32. Spielzeit - 2011/2012 4. KONZERT Freitag, 2. März 2012 um 19.30 Uhr Samstag, 3. März 2012 um 16.30 Uhr Acht Cellisten – Tiefes Wasser Peter Illjitsch Tschaikowsky Schwanensee – Suite op.20 (1840-1893) Scené Waltz Dans of the Swans Anton. Dvorak Fünf Bagatellen op.47 (1841-1904) Allegretto scherzando Grazioso Allegretto scherzando Pas d΄action (Scene) Czardas Canon Poco allegro Pause Peter Illjitsch Tschaikowsky Nußknacker – Suite op.71a Ouverture miniature Danses Caractéristiques: Marche Danse de la Fée-Dragée Danse russe Trepak Jacques Offenbach Danse Arabe Danse Chinoise Danse de Mirlitons Valse des Fleurs „Bacarole” aus „Hoffmanns Erzählungen“ (1819-1880) Friedrich Smetana „Die Moldau” aus dem Zyklus „Mein Vaterland“ (1824-1884) Die beiden Quellen der Moldau Stromschnellen St. Johann Waldjagd Breit fließt der Strom Hochzeit auf dem Lande Vyšehrad-Motiv Elfentanz im Mondschein Alle Werke bearbeitet für acht Violoncelli von Christoph Stradner Ausführende: Acht Cellisten der Wiener Symphoniker Moderation: Peter Siakala Preis des Programms: € 1,40 Die „Acht Cellisten der Wiener Symphoniker“ wurden 1980 gegründet. Zahlreiche namhafte österreichische Komponisten haben Werke für das Ensemble geschrieben. In den folgenden 10 Jahren wurden über 100 Konzerte im In- und Ausland gegeben. (Bei den LAXENBURGER SCHLOSSKONZERTEN waren diese Musiker in der 10. Spielzeit, am 13. und 14. Oktober 1989, zu Gast.) Nach einem dieser eindrucksvollen Konzertabende fasste ein kleiner Bub den Entschluss, Cellist zu werden. Heute ist er selbst Mitglied der „Acht“. Seit 2005 gibt es die „Acht“ nun wieder, mit überwiegend neuen Mitgliedern. Acht Celli auf der Bühne - das ist ein Ereignis der besonderen Art! Diese Besetzung ermöglicht es, unterschiedlichste Klangräume auszuloten. Für die Umsetzung ihrer musikalischen Ideen schöpfen die Künstler aus der Vielfalt des Instruments. Diese reicht von der virtuosen Brillanz des Soprans über die süße Klangfülle von acht Tenören bis hin zum vollen BassFundament. Das besondere Anliegen des Ensembles ist es jedoch, durch die neue Instrumentierung unbekannte Dimensionen vermeintlich bekannter Werke freizulegen. Die Bearbeitungen sind originalgetreu, kein Ton ist neu. Es wurden lediglich Verdopplungen weggelassen und Oktavlagen angepasst. Die Besetzung mit acht gleichen Instrumenten lässt neue, spannende Querverbindungen im Ohr des Zuhörers entstehen. Darüber hinaus erzeugt die solistische Interpretation jeder einzelnen Stimme eine vielschichtige, sehr persönliche kammermusikalische Intimität. Die Cinemascope-Aufstellung tut ein Übriges. Die Ausführenden des heutigen Konzerts: Christoph Stradner Andreas Pokorny Michael Günther Maria Grün Romed Wieser György Bognár Michael Vogt Peter Siakala ZU DEN HEUTE AUFGEFÜHRTEN WERKEN Peter Iljitsch Tschaikowskys musikalische Begabung entfaltete sich zunächst sehr zögernd: Erst 1863 gab er den Staatsdienst im Justizministerium zugunsten des Musikerberufes auf und studierte an der Musikschule in St. Petersburg Komposition bei Anton Rubinstein. Nachdem dieser das Konservatorium gegründet hatte, war Tschaikowsky von 1866 bis 1878 Theorielehrer an dieser Anstalt. Prägend für sein weiteres Leben wurde 1878 die Begegnung mit Nadeschda von Meck, die ihm mit der Aussetzung einer jährlichen Rente den freien Musikerberuf ermöglichte. Zum Tanz hatte Tschaikowsky immer eine besondere Beziehung, viele seiner schönsten Melodien sind Walzer, in der Ballettmusik, in sinfonischen Werken, in seinen Opern (besonders in „Eugen Onegin“). Seine Walzermelodien sind meist langsamer und wogender als die Wiener Walzer der Familie Strauß, ihre harmonische Struktur in der Regel reicher und komplexer, die Melodien länger ausgedehnt. Der Ballettmusik gab Tschaikowsky neues Leben, zumal die Werke dieser Gattung bis dahin – mit wenigen Ausnahmen – meist nur aus einer Reihe mittelmäßiger, ganz lose aneinander gefügter Melodien bestanden. Mit „Schwanensee“, „Dornröschen“ und „Nussknacker“ erreichte die Ballettmusik ein ganz neues Niveau, und