Universität Ulm Zentrum für Innere Medizin I Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. T. Seufferlein Sektionsleiter Nephrologie: Prof. Dr. med. F. Keller Chemotherapie mit Carboplatin bei Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses der Nierenfunktion auf Dosierung, Toxizität und Prognose Als Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm vorgelegt von Ruth Renz geb. in Ulm 2014 Amtierender Dekan: Prof. Dr. T. Wirth 1. Berichterstatter: PD Dr. M. Rasche 2. Berichterstatter: PD Dr. C. Schumann Tag der Promotion: 22.05.2015 Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis.....................................................................................II 1 Einleitung ....................................................................................................... 1 1.1 Epidemiologie und Ätiologie des Bronchialkarzinoms................................ 1 1.2 Klassifikation des Bronchialkarzinoms ....................................................... 2 1.3 Diagnostik und Therapie des Bronchialkarzinoms ..................................... 4 1.4 Niereninsuffizienz .................................................................................... 12 1.5 Chemotherapie bei Niereninsuffizienz ..................................................... 15 1.6 Pharmakokinetik ...................................................................................... 15 1.7 Fragestellung ........................................................................................... 21 2 Patienten und Methoden............................................................................. 22 2.1 Studiendesign .......................................................................................... 22 2.2 Patienten ................................................................................................. 22 2.3 Statistische Methoden ............................................................................. 24 3 Ergebnisse ................................................................................................... 26 3.1 Basischarakteristika der Patienten........................................................... 26 3.2 Veränderung der Basisdaten im Verlauf .................................................. 28 3.3 Darstellung der Dosis der platinhaltigen Chemotherapie mit und ohne Berücksichtigung der Pharmakokinetik .................................................... 32 3.4 Darstellung der toxischen Nebenwirkungen von Carboplatin in Abhängigkeit der Nierenfunktion .............................................................. 33 3.5 Darstellung der chemotherapeutischen Wirksamkeit von Carboplatin in Abhängigkeit von der Nierenfunktion ....................................................... 36 4 Diskussion ................................................................................................... 39 4.1 Einführung ............................................................................................... 39 4.2 Die Dosierung von Carboplatin in Abhängigkeit von der Nierenfunktion.. 39 4.3 Der Einfluss der eingeschränkten Nierenfunktion auf die Toxizität von Carboplatin .............................................................................................. 41 4.4 Die Wirkung von Carboplatin in Abhängigkeit von der Nierenfunktion ..... 43 5 Zusammenfassung...................................................................................... 45 6 Literaturverzeichnis .................................................................................... 47 Anhang ............................................................................................................ 57 I Abkürzungsverzeichnis ACN Adriamycin, Cyclophosphamid, Navelbine ANC absolute Neutrophile Count AUC area Under the Concentration Time Curve KDIGO Kidney Disease Improving Global Outcomes C&G Cockcroft und Gault CI Konfidenzintervall CKD chronical Kidney Disease CR complete remission CT Computertomogramm CTCAE Common Terminology Criteria for Adverse Events d. F. der Fälle engl. englisch evtl. eventuell fren renale Elimination (%) GFR glomeruläre Filtrationsrate ggf. gegebenenfalls KOF Körperoberfläche Krea Kreatinin (µmol/l) kum. kumulativ MDRD Modification of Diet in Renal Disease NSCLC non Small Cell Lung Cancer PD progressive disease PR partial remission p-Wert Signifikanzwert, Überschreitungswahrscheinlichkeit (engl. probability) PET Positronenemissionstomographie SCLC small cell lung cancer SD stable disease TNM Tumor, Nodi lymphatici, Metastasis WHO World Health Organisation Z. n. Zustand nach II 1 Einleitung 1.1 Epidemiologie und Ätiologie des Bronchialkarzinoms Das Bronchialkarzinom ist mit 36,3 % aller Krebserkrankungen die häufigste Krebstodesursache des Mannes, gefolgt vom Kolon- und Prostatakarzinom. Bei der Frau steht es, nach dem Mammakarzinom, mit 12,3 % an zweiter Stelle [3]. Im Jahr 2006 wurden in Europa 386.300 (12,1%) Bronchialkarzinome diagnostiziert. In der Bundesrepublik Deutschland beträgt die Inzidenz für Männer 61,2/100000 und für Frauen 20,8/100000 Personen pro Jahr, wobei das nicht kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC) mit 80% die häufigste Form des Bronchialkarzinoms ausmacht. Seit Anfang der 90er Jahre lässt sich bei der männlichen Bevölkerung eine Abnahme der Sterberate infolge des Bronchialkarzinoms feststellen. Beim weiblichen Bevölkerungsanteil hingegen nahmen sowohl die Inzidenz als auch die Mortalitätsrate seit etwa 1980 tendenziell zu, was dazu führte, dass das Bronchialkarzinom zu Beginn des 21. Jahrhunderts an die zweite Stelle der krebsbedingten Todesursachen rückte. Die Prävalenz, also die Wahrscheinlichkeit in seinem Leben an einem Bronchialkarzinom zu erkranken, beträgt bei den heute 0-74 jährigen Männern 7% und Frauen 2,1%. Ein Häufigkeitsgipfel ist zwischen dem 55. und dem 65. Lebensjahr zu beobachten [43, 61, 77]. Der Hauptrisikofaktor für die Entstehung des Bronchialkarzinoms ist das inhalative Zigarettenrauchen gefolgt von diversen anderen Ursachen, vor allem den berufsbedingten Karzinogenen [53]. In den 50er Jahren wurde erstmals durch groß angelegte Studien von Wynder (USA), sowie von Doll und Hill (Großbritannien) der schon länger vermutete Verdacht, es gäbe einen Zusammenhang zwischen einem vermehrten Tabakkonsum und der steigenden Inzidenz von Lungenkrebs, bewiesen [23, 79]. Die Ursache des Bronchialkarzinoms sowohl bei kleinzelligen als auch bei nichtkleinzelligen, ist in 90% der Fälle auf das Rauchen zurückzuführen. Die restlichen 10% sind bedingt durch eine berufsassoziierte Exposition (etwa 8%) mit Asbest oder Arsen, sowie umweltbezogene Risikofaktoren wie Radon, Industrie- und Verkehrsabgase, das Passivrauchen und eine genetische Disposition [38]. 1 Somit entwickelt sich bei lebenslangen Rauchern in 15% der Fälle ein Bronchialkarzinom. Hierbei korreliert das Karzinomrisiko stark mit der Dauer und dem Ausmaß des Zigarettenkonsums. Hierzu wurde der Begriff der so genannten „pack years“ (die Anzahl der gerauchten Zigarettenschachteln pro Tag multipliziert mit der Anzahl der gerauchten Jahre) zur Risikobestimmung eingeführt. Somit führt eine Verdoppelung der pack years zu einer etwa zwei bis vierfachen Erhöhung der Lungenkrebssterblichkeit. Das Rauchen aufzugeben führt zu einer Verminderung des Erkrankungsrisikos mit der Zunahme der rauchfreien Jahre. Wohingegen bereits an einem Bronchialkarzinom Erkrankte durch das Aufgeben des Rauchens evtl. noch ihren Leistungsstatus verbessern, aber ihre Überlebenszeit nicht verlängern können [2, 5, 69]. 1.2 Klassifikation des Bronchialkarzinoms 1.2.1 WHO – Klassifikation Um die Vorraussetzung einer internationalen Verständigung über Diagnostik, Therapie und Prognostik der unterschiedlichen Typen des Bronchialkarzinoms zu erlangen, ist es von Nöten, einheitliche histologische Einteilungskriterien, Typendiagnosen und eine standardisierte Nomenklatur zu schaffen. Erstmals gelang dies der WHO 1967, als sie eine Fassung der Klassifikation von Tumorerkrankungen der Lunge und Pleura herausgab. Zusammenfassend gesehen und im Hinblick auf die Stadieneinteilung werden die zahlreichen histologischen Formen in das nicht-kleinzellige (NSCLC) und das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC) unterteilt. Die aktuelle WHO-Klassifikation unterscheidet bei den malignen epithelialen Tumoren prinzipiell vier Haupttypen und eine Mischform, die wiederum diverse Subtypen und Varianten aufweisen, siehe Tabelle 1 (Histologische Klassifikation der malignen epithelialen Neoplasien der Lunge und deren Häufigkeit) im Anhang [7, 58]. 2 1.2.2 TNM – Klassifikation Die Stagingsysteme von Tumorerkrankungen ermöglichen es, Patientengruppen zusammenzufassen und anhand ihrer prognostischen Faktoren eine optimierte Therapieplanung zu bestimmen. Eine Empfehlung zur Klassifikation von malignen Erkrankungen nach dem „tumor-node-metastasis“ - (TNM)-System wurde erstmals 1949 von Denoix eingeführt [76]. In den 70er Jahre wurden von der Union Internationale Contre le Cancer (UICC) und vom American Joint Comittee on Cancer (AICC) gleichzeitig zwei verschiedene Systeme eingeführt [55, 56]. Im Jahr 1986 wurde das internationale Staging System (ISS) von Mountain veröffentlicht. Dieses basiert auf den Grundlagen der UICC und der AICC und fasst diese zu einem internationalen System zusammen. Mountain überarbeitete 1997 sein bis heute gültiges Staging System. Die Grundlage des TNM Systems basiert auf anatomischen Kriterien, die die Festlegung der TNM-Deskriptoren bestimmen, also die lokale Ausbreitung des primären Tumorbefalls (T-Faktor), das Vorhandensein von regionären Lymphknoten (N-Faktor) und die Beurteilung von Fernmetastasen (M-Faktor), siehe Tabelle 2 (TNM Klassifikation des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms 7. Auflage) im Anhang [19, 78]. Die Tabelle 3 zeigt die von Mountain 1997 überarbeitete Stadieneinteilung des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms, die auf der Grundlage des TNM-Systems basiert; siehe Tabelle 3 (Stadieneinteilung des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms unter Berücksichtigung von T, N ,M nach der UICC-Klassifikation (7. Auflage) im Anhang [55]. 