Erblicher Darmkrebs ohne Polyposis

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ÜBERSICHTSARBEIT
Erblicher Darmkrebs ohne Polyposis
Hereditary Nonpolyposis Colorectal Cancer (HNPCC), Lynch-Syndrom
Verena Steinke, Christoph Engel, Reinhard Büttner, Hans Konrad Schackert,
Wolff H. Schmiegel, Peter Propping
ZUSAMMENFASSUNG
Hintergrund: Patienten mit autosomal-dominant erblichem
Darmkrebs ohne Polyposis („Hereditary Nonpolyposis Colorectal Cancer“ [HNPCC], Lynch-Syndrom) haben ein deutlich
erhöhtes Risiko für verschiedene Tumoren, insbesondere Kolon- und Endometriumkarzinome. Das Syndrom beruht auf einer Mutation in einem von vier Genen des DNA-Mismatch-Reparatursystems. Etwa jede 500. Person der Allgemeinbevölkerung trägt eine pathogene Mutation, etwa 2 bis 3 Prozent
aller kolorektalen Karzinome sind hierauf zurückzuführen. Die
Diagnostik erfolgt stufenweise: Bei Verdacht auf ein HNPCC
(zum Beispiel frühes Erkrankungsalter, Familiarität) wird Tumormaterial auf einen Defekt des DNA-Mismatch-Reparatursystems (Mikrosatelliten-Instabilität, Ausfall eines Reparaturproteins) untersucht. Bei einem positiven Befund wird eine
Mutationssuche angeschlossen. Ein Mutationsnachweis sichert die Diagnose und ermöglicht eine prädiktive Diagnostik
bei Familienangehörigen. Die Diagnostik sollte in eine humangenetische Beratung eingebunden sein.
Methode: Übersichtsarbeit nach selektiver Medline-Recherche.
Ergebnisse: In prospektiven Kohortenstudien in Deutschland,
Finnland und den Niederlanden konnte gezeigt werden, dass
die Karzinome, die durch engmaschige koloskopische Überwachung diagnostiziert worden sind, ein früheres Stadium
haben als die durch Symptome auffällig gewordenen Karzinome. In der finnischen Studie konnten regelmäßige Koloskopien das Krebsrisiko durch Polypektomien sogar senken.
Schlussfolgerung: Es gibt bisher keine Studie, aus der sich eine individuelle, Risiko-adaptierte Überwachungsstrategie ableiten lässt. Bis dies möglich ist, sollten HNPCC-Patienten sowie gesunde Mutationsträger in jährlichen Intervallen koloskopisch und gynäkologisch überwacht werden.
►Zitierweise
Steinke V, Engel C, Büttner R, Schackert HK, Schmiegel
WH, Propping P: Hereditary nonpolyposis colorectal
cancer (HNPCC) / Lynch syndrome. Dtsch Arztebl Int
2013; 110(3): 32–8. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0032
is in die 1980er Jahre nahm man an, dass erbliche Faktoren bei häufigen Krebskrankheiten
keine Rolle spielen. Diese Vorstellung ist heute einer
differenzierteren Betrachtung gewichen. Einerseits
kennt man für viele der häufigen Krebserkrankungen
genetische Risikofaktoren, andererseits gibt es eine
Reihe bekannter erblicher Tumorsyndrome, die auf eine einzige hoch-penetrante genetische Veränderung
beziehungsweise Mutation zurückzuführen sind und
mit einem deutlich erhöhten Risiko für bestimmte Tumoren einhergehen. Die erblichen Tumorerkrankungen stellen besondere Anforderungen an die klinische,
genetische sowie pathologische Diagnostik und erfordern spezielle Früherkennungsmaßnahmen (1).
Es ist der Verdienst des amerikanischen Onkologen
Henry T. Lynch, eine erbliche Form von Darmkrebs
beschrieben und daran viele Jahre festgehalten zu haben (2). In einer eindrucksvollen finnisch-amerikanischen Kooperation sind die genetischen Grundlagen
der als „Hereditary Nonpolyposis Colorectal Cancer“
(HNPCC) bezeichneten Krankheit aufgeklärt worden
(3–5). Die Erforschung von HNPCC und die Verbesserung der Diagnostik und Patientenversorgung gingen dabei Hand in Hand. Ein großer Teil der Fälle mit
HNPCC-Syndrom beruht auf autosomal-dominant
erblichen Mutationen in einem von vier DNA-Mismatch-Reparatur(MMR)-Genen. Etwa jede 500. Person der Allgemeinbevölkerung trägt eine pathogene
Mutation in einem MMR-Gen, womit HNPCC die
häufigste genetische Krebsdisposition überhaupt darstellt.
In der vorliegenden Arbeit wird zum einen der aktuelle Stand der Diagnostik und Versorgung von Patienten mit HNPCC und Risikopersonen dargestellt.
Zum anderen werden die verfügbaren Daten zur Effektivität der Krebsvorsorge und -früherkennung bei
HNPCC präsentiert.
