Austro0711_23_47.qxd:austro 13.09.2011 Latente Überhitzungsgefahr Obwohl die meisten Produktionsanlagen mittlerweile wieder auf Hochtouren laufen und die Beschleunigungs- sprich Wachstumswerte der letzten Monate alles andere als von schlechten Eltern sind, warnt der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau dennoch vor einer Überhitzung des Gesamtsystems: Die Kurve der realen Maschinenproduktion dürfte nämlich laut VDMA-Präsident Thomas Lindner im Jahresverlauf 2012 ihren Höhepunkt erreichen. Das heißt, die Wachstumsraten werden im kommenden Jahr wieder niedriger. „Kein Wunder“, wie Buxbaum Automation Geschäftsführer Dietmar Buxbaum anmerkt: „Auch ich gehe in nächster Zeit von einem gewissen Rückgang aus, aber nicht deshalb, weil die wirtschaftliche Situation schlechter wird, sondern weil sich nach der Wirtschaftskrise mit dem plötzlichen Beschleunigen von Null auf Hundert das ganze System überhitzt hat. Das ist viel zu schnell gegangen. Insofern ist es völlig normal, dass es jetzt zu einer gewissen Beruhigung kommt.“ Von einer gewissen Erholung nach dem starken Jahresende 2010 bzw. dem ähnlich heftigen Beginn des heurigen Jahres spricht auch CopaData Geschäftsführer Alexander Punzenberger: „Südosteuropa hinkt zwar noch immer stark hinterher, aber insgesamt können wir heuer von einem prozentualen Zuwachs im zweistelligen Bereich ausgehen. Herausragender Trumpf von Copa-Data ist es, dass wir nie von unserer Politik der Unabhängigkeit abgewichen sind – dies gilt sowohl für das Unternehmen selbst als auch für unser Produkt »zenon«.“ Analysten können irren… …oft sogar. Deshalb empfiehlt es sich, die unternehmenseigene Zukunft nicht unbedingt von mehr oder weniger plausibel klingenden Vermutungen abhängig zu machen. Denn eines kann an dieser Stelle mit Bestimmtheit behauptet werden: Wichtig ist die Gegenwart. Was morgen » AUSTROMATISIERUNG 17:38 Uhr Seite 27 Alexander Melkus, Management Marketing und Vertrieb Sigmatek: „Es ist möglich, dass das gegenwärtige Wachstum gegen Ende dieses Jahres etwas abflacht, aber aktuell gibt es noch keine Anzeichen dafür.“ Andreas Schaufler, Leitung Verkauf & Marketing Schmachtl: „Die weltpolitischen und wirtschaftlichen Ereignisse der Gegenwart verunsichern und führen zu zaghafteren und kurzfristigeren Investitionen.“ Dieter Wöss, Geschäftsführer Carlo Gavazzi: „In einigen Branchen ist zurzeit tatsächlich eine Abschwächung der Weltwirtschaftslage zu spüren, aber generell läuft es doch sehr gut.“ Harald Taschek, Geschäftsführer Taschek & Gruber: „Bei Investitionen in nachhaltige Organisationssysteme für produzierende Unternehmen ist nach wie vor ein bisschen die Handbremse drin.“ Austro0711_23_47.qxd:austro 13.09.2011 17:38 Uhr Seite 28 I STIMMUNGSBAROMETER Erich Schönegger, Geschäftsführer Euchner: „Wir hatten heuer sogar Lieferengpässe am »laufenden Band« und der Umsatz wuchs im Vergleich zum bisherigen Spitzenjahr noch einmal an.“ Wolfgang Adelsmayer, Geschäftsführer Endress+Hauser: „Die ungewisse Situation mit den »Sorgenkindern« der EU hemmt leider einige Unternehmen bei ihren weiteren Planungen und Investitionen.“ KOMMENTAR ist, weiß ohnehin keiner. Aus diesem Grund hält sich auch Alexander Melkus, Marketingund Vertriebs-Manager bei Sigmatek, mit seinen Weissagungen ein bisschen zurück: „Die derzeitige Wirtschaftslage und die Entwicklung bei Sigmatek sind hervorragend. Es ist aber durchaus möglich, dass sich die gegenwärtige Situation gegen Ende des Jahres hin etwas abflacht, auch wenn es aktuell noch keine Anzeichen gibt dafür.“ Der größte Hype des steilen Konjunkturanstiegs nach dem letzten Einbruch scheint aber tatsächlich vorbei, wie Andreas Schaufler, Leitung Verkauf & Marketing bei Schmachtl, bestätigt: „Unser Unternehmen bekommt die nach wie vor etwas unsichere Wirtschaftslage durch kurzfristigere und häufigere Bestellungen mit kleineren Produktmengen zu spüren. Infolgedessen sind wir ziemlich gefordert, den hohen Ansprüchen unserer Kunden in punkto Liefertreue wie gewohnt nachzukommen. Aber dank professioneller Auftragsabwicklung, kompetenten Mitarbeitern und teils unkonventioneller Lösungen bei auftretenden Lieferengpässen schaffen wir das.“ Carlo Gavazzi-Geschäftsführer Dieter Wöss bereitet im Moment der Zukunftsmarkt der erneuerbaren Energien einiges an Kopfzerbrechen. Grund dafür sind drastische Förderungskürzungen sowie teilweise auch die bloße Ankündigung derselben – das führe laut Wöss nämlich dazu, dass Investitionen in diesem Bereich nur noch sehr zögerlich getätigt werden. Eine zumindest partiell – und zwar bei MES-Systemen – angezogene Handbremse ortet auch Taschek & Gruber-Geschäftsführer Harald Taschek: „Im Moment spießt es sich ausgerechnet bei nachhaltigen Organisationssystemen für produzierende Unternehmen. Dabei würden sich mit einer entsprechenden MES-Lösung typischerweise um die 15% einsparen lassen.“ Alles ist möglich Zu der Frage, wie es wohl in nächster Zeit gesamtwirtschaftlich betrachtet weitergehen mag, äußern sich die heimischen Automatisierer eher vorsichtig. Euchner-Geschäftsführer Erich Schönegger befürchtet, dass die Distanz zwischen den Krisenjahren aufgrund plötzlicher Auf und Abs immer kürzer wird, 28 Josef Kranawetter, Geschäftsführer Weidmüller: „Trotz aller euphorischen Meldungen über Wachstum und Aufschwung haben wir teilweise noch immer ein Thema mit der Finanzierung der Aufträge.“ Manfred Fichtinger, Geschäftsführer Jumo: „Zum jetzigen Zeitpunkt eine Prognose für das nächste Jahr zu wagen, gleicht in Wahrheit einem Blick in die Kristallkugel – ist unsicher.“ Markus Weißensteiner, Prokurist LTi Austria: „Die Erholung, die mit Anfang 2010 nach der Wirtschaftskrise begann, verlangsamt sich aktuell. Wir glauben aber dennoch an ein Wachstum.“ Martin Zöchling, Geschäftsführer VIPA: „Da die Automobilhersteller wieder investieren, gehe ich von einer positiven Weiterentwikklung für die gesamte Automatisierungsbranche aus.“ AUSTROMATISIERUNG