1.2.3 Prognose anhand der Klassifikation Die 5-Jahresüberlebensrate der Patienten mit einem Bronchialkarzinom korreliert mit dem Tumorstadium, der jeweiligen Tumorart, also der histologischen Klassifikation, aber auch mit anderen Wachstumskriterien, wie z. B.. der Tumorlokalisation. Von allen Lungentumoren haben die kleinzelligen Karzinome mit einer mittleren 5 Jahres-Überlebenszeit von 4-6% die ungünstigste Prognose. Das Plattenepithelkarzinom hat mit 40-50%, hauptsächlich post resectionem, die beste 3 Prognose. Die mediane Überlebenszeit der Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom beträgt 35 Monate [2, 20]. Tabelle 4: Die 5-Jahresüberlebensrate in Abhängigkeit vom Tumorstadium beim nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom Stadium 5 Jahres-Überlebensrate Klinisches Staging Pathologisches Staging IA 61% 67% IB 38% 57% IIA 34% 55% IIB 22-24% 38-39% IIIA 9-13% 23-25% IIIB 3-7% - IV 1% - 1.3 Diagnostik und Therapie des Bronchialkarzinoms 1.3.1 Basisdiagnostik Besteht der Verdacht auf ein Bronchialkarzinom, sollte primär eine standardisierte Basisdiagnostik erfolgen. Dazu sollte zunächst eine Anamnese, die ihr besonderes Augenmerk auf Symptome wie Husten, Auswurf, Hämoptysen, Dyspnoe, Thoraxschmerz, Heiserkeit, Lymphknotenschwellung und B-Symptomatik richtet, erhoben werden. Eine längere Raucheranamnese, sowie Asthma und Bronchitis mit kurzer Anamnese, rezidivierende Pneumonien und so genannte therapieresistente Erkältungskrankheiten sind ab einem Alter von über 40 Jahren immer auch karzinomverdächtig. Die klinische Untersuchung dient primär der Beurteilung beider Lungen. Des Weiteren soll der Lymphknoten- und Gefäßstatus, sowie skelettale Veränderungen und die Beurteilung von Herz und Leber erfasst werden. 4 Eine Basislaboruntersuchungen, sowie diverse physikalische Befunde ergänzen die Basisdiagnostik und ergeben wesentliche Parameter für die folgende Planung weiterer diagnostischer Möglichkeiten und der Therapie. Tumormarker haben weder bei der Diagnostik noch bei der Nachsorge des Bronchialkarzinoms eine wesentliche Bedeutung. Neben der klinischen und funktionalen Diagnostik gibt das Röntgenbild den ersten Hinweis auf das Vorliegen einer tumorösen Raumforderung. Beweisend für das Vorliegen eines Bronchialkarzinoms ist allerdings nur der histologische bzw. zytologische Befund. Dazu sollte eine Bronchoskopie mit morphologischer Diagnosesicherung, also mit Biopsie zur histologischen Befundsicherung, die ggf. durch eine Aspirations- und Spülzytologie ergänzt wird, erfolgen. Zusätzlich gibt sie Informationen über den T-Faktor und somit über die Operabilität des Karzinoms. Durch die hohe Aussagekraft dieser Untersuchung sollte die Indikation hierfür bei Patienten mit Tumorverdacht großzügig gestellt werden. Eine Sonographie regionärer Lymphknotenstationen kann der Klärung des N- und M- Stadiums vor einer Operation dienen. Hierzu zählen eine externe Sonographie supraklavikulärer und zervikaler Lymphknotenstationen und eine Sonographie des Abdomens. Eine weitere Möglichkeit zur Lokalisationsdiagnostik bietet der endobronchiale Ultraschall (EBUS). Ferner kann durch die Bronchoskopie mit modernen Techniken ein zuverlässiges Lymphknoten-Staging durch eine Ultraschall gesteuerte transbronchiale Nadelaspiration erreicht werden [31, 40, 42, 71]. 1.3.2 Weiterführende Diagnostik Der Umfang des diagnostischen Programms sollte sich immer an seinen therapeutischen Konsequenzen orientieren, daher sollte geprüft werden, ob eine weiterführende Diagnostik nötig oder nur im Einzelfall von Nutzen sein kann. An erster Stelle und unerlässlich ist heute die Computertomographie. Das SpiralCT mit Kontrastmittel des Thorax unter Einschluss der Oberbauchregion (inklusive Leber und Nebenniere) erlaubt Rückschlüsse auf den Sitz und die Ausdehnung des Primärtumors, sowie die Möglichkeit bereits vorhandene Fernmetastasen zu erkennen, was wiederum einen Einfluss auf die Operabilität, Chemo- oder 5 Radiotherapiefähigkeit hat. Das CT bietet allerdings keinen Ersatz für die Bronchoskopie. Vor geplanter Therapie gehört zur notwendigen weiterführenden Diagnostik eine kardiorespiratorische Funktionsdiagnostik, da z. B. bei einer zu schlechten Lungenfunktion ein operativer Eingriff meist nicht möglich ist. Die Positronenemissionstomographie in Kombination mit der Computer- tomographie (PET-CT) hat im Staging des Bronchialkarzinoms eine zunehmende Bedeutung. Neben einem sehr genauen T-Staging, sowie der Lymphknoten Darstellung (N-Staging), als auch das Vorhandensein von Fernmetastasen ist diese Untersuchungstechnik teils besser als die konventionelle Staging-Methode mit einer planaren Skelettszintigraphie [26, 42, 46, 71]. 1.3.3 Therapie und ihre Nebenwirkungen Die Möglichkeiten therapeutischer Interventionen hängen beim Bronchialkarzinom primär von der Stadieneinteilung (TNM-Klassifikation), dem Leistungsindex, welcher körperliche und soziale Faktoren von Tumorpatienten, hauptsächlich Belastbarkeit und Aktivität beinhaltet, sowie die Notwendigkeit einer pflegerischen Versorgung (Gliederung nach der Skala des Allgemeinbefindens von Karnofsky oder der WHO) und den funktionellen Reserven des Patienten ab. 1.3.3.1 Operative Therapie Die Therapie der Wahl mit kurativem Ansatz beim NSCLC in einem frühen Stadium ist die Operation. Diese Therapiemodalität beschränkt sich auf die Stadien IA-IIB. Für das Stadium IIIA besteht keine primäre Op-Indikation, die Operation ist allerdings in Kombination mit einer anschließenden postoperativen Radiatio möglich. Zu den kurativen chirurgischen Standartverfahren zur kompletten Resektion des Primärtumors zählen die Lobektomie, einschließlich einer angio- und bronchoplastischen Manschettenresektion, die Bilobektomie, die Pneumonektomie und die mediastinale Lymphadenektomie. Eine Segment-, Bisegment- und Trisegmentresektionen sollten nur in Ausnahmefällen vorgenommen werden. Die operative Interventionsmöglichkeit ist allerdings nur in etwa 25-30% der Fälle gegeben. 6 1.3.3.2 Radiotherapie Ein weiterer Therapieansatz ist eine hochdosierte Radiotherapie mit einer Gesamtdosis von etwa 60-70 Gy. Eine Radiatio mit kurativem Therapieansatz ist Patienten vorbehalten, deren Karzinom auf den Thorax beschränkt ist und die als unbedingte Voraussetzung einen guten Leistungsindex und eine adäquate Lungenfunktion aufweisen. Also ist der primäre, kurative Therapieansatz der Radiatio auch hier auf die Stadien I und II als mögliche Alternative zu operativen Verfahren beschränkt, wenn diese nicht möglich sind. Liegt ein maligner Pleuraerguss oder bereits eine Fernmetastasierung vor, ist die alleinige Bestrahlung keine kurative Option. Bei Pancoast-Tumoren, also periphere Bronchialkarzinome mit Nerveninfiltration, wird eine präoperative Bestrahlung empfohlen. Auch die postoperative Bestrahlung bei Patienten mit mediastinaler Metastasierung oder nicht komplett im Gesunden resezierten Tumoren hat einen möglichen positiven Effekt auf ihre Prognose. In höheren Stadien, also bei lokal fortgeschrittenen Tumoren (Stadium IIIB), oder inoperablen Tumoren des Stadiums IIIA, gilt die Radiatio in Kombination mit einer Platin-basierten Chemotherapie als Standardverfahren [17, 32, 44, 66]. 1.3.3.3 Chemotherapie Die Chemotherapie als Behandlungskonzept des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms hat ihren Stellenwert in den letzten Jahren stark verbessern können. Allein oder in Kombination mit einer Radiatio ist es möglich bei Patienten mit hoher Tumorformel (Stadium III), einem lokal weit fortgeschrittenem Tumor, der nicht mehr resektabel ist, eine Lebensverlängerung zu erreichen. So gilt mittlerweile die Platin-basierte Chemotherapie in Kombination mit einem Wirkstoff der dritten Generation (Paclitaxel, Vinorelbine, Gemzitabine, Docetaxel) oder neueren Substanzen wie Pemetrexed als Standard der „first-line“ Therapie des fortgeschrittenen Bronchialkarzinoms, bei Patienten mit gutem Leistungsindex. Auch die Hinzunahme von Bevacizumab, einem Antikörper gegen vascular endothelial growth factor (VEGF), zu einer Kombination aus Carboplatin und Paclitaxel ist eine Möglichkeit der Erstlinienbehandlung des NSCLC. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit nach primär erfolgreicher Induktion eine Erhaltungstherapie durchzuführen. Diese sequentiell angewendete Kombinations7 therapie hat bei gleichem Effekt eine geringere Toxizitätsneigung als das rein platinhaltige Therapieregime. In einer groß angelegten Meta-Analyse, welche insgesamt 37 Studien und an die 3600 Patienten einschloss konnte ein eindeutiger Vorteil der platinhaltigen Chemotherapeutika gegenüber den nichtplatinhaltigen nachgewiesen werden. Dieses Therapiekonzept findet sich in den aktuellen „S3-Leitlinien für die Therapie des Bronchialkarzinoms“ wieder. Verschiedene Studien haben einen positiven Effekt auf das progressionsfreie aber auch auf das Gesamtüberleben zeigen können (Tab. 5) [12, 22, 37, 59, 60, 65]. Tabelle 5: Auswahl gängiger Chemotherapieschemata zur Behandlung des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms Carboplatin, Paclitaxel (optional + Bevacizumab) Cisplatin, Pemetrexed Carboplatin/Cisplatin, Etoposid (meist in Kombination zur Radiotherapie) Carboplatin/Cisplatin, Vinorelbine Cisplatin/Carboplatin, Gemcitabine Cisplatin/Carboplatin, Docetaxel Auch der Einsatz einer platinhaltigen Kombinationschemotherapie im Rahmen einer adjuvanten Behandlung hat einen lebensverlängernden Effekt auf Patienten mit einem NSCLC. Es konnte gezeigt werden, dass durch die Chemotherapie die 5 Jahres-Überlebensrate um 4,2% erhöht wurde. Dieser Vorteil ist auch hier stadienabhängig. So profitieren hiervon Patienten des Stadiums II und III am meisten, während eine platin-basierte, adjuvante Chemotherapie für das Stadium I keine Lebensverlängerung bringt [25, 33, 75]. Ist ein Tumorstadium erreicht, in dem eine alleinige Bestrahlung nicht mehr möglich ist, also Stadium IIIB oder IV, hat auch die Chemotherapie lediglich noch eine palliative Wirkung und meist nur noch einen geringen lebensverlängernden Effekt. Allerdings bewirkt die Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie bei Stadium IIIb im Vergleich zu einer alleinigen Radiatio ein besseres Ansprechen und ein längeres Überleben [35]. Bezüglich der Chemotherapie konnte in großen Studien der letzten 15 Jahre gezeigt werden, dass in diesen Stadien die mittlere Überlebenszeit, unabhängig vom Therapieschema, nur etwa um zwei Monate verlängert werden kann. 8 Eingeschlossen in die Metaanalysen waren allerdings nur Patienten in gutem Allgemeinzustand, entsprechend der WHO-Skala 0 oder 1. Für Patienten mit schlechterem Leistungsindex, Grad 2 und höher, oder schwerer Organinsuffizienz, wie