B
Definition des HNPCC-Syndroms
Institut für Humangenetik, Universität Bonn: Dr. med. Steinke,
Prof. Dr. med. Propping
Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie,
Universität Leipzig: Dr. med. Engel
Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Köln: Prof. Dr. med. Büttner
Abteilung für Chirurgische Forschung, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus,
Dresden: Prof. Dr. med. Schackert
Medizinische Universitätsklinik, Knappschaftskrankenhaus Bochum:
Prof. Dr. med. Schmiegel
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Im Gegensatz zur familiären adenomatösen Polyposis
coli (FAP) finden sich beim HNPCC-Syndrom meist
nur einzelne kolorektale Adenome oder Karzinome,
die sich klinisch nicht von sporadischen Tumoren unterscheiden lassen. Deshalb wurden klinische und familiäre Kriterien definiert, um HNPCC-Patienten zu
identifizieren. Patienten, die die Amsterdam-Kriterien
(eKasten 1) erfüllen, sind per Definition HNPCC-Patienten (6, 7). Hierunter fallen derzeit auch noch FaDeutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 3 | 18. Januar 2013
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KASTEN 1
Amsterdam-II-Kriterien und revidierte Bethesda-Richtlinien
Amsterdam-II-Kriterien (7)
● Alle Kriterien müssen zutreffen
– mindestens drei Familienangehörige mit histologisch gesichertem kolorektalem Karzinom oder einem Karzinom des
Endometriums, Dünndarms, Ureters oder Nierenbeckens, davon einer mit den beiden anderen erstgradig verwandt;
FAP muss ausgeschlossen sein
– wenigstens zwei aufeinander folgende Generationen betroffen
– bei mindestens einem Patienten Diagnosestellung vor dem Alter von 50 Jahren
Revidierte Bethesda-Richtlinien (8)
● Mindestens eines der genannten Kriterien muss erfüllt sein
– Patienten mit kolorektalem Karzinom vor dem 50. Lebensjahr
– Patienten mit synchronen oder metachronen kolorektalen Karzinomen oder anderen HNPCC-assoziierten Tumoren*1, unabhängig vom Alter
– Patienten mit kolorektalem Karzinom mit MSI-H Histologie*2 vor dem 60. Lebensjahr
– Patient mit kolorektalem Karzinom (unabhängig vom Alter), der einen Verwandten 1. Grades mit einem kolorektalen Karzinom oder einem HNPCC-assoziierten Tumor vor dem 50. Lebensjahr hat
– Patient mit kolorektalem Karzinom (unabhängig vom Alter), der mindestens zwei Verwandte 1. oder 2. Grades hat, bei
denen ein kolorektales Karzinom oder ein HNPCC-assoziierter Tumor (unabhängig vom Alter) diagnostiziert wurde
*1 zu den HNPCC-assoziierten Tumoren gehören Tumoren in: Kolorektum, Endometrium, Magen, Ovarien, Pankreas, Urothel, Gallengang, Dünndarm und
Gehirn (meist Glioblastome wie bei Turcot-Syndrom) sowie Talgdrüsenadenome und Keratoakanthome (bei Muir-Torre-Syndrom)
*2 Vorliegen von Tumor-infiltrierenden Lymphozyten, Crohn-ähnlicher lymphozytärer Reaktion, muzinöser/Siegelring-Differenzierung, oder medullärem Wachstumsmuster
FAP, familiäre adenomatöse Polyposis coli; HNPCC, Heredetary Nonpolyposis Cancer; MSI, Mikrosatelliten
milien ohne Nachweis eines DNA-Reparatur-Defektes im Tumor, bei denen dem erhöhten Tumorrisiko
wahrscheinlich bisher nicht geklärte genetische Ursachen zugrunde liegen. Ein unbekannter Teil der Familiarität des Kolonkarzinoms wird auch auf zufälliger
Koinzidenz beruhen. Zu den HNPCC-Patienten zählen zudem Patienten, die die schwächeren BethesdaGuidelines (8, 9) erfüllen (Kasten 1) und einen
MMR-defekten Tumor tragen. Für den Nachweis einer Mutation in einem MMR-Gen haben die Bethesda-Guidelines eine höhere Sensitivität, aber geringere
Spezifität als die Amsterdam-Kriterien. Für alle Patienten, die eine krankheitsverursachende Keimbahnmutation in einem MMR-Gen tragen (dies ist bei
knapp der Hälfte der HNPCC-Patienten der Fall),
wird auch der Begriff Lynch-Syndrom verwendet. Im
klinischen Alltag werden in Deutschland die Begriffe
HNPCC und Lynch-Syndrom jedoch meist synonym
verwendet.
Klinik
HNPCC-Patienten fallen häufig durch Darmkrebserkrankungen vor dem 50. Lebensjahr auf (mittleres Erkrankungsalter 45 Jahre), bei etwa einem Drittel der
Patienten tritt innerhalb von zehn Jahren ein weiterer
HNPCC-typischer Tumor auf (10). Zudem findet sich
auch in der Familie oft eine Häufung entsprechender
Tumoren (eGrafik 1). Bei positiven Amsterdam-Kriterien oder Bethesda-Guidelines ist die Indikation für eine molekularpathologische Untersuchung des KarziDeutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 3 | 18. Januar 2013
noms auf HNPCC-typische Veränderungen (Untersuchung auf Mikrosatelliteninstabilität [MSI] und immunhistochemische Darstellung [IHC] der MMRProteine) gegeben. Für den klinischen Alltag haben
die Autoren einen Fragebogen entwickelt, mit dem die
revidierten Bethesda-Guidelines vereinfacht abgefragt
werden können (Kasten 2).
