Kriminalität und Kriminalprävention am Beispiel der Stadt Augsburg Kriminalität und WohnumfeldKriminalprävention durch Wohn-, Städte- und Siedlungsbau Gliederung I. Städtebau und Kriminalität 1. 2. 3. 4. Begriff und Aufgabe der Kriminalprävention Ziele Kriminalgeographie Theorien und Erkenntnisse der Kriminalprävention a) b) 5. II. Sozialökölogische Ansätze (1) Theorie der Broken Windows (2) Defensible Space Routine-Aktivitäts-Ansatz Angsträume Kriminalität in Augsburg Gliederung III. Kriminalpräventive Ansätze 1. Sicherheit durch Nutzungsvielfalt und Qualität des Wohnquartiers 2. Sicherheit durch überschaubare Größe der Grundstücksflächen, aufeinander abgestimmte Stellung der Gebäude und Gestaltung der Freiräume 3. Sicherheit durch Planung des öffentlichen Verkehrsraumes a) Kfz Stellplätze b) Tiefgaragen c) Bahnhof und ÖPNV-Haltestellen d) Fuß und Radwege I. Städtebau und Kriminalität 1. Begriff und Aufgabe der Kriminalprävention Gesamtheit aller privaten und staatlichen Bemühungen Zielt auf die Verhinderung von Straftaten ab Durch bauliche Maßnahmen Tatgelegenheitsstrukturen reduzieren Sicherheitsgefühl der Bürger stärken Gründe: Nachhaltige Veränderung der Kriminalitätslage Größere Devianz/Gewaltbereitschaft Veränderung und Tendenz zur Verrohung 2. Ziele Primäre Prävention Tiefe Ursachen der kriminellen Verhaltensmuster beseitigen Verhinderung von Deliquenz Baupolitik Sekundäre Prävention Veränderung der Tatgelegenheitsstruktur Aktive Stützung der Personen, die zu einer Tat neigen Verbesserung der Sicherheitstechnik Tertiäre Prävention Straffällig gewordene Täte davor bewahren erneut Straftaten zu begehen Strafmaß Strafart Betreuung und Wiedereingliederung 3. Kriminalgeographie Beschäftigt sich mit: der räumlichen Verteilung von Kriminalität dem Zusammenhang zwischen den Gegebenheiten eines Raums und der darin anfallenden Kriminalität Kriminalgeographische Untersuchungen machen „hot spots“ auf einer Karte sichtbar Diese befinden sich meist in Innenstädten Unterscheidung zwischen „breeding areas“ (Täterwohnort) und „attracting areas“ (Tatort) Daraus können Informationen über „Tätermobilität“ (Weg vom Wohnort zum Tatort und wieder zurück) ermittelt werden „Filtering-down Prozess“: In problematischen Wohnvierteln ist nicht die Baustruktur, sondern die Sozialstruktur von Bedeutung Wohnhäuser unterliegen ständiger Wertminderung Anwohner mit höheren Ansprüchen siedeln daher in andere Wohngebiete um Zurück bleiben einkommensschwache Anwohner, die sich keine andere Wohngegend leisten können Prozess kann jedoch durch bauliche Maßnahmen beeinflusst werden Auch in der polizeilichen Praxis werden mithilfe von EDV-Programmen Datenbanken und Karten verknüpft, um Brennpunkte und Kriminalitätsverlagerungen zu erkennen 4. Theorien und Erkenntnisse der Kriminalprävention a) Sozialökologische Ansätze (1) Theorie der Broken Windows 1982 von Wilson und Kelling Hintergrund: Experiment von Zimbardo in den 1960er Jahren Zerbrochenes Fenster in einem Gebäude, das nicht repariert wird zieht Zerstörung der restlichen innerhalb kürzester Zeit nach sich Verletzte Integrität scheint das Tor für weitere Verletzungen zu sein