Therapie
Es gibt keine spezifische Behandlung. Eine Therapie kann daher nur die Senkung des Fiebers
und das Lindern der Schmerzen zum Ziel haben. Ribavirin inhibiert das Wachstum des
CTFV in Zellkultur und schützt Mäuse gegen
eine Infektion durch intrazerebrale Inokulation.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
CTFV verursacht eine febrile Erkrankung und
Enzephalitis beim Menschen. Über die Pathologie beim Menschen ist nur sehr wenig bekannt.
Leukopenie mit einer Abnahme von Granulozyten und Lymphozyten sowie Thrombozytopenie sind die häufigsten hämatologischen Veränderungen. Zwei fatale Fälle mit Enzephalitis und
Nierenversagen mit Hämorrhagien wurden bei
Kindern berichtet. Symptome waren hier Petechien der Haut, Schwellen des Endothels sowie
Nekrosen der Leber, Milz und des Gehirns.
Transmission
Coltiviren werden durch Zecken, Stechmücken
und Culiciden übertragen und replizieren auch
in diesen Vektoren. Dermacentor andersoni ist
die Zecke, die dieses Virus in den Rocky Mountains und in Nordwestkanada auf den Menschen überträgt. Es wurde ein Fall berichtet, bei
dem eine Person über eine Bluttransfusion infiziert wurde. Ixodes ricinus ist der Vektor für das
Eyach Virus, eine spezifische Serogruppe der
Coltiviren, die in Frankreich und Deutschland
nachgewiesen wurde.
Vermehrung und Inkubationszeit
Infektionen mit dem Colorado Tick Fever Virus
sind mit einer Virämie assoziiert, die mehrere
Monate dauern kann. Das Virus befindet sich in
Erythrozyten und ist somit für eine Immunantwort schlecht zugänglich. Die Morphogenese
und Ausbildung neuer Viruspartikel findet im
Zytoplasma der infizierten Zelle statt, was an
den Einschlusskörperchen zu erkennen ist. Diese Einschlusskörper sind Orte der Virusreplikation und des Zusammenbaus von neuen Vi137
C
Coltiviren
Da keine antivirale Therapie existiert, sind keine Angaben zur Resistenz gegen Virostatika
möglich.
verbreitet sind als bisher angenommen. Bei Personen in Südkorea wurden ebenfalls neutralisierende Antikörper gegen CTFV nachgewiesen. Das Colorado Tick Fieber tritt vor allem
zwischen April und Juli auf. Im Mai und Juni,
wenn die adulten Zecken am aktivsten sind, ist
die Inzidenz am höchsten.
Immunantwort
Genetik
ruspartikeln. Die Inkubationszeit beträgt ungefähr vier Tage.
Resistenz
Patienten mit CTF zeigen eine verminderte Produktion des koloniestimulierenden Faktors, der
zirkulierende Inhibitor könnte Interferon sein.
Ein großer Teil der CTF Patienten haben einen
hohen Spiegel an zirkulierendem Interferon-alpha während der ersten zehn Tage der Erkrankung. Der Interferonspiegel korreliert mit dem
Fieber aber nicht mit der Häufigkeit oder dem
Schweregrad der Symptome. Komplementbindende und neutralisierende Antikörper werden
spät, d.h. etwa zwei bis drei Wochen nach Beginn der Symptomatik gebildet.
Wirtsbereich
Coltiviren sind in der Natur sehr weit verbreitet
und wurden von vielen Tierspezies und dem
Menschen isoliert. Sie werden durch Zecken,
Stechmücken und Culiciden übertragen und replizieren auch in diesen Vektoren. Das Colorado Tick Fever Virus ist der humanpathogene
Vertreter der Coltiviren.
Risikogruppen
Insbesondere Personen, die sich häufig im Freien in den Rocky Mountains und im Nordwesten
Kanadas aufhalten, sind durch die vermehrte
Exposition zu infizierten Zecken stärker gefährdet. Hierzu zählen in erster Linie Jäger, Camper
und Bergsteiger. Über 70% der Colorado Tick
Fieber Fälle werden bei Erwachsenen verzeichnet, die höchste Inzidenz liegt in der Altersgruppe von 20–29 Jahren. Unter den Infizierten sind
etwa dreimal mehr Männer als Frauen.
Coltiviren besitzen in der Regel zwölf doppelsträngige RNA Moleküle, das Genom des CTFV
hat eine Masse von 18×106 Dalton und ist damit
größer als das Genom anderer Reoviren. Sieben
Polypeptide wurden in gereinigten Virionen
nachgewiesen. VP 2 und VP 5 bilden das äußere
Kapsid, das Core besteht aus den beiden Hauptproteinen VP 3 und VP 7 und den drei Proteinen
VP 1, VP 4 und VP 6, die mengenmäßig weniger
stark vertreten sind. Durch Entfernen der beiden Proteine VP 2 und VP 5 wird das Core freigelegt und die virale RNA-abhängige RNA-Polymerase aktiviert.
Accession No. der Nukleinsäuresequenz des
CTFV: Segment 9: AF007172, Segment 10:
AF000720
Prävention
Der beste Schutz gegen eine Infektion durch das
CTFV ist das Tragen einer sachgemäßen Bekleidung für diejenigen Personen, die häufig in den
genannten Gebieten diesen Zecken exponiert
sind. Dieser Personenkreis sollte auf jeden Fall
darauf achten, dass Zecken, die sich auf der
Haut anheften, sofort entfernt werden.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Mit Formalin inaktiviertes Virus, das in Mäusehirnen angezüchtet wurde, induzierte bei
Freiwilligen einen lang anhaltenden Schutz. Die
Entwicklung einer Vakzine wurde aber nicht
weiter verfolgt.
Epidemiologie
Das Colorado Tick Fieber Virus kommt in den
Rocky Mountains und im Nordwesten Kanadas
in einer Höhe zwischen 1000 und 3000 m vor.
Dies entspricht der natürlichen Verbreitung des
Vektors, Dermacentor andersoni. Da das Eyach
Virus, eine bestimmte Serogruppe der Coltiviren, auch in Europa nachgewiesen wurde, liegt
die Vermutung nahe, dass diese Erreger mehr
138
Meldepflicht
Nach dem Infektionsschutzgesetz besteht keine
Meldepflicht.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Ein Referenzzentrum für Coltivirus in der Bundesrepublik Deutschland ist nicht bekannt.
Conidiobolus
Web-Adresse:
http://www.iah.bbsrc.ac.uk/virus/Reoviridae/
Schlüsselliteratur
1. Roy, P. Orbiviruses and their replication. In Fields, B.N.,
Knipe, D.M., Howley, P.M. Virology, Raven-Lippincott
Publishers, Philadelpia, New York 1995, 1709–1734.
Conidiobolus
sennebenhöhlen und Pharynx aus. Die Erkrankung kann mit nasalen Symptomen oder einem
Knoten in der Nasenhaut in Erscheinung treten.
Das häufigste nasale Symptom ist Obstruktion,
aber auch Rhinorrhoe und Epistaxis können
auftreten. Wie bei der Basidiobolomykose
bleibt auch hier der Knochen verschont und die
Haut intakt. Eine hämatogene Aussaat ist sehr
selten, der Allgemeinzustand bleibt unbeeinträchtigt.
Erregerbezeichnungen
Differenzialdiagnose
Conidiobolus coronatus, Conidiobolus incongruus.
Histologisch kein Unterschied zur Basidiobolomykose.
Synonym
Labordiagnostik
C. coronatus: Boudierella coronata, Delacroixia
coronata, Entomophthora coronata.
Röntgenaufnahmen der Nasennebenhöhlen zeigen das Ausmaß des Befalls dieser Region. Rhinoskopie mit Biopsie oder Hautbiopsie sind die
angezeigten diagnostischen Maßnahmen. Histopathologie: Färbung mit Hämatoxilin und
Eosin sowie mit Perjodsäure-Schiff-Reagenz
(PAS). Die Kultur erfolgt auf Sabouraud-Glucose-Agar bei 37°C mit einer Woche Bebrütungszeit.
Es gibt keine serologischen Tests.
Morphologie
Wirtsgewebe (Nasenschleimhaut). Selten septiertes Myzel, rechtwinklige Verzweigungen,
wie Basidiobolomykose.
Kultur. Kolonie: Raumgreifend, hyalin, bald
mit unregelmäßigen radialen Ausblühungen.
Mikroskopisch: Hyphen 6–15 µm breit. Sporophoren 60–90 µm hoch, basales Septum, sich
zur Spitze hin leicht verjüngend, apikale Produktion einzelner Konidiosporen. Primäre Sporen 40 µm groß, mit herausragender, warzenförmiger Basis, später haarähnliche Anhängsel
ausbildend. Die Konidien werden aktiv in Richtung von Lichtquellen abgestoßen.
Therapie
Die Therapie der Wahl ist Itraconazol, 400mg
pro Tag per os, über mehrere Monate. Submucosektomie schafft nur zeitweilige Erleichterung.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Taxonomie
Abteilung:
Klasse:
Ordnung:
Familie:
Gattung:
Zygomycota
Zygomycetes
Entomophthorales
Entomophthoraceae
Conidiobolus
Eingeordnet in Risikogruppe 2. Ansonsten keine Daten verfügbar.
Transmission
Inhalierte Sporen von Conidiobolus spp. penetrieren traumatisch veränderte Nasenschleimhaut.
Historie
Die erste humane Conidiobolomykose wurde
1965 von Bras et al. bei einem Mann aus der Karibik berichtet.
Vermehrung und Inkubationszeit
Keine Daten verfügbar.
Resistenz
Erkrankungen/Symptome
Flucytosin und Fluconazol sind unwirksam.
Die Infektion beginnt in der Submukosa der
Nase und breitet sich nach beiden Seiten auf die
Haut von Nase, Glabella, Wange, Oberlippe, Na-
Immunantwort
Keine Daten verfügbar.
139
C
Conidiobolus coronatus
Wirtsbereich
Conidiobolus-Arten kommen in abgestorbener
Vegetation und im Erdboden vor. Conidiobolus
coronatus wurde in Insekten und im Darminhalt von Eidechsen und Kröten gefunden. Nasale Infektionen wurden auch bei Pferden, Hunden und Wild beschrieben.
Risikogruppen
Im Gegensatz zur Basidiobolomykose sind
überwiegend männliche Erwachsene betroffen.
Es sind keine prädisponierenden Grunderkrankungen oder berufliche Risikofaktoren bekannt. Insbesondere haben die Patienten keine
Anamnese einer allergischen Rhinitis.
Epidemiologie
Bis 1977 wurden mehr als 55 Fälle von Conidiobolomykose beschrieben. Geographische Verbreitung: Zentralamerika, Äquatorialafrika, Indien.
Genetik
Conidiobolus spp. sind eukaryonte Organismen, über deren Genomgröße und Chromosomenzahl noch keine Daten vorliegen. Es sind
bisher nur Teile der Genome sequenziert. Für
die taxonomische Einordnung wichtige Sequenzen sind: C. coronatus: D29947 (Sequenz des 18S
ribosomalen RNA Gens); AJ345094 (18S, 5,8S,
28S rRNA-Gen, interne transkribierte Spacer 1
und 2). C. incongruus: AF113457 (partielle Sequenz des 28S rRNA-Gens), AF113419 (partielle
Sequenz des 18S rRNA-Gens). Proteinsequenzen sind nur bei C. coronatus bekannt:
AAF14274 und AAF14273 (Beta-Tubuline 1 und
2).
Humangenetik, Abteilung Mykologie, GeorgAugust-Universität, Kreuzbergring 57, 37075
Göttingen.
◗ National Center of Biotechnology Information: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/
Schlüsselliteratur
1. De Hoog GS, Guarro J, Gene J, Figuera MJ. 2000. Atlas of
Clinical Fungi, 2nd ed. Conidiobulus, pp. 118–122.
Centraalbureau voor Schimmelcultures, Utrecht.
2. Walsh TJ, Renshaw G, Andrews J, Kwon-Chung J, Cunnion
RC, Pass HI, Taubenberger J, Wilson W, Pizzo PA. 1994.
Invasive zygomycosis due to Conidiobolus incongruus.
Clin Infect Dis 19: 423–30.
3. Drouhet E, Ravisse P. 1993. Entomophthoromycosis. In:
Borgers M, Hay R, Rinaldi MG (eds): Current topics in
medical mycology, chapter 9, pp. 215–245. Prous Science
Publ, Barcelona, Spanien.
4. Kwon-Chung KJ, Bennett JE. 1992. Medical Mycology, 2nd
ed, chapter 17: Entomophthoramycosis, pp. 447–463. Lea &
Febiger, Philadelphia, London.
Conidiobolus coronatus
Conidiobolus
Cordylobia anthropophaga
Fliegenmaden
Coronavirus, humanpathogenes
Erregerbezeichnung
Humanpathogene Coronaviren HCoV-229E
und HCoV-OC43
SARS-CoV
Prävention
Synonym
Keine Daten verfügbar.
Keine gebräuchlich.
Urbani-Virus.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Keine Daten verfügbar.
Meldepflicht
Nicht meldepflichtig.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
◗ Expertenlaboratorium für Zygomyzeten:
Prof. Dr. R. Rüchel, Zentrum für Hygiene und
140
Morphologie
Die Virionen von Coronaviren sind umhüllt,
von pleomorpher, in der Regel spärischer
Struktur (120–160 nm). Das virale Genom (ssRNA, Plus-Strang, ca. 30 kb) bildet mit dem viralen Nukleokapsidprotein (N) ein helikales
Nukleokapsid. Mit der Virushülle sind zwei bis
vier Proteine assoziiert, das S-Protein, das sich
zu trommelschlegelförmigen Oligomeren assoziiert, das M-Protein, und bei verschiedenen
Coronavirus, humanpathogenes
Spezies und Serotypen (z.B. HCoV-OC43) das
Hemagglutinin-Esterase-Protein.
Taxonomie
Genus Coronavirus in der Familie Coronaviridae; als Mitglieder der Ordnung Nidovirales
klassifiziert. Spezies: zwei humanpathogene Serotypen HCoV-229E und HCoV-OC43. Als TypSpezies gilt das Coronavirus der Aviären infektiösen Bronchitis (IBV).
SARS-CoV ist mit dem „severe acute respiratory
syndrome“ assoziiert und stellt eine neue, eigenständige Spezies dar.
Historie
Erstbeschreibung animaler Coronaviren (IBV)
durch Schalk und Hawn (1931), Erstisolation
durch Beaudette und Hudson. Erstbeschreibung humanpathogener Coronaviren (B814)
durch Tyrrell und Bynoe (1965), Erstisolation
und Kultivierung durch Hamre und Procknow
(1967). Klassifikation als Coronaviridae aufgrund der Morphologie und der charakteristischen Anordnung von Oligomeren des S-Glykoproteins (ähnlich der solaren „Korona“). Die
Genome der Prototypen sind mittlerweile sequenziert durch Herold und Mitarbeiter (1993).
SARS-CoV wurde erstmals 2003 isoliert und sequenziert. Das Virus konnte charakterisiert
werden, nachdem Tausende von Patienten am
SAR-Syndrom im Rahmen einer ersten Epidemiewelle erkrankten und Hunderte verstarben.
Das Tierreservoir ist nicht bekannt.
Erkrankungen/Symptome
HCoV-229E und HCoV-OC43 führen zu akuten
Erkrankungen des oberen Respirationstraktes,
die saisonal gehäuft im Winter und Frühjahr als
banale Erkältungskrankheiten auftreten. Je
nach Erhebung wird davon ausgegangen, dass
10–25% aller Erkältungskrankheiten durch Coronaviren hervorgerufen werden. Als Komplikationen sind Erkrankungen des unteren Respirationstraktes, Bronchitis, sowie Pneumonien
bei Kindern beschrieben. Letzteres kann ebenso
wie Myokarditis bei Immunsupprimierten auftreten. Die Beteiligung von Coronaviren an enterischen Infektionen beim Menschen wird sehr
kontrovers diskutiert. Coronavirus-Like-Particles (CVLP) findet man in den Fäzes von Diarrhö-Patienten ebenso wie bei Gesunden. Gelegentlich treten bei Säuglingen und Kleinkindern
Gastroenteritiden, bei Neugeborenen nekrotisierende Enterocolitiden auf. Eine ätiologische
Rolle von Coronaviren bei der Entstehung neurologischer Erkrankungen, u.a. der Multiplen
Sklerose, wird ebenfalls kontrovers diskutiert;
Vermutungen hierauf stützen sich vor allem auf
die Beobachtung von Demyelierungen, hervorgerufen durch das Maus Hepatitis Virus nach
Infektionen in der Maus. Aus dem Hirn einiger
MS-Patienten konnte Humanes Coronavirus
isoliert, oder CVLP durch Elektronenmikroskopie dargestellt werden.
Das Auftreten des SAR-Syndroms wurde 2003
erstmals beschrieben. Die Patienten erkranken
an einer viralen Pneumonie, die mit Fieber,
trockenem Husten, Kurzatmigkeit und Hypoxämie einhergeht.
SARS-Symptome treten nach einer Inkubationszeit von 2–10 Tagen auf. Prodromale Anzeichen, wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen,
Abgeschlagenheit, Myalgien, treten zu Beginn
der Erkrankung auf, ebenso wie milde respiratorische Symptome und vereinzelt Diarrhöen
während der frühen febrilen Phase. Die Falldefinition für den Verdacht auf ein schweres akutes respiratorisches Syndrom unklarer Ursache
(SARS) ist nach WHO-Kriterien erfüllt, wenn
Fieber oberhalb 38˚C feststellbar ist, der Erkrankungsbeginn nach dem 1. Februar 2003 datiert,
mindestens ein respiratorisches Symptom auftritt, enger Kontakt innerhalb von 10 Tagen vor
Beginn der Symptome mit einem wahrscheinlichen Fall von SARS, oder Aufenthalt in einer
Region mit gehäuftem Auftreten von SARS gegeben ist. Ein wahrscheinlicher Fall von SARS
ist gegeben, wenn die Kriterien für einen Verdacht erfüllt sind und ein Röntgenbefund auf
eine Pneumonie oder ein aktues Atemnotsyndrom (ARDS) hinweist; ferner, wenn eine ungeklärte Atemwegserkrankung mit Todesfolge,
oder ein Autopsiebefund mit Hinweisen auf ein
akutes Atemnotsyndrom vorliegt. Etwa 90% der
infizierten Personen mit SARS erholen sich innerhalb einer Woche nach Krankheitsbeginn.