der Niereninsuffizienz, ist eine systemische Chemotherapie kontraindiziert. Aus diesen Studien ging hervor, dass platinhaltige Chemotherapeutika, wie Cisplatin und das vergleichbar wirksame Carboplatin, welches ein geringeres Nebenwirkungsspektrum insbesondere die Nephrotoxizität und die gastrointestinalen Nebenwirkungen betreffend aufweist und daher gut für Kombinationstherapien geeignet ist, den besten Einfluss auf die Überlebenszeit haben. Es konnte allerdings in diversen Studien gezeigt werden, dass Cisplatin in Bezug auf die Remissionsrate des Karzinoms, sowie auf die Überlebenszeit einen signifikant besseren Einfluss hat als Carboplatin. Dies trifft jedoch einzig auf Patienten ohne eine Komorbidität zu, insbesondere was eine bestehende Herzund oder Niereninsuffizienz betrifft. Dennoch konnte gezeigt werden, dass die platinbasierten Chemotherapeutika verglichen mit einer „Best Supportive Care“Therapie, die Einjahres-Überlebensrate um etwa 10% erhöhen konnten. Das ist der Grund, dass sie als Standard für die Primärtherapie des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms eingeführt wurden [8, 36, 44, 63, 68]. Tabelle 6: Stadienabhängige Therapie des Bronchialkarzinoms Stadium Therapie I/II, IIIA kurative Operation IIIA präoperative Chemotherapie II/IIIA adjuvante Chemotherapie IIIA mit mediastinalem Lymphknotenbefall adjuvante Radiatio IIIA/IIIB primäre Radiochemotherapie IIIB/IV palliative Chemotherapie 1.3.3.4 Nebenwirkungen Die Nebenwirkungsraten der Chemotherapeutika sind hoch. Zur besseren Klassifikation wird die Schwere der Nebenwirkungen in verschiedene Grade eingeteilt. Eine mögliche Einteilung hiefür richtet sich nach den „Common 9 Terminology Criteria for Adverse Events v3.0 (CTCAE)“, die auch in dieser Arbeit verwendet wurden. Es werden fünf Grade beschrieben, wobei Grad I das geringste Ausmaß der Nebenwirkung ist, während Grad V den Tod an etwaiger Nebenwirkung beschreibt. Die am häufigsten auftretende Nebenwirkung einer Chemotherapie ist die dosisabhängige Myelosuppression, darunter fällt die Neutropenie, gefolgt von der Thrombozytopenie und der Anämie. Risikofaktoren für das Auftreten der hämatologischen Nebenwirkungen sind ein schlechter Leistungsindex, ein hohes Alter, die Kombination mit einer ebenfalls myelosuppressiven Therapie und eine Nierenfunktionsstörung. Weitere Nebenwirkungen sind gastrointestinale Beschwerden mit im Vordergrund stehender Übelkeit und Erbrechen, die meist 6-12 Stunden nach Applikation auftreten und bis zu 24 Stunden anhalten können, sowie Oesophagitiden, Diarrhöen und Obstipation. Die Knochenmarksuppression ist diejenige Nebenwirkung, die letztendlich dosislimitierend bei einer Behandlung mit Carboplatin ist. In Bezug auf die Nierenfunktionsstörung als Nebenwirkungen hat man herausgefunden, dass Cisplatin dosisabhängig auf das Tubulussystem der Niere einen toxischen Einfluss hat, ebenso führt Carboplatin zu einer Erniedrigung der glomerulären Filtrationsrate durch seinen toxischen Einfluss auf die Niere in Form einer Tubulusnekrose. Insgesamt ist allerdings die Toxizität von Carboplatin auf die Niere deutlich geringer als bei Cisplatin [9, 25, 28, 35]. Die Komplikationen, die sich auf das Blutbild auswirkten und anhand derer die Unterschiede zwischen Patienten mit eingeschränkter und normaler Nieren- funktion verglichen wurden, wurden in die Toxizitätsgrade nach den Common Terminology Criteria for Adverse Events v3.0 (CTCAE) eingeteilt (Tab. 7). Tabelle 7: Einteilung der Toxizitätskriterien in Giga pro Liter nach CTCAE (Common Terminology Criteria for Adverse Events) Grad der Toxizität Zellreihe 1 2 3 4 Leukozyten Absolute Neutrophile Count 4,0-3,0 Giga/l 2,0-3,0 Giga/l 2,0-1,0 Giga/l <1,0 Giga/l 2,0-1,5 Giga/l 1,5-1,0 Giga/l 1,0-0,5 Giga/l <0,5 Giga/l Thrombozyten 150-75 Giga/l 75-50 Giga/l 50-25 Giga/l <25 Giga/l 10 1.3.3.5 Klassifizierung des Ansprechens des Tumors auf eine Therapie Das Ansprechen des Primarius auf die Therapie anhand von Messungen der Tumorgröße wird als Response in vier Gruppen unterteilt: complete response (CR), partial response (PR), stable disease (SD) und progressive disease (PD). Nach Überarbeitung dieser Recist Kriterien ergibt sich folgende Übersicht (Tab. 8) [30, 70] Tabelle 8: Recist-Kriterien der Responsebeurteilung von Tumorerkrankungen Kategorie Messbare Tumorgröße CR komplette Remission kompl. Rückgang aller Tumorbefunde für ≥ 4 (= complete remission) Wochen PR partielle Remission (= partial response) NC/SD (= no change/stable disease) PD Tumorprogression (= progressiv disease) ≥ 30% Verkleinerung der Tumordimension für ≥ 4 Wochen., keine neuen Metastasen, keine Tumorprogression in irgendeiner Lokalisation < 30% Verkleinerung, ≤ 20% Vergrößerung der Tumordimension in einem oder mehreren Herden für ≥ 4 Wochen > 20% Vergrößerung der Tumordimension in einem oder mehreren Herden, Auftreten neuer Herde 11 1.4 Niereninsuffizienz Eine Verminderung von glomerulärer, tubulärer und endokriner Funktion der Nieren wird als Niereninsuffizienz, unterschieden in akut und chronisch, bezeichnet. Bei einer akuten Niereninsuffizienz kommt es über Tage oder wenige Wochen rasch zum progredienten Verlust der Nierenfunktion mit einer Verminderung der Harnsekretion und zu einem Ansteigen der Retentionswerte im Blut mit der Möglichkeit zur vollständigen Reversibilität. Es kann ein prärenales, von einem renalen und einem postrenalen Nierenversagen unterschieden werden, wobei mit etwa 75% eine prärenale Ursache am häufigsten beobachtet wird [45, 54]. Bei der chronischen Niereninsuffizienz führt eine chronisch-progrediente Destruktion von Nephronen zu einer irreversiblen Abnahme der glomerulären Filtrationsrate. Am Ende der chronischen Niereninsuffizienz steht die terminale Niereninsuffizienz, die eine Nierenersatztherapie erforderlich macht. Die häufigsten Ursachen der chronischen Niereninsuffizienz in Deutschland sind die Glomerulonephritiden mit etwa 40%, der Diabetes mellitus mit ebenfalls etwa 40%, die interstitielle Nephritis mit etwa 15%, die vaskuläre Nephropathie mit etwa 11% und die kongenitalen Zystennieren mit etwa 8%. Für die chronische Niereninsuffizienz bestehen viele verschiedene Klassifikationssysteme. International anerkannt ist die Klassifikation der Stadien nach der „Kidney Disease Improving Global Outcomes“ (KDIGO). Hier folgt die Einteilung anhand der glomerulären Filtrationsrate (GFR) (Tab. 9). 12 Tabelle 9: Stadieneinteilung der Niereninsuffizienz nach der GFR (glomeruläre Filtrationsrate) nach der KDIGO (kidney disease improving global outcome), (Stadien eventuell mit Zusatz „D“ bei Hämodialysepflicht, Zusatz „T“ bei Zustand nach Nierentransplantation) Stadium Beschreibung GFR (ml/min per 1,73m²) 1 Nierenschaden mit oder ohne ≥ 90 GFR Veränderung (Proteinurie, Hämaturie) 2 Nierenschaden mit geringer 60-89 Erniedrigung der GFR 3 Nierenschaden mit moderater 30-59 Erniedrigung der GFR 4 Nierenschaden mit schwerer 15-29 Erniedrigung der GFR 5 Nierenversagen < 15 Die chronische Nierenerkrankung ist definiert als ein Nierenschaden mit oder ohne Funktionseinschränkung bzw. einer GFR <90ml/min/1.73m² für mehr als drei Monate. Der Nierenschaden ist definiert als strukturelle Veränderung (Histopathologie) oder Labormarker des Nierenschadens wie pathologische Blutoder Urinwerte (Proteinurie/Albuminurie, Hämaturie) bzw. bildmorphologische Veränderungen. Kommt es zur terminalen Niereninsuffizienz kommen als Behandlungsmöglichkeiten ein Nierenersatzverfahren, wie die Hämodialyse, die Peritonealdialyse oder eine Nierentransplantation in Frage [48]. Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Funktion der Niere zu bestimmen. Da die Bestimmung der exakten Kreatinin-Clearence im klinischen Alltag schwierig ist, wird meist ein Schätzwert für die Nierenfunktion anhand der Konzentration des Serumkreatinins verwendet. Die Genauigkeit dieser Bestimmung ist allerdings limitiert, da das Serumkreatinin von diversen Faktoren, wie Alter, Geschlecht, Rasse, Körpergewicht und dem tubulär sezernierten Anteil von Protein (etwa 10% beim Nierengesunden) beeinflusst wird. Um diese Fehlerquellen zu reduzieren, wurden diverse Näherungsformeln zur Berechnung der GFR entwickelt, die die beeinflussenden Faktoren mit einbeziehen und somit annährend dem Wert der 13 Kreatinin-Clearance entsprechen. Die weltweit am meisten verwendete Formel zur Bestimmung der Kreatininclearence ist diejenige nach Cockcroft and Gault (Formel 1) [15]. Diese Gleichung wird dazu verwendet eine renale Insuffizienz zu bestimmen, die Dosierungen von Medikamenten, die über die Niere eliminiert werden, anzupassen und das Ansprechen einer Therapie bei progressiver Niereninsuffizienz zu beurteilen. Formel 1: Das Maß der Kreatinin-Clearance (ml/min) berechnet nach Cockcroft-Gault (CLcr (Kreatininclearance (ml/min)), Scr (Serumkreatininwert (mg/dl)) CLcr [ml / min ] = (140 − Alter [Jahre]) ⋅ Gewicht [kg ] (x 0,85 bei Frauen) 72 ⋅ S cr [mg / dl ] Weitere Formeln zur Berechnung der GFR sind die MDRD1- und MDRD2Gleichungen. Sie waren das Ergebnis der „Modifikation of Diet in Renal Disease“Studie, die den Einfluss einer diätetischen Proteinrestriktion und die strikte Einstellung des Blutdruckes auf das Fortschreiten der Niereninsuffizienz untersuchte. Das Ziel dieser Studie war eine Gleichung zu entwickeln, die die Schätzung der GFR aus dem Serumkreatinin verbessern sollte [6, 15, 16, 34, 47, 62]. Formel 2: Das Maß der Kreatinin-Clearance (ml/min) berechnet nach MDRD2 (Modifikation of Diet in Renal Disease) (Scr = (Serumkreatinin (mg/dl), eGFR = estimated glomeruläre Filtrationsrate (ml/min per 1,73m²)) −1,154 eGFR [ml / min per1,73m² ] = 186 ⋅ S cr [mg / dl ] 14 −0 , 203 ⋅ Alter [Jahre] (x 0,742 bei Frauen) 1.5 Chemotherapie bei Niereninsuffizienz In den meisten groß angelegten onkologischen Studien ist das Vorhandensein einer Niereninsuffizienz ein Ausschlusskriterium für eine Chemotherapie, infolgedessen werden Patienten mit einer Nierenfunktionsstörung nicht in diese Studien einbezogen. Bei vielen der verwendeten Chemotherapeutika oder Zytostatika erfolgt eine Elimination über die Nieren, was bei deren Funktionseinschränkung zu nicht vorhersehbaren Nebenwirkungen bzw. Komplikationen führen kann. Patienten mit bekannter Nierenproblematik sind außerdem, im Verhältnis zu Nierengesunden, auf Grund ihrer geschwächten Abwehrlage, selbst bei gleichen Blutspiegeln, anfälliger für die toxischen Nebenwirkungen der Zytostatikatherapie. Allerdings liegt gerade bei diesen Patienten ein erhöhtes Neoplasierisiko vor. So haben beispielsweise Patienten, die eine dauerhafte Dialyse erhalten, ein um ein 1,2-fach erhöhtes Risiko an einem Malignom zu erkranken. Bei nierentransplantierten Patienten ist dieses Risiko sogar 1,4-fach erhöht, Hauttumore nicht einbezogen. Hier bilden die malignen Tumore die dritthäufigste Todesursache. Demgegenüber gibt es in der modernen Onkologie kaum ein Malignom, das nicht chemotherapeutisch beeinflusst werden kann bzw. auf diese Weise therapiert wird. Es stehen sich damit ein deutlich erhöhtes Risiko, an einer Neoplasie zu erkranken und eine geringere Möglichkeit zur Therapie gegenüber [1, 52, 64]. 