Aufenthaltsort von unerwünschten Personen Führt zur Infrastruktur der Kriminalität Verhinderung von Straftaten nur möglich wenn frühzeitig Prävention erfolgt (2) Defensible Space Theorie Entwickelt von Oscar Newman 1972 Kriminalprävention durch die Architektur einer zu errichtenden Wohnanlage Setzt bereits im frühen Stadium des Entwurfs und der Planung an Geschlossen und überwacht wirkende Gestaltung von Wohnsiedlungen Stärkung der Gemeinschaft der Nachbarschaft Im Wesentlichen vier Planungsschritte: Territorialität Private und öffentliche Räume sollen optisch voneinander getrennt werden Ziel: Barrieren gegenüber Fremden schaffen Abgrenzung durch Zäune, Mauern oder Vorsprünge Natürliche Überwachung Stärkung der Wachsamkeit der Anwohner durch bauliche Mittel zB. Ausrichtung der Fenster auf Straßen oder öffentliche Plätze Image Förderung der Identifikation der Anwohner mit ihrem Wohngebiet Dadurch übernehmen diese mehr Verantwortung Milieu Übersichtliche und überschaubare Gestaltung Nur begrenzte Anzahl an Wohnungseinheiten innerhalb eines Gebäudes Dadurch Gewährleistung von sozialer Kontrolle und natürlicher Überwachung b) Routine-Aktivitäts-Ansatz Viktimisierungsrisiko liegt an Alltagstätigkeiten Durch Alltagstätigkeiten ergeben sich Tatgelegenheiten Kleine Ursachen erzielen große, weitreichende Wirkungen 5. Angsträume Orte, die ungern besucht oder vermieden werden „subjektives Sicherheitsgefühl“ dort stark beeinflusst Merkmale: Meist schlecht einsehbar Mangelnde Überschaubarkeit und dadurch potentielle Versteckmöglichkeiten Fehlende oder schlechte Beleuchtung Beispiele: Fußgängerunterführungen, Straßenbahnen- oder Bushaltestellen, unbewachte Parkplätze, Parkhäuser/Tiefgaragen In Augsburg: Platz vor dem Bahnhof/Königsplatz vor dem Umbau, Oberhauser Bahnhof, Plärrer Parkplatz bei Nacht II. Kriminalität in Augsburg Zweitsicherste Stadt hinter München 2012: 7.327 Straftaten pro 100.000 Einwohner in Deutschland, wovon 54,4% aufgeklärt wurden In München 7.153 Straftaten, 60,5% Aufklärungsquote (AQ) In Augsburg 8.156 Straftaten, 70,9% AQ Meisten Straftaten fanden 2012 in Frankfurt statt (16.310) Im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2002-2011 sank die Zahl der 2012 erfassten Straftaten in Augsburg um 13,1% 74,1% wurden von männlichen Täter begangen Davon sind 13,6% unter 18 25,9% von weiblichen Wovon 19,4% unter 18 sind 69,1% der Täter sind Deutsche und 20,9% Ausländer Meisten Straftaten werden im Alter zwischen 21 und 25 begangen Ca ¼ der Täter kommen nicht aus Augsburg In Oberhausen, Links der Wertach, Rechts der Wertach hat den höchsten Anteil der Tatverdächtigen an der wohnberechtigten Bevölkerung Meisten Straftaten fanden in der Innenstadt, St.Ullrich-Dom statt (3.024) Dicht gefolgt vom Bahnhofs-Bismarckviertel (1.387) III. Kriminalpräventive Ansätze 1. Sicherheit durch Nutzungsvielfalt und Qualität des Wohnquartiers Nutzungsartenmischung Belebung der Bereiche zu unterschiedlichsten Zeiten Förderung der objektiven und subjektiven Sicherheit Erleichtert das tägliche Leben Längeres eigenständiges Leben der Anonymität 2. Sicherheit durch überschaubare Größe der Grundstücksflächen, aufeinander