Die Mortalitätsrate beträgt ca. 5%.
Differenzialdiagnose
Die Symptomatik und der klinische Verlauf einer respiratorischen Coronavirus Infektion ähnelt stark einer solchen mit Rhinoviren und anderer Erreger des oberen Respirationstraktes
und kann durch klinische Diagnostik nicht klar
141
C
Coronavirus, humanpathogenes
differenziert werden. Die Inkubationszeit ist
mit 2–5 Tagen geringfügig länger als die von
Rhinoviren, die Dauer der Erkrankung ist mit
2–20 Tagen vergleichbar. Allgemein können
Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, Husten,
Schnupfen, rauer Hals, Halsschmerzen, Schüttelfrost, vereinzelt Fieber auftreten. Ein schwererer Verlauf der Erkältungskrankheit ist in 5–
10% der Fälle beobachtbar. Eine Beteiligung des
unteren Respirationstraktes wird nur selten beobachtet. Ein schwererer Verlauf chronischer
Bronchitiden bei Erwachsenen und die Induktion von Asthmaanfällen bei Kindern kann infolge einer akuten Coronavirusinfektion beobachtet werden.
Labordiagnostik
Aufgrund des überwiegend leichten Verlaufs
der Erkrankungen erfolgt in der Regel keine Labordiagnose. Für die Diagnostik stehen Hämagglutinationshemmtest (cave: erfasst nur HCVStämme mit Hämagglutinin) und KomplementBindungsreaktions-Test zur Verfügung. Die Virusanzucht ist in der Regel für die diagnostische
Routine zu aufwändig und schwierig. Im Stuhl
können Coronavirus-Partikel mit dem EM
nachgewiesen werden. Der Nachweis von Antigen aus Nasensekret und Rachenspülwasser
kann durch EIA erfolgen. Ein marktfähiger ELISA-Test für die Routine-Diagnostik zum Nachweis von Antigen im Rachen oder Bronchialsekret ist zurzeit nicht verfügbar. Ebenso wenig ist
ein Immuno-Fluoreszenztest kommerziell verfügbar. Ein Nachweis über RT-PCR und nested
RT-PCR oder quantitative PCR ist möglich, in
der Regel jedoch zu aufwändig.
Zum Nachweis von SARS-CoV werden gegenwärtig kommerzielle serologische und molekularbiologische Tests bereitgestellt. ELISA-Tests
erlauben den Nachweis einer SARS-Erkrankung
etwa drei Wochen nach Krankheitsbeginn. Der
molekularbiologische Nachweis des SARS-Erregers ist innerhalb der ersten 10 Tage nach Beginn der Erkrankung mittels nested RT-PCR
möglich. Dabei findet das vom BernhardNocht-Institut, Hamburg veröffentlichte Protokoll zum Nachweis von SARS-CoV breite Verwendung. Während der akuten Phase der Erkrankung ist in etwa 50% der Fälle eine Leukopenie und Thrombozytopenie nachweisbar. Erhöhte Werte der Kreatin-Phosphokinase und
der Transaminasen sind oft während der frühen
142
respiratorischen Phase der Erkrankung feststellbar.
Therapie
Die respiratorischen Erkrankungen nach Coronavirusinfektion verlaufen in der Regel mild,
sodass sich therapeutische Maßnahmen erübrigen. Bei schwereren Verläufen erfolgt die Therapie symptomatisch, die Gabe von Analgetika
sollte sparsam erfolgen. Maßnahmen, die den
Sekretfluss fördern und zum Abschwellen der
Nasenschleimhäute führen, sind empfehlenswert. Die Therapie von SARS erfolgt symptomatisch – unter Kontrolle der Blutgaswerte. Bei einem Teil (10–20%) der Erkrankten ist Intubation erforderlich. Zusätzlich werden Antibiotika,
antivirale Agenzien, wie Oseltamivir und Ribavirin, sowie Steroide, auch in Kombination mit
antiviralen Agenzien, eingesetzt. Die Effizienz
dieser Therapiemaßnahmen wird unterschiedlich eingeschätzt.
Spezifische Merkmale
Coronaviren sind weltweit bei einer Vielzahl
von Säugern nachgewiesen worden. Sie zeichnen sich durch strenge Wirtsspezifität aus und
verursachen eine Vielzahl respiratorischer Erkrankungen, Enteritiden, Hepatitiden und neurologischer Erkrankungen. Das Genom ist eine
positiv-Strang RNA mit Cap und und Polyadenylierung, die per se infektiös ist. Die Genome
verschiedener Coronaviren sind gut charakterisiert. Für die Transkription wird die genomische RNA durch die virale RNA abhängige
RNA-Polymerase im Zytoplasma in negativStrang RNA umgeschrieben, die als Matrize für
die m-RNAs der jeweiligen viralen Gene dient.
Die Struktur des Virions wird durch vier Proteine determiniert, dem N-Protein, ein Phosphoprotein (50–60 kDa), das mit der genomischen
viralen RNA assoziiert ist, dem S-Glykoprotein,
das sich, wie erwähnt zu Oligomeren aggregiert
und die Coronastruktur ausprägt, das M-Protein, das eine dominante Rolle bei der intrazellulären Virusreifung innehat, vor allem bei der
Passsage durch das Endoplasmatische Retikulum und den Golgiapparat (Cisternae). Die Virusfreisetzung erfolgt durch Exozytose.
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Coronaviren werden über den Respirationstrakt verbreitet. Zellen, wie respiratorische, in-
Coronavirus, humanpathogenes
testinale und myelotische Zellen, die an der apikalen Seite die humane Aminopeptidase N exprimieren, sind suszeptibel für das HCoV-229E. Mehr als 50 Prozent der Infizierten entwickeln klinische Symptome. Exazerbationen
während des klinischen Verlaufs sind bei Immunkompetenten selten. Reinfektionen treten
häufig, bedingt durch die große genetische Variabilität der humanpathogenen CoV auf. Die
Pathogenese von SARS-CoV ist noch unklar.
Die Morbilität und Mortalität des SARS betrug
bei Redaktionsschluß des Lexikons am 21. April
2003 allein in Hong Kong 1402 zu 94.
Transmission
Die Transmission erfolgt durch Aerosole bzw.
Tröpfcheninfektion. Bei SARS wird auch die
Übertragung durch Schmierinfektionen und
verunreinigtes Wasser nicht ausgeschlossen.
Vermehrung und Inkubationszeit
Das Virus repliziert in den Epithelialzellen des
oberen Respirationstraktes und verbreitet sich
von dort bis in den enterischen Trakt, die Inkubationszeit beträgt 2–5 Tage. In der Regel ist 4–
6 Tage nach Auftreten klinischer Symptome
kein Virus in den Sekreten des respiratorischen
Apparates mehr nachweisbar.
Resistenz
Isolate humanpathogener Coronaviren unterschiedlicher Herkunft zeigen starke genetische
Variabilität, sodass nur ein zeitlich sehr begrenzter Schutz durch neutralisierende Antikörper gegen den jeweiligen identischen Serotyp gegeben ist.
Immunantwort
Mehr als 80 Prozent der infizierten Personen
entwickelten neutralisierende Antikörper, davon sind 60 Prozent erneut mit dem gleichen
Virus reinfizierbar. Eine verringerte Sekretion
von Interferon-alpha scheint eine erhöhte Suszeptibilität gegenüber Neuinfektionen zu bedingen.
Wirtsbereich
Coronaviren sind Spezies-spezifisch, eine Übertragung auf andere Spezies ist bisher nicht beobachtet worden.
Bei SARS-CoV wird vermutet, dass der Erreger
mutiert und aus dem Tierreich auf den Men-
schen übertragen worden ist. Das Tierreservoir
ist noch unbekannt. Phylogenetisch steht der
neue Erreger aviären Coronaviren am nächsten.
Risikogruppen
Erkrankungen treten bei Personen aller Bevölkerungsschichten und jeden Alters auf. Komplikationen nach Coronavirusinfektionen treten
selten, aber gehäuft bei Kindern, älteren Personen, sowie Personen mit unzureichendem Immunstatus auf.
SARS-Infektionen sind bisher überwiegend bei
Erwachsenen aufgetreten. Risikopatienten sind
vor allem Diabetiker, Immunsupprimierte und
Menschen mit koronarer Grunderkrankung.
Epidemiologie
Coronaviren sind weltweit verbreitet. Die Seroprävalenz in der Bevölkerung in gemäßigten
Zonen ist geringfügig höher gegenüber der in
wärmeren Regionen. Je nach untersuchter Population sind 20–80% der Bevölkerung weltweit
seropositiv für Antikörper gegen Coronaviren.
Für verschiedene Coronavirus-Serotypen kann
mehr oder weniger ausgeprägt ein 2-Jahres-Zyklus mit hohem Auftreten von Infektionen beobachtet werden. Coronavirusinfektionen treten saisonal gehäuft während der kalten Jahreszeit auf.
SARS-CoV ist wahrscheinlich Ende 2002 in China zum ersten Mal aufgetreten. Als epidemiologische Schwerpunkte gelten bisher China (Hong
Kong, Guangdong, Peking), Singapur, Kanada
(Ontario). Bisher wurden mehrere Tausend Patienten klinisch apparent infiziert. Es wird davon ausgegangen, dass sich das Virus weltweit
ausbreitet.
Genetik
Coronaviren besitzen ein einzelsträngiges RNAGenom mit Plusstrangpolarität, das eine Größe
von ca. 30 kbp aufweist. Das virale Genom besitzt am 5´Ende eine Cap-Strukur und ist am
3´Ende polyadenyliert.
Die komplette Ribonukleotidsequenz und Proteinsequenz des HCoV-229E ist abrufbar unter
GENBANK # AF304460; NCBI # NC002645;
Medline 21262210; Pubmed 11369870
Die komplette Nukleotidsequenz des SARSCoV wurde durch Virologen in Vancouver, Kanada, und der CDC, Atlanta, USA analysiert. Sie
143
C
Corynebacterium diphtheriae
ist abrufbar unter http://www.cdc.gov/ncidod/
sars/sequence.htm
http://www15.bni-hamburg.de
http://www.who.int
Prävention
Schlüsselliteratur
Eine wirksame Immunprophylaxe steht zurzeit
nicht zur Verfügung. Natürliche Infektionen
mit Coronaviren verleihen einen bedingten
Schutz über einen Zeitraum von etwa 1 Jahr gegenüber einer Reinfektion mit dem betreffenden Coronavirus-Serotyp. Prophylaktische intranasale Applikation mit alpha-Interferon
führt zu einer Reduzierung der Virusreplikation
und einer scheinbaren Verminderung klinischer Symptome, jedoch ist mit allergischen Reaktionen zu rechnen
1. Holmes, K.V. and Lai, M.M.C. Coronaviridae: The Viruses
and their Replication. In: Fields Virology, Fourth Edition,
P.M. Holey, D.M. Knipe (Eds.) Lippincott-Raven Publ.
2001, pp. 1163–1186.
2. Mc Intosh, K: Coronaviruses. In: Fields Virology, Fourth
Edition, B.M. Fields, D.M. Knipe (Eds.) Lippincott-Raven
Publ. 2001, pp 1187–1204.
3. Coronaviridae. In: Medical Virology, White, D.O. and
Fenner, F.J. (Eds.), Academic Press, San Diego, 1994, pp.
451–455.
4. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of
Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Die Entwicklung einer Immunprophylaxe ist
schwierig, da Schutzimpfungen nur einen zeitlich sehr begrenzten Schutz gegen Viren des
gleichen Serotyps bewirken. Experimentelle
Therapieansätze mit Inhibitoren gegen die virale RNA-Polymerase zeigen ansatzweise eine positive Beeinflussung des klinischen Verlaufs einer Coronavirus-Erkrankung.
Hospitalisierte SARS-Verdachtsfälle sind einzeln oder isoliert unterzubringen. Geeignete
Hygiene- und Personenschutzmaßnahmen
(Schutzkittel, Einweghandschuhe, Atemschutzmaske FFP3) für das Pflegepersonal sind nach
den Empfehlungen des Robert Koch Institutes
einzuleiten. Kontaktpersonen müssen medizinisch überwacht werden.
Meldepflicht
Es besteht Meldepflicht: Bei Verdacht auf Erkrankung oder Tod infolge einer SARS-Infektion ist das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich telefonisch unter namentlicher Nennung der betroffenen Person zu informieren.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Es gibt keine Referenzzentren in der Bundesrepublik Deutschland.
Spezialisierte Labors für SARS beherbergt das
Bernhard-Nocht-Institut, Hamburg.
Web-Adressen
http://www.cdc.gov
http://www.virology.net
144
Corynebacterium diphtheriae
Erregerbezeichnung
Corynebacterium diphtheriae
Synonym
Diphtheriebacterium
Morphologie
C. diphtheriae-Bakterien sind – wie praktisch
alle anderen Corynebakterien – grampositive,
unbewegliche, schlanke Stäbchen, oft leicht gekrümmt und mit keulenförmiger Auftreibung.
Auch kurze und coccoide Formen sind möglich.
Charakteristisch ist die V- oder Y-förmige Lagerung. Mit der Färbung nach Neisser stellen sich
im Präparat von auf Blutagar oder Loeffler Serum gezüchteten C. diphtheriae in den gelbbraun gefärbten Stäbchen schwarz-blaue Polkörperchen, sog. methachromatische Granula
dar. Sie sind aber auch bei anderen Stäbchenbakterien, Kokken und Hefen zu finden, also
nicht spezifisch für C. diphtheriae.
Taxonomie
Familie:
Gattung:
Actinomycetales
Corynebacterium
Historie
Das Krankheitsbild der Diphtherie mit Halsschmerzen, Bildung von Pseudomembranen auf
der Rachenschleimhaut und Tod durch Ersticken, ist bereits im Corpus Hippocraticum beschrieben worden. Epidemien von „Halskrankheit“ größeren Ausmaßes und in Intervallen
von etwa 25 Jahren wurden aber erst im 16. Jahr-
Corynebacterium diphtheriae
hundert beschrieben. 1821 beschrieb Bretonneau erstmals die typischen klinischen Merkmale
und grenzte sie damit von anderen Erkrankungen des oberen Respirationstraktes ab. Klebs
wies 1883 in mikroskopischen Präparaten von
diphtherischen Membranen, Kokken in Ketten,
sowie Stäbchen nach, und 1984 isolierte Loeffler
das Diphtheriebakterium erstmals in Reinkultur. Mit der Übertragung dieses Keimes auf
Meerschweinchen induzierte er experimentell
eine Diphtherie und bewies damit die Aethiologie der Diphtherie. Roux und Yersin zeigten
1888, dass selbst bakterienfreie Kulturfiltrate für
Meerschweinchen tödlich waren, und gaben damit den ersten Hinweis auf die Wirkung des
Diphtherietoxins, was durch von Behring über
den Nachweis des Antiserums gegen das Toxin
und dessen Schutzwirkung im Tierversuch gegen die tödlich wirkende Intoxikation eine Bestätigung fand. Roux konnte 1894 durch die therapeutische Applikation von Pferdeimmunserum gegen Diphtherietoxin bei Diphtherieerkrankten die Letalität um 50% reduzieren.
Smith und von Behring gelang die erfolgreiche
aktive Immunisierung von Kindern erstmals
mit einer Mischung von Toxin und Antitoxin.
1923 wurde von Ramon formalininaktiviertes
Toxin („Toxoid“) für die aktive Impfung eingeführt, und in der Folge zwischen 1930 bis 1945 in
den meisten westlichen Ländern im Rahmen
von Impfprogrammen bei Kindern verwendet,
was zu einer deutlichen Reduktion der Inzidenz
der Diphtherie führte.
Erkrankungen/Symptome
Die klinischen Manifestationen der Diphtherie
treten nach einer Inkubationszeit von 2–4 Tagen auf und können lokal begrenzt bleiben, typischerweise in Form von Pseudomembranen
im Nasopharyngealraum, laryngeal oder tracheobronchial. Lokal treten Nekrotisierung,
Gefäßdilatation, Ödembildung, Blutungen und
Fibrinausscheidung auf. Die dadurch entstehenden Pseudomembranen enthalten Fibrin,
Leukozyten, Erythrozyten, abgetötete Epithelzellen und Bakterien. Unter den Membranen ist
die Submukosa ödematös geschwollen. Eine toxische Fernwirkung kann die Organe Herz
(Myocarditis), Nervensystem (Demyelinisierung) und die Niere (tubuläre Nekrose) betreffen. Die tödliche Dosis des Toxins beträgt 0,1mg
pro Kilogramm Körpergewicht.
Wesentliche Symptome sind:
◗ Tonsillitis oder Pharyngitis mit grau-braunen
Belägen mit Ausdehnung auf die Uvula und
den weichen Gaumen
◗ Lymphknoten- und Halsschwellung, verbunden mit einer pseudomembranösen Pharyngitis und Zeichen einer systemischen Toxizität (Blässe, Ödeme, Erbrechen)
◗ Heiserkeit und Stridor
◗ Gaumensegellähmung
◗ Blutig seröser Nasenausflussmit Schleimhautbelägen
Die Hautdiphtherie bleibt in der Regel lokalisiert und kommt vor allem in den Tropen, aber
auch in westlichen Ländern, insbesondere bei
gesellschaftlichen Randgruppen (Obdachlose,
Alkoholiker, Drogensüchtige) vor.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch kommen andere Erkrankungen des Rachenraumes in Betracht:
◗ Infektiöse Mononukleose: im Unterschied
zur Diphtherie breiten sich die Membranen
nicht über die Tonsillen hinaus aus, bleiben
hell und bluten nicht.
◗ Streptokokkenangina: es treten keine Membranen auf, der Rachen ist stark gerrötet und
es besteht hohes Fieber
◗ Angina Plaut-Vincenti: meist einseitige, nekrotisierende Angina, die sich mikroskopisch
durch den Nachweis von Schraubenbakterien
und Fusobakterien abgrenzen lässt.
