Kinder - Universitätsklinikum Ulm

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Kinder- und jugendpsychiatrischer Nachmittag
„ADHS, emotionale Labilität und Kindeswohl
15.10.2014 Villa Eberhardt
J. M. Fegert, Ulm
Offenlegung möglicher Interessenkonflikte
In den letzten 5 Jahren hatte der Autor (Arbeitsgruppenleiter)
– Forschungsförderung von EU, DFG, BMG, BMBF, BMFSFJ, LändersozialLandesstiftung
BaWü,
Volkswagenstiftung,
Europäische
ministerien,
Akademie, Päpstliche Universität Gregoriana, RAZ, CJD, Eli Lilly research
foundation, Janssen Cilag (J&J), Medice, Celltech/UCB
– Reisebeihilfen,
Vortragshonorare,
Veranstaltungsund
AusbildungsSponsoring von DFG, AACAP, NIMH/NIH, EU, Vatikan, Goethe Institut, Pro
Helvetia, Astra, Aventis, Bayer, Bristol-MS, Celltech/UCB, Janssen-Cilag (J&J),
Lilly, Medice, Novartis, Pfitzer, Ratiopharm, Sanofi-Synthelabo, Shire, VfA,
Generikaverband, andere Fachverbände und Universitäten sowie Ministerien
– Keine industriegesponserten Vortragsreihen, „speakers bureau“
– Klinische Prüfungen und Beratertätigkeit für Janssen Cilag, Medice, Lilly, Astra,
BMS, BMBF, ADIR, Hoffmann-La Roche
– Mitgliedschaft in Steuerungsgremien und/oder wissenschaftlichen Beiräten der
Firmen (international:) Pfitzer (DSMB), J & J, Lundbeck, Servier, (national:)
Lilly, Janssen-Cilag, Celltech/UCB
– Jährliche Erklärung zu conflicts of interest gegenüber dem BfArM, DGKJP und
AACAP wegen Komissionsmitgliedschaft
– Kein Aktienbesitz , keine Beteiligungen an Pharmafirmen, Mehrheitseigner 3Li
Proportionale Verteilung der Geldgeber
DRITTMITTELEINNAHMEN KJPP ULM 2013 NACH GELDGEBER
Länderministerien
7%
Industrie
1%
Stiftungen
21%
EU
15%
Bundesmittel + DFG
56%
Gliederung
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Zusammenhänge zwischen ADHS (Plus) und
Kindesmisshandlung?
Misshandlungsdefinition: Häufigkeiten und Effekte
Frühkindliche Traumatisierung und Entwicklungsstörungen
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Beispiele aus laufenden Projekten mit Bezug zum Thema:
- CANMANAGE
- Heimkinderforschung
- Pflegefamilien, Inobhutnahme
- MIKADO
Bundeskinderschutzgesetz und veränderte
Rahmenbedingungen in der Medizin
- Com.Can und transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
Ford et al. (2000)
Child maltreatment, Other Trauma Exposure, and Posttraumatic
Symptomatology Among Children With Oppositional Defiant and
Attention Deficit Hyperactivity Disorders (Child maltreatment 3: 20152017)
Fragestellung:
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer
Misshandlungserfahrung/Traumaerfahrung und die Schwere
von PTSD-Symptomen bei ambulanten KJPP Patienten mit
einer ODD oder/und ADHD-Diagnose?
Hypothese:
Kinder mit einer ODD/ADHD-Diagnose haben
eine höhere Wahrscheinlichkeit physischen oder sexuellen Missbrauch
zu erfahren
haben mehr PTSD Symptome
dies gilt auch nach zusätzlicher Kontrolle für soziodemographische
Faktoren und der Schwere der Gesamtpsychopathologie
Ford et al. (2000)
Studie:
ambulante Patienten des Dartmouth Hitchcock Medical Center
Zeitraum 1995-1997
Alter: 6 bis 17
Teilnehmerzahl: n=165 (Durchschnittsalter: 12 J., 57% Mädchen)
ADHD (n=50), ODD (n=27), ADHD/ODD (n=40),
Anpassungsstörung (n=48)
Kontrollvariablen: Alter, Geschlecht, Proxy für sozioökonomischen
Status: Bildungsstand der Eltern. Kinder mit einer komorbiden
Diagnose wurden von ADHD/ODD Gruppe ausgeschlossen.
Ford et al. (2000)
Wahrscheinlichkeit für Misshandlungserfahrung:
ADHD/ODD > ODD > ADHD > Anpassungsstörung
Ford et al. finden ihre Hypothesen weitestgehend bestätigt.
Ihre Folgerung: Screening auf Misshandlung, andere Traumata,
PTBS-Symptome könnte Prävention, Behandlung und Forschung
bzgl. kindlicher Verhaltensstörungen verbessern
Briscoe-Smith & Hinshaw (2006)
Linkages between child abuse and attention-deficit/hyperactivity
disorder in girls: Behavioral and social correlates (Child Abuse &
Neglect 30: 1239-1255)
Symptome von ADHD ähneln Folgekrankheiten von
Kindesmisshandlung (Aggressionen, externalisierendes
Verhalten, Depression, kognitive Schwierigkeiten)
Dies hat Debatte ausgelöst über Zusammenhang ADHD/CAN
(Ford et al., 2000, Wozniak et al., 1999):
− mögliche ätiologische und verschärfende Rolle von CAN bei
der Entwicklung von ADHD
− mögliche posttraumatische Erscheinungsformen könnten
möglicherweise als ADHD missinterpretiert werden
Briscoe-Smith & Hinshaw (2006)
Ergebnisse:
Mädchen mit ADHD haben ein erhöhtes Risiko früheren
Missbrauchs
(14,3% (n=20) der Mädchen mit ADHD vs. 4,5 % (n=4) der
Mädchen ohne ADHD, Chi-square test sig.)
externalisierendes Verhalten und Peer-Ablehnung tritt deutlich
häufiger bei der Gruppe ADHD + Missbrauch auf als in der
Gruppe ADHD + kein Missbrauch
für internalisierendes Verhalten/ kognitive Defizite konnte hier
kein Unterschied festgestellt werden
Implikationen für Diagnose und Behandlung: die übliche
Intervention bei ADHD (Medikation, Verhaltenstherapie) ist
ggfalls nicht geeignet für traumatisierte Kinder ?
Fuller-Thomson, Mehta & Valeo (2014)
Establishing a Link Between Attention Deficit Disorder/Attention
Deficit Hyperactivity Disorder and Childhood Physical Abuse
(Journal of Aggression, Maltreatment & Trauma, 23: 188-198)
Fragestellung:
Gibt es einen Zusammenhang zwischen physischer
Misshandlung in der Kindheit und ADD/ADHD?
