Lamellenfassade umhüllt Wissenschaftszentrum - colt

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Fotos: Colt International
Baudetail
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Sie ist eine echte Visitenkarte, die leuchtend weiße Lamellenfassade des Wissenschaftszentrums in Straubing. Von drei Seiten umschließt die strahlende
Hülle aus Glasfaserlamellen den Gebäudekomplex, der im vergangenen Jahr feierlich eingeweiht wurde.
Colt International GmbH, Kleve
Lamellenfassade umhüllt
Wissenschaftszentrum
Der Landkreis Straubing-Bogen ist eine von 25 „Bioenergie-Regionen“ in Deutschland. Herzstück ist das Wissenschaftszentrum Straubing. Fünf bayrische Universitäten bündeln in dem modernen Komplex Forschung, Lehre und Wissenstransfer
im Bereich der Nutzung und Verwertung nachwachsender Rohstoffe. Colt International hüllte den Solitär in eine Sonnenschutzfassade aus leuchtend weißen Glasfaserlamellen. Schön – und gut für die Energiebilanz des Gebäudes.
Im Wissenschaftszentrum Straubing befinden
sich auf 2.800 Quadratmetern, verteilt auf vier
Stockwerke, fortschrittliche Labors, moderne
Büroräume und eine multifunktionale Technikumhalle – beste Arbeitsbedingungen für die
Natur-, Ingenieur-, Ökosystem- und Wirtschaftswissenschaftler, die hier eng zusammen arbeiten. Mit dem Architekturbüro Nickl & Partner
fand der Bauherr, das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, den
geeigneten Partner, gehört doch zur Philosophie
der Münchner Architekten das besondere Augenmerk auf die „Angemessenheit der Mittel in
Bezug zur Aufgabe“ eines Gebäudes. In Straubing
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war die Verwendung nachwachsender Rohstoffe
als Baumaterial im Außen- und Innenbereich ein
wichtiges Anliegen. Nickl & Partner setzte deshalb Holz für die Tragkonstruktion und die Bodenbeläge, im Innenausbau und bei der Wärmedämmung ein. Für Wärme im Gebäude sorgt eine
Biomassefeuerungsanlage. Die Sonnenschutzfassade aus dem Hause Colt International fügt sich
bestens in dieses Gebäudekonzept ein.
Die Sonnenschutzanlage besteht aus insgesamt 1.488 Membranlamellen vom Typ Colt Shadotex. Sie sind zwischen 1,75 und 1,60 Meter
breit und rund 60 bzw. 75 Zentimeter hoch. Angeordnet in 18 Reihen übereinander legen sie
Artikel aus:
Deutsches IngenieurBlatt
Heft 4 · April 2010 · Seiten 60-61
© 2010 Fachverlag Schiele & Schön GmbH
Nr. 6210
sich um das gesamte Gebäude. Der gegen Westen gelegene gläserne Eingangsbereich blieb offen. Insgesamt wurden 1.612 Quadratmeter Fassadenflächen mit Lamellen bestückt.
Die Haltekonstruktion, an der die Lamellen
befestigt sind, wurde nach der Struktur der Primärfassade ausgerichtet. So entstand ein harmonisches Raster, das den Rhythmus der Gebäudefassade weder von innen nach außen, noch von
außen nach innen betrachtet stört oder unterbricht. Ein findiger Wechsel fest stehender und
beweglicher Lamellen unterstützt dieses angenehme Gleichmaß: Auf der Südwestseite neben
dem Haupteingang und dem dahinter befindlichen Bereich sind alle Lamellen starr fixiert. Etwa zwei Drittel dieser festen Lamellen sind in einem Winkel von 30 Grad zur Horizontalen geöffnet, die anderen sind geschlossen. An allen anderen Gebäudeseiten sind die Lamellen vor den
Fensterbändern (etwa zwei Drittel) beweglich.
Im Brüstungsbereich unter den Fenstern befinden sich nur fest stehende geschlossene Lamellenelemente. Zwischen der Lamellenhülle und
der eigentlichen Gebäudefassade verläuft vor jedem Stockwerk ein etwa 40 Zentimeter breiter
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Deutsches IngenieurBlatt
Baudetail
Nach dem Willen der bayrischen Staatsregierung etabliert sich der Landkreis Straubing-Bogen als „Bioenergie-Region“. In diesem Kontext wird
aus einem Gebäude ein politisches Statement – und aus einer Sonnenschutzfassade ein exklusiver Baustein einer Imagekampagne.
Gitterrostgang für die Reinigung und Wartung
von Lamellenanlage und Fassade.