Kolonkarzinome sind die häufigsten Tumoren bei
HNPCC-Patienten, etwa 2 bis 3 % dieser Karzinome
beruhen auf einem erblichen MMR-Defekt (11). Daneben besteht auch ein deutlich erhöhtes Risiko
für eine Reihe weiterer Tumoren (Tabelle) (12–15).
Endometriumkarzinome kommen bei Frauen mit
HNPCC ähnlich häufig vor wie Kolonkarzinome.
Diese sitzen nicht selten tief in der Gebärmutter, so
dass sie als Adenokarzinome der Cervix uteri imponieren können. Obwohl weitere Tumorentitäten wie
das Mammakarzinom, das Blasenkarzinom und das
Prostatakarzinom bei Patienten mit HNPCC etwas
häufiger als in der Allgemeinbevölkerung beobachtet
werden, zählt man sie nicht zum typischen HNPCCSpektrum.
Da die heutigen Familien klein sind, die Penetranz
von MMR-Mutationen unvollständig ist und die Familienmitglieder über die Erkrankungen ihrer Angehörigen oft schlecht informiert sind, ist die Erkennung von
HNPCC nicht immer leicht. Insbesondere Darmzentren, Chirurgen, Gynäkologen, Pathologen und Hausärzte haben die wichtige Aufgabe, Patienten mit Verdacht auf HNPCC herauszufiltern.
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KASTEN 2
Fragebogen zur Ermittlung des Risikos für familiären Darmkrebs
(abrufbar unter www.humangenetik.uni-bonn.de)
1. Wurde bei einem erstgradig Verwandten von Ihnen (Eltern, Geschwister oder Kinder) Darmkrebs festgestellt?
2. Wurde bei Ihnen oder bei einem Verwandten vor dem 50. Lebensjahr Darmkrebs festgestellt?
3. Wurden bei Ihnen oder einem Verwandten gleichzeitig oder nacheinander zwei Krebserkrankungen in einem der unten genannten Organe*1 festgestellt?
4. Gibt es in Ihrer Familie eine Person, die an Darmkrebs erkrankt ist und noch mindestens einen erstgradig Verwandten (Eltern, Geschwister oder Kinder) hat, bei dem vor dem 50. Lebensjahr eine Krebserkrankung in einem der unten genannten
Organe*1 festgestellt wurde?
5. Gibt es in Ihrer Familie eine Person, die an Darmkrebs erkrankt ist und noch mindestens zwei weitere Verwandte hat, bei
denen eine Krebserkrankung in einem der unten genannten Organe*1 festgestellt wurde?
6. Wurden bei einem Familienmitglied zahlreiche Polypen (Adenome) im Dickdarm gefunden oder die Diagnose einer Polyposis gestellt?
*1 Dickdarm, Dünndarm, Magen, Gebärmutter (nicht Gebärmutterhals), Eierstöcke, Bauchspeicheldrüse, Gallenwege, ableitende Harnwege, Gehirn oder
Talgdrüsen
● Auswertung
– alle Fragen mit Nein beantwortet: kein erhöhtes Darmkrebsrisiko, allgemein empfohlene Darmkrebsfrüherkennung
– nur Frage 1 mit Ja beantwortet: familiäres Risiko für Darmkrebs, etwas engmaschigere Früherkennungsuntersuchungen entsprechend der S3-Leitlinie
– mindestens eine der Fragen 2 bis 6 mit Ja beantwortet: Verdacht auf eine erbliche Form von Darmkrebs, humangenetische Beratung zur weiteren Abklärung sinnvoll
Genetik
Das hohe Krebsrisiko von HNPCC-Patienten ist auf
einen Defekt der DNA-Reparatur zurückzuführen,
der durch eine Mutation in einem MMR-Gen bedingt
ist. Da die Mutation in der Regel von einem Elternteil vererbt wurde, trägt zunächst jede Körperzelle
eine defekte sowie eine funktionstüchtige Genkopie,
durch die die DNA-Reparatur in den Zellen aufrechterhalten wird. Erst wenn in einer Zelle auch die
zweite Genkopie durch ein zufälliges Mutationsereignis (somatische Mutation) funktionslos wird
(Zwei-Treffer-Hypothese nach Knudson), entwickelt
die Zelle einen DNA-Reparaturdefekt. Durch den
DNA-Reparaturdefekt kommt es zu einer Anhäufung
somatischer Mutationen in der Zelllinie und in der
Folge zu einer beschleunigten malignen Entartung.
Die Dynamik der Bildung von kolorektalen Adenomen stellt wahrscheinlich einen unabhängigen Risikofaktor für die Entwicklung eines Kolonkarzinoms
bei HNPCC-Patienten dar (16).
Eine Mutationsanalyse in den MMR-Genen wird bei
Hinweisen auf einen DNA-Reparaturdefekt im Tumor
durchgeführt, wobei Mutationen in den einzelnen
MMR-Genen unterschiedlich häufig vorkommen (Grafik 1). Zusätzlich können Bruchstückverluste (Deletionen) in dem vor dem MSH2-Gen gelegenen EPCAMGen HNPCC verursachen. Die Wahrscheinlichkeit, eine MMR-Mutation bei einem Patienten zu identifizieren, ist stark vom Familienbefund abhängig. Ein großes, bisher nicht gelöstes Problem stellen Mutationen
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der MMR-Gene dar, deren Bedeutung für das Krebsrisiko noch unklar ist („unklassifizierte Varianten“).