Studienaufbau:
Daten von 13.054 Erwachsenen (18+)
Quelle: 2005 Canadian Community Health Survey (CCHS)
1.020 berichteten Misshandlung, 64 berichteten ADHD/ADD
Fuller-Thomson, Mehta & Valeo (2014)
logistische Regressionsmodelle
abhängige Variable: ADHD/ADD
zusätzl. Kontrollvariablen: Alter, ethn. Zugehörigkeit, Geschlecht,
Scheidung der Eltern, Sucht der Eltern,
Langzeitarbeitslosigkeit der Eltern
Ergebnis:
Wahrscheinlichkeit für ADD/ADHD ist bis zu sechsmal
höher bei Erwachsenen, die angaben, Misshandlungen
in der Kindheit erfahren zu haben
Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen
für ethn. Zugehörigkeit, Scheidung der Eltern, Sucht der Eltern,
Langzeitarbeitslosigkeit der Eltern konnte kein signifikanter
Zusammenhang mit ADHD/ADD gefunden werden
Beachten: Da retrospektive Studie ist Kausalzusammenhang und zeitl.
Abfolge Misshandlung/ADHD hier nicht klar bestimmbar !
Öffentliche Debatte durch realitätsnahe Fallschilderung und
Kritik am Handeln der Akteure und an der Effizienz der Hilfen
insbesondere SPFH
Aber : unpraktikable Lösungsvorschläge z.B. Handlungspflicht
für Ärzte
Gliederung
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Zusammenhänge zwischen ADHS (Plus) und
Kindesmisshandlung?
Misshandlungsdefinition: Häufigkeiten und Effekte
Frühkindliche Traumatisierung und Entwicklungsstörungen
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Beispiele aus laufenden Projekten mit Bezug zum Thema:
- CANMANAGE
- Heimkinderforschung
- Pflegefamilien, Inobhutnahme
- MIKADO
Bundeskinderschutzgesetz und veränderte
Rahmenbedingungen in der Medizin
- Com.Can und transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
Misshandlungsdefinition
Unter Kindsmisshandlung werden einzelne oder
mehrere Handlungen oder Unterlassungen durch Eltern
oder andere Bezugspersonen verstanden, die zu einer
physischen oder psychischen Schädigung des Kindes
führen, das Potential einer Schädigung besitzen oder die
Androhung einer Schädigung enthalten.
Unterscheidung von vier Formen der Misshandlung:
körperliche Misshandlung
psychologische Misshandlung
Vernachlässigung
sexueller Missbrauch
Prävalenz von Misshandlungen in Kindheit und
Jugend
Häuser, Schmutzer, Brähler & Glaesmer, 20111:
Umfrage in einer repräsentativen Stichprobe der
deutschen Bevölkerung
Auswertbare Daten von 2504 Personen (7 14 Jahre)
Demographische Angaben
Standardisierter Fragebogen (Childhood Trauma
Questionnaire)
______________________________________________________________________
Häuser W, Schmutzer G, Brähler E, Glaesmer H: Maltreatment in childhood and
adolescence - results from a survey of a representative sample of the German population.
Deutsches Ärzteblatt 2011; 108(17): 287–94.
1
Prävalenz von Misshandlungen in Kindheit und
Jugend
Schwerere Formen von Missbrauch und Vernachlässigung
in Kindheit und Jugend
(N=2504; Mehrfachnennungen möglich):
12,0%
10,8%
10,0%
8,0%
6,6%
6,0%
4,0%
2,8%
1,6%
2,0%
1,9%
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ch
0,0%
21
ICD-10 GM Kodierung (DIMDI)
T74.-
Missbrauch von Personen
Kodiere zunächst die akute Verletzung, falls
möglich
T74.0
Vernachlässigen oder Im-Stich-Lassen
T74.1
Körperlicher Missbrauch
Ehegattenmisshandlung o.n.A.
Kindesmisshandlung o.n.A.
T74.2
Sexueller Missbrauch
T74.3
Psychischer Missbrauch
T74.8
Sonstige Formen des Missbrauchs von Personen
Mischformen
T74.9
Missbrauch von Personen, nicht näher
bezeichnet
Schäden durch Missbrauch:
- eines Erwachsenen o.n.A.
- eines Kindes o.n.A.
Achtung offizielle Klassifikation: Anwenden im Krankenhaus
war bis 2012 verboten! seit 2013 möglich!
Schweizer Gesundheitswesen definiert Abklärungsleistung
inkl. Vernetzung: „Zusammenarbeit mit externen Stellen…“
OPS 2013 :
1-945 Diagnostik bei
Verdacht auf
Gefährdung von
Kindeswohl und
Kindergesundheit
§ 294 a SGB V
Mitteilung von Krankheitsursachen und drittverursachten
Gesundheitsschäden
(1)...liegen Hinweise auf drittverursachte Gesundheitsschäden vor, sind die
an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und
Einrichtungen sowie die Krankenhäuser nach § 108 verpflichtet, die
erforderlichen Daten, einschließlich der Angaben über Ursachen und den
möglichen Verursacher, den Krankenkassen mitzuteilen. Für die
Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, die nach § 116 des Zehnten
Buches auf die Krankenkassen übergehen, übermitteln die Kassenärztlichen
Vereinigungen den Krankenkassen die erforderlichen Angaben
versichertenbezogen.
(2) Liegen Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 2
vor, sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und
Einrichtungen sowie die Krankenhäuser nach § 108 verpflichtet, den
Krankenkassen die erforderlichen Daten mitzuteilen. Die Versicherten sind über
den Grund der Meldung nach Satz 1 und die gemeldeten Daten zu informieren.
Mehrfache Misshandlungen
Die Misshandlungssituationen treten selten völlig isoliert
auf, es werden kaum reine Unterformen der
Misshandlung in Populationen gefunden (z.B. Barnett,
et al., 1993).
Unterschiedliche Formen von Misshandlung treten
gleichzeitig oder auch zeitlich gestaffelt auf (Finkelhor,
Ormrod, Turner, & Holt, 2009)
Nicht selten sind sie mit anderen Entwicklungsrisiken
kombiniert (Ziegenhain & Fegert 2007)
Relativer Effekt von Typen der Misshandlung
Teicher 2006 AmJPsychiatry
Belastung und Traumatisierung nach Misshandlung
• Sensitivierung der hormonellen und
neuronalen Stressreaktion
• Orientierung auf Bedrohungsreize
• Verkümmerung der Regulation von
Emotionen
• Unsicher/Vermeidende Bindung
• Dosiseffekt: Erhöhte Wahrscheinlichkeit für
verschiedene psychische Störungen und
Delinquenz
• Genetik und Epigenetik
Traumafolgestörungen
KindheitsTraumata
akute
Belastungsstörung
PTBS
Bindungsstörungen
Normale
Entwicklung
(Resilienz)
Depression
Suizidalität
+ Risikoverhalten
Substanzmissbrauch
Körperl. Erkrankungen
Fergusson et al. 1996, J Am Acad Child Adolesc Psychiatry.35:1365-74
Felitti et al. 1998, Am J Prev Med. 14:245-258
Houck et al. 2010, J Ped. Psychol, 35:473-483
Irish, Kobayashi & Delahanty 2010, J Ped Psychol 35:450-461
Oswald, Heil, & Goldbeck, J Ped Psychol. 2010, 35:462-72
Pears & Capaldi 2001, Child Abuse and Neglect 25:1439-61
u.v.m.
(Adipositas, Herz-Kreislauf,…)
Transgenerationale
Weitergabe (Opfer => Täter)
Gliederung
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Zusammenhänge zwischen ADHS (Plus) und
Kindesmisshandlung?