1.6 Pharmakokinetik Welchen Einfluss ein Pharmakon auf den Organismus hat, wird unter dem Begriff der Pharmakokinetik zusammengefasst. Diese Vorgänge können in Absorption und Distribution, sowie in exkretorische und metabolische Elimination unterteilt werden. In der herkömmlichen zytostatischen Therapie erfolgt die Bestimmung der individuellen Dosierung der Zytostatika nach der Körperoberfläche (KOF [m³]) und deren Berechnung nach DuBois [11, 27]. Die individuelle Dosierung richtet sich nach dem Körpergewicht und der Größe des Patienten. Vorraussetzung für dieses 15 mathematische Schema ist eine normale Nierenfunktion, sowie eine lineare Beziehung zwischen der Körperoberfläche und der Leber- bzw. Nierengröße und deren Funktion. Formel 3: Berechnung der Körperoberfläche nach Dubois (O = Körperoberfläche in m², P = Körpergewicht in kg, L = Körpergröße in cm) O= P ⋅ L ⋅ 167,2 1000 Die Grundlage für die Anpassung der Dosis eines Medikaments bei Patienten mit Niereninsuffizienz und erhaltener Restausscheidung bildet die individuelle Kreatinin-Clearance. Pharmakokinetik und Pharmakodynamik lassen sich nutzen, die Dosis individuell anzupassen. Über erste pharmakokinetische Eigenschaften gibt die bei Nierengesunden renal eliminierte Fraktion eines Medikamentes Auskunft. Pharmakodynamisch zeigt sich, dass eine Dosissteigerung meist keine Zunahme des therapeutischen Effektes zur Folge hat, eine Unterschreitung der Schwellenkonzentration allerdings zu einem Wirksamkeitsverlust führt [64]. Noch immer gibt es nur wenige Informationen zur Eliminationsrate von Chemotherapeutika bei eingeschränkter Niereninsuffizienz. Die Berechnung des Anteils des Pharmakons, welches über die Niere ausgeschieden wird, erfolgt durch Messung der im Urin vorhandenen Menge und das üblicherweise bei Nierengesunden. Beläuft sich dieser Anteil auf einen hohen Wert, gilt dieses Medikament als kontraindiziert bei Niereninsuffizienz [64]. Es konnte bereits gezeigt werden, dass der Einfluss der renalen Metabolisierung auf die Elimination eines Medikamentes durch die Niere wesentlich größer ist, als das was im Urin ausgeschieden und nachweisbar ist. Somit werden manche Pharmaka im Tubulussystem reabsorbiert und dort metabolisch verändert [50]. Mit Hilfe der Gleichung nach Dettli können die gemessenen Werte eines Chemotherapeutikums bei Nierengesunden für eine Vorhersage genutzt werden, eine Dosisadaptation bei Niereninsuffizienten durchzuführen [21]. 16 Formel 4: Gleichung nach Dettli (CL= Arzneimittelclearance, GFR= glomeruläre Filtrationsrate, CLnonren= nicht renale Clearance, A= Steilheit) CL = CLnonren + A x GFR Die nicht-renale Clearance, sowie die Steilheit (A), errechnen sich aus der renal eliminierten Fraktion des Medikamentes (fren ≤ 1). Formel 5: Herleitung der nicht-renalen Clearance (CLnonren = nicht-renale Clearance, fren= renale Elimination, CLnorm= Clearance beim Nierengesunden) CLnonren = (1 – fren) x CLnorm Formel 6: Herleitung der Steilheit (A= Steilheit, fren= renale Elimination, CLnorm= Clearance beim Nierengesunden, GFRnorm= glomeruläre Filtrationsrate beim Nierengesunden) A = fren x CLnorm / GFRnorm Wird ein Medikament beispielsweise zu 75% bei normaler Nierenfunktion über die Nieren ausgeschieden, sollte dieses bei Patienten ohne Nierenfunktion auf 25% der normalen Dosis reduziert werden. Ebenso besteht die Möglichkeit, bei gleicher Initialdosis wie bei Nierengesunden das Dosisintervall auf das 4fache zu verlängern. Aus diesen Gleichungen entwickelte Dettli ein Normogramm, aus dem er seine Proportionalitätsregel konstruierte. Diese wird bis heute für diverse neue Medikamente bei verschiedenen Stadien der Niereninsuffizienz angewendet. Formel 7: Proportionalitätsregel nach Dettli (D= Dosis, τ = Dosierungsintervall, T½= individuelle Halbwertszeit, „norm“ = jeweils beim nierengesunden Patienten) D D norm T12 norm = ⋅ τ τ norm T1 2 17 Somit besagt die Proportionalitätsregel von Dettli, dass die Dosis umgekehrt proportional zur Halbwertszeit reduziert werden muss; in Abhängigkeit von der individuellen Halbwertszeit, die anhand der unterschiedlichen Eliminationskonstanten der Chemotherapeutika bei Niereninsuffizienz berechnet werden kann. Die Proportionalität zielt auf die Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve (AUC) ab. Mit dieser Regel können sowohl Spitzen- als auch Talspiegel, die denen eines Patienten bei uneingeschränkter Nierenfunktion entsprechen, nur dann erreicht werden, wenn das Dosierungsintervall erheblich verlängert, bzw. die Dosis reduziert wird. Eine Abhängigkeit der Elimination von der Nierenfunktion ist bei folgenden zytostatischen Medikamenten bekannt. Tabelle 10: Renale Elimination (fren) und Reduktionskriterien bezüglich der Nierenfunktion nach der glomerulären Filtrationsrate (GFR) bei verschiedenen zur Therapie des Bronchialkarzinoms anwendbaren Zytostatika, AUC = area under the curve Zytostatikum Carboplatin Cisplatin Cyclophosphamid Docetaxel Etoposid Gemcitabine Paclitaxel Pemetrexed Vinorelbine Renale Elimination (fren) 75% Reduktionskriterien GFR<60ml/min (nach AUC) 50% 15% < 5% 35% 5% <13% 70-90% <20% GFR<60ml/min GFR<30ml/min keine Anpassung GFR<60ml/min keine Anpassung nötig keine Anpassung notwendig <45ml/min keine Anpassung nötig 18 Unabhängig von der Nierenfunktion sind Docetaxel, Doxorubicin, Iphosphamid, Paclitaxel, Vincristin und Vinorelbin [4]. Eine weitere Möglichkeit zur Einschätzung der Pharmakokinetik und somit zur Dosisanpassung bei eingeschränkter Nierenfunktion ist das Modell nach Calvert. Sein Algorithmus bezieht sich auf die Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve (AUC) und lässt die glomeruläre Filtrationsrate in die Berechnung mit einfließen. Der Teil, der nicht renal eliminiert wird, geht in die Formel als eine Konstante von 25 mit ein [10]. Formel 8: Algorithmus nach Calvert (D = Dosis, AUCtarget = angestrebte Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve, GFR = glomeruläre Filtrationsrate (ml/min)) D [mg ] = AUC t arg et ⋅ (GFR + 25) Die Entscheidung welche der Formeln zur Anwendung kommt, muss klinisch getroffen werden. So hängt diese davon ab, ob man möglichst geringe Nebenwirkungen in Kauf nehmen oder lieber einen maximalen Effekt erzielen will. 1.6.1 Spezielle Pharmakokinetik von Carboplatin Von Carboplatin werden 75% renal eliminiert. Die reine Metabolisierung bzw. eine biliäre Sekretion spielen bei der Körper-Clearance keine Rolle. Auch der tubuläre Sekretions- und Reabsorptionsmechanismus spielt bei Carboplatin, im Gegensatz zu Cisplatin keine Rolle, sodass die Clearance von Carboplatin einzig durch die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bestimmt ist. Die restlichen 25% des Carboplatins werden irreversibel unter anderem an Plasmaproteine gebunden, sie haben daher weder einen Einfluss auf die antineoplastische Wirkung noch auf die unerwünschten Wirkungen. Somit ist die Nierenfunktion, bestimmt durch die GFR, eines Patienten vor Beginn einer Chemotherapie mit Carboplatin der wichtigste Parameter für die Exposition 19 mit diesem Zytostatikum. Zur Bestimmung der Exposition durch Carboplatin lässt sich dies am Besten mit der Bestimmung der Konzentrations-Zeit-Kurve, AUC (area under the concentration time curve) beschreiben (siehe Formel 2). Es besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der Carboplatin–AUC, des maximalen Serumspiegels von Carboplatin und der applizierten Menge. Auf Grund dieser Tatsache ist es möglich Dosisreduktionen auf der Basis der AUC vorzunehmen, da zwischen den therapeutischen Effekten und der dosislimitierenden Toxizität eine enge Korrelation besteht [9, 29, 57, 74]. Für die individuelle Dosierung von Carboplatin gab es mehrere Ansätze zur Festlegung der zu applizierenden Menge. Erstmals wurde dies von Egorin 1984 publiziert. Er entwickelte eine Formel, die die Carboplatin-Dosis auf der Basis der glomerulären Filtrationsrate, der berechneten Körperoberfläche sowie der noch zu tolerierenden Thrombozytentoxizität angab [29]. Einige Jahre später entwickelte Calvert die noch heute verwendete Formel zur Dosierung des Carboplatins. Er stellte fest, dass die AUC von Carboplatin in einem engeren Zusammenhang steht mit dessen Effektivität und dessen Toxizität als mit der Körperoberfläche des Patienten. Diese Formel basiert auf der Nierenfunktion des Patienten, berechnet als glomeruläre Filtrationsrate, vor Erstgabe von Carboplatin und der extrarenalen Clearance im Sinne der Plasmaeiweissbindung. Mit dieser Formel erhält man eine effektive Dosis, die durch eine vorher definierte AUC des Carboplatins erreicht werden kann (siehe Formel 2). Es konnte in mehreren prospektiven Studien gezeigt werden, dass mit Hilfe dieser Formel die angestrebte AUC von Carboplatin sowohl bei eingeschränkter als auch bei einer erhöhten glomerulären Filtrationsrate erreicht werden kann [10, 29]. 20 1.7 Fragestellung Das Ziel dieser Arbeit ist es, den Zusammenhang zwischen einer Chemotherapie mit Carboplatin bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen und deren Auswirkung auf Nebenwirkungen, Ansprechen des Tumors und Mortalität in Abhängigkeit der Nierenfunktion zu untersuchen. Hierzu wurde der Verlauf der Nierenfunktion, die Toxizität auf das Blutbild, das Ansprechen auf die erfolgte Therapie, sowie die Überlebenszeit beobachtet. Die wesentlichen Fragestellungen dieser Arbeit lauteten wie folgt: Bedeutung der Nierenfunktion für die chemotherapeutische Wirksamkeit von Carboplatin Bedeutung der Nierenfunktion für die myelotoxischen Nebenwirkungen von Carboplatin Bedeutung der Nierenfunktion auf das Ansprechen einer Chemotherapie mit Carboplatin Bedeutung der Nierenfunktion in Bezug auf die Überlebensrate 21 2 Patienten und Methoden 2.1 Studiendesign Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine retrospektive-deskriptive Untersuchung, die mit Hilfe der Patientenakten der Medizinisch Onkologischen Tagesklinik (MOT) des Universitätsklinikums Ulm, Zentrum für Innere Medizin, Klinik Innere Medizin II, erstellt wurde. 