◗ Epiglottitis: in der Regel durch Haemophilus
hervorgerufen, verläuft sie akuter, die Epiglottisis ist hellrot ohne Membranauflagerung
Labordiagnostik
Mikroskopie. Ein Direktnachweis von Corynebakterien aus dem Originalmaterial ist nicht
diagnostisch verwertbar, da der Erreger mikroskopisch von anderen apathogenen Corynebakterien nicht abgegrenzt werden kann.
Kultur. Abstrichmaterial wird auf Schafblutagar (optimalerweise mit einem FosfomycinBlättchen zwecks Hemmung der Begleitflora)
auf Rinderserum-Platten nach Loeffler, dem
Cystein und Tellurit enthaltenden TinsdaleAgar oder auf Clauberg-III-Agar, einem selektiven Medium zur Unterdrückung der Begleitflora, ausgestrichen. Der Clauberg-Agar nutzt die
145
C
Corynebacterium diphtheriae
Telluritresistenz von C. diphtheriae aus; verdächtig sind die durch Telluriteinlagerung
schwarz gefärbten Kolonien, die von einem
blauen Hof umgeben sind.
Idendifikation. Verdächtige Kolonien (gräuliche Kolonien mit evtl. schwachem Hämolysehof
auf Blutplatten, schwarze oder braune Kolonien
auf Tellurit-haltigen Medien) werden nach
gram gefärbt. Liegen grampositive coryneforme
Stäbchen vor, werden Subkulturen auf Blutagar
und Loefflerserum angelegt. Die biochemische
Identifikation erfolgt über die positive Katalasereaktion und die negative Ureasereaktion (im
Gegensatz zu C. ulcerans und C. pseudodiphtheriticum) dem fermentativen Abbau von Glukose
(nicht Saccharose) und die Nitradreduktion.
Aufgrund der unterschiedlichen Koloniemorphologie, dem Hämolysevermögen, und der Fähigkeit Glykogen und Dextrin abzubauen werden die drei Biovare mitis, intermedius und gravis unterschieden.
Toxinnachweis. C. diphtheriae hat (von seltenen Fällen bei C. ulcerans und C. pseudotuberculosis abgesehen) die einzigartige Fähigkeit,
das Diphtherietoxin zu produzieren. Der Nachweis der Toxinbildung erfolgt im Präzipitationstest nach Elek: Mit Diphtherie- Antitoxin getränkte Filterpapierstreifen werden in den Agar
eingelegt und der zu prüfende Stamm aufgeimpft. Wenn er Toxin bildet, diffundiert es in
den Nährboden und reagiert mit den Antikörpern, was zur Bildung einer weißen Präzipitationslinie führt. Eine weitere Möglichkeit ist der
Nachweis des Toxin-Gens mittels PCR.
toxin pro kg Körpergewicht zu erfolgen. Eine
bereits vorliegende Allergisierung gegen tierisches Serum muss durch einen Intrakutantest
ausgeschlossen werden.
Erst an zweiter Stelle steht die Gabe von Antibiotika (Penicillin G. oder Erythromycin). Bei
der Larynx-Diphtherie ist unter Umständen nur
die rechtzeitige Intubation und die operative
Entfernung der verlegenden Membranen lebensrettend.
Spezifische Merkmale
C. diphtheriae zeigt die typischen Merkmale
von Corynebakterien. Es unterscheidet sich
aber von den meisten übrigen Corynebakterien
indem es durch sog. Lysogenisierung mit einem
Phagen die Fähigkeit zur Toxinbildung erlangen kann, wodurch es erst zur Diphtherieerkrankung (Intoxikation) kommt.
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
C. diphtheriae ist nicht invasiv. Seine Pathogenität beruht auf dem Diphtherietoxin, einem
Exotoxin als alleinigem Virulenzfaktor. Die genetische Information für die Toxinbildung liegt
auf dem Genom eines Bakteriophagen, der sich
in die DNA der Wirtszelle integriert. Nur lysogene Stämme haben die Fähigkeit zur Toxinbildung und können sie bei Verlust des Phagen
verlieren. Das Diphtherietoxin ist ein sehr potenter Inhibitor der Proteinsynthese in eukaryontischen, nicht aber in prokaryontischen
(Bakterien-) Zellen. Zusammen mit einer Induktion der Apoptose führt seine Wirkung zum
Zelltod.
Transmission
Therapie
Bei Vorliegen einer klinischen Diphtheriesymptomatik ist der Patient zunächst nach seinem
Impfstatus zu befragen. Ist dieser unklar, oder
liegt definitiv keine Auffrischungsimpfung vor,
so muss zur schnellen Eindämmung der Toxinwirkung eine passive Immunisierung, d.h. die
Gabe von Diphtherieantitoxin, in Form von humanem Diphtherieantiserum oder Pferdehyperimmunglobulin erfolgen. Diese ist so früh
wie möglich durchzuführen, da nur freies, extrazelluläres, noch nicht von der Zielzelle aufgenommenes Toxin durch Antiserum inaktiviert
werden kann. Je nach Schwere des Krankheitsbildes hat eine Therapie mit 500–2000 IE Anti146
C. diphtheriae wird v.a. durch Aerosole, die von
hustenden Diphtherieerkrankten, oder asymptomatischen Trägern ausgestossen werden,
oder über die Hände übertragen. Bei der Hautdiphtherie steht die Übertragung durch
Schmierinfektion im Vordergrund.
Vermehrung und Inkubationszeit
Nach einer Inkubationszeit von 2–5 Tagen erkranken ca. 20% der nicht immunen infizierten
Personen.
Resistenz
C. diphtheriae ist relativ resistent gegen Umwelteinflüsse; es kann sich daher einige Zeit an
Corynebacterium diphtheriae
Eine überstandene Diphtherie hinterlässt in der
Regel eine langanhaltende Immunität.
zu beobachten, jedoch die Krankheit immer
noch endemisch. In Russland und Teilen der
früheren Sowjetunion ist in den letzten Jahren
ein beunruhigender Anstieg zu verzeichnen gewesen. Raten von bis zu 17 Erkrankungen pro
100.000 Einwohner pro Jahr wurden in Moskau
und in Sankt Petersburg verzeichnet, wobei Erwachsene und Kinder gleichermaßen betroffen
waren. Die Ursache mag ein unzulänglicher
Impfschutz sein.
Wirtsbereich
Genetik
Das Erregerreservoir für C. diphtheriae ist ausschließlich der Mensch.
Das Diphtherietoxingen ist mittels PCR nachweisbar.
Risikogruppen
Prävention
Obwohl die Impfung das Risiko an Diphtherie
zu erkranken nicht völlig eliminiert, sind v.a.
ungeimpfte Individuen, oder solche, bei denen
der Impfschutz im Erwachsenenalter nicht aufgefrischt wurde, gefährdet. Ca. 50% der deutschen Bevölkerung weist im Erwachsenenalter
einen ungenügenden Impfschutz auf. In westlichen Ländern sind v.a. in Armut und schlechten
hygienischen Verhältnissen lebende Menschen
sozialer Randgruppen (Alkoholiker, Drogensüchtige) gefährdet an Diphtherie zu erkranken.
Aber auch Reisende in tropische und subtropische Länder oder Russland, oder mit Asylbewerbern in Kontakt kommende Bürger westlicher Länder haben ein erhöhtes Risiko.
Die Prophylaxe gegen Diphtherie besteht in einer aktiven Immunisierung mittels formalinbehandeltem Toxin (Toxoid). Zum Aufbau der
Immunität beginnt man im Säuglingsalter mit
zwei intramuskulären Injektionen im Abstand
von vier Wochen und einer Booster-Impfung
nach etwa einem Jahr. Alle zehn Jahre wird eine
Auffrischimpfung empfohlen.
trockenen Gegenständen halten, was für die Erregerübertragung von Bedeutung ist. Bezüglich
der Antibiotikatherapie besteht eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Penicillin bzw. Erythromycin, aber auch gegen andere Antibiotika, wie
Tetracycline, Rifampicin und Clindamycin.
Immunantwort
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Bei Auftreten von Erkrankungen müssen die Infizierten bis zum Nachweis der Elimination von
C. diphtheriae isoliert werden. Keimträger werden in Umgebungsuntersuchungen identifiziert
und saniert.
Epidemiologie
C. diphtheriae ist der Erreger einer der klassischen Seuchen der Menschheitsgeschichte. Bei
einem saisonalen Morbiditätsgipfel im Winter
und im Frühjahr trat die Diphtherie mit einer
Periodizität alle 30–40 Jahre in seuchenhafter
Dimension auf. Während noch zu Anfang des
letzten Jahrhunderts v.a. Kinder unter 15 Jahren
betroffen waren, sind in neueren Epidemien Erkrankungen bei Erwachsenen vorherrschend.
Infektionen durch C. diphtheriae können weltweit beobachtet werden. Die asymptomatischen
Träger perpetuieren die endemische wie die epidemische Form der Diphtherie. Die Inzidenz
und das Muster des Auftretens der Diphtherie
hat sich in den letzten 50–75 Jahren dramatisch
verändert. In der östlichen Welt sank sie von 150
pro 100.000 Einwohner pro Jahr auf weit unter
eine Erkrankung pro 100.000 Einwohner pro
Jahr. In der Dritten Welt ist zwar ein Rückgang
Meldepflicht
Nach dem Infektionsschutzgesetz sind Krankheitsverdacht, Erkrankung und Tod an Diphtherie, sowie der direkte und indirekte Nachweis von toxinbildenden C. diphtheriae meldepflichtig.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Dr. G. Funke, Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Zürich, Gloriastrasse
32, CH-8028 Zürich
http://www.astdhpphe.org/infect/dip.html
http://www.cdc.gov/nip/publications/pink/
dip.pdf
http://www.emedicine.com/EMERG/
topic138.htm
http://www.nfid.org/factsheets/
diphtadult. html
147
C
Corynebacterium israeli
Schlüsselliteratur
1. Köhler W., H.J. Eggers, B. Fleischer, R. Marre, H. Pfister, G.
Pulverer (Hrsg.) Medizinische Mikrobiologie. 8. Auflage,
Urban und Fischer, München, Jena, 2001
2. Friedrich Burkhardt (Hrsg.) Mikrobiologische Diagnostik.
Georg Thieme Verlag Stuttgart, 1992
3. Mandell G.L., Douglas R.G. Bennett J.E. (Hrsg.) Principles
and Practice of Infectious Diseases, 4th Edition, Churchill
Livingstone, New York 1995
4. Murray P.R., E.J. Baron, M.A. Pfaller, F.C. Tenover, R.H.
Yolken (Hrsg.) Manual of Clinical Microbiology, 6th
Edition, ASM Press Washington D.C., 1995
Corynebacterium israeli
Aktinomyzeten mit fermentativem Kohlenhydratmetabolismus
Corynebacterium jeikeium
Erregerbezeichnung
Corynebacterium jeikeium
Synonym
Corynebakterien der JK-Gruppe (weitere Erreger dieser Gruppe sind: Actinomyces (Corynebakterium) pyrogenes, Arcanobacterium (Corynebacterium) hämolyticum, Rhodococcus (Cory-nebacterium) equi)
schädigten Patienten, sowie bei Endocarditis
und nach Herzoperationen isoliert.
Differenzialdiagnose
Wegen der geringen Häufigkeit von Erkrankungen im Menschen keine Aussage möglich.
Labordiagnostik
Mikroskopie. Wegen der Ähnlichkeit mit
coryneformen Mikroorganismen lässt sich das
mikroskopische Präparat aus dem Primärmaterial nicht für eine Differenzialdiagnose verwenden.
Kultur. Langsames Wachstum auf Blut- Agar in
kleinen grau-weiß glänzenden Kolonien ohne
Hämolyse. Auf Tinsdale-Medium Wachstum
ohne schwarz-braunen Hof.
Identifikation. Glukose wird erst nach mehrtägiger Bebrütung im serumhaltigen Milieu gespalten. Weitere Zucker werden nicht gespalten.
Urease negativ, Nitrat negativ, Katalase positiv,
Betahämolyse negativ und Hof auf Tinsdale negativ.
Therapie
Auffallendes Merkmal ist die Mehrfachresistenz
gegen praktisch alle Antibiotika mit Ausnahme
von Vancomycin, das bei der Therapie als Mittel
der Wahl gilt.
Morphologie
Grampositive, kokkoide Kurzstäbchen
Spezifische Merkmale
Taxonomie
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Familie:
Gattung:
Actinomycetales
Corynebacterium
Nicht bekannt.
Transmission
Historie
Seit einigen Jahren wiederholt beschriebene
Gruppe, coryneformer Mikroorganismen, die
als Teil der Hautflora in der Inguinal- und Perinealregion besonders bei hospitalisierten Patienten gefunden wurden.
Mögliche Besiedlung von Katheter- oder anderen Plastikmaterialien als Ausgangspunkt für
eine Infektion.
Vermehrung und Inkubationszeit
Nicht bekannt.
Resistenz
Erkrankung/Symptom
Die Keime wurden verschiedentlich aus Blut, Liquor und infizierten Wunden von abwehrge148
Hohe primäre Antibiotika-Resistenz. Einzige
antibiotische Therapie durch Glykopeptidantibiotika möglich.
Corynebacterium pseudotuberculosis
Immunantwort
Nicht bekannt.
Wirtsbereich
Menschliche Hautflora.
Risikogruppen
Immunsupprimierte, abwehrgeschädigte Patienten nach operativen Eingriffen, insbesondere
nach Herzoperationen.
Corynebacterium pseudotuberculosis
Erregerbezeichnung
Corynebacterium pseudotuberculosis
C
Synonym
Corynebacterium ovis
Morphologie
Epidemiologie
Nichts bekannt.
Grampositive, coccoide bis pleomorphe Stäbchen in der Färbung nach Loeffler oder Neisser
mit metachromatischen Granula
Genetik
Nichts bekannt.
Taxonomie
Prävention
Familie:
Gattung:
Actinomycetales,
Corynebacterium
Nichts bekannt.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Häufiger Katheterwechsel bei immunsupprimierten und abwehrgeschädigten Patienten.
Meldepflicht
Keine Meldepflicht.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Dr. G. Funke, Institut für Medizinische Mikrobiologie, Universität Zürich, Gloriastrasse 32,
CH-8028 Zürich
http://www.astdhpphe.org/infect/dip.html
http://www.cdc.gov/nip/publications/pink/
dip.pdf
http://www.emedicine.com/EMERG/
topic138.htm
http://www.nfid.org/factsheets/
diphtadult.html
Schlüsselliteratur
1. Köhler W., H.J. Eggers, B. Fleischer, R. Marre, H. Pfister, G.
Pulverer (Hrsg.) Medizinische Mikrobiologie. 8. Auflage,
Urban und Fischer, München, Jena, 2001
2. Friedrich Burkhardt (Hrsg.) Mikrobiologische Diagnostik.
Georg Thieme Verlag Stuttgart, 1992
3. Mandell G.L., Douglas R.G. Bennett J.E. (Hrsg.) Principles
and Practice of Infectious Diseases, 4th Edition, Churchill
Livingstone, New York 1995
4. Murray P.R., E.J. Baron, M.A. Pfaller, F.C. Tenover, R.H.
Yolken (Hrsg.) Manual of Clinical Microbiology, 6th
Edition, ASM Press Washington D.C., 1995
Historie
Der Keim wurde erstmals Anfang der 90er Jahre
des 19. Jahrhunderts aus den nekotischen Nieren eines Schafes isoliert und nach ihren Entdeckern Preiß-Nocard-Bazillus genannt. Man
weiß seit langem, dass C. pseudotuberculosis bei
verschiedenen Tieren (Pferde, Rinder, Ziegen
und Wild) käsig-eitrige granulomatöse Infektionen verursacht. Der Erreger produziert ein
dermonekrotisches Toxin, das bereits 1912–16
gefunden, und eingehend untersucht wurde.
Eine Infektion beim Menschen wurde erstmals
1966 von Lopez beschrieben.
Erkrankung/Symptome
Eitrige, abszedierende Infektionen beim Rind,
Pferd, Schaf, Ziege, Wild, und sehr selten beim
Menschen. Bisher wurden wenige Fälle mit eitriger granulomatöser Lymphadenitis, bzw. von
eosinophiler Pneumonie beschrieben.
Differenzialdiagnose
Tuberkulose, abszedierende Infektionen, bedingt durch andere Erreger.
Labordiagnostik
Mikroskopie. Das mikroskopische Präparat aus
dem Primärmaterial lässt sich wegen der Übereinstimmung der Erregermorphologie mit anderen Corynebakterien nicht zur Diagnostik
verwenden.
149
Corynebacterium pseudotuberculosis
Kultur. Wachstum auf Blut-Agar in kleinen,
trockenen, gelblichen Kolonien mit meist
schwacher Betahämolyse, auf Tinsdale in
schwarzen Kolonien, gelegentlich mit braunem
Hof, ähnlich C. ulcerans.
Wirtsbereich
Infektionen, verursacht durch C. pseudotuberculosis, kommen bei Schafen, Ziegen, Pferden,
Rindern, Wild und selten bei Menschen vor.
Risikogruppen
Identifikation. C. pseudotuberculosis ist Katalase-positiv, Urease-positiv, fermentiert Glukose
und Maltose. Die Nitratreduktion ist variabel.
Wie C. ulcerans – und im Unterschied zu den
übrigen Corynebakterien – produziert C. pseudotuberculosis eine Phospholipase D. (dermonekrotisches Toxin), zudem zeigt es ein umgekehrtes CAMP-Phänomen. Stärke wird nicht
fermentiert.
Therapie
Antibiotische Therapie mit Erythromycin oder
Tetracyclin, sowie chirurgischer Intervention.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Praktisch alle Isolate produzieren ein dermonekrotisches Toxin (Phospholipase D.), vereinzelt
sogar Diphtherietoxin. Diphtherieerkrankungen, assoziiert mit diesem Keim, wurden allerdings nie beschrieben.
Transmission
Die Übertragung der Krankheit erfolgt unter
Tieren, wahrscheinlich durch ihre Ausscheidungen, während Menschen durch direkte Berührung erkrankter Tiere, oder von Teilen davon (Schlachtabfälle, Tierhäute, Genuss roher
Milch) angesteckt werden.