Misshandlungsdefinition: Häufigkeiten und Effekte
Frühkindliche Traumatisierung und
Entwicklungsstörungen
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Beispiele aus laufenden Projekten mit Bezug zum Thema:
- CANMANAGE
- Heimkinderforschung
- Pflegefamilien, Inobhutnahme
- MIKADO
Bundeskinderschutzgesetz und veränderte
Rahmenbedingungen in der Medizin
- Com.Can und transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
Neurobiologische Erkenntnisse
Stress und Gehirn
• Traumafolgestörungen im Kindesalter sind durch die
Umwelt induzierte komplexe Entwicklungsstörungen
(De Bellis 2001)
• Traumatische Erlebnisse beeinflussen Hirnentwicklung
• Hirnentwicklung und die Ausprägung von
Psychopathologie wird durch Gene im Aufbau und
Funktion reguliert
• Bedeutung Epigenetik: auch das „Ein- und
Ausschalten“ von Genen, welches traumatisch
verändert sein kann, verändert Hirnaufbau und –
funktion
• Neurobiologischer Fatalismus vs.
entwicklungsförderndes Wissen?
Entwicklungspsychopathologie (DeBellis
2001)
Lebensphase (Alter)
Symptome als mögliche Traumafolge (Typ II)
Frühe Kindheit
Bindungsstörungen, oppositionelles Verhalten,
Entwicklungsverzögerungen
Mittlere Kindheit
Schulversagen,
Störungen
des
Sozialverhaltens, Dysphorie, Lustlosigkeit, depressive Symptome, weniger Copingstrategien,
geringerer
Selbstwert,
geringere
Soziale
Kompetenz
Jugendalter
Selbstverletzungen,
Suizidalität,
Substanzmissbrauch, Störung des Sozialverhaltens,
auffälliges sexualisiertes Verhalten, körperliche
und sexuelle Aggression, dissoziative Störungen
Erwachsenenalter
Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen,
PTSD,
Suizidalität,
dissoziative
Störungen,
Abhängigkeitserkrankungen,
Depressionen,
körperliche Erkrankungen, erhöhtes Risiko
eigene Kinder zu misshandeln.
Schmid, Petermann, Fegert 2010, 2013
Dissoziative und Somatoforme
Störungen
TraumaEntwicklungsheterotopie
Bipolare
Störungen im
Kindesalter
Substanz
missbrauch
Affektive Störungen
Störung des
Sozialverhaltens
Emotionale
Störungen
Störungen der
Persönlichkeits
-entwicklung
Selbstverletzung
Suizidalität
ADHS
Oppositionelles
Verhalten
Bindungsstörungen
Regulationsstörungen
Geburt
Vorschulalter
 Traumafolgestörungen + biologische Faktoren
Schulalter
Pubertät
Adoleszenz
Schmid, Petermann, Fegert 2010, 2013
Dissoziative und Somatoforme
Störungen
Substanz
missbrauch
TraumaEntwicklungsheterotopie
ADHS +
Bipolare
Störungen im
Kindesalter
Emotionale
Störungen
Affektive Störungen
Störungen der
Persönlichkeits
-entwicklung
Dysruptive
mood
Störung
des
Selbstverletzung
Sozialverhaltens
dysregulation Suizidalität
ADHS
Oppositionelles
Verhalten
Bindungsstörungen
Regulationsstörungen
Geburt
Vorschulalter
 Traumafolgestörungen + biologische Faktoren
Schulalter
Pubertät
Adoleszenz
Neurobiologie als Fatum?
Teicher (2000)
Wounds That Time Won’t Heal: The Neurobiology of Child
Abuse
These: frühe Traumatisierung kann zu einer Reihe von
Veränderungen im Gehirn führen, diese können u.a. ADHDSymptomen ähneln
Vier Komponenten spielen hier hauptsächlich eine Rolle:
limbic irritability
deficient development and differentiation of the left hemisphere
deficient left-right hemisphere integration
abnormal activity in the cerebellar vermis
Teicher (2000)
Studie zum Zusammenhang früh erlebter Misshandlung und
Dysfunktion des limbischen Systems (temporolimbic system)
• Studie: n = 253 erwachsene, ambulante Patienten
• etwas mehr als 50% berichteten über Misshandlung und/oder
Missbrauch in Kindheit
• Untersuchungsmethode: Limbic System Checklist-33
Ergebnis:
Limbic System Checklist-33 Werte waren:
• 38% höher bei Patienten, die von physischen Misshandlungen
berichteten, als bei der Kontrollgruppe ohne
Misshandlungserfahrung
• 49 % höher bei sexuell missbrauchten Patienten
• 113% höher bei Patienten, die sowohl körperliche als auch
sexuelle Misshandlung berichteten
• Zudem scheint Misshandlung/Missbrauch vor dem 18.
Lebensjahr einen größeren Einfluss auf das limbische System zu
haben als im Erwachsenenalter
Neurobiologische Erklärungsversuche oder
biologistische Neuromythologie?
Kritik an neurobiologischer Traumaforschung
Häufig nur Messung von Aktivierungsunterschieden
Häufig bei Erwachsenen
Häufig nach Singletrauma
Eigentlicher Gegenstand der Dysregulation:
Netzwerkkonnektivität
Statistische Unterschiede klingen wie definitive anatomische
oder physiologische Schädigungen
Gehirn hat aber hohe Plastizität und Entwicklungspotential:
„Psychobiologie der Hoffnung“ (De Bellis 2001, Seite
556), vergleiche auch „natürliches Experiment“ Rumänienkinder:
geringeres Volumen der weißen Substanz im Ausgangsbefund
bestätigt sich nach 5 – 7 Jahren bei Heimkindern, ist bei Kindern
in Pflegefamilien verschwunden (Sheridan et al. 2012)
Bucharest Early Intervention Project
136 Kinder, 6-30 Monate, aus Waisenheim in Rumänien
Randomisierte Zuordnung zu Pflegeelternschaft für Hälfte der
Kinder
Vergleich ca. 3-4 Jahre später (Alter M= 55 Monate)
Bucharest Early Intervention Project
Vulnerable Phase für Beeinträchtigung der Stressreaktion
Gehirnstrukturen, die eine hohe Zahl an
Glucocorticoidrezeptoren aufweisen und durch
postnatale Reifungsprozesse charakterisiert sind (z.B.
präfrontaler Cortex und Hippocampus) sind besonders anfällig
für mit frühkindlichen Traumata assoziierten Veränderungen.
