Jahrbuch 2003/2004 | Eckardt, Volker; Putschke, Jörn; Schmitz, Norbert; Seyboth, Janet; Seyboth, Peter; Simon, Frank | Anzeichen für Quark-Materie in hochenergetischen Kollisionen schw erer Atomkerne Anzeichen für Quark-Materie in hochenergetischen Kollisionen schwerer Atomkerne Evidence for Quark Matter in High-Energy Collisions of Heavy Atomic Nuclei Eckardt, Volker; Putschke, Jörn; Schmitz, Norbert; Seyboth, Janet; Seyboth, Peter; Simon, Frank Max-Planck-Institut für Physik, München Korrespondierender Autor E-Mail: [email protected] Zusammenfassung Die Energie und Materie des Weltalls, aber auch Raum und Zeit selbst, sind - so sagt das heutige Kosmologische Standardmodell - vor ca. 14 Milliarden Jahren in einem gew altigen Urknall entstanden. Kurze Zeit danach bestand die hadronische Materie aus einem extrem heißen und dichten Gas quasifreier Quarks und Gluonen auf kleinstem Raum. Diesen ungew öhnlichen Materiezustand - Quark-Gluon-Plasma genannt versucht man heute in hochenergetischen Kollisionen schw erer Atomkerne an großen Teilchenbeschleunigern künstlich herzustellen und zu erforschen. Summary The energy and matter of the Universe, but also space and time themselves, have originated - according to the present Cosmological Standard Model - in a gigantic Big Bang some 14 billion years ago. Immediately after the Bang, the hadronic matter consisted of an extremely hot and dense gas of quasi-free quarks and gluons the so called Quark Gluon Plasma - in a tiny space volume. Today, physicists are trying to artificially create and explore this unusual state of matter in high-energy collisions of heavy atomic nuclei w ith large particle accelerators. An zw eien dieser Experimente, in Genf und in Brookhaven, ist eine experimentelle Gruppe des Max-PlanckInstituts für Physik maßgeblich beteiligt. Beide Experimente haben bisher Ergebnisse geliefert, die auf die kurzzeitige Erzeugung des Quark-Gluon-Plasmas hindeuten. Grundlagen Seit Jahren w erden in einem umfangreichen Forschungsprogramm am Super-Proton-Synchrotron (SPS) des Europäischen Laboratoriums für Teilchenphysik (CERN) in Genf und am Relativistic Heavy Ion Collider (RHIC) des Brookhaven National Laboratory (BNL) auf Long Island (USA) in großen internationalen Kollaborationen Experimente zur hochenergetischen Schw er-Ionen-Physik durchgeführt. In ihnen w erden schw ere Atomkerne (Ionen) auf fast Lichtgeschw indigkeit beschleunigt und bei den höchsten zurzeit mit Teilchenbeschleunigern © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 1/8 Jahrbuch 2003/2004 | Eckardt, Volker; Putschke, Jörn; Schmitz, Norbert; Seyboth, Janet; Seyboth, Peter; Simon, Frank | Anzeichen für Quark-Materie in hochenergetischen Kollisionen schw erer Atomkerne erreichbaren Energien aufeinander geschossen. In einer solchen Kollision zw eier Kerne entsteht für kurze Zeit (~10 -23 s) innerhalb eines kleinen Volumens von der ungefähren Größe eines schw eren Atomkerns (Radius ~10 -12 cm) heiße, hoch verdichtete Materie - anschaulich "Feuerball" genannt -, w ie sie in unserer normalen Umgebung nicht anzutreffen ist. Ziel dieser Experimente ist es, Kernmaterie unter diesen extremen Bedingungen von Temperatur und Dichte zu erforschen und insbesondere einen neuen, bisher nicht beobachtbaren Materiezustand - Quark-Gluon-Plasma genannt (siehe unten) - zu entdecken und seine Eigenschaften zu untersuchen. Im Zusammenhang damit gilt es, den räumlichen und zeitlichen Ablauf von hochenergetischen Kern-Kern-Kollisionen