Wie Küken gerettet werden können

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Datum: 09.07.2016
Neue Zürcher Zeitung
8021 Zürich
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www.nzz.ch
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 110'854
Erscheinungsweise: 6x wöchentlich
Themen-Nr.: 541.003
Abo-Nr.: 1008268
Seite: 28
Fläche: 42'374 mm²
Wie Küken gerettet werden können
Weil auch in Ställen mit Bio-Geflügel männliche Tiere
getötet werden, sucht die Branche nach Alternativen
Geflügelzucht soll ethisch
Fast das gesamte Fleisch der Bruderhähne endet aber in Wurstwaren. Denn
die bei Konsumenten beliebtesten Produkte, Poulet-Brüstli oder Schnitzel, lassen sich aus den Bruderhähnen meist gar
nicht herstellen: Die Herren sind einfach
che. Allerdings müssten die derzeit existierenden Linien züchterisch verbessert
werden, um wirtschaftlicher zu werden.
Aus Rentabilitätsgründen sowie der
Kundenvorlieben wegen könnten jedoch
immer nur als Suppenhuhn, Hühnereintopf oder an die Lebensmittelindustrie
Es passt so gar nicht zu den Heile-Welt- zur Weiterverarbeitung verkaufen.
Einige Bauern wie Roman ClavadetBildern: Auch in den Bio-Ställen mit
glücklichen Hühnern werden schweiz- scher aus Malans in Graubünden, der
weit jedes Jahr 500 000 männliche seit Anfang Jahr Bruderhähne aufzieht
nicht die Lösung des Dilemmas der Kükentötung für die konventionelle Landwirtschaft sein. Hier käme nur die sogenannte Geschlechtsbestimmung im Ei in
vertretbar sein - aber bitte
auch Produkte liefern, die
günstig sind und die die
Konsumenten mögen.
Aber geht das überhaupt?
beide Alternativen - die Bruderhahnzu schmalbrüstig. Man kann sie fast aufzucht und die Kompromisshühner -
STEPHANIE LAHRTZ, MÜNCHEN
Küken, die Brüder von Bio-Legehen- (900 pro Mastphase von 16 bis 18
nen, direkt nach dem Schlüpfen getötet; Wochen), haben Kunden für das ganze
in Deutschland sind es sogar ungefähr Tier gefunden. Man könne derzeit sogar
8 Millionen. Der Grund hierfür ist, dass noch mehr verkaufen, als man mäste,
in Bio-Ställen dieselben Zuchtlinien wie sagt er. Alle in Bruderhalm-Projekten
in der konventionellen Landwirtschaft tätigen Bauern betonen aber, dass solche
verwendet werden - und Brüder von Tiere nur ein Nischenprodukt sind: nämheute eingesetzten Legeheimen nicht lich für jene Kunden, die zahlungskräftig
rentabel für die Fleischproduktion sind.
Frage. Noch befindet sich die Methode
aber im Entwicklungsstadium. Dabei
wird das angebrütete Ei mit Infrarotstrahlen durchleuchtet, und Eier mit
männlichen Küken werden aussortiert.
die Methode aber flächendeckend eingeführt, müssten jedes Jahr
Millionen von Eiern entsorgt werden, da
diese aus technischen Gründen nicht für
sind und denen das Tierwohl wichtig ist. die Lebensmittelverarbeitung zugelas-
Würde
sen sind.
Aber auch die Bio-Branche ist bei
entschieden. Seit zwei Jahren verkauft einer kompletten Umstellung auf Zweider Supermarkt mit Aufpreis auch Eier nutzungshühner und vereinzelte BruderDie Bio-Geflügelbranche kämpft der- sowie Fleisch von sogenannten Zweinut- hahnaufzucht nur auf den ersten Blick
zeit noch stärker als die konventionell zungshühnern. Das sind sozusagen Kom- aus dem Schneider. Denn die jeweils aufwirtschaftenden Kollegen gegen einen promisshühner: Die Henne legt 60 bis 70 gezogenen Tiere sind immer schlechtere
erheblichen Imageverlust und ist in Be- Eier weniger pro Jahr als ihre Artgenos- Futterverwerter. «Eine Zweinutzungswegung geraten. An der Universität sin aus den gängigen Legehennenlinien, henne benötigt ungefähr 700 Gramm
Hohenheim fand kürzlich eine Tagung und die Hähne setzen ungefähr 10 Pro- mehr Futter als ihre Artgenossin aus
über Alternativen zur Kükentötung zent weniger Fleisch an als das normale einer der normalen Legehennenlinien,
statt. Der Schweizer Branchenverband Mastpoulet. Die Kunden hätten das An- um 1 Kilogramm Eier zu produzieren.
Biosuisse lädt zudem für Ende August gebot gut angenommen, man plane das Zweinutzungshähne benötigen 1 bis 1,5
alle Beteiligten zu einem Treffen ein; bis Programm auszuweiten, teilt Coop- Kilogramm mehr Futter für 1 KiloEnde 2016 will man einen Plan für das Sprecherin Nadja Ruch mit. Aber auch gramm Schlachtgewicht. Auch Bruderweitere Vorgehen ausarbeiten.
bei Coop ist es ein Nischenprodukt, der- hähne fressen mehr», sagt Grashorn.
In Österreich ist die Bio-Branche zeit verkauft man pro Jahr gerade einmal
Anders gesagt: All diese Tiere sind
Coop hat sich für einen anderen Weg
Schmalbrüstige Hähne
schon viel weiter. Dort wird seit Anfang gut 10 000 solcher Zweinutzungshähne.
Jahr jeder Bruder einer Bio-Legehenne
gemästet und dann geschlachtet. Da die Ethisch gut, ökologisch nicht?
Aufzucht dieser sogenannten Bruderhähne teurer ist als jene von normalen
Masthähnchen - sie dauert länger und
ergibt weniger Fleisch - , wird sie durch
teurere Bio-Eier subventioniert.
deutlich weniger ökologisch als jene aus
den heute gängigen Zuchtlinien. Manche
Umweltschützer halten es daher für unvertretbar, in Europa nur noch verMichael Grashorn, Nutztierwissenschaf- gleichsweise ineffiziente Hühner zu verter von der Universität Hohenheim, hält wenden. Schliesslich wird ein grosser Teil
das Zweinutzungshuhn für die zukunfts- des Hühnerfutters per Schiff aus Entträchtigere Variante für die Bio-Bran- wicklungsländern nach Europa geliefert.
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