viele bedeutende Musiker begannen, sich mit dieser Musikgattung auseinander zu setzen. Tschaikowskys Musik ist heute allgemein beliebt; zu seinen Lebzeiten aber musste er viele bittere Enttäuschungen hinnehmen. Die märchenhafte und zu Herzen gehende Geschichte der unglücklich in einen Schwan verzauberten Prinzessin, die durch die Liebe eines Prinzen erlöst wird, konnte nicht verhindern, dass das Ballett „Schwanensee“ 1877 durchfiel. Die Musik war für den Geschmack der Ballettbesucher zu sinfonisch. Und auch die anderen beiden Ballette brachten bei ihrer Uraufführung nur wenig Erfolg. Entsprechend der Bedeutung des musikalischen Begriffes Suite (eine Folge von Tanzsätzen oder tanzartigen Stücken) hat Tschaikowsky in den drei bekannten Ballettsuiten Auszüge aus den gleichnamigen großen abendfüllenden Ballettkompositionen von 1876, 1890 und 1892 aneinander gereiht. Sie entstanden jeweils nach den Uraufführungen der Ballette, mit Ausnahme der NussknackerSuite, die neun Monate vor der Ballett-Partitur fertig gestellt war und erfolgreich aufgeführt wurde. Anton Dvorak, der Sohn eines Musik liebenden Fleischhauers und Gastwirten, begann als 16-Jähriger ein Studium an einer Prager Orgelschule. Seinen Lebensunterhalt verdiente er zunächst als Tanzgeiger, dann als Bratschist am Nationaltheater in Prag. 1874 erhielt er ein Staatsstipendium und wurde 1890 Lehrer am Prager Konservatorium. Von 1892 bis 1895 lebte er in New York als Leiter des National Conservatory, dann wieder in Prag, wo er 1901 Direktor des Konservatoriums wurde. Die Fünf Bagatellen op. 47 sind Teil des durchaus bedeutenden Kammermusikschaffens Dvoraks, das immerhin etwa 20 gewichtige Werke des Meisters umfasst. Musikantischer Schwung, frische Natürlichkeit, elementare Rhythmik und melodischer Reichtum sind einige der Charakteristika, die Musiker und Musikfreunde in gleicher Weise und fast vorbehaltlos an der Musik Dvoraks schätzen. Dazu kommt ein Wesenselement, das ihn nicht nur bei seinen Landsleuten beliebt und verehrungswürdig gemacht hat: seine Verbindung zur böhmischen Volksmusik. Nicht weniger stark hat aber auch die klassische und romantische Musik von Haydn bis Brahms in vieler Hinsicht auf sein Schaffen Einfluss genommen. Die fünf „musikalischen Kleinigkeiten“ werden häufig zu den Klavierquartetten gezählt, wenngleich der Klavierpart eigentlich für Harmonium gedacht ist. Offenbar hat Dvorak hier die Möglichkeiten bzw. Wünsche des ihm befreundeten Hausmusikkreises berücksichtigt, für den er diese liebenswürdigen Stücke 1878 geschrieben hat. Jacques Offenbach war der Sohn des jüdischen Tempelsängers Isaac Juda Eberst, der sich später nach seinem Geburtsort nannte. 1833 übersiedelte die Familie nach Paris, wo Jacques Offenbach am Conservatoire Cello lernte und im Übrigen von seinem Vater ausgebildet wurde. Er war zunächst an einem kleinen Theater, dann an der Opera Comique Cellist. Halévy und Flotow nahmen sich eine Zeitlang seiner an und bald veröffentlichte er seine ersten Bühnenwerke. Mit seinen inhaltlich meist zeitgebundenen, kritischen Satiren ist Offenbach der eigentliche Begründer des Genres der Operette. Dass seine Schöpfungen die Grundlage für die klassische Wiener Operette und hiermit für alle nachfolgenden Werke dieser Gattung wurden, erhöht Offenbachs musikgeschichtliche Bedeutung. Mit der Komposition von Opern hatte er zeitlebens wenig Glück. Im Gegensatz zu Verdi und Puccini, die in späteren Jahren von der Tragödie zur Komödie fanden, ist Offenbach am Ende seines von heiteren Werken erfüllten Musikerlebens eine tragische Oper von höchstem Rang gelungen, „Hoffmanns Erzählungen“. Erst im Jahr nach seinem Tod erfolgte die Uraufführung in Paris, wo sie noch im gleichen Jahr hundertmal aufgeführt wurde und sich sehr bald triumphal in aller Welt verbreitete. Die zweite der drei großen Liebesgeschichten, die der Poet Hoffmann den begeistert zuhörenden Studenten erzählt, spielt bekanntlich in einem Palast am Canale Grande in Venedig, wo Hoffmann Gast der Kurtisane Giulietta ist. Die