13 - Uni Marburg

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Rempelei unter Elektronen
Erstmals beobachtet: Ultrakurze physikalische Prozesse
Teilchenfalle:
Hinter dem
komplexen
optischen Versuchsaufbau
erkennt man
die Vakuumkammer mit
dem halbkugelförmigen
Elektronenanalysator.
Jens Güdde
Marburger Physiker haben erstmals die grundlegenden mikroskopischen Prozesse beobachtet, die für den elektrischen Widerstand von Materialien verantwortlich sind. Den Forschern
am Fachbereich Physik der Philipps-Universität ist es gelungen,
Strompulse zu erzeugen und
nachzuweisen, die tausend mal
kürzer sind als solche, die bisher
mit der schnellsten Elektronik
messbar waren. Die Ergebnisse
ermöglichen fundamentale Aussagen über die Wechselwirkung
von Elektronen in Festkörpern.
Die elektrische Leitfähigkeit
von Metallen wird durch Stöße
der Elektronen an den Atomrümpfen bestimmt. Selbst in sehr
guten elektrischen Leitern wie
Kupfer beträgt die Zeit zwischen
zwei Stößen nur wenige Femtosekunden. Diese Effekte konnten
bisher jedoch nie direkt gemes-
sen werden. In Marburg konnten
nun erstmals ultrakurze Strompulse berechnet und experimentell realisiert werden; sie wurden durch Bestrahlung von Metalloberflächen mit Femtosekundenlasern generiert – eine Femtosekunde entspricht der Dauer
von 0,000 000 000 000 001
Sekunden. Die gezielte Erzeugung und Manipulation solcher
Strompulse eröffnet nicht nur
ein weites Feld der Grundlagenforschung, sondern könnte eines
Tages zur Entwicklung elektronischer Bauelemente führen.
Um elektrische Ströme an
einer Kupferoberfläche zu er-
zeugen, verwendeten die Forscher Laserpulse. Die eingestrahlte Energie versetzt die
Elektronen in dem bestrahlten
Material in einen angeregten
Zustand. Die Besonderheit des
Marburger Experiments liegt
aber vor allem in dem Nachweis
des Stroms mit Hilfe des Photoeffekts. Dazu wird ein weiterer
Laserpuls eingestrahlt, der
die angeregten Elektronen aus
der Probe herausschlägt, ohne
ihre Geschwindigkeit parallel
zur Oberfläche zu ändern: Der
Strom kann dann beobachtet
werden, indem man die Geschwindigkeitsverteilung der
emittierten Elektronen mit einem Elektronenanalysator misst.
Die Ergebnisse der Physikprofessoren Ulrich Höfer und Stephan
Koch sowie ihrer Kollegen
wurden in „Science“ veröffentlicht.
>> vd
Subtile Geschichtspolitik
Trotz Zäsur aktuell
Verbundprojekt erforscht frühneuzeitliche Erinnerungsliteratur
50 Jahre wirtschaftswissenschaftlicher Systemvergleich
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Gemeinschaftsprojekt „Herrschermemoria und politische Norm in
der Frühen Neuzeit“, das die
Forschungsstelle für Personalschriften zusammen mit dem
Seminar für Neuere Geschichte
der Philipps-Universität durchführt. Im Mittelpunkt stehen
Gedenktexte, die an verstorbene Fürsten erinnern und politische Leitbegriffe vermitteln.
Die Gesamtsumme der eingeworbenen Mittel beträgt über
400.000 Euro.
Bei dem Vorhaben geht es
darum, wie politische Normen
in der Frühen Neuzeit formu-
Namhafte Gäste aus Wissenschaft
und Politik haben das 50-jährige
Bestehen der Marburger „Forschungsstelle zum Vergleich wirtschaftlicher Lenkungssysteme“
gefeiert, unter ihnen der frühere
polnische Finanzminister Leszek
Balcerowicz. Auch der Hessische
Wirtschaftsminister ließ es sich
nicht nehmen, am Festakt teilzunehmen: Alois Rhiel hat einst
bei Alfred Schüller promoviert,
dem bisherigen Leiter der Forschungsstelle. Die Marburger
Forscher setzen sich mit Ordnungsfragen der Wirtschaft auseinander. „Der Zusammenbruch
der meisten Zentralverwaltungswirtschaften 1989 markierte ei-
ne deutliche Zäsur“, sagte Schüller in seinem Rückblick.
„Der Vergleich von Wirtschaftssystemen – ist das
Schnee von gestern oder aktuelles Forschungsprogramm?“,
fragte Schüllers Nachfolger Stefan Voigt. Dem neuen Leiter zufolge besteht nach wie vor ein
Bedarf, die „Vielfalt institutioneller Arrangements innerhalb
von Marktwirtschaften“ zu vergleichen: „Diese Institutionen
haben zum Teil sehr weit reichende ökonomische Konsequenzen, die erst in den letzten
Jahren zum Gegenstand ökonomischer Forschung geworden
sind.“
>> vd
Oliver Geyer
st
Nachruf-Exegeten: Rudolf Lenz
(l.) und Christoph
Kampmann können sich über die
Förderung ihres
Geschichtsprojektes freuen.
liert, aber auch funktionalisiert
wurden. Aufgegriffen wird
ein besonders aussagekräftiger
Aspekt, der bisher so gut wie
keine Beachtung gefunden hat:
die Erinnerung an verstorbene
Herrscher in Leichenpredigten, Nachrufen, Gedenkreden.
„Salopp formuliert: In der Frühen Neuzeit wurde in einzigartiger Weise mit Geschichte
und Erinnerung Politik gemacht, auf sehr subtile und
wirkungsvolle Weise, und wir
wissen bisher kaum etwas darüber“, erläutert Antragsteller
Christoph Kampmann, Professor am Seminar für Neuere Geschichte.
>> st
Der neue Leiter der
Forschungsstelle Stefan Voigt mit dem früheren polnischen Finanzminister Leszek
Balcerowicz, dem ehemaligen Direktor Alfred Schüller und Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel (v.l.n.r.)
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