2.2 Patienten Zur Erhebung der Daten wurden Patienten ausgewählt, bei denen ein nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom vorlag und die eine palliative Chemotherapie erhielten. Um vergleichen zu können, ob und in welchem Ausmaß die verabreichte Chemotherapie einen Einfluss auf die Nierenfunktion und die Nebenwirkungen hat, wurden Patienten mit sowohl normaler als auch verminderter Niereninsuffizienz untersucht, welche sich zum Erhebungszeitpunkt in ambulanter chemotherapeutischer Behandlung befanden. Es lagen zum Zeitpunkt der Erfassung die Akten von 116 Patienten vor. Eingeschlossen wurden Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom, die bereits mindestens zwei Zyklen einer Chemotherapie erhalten hatten. Auf Grund der Ein- bzw. Ausschlusskriterien blieben noch 42 Patienten, die zur Datenerhebung geeignet waren, übrig. Die Datenerhebung erstreckte sich über den Zeitraum von sieben Jahren (2006-2013). Der Zeitpunkt der Erstdiagnose und der Beginn der Therapie lagen zwischen 2004 und 2006. Nach Abschluss der Datenerhebung waren 38 der insgesamt 42 Patienten verstorben, bei zweien waren keine Daten zu eruieren und zwei waren am Leben, somit lagen bei vier der Patienten nur zensierte Daten zur Berechnung der Überlebenszeit vor. Das Alter der Patienten lag zwischen 42 und 82 Jahren. Von diesen waren sieben weiblich und 35 männlich. Als first-line Therapie erhielten 39 der Patienten unter anderem ein platinhaltiges Chemotherapeutikum, hiervon zwei Patienten Cisplatin und einer kein platinhaltiges Chemotherapeutikum, die anderen 36 Patienten Carboplatin. Ein 22 Patient erhielt zunächst die Chemotherapie nach dem ACN-Schema (Adriamycin, Cyclophosphamid, Navelbine), ein Patient Taxotere als Monosubstanz und anschließend eine carboplatinhaltige Chemotherapie. Als Kombinationspartner wurden bei 9 der Patienten Paclitaxel, bei 18 Patienten Gemzitabine, bei 8 Patienten Vinorelbine, bei 2 Patienten Etoposid, bei 2 Patienten Docetaxel eingesetzt. Bei 5 der Patienten wurde im Verlauf der Chemotherapie eine Dosisreduktion auf Grund einer Leukopenie, unabhängig von der Nierenfunktion durchgeführt. Von den 41 Patienten hatten 9 Patienten eine normale Nierenfunktion, 24 Patienten hatten eine eingeschränkte Nierenfunktion im Stadium 1-2, und 8 Patienten eine Niereninsuffizienz im Stadium 3-4. Bei 3 der Patienten verschlechterte sich im Verlauf der Chemotherapie die Nierenfunktion vom Stadium 2 zu Stadium 3. Dies wurde vorab mit der MDRD2- Formel festgelegt. Für die Auswertung wurden die Patienten in zwei Gruppen unterteilt: keine Niereninsuffizienz (0) und mit Niereninsuffizienz (1). Es wurden somit Stadium 1-2 und Stadium 3 und 4 zusammengefasst, somit lag die Grenze bei 60 ml/min/1,73m³ nach der Einteilung der KDIGO. Keiner dieser Patienten war zum Zeitpunkt der Datenerfassung dialysepflichtig. Zur Verlaufsbeobachtung erfolgte der Vergleich der Leukozyten und einer möglichen Leukopenie, des ANC (absolute neutrophile count) und einer möglichen Neutropenie sowie der Thrombozyten und einer möglichen Thrombopenie wie in der Einleitung unter 1.3.3.4 als Nebenwirkungen erläutert und entsprechen der Einteilung der Toxizität nach den CTCAE-Kriterien (Tab. 7) beschrieben wurden. Die Stadieneinteilung der Nierenfunktion erfolgte nach der KDIGO Einteilung [48]. Für die Berechnung der glomeruläre Filtrationsrate zur Beurteilung der Nierenfunktion wird die Formel der „Modification of Diet in Renal Diseases Study Group“ verwendet. 23 2.3 Statistische Methoden 2.3.1 Variablen Die angegebenen Variablen werden mit den Lagemaßen Median, Minimum und Maximum sowie dem Mittelwert beschrieben. Für die statistischen Berechnungen und Auswertungen wurde die Software SPSS (Version 8.0) eingesetzt. Die graphische Darstellung der Ergebnisse erfolgt hauptsächlich mit Box-Plots. Hierbei entspricht die Box der 25er und 75er Percentile, die obere und untere Begrenzung der 5er und 95er Percentile und der Strich dem Median. Weiterhin finden Kuchendiagrammen, Kurvenverläufen und Übersichtstabellen Anwendung. 2.3.2 Statistische Auswertungen Zur statistischen Auswertung werden in dieser Arbeit nichtparametrische Tests verwendet, d. h. es wird eine Zufallsverteilung überprüft. Es wird beobachtet, ob eine Menge an Bobachtungen mit einer Null-Hypothese aus einer Grundgesamtheit vereinbar ist. Hierzu gehört z. B. der Mann-Whitney U Test, hierbei werden Variablen, welche voneinander unabhängig sind, untersucht. Es ist ein Rangtest, mit welchem Variablen untereinander verglichen und gegenüber eines Lageunterschiedes getestet werden. In dieser Arbeit wurde verglichen, ob sich eine unterschiedliche Veränderung der Laborparameter in den verschiedenen Gruppen der Nierenfunktion ergibt. Weiterhin Verwendung fand der Kruskal-Wallis-Test. Mit diesem kann gezeigt werden, ob zwei Gruppen sich hinsichtlich einer Stichprobe voneinander unterscheiden. Beispielsweise wurde hiermit bestimmt, ob es bereits zu Beginn der Chemotherapie in den zwei Gruppen der Nierenfunktion bereits Unterschiede in den sich später unterscheidenden Laborwerten gab. Mit dem Wilcoxon-Test wird aufgezeigt, wie sich eine Variable im Verlauf bei einer Gruppe verändert. Hiermit konnte analysiert werden, ob ein Laborwert sich in einer Gruppe überhaupt verändert. 24 Mit einer einfachen bivariaten Analyse zweier Variablen, kann man herausfinden, ob es Zusammenhänge dieser Variablen gibt, z. B. korreliert die Carboplatindosis mit dem Abfall der Thrombozyten. Zur Bestimmung der Überlebenszeit wurde die Überlebenszeitanalyse nach Kaplan-Meier eingesetzt. Hierdurch wird die Wahrscheinlichkeit geschätzt, ob einer bestimmten Gruppe ein bestimmtes Ereignis in einer gewissen Zeit widerfährt. 25 3 Ergebnisse 3.1 Basischarakteristika der Patienten Dargestellt sind in Tabelle 12 die Basisdaten der 41 beobachteten Patienten. Die Angaben zur Körperoberfläche, zur glomerulären Filtrationsrate und dem Stadium der Niereninsuffizienz beziehen sich auf den Zustand des Patienten vor Beginn der Chemotherapie. Die Einteilung der Patienten anhand ihrer Nierenfunktion erfolgt nach Berechnung der GFR mittels der MDRD2 Formel. Patienten mit einer GFR unter 60 ml/min per 1,73 m² min werden gehören in die Kategorie eingeschränkte Nierenfunktion, also mit einer chronischen Nierenerkrankung, Patienten mit einer GFR über 60 ml/min per 1,73 m² zur Kategorie uneingeschränkte Nierenfunktion. Die Überlebenszeit entspricht der Anzahl an Monaten vom Zeitpunkt der Erstdiagnose bis zum Tode. Die Chemotherapie Gesamtdosis setzt sich aus den Zyklen, die der jeweilige Patient erhalten hat, zusammen; die kumulative Dosis nach AUC ist die tatsächliche Exposition, der die Patienten unter Berücksichtigung der Pharmakokinetik, nach Beendigung der Erstlinien-Therapie ausgesetzt waren. Mit Hilfe des Kruskal-Wallis-Tests wird in dieser Tabelle gezeigt, ob sich die zwei Gruppen hinsichtlich der untersuchten Werte signifikant (p) unterscheiden. Tabelle 11: Einteilung der Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom nach ihrer Nierenfunktion (erfasst an der Uniklinik Ulm 2006-2013) Patienten gesamt Normale Nierenfunktion Eingeschränkte Nierenfunktion Stadium 1-2 Niereninsuffizienz Stadium 3-4 41 9 24 41 keine Niereninsuffizienz 33 8 Niereninsuffizienz 8 26 Tabelle 12: Basisdaten der beiden Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) mit normaler bzw. eingeschränkter Nierenfunktion (KOF = Körperoberfläche in m²; p = statistische Signifikanz, ÜZ = Überlebenszeit in Monaten (M); kumulative Dosis = Gesamtdosis Carboplatin in mg; AUC = Area under the curve; GFR = Glomeruläre Filtrationsrate nach MDRD2 = Modification of Diet in Renal Disease berechnet, in ml/min per 1,73m²; ANC = Absolute Neutrophile Count) Daten KOF (m²) ÜZ (M) Keine Niereninsuffizienz p Niereninsuffizienz Median (Minimum; Median (Minimum; Maximum) Maximum) 1,9 (1,5; 2,6) 2 (1,4; 2,2) 1,00 23,1 (5; 40) 23,0 (12; 32) 0,48 Kreatinin (µmol/l) 83,0 (56,0; 109,0) 0,00 GFR (MDRD2) (ml/min per 80,7 (62,3; 135,5) 125,0 (111,0; 323,0) 52,4 (17,4; 57,7) 0,00 1,73m²) kumulative Dosis (mg) kumulative AUC (mg/mlxmin) 2251,5 (900; 3168) 2373 (1075; 2610) 0,89 21,1 (9,8; 46,5) 26,6 (20,5; 29,5) 0,02 Leukozyten (Giga/l) 3,2 (0,8; 9,0) 2,9 (1,8; 6,2) 0,54 ANC (Giga/l) 1,5 (0,6; 5,5) 1,4 (0,1; 3,8) 0,26 Thrombozyten (Giga/l) 159 (32; 434) 136,5 (54; 268) 0,42 Reduktion Tumormasse (%) 6,2 (-40; 61) 14,5 (-2,3; 46,8) 0,00 27 3.2 Veränderung der Basisdaten im Verlauf Bevor die Patientengruppen, eingeteilt nach der Nierenfunktion miteinander verglichen werden sollen, wird hier dargestellt, ob und wie sich die Basisdaten innerhalb der jeweiligen Gruppen verändern. 3.2.1 Veränderung der Nierenfunktion während der Chemotherapie In den folgenden graphischen Darstellungen wird gezeigt, inwieweit sich die Nierenfunktion in den jeweiligen Gruppen, mit und ohne Niereninsuffizienz, im Verlauf der vier Zyklen Chemotherapie verändert hat. Dies wurde im Sinne einer explorativen Datenanalyse mit dem Wilcoxon-Test bestimmt. In Abbildung 1 wird die Veränderung des im Serum bestimmten Kreatinins dargestellt. Man sieht, dass die Höhe des Serumkreatinins in den jeweiligen Gruppen nahezu konstant bleibt. Es gibt keine signifikante Veränderung der Werte während der vier Chemotherapiezyklen. Für Patienten ohne eine Niereninsuffizienz ergibt sich ein Wahrscheinlichkeitswert von p = 0,688, für Patienten mit einer Niereninsuffizienz liegt er bei p = 0,176. Dementsprechend lässt sich auch keine Veränderung der GFR im Verlauf innerhalb der Gruppen nachweisen, p= 0,637 für die Gruppe ohne Niereninsuffizienz und p= 0,097 für diejenigen mit einer Niereninsuffizienz; dies wird in Abbildung 2 graphisch dargestellt. 