Vermutlich bestehen ähnlich wie in der Sprachentwicklung
besonders vulnerable Phasen
Exekutive Funktionen (Aufmerksamkeitsleistung,
Impulskontrolle und kognitive Flexibilität)
Einschränkungen (Pechtel und Pizzagalli 2011, Beers und De
Bellis 2002)
Impulskontrolldefizite in mehreren Studien gezeigt (Pechtel und
Pizzagalli 2011, Beers und De Bellis 2002)
Physiologische Erklärung Impulskontrolle mit
frontostriatalen Netzwerken assoziiert große
Glucocorticoidrezeptordichte im präfrontalen Cortex – sensible
Reaktion in diesem Bereich auf Dauerstress
De Bellis et al. 2009 Kumulation von verbalen Lerndefiziten
und exekutiver Impulssteuerungsstörung führt zu mehr
beobachtbaren aggressiven Verhalten, da seltener verbale
Lösungen bei Konflikten gesucht werden
Affekt und Emotion
Herabgesetztes Ansprechen auf Belohnungsreize
(Pechtel und Pizzagalli 2011)
Anhedonie nach traumatischen Erfahrungen
Kompensatorische Suche nach Belohnungsreizen
(Suchtverhalten)
Schwierigkeiten in der Diskrimination von Emotionen
(Hart und Rubia 2012)
Schnellere Identifikation und Reaktion bei negativen, vor
allem wütenden Gesichtsausdrücken
(Pollack und Kistler 2002)
Gliederung
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Zusammenhänge zwischen ADHS (Plus) und
Kindesmisshandlung?
Misshandlungsdefinition: Häufigkeiten und Effekte
Frühkindliche Traumatisierung und Entwicklungsstörungen
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Beispiele aus laufenden Projekten mit Bezug zum Thema:
- CANMANAGE
- Heimkinderforschung
- Pflegefamilien, Inobhutnahme
- MIKADO
Bundeskinderschutzgesetz und veränderte
Rahmenbedingungen in der Medizin
- Com.Can und transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
Emotionale Labilität bei Kindern mit ADHD
Ist ein häufiges, aber nicht obligatorisches Merkmal
Ist schwerwiegender oder weniger akzeptierbar
(rater bias) bei Mädchen und
älteren Kindern
wird verbunden mit
–schwerwiegenderen ADHD Kernsymptomen
–stärkerer hyperaktiv-impulsiv Symptomatik vs.
Unaufmerksamkeitssymptome
–höhere Prävalenz von oppositionellem Verhalten,
Ängstlichkeit, Affektiven Symptomen &
Substanzmißbrauch
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Exekutive
Kontrolle
Emotionsregulation
Motivation
Cummings JL. Frontal-subcortical circuits and human behavior. Arch Neurol. 1993;50(8):873-880.
ADHD & Emotionale Labilität
ADHD & EL (Reizbarkeit, hitziges Temperament, niedrige Frustrationstoleranz,
unvorhersehbare Stimmungswechsel & reduzierte Emotionsregulation) werden
oft damit verbunden
– Bei Kindern
– Melnick & Hinshaw, 2000; Walcott and Landau, 2004; Maedgen & Carlson, 2000
– Bei Erwachsenen
– Reimherr et al., 2005; Kooij et al., 2001; Asherson et al., 2007; Wender et al., 2001
– Stärker ADHD-CT (vs. ADHD-I)
– e.g., Braaten, 2000; Landau & Milich,1988; Sanson et al., 1993; Barkley et al., 1990
Nicht berücksichtigt in den letzten Klassifikationssystemen als ADHD Kernsymptom
– Aufgrund eines Mangels an Spezifität & Verlässlichkeit
– Carlson, 1998
EL Symptome werden nicht speziell assoziiert mit ADHD, könnten auftauchen
– in ODD, CD
– Eisenberg et al., 2000, 2001; Lynam et al., 2005; Oldehinkel et al., 2004; Sanson & Prior, 1999;
Krueger et al. 1996; Oosterlaan & Sergeant, 1996; Frick & Morris, 2004
– bei Angststörungen, Depression, Bipolaren Störungen, Persönlichkeitsstörungen, Demenz
– Hinshaw, 2003; Mick et al., 2005; Baroni et al. 2009
– Bei Merkmalen des Temperaments
– Nigg, 2006
– Während der normalen Entwicklung
– Gershon et al., 1996
ADHD & Emotionale Labilität
Regulationsproblem oder erhöhte emotionale Reaktivität?
– Carroll et al 2006; Braaten & Rosen 2000; Rapport et al. 2002; Melnick &
Hinshaw, 2000; Hinshaw 2003
Frühe EL prognostiziert mangelnde Beziehungfähigkeit/-kompetenz &
Ablehnung im Umfeld
– e.g., Eisenberg et al., 1997; Hinshaw et al., 1999, Caspi et al., 1994; Melnick et
al., 2000; Maedgen et al., 2000
– Sogar wenn für die Schwere der ADHD kontrolliert wird
– Melnick & Hinshaw, 2000
– Frage : Transgenerationale Weitergabe
Development of aggression - mental illness
(Siever, 2008)
Siever, 2008
Development of functions of aggression
Reactive aggression
Proactive aggression
Raised reactivity for
emotional cues
Lack of remorse
impaired serotonin system
Reduced frontal activity
(OFC, vmPFC) [controling
impulsivity, anger, fear]
Raised activity in amygdala
[Recognizing subjectively
salient stimuli]
→ Experience environment
as more threatening
→ low capability for control
Reduced reactivity for
negative emotional cues
[but currently inconclusive
imaging evidence]
Gliederung
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Zusammenhänge zwischen ADHS (Plus) und
Kindesmisshandlung?
Misshandlungsdefinition: Häufigkeiten und Effekte
Frühkindliche Traumatisierung und Entwicklungsstörungen
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Beispiele aus laufenden Projekten mit Bezug zum Thema:
- CANMANAGE
- Heimkinderforschung
- Pflegefamilien, Inobhutnahme
- MIKADO
Bundeskinderschutzgesetz und veränderte
Rahmenbedingungen in der Medizin
- Com.Can und transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
Implementierung und Evaluation einer bedarfsgerechten,
gemeindenahen Hilfeprozess-Koordination für Kinder und
Jugendliche nach Missbrauch, Misshandlung oder
Vernachlässigung
Teilprojekt 1 (Prof. Dr. L. Goldbeck, Ulm): Verkürzung des Intervalls
unbehandelter Traumafolgestörungen mittels Implementierung einer
strukturierten, gemeindenahen Hilfeprozesskoordination („CaseManagement“)
Teilprojekt 2 (Prof. Dr. J. M. Fegert, Ulm):Untersuchung von
spezifischen Risiko- und Resilienzfaktoren
Teilprojekt 3 (Prof. Dr. R. Rosner, Eichstätt):Verbesserung der
Versorgung von Risikopopulationen (z.B. Migrantenfamilien)
Kontakt:
E-Mail: [email protected]
Homepage: www.canmanage.de
CANMANAGE: Missbrauchstypen
0
10
20
körperliche Misshandlung
N = 145
häusliche Gewalt
N = 136
Vernachlässigung
N = 120
emotionale Misshandlung
N = 101
sexueller Missbrauch
Prozent
30
40
50
60
N = 69
mehrere Formen von Missbrauch bei N = 175 (87%)
70
80
CANMANAGE: Missbrauchsfolgen I
34%
66%
etwa 1 Drittel bleibt resilient (N=69)
Resilient
mit psychischen
Auffälligkeiten
CANMANAGE: Missbrauchsfolgen II
0
5
Prozent
15
20
25
10
30
35
Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1)
N=45
N=35
Hyperkinetsche Störungen (F90 inkl. F90.1)
N=33
Ausscheidungsstörungen (F98)
Störung des Sozialverhaltens (F91)
N=30
N=17
Angst (F40, F93)
Affektive Störungen (F32, F34)
N=12
sonstige emotionale Störungen (F93.8)
N=10
Anpassungsstörungen (F43.2)
N=7
Tic (F95)
N=7
Zwang (F42)
Bindungsstörungen (F94)
40
N=2
N=1
komorbide Störung bei N = 50 (37,9%)
Gliederung
•
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Zusammenhänge zwischen ADHS (Plus) und
Kindesmisshandlung?