kennen zu lernen. An zw eien dieser Experimente, dem NA49Experiment am SPS und dem STAR-Experiment am RHIC, ist eine Gruppe der Abteilung Experimentalphysik des MPI für Physik maßgeblich beteiligt. W ie läuft eine hochenergetische Kollision zw eier schw erer Kerne im einzelnen ab? Nähere Vorhersagen hierüber macht das so genannte Standardmodell der Teilchenphysik, das die Eigenschaften der Elementarteilchen, der kleinsten Bausteine der Materie, und die zw ischen ihnen w irkenden Kräfte in exzellenter Übereinstimmung mit den experimentellen Messungen im Detail beschreibt. Bekanntlich sind Atomkerne (Kernmaterie) aus Protonen und Neutronen (Nukleonen) zusammengesetzt, die gemeinsam mit anderen Baryonen und den Mesonen die große Teilchenfamilie der Hadronen bilden. Die Hadronen ihrerseits bestehen aus punktförmigen Quarks, Antiquarks und Gluonen - zusammen Partonen genannt. Dabei w erden die (Anti-)Quarks z.B. in einem Nukleon durch so genannte "Farbkräfte" zusammengehalten, die von den Gluonen ("Leimteilchen") übertragen w erden und nach der Theorie der Quantenchromodynamik (QCD) so beschaffen sind, dass freie, ungebundene (Anti-)Quarks in der normalen Materie nicht auftreten. Diese "Einkerkerung" der (Anti-)Quarks in einem Nukleon (Hadron) w ird "Confinement" genannt. W ird Kernmaterie jedoch - z.B. in einer hochenergetischen zentralen Kern-Kern-Kollision (A+A-Kollision) extrem stark komprimiert und erhitzt, so sollte nach der QCD-Theorie bei einer kritischen Temperatur und Teilchendichte ein Phasenübergang von hadronischer Materie zu partonischer Materie stattfinden (vergleichbar mit dem Übergang des schmelzenden Wassers (Eises) vom festen in den flüssigen Zustand): Das Confinement der Quarks w ird aufgehoben - ein Vorgang, der "Deconfinement" genannt w ird -, sodass die Nukleonen ihre individuelle Stabilität verlieren, sich auflösen ("schmelzen") und so ein dichtes, heißes Plasma aus quasi-freien (Anti-)Quarks und Gluonen, ein Quark-Gluon-Plasma (QGP) entsteht. In ihm finden zahlreiche verschiedene Reaktionen der Partonen miteinander statt, sodass, falls das QGP lange genug existiert, ein thermodynamisches Gleichgew icht der verschiedenen Freiheitsgrade (z.B. der verschiedenen Quarkarten) eintreten kann. Ein solcher QGP-Zustand der Materie kommt auf der Erde unter normalen Bedingungen nicht vor. Wohl aber ist es nach der modernen Kosmologie derjenige Zustand, in dem sich unmittelbar nach dem Urknall für kurze Zeit (einige 10 -6 s) das ganze Universum befunden hat, als es noch sehr klein, heiß und dicht w ar. Nach seiner Entstehung dehnt sich der QGP-Feuerball infolge seines inneren Drucks w ieder aus und kühlt sich dabei ab; es findet ein umgekehrter Phasenübergang statt, in dem die Partonen in zahlreiche Hadronen "ausfrieren" (hadronisieren); dieses sich w eiter ausdehnende und abkühlende Hadronengas löst sich schließlich in eine Vielzahl (bei RHIC-Energien mehrere Tausend, siehe Abb. 1) neu erzeugter, frei auseinander fliegender Teilchen auf - hauptsächlich Mesonen (z.B. Pionen, Kaonen) -, deren Masse und Energie aus der ursprünglichen Energie der kollidierenden Kerne stammt und die in großen Teilchendetektoren nachgew iesen und vermessen w erden können. © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 2/8 Jahrbuch 2003/2004 | Eckardt, Volker; Putschke, Jörn; Schmitz, Norbert; Seyboth, Janet; Seyboth, Peter; Simon, Frank | Anzeichen für Quark-Materie in hochenergetischen Kollisionen schw erer Atomkerne Ansicht e ine s von de