Kapitel 3: Externalitäten Kapitel im Lehrbuch / Inhalt Im Perman: - Kapitel 5: „Welfare Economics and the Environment“ Inhalt der Vorlesung: - Externalitäten im Umweltbereich - Staatliche Internalisierung von Externalitäten - Private Internalisierung von Externalitäten: Das Coase-Theorem - Trittbrettfahrerproblematik bei öffentlichen Gütern Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 2 Marktversagen: sozial unerwünschtes oder ökonomisch (allokatives) ineffizientes Marktergebnis Ökonomische Sicht Nicht-ökonomische Betrachtung - illegaler Handel mit - externe Effekte verbotenen Gütern oder - öffentliche Güter Dienstleistungen - Monopole - ethische Bedenken - Oligopole - Verletzung von - Kartelle Gleichheits- oder Fairness-Postulaten - Unterlaufen von Regulierungs- oder Steuerungsabsichten Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 3 Externalitäten Eine Externalität bezeichnet den Einfluss der Handlungen einer Person auf das Wohl von Dritten, ohne dass eine Abgeltung über den Markt stattfindet. Wenn dieser Einfluss schädlich ist, handelt es sich um eine negative Externalität Wenn dieser Einfluss nützlich ist, handelt es sich um eine positive Externalität. Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 4 Externalitäten im Umweltbereich Externalitäten sind wohl die wichtigste Klasse von Marktversagen in der Umwelt- und Ressourcenökonomie. Insbesondere Umweltverschmutzung (durch Verkehr, Fabriken etc.) ist eines der wichtigsten Beispiele für eine negative Externalität. Es gibt im Umweltbereich aber auch eine Vielzahl an positiven Externalitäten. Beispiel: Anbau von Obstbäumen. Diese tragen zur Landschaftsverschönerung bei, verhindern Erosion, verbessern Luftqualität. Ressourcen- und Umweltökonomie 5 Prof. Dr. L. Bretschger Beispiel: Anbau von Obstbäumen (positive Produktionsexternalität) Private Grenzkosten des Obstanbaus PBäume 14 Angebot 12 Privater Grenznutzen des Obstanbaus Nutzen und Gewinn werden indirekt über den Preismechanismus beeinflusst. 10 8 6 Marktoptimum 4 2 0 0 Ressourcen- und Umweltökonomie 2 4 6 8 10 12 Anzahl Bäume Prof. Dr. L. Bretschger 14 6 Beispiel: Anbau von Obstbäumen (positive Produktionsexternalität) Aber der soziale Nutzen des PBäume Anbaus von Obstbäumen (Luftqualität etc.) wird in der 14 privaten Optimierung nicht 12 berücksichtigt 10 Wenn dieser positive 8 Zusatznutzen zum private 6 dazugezählt wird, liegt die soziale Nachfragekurve höher. 45 Soziale Nachfrage Soziales Optimum Sozialer Nutzen Private Nachfrage 2 Marktoptimum 0 0 Ressourcen- und Umweltökonomie Angebot 2 3 4 6 8 Prof. Dr. L. Bretschger 10 12 14 Anzahl Bäume 7 Externalitäten und Markteffizienz Negative Externalitäten führen dazu, dass in Märkten eine höhere Menge eines Gutes als sozial erwünscht bereitgestellt wird. Positive Externalitäten führen zur Produktion einer kleineren Menge, als sozial erwünscht ist. Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 8 Staatliche Internalisierung von Externalitäten Eine Internalisierung einer Externalität umfasst eine Änderung der Anreize, so dass die Externalität von den Individuen berücksichtigt werden: - Besteuerung der negativen Externalität - Subventionierung der positiven Externalität - Industriepolitik: z.B. Patentschutz Eine Steuer, die auf die Internalisierung einer negativen Externalität zielt, nennt man Pigou-Steuer. Ressourcen- und Umweltökonomie 9 Prof. Dr. L. Bretschger PL-Transport Beispiel: Lastwagentransport (negative Produktionsexternalität) Grenznutzen der Nachfrager von Transportdienstleistungen Nachfrage 14 12 Angebot 10 Marktoptimum 8 6 4 Grenzkosten der Transportunternehmer 2 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Lastwagentransport Mrd.t/km Soziale Kosten Negative Externalitäten: Abgase, Lärm, Verkehrsstau, Unfälle ... 