150 Kreatinin (µmol/l) 140 p = 0,688 130 120 110 100 90 p = 0,176 80 70 60 50 Kreatinin Zyklus 1 Kreatinin Zyklus 2 Kreatinin Zyklus 3 1 0 Kreatinin Zyklus 4 Abbildung 1: Veränderung des Kreatinins im Verlauf der Chemotherapiezyklen beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1 = mit Niereninsuffizienz; p = statistische Signifikanz) 28 140 (ml/minx1,73m³) Glomeruläre Filtrationsrate 160 120 100 p = 0,097 80 60 40 GFR Zyklus 1 GFR Zyklus 2 p = 0,631 GFR Zyklus 3 20 0 GFR Zyklus 4 0 1 Abbildung 2: Veränderung der GFR (glomeruläre Filtrationsrate) im Verlauf der Chemotherapiezyklen beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1 = mit Niereninsuffizienz; p = statistische Signifikanz) 3.2.2 Veränderung der Leukozyten, des ANC und der Thrombozyten während der Chemotherapie Zu den am sensibelsten auf die Chemotherapie reagierenden laborchemischen Parametern gehören Leukozyten, neutrophile Granulozyten und Thrombozyten, welche unter Umständen therapielimitierend sind. Die Veränderung dieser Parameter soll in den folgenden Graphiken dargestellt werden, welche mit Hilfe nichtparametrischer Tests bestimmt wurden. Als erstes die Veränderung der Leukozyten im Verlauf (Abb. 3). Man erkennt, dass diese im Verlauf der Chemotherapie insbesondere in der Gruppe der Patienten ohne Nierenfunktionsstörung deutlich abfallen. In der Gruppe der Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion kann dies nicht mit statistischer Signifikanz (p = 0,615) gezeigt werden, was sicherlich an der geringeren Fallzahl liegt, jedoch lässt sich die Tendenz zur Leukopenie auch hier aufzeigen. Das gleiche gilt im Speziellen natürlich auch für die neutrophilen Granulozyten, dargestellt durch den ANC, was Abbildung 4 zeigt. 29 8 p = 0,615 Leukozyten (Giga/l) 7 6 5 4 3 Leukozyten Zyklus 1 2 Leukozyten Zyklus 2 Leukozyten Zyklus 3 1 p = 0,235 0 0 Leukozyten Zyklus 4 1 Abbildung 3: Veränderung der Leukozyten im Verlauf der Chemotherapiezyklen beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1 = mit Niereninsuffizienz; p = statistische Signifikanz) 6 count (Giga/l) absolute neutrophile 5 4 3 p = 1,00 ANC Zyklus 1 ANC Zyklus 2 ANC Zyklus 3 ANC Zyklus 4 2 1 0 p = 0,03 1 0 Abbildung 4: Veränderung des ANC (absolute neutrophilen count) im Verlauf der Chemotherapie beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1 = mit Niereninsuffizienz; p = statistische Signifikanz) Bei den Thrombozyten lässt sich kein signifikanter Abfall aufzeigen (Abb.5). In beiden Gruppen bleibt die Anzahl weitgehend konstant, wobei der Abstand zwischen Minimum und Maximum deutlich größer wird. Man erkennt, dass die Gruppe der Niereninsuffizienz bereits Thrombozytenzahlen aufweist. 30 von Beginn an etwas geringere Thrombozyten (Giga/l) 500 400 p = 0,801 300 200 Thrombozyten Zyklus 1 Thrombozyten Zyklus 2 100 0 Abbildung p =0,149 5: Thrombozyten Zyklus 3 Thrombozyten Zyklus 4 1 0 Veränderung der Thrombozyten im Verlauf der Chemotherapie beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1= mit Niereninsuffizienz; p = statistische Signifikanz) 31 3.3 Darstellung der Dosis der platinhaltigen Chemotherapie mit und ohne Berücksichtigung der Pharmakokinetik Es erfolgt die Darstellung der applizierten Carboplatindosis nach Aufteilung der Patienten anhand ihrer Nierenfunktion. In Abbildung 6 ist die kumulative Dosis des Carboplatins über maximal 4 Zyklen der first-line Therapie dargestellt. Hier sieht man, dass die Patienten unabhängig von ihrer Nierenfunktion annähernd die gleiche Dosis erhielten. Den Patienten mit normaler Nierenfunktion wurden im Verlauf ihrer Therapie im Schnitt 2117 mg Carboplatin appliziert, die Patientengruppen mit einer Niereninsuffizienz erhielten jeweils durchschnittlich kumulative Dosis (mg) 2134 mg (Mittelwert). 4000 3000 2000 1000 0 p = 0,9 0 1 Abbildung 6: Kumulative Carboplatindosis in mg beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1 = mit Niereninsuffizienz; p = statistische Signifikanz) Anhand der applizierten Dosis des Carboplatins lässt sich jedoch nicht direkt auf die tatsächlich bioaktive Menge des Chemotherapeutikums schließen. Da bei der renalen Elimination des Carboplatins der Anteil der tubulären Sekrektion vernachlässigbar ist, ist es möglich, die renale Carboplatin-Clearance allein anhand der glomerulären Filtrationsrate (GFR) zu bestimmen. In Abbildung 7 ist die kumulative Dosis nach Berücksichtigung des AUC-Schemas dargestellt. Hier sieht man unter Berücksichtigung der Pharmakokinetik die tatsächlich wirksame Dosis des Medikaments. Auffallend ist, dass die Bioverfügbarkeit des Carboplatins bei Patienten mit einer Niereninsuffizienz deutlich höher war, als bei den Patienten mit einer uneingeschränkten Nierenfunktion. Durch die verminderte renale Elimination steigt bei Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion somit die 32 AUC. Die tatsächliche Dosis bei Patienten mit einer Niereninsuffizienz lag durchschnittlich bei 25,5 mg/ml x min, bei uneingeschränkter Nierenfunktion nur bei 16,5 mg/ml x min. Hier zeigt sich ein signifikanter (p = 0,02) Unterschied in den unterschiedlichen Gruppen bei der tatsächlich erhaltenen Dosis. AUC kum (mg/m x min ) 50 p = 0,02 40 30 20 10 0 0 1 Abbildung 7: Kumulative Carboplatindosis nach dem AUC (area under the curve) Schema beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1 = mit Nieren-insuffizienz; p = statistische Signifikanz) 3.4 Darstellung der toxischen Nebenwirkungen von Carboplatin in Abhängigkeit der Nierenfunktion Da das blutbildende Knochenmark eine hohe Empfindlichkeit gegenüber platinhaltigen Chemotherapeutika aufweist, lässt sich die toxische Wirkung der Therapie mit Carboplatin anhand des Verlaufs der verschiedenen Zellreihen darstellen. Die Thrombozyten haben mit ca. 7-14 Tagen die kürzeste Überlebensdauer und sind empfindlich gegenüber dem toxischen Einfluss des Carboplatins. Abbildung 8 stellt die prozentuale Abnahme der Thrombozyten im Verlauf und im Vergleich zur Nierenfunktion dar. Hier zeigt sich bei den Patienten mit einer Niereninsuffizienz ein durchschnittlicher Rückgang der Thrombozytenzahl um ca. 54%, Nierengesunde hingegen wiesen im Mittel eine Reduktion um etwa 46% auf. Ein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen zeigt sich nicht. Die Bestimmung dieser Ergebnisse erfolgte nach dem Mann-Whitney U Test. 33 100 90 p = 0,442 Prozentuale Abnahme der Thrombozyten (%) 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Abbildung 8: Reduktion der 0 1 Thrombozytenzahl während der Chemotherapie beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1 = mit Nieren-insuffizienz; p = statistische Signifikanz) Das Vorliegen einer Leukopenie in den laborchemischen Kontrollen führt häufig zu einer Verzögerung der Therapie, beziehungsweise zu einer Dosisreduktion des Chemotherapeutikums, was wiederum Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Therapie haben kann. Als nächstes folgt daher in Abbildung 9 und 10 die Darstellung der Reduktion der Leukozyten und des ANC. Auffallend ist, dass in der Gruppe ohne Niereninsuffizienz die Abnahme der Gesamtleukozytenzahl mit der Abnahme des ANC korreliert, hingegen dazu kommt es in der Gruppe mit Niereninsuffizienz zu einem deutlichen Rückgang der Leukozyten bei verhältnismäßig geringem Abfall des ANC. Bezogen auf die Nierenfunktion zeigt Abbildung 9 den Rückgang der gesamten Leukozyten. Entsprechend der Ergebnisse der Thrombozyten kommt es auch hier zu einer höheren Reduktion der Zellzahl in Bezug auf die Schwere der Niereninsuffizienz. Bei Patienten im Stadium der Niereninsuffizienz liegt die Reduktion im Schnitt bei 63%, bei uneingeschränkter Nierenfunktion bei 53%. 34 100 Prozentuale Abnahme der Leukozyten (%) 80 60 40 20 0 0 p = 0,235 1 Abbildung 9: Reduktion der Leukozytenzahl während der Chemotherapie in Prozent beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohnenNiereninsuffizienz, 1 = mit Nieren-insuffizienz; p = statistische Signifikanz) Bezüglich der immunsupprimierenden Wirkung gemessen am ANC war zu beobachten, dass es nicht zu einem verstärkten Rückgang bei einer bestehenden Niereninsuffizienz kommt (Abb10). Die Patientengruppe ohne Nierenfunktionseinschränkung weist einen Rückgang des ANC von 53% auf, bei den Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion ließ sich nur eine Reduktion um 44% im Schnitt nachweisen, kann kein prozentuale Abnahme ANC (%) hierbei signifikanter Unterschied nachgewiesen werden. 100 80 60 40 20 0 -20 p= 0,715 1 0 Abbildung 10 Abnahme des absolute neutrophile count (ANC) während der Chemotherapie in Prozent beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1 = mit Niereninsuffizienz; p = statistische Signifikanz): 35 3.5 Darstellung der chemotherapeutischen Wirksamkeit von Carboplatin in Abhängigkeit von der Nierenfunktion Zur Darstellung der Wirksamkeit der Chemotherapie werden drei Bereiche angeschaut, die Veränderung der Tumormasse im Verlauf, das Ansprechen des Tumors ermittelt nach der Recist-Methode, siehe Unterpunkt 1.3.3.5 Tabelle 8 (Recist-Kriterien der Responsebeurteilung von Tumorerkrankungen) und die Überlebenszeit der Patienten. 3.5.1 Veränderung der Tumormasse während der Chemotherapie In Abbildung 11 ist die prozentuale Abnahme der Tumormasse dargestellt. Berücksichtigt wurden hier sowohl Progression des Tumors als auch eine Reduktion der Tumormasse; dargestellt sind die Durchschnittswerte der Größenentwicklung in Abhängigkeit von der Nierenfunktion. Auffallend ist, dass die Patienten mit einer Niereninsuffizienz mit einem durchschnittlichen Rückgang der Tumormasse um ca. 17% eine deutlich bessere Größenreduktion des Primarius zeigten, als die Patienten mit uneingeschränkter Nierenfunktion (10%). Eine statistische Signifikanz (p = 0,3) lässt sich nicht zeigen, einzig fällt eine Tendenz auf. 100 Prozentuale Abnahme der Tumormasse (%) 80 p= 0,3 60 40 20 0 -20 -40 1 0 Abbildung 11: Reduktion der Tumormasse während der Chemotherapie beider Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1 = mit Niereninsuffizienz; p = statistische Signifikanz) 36 3.5.2 Ansprechen des Tumors während der Chemotherapie nach den Recist-Kriterien In Abbildung 12 erfolgt die Darstellung des Verlaufs der Tumorerkrankung anhand einer Einteilung in complete response, partial response, stable disease und progressive disease. Während der Anteil der Patienten mit einem Progress der Erkrankung (progressive disease) trotz Chemotherapie in den Vergleichsgruppen ähnlich ist (ohne Niereninsuffizienz 9%, mit Niereninsuffizienz 13%), liegt in der Gruppe der Nierengesunden der Anteil der Patienten mit einer vollständigen Remission (complete response) bei 15,%, bei Niereninsuffizienz bei 0%. Eine stable disease (kein Progress des Tumors) lässt sich bei den Patienten mit uneingeschränkter Niereninsuffizienz in 52% der Fälle nachweisen, denen mit einer Niereninsuffizienz bei 62%. Bei Patienten ohne eine Niereninsuffizienz zeigt sich bei 24% unter Therapie ein partieller Rückgang der Tumorerkrankung (partial response), im Stadium der Niereninsuffizienz bei 25% der Patienten. Mit Niereninsuffizienz Ohne Niereninsuffizienz 15% 13% SD SD 9% PR 24% 52% PR 25% PD 62% PD CR Abbildung 12: Verlaufsbeobachtung der Tumorerkrankung mittels Einteilung in, stable disease (SD), partial response (PR) und progressive disease (PD), complete response (CR) unterteilt in beide Patientengruppen mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Uniklinikum Ulm 2006-2013) ohne und mit Niereninsuffizienz 37 3.5.3 Überlebenszeit der Patienten Dargestellt sind hier die Überlebenszeiten in Monaten, berechnet nach der Überlebenszeitanalyse nach Kaplan-Meier, die Datenerhebung erfolgte vom Zeitpunkt der Erstdiagnose bis zum Tode. Bezüglich der Überlebenszeiten ließ sich jedoch kein signifikanter Unterschied der Ergebnisse nachweisen (Abb. 13). Die Patienten mit uneingeschränkter Nierenfunktion wiesen eine durchschnittliche Überlebensdauer im Median von 33,7 Monate auf. Diese lag bei eingeschränkter Überlebenswahrscheinlichkeit (%) Nierenfunktion bei 27,8 Monaten (p = 0,583; Log Rank Test). 