Therapie mit Interleukin 2 und rekombiniertem Wachstumshormon bei HIV-/Aids-Patienten Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter e.V. (DAGNÄ) veröffentlicht periodisch Leitlinien im Bereich Diagnostik und Therapie der HIV Infektion. Die Leitlinien sind ab dem Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung als nach vome weisende Orientierung zur täglichen Routine, nicht als retrogrades Kontrollinstrument konzipiert. Problem Trotz erfolgreicher antiretroviraler Kombinationstherapien mit deutlicher Reduktion der Mortalitätsraten ist die immunologische Situation der Patienten oft verbesserungswürdig. Für die zurzeit wichtigste Nebenwirkung, die Lipodystrophie, gibt es keine effiziente Therapie-strategie. Die Substanzen Interleukin 2 (IL-2, Aldesleukin, Proleukin®) und rekombinantes Wachstumshormon (Serostim®) haben das Potenzial, die Immunfunktion zu verbessern (IL-2) und die Lipodystrophie zu verringern (Wachstumshormon). Für diese Indikation liegt bislang keine Zulassung in Deutschland vor. Interleukin-2 Zugelassen ist IL-2 (Proleukin) für verschiedene Indikationen, so zum Beispiel für das metastasierende Nierenzellkarzinom. In Frankreich ist IL-2 (Macrolin®) zur Behandlung von erniedrigten CD4-Helferzelllymphozyten bei HIV-/Aids-Patienten (ATU-Programm) zugelassen. Bereits abgeschlossene und noch laufende Studien deuten das Potenzial der CD4-Helferzellsteigerung durch Interleukin-2 an. In Kombination mit wirksamer antiretroviraler Therapie (ART) kann Interleukin-2 signifikante Steigerung der CD4-Zellzahl sowohl bei Patienten mit guter Immunfunktion als auch bei Patienten mit fortgeschrittener Krankheit bewirken. Rekombiniertes Wachstumshormon Rekombiniertes Wachstumshormon ist vor allem zur Behandlung des Growth Hormone-(GH-)Mangels (zum Beispiel Kleinwuchs) zugelassen, aber auch zur Behandlung des Wasting-Syndroms (außereuropäische Zulassung). Die EMEA hat der Substanz diesbezüglich den „orphan drug Status“ zugesprochen, der für besonders förderungswürdige Medikamente gilt. Wachstumshormon erhöht die lean body mass (LBM), das Körpergewicht und die Proteinsynthese. Die Stickstoffausscheidung im Urin und das Körperfett werden vermindert. Eine Verbesserung des LBM führt unabhängig von der CD4-Zellzahl und der Viruslast zu einer verbesserten Überlebenszeit. Aufgrund der lipolytischen Wirkung untersuchen Studien die Reduzierung des durch Lipodystrophie verursachenden Stiemackens und der zentralen intraabdominalen Fettakkumulation. In diesen Studien konnten aufgrund der Lipolyse deutliche Fettverminderungen gezeigt werden. Kosten Bei IL-2 und rekombinantem Wachstumshormon handelt es sich um innovative Medikamente mit vergleichsweise hohen Therapiekosten. Die Kosten (Apothekenabgabepreis) betragen, berechnet auf den Monatsbedarf, für IL-2 circa 1 000 DM (511 Euro), für rekombiniertes Wachstumshormon circa 12 000 DM (6 135 Euro) in den üblichen Dosierungen (Schwankungen aufgrund des Importes gemäß § 73,3 AMG möglich). Niedrigere Dosierungen bei entsprechend reduzierten Kosten sind in Einzelfallen begründet. Empfehlung zum Einsatz Beide Substanzen sind sehr restriktiv einzusetzen. Der Einsatz sollte ausschließlich durch in der Behandlung erfahrene HIV-Experten erfolgen. Interleukin-2: Patientenpopulation Patienten unter kontrollierter antiretroviraler Therapie mit unzureichender Immunrekonstitution (100 bis 150 Zellen/µl) nach einen längeren Therapiezeitraum (sechs bis zwölf Monaten). Zeitpunkt/Spanne Es wird periodisch therapiert, zum Beispiel mit einem Behandlungszyklus von drei bis fünf Tagen „on“, sieben bis zehn Wochen „off“. Die Therapie kann je nach Immunstatus abgebrochen und/oder wieder begonnen werden. Monitoring Das Monitoring sollte zur Erfolgsbeurteilung unter anderem die CD4-Zellzahl, die Gewichtszunahme und Abnahme der opportunistischen Infektionen beinhalten. Eventuell erforderliche Prophylaxen gegen opportunistische Infektionen sollten bedacht werden. Dosierung Bei Patienten unter ART mit weniger als 150 CD4-Zellen : fünf Tage zweimal täglich 4,5 Mio. I.E. subkutan, gefolgt von sieben Wochen ohne IL-2, dann erneut fünf Tage Behandlung. Nebenwirkungen Grippales Gefühl mit Fieber und Abgeschlagenheit (24 bis 70 Prozent), Ödeme (65 Prozent), hepatische und Elektrolyt Veränderungen (30 Prozent), Hyperthyroidismus (3 Prozent), Muskelschmerz (6 Prozent), Übelkeit (6 Prozent), erniedrigter Blutdruck (1 Prozent), Depression (8 Prozent). Schmerzhafte Schwellungen und Rötung an den Einstichstellen können auftreten. Nebenwirkungen sind dosisbezogen und klingen nach Tagen bis Wochen spontan nach Dosisreduzierung oder Absetzen des Medikamentes ab. Behandlung der Nebenwirkungen ist mit Paracetamol möglich. Rekombiniertes Wachstumshormon: Patientenpopulation Patienten mit massiver Einlagerung von intraabdominellem Fett oder massivem Buffalo-Hump, sowie damit assoziierten funktionellen Störungen. Zeitpunkt/Spanne Die Behandlungsdauer beträgt acht bis zwölf Wochen, erneuter Einsatz kann erforderlich sein. Monitoring Ein oraler Glukosetoleranztest vor der Behandlung hilft, die Patienten auszuschließen, die ein Risiko für Hyperglykämien vorweisen. Nach dem Behandlungszyklus schließt sich eine achtwöchige Beobachtungszeit an. Dosierung Analog zur Wasting-Dosierung werden 6 mg subkutan pro Tag eingesetzt. Hinweise für die Effektivität von 3 mg pro Tag oder niedrigeren Dosierungen liegen ebenfalls vor. Nebenwirkungen Schwellungen insbesondere im Bereich der Fingergelenke, Flüssigkeitseinlagerung, Beeinflussung des Zuckerstoffwechsels mit Hyperglykämien, selten Pankreatitis. Für beide Substanzen gilt, dass deren Einsatzmöglichkeit erst nach Ausschöpfung aller anderen Maßnahmen bedacht werden soll. Ein Rebound nach Absetzen der Substanzen ist beschrieDr. med. Hans Jäger ben.