r große n STAR -TP C (Tim e P roje ction C ha m be r, Erlä ute rung im Te x t) re gistrie rte n ze ntra le n GoldGold-Ere ignisse s be i de r höchste n R HIC -Ene rgie (√s NN = 200 Ge V). Zu se he n sind die za hlre iche n a uf e ine Ebe ne se nk re cht zur Stra hlrichtung projizie rte n, von de r TP C ge m e sse ne n und von e ine m C om pute r re k onstruie rte n Spure n de r in de r Kollision e rze ugte n ge la de ne n Te ilche n. Die zwölf pra k tisch spurfre ie n R a die n k om m e n durch spur-une m pfindliche Be re iche de r TP C zusta nde . © MP G Die schw ierige Aufgabe eines Experiments besteht nun darin, durch die physikalische Analyse der Messungen möglichst vieler Kollisionsereignisse die verschiedenen theoretischen Vorstellungen zu überprüfen, d.h. zum Beispiel, zurückzuschließen auf den Anfangszustand des bei der Kollision entstandenen Feuerballs - w ird ein QGP gebildet oder nicht? - und auf seine w eitere Entw icklung in Raum und Zeit. Das NA49-Experiment Im NA49-Experiment am CERN-SPS w urde u.a. ein Strahl von Blei (Pb)-Kernen (A = 208 Nukleonen) auf eine stationäre Bleifolie geschossen, und zw ar mit einer Strahlenergie pro Nukleon von E str = 158 GeV; dies entspricht einer Schw erpunktsenergie von √s NN = 17.3 GeV pro kollidierendem Nukleonenpaar. Zusätzlich w urden auch Daten bei einigen niedrigeren Energien genommen, nämlich bei E str = 20, 30, 40 und 80 GeV (entsprechend √s NN = 6.3, 7.6, 8.8 und 12.3 GeV). Dies erlaubte es, die Energieabhängigkeit verschiedener physikalischer Größen zu messen und ggf. vorhandene Abw eichungen von einem glatten, monotonen Verlauf als mögliche Signatur für einen QCD-Phasenübergang, also die Bildung eines QGPs zu beobachten (siehe unten). Zum NA49-Detektor, einem großen, aus verschiedenen Komponenten bestehenden Teilchenspektrometer mit hoher räumlicher Akzeptanz, hat das MPI für Physik u.a. zw ei Kalorimeter zur Energiemessung und zw ei große quaderförmige (3.9×3.9×1.8 m3 ) Spurendriftkammern (Time Projection Chambers, TPCs) zur Messung der Flugbahnen ("Spuren") geladener Teilchen beigetragen. Eine TPC ist ein mit einem Gas gefüllter Behälter, in dem ein hindurch fliegendes Teilchen entlang seiner Bahn das Gas ionisiert. Die Ionisationselektronen driften in einem angelegten elektrischen Feld auf eine in kleine Segmente unterteilte Ausleseebene und erzeugen dort elektrische Pulse, die elektronisch verstärkt, auf Datenträger gespeichert und später von leistungsfähigen © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 3/8 Jahrbuch 2003/2004 | Eckardt, Volker; Putschke, Jörn; Schmitz, Norbert; Seyboth, Janet; Seyboth, Peter; Simon, Frank | Anzeichen für Quark-Materie in hochenergetischen Kollisionen schw erer Atomkerne Computern zu vollständigen Spuren verarbeitet w erden. Hierbei ergeben sich die drei räumlichen Koordinaten eines Spurpunktes Ausleseebene aus (x,y) und dem Auftreffpunkt der Driftelektronen bei bekannter Driftgeschw indigkeit auf benachbarten aus ihrer Driftzeit Segmenten in der vom Spurpunkt zur Ausleseebene (z). Auf diese Weise kann eine TPC eine große Anzahl von Teilchenspuren eines Ereignisses mit hoher räumlicher Auflösung gleichzeitig registrieren (Abb. 1). Aus der Vielzahl an Physikresultaten aus NA49, die seit 1995 zu zahlreichen Veröffentlichungen geführt haben, sollen im Folgenden zw ei Ergebnisse aus jüngster Zeit kurz beschrieben w erden. O be re r Te il: Die P unk te ze ige n für ve rschie de ne Ha drone na rte n die von e ine m the rm odyna m ische