Misshandlungsdefinition: Häufigkeiten und Effekte
Frühkindliche Traumatisierung und Entwicklungsstörungen
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Beispiele aus laufenden Projekten mit Bezug zum Thema:
- CANMANAGE
- Heimkinderforschung
- Pflegefamilien, Inobhutnahme
- MIKADO
Bundeskinderschutzgesetz und veränderte
Rahmenbedingungen in der Medizin
- Com.Can und transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
Heimkinderforschung
Ulmer Heimkinderstudie
Pädzi (CJD)
Heimkinderinterventionsstudie (BMBF)
MAZ (Schweiz)
Modellversuch Traumapädagogik
(Themenheft Trauma und Gewalt)
Neuer Katamnese Modellversuch
beantragt
Deutschland Zeit für eine neue
Jugendhilfe Effekte Studie?
Modellversuch zur Abklärung und Zielerreichung in
stationären Massnahmen der Schweiz
62
Psychische Auffälligkeiten (CBCL)
Vergleich zur Normpopulation (CBCL)
30
relative Häufigkeit
25
20
15
10
5
0
<45
<50
<55
<60
<65
<70
<75
T-Wert-Klassen
Normpopulation
MAZ.-Stichprobe gesamt
<80
780
Diagnosen
Je 74% der Jungen und der Mädchen haben mind. eine Diagnose.
*
***
N=480, bei Persönlichkeitsstörungen N=439
***
Ergebnisse der Schweizer Heimkinderstudie (MAZ)
Traumatisierung im ETI (Essener Traumainventar):
N=414
Traumatisierung (K-SADS)
Prävalenz traumatisierender Ereignisse
Instrument
ETI
Kiddie-SADS
Erlebnis
Prävalenz
gewalttätiger Angriff (bekannte
Person)
69,8%
sexueller Missbrauch (bekannte oder
fremde Person)
15,1%
Vernachlässigung, Verwahrlosung
23,6%
körperliche Misshandlung
25,1%
sexueller Missbrauch
12,1%
ETI: Essener Trauma-Inventar (Tagay et al, 2007)
Kiddie-SADS: Diagnostisches Interview. Kiddie-Sads Present and
Lifetime Version (K-SADS-PL) (Delmo et al, 2001)
Komplexität traumatisierender Ereignisse
Instrument
ETI
Anzahl interpersoneller Traumata*
Prävalenz
kein interpersonelles Trauma
44,2%
ein interpersonelles Trauma
32,5%
mehr als ein interpersonelles Trauma
23,4%
* inklusive körperlicher Angriffe durch fremde Personen
ETI: Essener Trauma-Inventar (Tagay et al, 2007)
In Heimkinderpopulation kein spezifischer
Zusammenhang von traumatischen
Erlebnissen und ADHS-Diagnose
Hyperkinetische
Störungen
(F90 außer
F90.1)
keine Hyperkinetische
Störungen
(F90 außer
F90.1)
17%
31%
ETI: gewalttätiger
Angriff (bekannte
Person) (N=415)
erlebt
nicht erlebt
83%
69%
ETI: sexueller
Missbrauch
(N=413)
erlebt
11%
15%
nicht erlebt
89%
85%
ETI: Vernachlässigung, Verwahrlosung (N=414)
erlebt
39%
23%
61%
77%
nicht erlebt
χ² (df)
p
Relatives
Risiko
[Konfidenzintervall]
1,67 (1)
.196
0,46
[0,14-1,56]
0,25 (1)
.617
0,69
[0,16-2,95]
2,51 (1)
.150
2,08
[0,83-5,22]
ETI: Essener Trauma-Inventar (Tagay et al, 2007)
Ebenfalls kein Zusammenhang von
traumatischen Erlebnissen und
Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens
Hyperkinetische
Störung des
Sozialverhaltens
(F90.1)
keine Hyperkinetische
Störung des
Sozialverhaltens
(F90.1)
29%
31%
ETI: gewalttätiger
Angriff (bekannte
Person) (N=415)
erlebt
nicht erlebt
71%
69%
ETI: sexueller
Missbrauch
(N=413)
erlebt
14%
15%
nicht erlebt
86%
85%
ETI: Vernachlässigung, Verwahrlosung (N=414)
erlebt
25%
23%
75%
77%
nicht erlebt
χ² (df)
p
Relatives
Risiko
[Konfidenzintervall]
0,10 (1)
.754
0,92
[0,53-1,58]
0,05 (1)
.828
0,93
[0,46-1,86]
0,09 (1)
.765
1,09
[0,62-1,91]
ETI: Essener Trauma-Inventar (Tagay et al, 2007)
Prävalenz des Pediatric Bipolar Disorder
(PBD) Profils* in YSR und CBCL
N=374
Selbstbericht
(YSR)
Bericht des
Bezugsbetreuers
(CBCL)
Jungen, 10-14 Jahre
3,8%
12,7%
Jungen, 15-18 Jahre
5,5%
9,4%
Mädchen, 10-14 Jahre
11,9%
7,1%
Mädchen, 15-18 Jahre
9,5%
15,5%
Gesamt
6,9%
11,4%
* nach Biederman (1995)
YSR = Youth Self Report (Achenbach, 1991)
CBCL = Child Behavior Checklist (Achenbach, 1991)
Anteil derjenigen mit Werten im Grenz- oder
klinisch auffälligen Bereich der AchenbachSkalen
Breitbandskalen
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Gesamtproblemverhalten
YSR-PBD
Internalisierend
kein YSR-PBD
CBCL-PBD
Externalisierend
kein CBCL-PBD
Anteil derjenigen mit Werten im Grenz- oder
klinisch auffälligen Bereich der AchenbachSkalen
Syndromskalen
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
YSR-PBD
kein YSR-PBD
CBCL-PBD
kein CBCL-PBD
Anteil derjenigen mit psychiatrischen
Diagnosen
ICD-10-Diagnosen
60%
RR=
2,87*
50%
RR=
2,87*
40%
30%
RR=
2,47*
RR=
2,08*
20%
10%
0%
YSR-PBD
kein YSR-PBD
CBCL-PBD
kein CBCL-PBD
PBD-Profil und Komplexität interpersoneller
Traumata
Bedeutung des Selbstberichts bei Heimjugendlichen
Komplexität interpersoneller Traumata
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
kein interpersonelles Trauma
YSR-PBD
ein interpersonelles Trauma
kein YSR-PBD
CBCL-PBD
mehr als ein interpersonelles
Trauma
kein CBCL-PBD
Selbstbericht (YSR): χ²(2)=17,59, p<.001
Fremdbericht (CBCL): χ²(2)=0,48, p=.786
Gliederung
•
•
•
•
•
•
Zusammenhänge zwischen ADHS (Plus) und
Kindesmisshandlung?