100 0 80 1 p = 0,583 60 0 zensiert 1 zensiert 40 20 0 0 20 40 60 80 100 Überlebenszeit (Monate) Abbildung 13: Gesamtüberleben beider Patientengruppen in Monaten ab Erstdiagnose des nichtkleinzelligen Bronchialkarzinoms (0 = ohne Niereninsuffizienz, 1 = mit Niereninsuffizienz; p = statistische Signifikanz), zensiert = Patienten die zum Ende der Datenerhebung noch am Leben waren 38 4 Diskussion 4.1 Einführung Die Standardtherapie des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms ist eine platinhaltige Chemotherapie, welche meist in Kombination mit einem neueren Zytostatikum verabreicht wird. So wurde in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass Patienten mit einem NSCLC einen Benefit durch eine solche zytostatische Therapie hatten, sei es als palliativer Therapieansatz zur Verlängerung der Überlebenszeit oder als adjuvante Chemotherapie postoperativ [14, 44, 75] . Bei Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion ist man auf Grund einer möglicherweise erhöhten Toxizitäten zurückhaltend. Mit dieser Arbeit soll untersucht werden, ob das Vorliegen einer Nierenfunktionsstörung bei Patienten mit einem Bronchialkarzinom die toxischen Nebenwirkungen von Carboplatin erhöht und die chemotherapeutische Wirksamkeit von Carboplatin beeinflusst werden. Weiterhin soll die Hypothese geprüft werden, ob die in der Onkologie meist nach Körpergewicht oder Körperoberfläche erfolgende Dosierung durch eine Dosisanpassung an die Nierenfunktion modifiziert und somit die platinhaltigen Zytostatika entsprechend ihrer Pharmakokinetik und ihrem Eliminationsweg dosiert werden sollten. Schließlich soll gezeigt werden, wie essentiell Dosisberechnungen unter Einbeziehung der Nierenfunktion im Hinblick auf Effektivität und Nebenwirkungen sind. 4.2 Die Dosierung von Carboplatin in Abhängigkeit von der Nierenfunktion Wie bereits in den 80er Jahren von Harland und Newell u. a beschrieben, entspricht die renale Elimination von Carboplatin der GFR. So dient diese zur Festlegung der effektiven Dosis, die ein Patient erhält. Es wird klar, dass die Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve des Carboplatins, welches nicht 39 gebunden (75%) ist, einen engen Zusammenhang mit der glomerulären Filtrationsrate aufweist [57]. Bei der Auswertung der Daten, die die Dosierung von Carboplatin in Abhängigkeit von der Nierenfunktion zeigten, fiel auf, dass Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion etwa die gleiche Dosis (mg) erhielten wie Patienten mit einer normalen Nierenfunktion. Ausnahme waren Patienten, die bei bekannter Niereninsuffizienz eine Dosisreduktion nach dem AUC-Schema erhielten. Berechnet man allerdings aus den zur Verfügung stehenden Werten die kumulative AUC-Dosis, also die tatsächliche Bioverfügbarkeit von Carboplatin die die Patienten erhielten, zeigt sich, dass bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion die tatsächlich wirksame Dosis erhöht war. Erklären kann man diese erhöhte Dosis und ihrer somit potentiell erhöhten Toxizität dadurch, dass viele der erfassten Patienten vor Beginn der Chemotherapie ein normales Serumkreatinin hatten. Bei der Bestimmung der GFR allerdings wiesen diese Patienten per definitionem eine eingeschränkte Nierenfunktion auf. Diese Patienten erhielten somit eine normale, nicht an die Nierenfunktion angepasste Standard-Carboplatindosis mit 300mg/m² und damit eine folglich höhere Substitutionsmenge als Patienten mit einer normalen Nierenfunktion. Bei 8 der 41 Patienten wurde auf Grund des Vorliegens einer eingeschränkten Nierenfunktion (erhöhte Kreatininwerte) bereits zu Beginn die Dosis nach dem AUC-Schema festgelegt und bei 5 Patienten auf Grund hämatologischer Nebenwirkungen im Verlauf der Chemotherapiezyklen die Dosis nach AUC reduziert. Ähnliche Ergebnisse ergaben sich in manchen Abhandlungen, in welchen eine Abweichung der Dosierung von Carboplatin von mehr als 20% in 48% der Fälle bei einer nichterfolgten Anpassung an die Nierenfunktion beobachtet werden konnte [67]. Es zeigte sich in anderen Studien, dass eine Dosisanpassung an die Nierenfunktion mittels AUC-Schema zu einer geringeren Toxizität in Bezug auf die hämatologischen Nebenwirkungen von Carboplatin führte. In Bezug auf das Körpergewicht ergab sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Patienten beider Gruppen [41]. Berechnet man die glomeruläre Filtrationsrate unter Einbeziehung von Serumkreatinin, Gewicht, Körpergröße und Geschlecht der Patienten, zeigte sich, 40 dass trotz normalen Serumkreatininwerten bereits eine Einschränkung der Nierenfunktion vorlag. Es sollte bei dem klinischen Verdacht auf eine beginnende Nierenfunktionsverschlechterung eine an die Nierenfunktion angepasste und somit individuelle Chemotherapiedosis errechnet werden. In dieser Untersuchung zeigte sich, wie auch in bereits in der Vergangenheit durchgeführten Studien, dass die Dosisberechnung anhand von Körperoberfläche und Körpergewicht eine deutliche Abweichung im Vergleich zur Berechnung nach dem AUC-Schema aufweist und somit ein erhöhtes Risiko unerwünschter Wirkungen bei ähnlicher Ansprechrate zeigt. Das zeigt und bestätigt die in der Vergangenheit aufgestellten Berechnungen, dass die Dosierung von Carboplatin im Hinblick auf den maximalen Effekt und die minimale Nebenwirkungsrate immer unter Berücksichtigung der Nierenfunktion festgelegt werden sollte. [51, 57, 74] 4.3 Der Einfluss der eingeschränkten Nierenfunktion auf die Toxizität von Carboplatin Gerade der Einfluss der platinhaltigen Chemotherapeutika auf die Thrombozyten, veranlasste Calvert zur Entwicklung seiner Formel zur AUC-Direktdosierung. Hiermit kann die Dosis für Carboplatin für eine gewünschte Ziel-AUC natürlich auf der Grundlage der glomerulären Filtrationsrate als Maß für die renale CarboplatinElimination unter Einbeziehung der extrarenale Elimination (25%) berechnet werden. [9, 10, 13] Die Toxizität wurde in dieser Studie anhand der CTCAE v3.0 Leitlinien einheitlich festgelegt. Ein besonderes Augenmerk wurde auf Nebenwirkungen die Knochenmarksuppression betreffend gelegt, da diese die therapielimitierenden und häufigsten Nebenwirkungen ausmachen. Es wurden eine Senkung, sowie der Nadir der Thrombozyten, der Leukozyten und der neutrophilen Granulozyten bestimmt. Auch mit den in dieser Studie erhobenen Daten ließ sich bei den Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion eine etwas höhere Toxizität, die Thrombozyten und die Leukozyten betreffend, nachweisen. Einzig auffällig ist, dass der Absolute Neutrophilen Count (ANC), welcher die immunsupprimierende Wirkung der Chemotherapie mit Carboplatin direkt darstellt, im Gegensatz zur Gesamtleukozytenzahl und zur Thrombozytenzahl nicht zu einem verstärkten 41 Rückgang bei einer bestehenden Niereninsuffizienz führt. Ist der ANC reduziert, bzw. wieder im Ansteigen begriffen, lässt dies einen entsprechenden Rückschluss auf die aktuelle Situation des Knochenmarks ziehen. Da der Wert ANC sensibler reagiert als die gesamte Leukozytenzahl und somit bei einer Leukopenie ebenfalls erniedrigt sein müsste führt die Auswertung der ANC Reduktion in dieser Untersuchung nicht zu einem der Logik entsprechenden signifikanten Ergebnis. Eine Erklärung hierfür sind die niedrige Patientenzahl und die nicht bei jedem Patienten im Verlauf bestimmten ANC-Werte. Da wie in 4.2 beschrieben, Patienten mit einer Niereninsuffizienz eine höhere tatsächliche Dosis Nebenwirkungsrate erhielten das zeigt Blutbild sich, dass betreffend diese aufwiesen. auch Einen eine höhere Abfall der Thrombozyten, Leukozyten und des ANC während einer Chemotherapie kann den Ablauf der Therapie verändern. Kommt es zu einer klinisch relevanten Thrombozytopenie, z. B. im Sinne von Blutungen, können diese entweder mittels Thrombozytengabe substituiert werden, was das Fortführen der Chemotherapie ermöglicht, oder es muss das Therapieschema unterbrochen und die Dosis reduziert werden. Bei einer Leukopenie kommt es auf Grund der Immunsuppression zu klinisch erheblichen Folgeerkrankungen wie der febrilen Neutropenie, Pneumonien oder Pilzinfektionen. Dies führt bei einer relevanten Leukopenie meist zum Pausieren der Zytostatikatherapie, also Verminderung der Dosisintensität, was sich dann wiederum negativ auf die Effektivität des Chemotherapeutikums auf das Carcinom auswirkt. Die einzigen Möglichkeiten zur Reduktion infektionsbedingter Nebenwirkungen bei einem reduzierten Immunsystem sind die Gabe von G-CSF (Granulocyte-Colony Stimulating Factor) bei Patienten mit einer ausgeprägten Leukopenie und die Gabe einer Antibiotikaprophylaxe, welche allerdings durch mögliche Resistenzentwicklungen einer durchdachten Indikationsstellung unterliegen sollte. Beide Möglichkeiten können dem Aussetzen einer Chemotherapie entgegenwirken, sollten allerdings nicht standardmäßig gegeben werden. Die Schlussfolgerung ist auch hier, dass es von klinischer Bedeutung ist eine individuelle Dosis anhand der Nierenfunktion für jeden Patienten festzulegen, um die mögliche Toxizität mit ihrer umfangreichen Problematik möglichst gering zu halten ohne dabei einen Wirkverlust durch eine Unterdosierung hervorzurufen. 