4 2 0 Ressourcen- und Umweltökonomie 0 2 Dr. L.4Bretschger 6 Prof. 8 10 12 1410 Lastwagentransport Mrd.t/km Angebot bei Steuer PL-Transport Beispiel: Nachfrage 14 Lastwagentransport – Internalisierung mit Pigou-Steuer 12 3 10 Angebot 8 6 4 2 Entschädigung durch Transfer Steuereinnahmen 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Lastwagentransport Mrd.t/km Soziale Kosten 4 3 2 0 Ressourcen- und Umweltökonomie 0 2 Dr. L.4Bretschger 6 Prof. 8 10 12 1411 Lastwagentransport Mrd.t/km Angebot bei Steuer PL-Transport Beispiel: Nachfrage 14 Lastwagentransport – Resultate einer PigouSteuer 12 Angebot 3 10 8 6 gesellschaftliche Grenznutzen = private Grenzkosten 4 2 Marktoptimum 0 0 2 4 6 8 10 12 14 Lastwagentransport Mrd.t/km Die Lastwagen produzieren weniger Abgase und die Transportunternehmer zahlen einen Preis dafür. Soziale Kosten 4 3 2 0 Ressourcen- und Umweltökonomie 0 2 Dr. L.4Bretschger 6 Prof. 8 10 12 1412 Lastwagentransport Mrd.t/km Private Lösungen zu Externalitäten Moralische Konventionen und soziale Sanktionen Gemeinnützige Organisationen Integration verschiedener Geschäftstypen Verhandlungen zwischen Betroffenen und Verursachern: Coase-Theorem Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 13 Das Coase-Theorem Ronald Coase zeigt eine Möglichkeit auf, wie Externalitäten auch ohne staatliche Eingriffe (z.B. Pigou-Steuer) internalisiert werden können. Coase-Theorem: Wenn die durch von Externalitäten betroffenen Parteien kostenlos miteinander Verhandeln können, resultiert ein effizientes Resultat, unabhängig, wem das Gesetz die Verantwortung für Schäden überträgt. Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 14 Idee Coase-Theorem Ein Arzt wird bei seiner Arbeit gestört durch Lärm der benachbarten Schreinerei. Üblicher Ansatz: Schreiner verursacht Externalität und wird vom Staat dazu gebracht diese korrekt zu berücksichtigen (durch Pigou-Steuer etc.). Coase: Traditionelle Ansicht vernachlässigt reziproke Natur von Externalitäten. Schreiner verursacht den Lärm nicht, um dem Arzt zu schaden, sondern um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn Lärm vermieden wird, schadet man also dem Schreiner... Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 15 Idee Coase-Theorem II Man könnte also auch dem Schreiner das Recht zusprechen Lärm zu verursachen. Der Arzt müsste dann den Schreiner für Lärmvermeidung entschädigen. Also: Weil Externalitäten reziprok sind ist es aus Effizienzsicht nur wichtig, dass Eigentumsrechte klar definiert sind und nicht wem diese zugesprochen werden. Wenn nun Verhandlungen zwischen den betroffenen Parteien kostenlos möglich sind, kommt es zu einer effizienten Verhandlungslösung, ohne dass weitere staatliche Eingriffe nötig sind. Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 16 Coase-Theorem: Beispiel Wenn der Schreiner arbeitet, erwirtschaftet er einen Gewinn von 40. Der Verlust des Arztes durch den Lärm beträgt 60. Rechtliche Grundlage: Schreiner... Resultat Haftet für Lärm Haftet nicht Arzt Schreiner schliesst den Betrieb um Entschädigungszahlung zu vermeiden Arzt zahlt dem Schreiner P um zu schliessen, P liegt zwischen 40 und 60 Nettonutzen Schreiner Total 60 0 60 60-P P 60 Das effiziente Resultat ist, dass der Schreiner schliesst. Dies geschieht in beiden Fällen. Ressourcen- und Umweltökonomie 17 Prof. Dr. L. Bretschger Coase-Theorem: Beispiel 2 Wenn der Schreiner arbeitet: Gewinn von 40. Der Verlust des Arztes durch Lärm: 60. Der Schreiner kann aber für 20 eine Lärmisolation installieren. Rechtliche Grundlage: Schreiner... Resultat Arzt Nettonutzen Schreiner Total Schreiner installiert Lärmisolation auf eigene Kosten 60 20 80 Arzt zahlt dem Schreiner P für Lärmisolation, P liegt zwischen 40 und 60 60-P 20+P 80 Haftet für Lärm Haftet nicht Das effiziente Resultat ist, dass der Schreiner die Lärmisolation installiert. Dies geschieht in beiden Fällen. Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 18 Beurteilung Coase-Theorem Das Coase-Theorem basiert auf ziemlich restriktiven Bedingungen: Keine Verhandlungskosten, perfekte Kommunikation, vollkommene Information (z.B. über die Gewinnfunktion des Verhandlungspartners) Insbesondere bei Umweltexternalitäten sind diese Bedingungen oft nicht gegeben: Meistens grosse Anzahl von Betroffenen (erschwert Kommunikation, hohe Verhandlungskosten). Zusätzlich ist Schadensvermeidung bei mehreren Betroffenen ein öffentliches Gut (siehe folgende Folien) Coase-Theorem macht keine Aussagen zu Verteilungsgerechtigkeit. Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 19 Öffentliche Güter Güter von deren Konsum niemand ausgeschlossen werden kann und bei denen keine Rivalität im Konsum besteht. Problem: Solche Güter werden bei vollkommener Konkurrenz möglicherweise nicht produziert. Beispiel öffentlicher Güter: Landesverteidigung, Grundlagenforschung, Sozialsystem. Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 20 Ausschliessbarkeit NEIN JA JA Private Güter O Kleidung O Badeanstalt im Juli Öffentliche Ressourcen O O Fisch im Ozean Strand im Juli Rivalität Beispiele für Güter natürlicher Monopole O NEIN O Kabelfernsehen Badeanstalt im April Ressourcen- und Umweltökonomie Öffentliche Güter O Armee O Wissen O Strand im April Prof. Dr. L. Bretschger 21 Wieso führen öffentliche Güter zu Marktversagen? Einzelne Konsumenten können das öffentliche Gut konsumieren, ohne etwas dafür zu bezahlen. - Es ist technisch nicht möglich (oder zu teuer), potentielle Nutzer vom Konsum auszuschliessen. - Sie sind “Trittbrettfahrer”. Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 22 Trittbrettfahrer Ein Trittbrettfahrer profitiert von der Bereitstellung eines Gutes, ohne dafür zu bezahlen. Besonderes Problem bei der Bereitstellung öffentlicher Güter, wegen Nichtausschliessbarkeit. Mögliche Lösung: Bereitstellung öffentlicher Güter durch die Regierung. Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 23 Beispiel: Bau einer Strasse zu 2 Häusern 1 2 PStrasse 600 Hausbesitzer 1 und 2 verfügen je über 500 Fr. 400 Kosten einer Strasse ist 400 Fr. Reservationspreis 1 Reservationspreis 2 Hausbesitzer 1 und 2 sind jeweils für sich bereit, 300 für die Strasse zu zahlen. Ressourcen- und Umweltökonomie 200 0 Prof. Dr. L. Bretschger 24 zur Verfügung: 500 Fr. Preis der Strasse: 400 Fr. “Reservationspreis” (=Nutzen) 300 Fr. 1 2 Wenn Hausbesitzer 1 die Strasse baut, kann er den anderen nicht daran hindern, sie ebenfalls zu gebrauchen. Hausbesitzer 1 hat dann einen Gesamtnutzen von 300 (Nutzen der Strasse) + 100 (Einkommen 500 - Kosten 400) = 400 lohnt lohnt sich sich nicht nicht !! Hausbesitzer 2 hat dann einen Gesamtnutzen von 300 (Nutzen der Strasse) + 500 (Einkommen 500) = 800 Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 25 „Spieltheorie“: Gefangenendilemma Die Tat gestehen oder nicht? Soll ich gestehen? JA NEIN meine Strafe Strafe für meinen Komplizen nach 2 Tagen frei NEIN Wird mein Komplize gestehen? JA nach 2 Tagen frei 3 Jahre Gefängnis sofort frei Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger sofort frei 3 Jahre Gefängnis 2 Jahre Gefängnis 2 Jahre Gefängnis 26 1 2 Hausbesitzer 1 Nutzen Hausbesitzer 1 Nutzen Hausbesitzer 2 zahlen zahlen nicht zahlen 600 600 800 400 400 800 500 500 Hausbesitzer 2 nicht zahlen Ressourcen- und Umweltökonomie 27 Prof. Dr. L. Bretschger Wenn jeder Hausbesitzer individualistisch denkt und handelt, wird die Strasse nicht gebaut. 1 2 Hausbesitzer 1 zahlen zahlen Hausbesitzer 2 nicht zahlen nicht zahlen 600 600 < 800 400 400 800 < 500 500 Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 28 2 1 Pareto-optimale Lösung Hausbesitzer 1 zahlen nicht zahlen zahlen 600 600 800 400 Hausbesitzer 2 nicht zahlen 400 800 500 500 Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 29 Zusammenfassung Freie Märkte führen bei Vorliegen externer Effekte oder bei öffentlichen Gütern oft nicht zu paretooptimalen Ergebnissen, denn: - Handlungen der Wirtschaftssubjekte können auch direkte positive und negative Folgen auf die Wohlfahrt von anderen Wirtschaftssubjekten haben (Externalitäten). - Manche Güter würden im vollkommenen Wettbewerb nicht produziert (öffentliche Güter). Daneben kann es auch ethische oder wirtschaftspolische Ziele geben (z.B. Verteilungsgerechtigkeit). Ressourcen- und Umweltökonomie Prof. Dr. L. Bretschger 30