Vermehrung und Inkubationszeit
C. ulcerans
Resistenz
Wenig bekannt. Wirksamkeit von Makroliden,
bzw. Tetracyclinen beschrieben.
Immunantwort
Zumindest bei Schafen scheint die Erkrankung
zu einer Immunität zu führen, zumal diese Tiere
möglicherweise durch Impfung gegen die Erkrankung geschützt werden können.
150
In der Landwirtschaft tätige Menschen, Metzger, Jäger, die mit erkrankten Tieren, Schlachtabfällen, oder Tierhäuten in Berührung kommen, oder frische Milch erkrankter Tiere trinken.
Epidemiologie
Infektionen, hervorgerufen durch C. pseudotuberculosis sind Zoonosen. Sie kommen typischerweise bei Nutztieren und Wild vor. Infektionen des Menschen sind selten und wurden
v.a. in Australien beschrieben.
Genetik
Corynebacterium diphtheriae
Prävention
Möglicherweise können Tiere (Schafe) durch
Impfung mit entsprechenden Toxoiden gegen
die Erkrankung geschützt werden.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Nicht bekannt.
Meldepflicht
Corynebacterium diphtheriae (bei Di-Toxinnachweis)
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Dr. G. Funke, Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universität Zürich, Gloriastrasse
32, CH-8028 Zürich
http://www.astdhpphe.org/infect/dip.html
http://www.cdc.gov/nip/publications/pink/
dip.pdf
http://www.emedicine.com/EMERG/
topic138.htm
http://www.nfid.org/factsheets/
diphtadult. html
Corynebacterium ulcerans
Schlüsselliteratur
1. Köhler W., H.J. Eggers, B. Fleischer, R. Marre, H. Pfister, G.
Pulverer (Hrsg.) Medizinische Mikrobiologie. 8. Auflage,
Urban und Fischer, München, Jena, 2001
2. Friedrich Burkhardt (Hrsg.) Mikrobiologische Diagnostik.
Georg Thieme Verlag Stuttgart, 1992
3. Mandell G.L., Douglas R.G. Bennett J.E. (Hrsg.) Principles
and Practice of Infectious Diseases, 4th Edition, Churchill
Livingstone, New York 1995
4. Murray P.R., E.J. Baron, M.A. Pfaller, F.C. Tenover, R.H.
Yolken (Hrsg.) Manual of Clinical Microbiology, 6th
Edition, ASM Press Washington D.C., 1995
nung zur Gruppe der diphtherischen Corynebakterien jedoch sinnvoll.
Erkrankungen/Symptome
C. ulcerans verursacht hauptsächlich Mastitiden
bei Rindern. Infektionen bei Menschen verlaufen überwiegend als milde, manchmal diphtherieähnliche Rachenentzündung Schwere diphtherieähnliche Erkrankungen wurden jedoch
beschrieben.
Differenzialdiagnose
Corynebacterium diphtheriae
Corynebacterium pyogenes
Arcanobakterien
Corynebacterium ulcerans
Erregerbezeichnung
Corynebacterium ulcerans
Synonym
Nicht bekannt
Labordiagnostik
Mikroskopie. Aufgrund der morphologischen
Ähnlichkeit der Corynebakterien ist das mikroskopische Präparat zur spezifischen Diagnostik
nicht verwendbar.
Kultur. Gutes Wachstum auf Loeffler- und
Tinsdale- Medien, sowie Tellurit-Agar. Auf Blutagar sind die Kolonien etwas größer und opaker als jene von C. diphtheriae. Sie haben häufig
eine feine Hämolyse-Zone. Auf Tinsdale-Agar
sind die von einem bräunlichen Hof umgebenen
braun-schwarzen Kolonien nicht von C. diphtheriae zu unterscheiden.
Morphologie
Grampositive pleomorphe-Stäbchen ähnlich
wie C. pseudotuberculosis, evtl. dominieren coccoide Formen. In der Färbung nach Loeffler
oder Neisser sind nur wenig metachromatische
Granula vorhanden.
Identifikation. C. ulcerans ist Katalase-positiv
und, im Gegensatz zu C. diphteriae, Urease-positiv, reduziert Nitrat nicht, und spaltet Aeskulin. Es fermentiert Glukose, Maltose und (langsam) Trehalose.
Taxonomie
Therapie
Familie:
Gattung:
Actinomycetales
Corynebacterium
Historie
C. ulcerans (lat. Ulcerare = geschwürig/zerfallen) wurde erstmals 1926 von Gilbert und Stewart beschrieben, als sie eine der Diphtherieähnliche Krankheit untersuchten. Später wurde
seine Pathogenität beim Menschen, sowie die
Fähigkeit, u.a. Diphtherie-Toxin zu produzieren, nachgewiesen. Taxonomisch wird C. ulcerans keine eigenständige Spezies zuerkannt.
Unter dem klinischen Aspekt ist seine Zuord-
Wenn klinisch eine Diphtherie vorliegt, oder die
Bildung von Diphtherietoxin nachgewiesen
wurde, muss Antitoxin gegeben werden. Der
Keim ist gegenüber den meisten Antibiotika
sensibel. Aufgrund klinischer Erfahrung scheint
Erythromycin das Therapeutikum der Wahl zu
sein.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Die meisten Stämme bilden ein dermonekrotisches Toxin (Phospholipase D.) und können –
151
C
Corynebacterium vaginale
unabhängig davon – manchmal auch Diphtherietoxin bilden.
Prävention
Aktive Immunisierung gegen das Diphtherietoxin.
Transmission
Infektionen bei Menschen mit C. ulcerans, meist
Pharyngitiden sind Anthropozoonosen. Die
Übertragung erfolgt gewöhnlich vom Rind über
kontaminierte Milch auf den Menschen. Eine
Übertragung von Mensch zu Mensch ist bisher
nicht beschrieben worden.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Genuss von ausschließlich pasteurisierter, gekochter Milch.
Meldepflicht
Wie bei C. diphtheriae (bei Di-Toxinnachweis)
Vermehrung und Inkubationszeit
Entspricht der bei Erkrankung durch C. diphtheriae
Resistenz
Keine Besonderheiten bekannt.
Immunantwort
Eine Erkrankung hinterlässt eine langjährige
Immunität, sowohl gegenüber dem dermonekrotischen Toxin, wie auch dem Diphtherietoxin.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web- Adressen
Dr. G. Funke, Institut für Medizinische Mikrobiologie Zürich, Gloriastrasse 32, CH-8028 Zürich
http://www.astdhpphe.org/infect/dip.html
http://www.cdc.gov/nip/publications/pink/
dip.pdf
http://www.emedicine.com/EMERG/
topic138.htm
http://www.nfid.org/factsheets/
diphtadult. html
Wirtsbereich
Reservoir für diese Krankheitserreger sind Rind
und Pferd. Das Vorkommen des Keimes beim
Menschen, z.B. bei asymptomatischen Trägern
ist äußerst selten.
Risikogruppen
Ländliche Bevölkerungen mit Kontakt zu Vieh,
v.a. bei fehlender Immunität gegen das Diphtherietoxin.
Schlüsselliteratur
1. Köhler W., H.J. Eggers, B. Fleischer, R. Marre, H. Pfister, G.
Pulverer (Hrsg.) Medizinische Mikrobiologie. 8. Auflage,
Urban und Fischer, München, Jena, 2001
2. Friedrich Burkhardt (Hrsg.) Mikrobiologische Diagnostik.
Georg Thieme Verlag Stuttgart, 1992
3. Mandell G.L., Douglas R.G. Bennett J.E. (Hrsg.) Principles
and Practice of Infectious Diseases, 4th Edition, Churchill
Livingstone, New York 1995
4. Murray P.R., E.J. Baron, M.A. Pfaller, F.C. Tenover, R.H.
Yolken (Hrsg.) Manual of Clinical Microbiology, 6th
Edition, ASM Press Washington D.C., 1995
Epidemiologie
C. ulcerans ist gewöhnlich ein Kommensale bei
Rind, Pferd und beim Menschen. Infektionen
des Menschen treten bei uns selten auf. C. ulcerans kann auch aus dem Rachen asymptotischer Träger isoliert werden, weshalb die klinische Relevanz nicht immer eindeutig ist.
Genetik
Diphtherietoxin Corynebacterium diphtheriae
152
Corynebacterium vaginale
Gardnerella vaginalis
Corynebakterien
Corynebacterium diphtheriae
Coxsackieviren
Corynebakterien der JK-Gruppe
Corynebacterium jeikeium
Cowpoxvirus
Pockenviren, andere humanpathogene animalische
Coxiella burnetii
Rickettsien
Coxsackieviren
Erregerbezeichnung
Coxsackievirus Gruppe A, Typen 1–22 und 24;
Coxsackievirus Gruppe B, Typen 1–6
Synonym
Humanes Coxsackievirus A1–A22 und A24; Humanes Coxsackievirus B1–B6
Morphologie
Humane Coxsackieviren sind wie alle anderen
Picornaviren kleine, sphärische und unbehüllte
RNA-Viren (Durchmesser 30 nm, 156S, Dichte
1,34 g/ml in CsCl). Das Viruskapsid mit seinen
vier nichtglykosylierten Viruskapsidproteinen
VP1–VP4 umgibt ein Molekül der genomischen
Plus-Strang-RNA (einzelsträngig), die auch als
mRNA dient. Coxsackieviren ähneln in Struktur, Genomorganisation und physikochemischen Eigenschaften stark den Polioviren sowie
den anderen Enteroviren. Für eine detaillierte
Beschreibung siehe Kapitel: Polioviren. Abweichungen können für die Länge der genomischen RNA (z.B. 7395 Nukleotide für Coxsackievirus B3) und die Molekulargewichte der einzelnen Virusproteine auftreten.
Taxonomie
Genus Enterovirus in der Familie der Picornaviridae mit den weiteren Genera: Rhinovirus, Cardiovirus, Aphthovirus, Hepatovirus und Parechovirus.
Historisch wurden Coxsackieviren u.a. wegen
ihrer Krankheitsbilder von den übrigen Enteroviren abgegrenzt (siehe Abschnitt: Historie).
Coxsackieviren wurden aufgrund von Klinik
und Histopathologie der experimentellen
Krankheit in der Maus in die Gruppen A und B
eingeteilt. Die Gruppe A der Coxsackieviren
umfasst die Serotypen 1–22 und 24. Coxsackievirus A23 wurde als ECHO Virus 9 reklassifiziert. Coxsackievirus A24 gleicht ECHO Virus
34, das bei den ECHO Viren nicht mehr als eigener Serotyp geführt wird. In der Gruppe B der
Coxsackieviren werden die Serotypen 1–6 unterschieden.
Die Unterscheidung der Coxsackieviren in die
Gruppen A und B basiert auf der experimentellen Infektion in neugeborenen Mäusen. Coxsackieviren der Gruppe A führen in diesen Mäusen im Allgemeinen zu einer generalisierten
Myositis und dadurch bedingter Lähmung. Infektionen mit Viren der Gruppe A führen in der
Maus selten zu Veränderungen im ZNS. Bei den
Coxsackieviren der Gruppe B stehen der Befall
des ZNS mit Enzephalitis und Infektionen des
Herzens, des Pankreas und des braunen Fetts
im Vordergrund. Eine Myositis ist häufig herdförmig.
Beim Menschen können Infektionen mit einigen Coxsackieviren der Gruppen A und B bei
der ZNS-Manifestation ähnliche histopathologische Veränderungen wie Poliovirus hervorrufen (u.a. Befall der motorischen Vorderhornzellen und verschiedener Hirnzentren; weiteres
siehe Kapitel: Polioviren). Infektionen mit
Viren der Gruppe B führen bei Säuglingen oft zu
generalisierten, schweren Krankheitsverläufen.
Charakteristische pathologische Veränderungen bestehen in fokalen Nekrosen einhergehend
mit Infiltrationen von Lymphozyten und polymorphkernigen Leukozyten. Läsionen sind
häufig im Herzen und auch in Gehirn, Rückenmark, Leber, Niere und Nebenniere zu finden.
Mit dem Seventh Report of the International
Committee on Taxonomy of Viruses (2000;
http://life.bio2.edu/Ictv/) wurde eine neue Einteilung für Enteroviren und damit für Humane
Coxsackieviren der Gruppen A und B in die Spezies Humanes Enterovirus A (Humanes Coxsackievirus A2, A3, A5, A7, A8, A10, A12, A14,
A16), Humanes Enterovirus B (Humanes Coxsackievirus B1–B6, A9) und Humanes Enterovirus C (Humanes Coxsackievirus A1, A11, A13,
153
C
Coxsackieviren
A15, A17–22, A24) vorgenommen. Die Grundlage dafür waren vor allem Aminosäure-Identitäten in den Regionen P1 sowie 2C und 3CD (jeweils >70%) sowie der Wirtsbereich und die virusspezifischen Wirtszellrezeptoren. Bezogen
auf das gesamte Virusgenom besteht zwischen
den einzelnen Enteroviren untereinander sowie
zwischen den beiden Genera Enterovirus und
Rhinovirus eine RNA-Sequenzhomologie von
>50%.
picorna: von pico = piccolo, klein; rna = RNA,
ribonucleic acid
entero: von griech. enteron = Darm, Eingeweide; Coxsackie: Ort im Staat New York, USA
Historie
Coxsackieviren wurden erstmalig von Dalldorf
und Sickles (1948) aus dem Stuhl von zwei Kindern mit einem Poliomyelitis-ähnlichen Krankheitsbild isoliert. Das Virus wurde in neugeborenen Mäusen angezüchtet, war jedoch durch
Poliovirus-spezifische Patientenseren nicht zu
neutralisieren. Dieses neue Virus wurde nach
dem Ort der Erstisolierung in Coxsackie (N.Y.,
USA) benannt und stellte das erste Coxsackievirus der Gruppe A dar. Das erste Coxsackievirus
der Gruppe B wurde 1949 von Melnick und Mitarbeitern isoliert. Erst durch die Einführung der
Zellkulturtechnik durch Enders und Mitarbeiter (1949) war die Viruscharakterisierung möglich geworden. Die Krankheitsbilder der Pleurodynie (= epidemische Myalgie) wurde bereits
1930 bis 1932 nach epidemischem Auftreten auf
der Insel Bornholm von Sylvest als BornholmKrankheit beschrieben. Über die Herpangina
berichtete Zahorsky 1920 in den USA. 1969 bis
1971 verursachte eine Variante von Coxsackievirus A24 epidemische Ausbrüche von akuter hämorrhagischer Konjunktivitis, die von Singapur
und Hongkong ausgehend sich über Südostasien ausbreitete und 1986 über Amerikanisch-Samoa in die westliche Hemisphäre eingeschleppt
wurde. Weiteres siehe Abschnitt: Erkrankungen/Symptome.
den Blutkreislauf gelangen und zu einer zyklischen Infektion mit Virämie sowie Ausbreitung
auf die Zielorgane führen. Im Vergleich zu Polioviren haben Coxsackieviren einen verminderten Neurotropismus, zeigen jedoch ein breiteres Krankheitsspektrum.
Coxsackieviren
können neben dem Verdauungstrakt, die Meningen, das ZNS, das Myokard und Perikard,
die quergestreifte Muskulatur, den Respirationstrakt und die Haut infizieren. Paralysen sind
im Allgemeinen seltener und weniger stark ausgeprägt als nach Poliovirus-Infektionen. Coxsackieviren sind meistens stärker pathogen als
ECHO Viren. Die mittlere Inkubationszeit beträgt 7–14 Tage (2–35 Tage). Für Coxsackieviren
der Gruppen A und B sind persistierende Infektionen beobachtet worden. Tabelle 1 zeigt die
Virustypen, die unter den Coxsackieviren
Hauptverursacher der folgenden klinischen
Syndrome sind, wobei die einzelnen Viren mehrere Syndrome gleichzeitig verursachen können:
Meningitis und Paralyse. Mit nahezu allen Coxsackieviren der Gruppen A und B können Infektionen mit Meningitis und (seltener) Parese
bzw. Paralyse auftreten. Die Krankheit kann Poliomyelitis-ähnlich sein, die Prognose ist jedoch
im Allgemeinen besser als nach Poliovirus-Infektionen. Schwere Paralyse kann durch Coxsackievirus A7 und A9 sowie Coxsackievirus B2–
B5 hervorgerufen werden.
Erkrankungen/Symptome
Pleurodynie (epidemische Myalgie, BornholmKrankheit). Pleurodynie wird hauptsächlich
durch Coxsackievirus B1–B5 ausgelöst. Rasch
ansteigendes Fieber, Myalgie und stechende
Schmerzen im Thorax (Teufelsgriff) und Bauchbereich (besonders beim Einatmen) sind charakteristisch. Eine generalisierte Muskelhypotonie ist häufig. Besonders betroffen sind Kinder und Jugendliche. Nach Epidemien (1930–
1932) auf der Insel Bornholm wird die epidemische Pleurodynie oder Myalgie auch als Bornholm-Krankheit bezeichnet. Epidemien treten
vor allem im Spätsommer und Frühherbst auf.
Coxsackieviren verursachen wie alle anderen
Enteroviren überwiegend asymptomatische Infektionen (90–95%) unter Ausbildung von neutralisierenden Antikörpern (stille Feiung). Nach
der Vermehrung im Intestinaltrakt kann das Virus durch die abführenden Lymphbahnen in
Herpangina. Die Herpangina wird vor allem
durch Coxsackievirus A2–A6, A8 und A10 hervorgerufen. Die Krankheit tritt häufig bei Kleinkindern auf und zeigt sich durch plötzliches Fieber, Schluckbeschwerden, Erbrechen und abdo-
154
Coxsackieviren
Tabelle 1
Klinische Syndrome der Coxsackievirus-Infektionen (nach Pallansch and Roos, 2001).