Misshandlungsdefinition: Häufigkeiten und Effekte
Frühkindliche Traumatisierung und Entwicklungsstörungen
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Beispiele aus laufenden Projekten mit Bezug zum Thema:
- CANMANAGE
- Heimkinderforschung
- Pflegefamilien, Inobhutnahme
- MIKADO
Bundeskinderschutzgesetz und veränderte
Rahmenbedingungen in der Medizin
- Com.Can und transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
Pflegekinderwesen
Deutschland: über 50 000 Kinder in Vollzeitpflege
Schweiz: ca. 15.000 Pflegekinder
Relativ unterschiedliche Ausgestaltung des Pflegekinderwesens in den
deutschsprachigen Ländern (Wolff 2002)
Lange Debatte Ergänzungsfamilie vs. Ersatzfamilie
Langzeitforschung (Gassmann 2009) zeigt gute Verläufe bei eindeutiger
Bindung des Pflegekindes zu den Pflegeeltern und bei enger Kooperation
zwischen Pflegeeltern und Herkunftseltern. Ungünstige Verläufe bei
umstrittenen Pflegeverhältnissen
Im Jahr werden in Deutschland ca. 15.000 Kinder und Jugendliche neu in
eine Pflegefamilie aufgenommen
Inpflegenahme/Inobhutnahme als umfassende
Lebensveränderung
Inpflegenahme bedeutet eine umfassende und radikale
Lebensveränderung für ein Kind
Trennung
-von den leiblichen Eltern oder zumindest Kontakteinschränkung
-ggf. Trennung von Geschwistern
Anpassungsanforderung an
-neue Bezugspersonen
-neue Settings (z.B. Kita, Nachbarschaft)
-sogar an andere Kulturen, andere Sprachen
Kinder mit schwieriger Bindungsvorgeschichte und
häufig traumatischen Vorerfahrungen über die Pflegeeltern
oft nicht ausreichend informiert werden
cave honeymoonphase
Sroufe, Egeland, Carlson & Collins, 2005; Weinfield, Sroufe & Egeland, 2000; Schmid
und Fegert 2011
Gefahr der Kumulation von Entwicklungsrisiken bei
Pflegekindern
vor der Inpflegenahme:
kritische Beziehungserfahrungen wie Vernachlässigung,
Misshandlung, familiäre Gewalt
Inpflegenahme:
Abbruch/Auflösung der bisherigen Bindungsbeziehung
ungenügende und belastende institutionelle Reaktionen
instabile Pflegebeziehungen, rascher und häufiger Wechsel von
Bezugspersonen
erhöhtes Risiko von Entwicklungsproblemen und von
psychischen Störungen
folgende kritische Beziehungserfahrungen/
Beziehungswechsel treffen auf bereits stark
beeinträchtigte Bewältigungs- /Regulationskompetenzen
(Dozier et al., 2006; Kohl, Edleson, English & Barth, 2005)
Frühe Hilfen und Kinderschutz – Hilfegedanke versus Kontrolle
bzw. verstärkte Sensibilisierung / Verängstigung der Helfer
Statistisches Bundesamt (Destatis), 07.08.2013:
Zahl der Inobhutnahmen im Jahr 2012 auf neuem Höchststand
Im Jahr 2012 haben die Jugendämter in Deutschland 40 200
Kinder und Jugendliche in Obhut genommen. Das waren gut 1 700
oder 5 % mehr als 2011.
Danach hat die Zahl der Inobhutnahmen in den letzten Jahren
stetig zugenommen, gegenüber 2007 (28 200 Inobhutnahmen)
ist sie um 43 % gestiegen…
Anstieg der Inobhutnahmen seit 2005
Inobhutnahmen
(wie oft ist die Medizin involviert?)
Überproportionaler Anteil
der Kinder bis zu drei
Jahren
Anlass der Inobhutnahme
war zu 43% Überforderung
der Eltern
?
„Greifen“ die Frühen Hilfen?
Funktioniert Vernetzung?
Absicherungstendenz von Fachkräften?
Gefördert durch:
Praxisprojekt zur optimierten Versorgung von
Jugendlichen in der Inobhutnahme (PRO-JU-SAVE)
Antragsteller:
• Projekt PETRA (Darmstadt)
• IG Frauen (Prenzlau)
Experten:
Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie Ulm, Prof.
Dr. J. M. Fegert, Ulm
Universität Bremen, Prof. Dr. Franz Petermann
Forschungsgruppe PETRA
Belastungen bei Kindern und Jugendlichen in der
Inobhutnahme, Analyse von 141 Fällen
(Rücker, Büttner, Böge, Koglin, Fegert, Petermann im Druck)
Verhaltensbeschreibung durch die Fachkräfte während der
Inobhutnahme:
59 (41,5 %) der Kinder und Jugendlichen weinen viel, wirken
niedergeschlagen
30 (21,1 %) werden ausgeglichen und wütend beschrieben
65 (46 %) ziehen sich zurück und suchen kaum Kontakt
23 (16,2 %) zeigen aggressives Verhalten
18 (12,7 %) zeigen oppositionelles Verhalten
55 (39 %) zeigen Probleme und Konflikte mit anderen
Aufgenommenen in der Einrichtung
(Mehrfachnennungen möglich)
Anzahl von Risiken auf Achse V: MAS korreliert signifikant mit
der Anzahl der beobachteten Erlebens- und Verhaltensprobleme
(r = .33; p = .000)
Aufnahmeanlass in die Inobhutnahme
Streitigkeiten zwischen Eltern und Kind N = 75 (53,2 %)
Dokumentierte körperliche Strafen N = 33; (23,4 %)
Einleitung der Inobhutnahme:
60 % durch Sozialdienst,
25 % durch die Polizei
Gliederung
•
•
•
•
•
•
Zusammenhänge zwischen ADHS (Plus) und
Kindesmisshandlung?
Misshandlungsdefinition: Häufigkeiten und Effekte
Frühkindliche Traumatisierung und Entwicklungsstörungen
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Beispiele aus laufenden Projekten mit Bezug zum Thema:
- CANMANAGE
- Heimkinderforschung
- Pflegefamilien, Inobhutnahme
- MIKADO
Bundeskinderschutzgesetz und veränderte
Rahmenbedingungen in der Medizin
- Com.Can und transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
MISSBRAUCHSFOLGENSTUDIE
MiKADO – Missbrauch von Kindern: Aetiologie, Dunkelfeld, Opfer
Leitung des Verbundprojektes:
Dr. Janina Neutze
Universität Regensburg
Abteilung für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie
Leitung der Missbrauchsfolgenstudie:
Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Prof. Dr. Lutz Goldbeck
Universitätsklinikum Ulm
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie
gefördert vom
Homepage: http://www.mikado-studie.de/
Ergebnisse
1. Erstellung eines systematischen Literaturüberblicks1
Protektive Faktoren mit hoher Evidenz: familiäre und soziale Unterstützung, Bildung,
interpersonale/emotionale Kompetenz, Kontrollüberzeugung, aktive
Bewältigungsstrategien, (…)
2. häufigste benannte Barrieren der Offenbarung (N=42) 2:
Scham (52.4%), Drohungen des Täters (27.5%), Schutz der Eltern vor Sorgen und
Kummer (19%), Schuldgefühle (19.0%).