Mutationen in den Genen MLH1 und MSH2 beeinträchtigen die DNA-Reparatur stärker als Mutationen
in den anderen beiden MMR-Genen. Patienten mit einer MLH1- oder MSH2-Mutation haben daher ein deutlich höheres Tumorrisiko als Patienten mit einer
MSH6-Mutation. Das Risiko für Patienten mit einer
PMS2-Mutation scheint noch deutlich niedriger zu
sein. Da PMS2-Mutationen nur selten auftreten, ist die
Datenlage zum Tumorrisiko bisher noch schlecht. Wie
beim sporadischen Kolonkarzinom haben männliche
Träger einer Keimbahnmutation ein höheres Risiko für
ein Kolonkarzinom als Frauen mit einer Mutation im
gleichen Gen (16).
Neben Mutationen in den genannten MMR-Genen
gibt es sehr wahrscheinlich Varianten in anderen Genen, die das Risiko für Darmkrebs erhöhen und einen
Teil der Familiarität des Kolonkarzinoms erklären. Von
diesen Varianten sind bislang einige bekannt, die jedoch jeweils nur zu einer geringen Risikoerhöhung führen. Sie sind Gegenstand weiterer Forschung, in der klinischen Diagnostik spielen sie bislang keine Rolle.
Pathologie
HNPCC-assoziierte Kolonkarzinome sind meist muzinöse Tumoren, die bevorzugt im rechten Hemikolon auftreten. Auch unter den weiteren HNPCC-assoziierten Tumoren dominieren Adenokarzinome. In den malignen
Zellen finden sich als Zeichen der gestörten DNA-RepaDeutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 3 | 18. Januar 2013
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ratur Verlängerungen kurzer DNA-Wiederholungssequenzen, der sogenannten Mikrosatelliten (MSI). Eine
Mikrosatelliteninstabilität tritt zwar bei 10 bis 15 % aller
Kolonkarzinome und 15 bis 20 % aller Endometriumkarzinome auf, in Verbindung mit Erkrankungsalter und Familienbefund ist sie aber ein starker Prädiktor für ein
Lynch-Syndrom. Bei Familien, die die Amsterdam- oder
Bethesda-Kriterien erfüllen, wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 35 % eine Mikrosatelliteninstabilität gefunden. Unter den Familien mit Mikrosatelliteninstabilität
kann in 53 % der Fälle eine ursächliche MMR-Mutation
identifiziert werden (eigene Daten).
Da infolge der Reparaturschwäche in den Zellen
auch veränderte Proteine gebildet werden, die auf der
Zelloberfläche präsentiert werden, kommt es zu einer
Immunreaktion gegen die Tumorzellen. Dies zeigt
sich als lymphozytäres Infiltrat im Tumorgewebe.
Durch immunhistochemische Darstellung lässt sich
im malignen Gewebe der Ausfall des Reparaturproteins nachweisen, das durch das entsprechende Gen
kodiert wird. Da die Genprodukte von MLH1 und
PMS2 sowie MSH2 und MSH6 in den Zellen jeweils
einen Proteinkomplex bilden, führen zum Beispiel
Mutationen im MLH1-Gen in der immunhistochemischen Analyse zum Ausfall von MLH1 und seinem
Partnerprotein PMS2. Abhängig vom Ausfallsmuster
entscheidet der Humangenetiker, in welchem MMRGen eine Mutationsanalyse durchgeführt wird. Da die
Auswertung der immunhistochemischen Untersuchung stark untersucherabhängig ist, sollte nach den
Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (derzeit in
Überarbeitung) immer eine zusätzliche Mikrosatellitenanalyse erfolgen.
Ein Ausfall von MLH1 und PMS2 kann auch in sporadischen Karzinomen vorkommen, dies beruht meist
auf einer Methylierung des MLH1-Promotors im Tumorgewebe, infolge derer das MLH1-Gen funktionell
abgeschaltet wird. Eine MLH1-Promotormethylierung
kann bei Kolonkarzinomen unter anderem Folge bestimmter somatischer Mutationen im BRAF-Gen sein,
die in den Tumorzellen aufgetreten sind, insbesondere
der Mutation V600E. Da diese Mutation bislang nie bei
einem Patienten mit einer pathogenen Keimbahnmutation im MLH1-Gen beobachtet wurde, ist das Vorliegen
dieser Mutation im Tumor ein starker Hinweis darauf,
dass es sich um einen nichterblichen Tumor handelt
(Grafik 2). In letzter Zeit wird zunehmend ein diagnostisches Vorgehen propagiert, bei dem jedes Kolonkarzinom unabhängig von klinischen Kriterien auf Mikrosatelliteninstabilität untersucht wird. Hierdurch könnte
die ohnehin hohe Sensitivität zur Erfassung von
HNPCC-Patienten noch etwas gesteigert werden (17).