Klinische Syndrome
Coxsackievirus A Typen
Herpangina (vesikuläre Pharyngitis)
Akute lymphatische Pharyngitis (Lymphknotenbeteiligung)
Aseptische Meningitis
Paralyse (selten)
Myokarditis, Perikarditis
Exantheme
Hand-, Fuß- und Mundkrankheit
Pneumonitis bei Kindern
Common Cold und Sommergrippe
Hepatitis
Diarrhö (vor allem bei Kindern)
Akute hämorrhagische Konjunktivitis
Uncharakteristische fieberhafte Erkrankung
Klinische Syndrome
Pleurodynie
Bornholm-Krankheit (epidemische Pleurodynie oder akute epidemische
Myalgie)
Aseptische Meningitis
Paralyse (selten)
Schwere systemische Infektion bei Kindern, Meningoenzephalitis und
Myokarditis
Myokarditis, Perikarditis
Infektionen des oberen Respirationstraktes und Pneumonie
Exanthem
Hepatitis
Pankreatitis
Diabetes
Uncharakteristische fieberhafte Erkrankung
2, 3, 4, 5, 6, 8, 10
10
2, 4, 7, 9, 10
7, 9
4, 14, 16
4, 5, 6, 9, 16
5, 10, 16
9, 16
21, 24
4, 9
18, 20, 21, 22, 24
24
verschiedene Typen
Coxsackievirus B Typen
1, 2, 3, 4, 5
1, 2, 3, 4, 5
minale Beschwerden. Typisch sind stecknadelbis linsengroße Bläschen, die auf dem vorderen
Gaumenbogen, an der Uvula, den Tonsillen und
manchmal am Pharynx, am weichen Gaumen
und an der Zunge auftreten können. Eine lymphatische Pharyngitis kann durch Coxsackievirus A10 verursacht werden.
Hand-, Fuß- und Mundkrankheit. Vor allem
Coxsackievirus A5, A10 und A16 rufen die
Hand-, Fuß- und Mundkrankheit hervor, die
durch ein vesikuläres Exanthem an Händen und
Füßen gekennzeichnet ist. Neben einer Herpangina können auf der Mundschleimhaut genera-
C
1, 2, 3, 4, 5, 6
2, 3, 4, 5
1, 2, 3, 4, 5
1, 2, 3, 4, 5
4, 5
5
5
1, 2, 4
4
1, 2, 3, 4, 5, 6
lisierte vesikulo-ulzerierende Läsionen auftreten.
Infektionen des Respirationstraktes und uncharakteristische fieberhafte Erkrankung. Verschiedene Typen der Coxsackieviren A und B
führen zu Infektionen mit schwachen Krankheitszeichen im oberen und unteren Respirationstrakt. Vereinzelt sind fatale Pneumonien beschrieben. Häufig werden uncharakteristische
fieberhafte Erkrankungen u.a. mit Schnupfenähnlichem Bild (Common Cold) im Sommer
durch Coxsackieviren hervorgerufen und deshalb als Sommergrippe bezeichnet. Selten kön155
Coxsackieviren
nen Influenza-ähnliche Krankheitsbilder durch
das Swine Vesicular Disease Virus, das dem
Coxsackievirus B5 verwandt ist, hervorgerufen
werden (siehe Abschnitt: Spezifische Merkmale).
Konjunktivitis. Konjunktivitis kann durch Coxsackievirus A24 verursacht werden. Es handelt
sich i. Allg. um eine lokale Infektion. Eine vorübergehende epitheliale Keratitis kann auftreten. 1969 bis 1971 führte eine Variante von Coxsackievirus A24 zu einer Epidemie von akuter
hämorrhagischer Konjunktivitis vor allem in
Singapur und Hongkong. Nach Ausbreitung in
Südostasien trat die akute hämorrhagische
Konjunktivitis 1986 erstmals außerhalb von
Asien in Amerikanisch-Samoa auf (47% der Population infiziert). Eine akute hämorrhagische
Konjunktivitis kann auch durch Enterovirus 70
hervorgerufen werden (siehe Kapitel: Enteroviren 68–71).
Myokarditis und Perikarditis. Vor allem Infektionen mit Coxsackieviren der Gruppe B können zu Myokarditis, Perikarditis oder dilatativer Kardiomyopathie führen, jedoch sind auch
Fälle beschrieben, in denen Coxsackieviren der
Gruppe A (z.B. A4, A14, A16) oder ECHO Viren
beteiligt waren (siehe Kapitel: Echoviren und
Parechoviren). Coxsackieviren können im Myokard, Endokard und in der Perikard-Flüssigkeit
nachgewiesen werden. Das Myokard zeigt Ödeme, diffuse fokale Nekrosen und Zeichen einer
akuten Entzündung. Gelegentlich kommt es zu
Meningismus und Konvulsionen. Für Säuglinge
hat die Myokarditis in etwa 50% der Fälle einen
letalen Ausgang. Die Perikarditis tritt überwiegend bei älteren Kindern und jungen Erwachsenen auf und zeigt einen günstigeren Verlauf. Begleitend können Pleuritis oder Pleuro-Pneumonie auftreten.
Chronisch kardiovaskuläre Erkrankung. Es
können chronische Coxsackievirus-Infektionen
(vor allem B2–B5) mit rekurrenter Perikarditis
auftreten, wobei persistierende virusspezifische
IgM-Titer nachgewiesen werden. Fibroblasten
im Myokard gelten als Ort der Viruspersistenz.
Die Viruspersistenz kann eine andauernde Nekrose des Myokards bedingen.
156
Neonatale Erkrankungen. Gefährdet sind Neugeborene unter anderem durch nosokomiale
Coxsackievirus-Infektionen, die zu einer generalisierten Erkrankung führen können (vor allem Gruppe B-Viren; siehe: Risikogruppen). In
schweren Fällen kommt es innerhalb von 8 Tagen nach der Geburt zu fulminanten Infektionen mit viraler Sepsis, akuter Myokarditis oder
Perikarditis sowie Enzephalitis. Eine Hepatitis,
einhergehend mit Hämorrhagien und Nierenversagen verläuft häufig tödlich. Durchfälle bewirken bei den Kindern massive Störungen des
Wasser- und Elektrolythaushaltes, was häufig
zum Tode führt. Intrauterine Infektionen durch
transplazentale Übertragung und eine Infektion
des Kindes im Geburtskanal wird diskutiert.
Nach bisher nicht generell bestätigten Beobachtungen werden Infektionen mit einigen Coxsackieviren (A9, B2, B3 und B4) im ersten Trimenon der Schwangerschaft mit Fehlbildungen
beim Föten (z.B. urogenitale, gastrointestinale,
kardiovaskuläre und zentralnervöse Defekte)
assoziiert. Das potenzielle teratogene Risiko
wird kontrovers diskutiert, jedoch als eher gering eingeschätzt.
Gastrointestinale Erkrankungen. Coxsackievirus-Infektionen können neben anderen unspezifischen klinischen Symptomen zu einer Diarrhö führen. Eine Hepatitis kann Folge einer generalisierten Coxsackievirus-Infektion sein. Gefürchtet ist die Hepatitis bei Neugeborenen.
Verschiedene Coxsackieviren der Gruppe B
werden mit Pankreatitis in Verbindung gebracht.
Exantheme. Ein Röteln-ähnliches Exanthem
kann durch verschiedene Coxsackieviren der
Gruppen A und B vor allem bei Kleinkindern
hervorgerufen werden.
Diabetes. In einigen Fällen wird eine Coxsackievirus B-Infektion mit juvenilem Insulin-abhängigem Diabetes mellitus in Zusammenhang gebracht, was vor allem durch tierexperimentelle
Ergebnisse unterstützt wird.
Differenzialdiagnose
Wie einige Coxsackieviren der Gruppen A und
B können auch Polioviren und die meisten
ECHO Viren eine Meningitis und eine Paralyse
bewirken. Coxsackie- und ECHO Viren führen
Coxsackieviren
verschiedentlich zu gleichen Krankheitsbildern.
Neben Coxsackievirus A24 kann auch Enterovirus 70 für eine akute hämorrhagische Konjunktivitis verantwortlich sein. Zur Differenzialdiagnostik siehe Kapitel: Polioviren, Echoviren und Parechoviren sowie Enteroviren 68–
71. Zur Differenzierung von Meningitis bzw. Paralyse, für die andere Viren verantwortlich sein
können, sind Mumpsvirus, Herpes-simplex-Viren und (seltener) andere Viren der Herpesvirusfamilie sowie das Lymphozytäre Choriomeningitis Virus in Betracht zu ziehen.
Labordiagnostik
Virusnachweis. Zum Routinenachweis von
Coxsackieviren wird wie bei allen anderen Enteroviren Rachenabstrich und Stuhl verwendet
(siehe Kapitel: Polioviren sowie Echoviren
und Parechoviren). In Abhängigkeit der Organmanifestation eignen sich zusätzlich Konjunktival-, Rektal- und andere Abstriche, Rachenspülwasser, Nasensekret, Urin, Liquor, Biopsieoder Autopsiematerialien von Herz und/oder
Gehirn. Zur Virusisolierung werden Monolayer-Zellkulturen vom Menschen und Affen verwendet. Beispiele für humane Zelllinien: Primäre embryonale Haut- und Lungenfibroblasten,
permanente Fibroblasten (z.B. MRC-5-Zellen),
permanente Amnionzellen (z.B. FL-Zellen) und
transformierte Zellen (z.B. KB-, HeLa-, HEp-2Zellen). Beispiele für Affen-Zelllinien: Primäre
oder permanente Affennieren-Zelllinien vor allem von Rhesusaffen und afrikanischen grünen
Meerkatzen (z.B. BGM- und Vero-Zellen). Alle
Coxsackieviren der Gruppe B und einige der
Gruppe A (A7, A9, A11, A13, A15, A16, A18, A20,
A21, A24) lassen sich in einer oder mehreren der
o.g. Zelllinien propagieren. Verschiedene Coxsackieviren der Gruppe A replizieren sich nur in
humanen Rhabdomyosarkom-Zellen oder neugeborenen Mäusen. Zum Nachweis der Coxsakkieviren A1, A19 und A22 ist die Anzüchtung in
neugeborenen Mäusen notwendig. Verschiedene Coxsackieviren der Gruppen A und B haben
hämagglutinierende Eigenschaften und lassen
sich im Hämagglutinationstest und Hämagglutinationshemmtest nachweisen.
Die Virusidentifizierung erfolgt im Neutralisationstest mit Antiseren bekannter Spezifität, z.B.
mit 8 Hyperimmunserum-Pools nach LimBenyesch-Melnick (LBM-Antiserum-Pools, erhältlich über WHO Kopenhagen, siehe Ab-
schnitt: Referenzzentren). Für Coxsackieviren
der Gruppe A existieren zusätzliche SerumPools zur Differenzierung von 19 Serotypen.
Eine Sonderstellung nimmt der Nachweis von
Coxsackievirus A24 bei Patienten mit akuter hämorrhagischer Konjunktivitis ein. Dabei wird
der Virusnachweis vornehmlich in abgeschabtem Konjunktivalmaterial mittels indirektem
Immunfluoreszenztest durchgeführt. Coxsackievirus A21 lässt sich besonders effizient aus
Nasensekret nachweisen. Molekularbiologische
Methoden wie die in situ-Hybridisierung und
die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) verbunden mit der Restriktionsfragmentanalyse (RFLP
= Restriktionsfragmentlängen Polymorphismus), Hybridisierung und Sequenzierung finden immer breitere Anwendung. Wegen der hohen Sequenzhomologie der Enteroviren ist die
alleinige Anwendung der PCR zur Typisierung
schwierig.
Antikörpernachweis. Zur Serodiagnostik werden der Neutralisationstest (NT), die Komplementbindungsreaktion (KBR) und ggf. der Enzymimmunoassay (EIA) eingesetzt. Zum serologischen Nachweis einer frischen Infektion ist
entweder die Untersuchung eines Serumpaares
(min. 4facher Titeranstieg im NT bei zwei Seren,
die im Abstand von 7–14 Tagen gewonnen sind)
oder die Bestimmung virusspezifischer IgMAntikörper notwendig. Eine partielle Kreuzreaktion im NT tritt zwischen den Coxsackieviren
Typ A3 und A8, Typ A11 und A15 sowie Typ A13
und A18 auf. Weiteres siehe Kapitel: Polioviren.
Therapie
Eine in vivo-Therapie mit antiviralen Substanzen ist nur begrenzt möglich. Die Substanz Pleconaril zeigte in randomisierten, doppelblind
und Placebo-kontrollierten Phase 3 Studien für
Enterovirus-bedingte Meningitis eine Reduzierung der mittleren Infektionsdauer. Diese Substanz basiert auf Untersuchungen in Zellkulturen, in denen hydrophobe Substanzen (z.B.
WIN-Substanzen) durch Interkalation im Viruskapsidprotein VP1 eine Kapsidstabilisierung
bewirken und so zu einer Blockierung des viralen Uncoatings und/oder der Rezeptorerkennung führen. Erste klinische Studien zeigen,
dass eine Coxsackievirus-bedingte dilatative
Kardiomyopathie mit Interferon therapierbar
157
C
Coxsackieviren
ist. Wie bei Polioviren und einigen ECHO Viren
besteht bei verschiedenen Coxsackievirustypen
der Gruppen A und B die Möglichkeit einer experimentellen Therapie in Zellkultur wie z.B.
mit Guanidin-HCl und 2’-(α-Hydroxybenzyl)benzimidazol.
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Der Pathogenitätsmechanismus ist wie bei den
Polioviren und den anderen Enteroviren vor allem durch den Zelltropismus bedingt, wobei die
Viruserkennung durch spezifische Rezeptoren
geregelt wird. Bislang ist erst für einige Coxsackievirustypen der Rezeptor bekannt. Darunter
sind: Intercellular Adhesion Molecule-1 (ICAM1, CD54, Immunglobulin-Superfamilie) für Coxsackievirus A13, A18 und A21; Vitronectin (αvβ3,
Integrin) für Coxsackievirus A9; Decay Accelerating Factor (DAF, CD55) für Coxsackievirus
B3. ICAM-1 ist auch der Rezeptor für die Major
Gruppe der humanen Rhinoviren. Die anderen
Rezeptoren werden auch von einigen ECHO Viren benutzt. Die wesentlichen Schritte des viralen Reproduktionszyklus mit Adsorption, Penetration, Freisetzung der viralen RNA aus dem
Viruskapsid (Uncoating), viraler Protein- und
RNA-Synthese, Virusreifung (Assembly) und
Virusfreisetzung sowie der zytopathische Effekt
zeigen Übereinstimmung mit dem Vermehrungsmechanismus von Polioviren. Weiteres
siehe Kapitel: Polioviren.
Transmission
Coxsackieviren werden wie die anderen Enteroviren hauptsächlich fäkal-oral übertragen.
Schon kurz nach Infektionsbeginn kommt es zu
massiver Virusausscheidung im Stuhl, die mehrere Wochen andauern kann. Fäkale Kontaminationen (Finger, Gegenstände, Lebensmittel)
sind die Hauptursachen für die Virusverbreitung. Wegen der primären Virusvermehrung in
den Rachenepithelien wird das Virus auch respiratorisch kurz nach Infektion übertragen.
Bei der durch Coxsackievirus A24 bedingten hämorrhagischen Konjunktivitis besteht eine erhöhte Übertragungsgefahr durch Schmierinfektion mit Konjunktivalflüssigkeit. Coxsackievirus-Infektionen sind in Ländern mit niedrigem
sozioökonomischen Status besonders häufig,
wobei die Übertragung durch kontaminiertes
158
Abwasser eine wesentliche Bedeutung hat. Weiteres siehe Kapitel: Polioviren.
Vermehrung und Inkubationszeit
Coxsackieviren vermehren sich in den Epithelien und lymphoiden Organen des Rachens und
Darms und in allen Organen, in denen die Infektion zu Krankheitszeichen führt (siehe Erkrankungen/Symptome). Die mittlere Inkubationszeit beträgt 7–14 Tage (2–35 Tage).
Resistenz
Coxsackieviren sind wie Polioviren und alle anderen Enteroviren als Voraussetzung für die
Magen-Darmpassage säurestabil (pH <3) und
gegen eine Vielzahl von proteolytischen Enzymen resistent. Hinsichtlich ihrer Stabilität und
Inaktivierbarkeit entsprechen die Coxsackieviren den Polioviren. Zur chemischen Inaktivierung eignen sich u.a. Formaldehyd (3%), Salzsäure (0,1 M) und halogenabspaltende Mittel
(siehe aktuelle Desinfektionsmittel-Liste der
Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie und des Robert Koch-Instituts). Weiteres siehe Kapitel: Polioviren.
Immunantwort
Antigene Determinanten der Virusproteine auf
der Kapsidoberfläche (u.a. VP2) sind für die Serotypspezifität der einzelnen Coxsackieviren
verantwortlich. Einige Coxsackieviren zeigen
untereinander partielle Kreuzreaktion (Typen
A3 und A8, Typen A11 und A15 sowie Typen A13
und A18). Coxsackievirus B5 zeigt antigene Verwandtschaft mit dem Swine Vesicular Disease
Virus, einem tierpathogenen Enterovirus. Die
humorale Immunität wird durch serotypspezifische Antikörper der IgG-, IgM- und IgA-Klassen bedingt, wodurch die hämatogene Virusausbreitung zu den jeweiligen Zielorganen verhindert wird. 7–10 Tage nach der Infektion erscheint typspezifisches IgM und persistiert
mindestens 4 Wochen (in 90 % der Fälle). Einige Tage verzögert werden typspezifisches IgG
und IgA gebildet, wobei das IgG häufig für Jahre
nachweisbar ist. Die Immunantwort gleicht der
von Polioviren (siehe Kapitel: Polioviren).
Wegen des Vorhandenseins diaplazentar übertragbarer Antikörper der IgG-Klasse sind Säuglinge seropositiver Mütter in den ersten Lebensmonaten gegen eine Infektion mit dem entsprechenden Coxsackievirustyp geschützt. Für die
Coxsackieviren
durch Coxsackie B Viren bedingten Kardiomyopathien wird Autoimmunität durch „Molecular Mimicry“ als Ursache diskutiert. Danach
kann durch ähnliche antigene Determinanten
von Coxsackievirus B3 und Myozyten eine immunologische Kreuzreaktion und dadurch eine
Abwehrreaktion gegen Herzgewebe bewirkt
werden.
Epidemiologie
Reservoir für Coxsackieviren ist der Mensch. In
ihrem Wirtsbereich unterscheiden sich Coxsackieviren untereinander und von anderen Enteroviren. Charakteristisch für alle Coxsackieviren ist ihre Infektiösität für neugeborene Mäuse, wobei Viren der Gruppen A und B Unterschiede in den Krankheitsverläufen zeigen.