Soziale Unterstützung: Die Mehrheit fühlte sich nach der Offenlegung unterstützt –
dieses überwiegend positive Bild wird jedoch getrübt von einer Gruppe, die das Fehlen
einer Vertrauensperson sowie fehlenden Schutz angibt.
3. Inanspruchnahme von Hilfen (N=72): in der Untersuchungsgruppe unabhängig vom
Vorliegen einer gegenwärtigen psychischen Störung.
→ Fast
60% der psychisch auffälligen Teilnehmer nahm keine
missbrauchsbezogene therapeutische Hilfe in Anspruch.
→ 73.6% der Untersuchungsgruppe wiesen im Selbst- und/oder im Fremdbericht eine
klinisch relevante posttraumatische Stresssymptomatik auf.
→ Genutzte Angebote wurden als überwiegend hilfreich bewertet.
Domhardt, M., Münzer, A., Fegert, J.M. & Goldbeck, L. (2014). Resilience of Survivors of Child Sexual Abuse: A Systematic Review of
the Literature. Trauma, Violence, & Abuse (in press)
2 Münzer, A., Fegert, J.M., Ganser, H.G., Loos, S., Witt, A., Goldbeck, L. (2014). Please tell! Barriers to disclosing sexual victimization and
subsequent social support perceived by children and adolescents. Journal of Interpersonal Violence (in press)
1
Gliederung
•
•
•
•
•
•
Zusammenhänge zwischen ADHS (Plus) und
Kindesmisshandlung?
Misshandlungsdefinition: Häufigkeiten und Effekte
Frühkindliche Traumatisierung und Entwicklungsstörungen
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Beispiele aus laufenden Projekten mit Bezug zum Thema:
- CANMANAGE
- Heimkinderforschung
- Pflegefamilien, Inobhutnahme
- MIKADO
Bundeskinderschutzgesetz und veränderte
Rahmenbedingungen in der Medizin
- Com.Can und transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
Bundeskinderschutzgesetz – § 3 KKG: Rahmenbedingungen
für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz
Einrichtungen und Dienste
der öffentlichen und freien
Jugendhilfe
Behindertenhilfe für Kinder
nach SGB XII
Sozialpädiatrische Zentren
Interdisziplinäre
Frühförderstellen
Schwangerschafts- und
Beratungsstellen für soziale
Problemlagen
Gesundheitsämter
Sozialämter
Gemeinsame Servicestellen
Schulen
Einrichtungen und Dienste
zur Müttergenesung
zum Schutz vor Gewalt in
engen sozialen
Beziehungen
Polizei- und
Ordnungsbehörden
Familienbildungsstätten
Agenturen für Arbeit
Familiengerichte
Krankenhäuser
Angehörige von Heilberufen
Bundeskinderschutzgesetz – § 3 KKG: Rahmenbedingungen
für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz
Einrichtungen und Dienste
der öffentlichen und freien
Jugendhilfe
Behindertenhilfe für Kinder
nach SGB XII
Sozialpädiatrische Zentren
Interdisziplinäre
Frühförderstellen
Schwangerschafts- und
Beratungsstellen für soziale
Problemlagen
Gesundheitsämter
Sozialämter
Gemeinsame Servicestellen
Schulen
Einrichtungen und Dienste
zur Müttergenesung
zum Schutz vor Gewalt in
engen sozialen
Beziehungen
Polizei- und
Ordnungsbehörden
Familienbildungsstätten
Agenturen für Arbeit
Familiengerichte
Krankenhäuser
Angehörige von Heilberufen
Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz
(KKG): § 4 Beratung und Übermittlung von Informationen
durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung
(1)Werden
1. Ärztinnen oder Ärzten, Hebammen oder Entbindungspflegern
oder Angehörigen eines anderen Heilberufes, der für die
Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine
staatlich geregelte Ausbildung erfordert,
2. Berufspsychologinnen oder -psychologen mit staatlich anerkannter
wissenschaftlicher Abschlussprüfung,
3. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberaterinnen oder -beratern sowie
4. Beraterinnen oder Beratern für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von
einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts
anerkannt ist,
5. Mitgliedern oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den
§§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,
6. staatlich anerkannten Sozialarbeiterinnen oder -arbeitern oder staatlich
anerkannten Sozialpädagoginnen oder -pädagogen oder
7. Lehrerinnen oder Lehrern an öffentlichen und an staatlich anerkannten privaten
Schulen
Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz
(KKG): § 4 Beratung und Übermittlung von Informationen
durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung
… in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gewichtige
Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder
eines Jugendlichen bekannt, so sollen sie mit dem Kind oder
Jugendlichen und den Personensorgeberechtigten die
Situation erörtern und, soweit erforderlich, bei den
Personensorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme von
Hilfen hinwirken, soweit hierdurch der wirksame Schutz des
Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz
(KKG): § 4 Beratung und Übermittlung von Informationen
durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung
(2) Die Personen nach Absatz 1 haben zur Einschätzung der
Kindeswohlgefährdung gegenüber dem Träger der öffentlichen
Jugendhilfe Anspruch auf Beratung durch eine insoweit
erfahrene Fachkraft. Sie sind zu diesem Zweck befugt, dieser
Person die dafür erforderlichen Daten zu übermitteln; vor
einer Übermittlung der Daten sind diese zu
pseudonymisieren.
Befugnisnorm in Bezug auf die Schweigepflicht im
Bundeskinderschutzgesetz (§ 4 KKG)
Abgestuftes Vorgehen im Rahmen der Güterabwägung
Bei Anhaltspunkten für Kindeswohlgefährdung:
Stufe 3
IseF
Stufe 2
Stufe 1
Prüfung der eigenen
fachlichen Mittel zur
Gefährdungsabschätzung und
Gefährdungsabwehr
Hinwirken auf die aktive
Inanspruchnahme von
Hilfen durch die
Personensorgeberechtigten
Mitteilung an das
Jugendamt (Befugnis)
wenn:
Tätigwerden dringend
erforderlich ist
Personensorgeberechtigte
nicht bereit oder nicht in
der Lage sind, an
Gefährdungseinschätzung
oder Abwendung der
Gefährdung mitzuwirken
Wenn Tätigwerden des JA zur Gefahrenabwendung erforderlich
Gliederung
•
•
•
•
•
•
Zusammenhänge zwischen ADHS (Plus) und
Kindesmisshandlung?