Allerdings beruhen die meisten MSI-positiven Kolonkarzinome nicht auf einem HNPCC. Es handelt sich
daher um falschpositive Befunde, denen durch aufwendige molekulargenetische Untersuchungen nachgegangen werden muss. Der sichere Ausschluss eines
HNPCC ist dabei nicht möglich, was häufig zur Verunsicherung der Patienten und behandelnden Ärzte führt.
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 3 | 18. Januar 2013
TABELLE
Tumorspektrum und Lebenszeitrisiken bei HNPCC-Patienten, Pauschalangaben
für alle MMR-Gene (Daten des Deutschen HNPCC-Konsortium) (12–15)
Tumor
Risiko Männer
Risiko Frauen
kolorektales Karzinom
34–73 %
32–59 %
Endometriumkarzinom
–
39–50 %
Ovarialkarzinom
–
7–8 %
Magenkarzinom
1–6 %
Karzinom des Nierenbeckens/des Harnleiters
2–8 %
Gallengangskarzinom
1–4 %
Dünndarmkarzinom
1–4 %
ZNS-Tumoren
circa 2 %
Pankreaskarzinom
circa 4 %
Talgdrüsentumoren (Muir-Torre-Syndrom)
abhängig vom betroffenen Gen
HNPCC, Hereditary Nonpolyposis Colorectal Cancer
Mutationen des
Deutschen HNPCCKonsortiums;
UV, unklare Variante
GRAFIK 1
PMS2 UV
PMS2 pathogen EPCAM-Deletionen
MSH6 UV
MLH1 pathogen
MSH6
pathogen
MSH2
UV
MLH1
UV
MSH2 pathogen
Eine Testung aller Kolonkarzinome auf MSI wäre erst
dann sinnvoll, wenn sich hieraus konkrete Änderungen
im Behandlungskonzept ableiten lassen. Dies ist bislang nicht der Fall.
Früherkennung und Prävention
Personen mit einer pathogenen Mutation in einem
MMR-Gen haben zeitlebens ein stark erhöhtes Krebsrisiko. Auch nach einer erfolgreichen onkologischen Behandlung sind die Patienten von Zweitkarzinomen bedroht. Daher ist eine Früherkennungsstrategie entwickelt worden, die sowohl HNPCC-Patienten selbst, als
auch den Risikopersonen aus der Familie empfohlen
wird (Kasten 3). Die in Deutschland geltenden Vorsorgeempfehlungen wurden in die S3-Leitlinie für das Ko-
35
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Ablauf der
HNPCC-Diagnostik
(DGVS, Deutsche
Gesellschaft für
Verdauungs- und
Stoffwechselkrankheiten)
HNPCC, Hereditary
Nonpolyposis Colorectal Cancer;
MSI, Mikrosatelliten;
DGVS, Deutsche
Gesellschaft für
Verdauungsund Stoffwechselkrankheiten
GRAFIK 2
Klinischer Verdacht auf HNPCC
Amsterdam-Kriterien erfüllt?
ja
nein
ja
Bethesda-Kriterien erfüllt?
ja
unauffällig
auffällig
HNPCC-spezifische
Früherkennungsempfehlungen
MSH2-, MSH6- oder
PMS2-Verlust im Tumor
Mutationsnachweis
Früherkennung
nach DGVS-Leitlinien
Nachweis
der BRAF-Mutation
weitere Abklärung abhängig vom immunhistochemischen Befund
Diagnosesicherung,
prädiktive Testung
keine
Mutation
Ausfall von MLH1/PMS2
im Tumor
Mutationsnachweis
Untersuchung des
Tumors auf die BRAFMutation V600E
Ausschluss
der BRAF-Mutation
Mutationsanalyse
im MLH1-Gen
Mutationsanalyse
im jeweiligen Gen
HNPCC weiterhin
nicht ausgeschlossen
lorektale Karzinom aufgenommen, die derzeit überarbeitet wird. Diese sind den europäischen Empfehlungen sehr ähnlich (18).
Bisher liegen prospektive Studien aus Deutschland,
Finnland und den Niederlanden vor (mit Überwachungsintervallen zwischen ein und drei Jahren), die
gewisse Aussagen zur Effektivität der präventiven Koloskopien zulassen (16, 19–21). Da die Adenom-Karzinom-Sequenz auch für HNPCC gilt, ist davon auszugehen, dass durch eine Abtragung von kolorektalen Adenomen das Krebsrisiko von HNPCC-Patienten gesenkt
werden kann. An einer kleinen Stichprobe der finnischen Kohorte, deren koloskopische Überwachung
schon vor der Identifikation der MMR-Gene begonnen
hatte, konnten Järvinen et al. (19) tatsächlich zeigen,
dass die Polypektomie einen primär präventiven Effekt
hat, denn die Karzinomrate war signifikant reduziert.
Die Untersucher hatten ein HNPCC-Kollektiv in dreijährigem Abstand koloskopiert, während ein zweites
Kollektiv ohne koloskopische Überwachung als Kontrolle diente. In einer späteren Analyse konnte dieselbe
Gruppe sogar zeigen, dass die Mortalität an einem kolorektalen Karzinom bei Anlageträgern nicht höher war
als bei ihren Verwandten ohne MMR-Mutation (20).