Coxsackievirus A7, A9 und andere sind für Affen pathogen. Vor allem Coxsackievirus A7 ruft
in Affen eine schwere polioähnliche Enzephalomyelitis hervor. Zelllinien vom Mensch und Affen werden zur Virusanzüchtung verwendet
(siehe Abschnitt: Labordiagnostik).
Coxsackievirus-Infektionen kommen weltweit
vor. In den gemäßigten Zonen findet die Mehrzahl der Infektionen im Sommer, in wärmeren
Ländern das ganze Jahr über statt. Wegen des
fehlenden Immunschutzes sind Kleinkinder
Hauptausscheider. Ungünstige hygienische und
sozioökonomische Bedingungen führen zu einem hohen Infektionsrisiko. CoxsackievirusInfektionen können gleichzeitig mit anderen
Enterovirus-Infektionen auftreten (z.B. Polioviren und ECHO Viren), wobei die Virusreproduktion eines der Viren durch Interferenz unterdrückt sein kann. Studien in verschiedenen
Ländern zeigten, dass Infektionen mit Coxsackievirus B2, B4 und B5, aber auch A9 besonders
häufig nachgewiesen wurden. Zur Epidemiologie der Bornholm Krankheit durch Coxsackieviren der Gruppe B und der akuten hämorrhagischen Konjunktivitis durch Coxsackievirus A24
(siehe Abschnitte: Historie und Erkrankungen/
Symptome). Ein Ausbruch mit Coxsackievirus
B5-bedingter Meningitis (> 220 erkrankte Personen) trat 1996 auf Zypern auf.
Risikogruppen
Genetik
Wirtsbereich
Von Coxsackievirus-Infektionen sind Kinder
am häufigsten betroffen. Bei immunsupprimierten Patienten sind die Krankheitszeichen
verstärkt. Infektionen mit Coxsackieviren der
Gruppe A zeigen bei Kindern im Allgemeinen
einen leichteren Verlauf als bei Erwachsenen.
Durch Infektionen mit Coxsackieviren der
Gruppe B sind Kinder vergleichsweise stark gefährdet. Bei Neugeborenen können diese Infektionen zu einer viralen Sepsis mit tödlichem
Verlauf führen (u.a. mit Myokarditis oder Enzephalitis). Coxsackieviren der Gruppe B stehen
im Verdacht bei Neugeborenen eine Myokarditis durch intrauterine Infektion hervorzurufen.
Ausbrüche mit Coxsackieviren können vor allem auf Neugeborenenstationen vorkommen.
Nach bisher nicht generell bestätigten Beobachtungen werden Infektionen mit einigen Coxsackieviren im ersten Trimenon der Schwangerschaft mit Fehlbildungen beim Föten assoziiert.
Das potenzielle teratogene Risiko wird kontrovers diskutiert, jedoch als eher gering eingeschätzt (siehe Abschnitt: Erkrankungen/Symptome).
Für die Genomorganisation von Humanen Coxsackieviren der Gruppen A und B siehe Abschnitt: Morphologie, und Kapitel: Polioviren. Die Accession-No. der Nukleinsäure- und
Proteinsequenzen sind zu finden unter:
http://life.bio2.edu/Ictv/ und
http://www.iah.bbsrc.ac.uk/virus/
Picornaviridae/picornavirus.htm.
Prävention
Eine aktive Immunisierung gegen Coxsackieviren kann nicht durchgeführt werden. Zur passiven Immunisierung stehen verschiedene Gamma-Globulinpräparate aus Rekonvaleszentenseren zur Verfügung, die Antikörper gegen einige
Coxsackieviren
enthalten.
Eine
Verabreichung der Gamma-Globuline ist innerhalb von 72 Stunden nach Kontakt sinnvoll.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Nosokomiale Coxsackievirus-Infektionen können von klinischem Personal durch Vernachlässigung der üblichen Hygiene übertragen werden. Wegen der fulminanten Verläufe sind Infektionen mit Coxsackieviren der Gruppe B auf
159
C
Cryptococcus capsulatus
Neugeborenenstationen besonders gefürchtet.
Wesentliche Präventionsmaßnahme ist die
fachgerechte Windelentsorgung. Gegebenenfalls ist eine räumliche Trennung der infizierten
Patienten vorzunehmen.
Meldepflicht
Es besteht keine Meldepflicht.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Nationales Referenzzentrum für Poliomyelitis
und Enteroviren
◗ Prof. Dr. E. Schreier, Robert Koch-Institut,
Nordufer 20, D-13353 Berlin; Tel.: 030-45472379 /-2378, Fax: 030-4547-2617, E-Mail:
[email protected]. U.a. zuständig für: Anzucht
und Typisierung von Enteroviren, intratypische Differenzierung von Virus-Isolaten,
Feststellung der individuellen Immunität,
molekularbiologische Feincharakterisierung, Führung und Abgabe von Referenzvirusstämmen.
◗ WHO Collaborating Center for Virus Reference and Research. Dr. B. F. Vestergaard,
Statens Seruminstitut, Artillerivej 5, DK-2300
Kopenhagen S, Dänemark; Tel.: 0045-3268
3453, Fax: 0045-3268 3148, E-Mail: [email protected];
http://www.ssi.dk. U.a. zuständig für den Bezug von Lim-Benyesch-Melnick-AntiserumPools zur Virustypisierung.
2. Pallansch, M.A. and Roos, R.P., Enteroviruses:
Polioviruses, Coxsackieviruses, Echoviruses and, Newer
Enteroviruses. In: Fields Virology, Fourth Edition, edited
by Knipe, D.M. et al., Lippincott Williams & Wilkins,
Philadelphia, Vol. 1, (2001) 723–775.
3. Racaniello, V.R., Picornaviridae: The Viruses and Their
Replication. In: Fields Virology, Fourth Edition, edited by
Knipe, D.M. et al., Lippincott Williams & Wilkins,
Philadelphia, Vol. 1, (2001) 685–722.
4. Zeichhardt, H., Enteroviren einschließlich Hepatitis-AVirus. In: Mikrobiologische Diagnostik, herausgegeben
von Burkhardt, F., Georg Thieme Verlag, Stuttgart, (1992)
345–358.
5. Zeichhardt, H. and Grunert, H.-P., Enteroviruses. In:
Clinical Virology Manual, Third Edition, edited by Specter,
S., Hodinka, R.L. and Young, S.A., ASM Press,
Washington, D.C., (2000) 252–269.
6. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of
Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio
Cryptococcus capsulatus
Histoplasma capsulatum
Cryptococcus gilchristi
Blastomyces dermatitidis
Cryptococcus meningitidis
Cryptococcus neoformans
Web-Adressen
The International Committee on Taxonomy of
Viruses: http://www.ncbi.nlm.nih.goc/ICTV/
All the virology on the WWW:
http://www.virology.net
The big picture book of viruses:
http://www.virology.net/Big_Virology/
BVHomePage.html
The Picornavirus Homepage:
http://www.iah.bbsrc.ac.uk/virus/
Picornaviridae
Cryptococcus neoformans
Erregerbezeichnung
Cryptococcus neoformans (Sanfelice 1895) Vuillemin 1901
Cryptococcus neoformans var. grubii ist Serotyp
A.
Cryptococcus neoformans var. neoformans ist
Serotyp D.
Cryptococcus neoformans var. gattii Vanbreuseghem & Takashio 1970, Serotypen B und C.
Schlüsselliteratur
1. King, A.M.Q. et al., Picornaviridae. In: Virus Taxonomy,
Classification and Nomenclature of Viruses, Seventh
Report of the International Committee on Taxonomy of
Viruses, edited by van Regenmortel, M.H.V. et al.,
Academic Press, San Diego, (2000) 657–678.
160
Synonym
Saccharomyces neoformans, Torulopsis neoformans, Cryptococcus meningitidis, Blastomyces lithogenes, Debaryomyces hominis u.a.
Cryptococcus neoformans
Morphologie
Wirtsgewebe und Liquor. Kugelige Hefezellen
(3–8 µm) mit Sprossungen, umgeben von einer
unterschiedlich ausgeprägten, meist prominenten Polysaccharidkapsel.
Kultur 35°C. Auf Sabouraud-Glucose-Agar nach
2–3 d cremefarbene bis bräunliche, schleimige,
glattrandige Hefekolonien. Auf Guizotia-abbyssinica-Kreatinin-Agar (Staib-Agar) braune Kolonien aufgrund Phenoloxidasereaktion. Ausbildung der Polysaccharidkapsel in vitro am besten auf Reisagar bei 28°C.
Taxonomie
Klasse:
Heterobasidiomycetes
Ordnung: Filobasidiales
Familie: Filobasidiaceae
Gattung: Cryptococcus
Art:
Cryptococcus neoformans (Sanfelice) Vuillemin Cryptococcus neoformans var.
neoformans und var. grubii, Teleomorph: Filobasidiella neoformans Kwon-Chung var. neoformans; Cryptococcus neoformans var. gattii
Vanbreuseghem & Takashio, Teleomorph: Filobasidiella bacillispora Kwon-Chung.
Historie
Erste Fallbeschreibung und Erregerisolierung
von O. Busse 1894 in Greifswald, weitere Arbeiten von A. Buschke 1895 und F. Sanfelice 1895.
Wichtige systematische Arbeiten wurden von K.
J. Kwon-Chung durchgeführt.
Erkrankungen/Symptome
Synonyme. Kryptokokkose, Busse-Buschkesche
Krankheit, Europäische Blastomykose.
Pulmonale Kryptokokkose. Erste Organmanifestation nach Erreger-Inhalation. Meist flüchtig und symptomarm; variable und uncharakteristische klinische und röntgenologische Symptomatik. Verlauf: akut, subakut oder chronisch.
Zerebrale Kryptokokkose. Symptome einer diffusen Meningoenzephalitis, schleichend oder
hochakut, oder Symptomatik wie bei Hirntumor mit intrakranieller Drucksteigerung mit
sensiblen und motorischen Ausfällen, heftigen
Kopfschmerzen, psychischen Veränderungen
und Hörstörungen. Unbehandelt tödlicher Verlauf.
Mukokutane Kryptokokkose. Meist sekundäre
Absiedlung aus Primärherd, selten primär kutan. Dermo-epidermale oder subkutane Papeln,
Pusteln, Ulzera. Disseminierung in Knochen,
Knochenmark, selten in Augen.
AIDS-assoziierte Kryptokokkose. Pathogenetischer Synergismus des HIV mit Cryptococcus
neoformans (Kapselbestandteile sind immunsuppressiv). Schwerste Krankheitsbilder, häufige Disseminierung (ZNS, Lunge, Myokard,
Knochenmark, Skelett, Leber, Milz, Haut, Urogenitalsystem, Prostata u.a.). Höchste Antigentiter. Erregerpersistenz lebenslang auch bei
Suppressionstherapie nach klinischer Heilung.
Differenzialdiagnose
Lungen- und ZNS-Manifestation: Tuberkulose,
Histoplasmose, Kokzidioidomykose, Brucellose, Tumoren, Toxoplasmose.
Hauteffloreszenzen: Varizellen, Karzinome,
Mollusca contagiosa.
Labordiagnostik
Untersuchungsmaterial. Liquor, Blut, Urin,
Prostataexprimat, Sputum, Bronchialsekret,
Punktate, Biopsiematerial.
Kultureller Nachweis. Pathognomonisch. Makroskopische und mikroskopische Merkmale
siehe Morphologie.
Mikroskopie. Von Liquorsediment: Darstellung
der Polysaccharidkapsel mit Tusche.
Antigen-Nachweis. Cryptococcus-Kapselantigen in Liquor und Serum pathognomonisch bedeutsam und praktisch wichtig; Antigen-Titerkinetik im Serum ermöglicht Therapiekontrolle
und prognostische Aussagen.
Serologie. Antikörper-Bildung nicht regelhaft
oder unterdrückt.
Therapie
Amphotericin B (0,3–0,6mg/kg/die) kombiniert
mit Flucytosin (100–150mg/kg/die in 4 Einzeldosen) und Fluconazol (400–800mg/die) oder
Itraconazol (400g/die). Nach klinischer Ausheilung Erhaltungsdosis von 100–200mg/die Fluconazol oder Itraconazol.
161
C
Cryptococcus neoformans
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Nach Inhalation gelangen Pilzzellen bis in die
Alveolen, dort erfolgt Adaptation an Körpertemperatur (temperaturabhängiger Dimorphismus). Polysacchridkapsel aus Glucuroxylomannan, Galactoxylomannan und Mannoprotein
schützt vor Phagozytose und Abtötung durch
Alveolarmakrophagen und andere Phagozyten
und ermöglicht Dissemination. Regeneration
der Kapsel erfolgt in vivo nach Inhalation. Kapselbestandteile werden ständig in Körperflüssigkeiten abgegeben und haben immunsuppressive Wirkung. Melanin- und Mannitolproduktion verleiht Schutz vor oxidativen Abwehrmechanismen. Osmotische Wirkung von Mannitol
verursacht zerebrales Ödem. Während chronischer Infektion: Antigenvariabilität (Veränderungen der Kapselstruktur und Membransterole) und genetische Variabilität (Instabilität des
Karyotypes).
Transmission
Inhalation von Cryptococcus-Zellen, aus dem
natürlichen Habitat. Keine Übertragung der
Kryptokokkose von Mensch zu Mensch.
Vermehrung und Inkubationszeit
Inkubationszeit mehrere Wochen, Persistenz
und Vermehrung im ruhenden Phagozyten.
Resistenz
Wärmetolerant, austrocknungsresistent.
Immunantwort
Reduzierte Wirtsantwort aufgrund verminderter Migration von Granulozyten zum Infektionsort, supprimierter T-Lymphozytenaktivierung und Antikörperproduktion durch zirkulierende Kapselbestandteile (bes. Glucuroxylomannan).
Risikogruppen
Menschen mit vorgeschädigtem T-Zellsystem,
insbesondere AIDS im Vollstadium, außerdem
Patienten unter immunsuppressiver und Kortikosteroid-Therapie einer Grundkrankheit bzw.
nach Organtransplantation. Infektion mit Var.
gattii ist auch bei Immunkompetenz möglich.
Epidemiologie
Var. grubii und var. neoformans sind weltweit
verbreitet, aus Vogel-, speziell Taubenkot und
aus mit Vogelkot kontaminierter Erde isolierbar. Var. gattii in Zentralafrika, Australien, Kalifornien, Südostasien und Mittelmeerländern
vorkommend, natürliches Habitat: Eucalyptusbäume und andere Gehölze. Inzidenz in der Gesamtbevölkerung der nördlichen Hemisphäre
0,5 Fälle pro Mio. Bevölkerung pro Jahr. Inzidenz der AIDS-Kryptokokkose: 5% (Deutschland) bis 10% (USA) bis 30% (Zentralafrika).
Genetik
Ein sexueller Vermehrungszyklus von Cryptococcus neoformans ist bekannt, weshalb die Zuordnung zu den Basidiomyceten erfolgte. Klinische und Isolate aus der Umwelt sind entweder
haploid und heterothallisch oder diploid. Das
Genom hat eine Größe von ca. 23 Mb; 13 Chromosomen bei Var. neoformans, 13–14 Chromosomen bei Var. gattii.
◗ Filobasidiella neoformans 5S rRNA Gen:
L14753
◗ Filobasidiella neoformans 18S ribosomal
RNA: L22641
◗ Filobasidiella neoformans var. neoformans
Stamm CBS882 26S rRNA Gen: AF189845
◗ Filobasidiella neoformans var. neoformans
Stamm IUM 90-0243, Genomsequenz:
AF205270
◗ Filobasidiella neoformans var. neoformans
Stamm NIH B3502, Genomsequenz:
AF205260
Wirtsbereich
Mensch und breites Spektrum von Wirbeltieren. Vögel sind in ihren Luftwegen nur kommensal mit Cryptococcus neoformans besiedelt,
scheiden die Pilze aber mit dem Kot aus und
sind daher ein wichtiges epidemiologisches Reservoir.
162
Prävention
Expositionsprophylaxe kaum möglich; bei Patienten mit <50 CD4+ T-Lymphozyten/ mm3 Prophylaxe mit Fluconazol (200mg/ die) erwägenswert.
Cryptosporidium parvum
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Erfassung und Auswertung der Kryptokokkosen im Rahmen des Surveys „Cryptococcosis in
Europe“ der European Confederation of Medical Mycology seit 1997.
Meldepflicht
Keine.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
◗ Konsiliarlabor: Robert-Koch-Institut, Nordufer 20, D-13353 Berlin:
http://yellow-fever.rki.de/INFEKT/
STECKBRF/STBR_PI/KRYPTO.HTM
◗ Institut Pasteur, Unité de Mycologie, 25, rue
du Docteur Roux, F-75724 Paris Cedex 15,
France.
◗ Epidemiologie, Klinik, Diagnostik, Therapie:
http://hivinfo.de/handbuch/kryptok.htm
◗ DSMZ Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH, Artenliste:
http://www.dsmz.de/species/gn300332.htm
◗ Centers for disease control and prevention:
http://www.cdc.gov
◗ HIV-Infektion und Kryptokokkose: University of California San Francisco and San Francisco General Hospital:
http://hivinsite.ucsf.edu
◗ Literaturüberblick:
http://www.uni-leipzig.de/~immun/
scrypto.htm
Schlüsselliteratur
1. Kwong-Chung, KJ & Bennett, JW. 1992, Medical Mycology.
Lea & Febiger, Philadelphia. 397 pp.
2. Casadevall, A & Perfect, JR. 1998, Cryptococcus
neoformans. American Society for Microbiology,
Washington DC.
3. Kurtzman, CP & Fell, JW. 1998, The Yeasts, A Taxonomic
Study. Elsevier Science B.V., Amsterdam. 656pp.
4. Müller, J. 1994, Pathogenese, Immunbiologie und
Epidemiologie der Kryptokokkose. Mycoses 37 Suppl. 1,
34–42.
5. Sia, RA, Lengeler, KB, Heitman, J. 2000. Diploid strains of
the pathogenic basidiomycete Cryptococcus neoformans
are thermally dimorphic. Fungal Genet Biol 29; 153–163.
