Versuch03-Version2015 - Universität der Bundeswehr München

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Physikalisches Praktikum
Versuch 03: Kreiselpräzession
UNIVERSITÄT DER BUNDESWEHR MÜNCHEN
Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik
Institut für Physik
Oktober 2015
2
Versuch 03
Kreiselpräzession
Bei diesem Versuch sollen allgemein die Grundbegriffe der rotierenden Bewegung erarbeitet
werden. Diese spezielle Bewegungsform kommt in der Natur sehr häufig vor. So wie
makroskopische Körper (Pulsare, Sonne, Erde) Rotationen durchführen, zeigen auch die
meisten Elementarteilchen eine rotierende „Spinbewegung“.
Rotationsbewegungen haben auch eine große technische Bedeutung bei Maschinen aller Art,
bei Fahrzeugen und in Navigationsinstrumenten (Kreiselkompass).
Speziell soll bei diesem Versuch das Verhalten eines symmetrischen Kreisels unter Einfluss
eines Drehmomentes untersucht werden.
Abbildung 1: Versuchsanordnung zur Kreiselpräzession
1.
Lernziele dieses Versuchs
Die Studierenden sollen…
1.1. … sich an die Vorlesungsinhalte zum Thema Drehbewegungen erinnern
1.2. … Größen zur Beschreibung einer Drehbewegung kennen
1.3. … Trägheitsmomente einfacher Geometrien errechnen können
1.4. … die Präzession eines schweren Kreisels erklären können
1.5. … den im Folgenden beschriebenen Versuch selbstständig durchführen können
1.6. … Messunsicherheiten sinnvoll abschätzen und bewerten können
2.
Voraussetzungen
Vorlesungsstoff zu den Themen: Grundgesetze der klassischen Mechanik, Drehbewegungen,
Drehimpuls, Drehimpulserhaltung, Trägheitsmoment, Drehmoment, Umgang mit vektoriellen
Größen
3
Selbststudium zu den Themen: Fehlerrechnung (Gauß‘sche Fehlerfortpflanzung), Methode
der kleinsten Quadrate für Ausgleichsgerade, Lorentzkraft
3. Literatur
-
Hering, Martin, Stohrer, Physik für Ingenieure, 11. Auflage, Kapitel 2, Kapitel 4.4
(als .pdf-Datei über die Uni-Bibliothek downloadbar)
4.
-
Mitschrift zur Vorlesung Physik 1
-
Anleitung zu Versuch1: Fehlerrechnung
-
Anhang zur Praktikumsanleitung
Versuchsbeschreibung
In diesem Versuch wird der Einfluss des durch ein Gewicht verursachten Drehmoments
auf die Drehbewegung einer rotierenden Scheibe (Kreisel) untersucht. Durch die
Bestimmung des Drehmoments und der Winkelgeschwindigkeit der verursachten
Präzessionsbewegung kann auf den Drehimpuls der Kreisscheibe geschlossen werden.
Vorbereitungsfragen
5.1. Erklären Sie kurz die nachfolgenden Begriffe: Drehzahl, Winkelgeschwindigkeit,
Drehmoment und Trägheitsmoment
5.2. Berechnen Sie die Trägheitsmomente der folgenden Körper entsprechend der
eingezeichneten Drehachsen. Welchen Zusammenhang gibt es zwischen den
Trägheitsmomenten der Körper a und c?
a)
infinitesimal dünner
Zylinder
c) Vollzylinder
b) infinitesimal dünner
Quader
R
a
5.
R
b
h
5.3. In der vorigen Aufgabe haben Sie das Trägheitsmoment eines infinitesimal dünnen
Quaders berechnet, der um eine Drehachse duch seinen Massenmittelpunkt rotiert.
Berechnen Sie nun das Trägheitsmoment dieses Körpers bezogen auf eine im
Vergleich zur vorigen Aufgabe parallele Drehachse (siehe Skizze)
a
4
v
b