In der Kohorte des Deutschen HNPCC-Konsortiums
werden den Studienpatienten in einjährigen Intervallen
36
nein
Untersuchung des Karzinoms auf MSI/IHC
keine
Mutation
Koloskopien empfohlen. Eine derartig engmaschige
Überwachung erwies sich als machbar und effektiv. Die
in den regelmäßigen Koloskopien entdeckten kolorektalen Karzinome hatten eine signifikant günstigere Stadienverteilung als solche Malignome, die auf Grund
von Symptomen diagnostiziert wurden (16). Dies lässt
eine bessere Prognose vermuten.
In der holländischen Kohorte war das Krebsrisiko
bei den HNPCC-Patienten, die in ein- bis zweijährigen
Intervallen koloskopiert waren, geringer als bei Patienten, die der Untersuchung alle zwei- bis drei Jahre unterzogen wurden (21).
Bisher ist nur an der begrenzten Fallzahl der finnischen Studie eine Reduktion der Mortalität berichtet
worden. In den deutschen und holländischen Kohorten reichen die prospektiven Beobachtungszeiten
bisher nicht aus, um einen Einfluss auf das Überleben zu sichern. Es gibt aber keinen Zweifel, dass
durch eine engmaschige koloskopische Überwachung bei Trägern einer MMR-Mutation eine günstigere Stadienverteilung der identifizierten Karzinome
resultiert beziehungsweise sogar die Karzinomrate
sinkt. Allerdings sind die Ergebnisse der drei prospektiven Studien im Detail nicht konsistent. Es lässt
sich nicht entscheiden, welches Überwachungsintervall am sinnvollsten ist. HNPCC besteht in AbDeutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 3 | 18. Januar 2013
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hängigkeit von dem mutierten Gen aus verschiedenen Krankheits-Entitäten. Deshalb ist das gleiche
Überwachungsprotokoll wahrscheinlich nicht für alle MMR-Anlageträger und Risikopersonen geeignet.
Vielmehr muss es das Ziel sein, eine Risiko-adaptierte Überwachungsstrategie zu entwickeln, die die bekannten Penetranz-Unterschiede zwischen den mutierten MMR-Genen, Geschlechtsunterschiede der
Penetranz und die Dynamik der Adenomentstehung
berücksichtigt. Bis hierzu belastbare Daten vorliegen, empfiehlt das Deutsche HNPCC-Konsortium,
an der Früherkennungsstrategie mit einjährigen Untersuchungsintervallen festzuhalten (Kasten 3).
Kolonkarzinome werden auch bei HNPCC-Patienten
entsprechend den chirurgischen Prinzipien operiert. Zu
der Frage, ob eine radikalere chirurgische Therapie
sinnvoll wäre, liegen keine kontrollierten Studien vor.
Wenn man eine radikalere Operation bis hin zur Kolektomie erwägen wollte, müssten das Operationsrisiko,
Alter und Geschlecht der Patienten, die medizinische
Langzeitprognose und die zu erwartende Compliance
des Patienten in die Beurteilung einbezogen werden.
Zu berücksichtigen ist auch, dass die Penetranz der
MMR-Mutationen nicht vollständig ist und dass die
präventive Entfernung von Adenomen erwiesenermaßen das Tumorrisiko senkt.
Patienten mit Mikrosatelliten-instabilen Tumoren
haben (wahrscheinlich bedingt durch eine Immunreaktion gegen die Tumorzellen) eine im Vergleich zu
stabilen Tumoren bessere Prognose, so dass der Gewinn durch eine adjuvante Therapie kleiner sein könnte. In mehreren retrospektiven Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Patienten mit Mikrosatelliteninstabilem Kolonkarzinom im Stadium II und III nicht
von einer adjuvanten 5-FU-basierten Chemotherapie
profitieren (22). Derzeit wird untersucht, ob dies auch
für Kolonkarzinome von HNPCC-Patienten gilt.
Früherkennung und Prävention weiterer
HNPCC-assoziierter Tumoren
Das Endometriumkarzinom stellt den zweithäufigsten Tumor bei HNPCC-Patientinnen dar. In mehreren Studien
wurde gezeigt, dass eine transvaginal durchgeführte Ultraschall-Untersuchung (TVU) in Kombination mit einer Endometriumbiopsie für die Früherkennung des Endometriumkarzinoms deutlich effektiver ist, als der TVU alleine
(23, 24). Aus diesem Grund wird inzwischen HNPCC-Patientinnen in Deutschland ab dem 35. Lebensjahr die Endometriumbiopsie mit der Pipelle-Methode in Ergänzung
zur TVU empfohlen, wie dies auch international propagiert wurde (18). Zudem sollte mit Trägerinnen einer
MMR-Mutation nach Abschluss der Familienplanung die
Möglichkeit einer prophylaktischen Hysterektomie diskutiert werden. Bezüglich des bei HNPCC-Patientinnen
ebenfalls gehäuft auftretenden Ovarialkarzinoms gibt es
derzeit keine effektive Früherkennung.