Cryptosporidium parvum
Erregerbezeichnung
Cryptosporidium parvum
Synonym
Keine Daten verfügbar.
Morphologie
Intrazelluläre, jedoch extrazytoplasmatische
Protozoen, die in ihrer Entwicklung als Sporozoit, Schizont, Merozoit, Mikro- und Makrogamont, Mikro- und Makrogamet und Oozyste
auftreten. Schizont, Gamonten und Oozysten
liegen in einer von den Mikrovilli der Epithelzellen des Dünndarms gebildeten parasitophoren Vakuole und sind an der Anheftungsstelle
durch spezielle Strukturen mit der Wirtszelle
verbunden. Die mit dem Stuhl ausgeschiedenen
Oozysten haben einen Durchmesser von 4–5 µm
und enthalten eine Sporozyste mit 4 Sporozoiten.
Taxonomie
Protozoa
Stamm:
Klasse:
Ordnung:
Familie:
Apicomplexa
Sporozoa
Eucoccidiida
Cryptosporidiidae
Historie
Cryptosporidien wurden erstmals 1907 durch
Tyzzer als Parasiten von Labormäusen nachgewiesen. In der Folge stellte sich heraus, dass es
sich um ein weitverbreitetes Genus handelt, das
bei Fischen, Reptilien, Vögeln und Säugetieren
parasitiert. 1976 erfolgten die Erstnachweise
beim Menschen durch Meisel et al. und Nime et
al., wobei sich später Hinweise dafür ergaben,
dass Cryptosporidien als Opportunisten bei
AIDS auftreten können. Die Validität der zahlreichen beschriebenen Spezies ist unsicher; bei
der humanpathogenen Art handelt es sich um
C. parvum.
Erkrankungen/Symptome
Die Schwere und der Verlauf einer Cryptosporidiose werden durch die Immunkompetenz des
Wirtes bestimmt. Bei immunkompetenten Personen handelt es sich um eine selbstlimitierende Diarrhö von wenigen Tagen. Einen lebensbedrohlichen Verlauf mit großen Flüssigkeitsverlusten können die Durchfälle dagegen bei AIDSPatienten nehmen. Dasselbe gilt für Kinder, die
an Malnutrition oder ernsteren Erkrankungen
leiden.
163
C
Cryptosporidium parvum
Differenzialdiagnose
Wirtsbereich
Im Vordergrund der Cryptosporidiose – vor allem von Personen mit Immundefizienz – stehen
schwere Diarrhöen. Nausea, Erbrechen, Oberbauchbeschwerden und respiratorische Symptome können bei extraintestinalem Befall auftreten.
Neben dem Menschen dienen zahlreiche Säugetierarten als Wirt von C. parvum. Es besteht also
ein umfangreiches Parasitenreservoir.
Labordiagnostik
Der Nachweis einer Cryprosporidiose erfolgt
anhand der mit dem Stuhl ausgeschiedenen 4–
5 µm großen Oozysten, die nur eine Sporozyste
mit 4 Sporozoiten aufweisen. Als Verfahren
kommen mit modifizierter Ziehl-Neelsen-Färbung behandelte Stuhlausstriche, der direkte
Immunfluoreszenztest sowie ein Enzymimmuntest in Frage.
Risikogruppen
Wegen der hohen Cryptosporidienprävalenz
unter Kälbern sind alle in der Rinderzucht tätigen Personen einem besonderen Infektionsrisiko ausgesetzt. Das Risiko, schwerer an Cryptosporidiose zu erkranken, trifft im Wesentlichen
nur auf nicht immunkompetente Menschen zu
(HIV-Infizierte, Kleinkinder mit herabgesetztem Immunstatus).
Epidemiologie
Spezifische Merkmale
Cryptosporidien sind weltweit verbreitet. Vor
allem die Kontamination von Trinkwasser aus
Oberflächenwässern mit Oozysten hat mehrfach zu größeren Durchfallepidemien geführt,
so in Milwaukee, USA, mit mehr als 300.000
Fällen. (Oozysten überstehen die Trinkwasseraufbereitung durch Filtration und Chlorierung.)
Transmission
Prävention
Therapie
Bisher ist kein kausal wirkendes Therapeutikum verfügbar, so dass lediglich symptomatisch behandelt werden kann.
Die Übertragung der Cryptosporidien erfolgt
durch orale Aufnahme dickwandiger Oozysten
über kontaminierte Nahrungsmittel und Trinkwasser oder auch durch direkten Kontakt mit
einer infizierten Person.
Vermehrung
Cryptosporidien sind einwirtige Parasiten. Infektiöses Agens sind die mit dem Stuhl ausgeschiedenen Oozysten: Orale Aufnahme von Oozysten → Freisetzung der Sporozoiten im Darm
→ Anheften an Epithelzellen des Dünndarms
(u.a. Organe) → Einschluss des Parasiten in einer parasitophoren Vakuole der Wirtszelle →
Entwicklung zu Schizonten I → Bildung von 6–
8 Merozoiten → Freisetzung und Befall neuer
Zellen → Entwicklung zu Schizonten II → Bildung von 4 Merozoiten → Freisetzung und Befall neuer Zellen → Entwicklung zu Gamonten
→ Gamogonie → Bildung von dick- und dünnwandigen Oozysten → Sporogonie. Dickwandige Oozysten (80%) werden mit dem Stuhl ausgeschieden, während die 20% dünnwandigen
die Sporozoiten bereits im Darmlumen freisetzen und zur Endoautoinfektion führen können.
164
Neben den üblichen Maßnahmen der Stuhlhygiene gilt es, vor allem die Kontamination von
Trinkwasserreservoiren durch tierische Oozystenausscheider und damit Masseninfektionen
beim Menschen zu verhindern.
Meldepflicht
Für den Nachweis des Erregers besteht nach § 7
Abs. 1 eine namentliche Meldepflicht durch das
Laboratorium.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Offizielle Referenzzentren existieren nicht; als
fachlich qualifiziert anzusehen sind sämtliche
parasitologische und tropenmedizinische Institutionen.
Expertenlaboratorien
◗ Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Leopoldstr. 5, 80802 München
◗ Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin,
Bernhard-Nocht-Str. 74, 20359 Hamburg
◗ Hygiene-Institut, Abteilung Parasitologie, Im
Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg
Cyclospora cayetanensis
◗ Hygiene-Institut, Abteilung Tropenmedizin,
Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg
◗ Institut für Medizinische Parasitologie, Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn
◗ Institut für Parasitologie, Rudolf-BuchheimStr. 2, 35392 Gießen
◗ Institut für Parasitologie, Bünteweg 17, 30559
Hannover
◗ Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin, Königsweg 65, 14163 Berlin
◗ Institut für vergleichende Tropenmedizin
und Parasitologie, Leopoldstr. 5, 80802 München
◗ Institut für Tropenmedizin, Wilhelmstr. 31,
72074 Tübingen
◗ Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Wiederholdstr. 15, 70174 Stuttgart
◗ Landesinstitut für Tropenmedizin, Engeldamm 62/64, 10179 Berlin
Cyclospora cayetanensis
Erregerbezeichnung
Cyclospora cayetanensis
C
Synonym
Keine Daten verfügbar.
Morphologie
Intrazelluläre, in den Enterozyten von Duodenum und Jejunum parasitierende Protozoen,
die im Zuge ihrer Entwicklung als Sporozoit,
Schizont, Merozoit, Mikro- und Makrogamont,
Mikro- und Makrogamet und Oozyste auftreten. Die mit dem Stuhl ausgeschiedenen Oozysten sind unsporuliert und haben einen Durchmesser von 8–10 µm. Nach Sporulation im Freien enthalten sie jeweils 2 Sporozysten mit je 2
Sporozoiten.
Web-Adressen für Parasiten
◗ Deutsche Gesellschaft für Parasitologie:
http://www.dgp.parasitologie.de
◗ Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft: http://www.dvg.net u.a. Infos zur
Fachgruppe „Parasitologie und parasitaere
Krankheiten“
◗ Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin
und Internationale Gesundheit:
http://www.dtg.mwn.de
◗ British Society for Parasitology:
http://www.abdn.ac.uk/bsp/
◗ American Society of Parasitologists:
http://www.museum.unl.edu/asp
◗ Universität Berlin: Lehrstuhl für molekulare
Parasitologie:
http://www.biologie.hu-berlin.de/molpara
◗ CDC-Center for Disease Control and Prevention: http://www.cdc.gov/
◗ WHO-World Health Organization:
http://www.who.int/
Schlüsselliteratur
1. Ackers JP (1997) Gut coccidia - Isospora,
Cryptosporidium, Cyclospora and Sarcocystis. Sem
Gastrointest Dis 8: 33–44
2. Despommier DD, Gwadz RW, Hotez PJ (1995) Parasitic
Diseases. 3rd Edition. Springer-Verlag, New York etc.
3. Fayer R (ed) (1997) Cryptosporidium and
cryptosporidiosis. CRC Press, Boca Raton
4. Petry F (ed) (2000) Cryptosporidiosis and
microsporidiosis. Contributions to Microbiology 6.
Karger, Basel
5. Tzipori S (ed) (1998) Opportunistic Protozoa in humans.
Adv Parasitol 40
Taxonomie
Protozoa
Stamm:
Klasse:
Ordnung:
Familie:
Apicomplexa
Sporozoa
Eucoccidiida
Eimeriidae
Historie
Die Gattung Cyclospora wurde 1881 als Tierparasit durch Schneider etabliert, jedoch erst ab 1985
wurden auch im Stuhl des Menschen Erreger
nachgewiesen, die man zunächst als Cyanobakterien-ähnliche Organismen auffasste, ehe sie
1993/94 (als eine Spezies des Genus Cyclospora
erkannt) bei den Coccidien eingeordnet werden
konnten.
Erkrankungen/Symptome
Entzündliche Prozesse an der Darmschleimhaut, Kryptenhyperplasie und Villusatrophie
sind Folgen eines Cyclospora-Befalls. Die Erkrankung äußert sich bei Immunkompetenten
in einer über durchschnittlich 7 Wochen anhaltenden Diarrhö sowie Nausea, Anorexie und
Abdominalkrämpfen. Bei AIDS-Patienten ist
der Befall massiver, und die Diarrhö kann wesentlich länger andauern.
Differenzialdiagnose
In der akuten Phase andere typische Reisedurchfälle.
165
Cyclospora cayetanensis
Labordiagnostik
Der Nachweis von C. cayetanensis erfolgt anhand der mit dem Stuhl ausgeschiedenen Oozysten, die sich nach Anreicherung oder im Stuhlausstrich durch eine modifizierte Ziehl-Neelsen-Färbung oder eine modifizierte Karbolfuchsinfärbung darstellen lassen.
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Offizielle Referenzzentren existieren nicht; als
fachlich qualifiziert anzusehen sind sämtliche
parasitologische und tropenmedizinische Institutionen.
Expertenlaboratorien
Therapie
Als einziges Mittel hat sich bisher Trimethoprim-Sulfamethoxazole als wirksam erwiesen
(5mg/kg KG/d für 7 Tage bei Erwachsenen oder
3–5 Tage bei Kindern).
Spezifische Merkmale
Transmission
Die Übertragung erfolgt wahrscheinlich auf fäkal-oralem Wege, entweder direkt oder über
kontaminiertes Trinkwasser, Gemüse etc.
Vermehrung
C. cayetanensis ist ein einwirtiger Parasit. Der
Entwicklungszyklus ist noch nicht vollständig
aufgeklärt, folgt vermutlich aber dem üblichen
Eucoccidien-Schema mit Schizogonie, Oogonie
und Sporogonie.
Wirtsbereich
C. cayetanensis wurde bisher lediglich als Parasit des Menschen beschrieben. Ein tierisches Reservoir ist nicht bekannt.
Risikogruppen
Besondere Risikogruppen sind nicht bekannt.
Die Cyclosporiasis stellt lediglich für immundefiziente Personen wegen monatelanger Diarrhöen ein Problem dar.
Epidemiologie
C. cayetanensis ist vermutlich weltweit verbreitet. Auffallend ist eine strenge, bisher nicht erklärbare Saisonalität im Auftreten der Infektion.
Prävention
Ordnungsgemäße Beseitigung menschlicher
Fäkalien ist wichtigste Voraussetzung zur Unterbrechung einer Übertragung. Welche Maßnahmen erforderlich sind, um Cyclospora-Oozysten im Trinkwasser abzutöten, ist unbekannt.
166
◗ Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin, Leopoldstr. 5, 80802 München
◗ Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin,
Bernhard-Nocht-Str. 74, 20359 Hamburg
◗ Hygiene-Institut, Abteilung Parasitologie, Im
Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg
◗ Hygiene-Institut, Abteilung Tropenmedizin,
Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg
◗ Institut für Medizinische Parasitologie, Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn
◗ Institut für Parasitologie, Rudolf-BuchheimStr. 2, 35392 Gießen
◗ Institut für Parasitologie, Bünteweg 17, 30559
Hannover
◗ Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin, Königsweg 65, 14163 Berlin
◗ Institut für vergleichende Tropenmedizin
und Parasitologie, Leopoldstr. 5, 80802 München
◗ Institut für Tropenmedizin, Wilhelmstr. 31,
72074 Tübingen
◗ Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Wiederholdstr. 15, 70174 Stuttgart
◗ Landesinstitut für Tropenmedizin, Engeldamm 62/64, 10179 Berlin
Web-Adressen für Parasiten
◗ Deutsche Gesellschaft für Parasitologie:
http://www.dgp.parasitologie.de
◗ Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft: http://www.dvg.net u.a. Infos zur
Fachgruppe „Parasitologie und parasitaere
Krankheiten“
◗ Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin
und Internationale Gesundheit:
http://www.dtg.mwn.de
◗ British Society for Parasitology:
http://www.abdn.ac.uk/bsp/
◗ American Society of Parasitologists:
http://www.museum.unl.edu/asp
◗ Universität Berlin: Lehrstuhl für molekulare
Parasitologie:
http://www.biologie.hu-berlin.de/molpara
Cytomegalie Virus
◗ CDC-Center for Disease Control and Prevention: http://www.cdc.gov/
◗ WHO-World Health Organization:
http://www.who.int/
Taxonomie
Das humane Cytomegalievirus gehört zur Familie Herpesviridae, Genus Betaherpesviridae.
Sub- oder Serotypen werden nicht unterschieden.
Schlüsselliteratur
1. Ackers JP (1997) Gut coccidia - Isospora,
Cryptosporidium, Cyclospora and Sarcocystis. Sem
Gastrointest Dis 8: 33–44
2. Ortega YR, Sterling CR, Gilman RH (1998) Cyclospora
cayetanensis. In: Tzipori S (ed) Opportunistic Protozoa in
humans. Adv Parasitol 40: 399–418
Cysticercus bovis
Taenia saginata
Historie
Mit der Entwicklung von Zellkulturtechniken
gelang es erstmals 1956, das Cytomegalievirus
(griech. kytos, Zelle und megas, groß) zu isolieren. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts sind
die typischen Eulenaugenzellen mit ihren charakteristischen Einschlusskörpern von Histopathologen in fetalen Geweben beschrieben worden, wurden aber irrtümlich Protozoen zugeschrieben.
Erkrankungen/Symptome
Cysticercus cellulosae
Taenia solium
Cysticercus racemosus
Taenia solium
Cytomegalie Virus
Erregerbezeichnung
Humanes Cytomegalie Virus (HCMV)
Synonym
Humanes Herpesvirus 5 (HHV5)
Morphologie
Das Virion weist die typische Struktur der Herpesviren aus Kapsid, Tegument und äußerer
Membranhülle auf. Dementsprechend ist das
Kapsid ikosaedrisch, besteht aus 162 Kapsomeren und enthält ein doppelsträngiges DNA-Genom mit 235 kb. Das Kapsid wird von dem
amorph erscheinenden Tegument umgeben. In
die äußere Membranhülle sind virale Glykoproteine integriert, die für die Anheftung und die
Fusion der Virushülle mit der Wirtszelle verantwortlich sind.
Für das Verständnis der CMV Infektion ist die
Unterscheidung der symptomatischen CMVErkrankung mit vielfältigen klinischen Manifestationsmöglichkeiten einerseits von der
CMV-Infektion mit Virusausscheidung, jedoch
ohne klinische Symptomatik andererseits notwendig. Ausmaß und Verlauf der aktiven CMVInfektion sind in hohem Maße vom Immunstatus des Patienten bestimmt. Dabei kommt der
zellulären Immunität die entscheidende Rolle
zu. Primär asymptomatische Infektionen können bei ungenügender immunologischer Kontrolle im weiteren Verlauf zu allgemeinen und
organspezifischen Symptomen führen. Von klinischen CMV-Erkrankungen sind daher v.a.
immunsupprimierte, immundefiziente oder
immunologisch unreife Personen betroffen.
Nach Organtransplantationen sind CMV-Infektionen häufig Auslöser akuter oder chronischer
Abstoßungsreaktionen, nach allogener Knochenmarktransplantation Auslöser der Graftversus-Host-Erkrankung. Erhält ein seronegativer Empfänger ein Organ eines seropositiven
Spenders, kommt es infolge der Übertragung latenter CMV-Genome in der Posttransplantationsphase häufig zur CMV-Primärinfektion.
Diese verläuft in der Regel schwerwiegender als
die Reaktivierung vorbestehender CMV-Infektionen oder die Superinfektionen eines seropositiven Transplantatempfängers mit neuen
CMV-Stämmen.
Neben verschiedenen wenig spezifischen Symptomen (z.B. Fieber, Blutbildveränderungen,
Transaminasenanstieg) lassen sich die folgen167
C
Cytomegalie Virus
den CMV-verursachten Krankheitsbilder zusammenfassen:
besondere zur HIV-Enzephalopathie bzw. AIDS
dementia complex, ist schwierig.
CMV-Pneumonie. Die CMV-Pneumonie tritt
besonders bei knochenmarktransplantierten
Patienten auf und stellt sich röntgenologisch als
interstitielle Pneumonie dar. Klinische Symptome sind Fieber, nichtproduktiver Husten und
Dyspnoe. Die Prognose ist in Abhängigkeit von
der eintretenden Hypoxie und dem Behandlungsbeginn mit Virostatika insgesamt eher
schlecht.