Die Lamellen selbst bestehen aus textilen
Membranen aus Glasfasergewebe, die stramm
auf Aluminiumrahmen aufgespannt sind. Je nach
Position und energetischem Bedarf – bezogen auf
den Sonnenstand – wurden die Lamellen einzeln
oder doppelt bespannt. Colt International führte
für das Projekt spezielle Testreihen in einer eigens aufgebauten Musteranlage durch, um in
punkto Belastbarkeit der Lamellen auf Nummer
Sicher zu gehen. Biaxiale Spannungstest der Lamellengewebe in den Richtungen von „Schuss“
und „Kette“ sicherten schließlich, dass sich die
leichtgewichtigen Lamellen auch bei widrigen
Wetterverhältnissen nicht verziehen oder wegen
Materialermüdung Falten werfen. Am Ende des
Produktionsprozesses wurden die textilen Bespannungen der Lamellen achtfach mit Teflon
(PTFE) überzogen. Bei Sonneneinstrahlung sorgt
diese Beschichtung für eine hohe und gleichmäßig diffuse Streuung des Lichts ins Gebäudeinnere. Das Gewebe wird außerdem wasserundurchlässig und extrem schmutzabweisend.
Das A und O jeder Sonnenschutzfassade ist
der energetische Abminderungsfaktor. Mit diesem so genannten FC-Wert bezeichnet man den
Quotienten der solaren Strahlung, die auf das
Schutzsystem auftrifft, und derjenigen Strahlung, die durch den Sonnenschutz hindurch ins
Gebäudeinnere gelangt. Der FC-Wert hängt von
vielen Einflussfaktoren ab, z. B. der geografische
Lage des Gebäudes, der Jahreszeit, der Ausrichtung der Fassaden, der geometrischen Anordnung des Sonnenschutzes sowie von den strahlungstechnischen Kerngrößen der verwendeten
Materialien. Strenggenommen variiert dieser
Wert sogar mit der Tageszeit, so dass bauphysikalisch üblicherweise repräsentative sommerliche Mittelwerte errechnet und diese auf die sichere Seite hin gerundet werden.
In Straubing sollte ein FC-Wert von 0.25 erreicht werden – im Klartext: Die Lamellenanlage
sollte dafür sorgen, dass von der tatsächlich auf
das Gebäude auftreffenden solaren Strahlung nur
mehr ein Viertel ins Gebäudeinnere gelangt. Die
Ingenieure von Colt International legten ihren
Der FC-Wert der doppelt bespannten Lamellen liegt im Wissenschaftszentrum bei 0.17 bei den beweglichen und bei 0.16 bei den fest stehenden Lamellen, d. h., dass nur noch 16 bis 17 Prozent der Solarstrahlung in das Gebäudeinnere gelangen.
Berechnungen kalorische Messungen des IFT Rosenheim zu Grunde und korrigierten diese Daten
dann aufgrund der spezifischen Verhältnisse vor
Ort. So wurde der Tatsache Rechnung getragen,
dass die Sonnenstrahlen nicht immer senkrecht
auf die Lamellen treffen, und dass die Himmelsstrahlung in der Realität nicht immer gleichmäßig verteilt ist. Eine extreme Optimierung des FCWertes weit unter den geforderten Wert konnte
erreicht werden, weil dank der Nachführung der
beweglichen Lamellen ein mehrfacher Strahlungsdurchgang erfolgt, d. h., die solare Strahlung passiert nicht nur eine, sondern zwei oder
mehrere Lamellen, bevor sie auf die Primärfassade trifft. Der FC-Wert bei den doppelt bespannten Lamellen liegt somit im Wissenschaftszentrum sicher bei 0.17 bei den beweglichen und bei
0.16 bei den fest stehenden Lamellen. Konkret
heißt dies, dass nur noch 16 bis 17 Prozent der
Solarstrahlung eindringen. Das entspricht einer
Verbesserung der FC-Werte von rund 40 Prozent
– und stellt einen beachtlichen Beitrag zur Energieeffizienz des gesamten Gebäudes dar.
Bei der Steuerung der Sonnenschutzanlage legten die Auftraggeber größten Wert auf Flexibilität. Deshalb justierte Colt International die Steuerung der Anlage so, dass mit einem Motor immer
nur ein Feld mit vier oder maximal acht Lamellen
angesteuert wird – je nach Raumaufteilung im Gebäudeinnern, obwohl es rein technisch auch möglich gewesen wäre, ein ganzes Lamellenband synchron mit einem Motor zu betreiben. Die Motoren für den Antrieb der Lamellen wurden in die
Pfosten der Haltekonstruktion integriert. Jeder
Motor lässt sich einzeln über Handtaster oder
aber zentral über die Gebäudeleittechnik (EIB-Bus)
ansteuern. Ab Windstärke acht (Windgeschwindigkeit ab ca. 62 Stundenkilometer) müssen die
Lamellen geschlossen werden.
Kontakt:
Colt International GmbH
Ansprechpartner: Wolfgang Egenberger
Briener Straße 186, 47533 Kleve
Tel.: 02821 / 99 00, Fax: 02821 / 99 02 04
[email protected], www.colt-info.de
Die weißen Textillamellen aus dem Hause Colt
International schützen die Nutzer des Wissenschaftszentrums vor zu viel Sonneneinstrahlung
und nutzen die Sonne bestmöglich als natürlicher und nachhaltiger Energielieferant.
Zwischen der Lamellenhülle und der eigentlichen Gebäudefassade verläuft vor jedem Stockwerk ein etwa 40 Zentimeter breiter Gitterrostgang. Er dient zur Reinigung und Wartung von
Lamellenanlage und Fassade.
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