Hinsichtlich der Früherkennungs-Untersuchungen für
die weiteren HNPCC-assoziierten Tumoren (Tabelle) gibt
es in der Literatur nur wenige belastbare Daten. Die
Effektivität der Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD)
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 3 | 18. Januar 2013
KASTEN 3
Früherkennungsprogramm bei
HNPCC-Patienten
Untersuchung (ab dem 25. Lebensjahr beziehungsweise spätestens 5 Jahre vor dem jüngsten Erkrankungsalter in der Familie) in einjährigen Abständen
● körperliche Untersuchung
● Sonographie Abdomen
● komplette Koloskopie
● Gastroskopie (ab dem 35. LJ)
● gynäkologische Untersuchung mit transvaginaler
Sonographie
● Endometriumbiopsie mit der Pipelle (ab dem 35. LJ)
HNPCC, Hereditary Nonpolyposis Colorectal Cancer
konnte bislang aufgrund kleiner untersuchter Fallzahlen
nicht eindeutig belegt werden. Da die zur Früherkennung
urothelialer Karzinome früher durchgeführte Urinzytologie eine sehr niedrige Sensitivität bei einer hohen Zahl
falschpositiver Befunde zeigte, wird diese nicht mehr
empfohlen. Für die weiteren seltenen HNPCC-assoziierten Tumoren gibt es bislang bis auf den abdominalen Ultraschall und eine allgemeine körperliche Untersuchung
keine spezifischen Früherkennungsmaßnahmen.
Versorgung der Patienten und ihrer Familien
Die genetische Diagnostik auf erblichen Darmkrebs bei
einem Erkrankten kann nach Gendiagnostikgesetz von jedem Arzt veranlasst werden, dem Patienten sollte jedoch
eine humangenetische Beratung angeboten werden. Die
Aufgabe des genetischen Beraters ist dabei nicht nur, den
Patienten über das Krankheitsbild und die genetischen
Grundlagen zu informieren, sondern auch, mit dem Ratsuchenden zu besprechen, welche molekulargenetische Diagnostik sinnvoll ist.
Der Nachweis der ursächlichen genetischen Veränderung bei einem Patienten erlaubt die prädiktive genetische
Untersuchung gesunder Familienangehöriger. Kinder und
Geschwister eines Anlageträgers haben auf Grund der autosomal-dominanten Vererbung ein Risiko von 50 %, die
gleiche Mutation zu tragen. Wenn durch die prädiktive genetische Diagnostik die familiäre Mutation nachgewiesen
wird, sollte sich der Angehörige dem Früherkennungsprogramm unterziehen. Wenn die Mutation ausgeschlossen
werden konnte, dann hat der Angehörige kein erhöhtes
Krebsrisiko und kann aus der speziellen Früherkennung
entlassen werden. Vor einer prädiktiven genetischen Diagnostik muss nach Gendiagnostikgesetz der zu untersuchenden Person eine genetische Beratung durch einen
Arzt für Humangenetik angeboten werden.
Bisher dürften in Deutschland weit weniger als die
Hälfte aller Anlageträger für HNPCC erkannt werden. Das
erhöhte Malignomrisiko vieler Organe muss dem Arzt in
37
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KERNAUSSAGEN
● HNPCC (Lynch-Syndrom) ist ein autosomal-dominant
erbliches Tumorsyndrom, das auf Mutationen in Genen
des DNA-Mismatch-Reparatursystems beruht.
● Etwa jede 500. Person der Allgemeinbevölkerung trägt
eine pathogene Mutation.
● Die höchsten Risiken gelten für Karzinome des Kolorektums und des Endometriums, aber auch die Risiken für
Karzinome von Ovar, Magen, Urothel, Gallengang,
Dünndarm und andere sind erhöht.
● Patienten mit Lynch-Syndrom und gesunde Mutationsträger sollten in jährlichen Intervallen koloskopisch und
gynäkologisch überwacht werden.
● Die Befunde aus prospektiven Kohortenstudien zeigen,
dass eine engmaschige koloskopische Überwachung im
Hinblick auf Früherkennung und Prävention effektiv ist.
der Langzeitbetreuung der Patienten immer bewusst sein.
Die Betreuung sollte daher möglichst in Zentren mit breiter Fachkompetenz erfolgen, wie es im Deutschen
HNPCC-Konsortium verwirklicht ist (eTabelle 2).
Forschungsbedarf
HNPCC könnte zu einem Paradigma der Risiko-adaptierten Krebsfrüherkennung werden. Hierfür sind Ergebnisse
aus weiteren prospektiven Studien erforderlich. Es ist in
Deutschland jedoch nahezu unmöglich, für die dringend
notwendigen klinischen Langzeitstudien einen Förderer
zu finden.
Interessenkonflikt
Die Autoren wurden von 1999 bis 2011 im Rahmen des Verbundprojektes „Familiärer Darmkrebs“ von der Deutschen Krebshilfe unterstützt.
Prof. Schackert erhielt Vortragshonorare von der Deutschen Gesellschaft für
Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten und Beraterhonorare vom MVZ des
Universitätsklinikums Dresden.
Prof. Schmiegel wurden Fortbildungs- und Reisekosten von der Deutschen
Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten und Falk erstattet.
Er erhielt zudem Honorare von Amgen, Apceth, AstraZeneca, Merck, Roche,
Abbott, ECM, GSB, MedCongress, Pfizer und Siemens Healthcare. Prof. Schmiegel
hält mehrere Patente: PCT/DE2008/001220; DE102004063132.8-41;
DE102006048249.2; DE102004036907.0-41; PCT/DE2007/002174;
US61/176,353; DE102010046866.5; DE102011108254.2.