5.4. Erklären Sie unter Verwendung der Vektorrechnung, wie es zur Präzessionsbewegung
des Kreisels unter dem Einfluss eines Drehmoments kommt.
5.5. Wie kann mit Hilfe eines Stroboskops die Drehzahl eines Kreisels bestimmt werden?
5.6. Nennen Sie drei technische Anwendungen des Kreiselprinzips.
6.
Versuchsdurchführung
Der Kreisel wird von einem Außenläufersynchronmotor (mit einem Polpaar)
angetrieben (sinusförmige Wechselspannung (15V/50Hz). Die endgültige Drehzahl
wird erst nach etwa zwei bis drei Minuten erreicht. Beim „Hochlaufen“ ist die
Kreiselachse festzuhalten, um Vibrationen und ein Aufschaukeln des Systems zu
vermeiden. In der folgenden Skizze ist der Versuchsaufbau schematisch dargestellt.
5
6.1. Messen Sie mit dem Stroboskop die Drehzahl des Kreisels und berechnen sie daraus
die Winkelgeschwindigkeit ωR mit Messunsicherheit. Welche Winkelgeschwindigkeit
ωtheoret müsste theoretisch erreicht werden.
6.2. Schätzen Sie den Einfluss der Kontermutter auf das Gesamtdrehmoment ab.
Stellen Sie dazu den Einfluss der Kontermutter in Abhängigkeit der Enfernung vom
Drehpunkt dar. Bilden Sie hierzu das Verhältnis des Gesamtdrehmoments und des
Drehmoments ausgeübt durch die Kontermutter. Argumentieren Sie, ob der Einfluss
zu vernachlässigen ist.
6.3. Platzieren Sie das Gewicht auf der Gewindestange und bestimmen sie die
Winkelgeschwindigkeit der Präzessionsbewegung und das vom Gewicht ausgeübte
Drehmoment für 4 verschiedene Abstände des Gewichts vom Zentrum der
Drehscheibe. Stellen Sie alle gemessenen Größen in einer Tabelle dar und führen Sie
eine Fehlerabschätzung nach Gauß durch.
Tabelle 1: Beispieltabelle
ag
Δag
M
ΔM
ωp
Δ ωp
LR
ΔLR
Σ
6.4. Dieser Aufgabenteil ist erst nach Erfüllung der Punkte 7.1 bis 7.3 zu bearbeiten.
Der Kreisel wird nun wieder so ausbalanciert dass kein Drehmoment auf ihn wirkt.
Entfernen Sie das Gewicht und die Kontermutter. Bei Stromdurchgang durch die
angebrachten Spulenkörper wird ein Magnetfeld erzeugt. Im Kreiselkörper sind
Kobalt-Samarium-Magnete (Permanentmagnete) eingebaut. Die beiden Magnetfelder
treten in Wechselwirkung, und auf den Kreisel wird ein Drehmoment ausgeübt.
Überzeugen Sie sich, dass die Richtung der Präzessionsbewegung von der Richtung
des angelegten Magnetfeldes abhängt. Bestimmen Sie nun
Spulenstromes IS.
p als Funktion des
6
7.
Auswertung
7.1. Bestimmen Sie den Drehimpuls der Einzelmessungen LR sowie seine Unsicherheit
ΔLR. Bilden Sie den Mittelwert der Einzeldrehimpulse <LR>. (Geben Sie hierzu die
Formel für ΔLR an.)
7.2. Bestimmen Sie den Mittelwert des Drehimpulses <LLA> durch eine lineare
Anpassung der Datenpunkte mit der Methode der kleinsten Quadrate. Vergleichen Sie
<LR> und <LLA>. Stellen Sie hier die aufgenommenen Datenpunkte sowie die
Ausgleichsgerade graphisch dar. (Stellen Sie hier die verwendeten Gleichungen dar.)
7.3. Bestimmen Sie nun aus den Ihnen bekannten Größen das Trägheitsmoment der
Kreiselscheibe mit Unsicherheiten.
7.4. Plotten Sie die in 6.4 aufgenommene Daten. Berechenen Sie die Ausgleichsgerade
(Summe der kleinsten Quadrate). Erklären Sie, warum bei diesem Versuch
p  k IS
ist (mit k = konstant).
8. Anhang
Grundlagen zur rotierenden Bewegung