abgestimmte Stellung der Gebäude und Gestaltung der Freiräume a) Gestaltung des öffentlichen Raumes Ausbildung von Baufluchten Keine uneinsehbaren Bereiche Verhinderung von Angsträumen Überschaubarkeit und Transparenz von Freiräumen und Grünflächen Soziale Kontrolle Frühzeitig gefahren Situationen wahrnehmbar Potentielle Kriminelle bekommen das Gefühl, man könnte sie beobachten Ausreichende Beleuchtung Quellen: http://www.haus-bau-blog.de/wp-content/uploads/2013/09/Licht-Lampe-Nebeneingangstuer-Haus.jpg; http://www.ruhrnachrichten.de/storage/pic/mdhl/automatischerbildimport/dpa/serviceline/bauen_wohnen/berichte/1945094_1_jpeg-147A0400FDACD547-20100802-img_25802338.original.large-43-800-0-495-1981-1981.jpg?version=1315464536 Plätze sauber und instand gehalten In problemhafteten Wohnvierteln haben sich diese allerdings oft zu Angsträumen entwickelt Attraktiv gestaltete öffentliche Räume tragen zu einer hohen Wohnqualität bei Hier bedarf es entsprechend dem Bauleitfaden einer Umgestaltung Quelle: nickymaier.com b) Gestaltung von Mehrfamilienhäusern Anzahl von Wohneinheiten eines Wohnhauses so gering wie möglich Berücksichtigung von Maßnahmen zur Gebäudesicherung bereits bei der Planung Einbruchssicherheit soll zB. durch Mehrfachschlösser und einbruchshemmende Fenster und Türen verstärkt werden 3. Sicherheit durch Planung des öffentlichen Verkehrsraumes a) Kfz- Stellplätze Anstatt Tiefgaragen oberirdische Stellplätze Möglichst nahe an den Wohnhäusern gelegen, um natürliche Überwachung zu ermöglichen Keine langen Wege zu den Hauseingängen Keine sichtbehindernde Bepflanzung b) Tiefgaragen Falls keine oberirdischen Stellplätze möglich durchgehende, ausreichende Beleuchtung, übersichtliche, schmale Pfeiler gut sichtbare Hinweisschilder sowie ausreichende Fluchtmögliche Frauenparkplätze Hintergrundmusik Quellen: http://img.welt.de/img/motor/crop122113151/586 9568052-ci16x9-w780-aoriginal-h438-10/TestParkhaeuser-ADAC-8-.jpg; http://www.bpb.de/cache/images/0/125700-storiginal.jpg?9F77E c) Bahnhöfe und ÖPNV-Haltestellen Überschaubarkeit fördert die soziale Kontrolle Sichtbehinderung wie Nischen, tote Winkel, Mauervorsprünge und breite Säulen werden vermieden Transparente Außenwände sorgen für Durchsicht Nähe zu angrenzenden Wohnhäusern Verbesserte Akzeptanz durch Ausreichende Beleuchtung Entsprechende Farbgebung Kameras Sauberkeit In Augsburg: Installation von SOS-Knöpfen an Haltestellen Ende 2010 Anlass waren vermehrte kriminelle Vorfälle im öffentlichen Nahverkehr in München und Augsburg Beim Betätigen wird direkte Verbindung zur örtlichen Polizeidienststelle hergestellt Übertragung von Ton und Bild durch angebrachte Kamera c) Fuß- und Radwege Gut ausgeleuchtet Künstliche Beleuchtung so ausgerichtet, dass man aus mind. 4 Meter Abstand die Gesichtsausdrücke und das Verhalten erkennen kann, um Bedrohungen frühzeitig wahrzunehmen und darauf reagieren zu können Möglichst wenig Versteckmöglichkeiten Enge, unübersichtliche Geh- und Radwege sind zu vermeiden, da dies ein Angstraum werden kann Quellen: http://www.pfersee.de/tunnel0.jpg; http://www.daz-augsburg.de/wpcontent/uploads/2012/09/kunsttunnel_2012_norbert_liesz.jpg