42 4.4 Die Wirkung von Carboplatin in Abhängigkeit von der Nierenfunktion Um die Wirkung von Carboplatin bzw. das Ansprechen des Primarius auf die Chemotherapie, im Falle dieser Arbeit des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms, zu bestimmen, wurde die Tumorgröße im Verlauf bestimmt. Vor Beginn der Chemotherapie erhielten die Patienten zum Staging eine CT-Thorax- Untersuchung, hier konnte die Tumorausdehnung in cm gemessen werden. Während und nach den Chemotherapiezyklen wurden Re-Staging Untersuchungen durchgeführt, anhand derer nach Abschluss der Therapie der Primarius erneut in seiner Ausdehnung gemessen werden konnte. Somit konnte eine prozentuale Zu-, Abnahme oder die Konstante bestimmt werden. Zur einheitlichen Klassifikation wurde anhand dieser Werte die Einteilung und Verlaufsbeobachtung nach den Recist-Kriterien (SD, PR, PD, CR) vorgenommen. Auch diese Werte wurden in Zusammenhang des Nierenfunktionsstaus verglichen. Es zeigte sich, dass Patienten mit einem höheren Stadium der Niereninsuffizienz ein besseres Ansprechen auf die Chemotherapie, sowie prozentual häufiger im Verlauf eine stable disease oder sogar eine partielle Remission aufwiesen. Dies liegt daran, dass wie unter 4.2 beschrieben, Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion eine durchschnittlich höhere tatsächliche Carboplatindosis erhielten. Somit hatten diese Patienten eine höhere Bioverfügbarkeit des Medikaments mit entsprechend gesteigerter „Toxizität“ einerseits auf das Karzinom, andererseits natürlich auch auf Thrombozyten und Leukozyten, zur Verfügung. Bei den insgesamt erhobenen Daten konnte festgestellt werden, dass bei keinem der Patienten mit einer höhergradigen Niereninsuffizienz eine komplette Remission erfolgte. Dies lag daran, dass eine komplette Remission nur bei Patienten, die vor Chemotherapie operabel waren erreicht werden konnte und dementsprechend kein Rezidiv nachgewiesen werden konnte. In der Gruppe der Niereninsuffizienten war kein Patient primär operabel, einerseits auf Grund des UICC-Stadiums andererseits auf Grund des reduzierten Allgemeinzustandes. Ein progressives Tumorwachstum wurde unabhängig annährend gleich häufig beobachtet. 43 von der Nierenfunktion Stellt man die Gruppen eingeschränkte Nierenfunktion und uneingeschränkte Nierenfunktion bezüglich der Überlebensrate gegenüber ergab sich kein signifikanter Unterschied, tendenziell zeigte sich eine leicht erhöhte Mortalität in der Gruppe der Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion. Dies liegt am ehesten an der entsprechenden Comorbidität; sowohl eine erhöhte Dosis mit geringeren Kompensationsmöglichkeiten etwaiger Nebenwirkungen, sowie eine reduzierte Dosis mit dementsprechender geringerer Wirksamkeit können für eine verminderte Überlebenszeit sprechen. Bei entsprechend angepasster Carboplatindosis an die Nierenfunktion wird sicherlich auch diese zu vernachlässigen sein. Es konnte somit gezeigt werden, dass die leicht erhöhte zur Verfügung stehende Carboplatinmenge zwar einen etwas positiveren Effekt auf den Tumor hat, allerdings ein größeres Risiko von Nebenwirkungen in sich birgt. Somit zeigt sich auch hier, dass Carboplatin auf die Nierenfunktion abgestimmt werden sollte. Dieses Ergebnis wird durch verschiedene Studien in denen ein Vergleich zwischen einer Carboplatintherapie bei Nierengesunden und Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz bestätigt [39, 49, 73]. 44 5 Zusammenfassung In dieser Arbeit wurden retrospektiv Daten von Patienten erhoben, welche an einem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom erkrankt waren und eine platinhaltige Chemotherapie erhalten hatten. Ziel war es, den Einfluss einer bestehenden Niereninsuffizienz auf Toxizität und Ansprechen der Chemotherapie sowie bezüglich der Überlebenszeit zu untersuchen. Dazu wurden alle Patienten nach ihrer Nierenfunktion eingeteilt. In den erhobenen Daten zeigte sich, dass nur bei einem kleinen Anteil der Patienten bereits zu Beginn der Therapie eine Anpassung von Carboplatin erfolgt war, dies bedeutet eine Reduktion der Carboplatindosis unter Einbeziehen der Nierenfunktion, nach dem area under the curve (AUC) Schema. Zunächst erfolgten Berechnungen zur Bestimmung der jeweiligen genauen Nierenfunktion, anhand derer die Dosis festgestellt werden konnte, welche die Patienten nach dem area under the curve (AUC) -Schema hätten erhalten müssen. Diese wurden mit der tatsächlich erhaltenen Dosis verglichen. Hierbei zeigte sich, dass die Patienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion im Großteil der Fälle eine etwas höhere Dosis an Carboplatin erhielten, insbesondere war dies bei Patienten mit normalen Serumkreatininwerten aber nach Berechnung der glomerulären Filtrationsrate (GFR) bereits eingeschränkter Nierenfunktion der Fall. Verglich man diese Ergebnisse mit dem Ausmaß der Nebenwirkungen zeigte sich eine Korrelation zwischen erhöhter Rate an Nebenwirkungen und schlechterer Nierenfunktion. Andererseits ergaben die Werte, dass das Ansprechen des Primarius auf die zytostatische Therapie bei Patienten mit schlechter Nierenfunktion besser, die Überlebenszeit allerdings etwas geringer ist. Ohne Anpassung der Carboplatindosis an die Nierenfunktion bewegt man sich im oberen Bereich der therapeutischen Breite des Zytostatikums mit höheren Nebenwirkungsraten. Diese Ergebnisse zeigen, wie wichtig die Anpassung von Dosis, gerade bei Medikamenten mit geringer therapeutischer Breite, an den jeweiligen Eliminationsweg ist. Legt man die Dosis von Carboplatin nach dem area under the curve (AUC) -Schema nach Bestimmung des Serumkreatinins und entsprechend berechneter glomerulärer Filtrationrate (GFR) fest, befindet man sich in dem Teil des therapeutischen Bereiches, in dem eine möglichst große Effektivität bei möglichst niedriger Nebenwirkungsrate erreicht werden kann. 45 Die in dieser Arbeit erhaltenen Ergebnisse sind durch ein nicht randomisiertes Studiendesign und niedrige Fallzahlen limitiert, teilweise entstanden durch die hohe Patientenselektion hinsichtlich der Kombination aus einem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms und unterschiedlichen Nierenfunktionen. Trotz dieser Einschränkungen zeigt diese Auswertung im Rahmen der retrospektiven Untersuchungen, dass bei Patienten, die an einem Bronchialkarzinom erkrankt sind und gleichzeitig eine eingeschränkte Nierenfunktion aufweisen, eine Chemotherapie mit adäquater Anpassung der Dosis an die Nierenfunktion durchaus durchgeführt und somit eine verlängerte Überlebenszeit erreicht werden kann. Diese Hypothese gilt es über diese Stichprobe hinaus in größerer Fallzahl zu untersuchen, um einen möglichen Rückschluss auf das klinische Vorgehen in der Zukunft zu erhalten. 46 6 1 Literaturverzeichnis Agraharkar ML, Cinclair RD, Kuo Y-F, Daller JA,Shahinian VB: Risk of malignancy with long-term immunosuppression in renal transplant recipients. Kidney Int 66: 383-389 (2004) 2 Baser S, Shannon VR, Eapen GA, Jimenez CA, Onn A, Lin E,Morice RC: Smoking cessation after diagnosis of lung cancer is associated with a beneficial effect on performance status. 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Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom (NSCLC = non small cell lung cancer) (Häufigkeit = 75%) Plattenepithelkarzinom (etwa 40% der Fälle) Papilläres Plattenepithelkarzinom klarzelliges Plattenepithelkarzinom basaloides Plattenepithelkarzinom kleinzelliges Plattenepithelkarzinom Adenokarzinom (etwa 25% der Fälle) azinäres Adenokarzinom papilläres Adenokarzinom bronchoalveoläres Karzinom o nicht-muzinös o muzinös o gemischt muzinös und nicht – muzinös oder unbestimmt Adenokarzinom mit gemischten Subtypen Solides Adenokarzinom mit Schleimbildung o fetales Adenokarzinom o muzinöses Adenokarzinom o muzinöses Zystadenokarzinom o Siegelringzellkarzinom o klarzelliges Karzinom Großzelliges Karzinom (10% der Fälle) Adenosquamöses Karzinom Sarkomatoides Karzinom Karzinoidtumor Speicheldrüsentumore 2. Kleinzelliges Karzinom (SCLC = small cell lung cancer) (Häufigkeit = 25%) kombiniertes kleinzelliges Karzinom 57 Tabelle 2: TNM (tumor, nodi lymphatici, metastasis) Klassifikation des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms 7. Auflage Einteilung T Tx T0 Tis T1 T1a T1b Kennzeichen Primärtumor Zytologischer Malignomnachweis (Sputum, bronchiale Spülflüssigkeit), kein radiologischer oder bronchoskopischer Tumornachweis Kein Nachweis eines Primärtumors Carcinoma in situ Tumor ≤ 3 cm, bronchoskopisch auf den Lappenbronchus beschränkt Tumor ≤ 2cm Tumor > 2cm aber ≤ 3cm • • T2 • Tumor > 3 cm aber < 7 cm Tumor infiltriert Hauptbronchus und reicht bis ≥ 2 cm an die Hauptcarina heran Tumor infiltriert Pleura viszeralis T2a Tumor verursacht Atelektase oder Retentionspneumonie (nicht der gesamte Lunge) Tumor > 3 cm aber ≤ 5 cm T2b Tumor > 5 cm aber ≤ 7 cm • • Tumor > 7 cm • Tumor infiltriert: Thoraxwand (einschließlich Sulcus superior), Zwerchfell, N. phrenicus, Pleura mediastinalis, Pericard • Tumor infiltriert Hauptbronchus und reicht bis < 2 cm an die Hauptcarina heran • Tumor verursacht Atelektase oder Retentionspneumonie (der gesamte Lunge) Tumor mit Metastase im gleichen Lungenlappen Tumor jeder Größe mit Infiltration von: Mediastinum, Herz, große Gefäße, Trachea, Ösophagus, Wirbelkörper, N. laryngeus recurrens, Hauptcarina T3 • • T4 • N Nx N0 N1 N2 Tumor mit Metastase in einem anderen Lungenlappen (aber ipsilateral) Regionäre Lymphknoten Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden Keine regionären Lymphknotenmetastasen Befall ipsilateraler peribronchialer, hilärer und intrapulmonaler Lymphknoten, einschließlich durch Invasion per contiunuitatem Befall ipsilateraler mediastinaler und / oder subcarinaler Lymphknoten 58 N3 M Mx M0 M1 M1a M1b Metastasen in kontralateralen mediastinalen, kontralateralen hilären, ipsi- oder kontralateralen Skalenus- oder supraklavikulären Lymphknoten Fernmetastasen Das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden Keine Fernmetastasen Fernmetastasen • Tumor mit Metastasen in der kontralateralen Lunge • Pleurale Tumorabsiedlungen • Maligner Pleuraerguss • Maligner Perikarderguss Fernmetastasen 59 Tabelle 3: Stadieneinteilung des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms unter Berücksichtigung von T,N,M (tumor, nodi lymphatici, metastasis) nach der UICCKlassifikation (Union Internationale Contre le Cancer) 7.Auflage Stadium (UICC) T N M Okkultes Karzinom Tx N0 M0 0 Tis (in situ) N0 M0 ΙA T1 N0 M0 ΙB T2 N0 M0 ΙΙ A T1 N1 M0 ΙΙ B T2 N1 M0 T3 N0 M0 T1 N2 M0 T2 N2 M0 T3 N1-2 M0 T4 Jedes N M0 Jedes T N3 M0 Jedes T Jedes N M1 ΙΙΙ A ΙΙΙ B ΙV 60 Lebenslauf Lebenslauf aus Gründen des Datenschutzes entfernt 61