n Mode ll m it 3 a npa ssba re n P a ra m e te rn vorhe rge sa gte (horzionta le Sk a la ) und die im NA49-Ex pe rim e nt a m SP S ge m e sse ne (ve rtik a le Sk a la ) m ittle re Multiplizitä t (Multiplicity) de r in ze ntra le n P b+P b-Kollisione n be i Estr = 158 Ge V e rze ugte n Ha drone n. Unte re r Te il: Diffe re nz (in Sta nda rda bwe ichunge n, R e sidua l) zwische n Me ssung und Vorhe rsa ge für die e inze lne n Ha drone na rte n. © MP G Im Laufe seiner Entw icklung durchläuft der heiße Feuerball die Phase eines Hadronengases (HG), das sich aus Teilchen der verschiedenen Hadronenarten zusammensetzt und im Falle eines Gleichgew ichts durch thermodynamisch-statistische Modelle beschrieben w erden kann. Die von einem solchen Modell für die einzelnen Hadronenarten vorhergesagten mittleren Multiplizitäten (Multiplizität = Anzahl der in einem Ereignis erzeugten Teilchen) können mit den gemessenen mittleren Multiplizitäten verglichen w erden. W ie Abbildung 2 zeigt, stimmen die vorhergesagten (horizontale Skala) und gemessenen (vertikale Skala) Werte gut überein. Für die Gleichgew ichtstemperatur des HGs ergab sich aus dem Vergleich ein Wert von ca. T ≈ 160 MeV/k ≈ 2 × 10 12 K (K = Kelvin). Für die Suche nach dem QGP ist die Erzeugung von Hadronen mit der Eigenschaft "Seltsamkeit" von besonderem Interesse. Seltsame Hadronen (Kaonen, Hyperonen) sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein oder mehrere seltsame Quarks (s-Quarks) - eine der sechs Quarkarten - enthalten. Energetisch ist es viel leichter, in einem QGP durch Partonenreaktionen s-Quarks, die dann mit anderen Quarks zu seltsamen © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 4/8 Jahrbuch 2003/2004 | Eckardt, Volker; Putschke, Jörn; Schmitz, Norbert; Seyboth, Janet; Seyboth, Peter; Simon, Frank | Anzeichen für Quark-Materie in hochenergetischen Kollisionen schw erer Atomkerne Hadronen ausfrieren, als in einem HG durch Hadronenreaktionen seltsame Hadronen direkt zu erzeugen. Das häufigere Auftreten von seltsamen Hadronen in A+A-Kollisionen, verglichen mit Proton-Proton (p+p)-Stößen, ist deshalb eine w ichtige Signatur für die Bildung eines QGPs. Ene rgie a bhä ngigk e it [F = (√s NN - 2m N) 3/4 / s NN1/8 ≈ s NN1/4, m N ist die Nuk le onm a sse ] ve rschie de ne r physik a lische r Größe n, ge m e sse n in ze ntra le n Au+Au-Stöße n (Dre ie ck e : AGS, volle Kre ise : R HIC ) und P b+P b-Stöße n (Q ua dra te : NA49) sowie in p+p-R e a k tione n (offe ne Kre ise ). O be n: Mittle re P ione nMultiplizitä t pro a n de r Kollision te ilne hm e nde m Nuk le on. Mitte : Ve rhä ltnis de r m ittle re n Multipliziä te n positiv ge la de ne r Ka one n und P ione n. Unte n: Effe k tive Te m pe ra tur positiv ge la de ne r Ka one n. © MP G Das mittlere Feld der Abbildung 3 zeigt das Verhältnis der mittleren Multiplizitäten der erzeugten positiven Kaonen (seltsam) und Pionen (nicht-seltsam) in Abhängigkeit von einer Größe F, die ein Maß für die Kollisionsenergie √s NN ist. Die Quadrate sind NA49-Messw erte aus zentralen Pb+Pb-Kollisionen bei den fünf oben genannten Energien; außerdem sind Messungen bei niedrigeren Energien (Dreiecke aus Au+Au am © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 5/8 Jahrbuch 2003/2004 | Eckardt, Volker; Putschke, Jörn; Schmitz, Norbert; Seyboth, Janet; Seyboth, Peter; Simon, Frank | Anzeichen für Quark-Materie in hochenergetischen Kollisionen schw erer Atomkerne Alternating Gradient Synchrotron (AGS) des BNL) und höheren Energien (volle Kreise aus Au+Au am RHIC) eingetragen. Zum Vergleich w erden auch Werte aus p+p-Reaktionen gezeigt (offene Kreise). Der Vergleich zeigt für A+A-Reaktionen (a) eine relative Verstärkung der Kaonen-Erzeugung und (b) eine stark nichtmonotone Energieabhängigkeit des K/π-Verhältnisses mit einem ausgeprägten Maximum bei E str ≈ 30 GeV. Beide Beobachtungen w eisen auf eine QGP-Bildung hin, die schon bei relativ niedrigen SPS-Energien einsetzt. Die beiden übrigen Felder der Abbildung 3 stützen dieses Ergebnis: Die mittlere Pionen-Multiplizität pro an der Kollision teilnehmendem Nukleon (oberes Feld) steigt für A+A- und p+p-Reaktionen mit w achsender Energie an, w obei für A+A die Steilheit des Anstiegs im SPS-Energiebereich zunimmt und dann bis zu RHIC-Energien konstant bleibt. Die effektive Kaonen-Temperatur (unteres Feld) steigt mit zunehmender Energie zunächst steil an, durchläuft im SPS-Bereich ein energieunabhängiges Plateau und w ächst danach w eiter an. (Dieser Temperaturverlauf ähnelt demjenigen beim Phasenübergang z.B. von Eis zu Wasser). Hierbei tragen zur effektiven Temperatur die ungeordnete thermische Bew egung der Teilchen (hier: Kaonen) in einem Gas und ihre geordnete kollektive Bew egung infolge der Expansion des Feuerballs bei. Das STAR-Experiment Sche m a tische Da rste llung e ine r de r be ide n a m MP I für P hysik k onstruie rte n Spure ndriftk a m m e rn (FTP C ) für da s STAR Ex pe rim e nt. © MP G Am RHIC des BNL, der im Jahre 2000 in Betrieb ging, lassen sich w esentlich höhere Kollisionsenergien (Faktor ~12) als am CERN-SPS erzielen, nämlich bis zu √s NN = 200 GeV pro Nukleonenpaar (mit E str ≈ 100 GeV). Dies w ird dadurch erreicht, dass zw ei in Teilchenbündeln unterteilte Strahlen von Gold (Au)-Kernen (A = 197), die in zw ei kreisförmigen Vakuumröhren mit 3.8 km Umfang in entgegengesetzter Richtung umlaufen, in sechs Kreuzungspunkten (Wechselw irkungszonen) gegeneinander gelenkt w erden. Bei jeder Begegnung zw eier Bündel finden zahlreiche Au+Au-Kollisionen statt. Bei den höheren RHIC-Energien erw artet man in Folge der längeren Lebensdauer der QGP-Phase ein deutlicheres Hervortreten einiger QGP-Signaturen und ein leichteres Erreichen des thermodynamischen Gleichgew ichts sow ie das Auftreten harter partonischer Prozesse in der Anfangsphase des Feuerballs. © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 6/8 Jahrbuch 2003/2004 | Eckardt, Volker; Putschke, Jörn; Schmitz, Norbert; Seyboth, Janet; Seyboth, Peter; Simon, Frank | Anzeichen für Quark-Materie in hochenergetischen Kollisionen schw erer Atomkerne Die Abbildung ze igt die Te ilche nspure n (grün) a us e ine r ze ntra le n Au+Au-Kollision, die von e ine r de r be ide n im STAR Ex pe rim e nt e inge se tzte n FTP C -Spure ndriftk a m m e rn ge m e sse n und von e ine m C om pute r re k onstruie rt wurde n. © MP G STAR ist ein 1200 t schw erer, einige Stockw erke hoher und aus mehreren Komponenten bestehender Detektor, der um eine der RHIC-Wechselw irkungszonen herum aufgebaut w urde. Sein w ichtigster Bestandteil ist eine große zylindrische TPC. (Mit ihr w urden z.B. die Spuren in Abbildung 1 aufgenommen.) Der Beitrag des MPI für Physik sind zw ei identische kleinere TPCs, FTPC (Spurendriftkammer) genannt und in Abbildung 4 dargestellt, die rechts und links von der Wechselw irkungszone um das Strahlrohr herum installiert sind und dazu dienen, diejenigen Teilchen zu erfassen, die unter kleinem W inkel zur Strahlrichtung erzeugt w erden. Die