Kongenitale CMV-Infektion. Bei CMV-Primärinfektionen in der Schwangerschaft resultiert in
40–50% eine diaplazentare Übertragung des Virus. Diese führt in ca. 25% zum kongenitalen Zytomegaliesyndrom. Symptome sind Hepatosplenomegalie, intra- oder extrahepatische Gallengangsatresie, Chorioretinitis, Mikrozephalie,
Enzephalitis (mit oder ohne periventrikulären
Verkalkungen), Thrombozytopenie, Anämie
und offenbar auch kardiovaskuläre Defekte.
Oligosymptomatische Formen mit passagerer
viszeraler Symptomatik sind häufiger als das
Vollbild. Fetopathien sind häufiger als Embryopathien, das Risiko einer schwerwiegenden Infektion scheint in der ersten Schwangerschaftshälfte erhöht. Die Spätschäden sind in Form von
geistigen und körperlichen Entwicklungsrückständen, Intelligenzdefiziten, Taubheit und
Sprachstörungen erheblich.
Auch CMV-seropositive Schwangere können
das Virus intrauterin übertragen. Die infizierten
Neugeborenen sind praktisch nie symptomatisch. Die Entstehung von sensoneuronalen
Spätschäden ist unter diesen Bedingungen offenbar möglich, Häufigkeit und Prognose dieser
Manifestationen sind aber noch nicht sicher geklärt.
CMV-Chorioretinitis. Es handelt sich um die typische und häufigste Organmanifestation HIVpositiver Patienten. Die CMV-Retinitis kommt
jedoch auch bei kongenitalen CMV-Infektionen
vor. Funduskopisch imponieren weiße exsudativ und schließlich nekrotische Netzhautbezirke
(DD: Cotton-wool spots). Dazu können perivaskuläre Hämorrhagien treten. Die CMV-Infektion des Auges ist schmerzlos und kann bei peripherer Netzhautlokalisation lange unbemerkt
bleiben. Ohne rechtzeitige Behandlung tritt die
Erblindung ein.
CMV-Colitis/Ösophagitis. Die CMV-Infektion
bestimmter Abschnitte des gesamten Gastrointestinaltraktes, z.B. von Ösophagus, Magen,
Duodenum, Gallenblase, Pankreas und Colon
wird bei Patienten mit Immundefekten oder
HIV-Infektion beobachtet. Die Folgen sind Erosionen der Mukosa, submuköse Ulzerationen
und gelegentlich Perforationen. Als Symptome
treten Schmerzen, Diarrhö und gegebenenfalls
Blutungen auf.
CMV-Hepatitis. Ein transienter Transaminasenanstieg ohne Cholestasezeichen wird fast regelmäßig bei immunkompetenten Personen mit
unkomplizierter CMV-Infektion gefunden. Bei
Immunkompromittierten Patienten, insbesondere nach Lebertransplantation, werden schwere Verläufe mit Cholestase beobachtet.
CMV-Meningoenzephalitis. Die CMV-Infektion des ZNS kommt am häufigsten bei kongenitaler Infektion vor. Bei immunsupprimierten
Patienten mit enzephalitischen Symptomen
kann CMV auch im Liquor gefunden werden,
insbesondere bei HIV-Infizierten. Die klinische
Differenzialdiagnose zu anderen Ursachen, ins168
Subpartale/frühpostnatale CMV-Infektion. Die
CMV-Infektion des reifen Neugeborenen verläuft in der Regel asymptomatisch, obwohl infizierte Säuglinge und Kleinkinder über Jahre Virus im Urin und Speichel ausscheiden können.
Bei Frühgeborenen kommt es vermutlich durch
die immunologische Unreife bedingt zu symptomatischen
Verläufen
unterschiedlicher
Schweregrade. Es wurde ein sepsis-like-syndrome mit fatalem Ausgang sowie Pneumonie, Hepatitis und Anämie beobachtet.
CMV-Mononukleose. Die CMV-Primärinfektion verläuft in der großen Mehrzahl der Fälle
asymptomatisch. Treten bei sonst immunkompetenten Personen doch Symptome auf, sind
diese eher uncharakteristisch: Fieber, Lymphknotenschwellungen, Hepatosplenomegalie. In
seltenen Fällen kann die CMV-Infektion durch
Komplikationen wie eine Myokarditis oder ein
Guillain-Barré-Syndrom in Erscheinung treten.
Cytomegalie Virus
Gefäßerkrankungen. Verschiedene epidemiologische Studien sowie experimentelle Befunde
aus Tiermodellen haben die CMV-Infektion mit
verschiedenen Gefäßerkrankungen und Arteriosklerose in Zusammenhang gebracht. Klar
scheint zu sein, dass CMV ein entscheidender
pathogenetischer Faktor bei verschiedenen Formen beschleunigter Gefäßerkrankungen (z.B.
Transplantatvaskulopathie) ist.
munfluoreszenztest und Komplementbindungsreaktion. Bei immunkompromittierten
Patienten mit akutem Infektionsverdacht ist jedoch den direkten Nachweisverfahren der Vorrang zu geben. Neugeborene mit kongenitaler
CMV-Infektion können serologisch unauffällig
sein, so dass im Krankheitsverdacht die Virusisolierung innerhalb der ersten beiden Lebenswochen angestrebt werden muss.
Differenzialdiagnose
Therapie
In Abhängigkeit der klinischen Situation und
der vorliegenden Symptome müssen sehr unterschiedliche Differenzialdiagnosen erwogen
werden, bei Retinitis von HIV-Infizierten z.B.
Toxoplasmose, bei Mononukleose immunkompetenter Patienten z.B. Epstein-Barr Virus etc.
Als therapeutisch bzw. prophylaktisch wirksam
erwiesen sich bei definierten Patientenkollektiven: i) Die antivirale systemische Chemotherapie mit Ganciclovir, Foscarnet und Cidofovir
bei lebens- oder organbedrohenden CMV-Infektionen immunkompromittierter Patienten;
ii) die Gabe von CMV-Hyperimmunglobulin bei
knochenmarktransplantierten Patienten; iii)
die Übertragung in vitro-sensibilisierter CMVspezifischer zytotoxischer T Zellen vom HLAkompatiblen Knochenmark-Spender bei knochenmarktransplantierten Empfängern.
Für die spezifische Behandlung kongenital infizierter Neugeborener bestehen noch keine allgemein akzeptierten Therapieempfehlungen.
Verschiedene Berichte deuten darauf hin, dass
die virostatische Therapie mit Ganciclovir erfolgreich sein kann.
Labordiagnostik
Die Labordiagnostik der CMV-Infektion ist weit
entwickelt und muss entsprechend der klinischen Verdachtssituation gezielt eingesetzt werden. Bei akutem Infektionsverdacht gefährdeter
Patienten sind direkte Verfahren zum Virusnachweis angezeigt:
Direkte Verfahren zum Virusnachweis. Hierzu
zählen die Virusisolierung, der qualitative und
quantitative Nukleinsäurenachweis durch Polymerasekettenreaktion und der Antigennachweis durch monoklonale Antikörper („early antigen“ in der Fibroblastenkultur in vitro, „pp65
antigen“ in peripheren Blutlymphozyten des
Patienten). Als Untersuchungsmaterial kommen polymorphnukleäre Zellen des peripheren
Blutes (virämische Infektion), Trachealsekret
(bei V.a. Pneumonie), Liquor (bei V.a. ZNS-Infektion), Kammerwasser, Vitrektomiematerial
(V.a. Retinitis), Nabelschnurblut und Fruchtwasser (bei V.a. pränatale Infektion), Biopsiematerial sowie Urin und Rachenspülwasser in
Frage. Bei Neugeborenen mit dem Verdacht der
angeborenen CMV-Infektion sollte innerhalb
der ersten zwei Lebenswochen Virus nachgewiesen werden, vorzugsweise aus Urin. Der spätere Virusnachweis lässt keine Abgrenzung zur
subpartal oder frühpostnatal erworbenen Infektion mehr zu.
Indirekte Verfahren. Nachweis virusspezifischer Antikörper der Subklassen IgM, IgA und
IgG aus Serum und Liquor mittels Elisa, Im-
Spezifische Merkmale
Pathogenität, Virulenz und Antigenvariabilität
Die CMV-Infektion zeichnet einen breiten Zelltropismus aus, der Epithel-, Endothel-, glatte
Muskelzellen, Fibroblasten und myelomonozytäre Zellen (Monozyten, Makrophagen, Granulozyten, CD34+ Vorläuferzellen, Megakaryozyten) einschließt. In produktiv infizierten Zellen
wirkt die CMV-Infektion direkt und indirekt lytisch. Bei schlechtem zellulären Immunstatus
kommt es zu Veränderungen einzelner Zellen
(z.B. „Eulenaugenzellen“) und von Zellverbänden (z.B. Endothelschäden durch die Ablösung
infizierter Endothelzellen). Für die Immunkontrolle der CMV-Infektion sind die zelluläre Immunabwehr und von T-Lymphozyten produzierte Faktoren des Immunsystems entscheidend, Antikörper haben nur eine unterstützende Funktion. Multiple genetische Funktionen
befähigen das Virus, sich der Immunkontrolle
partiell zu entziehen. Die virale Immunevasion
169
C
Cytomegalie Virus
kann durch spezifische Funktionen des Immunsystems wiederum kompensiert werden, setzt
aber eine intakte zelluläre Immunität voraus.
Die Antigenität von HCMV ist stabil. Sub- und
Serotypen werden nicht unterschieden. Mit Hilfe von molekulargenetischen Analysen und gegebenenfalls auch serologischen Methoden lassen sich gleichwohl HCMV-Isolate grundsätzlich unterscheiden.
HCMV Ausscheidung während der Schwangerschaft und Stillperiode.
Resistenz
Resistenzbildung von HCMV kann nach Anwendung virostatischer Medikamente eintreten. Die Resistenzentstehung gegen Ganciclovir,
Foscarnet und Cidovofir geht mit Mutationen in
spezifischen Genen (UL97 Kinase bzw. UL54
DNA Polymerase) einher.
Transmission
CMV wird bei intimen Körperkontakten durch
Sekrete (Muttermilch, Speichel, Zervixsekret,
Sperma, Urin), iatrogen durch Transfusion von
weißen Blutzellen und Organtransplantation
sowie diaplazentar übertragen. Zur Vermeidung der CMV-Übertragung durch Leukozyten
sind Filter wirksam, die Leukozyten zurückhalten.
Vermehrung und Inkubationszeit
HCMV kann in vitro nur in Fibroblastenkulturen effizient vermehrt werden, der Replikationszyklus des Virus beansprucht hierfür mindestens 3 Tage. Dabei durchläuft HCMV wie alle
Herpesviren drei Replikationsphasen („immediate early“, „early“ und „late“). Bei der Primärinfektion des Patienten kann keine genaue Inkubationszeit angegeben werden. Das Auftreten
von Symptomen und der Beginn der Virusausscheidung kann variabel zwischen wenigen Wochen und Monaten liegen. Wie alle Herpesviren
kann HCMV in vivo eine latente, nichtproduktive Infektionsform mit episomaler Lokalisation
der viralen DNA etablieren, aus der die produktive Virusvermehrung reaktiviert werden kann.
Das intakte Immunsystem kann die CMV-Replikation beenden, das Virus jedoch grundsätzlich nicht aus dem Organismus eliminieren, da
dieses in seiner latenten Form für das Immunsystem unsichtbar bleibt. Als Latenzort von
CMV werden unterschiedliche Zelltypen diskutiert, u.a. monozytäre Vorläuferzellen und Endothelzellen. Exogene Faktoren, die zur Reaktivierung der CMV-Replikation führen sind bisher schlecht definiert (z.B. Stress), Immundefizienz begünstigt zumindest die Ausdehnung
der reaktivierten Infektion. Die CMV-Reaktivierung führt zur Virusausscheidung über Körpersekrete. Vermehrt findet man Episoden der
170
Immunantwort
Die Immunantwort gegen HCMV umfasst praktisch alle Komponenten der angeborenen und
der antigenspezifischen Immunität. Von zentraler Bedeutung für die immunologische Kontrolle der Virusreplikation ist die zellvermittelte
Immunität, hierbei stehen CD8+ T Lymphozyten und Natürliche Killerzellen im Vordergrund. Antikörper können einige Wochen nach
Infektion nachgewiesen werden. Die Messung
der Avidität von CMV-spezifischen IgG erlaubt
im Einzellfall Rückschlüsse auf den Infektionszeitpunkt. HCMV-spezifische Antikörper sind
jedoch nicht immer in der Lage, die Superinfektion mit neuen Virusstämmen zu verhindern.
Wirtsbereich
Das Humane Cytomegalievirus ist strikt spezies-spezifisch und infiziert ausschließlich den
Menschen.
Risikogruppen
1. Immunsupprimierte und immundefiziente
Patienten, 2. (seronegative) Schwangere, 3. Föten 4. Frühgeborene.
Epidemiologie
In der Bundesrepublik sind ca. 50% der Erwachsenen in Abhängigkeit von sozioökonomischem
Status und anderen Faktoren seropositiv. In anderen Gesellschaften beträgt die Seroprävalenz
bis zu 95%. Neuinfektionen werden insbesondere im frühen Kindesalter und später mit der
Aufnahme sexueller Beziehungen beobachtet.
Bei CMV-Infektionen von Kleinkindern kommt
es mit 50% Wahrscheinlichkeit innerhalb von 6
Monaten zur Infektion der seronegativen Mutter.
HCMV ist die häufigste Ursache prä- und perinataler Virusinfektionen in der Bundesrepublik
Cytomegalie Virus
Deutschland. Legt man Untersuchungen aus
den USA zugrunde, muss die Zahl der Neugeborenen mit kongenitalem CMV-Syndrom in
Deutschland auf bis zu 800/Jahr, die Gesamtzahl kongenitaler CMV-Infektionen auf ca.
6800/Jahr veranschlagt werden.
Medikamenten wie z. B. Ganciclovir. Ihre Anwendung erfolgt systemisch, bei CMV-Retinitis
aber auch durch lokale Applikation.
Genetik
Referenzzentren, Expertenlaboratorien und
Web-Adressen
Das virale Genom ist ein lineares, doppelsträngiges DNA-Molekül mit ca. 235 kb. Es besteht
aus zwei kovalent miteinander verbundenen
Komponenten, UL und US. Der G+C Gehalt der
CMV-DNA liegt bei 58%. Das CMV-Genom beinhaltet ca. 200 offene Leserahmen, wobei die
Funktion der meisten exprimierten Genprodukte bisher noch unbekannt ist. Im Vergleich
zu Laborstämmen weisen Wildisolate zusätzliche Genfunktionen auf.
Gensequenz von HCMV Stamm AD169 Acc. No.
NC_001347
Prävention
Eine CMV-Vakzine für den klinischen Einsatz
ist bislang nicht verfügbar. Die Infektionsgefahr
bei gefährdeten seronegativen Schwangereren
(z.B. Kindergärtnerinnen oder Mütter mit Kindergartenkindern) kann durch Aufklärung und
Hygienemaßnahmen reduziert werden. Routineuntersuchungen im Rahmen der Schwangerenvorsorge werden in Deutschland bisher
nicht durchgeführt. Bei besonders gefährdeten
Patienten wie Immunsupprimierten kann
durch Auswahl von seronegativen Blutspendern bzw. durch die Gabe von gefilterten Blutkonserven die Virusübertragung vermieden
werden. Die Übertragung auf Frühgeborene
durch virushaltige Muttermilch kann durch die
Auswahl seronegativer Ammen oder durch die
Virusinaktivierung HCMV-positiver Milch vermieden werden.
Strategien zur Krankheitsvorbeugung und
Kontrolle
Patienten mit dem Risiko einer CMV-Erkrankung (z.B. nach Organtransplantation) müssen
einer engmaschigen diagnostischen Kontrolle
unterliegen, die eine frühzeitige Einleitung virostatischer Maßnahmen erlaubt (preemptive
therapy). Alternativ besteht auch die Möglichkeit einer Dauerprophylaxe mit virostatischen
Meldepflicht
C
Eine Meldepflicht nach IfSG besteht nicht.
Konsiliarlaboratorium: Prof. Dr. Thomas Mertens, Universität Ulm, Abteilung Virologie, Albert-Einstein-Allee 11, 89081 Ulm; Tel. 0731/5023341, Fax: 0731/502-3337:
Konsiliarlaboratorium für congenitale Virusuntersuchungen: Prof. Dr. G. Jahn, Universität
Tübingen, Institut für Med. Virologie, Calwerstr. 7/6, 72076 Tübingen, Tel. 07071/29-84921,
Fax: 07071/29-5790.
Web-Adressen
◗ Introduction to virology:
http://www-micro.msb.le.ac.uk/109/
Introduction.html
◗ All the virology on the WWW:
http://www.virology.net
◗ Virus databases on-line:
http://life.anu.edu.au/viruses/
◗ The big picture book of viruses:
http://www.virology.net/Big_Virology/
BVHomePage.html
◗ National center of biotechnology information:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/
◗ Links to further information on viruses:
http://www2.rki.de/INFEKT/ENIVD/RS1.HTM
◗ The International Committee on Taxonomy
of Viruses:
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/ICTV/
◗ The World of Human Cytomegalovirus
(HCMV) and the Human Cytomegalovirus
webring: http://www.biografix.de/cmv/
welcomeie.htm
Schlüsselliteratur
1. Mandell, G.L., Bennett, J.E., Dolin, R. (eds) Principles and
Practice of Infectious Diseases, Churchill Livingstone 1995.
2. Mocarski, E.S. Cytomegaloviruses and their Replication.
In: Virology, Third Edition, edited by Fields, N., et al.,
Lippincott-Raven Philadelphia, Vol 2, (1996) 2447–2492.
3. Britt, W.J., Alford, C.A. Cytomegalovirus. In: Virology,
Third Edition, edited by Fields, N., et al., Lippincott-Raven
Philadelphia, Vol 2, (1996) 2493–2524.
4. Tidona, C.A., Darai, G. (Eds.) (2001), The Springer Index of
Viruses, Springer Berlin, Heidelberg, New York, Tokio
171
Herunterladen