Misshandlungsdefinition: Häufigkeiten und Effekte
Frühkindliche Traumatisierung und Entwicklungsstörungen
Emotionale Labilität und Verhaltenssteuerung
Beispiele aus laufenden Projekten mit Bezug zum Thema:
- CANMANAGE
- Heimkinderforschung
- Pflegefamilien, Inobhutnahme
- MIKADO
Bundeskinderschutzgesetz und veränderte
Rahmenbedingungen in der Medizin
- Com.Can und transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
Com.Can
Interdisziplinäres Kompetenzzentrum
• Praxisforschung
• Aus-, Fort- und Weiterbildungszentrum
• Prävention und Intervention bei Vernachlässigung,
Misshandlung und sexuellem Missbrauch
• Frühe Hilfen
Com.can ULM
Transdisziplinäre Traumaforschung in Ulm
Jährliche gesamtwirtschaftliche
Traumafolgekosten - Kosten
Tangible Kosten der Traumatisierung:
Gesundheitskosten, Kosten der Kinder- und Jugendhilfe,
Ausbildungsförderung, Wertschöpfungsverlust etc.:
335.421€
Bei 1,6 Mio. Betroffenen: 6.708€ Traumafolgekosten pro Fall
und Jahr
Jährliche Kosten für die deutsche Gesellschaft
durch Folgen von Kindesmisshandlung/missbrauch und Vernachlässigung
11 Mrd. €
oder
134,54€ trägt jeder Bundesbürger jährlich.
Transgenerationalität von Missbrauch und Misshandlung
„Transgenerational cycle of maltreatment“
Eltern mit eigenen Misshandlungserfahrungen haben ein erhöhtes Risiko,
dass ihre Kinder ebenfalls betroffen sind
Transmissionsraten: 7-23% (z.B. Dixon et al., 2009; Berlin et al., 2011)
„Transmissiongap“
Protektive Faktoren
Risikofaktoren
•
•
•
•
•
Elternschaft <21
Psychische Erkrankung der Eltern
Gewalt in der Partnerschaft
Finanzielle Probleme
Biologisches „Trauma-Gedächtnis“?
•
•
•
•
•
•
Bindungsqualität
Soziale Unterstützung
Finanzielle Stabilität
Stabile, fürsorgliche Bezugsperson
Erziehungskompetenz
Biologische Faktoren?
z.B. Dixon et al., 2008; Pears & Capaldi, 2001
Projekt „Meine Kindheit – Deine Kindheit“ - transgenerationale
Weitergabe von Missbrauchs-, Misshandlungs- und
Vernachlässigunserfahrungen
Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Ulm
Prof. Dr. Wolfgang Janni
PD Dr. Frank Reister, Leiter der Geburtshilfe
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie, Ulm
Prof. Dr. Jörg Fegert
Prof. Dr. Ute Ziegenhain
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Ulm
Prof. Dr. Harald Gündel, PD Dr. Christiane Waller
Prof. Dr. Anna Buchheim, Institut für Psychologie Universität Innsbruck
Institut für Psychologie & Pädagogik, Klinische & Biologische Psychologie,
Ulm, Prof. Dr. Iris-Tatjana Kolassa
Institut für Zoologie/Entwicklungsneurobiologie, Universität Magdeburg
Prof. Dr. Anna Braun
Deutsches Jugendinstitut München
Dr. Heinz Kindler
BMBF-Projekt „Meine Kindheit – Deine Kindheit“
Meine Kindheit – Deine Kindheit
Meine Kindheit – Deine Kindheit
Weitergabe von Beziehungserfahrungen in der Kindheit bei Müttern und deren
neugeborenen Kindern
Weitergabe von Beziehungserfahrungen
in der Kindheit bei Müttern und deren
neugeborenen Kindern
t0: Wochenstation
Vorgeschichte
Mutter:
t1: nach 3 Monaten
Vermutete Vulnerabilitätsfaktoren:
1.
Stress – System
Main Outcome:
Childhood
maltreatment
ja/nein
t2: Nach 12
Monaten:
Outcome Kind
Vermutete protektive Faktoren
zur Förderung der Resilienz:
2. Bindungssystem
3. Soziales System
Tiermodel
•
Stressreaktivität
•
Kindliche
Entwicklung
Erste Ergebnisse aus einer Pilotstudie
(1)Soziale Unterstützung (PSSQ) moderiert die Beziehung von Misshandlungserfahrungen (CTQ) und psychologischer Belastung (PSS4, HADS) postpartum
Wenig soziale Unterstützung
Mittlere soziale Unterstützung
Hohe soziale Unterstützung
Anmerkung: Analysen basieren auf N=65 Datensätzen;
Grauer Bereich: 95%-Konfidenzbereich um die Regressionsgerade.
Punkte=Frauen, die auf mind. einer Subskala des CTQ mind. moderate Belastungserfahrungen
berichten; Kreuze=Frauen, die auf keiner Subskala den Cut-Off Wert für moderate
Misshandlungserfahrungen überschreiten.
Erste Ergebnisse aus einer Pilotstudie
–(2) Mütterliche Misshandlungserfahrungen
(CTQ) sind mit signifikant erhöhten DHEASpiegeln im Haar der Mütter (R2=.15,
F[2,91]=8.07; pperma=.025*b) und ihrer
Neugeborenen (R2=.47; F(3,12)=3.56;
p=.048*c) assoziiert, aber nicht mit den
Cortisol-Spiegeln.
(3) Mütterliche Misshandlungserfahrungen
(MACE) sind signifikant mit mehr
kontrollierendem Verhalten (CARE-Index) in
einer stressfreien Spielinteraktion mit den 12
Monate alten Kindern verbunden (B=0.58,
T=3,78, p=0.001**). Die mütterliche
Selbstwirksamkeit (AAP) ist kein signifikanter
Moderator (B=-1.75, T=-1.35, n.s.) bei einem
insgesamt signifikanten Gesamtmodell
(R2=.53; F(3,25)=8.17; p=.001**).
Analysen basieren auf N= 94 Mutterproben und N= 30 Neugeborenenproben;
* p<.05; a. p-Wert aus Permuttionstest, da Residuen nicht normalverteilt; b unter Kontrolle des Alters; c unter Kontrolle
von psychischen Problemen (lifetime) der Mutter und emotional belastender Ereignisse während der Schwangerschaft
Risiko bei Re-Traumatisierung steigt nach frühkindlicher
Belastung
Untersuchung an Soldaten Vorhersage der Traumatisierung im
Kampfeinsatz
Laborparameter:
geringe FKBP5 mRNA Expression und hohe GILZ mRNA
Expression gemessen bei Soldaten vor Kampfeinsatz
prädizierten Entwicklung einer PTBS Symptomatik nach dem
Kampfeinsatz (Van Zuiden et al. 2012)
Mechanismus erklärt durch Untersuchungen von Klengel et al.
2013:
Risikoalell für FKBP5 (FK 506 Bindingprotein 5) ist eng mit der
Aktivierung des Glucocorticoidrezeptors verknüpft (bewirkt
Stressreaktion mit starker Aktivierung des
Glucocorticoidrezeptor.
Telomerverkürzung
Bei Stress: Demethylierung von FKBP5.
Diese Demethylirierung tritt auch in hippocampalen Neuronen
auf und zwar vermutlich während vulnerabler
Entwicklungsperioden.
Befunde von Klengel et al. 2013 konsistent mit nun wiederholt
gezeigten Befunden vorgezogener Zellalterung im Sinne von
Telomerverkürzungen bei traumatisierten Personen (z.B. Tyrka
et al. 2010)
„Es gibt keine großen Entdeckungen
und Fortschritte, solange es noch
ein unglückliches Kind auf Erden gibt.“
Albert Einstein
* 1889 Ulm
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie /
Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm
Steinhövelstraße 5
89075 Ulm
www.uniklinik-ulm.de/kjpp
Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Jörg M. Fegert
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