Besonderheit dieser beiden Kammern gegenüber einer üblichen TPC besteht darin, dass die elektrischen Feldlinien nicht parallel zueinander (und zum Magnetfeld), sondern radial (und senkrecht zum Magnetfeld) verlaufen, sodass die Elektronen nicht auf eine ebene, sondern auf eine zylindrische Auslesefläche driften. Abbildung 5 zeigt die Spuren eines Au+Au-Ereignisses, die aus den Messungen einer FTPC rekonstruiert w urden. Von den zahlreichen bisherigen Ergebnissen aus STAR soll als besonders interessantes Phänomen das jüngst entdeckte Jet-Quenching kurz besprochen w erden: Bei den hohen Stoßenergien von RHIC können in der Frühphase des Feuerballs die in den einlaufenden Nukleonen enthaltenen Partonen hart aneinander gestreut w erden, w obei die beiden gestreuten energiereichen Partonen die Kollision häufig in entgegengesetzter Richtung zueinander verlassen. Normalerw eise, z.B. in p+p-Kollisionen, hadronisieren solche energiereichen Partonen in zw ei enge Bündel von Hadronen, Jets genannt. Findet die Parton-Parton-Kollision jedoch in einem dichten in einer A+A-Kollision erzeugten QGP in der Nähe von dessen Oberfläche statt, so kann nur das eine © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 7/8 Jahrbuch 2003/2004 | Eckardt, Volker; Putschke, Jörn; Schmitz, Norbert; Seyboth, Janet; Seyboth, Peter; Simon, Frank | Anzeichen für Quark-Materie in hochenergetischen Kollisionen schw erer Atomkerne Parton (Jet) das Plasma auf kurzem Wege verlassen, w ährend das andere das ganze Plasma durchqueren muss, dabei durch W echselw irkungen im Plasma einen Großteil seiner Energie verliert und daher nicht mehr als Jet beobachtet w erden kann. Entde ck ung de s Je t-Q ue nchings in STAR : Hä ufigk e itsve rte ilung de s Azim utwink e ls (W ink e l um die Stra hlrichtung) ge la de ne r Te ilche n re la tiv zu e ine m hoche ne rge tische n Trigge rte ilche n (be i ΔΦ = 0), in ze ntra le n Au+Au-Stöße n (bla ue Ste rne ), ze ntra le n d+Au-Stöße n (rote P unk te ) und p+p-Stöße n (schwa rze Ba lk e n) be i √s NN = 200 Ge V. Die Te ilche na nhä ufunge n be i 0° und 180° ste lle n Je ts da r. W ä hre nd in p+p und d+Au-Stöße n die Je ts pa a rwe ise , je we ils in e ntge ge nge se tzte r R ichtung a uftre te n, ist in Au+AuStöße n de r ge ge nübe r lie ge nde Je t be i 180° unte rdrück t. © MP G Diese Jet-Unterdrückung (Jet-Quenching) w urde erstmals in Au+Au-Kollisionen am RHIC von STAR beobachtet: Abbildung 6 zeigt für p+p-Stöße (schw arze Balken) zw ei Teilchenanhäufungen bei 0° und 180°, also zw ei Jets in entgegengesetzten Richtungen; für zentrale Au+Au-Stöße (blaue Sterne) dagegen fehlt der 180°-Jet, ein klarer Hinw eis auf Jet-Quenching. Um diese Interpretation der Messungen zu bestätigen, hat STAR auch Kollisionen von Deuteronen d (bestehend aus nur zw ei Nukleonen, nämlich einem Proton und einem Neutron, A = 2) mit Au-Kernen gemessen. Wegen der Kleinheit des Deuterons kann in d+Au-Kollisionen kein QGP entstehen und somit kein Jet-Quenching stattfinden. Und tatsächlich w erden beide Jets beobachtet, w ie Abbildung 6 (rote Punkte) zeigt. Schlussbemerkung Die Ausw ertung der STAR-Daten w ird noch fortgesetzt. An der Schw er-Ionen-Physik am zukünftigen Large Hadron Collider (LHC) des CERN (ab 2007) bei noch höheren Energien (√s NN = 5500 GeV) nimmt das MPI für Physik nicht mehr teil. [1] V. Eckardt, N.Schmitz, P.Seyboth: Schw erionenphysik am RHIC, Physik Journal 1, Nr.11, S.55 (2002). © 2004 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 8/8