Manuskriptdaten
eingereicht: 26. 6. 2012, revidierte Fassung angenommen: 12. 10. 2012
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Anschrift für die Verfasser
Dr. med. Verena Steinke
Institut für Humangenetik, Biomedizinisches Zentrum
Universitätsklinikum Bonn, Sigmund-Freud-Straße 25, 53127 Bonn
[email protected]
Zitierweise
Steinke V, Engel C, Büttner R, Schackert HK, Schmiegel WH, Propping P:
Hereditary nonpolyposis colorectal cancer (HNPCC) / Lynch syndrome.
Dtsch Arztebl Int 2013; 110(3): 32–8. DOI: 10.3238/arztebl.2013.0032
@
eSupplement:
www.aerzteblatt.de/13m0032
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 3 | 18. Januar 2013
MEDIZIN
ÜBERSICHTSARBEIT
Erblicher Darmkrebs ohne Polyposis
Hereditary Nonpolyposis Colorectal Cancer (HNPCC), Lynch-Syndrom
Verena Steinke, Christoph Engel, Reinhard Büttner, Hans Konrad Schackert,
Wolff H. Schmiegel, Peter Propping
eKASTEN 1
Amsterdam-I-Kriterien und Bethesda-Richtlinien
Amsterdam-I-Kriterien (Vasen et al., 1991)
● Alle Kriterien müssen zutreffen
– mindestens drei Familienangehörige mit histologisch gesichertem kolorektalem Karzinom, davon einer mit den beiden
anderen erstgradig verwandt; FAP muss ausgeschlossen sein
– wenigstens zwei aufeinander folgende Generationen betroffen
– bei mindestens einem Patienten Diagnosestellung vor dem 50. Lebensjahr
Bethesda-Richtlinien (Rodriguez-Bigas et al., 1997)
● Mindestens eines der genannten Kriterien muss erfüllt sein
– Patienten mit positiver Familienanamnese entsprechend den Amsterdam-Kriterien
– Patienten mit synchronen oder metachronen kolorektalen Karzinomen oder HNPCC-assoziierten Tumor-Erkrankungen
(Endometrium, Ovarien, Magen, Gallengang, Dünndarm, Karzinom des Ureters oder Nierenbeckens)
– Patienten mit kolorektalem Karzinom und einem erstgradig Verwandten mit kolorektalem Karzinom und/oder
HNPCC-assoziierter Tumorerkrankung (einer davon diagnostiziert vor dem Alter von 45 Jahren) und/oder kolorektalem
Adenom diagnostiziert vor dem Alter von 40 Jahren
– Patienten mit Kolon- oder Endometriumkarzinom diagnostiziert vor dem Alter von 45 Jahren
– Patienten mit rechtsseitigem, histologisch undifferenziertem kolorektalem Karzinom diagnostiziert vor dem Alter
von 45 Jahren
– Patienten mit kolorektalem Karzinom vom Siegelring-Zell-Typ diagnostiziert vor dem Alter von 45 Jahren
– Patienten mit Adenom diagnostiziert vor dem Alter von 40 Jahren
8
Deutsches Ärzteblatt | Jg. 110 | Heft 3 | 18. Januar 2013
MEDIZIN
eKASTEN 2
eGRAFIK
Deutsches HNPCC-Konsortium
78 J.
Wissenschaftliche Verbundpartner
Prof. Dr. Wolff H. Schmiegel
Ruhr-Universität Bochum
Medizinische Universitätsklinik
Knappschaftskrankenhaus
Tel.: 0234/299 3401
Prof. Dr. Markus Nöthen
Institut für Humangenetik
Universitätsklinikum Bonn
Tel.: 0228/287 51000
Prof. Dr. Hans K. Schackert
Abt. für Chirurgische Forschung
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden
Tel.: 0351/458 3598
70 J.
„Unterleibskrebs“
59 J.
47 J.
47 J.
Kolon-CA
47 J.
46 J.
42 J.
21 J.
19 J.
42 J.
39 J.
Kolon-CA
41 J.
Endometrium-CA
44 J.
27 J.
43 J.
18 J.
16 J.
12 J.
10 J.
Dünndarm-CA
27 J.
Stammbaum einer HNPCC-Familie (CA, Karzinom)
Prof. Dr. Brigitte Royer-Pokora
Institut für Humangenetik
Universitätsklinikum Düsseldorf
Tel.: 0211/811 2350
Prof. Dr. Magnus von Knebel Doeberitz
Pathologisches Institut
Abt. für Angewandte Tumorbiologie
Universitätsklinikum Heidelberg
Tel.: 06621/56 50 87
Prof. Dr. Elke Holinski-Feder
Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität
Medizinische Klinik – Innenstadt
Tel.: 089/30 90 88 60
Prof. Dr. Reinhard Büttner
Institut für Pathologie
Universitätsklinikum Köln
Tel.: 0221/478 63 20
Prof. Dr. Markus Löffler
Institut für Medizinische Informatik, Statistik und
Epidemiologie
Universität Leipzig
Tel.: 0341/97 161 00
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