Allgemein gilt für den Drehimpuls L eines Massenpunktes m die Beziehung
  
Lrp
mit


p  m v
(Impuls).



Greift die Kraft F an einem Körper an, so wirkt ein Drehmoment M  r  F bezogen auf
den Ursprung.

 
Die zeitliche Ableitung von L  r  p ergibt:


 

dL dr   dp dr 
  p  r  ;  p  0, da v p
dt dt
dt dt
7
mit

dp 
F
dt
erhalten wir die Grundgleichung der rotierenden Bewegung

dL 
M
dt




Wenn keine externen Kräfte wirken ( Fi ,ext  0 ) ist M  0 .
Die
Lösung
der
obigen
Differentialgleichung
ergibt
dann

L =konstant.
Der
Gesamtdrehimpulsvektor eines beliebig abgeschlossenen Systems ist somit nach Betrag und
Richtung zeitlich konstant. Einige Beispiele, bei denen Drehimpulserhaltung auftreten kann,
sind: Drehstuhl, Eiskunstläuferin, Diskuswerfen, American Football, rotierendes Geschoss.



Im Idealfall stehen bei einem Körper, der um seine Symmetrieachse f rotiert, L und 

(Winkelgeschwindigkeit) parallel zueinander (auch parallel zu f ).

Für einen beliebigen Massenpunkt m im Abstand r von der Rotationsachse gilt:



  
  
p  m  v ; mit v    r ist somit L  m  r    r .
Nach Ausführung des doppelten Vektorproduktes erhält man


L  m r 2  ;
mr2 ist ein Skalar und wird als Trägheitsmoment I bezeichnet. Um das gesamte
Trägheitsmoment eines symmetrischen Körpers zu beschreiben (Rotation um die
Hauptträgheitsachse), muss über alle Masseelemente mi und Geschwindigkeitskomponenten

vi summiert werden. Analog zu oben erhält man:
 
 
L    mi  ri2   .

 i
Für Körper mit einer kontinuierlichen Massenverteilung geht man von der Summation zur
Integration über und erhält für das Trägheitsmoment
I   r 2 dm
(Trägheitsmomente einfacher symmetrischer Körper, siehe Vorbereitungsfragen).


Wird bei einem symmetrischen Kreisel die Parallelität von f und  gestört (z. B. durch


einen Kraftstoß auf die Figurenachse), dann gilt auch die Parallelität von L und  nicht


mehr. In diesem Fall laufen f und  mit einem endlichen Winkel um die raumfeste

Drehimpulsachse L . Diese Rotation der Figurenachse auf einem Kegelmantel heißt Nutation.
Anmerkung: Der Kreisel im Praktikum zeigt auf Grund seiner Trägheit und Reibung
keine Nutation!
8
Wie in dem vorliegenden Versuch beobachtet wird, kippt die Kreiselachse des rotierenden

Kreisels nicht nach unten, wenn man ein Drehmoment M auf den Kreisel ausübt, sondern
weicht senkrecht zur angreifenden Kraft aus und beschreibt eine sog. „Präzessionsbewegung“
mit der Winkelgeschwindigkeit

p . Der Betrag von

L (abhängig von I und

p ) ist konstant.

L ändert jedoch die Richtung als Funktion der Zeit, d. h. der Drehimpuls ist nicht mehr
erhalten. Überlegen Sie, warum

L auf

dL dt und somit auf

M
senkrecht steht
(siehe Vorbereitungsfragen).
Aus dem Drehimpulsdiagramm erhält man:
dL
d  
L
Somit ist
d dL 1 d
M

 ;
ist die Winkelges chwindigke it  p der Präzession , also gilt  p 
dt
dt L dt
L
Methode der kleinsten Quadrate
Die Methode der kleinsten Quadrate wird verwendet um eine Ausgleichsrechnung
durchzuführen. Bei der Methode wird im Allgemeinen zu Tupeln (xi, yi) eine Kurve gesucht,
die möglichst nahe an den Datenpunkten verläuft. Dazu wird die Summe der quadratischen
Abweichungen
der
angelegten
Kurvenpunkte
von
den
experimentell
bestimmten
Datenpunkten minimiert.
Gegeben seien n Wertetupel (x1, y1)… (xn, yn) die mit einer linearen Funktion der Form
angepasst werden sollen.
Zu jedem Tupel (xi, yi) wird ein Anpassungsfehler ρi bestimmt.
ρ
Die Parameter a und b werden nun so gewählt, dass die quadratische Summe der
Anpassungsfehler (Summe der Fehlerquadrate) minimal wird. Dazu wird die Funktion
ρ
partiell nach den Parametern a und b abgeleitet und gleich Null gesetzt.
ρ
2
≡0
9
ρ
2
≡0
Equivalent kann man auch schreiben:
∑
∑
Die Lösung der oberen Gleichung führt zur eindeutigen Bestimmung der Parameter a und b.
Setzt man diese Parameter in die anfängliche lineare Gleichug f(x) ein, erhält man die
Ausgleichsgerade.
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