Szene beginnt mit der berühmten Barcarole („Schöne Nacht, du Liebesnacht“). Giulietta versucht mit Erfolg Hoffmann zu verführen, um auch sein Spiegelbild (seine Seele) dem Bösen in Gestalt des geisterhaften Dapertutto überantworten zu können, dem sie sich selbst verschrieben hat, um einen besonderen Diamanten zu erhalten. Barcarole, von ital. Barca, Boot oder Barke, ist die Bezeichnung für das Arbeitslied der venezianischen Gondolieri, die wohl von der schaukelnden Bewegung ihrer Boote zu den vorzugsweise im 6/8-Takt und in weicher Mollmelodik gestalteten Weisen inspiriert wurden (und – gegen Bezahlung – bis heute werden). Friedrich Smetana war das Kind eines Bierbrauers, der nur ungern 1843 seinem neunzehnjährigen Sohn das Musikstudium erlaubte und ihm angeblich auch nicht mehr nach Prag mitgab als das Fahrgeld von 20 Gulden. Über Vermittlung des Konservatoriumsdirektors konnte Smetana bald die Stelle eines Hausmusiklehrers bei einem Grafen Thun erhalten und daneben seine Studien und seine kompositorischen Arbeiten intensiv betreiben. 1847 versuchte er sich als freischaffender konzertierender Klaviervirtuose, was bald mit einem finanziellen Misserfolg endete. Mit großzügiger finanzieller Unterstützung Franz Liszts gründete er 1848 eine Musikschule in Prag. Dieses erfolgreiche Unternehmen erlaubte ihm, viel zu komponieren. Es entstanden vor allem zahlreiche Klavierwerke, darunter auch Bearbeitungen für zwei und sogar vier Klaviere zu acht bzw. sechzehn Händen („Tannhäuser“-Ouverture). 1853 schrieb Smetana zur Hochzeit Kaiser Franz Josephs mit Elisabeth sein erstes großes Orchesterwerk, die viersätzige „Triumphsymphonie“. Die Tatsache, dass die Widmung an den Kaiser nicht angenommen wurde, sowie andere Kränkungen veranlassten den Meister, seinem Vaterland den Rücken zu kehren und die Stelle eines Direktors der Philharmonischen Gesellschaft in Göteborg anzunehmen, wo er von 1856 – 1861 mit großem Erfolg als Dirigent, Pianist und Lehrer wirkte. Nach Prag zurückgekehrt, fand er auch hier zunehmend Anerkennung und wurde u.a. Kapellmeister am Königlich Böhmischen Landes Interims-Theater, dem nachmaligen Tschechischen Nationaltheater. Im Oktober 1874 ertaubte er völlig mit einem Mal, der Beginn einer Leidenszeit, die allmählich zu geistiger Umnachtung und schließlich zum Tod führte. Von seinen Werken ist die Sinfonische Dichtung Die Moldau aus dem sechsteiligen Zyklus Mein Vaterland besonders populär. Mit solchen Kompositionen, vor allem aber mit seinen Opern, die Ereignisse der tschechischen Geschichte behandeln, wurde er zum Begründer einer tschechischen Nationalmusik, ohne je folkloristische Themen seiner Heimat direkt zu zitieren oder zu imitieren. Der tschechische Nationalstil, der sich hier manifestiert, ist vielmehr charakterisierbar als Synthese aus folkloristischen Anregungen und der westeuropäischen Musiktradition. Vaclav V. Zelený hat das Programm der einzelnen Teile nach Ideen des Komponisten ausformuliert: „ Zwei Quellen entspringen im Schatten des Böhmerwaldes... Ihre lustig dahinrauschenden Wellen vereinigen sich und erglänzen in den Strahlen der Morgensonne. Der Waldbach wird zum Fluss Vlatava, welcher, immer weiter durch Böhmens Gaue dahin fließend, zu einem gewaltigen Strom anwächst. Er fließt durch dichte Waldungen, in denen das fröhliche Treiben einer Jagd hörbar wird…, er fließt durch wiesenreiche Triften und Niederungen, wo unter lustigen Klängen ein Hochzeitsfest mit Gesang und Tanz gefeiert wird. In der Nacht belustigen sich die Wald- und Wassernymphen beim Mondschein auf den glänzenden Wellen, in denen sich die vielen Bergfesten und Schlösser als Zeugen vergangener Herrlichkeit abspiegeln. In den Johannisstromschnellen braust der Strom, durch die Katarakte sich windend. Er bahnt sich mit Gewalt, mit schäumenden Wellen den Weg durch die Felsenspalte in das breite Flussbett, in welchem er mit majestätischer Ruhe gegen Prag weiter dahin fließt, bewillkommt vom altehrwürdigen Vyšerad, worauf er in weiter Ferne den Augen des Dichters entschwindet…“