DBT-PTSD - AWP

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Dialektisch-Behaviorale Therapie zur
Behandlung von PTBS
Schwerpunkt
Schwerpunkt
Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung
der Posttraumatischen Belastungsstörung
mit schweren Störungen der Emotionsregulation
Anne Dyer*, Kathlen Priebe*, Regina Steil*,
Antje Krüger & Martin Bohus
Zusammenfassung: Bisher existiert weltweit kein spezifisches und wissenschaftlich evaluiertes
Behandlungsprogramm für Patienten mit Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und
komorbider Borderline-Persönlichkeitsstörung oder anderen komorbiden schweren Störungen
der Emotionsregulation. Wir haben mit der Dialektisch-Behavioralen Therapie für PTBS ein
multimodales dreimonatiges stationäres Therapieprogramm mit hoher Akzeptanz und sehr
guter Wirksamkeit entwickelt. Das Programm amalgamiert die Prinzipien der von Marsha
Linehan entwickelten Dialektisch-Behavioralen Therapie und Methoden der Kognitiv-behavioralen Therapie nach Anke Ehlers. Zur Erläuterung der Konzeptionalisierung der DBT-PTSD
werden das Behandlungsrational, die strukturellen Rahmenbedingungen sowie die wichtigsten
Behandlungsmethoden zunächst im Überblick dargestellt und anschließend anhand einer
konkreten Fallbeschreibung verdeutlicht.
Schlüsselwörter: Dialektisch-Behaviorale Therapie, Posttraumatische Belastungsstörung,
Borderline-Persönlichkeitsstörung, Emotionsregulation, sexueller Missbrauch
Dialectical behaviour therapy in treating posttraumatic stress disorder
together with emotional regulation disorders
Abstract: Until now, there has been no specific and academically evaluated treatment programme anywhere in the world for patients with posttraumatic stress disorder and comorbid
borderline personality disorder, or other severe comorbid emotional regulation disorders.
Using dialectical behaviour therapy, we have developed a multimodal, three-month in-patient
therapy programme for PTSD with high levels of acceptance and effectiveness. The programme
amalgamates the principles of Marsha Linehan’s dialectal behaviour therapy and Anke Ehlers’
methods of cognitive-behavioural therapy. In order to illustrate the formation of the DBTPTSD concept, we give an overview here of the treatment rationale, structural framework and
most significant treatment methods and go on to clarify these using a concrete case study.
Keywords: dialectical behaviour therapy, posttraumatic stress disorder, borderline personali­ty
disorder, emotional regulation, childhood sexual abuse
1. Einleitung
1.1Besonderheiten der Borderline-Störung
Unser Wissen über klinische Charakteristik, Entstehungsbedingungen und Behandlungsmöglichkeiten der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)
hat sich während der letzten zehn Jahre erheblich
verbessert. Noch in den 90er Jahren galt dieses
Störungsbild als unscharf zu diagnostizieren und
weitgehend therapierefraktär. Die sprunghafte Entwicklung, die schließlich zur Etablierung von manualisierten, evidenzbasierten Behandlungskon-
zepten führte, nahm ihren Anfang in dem von Marsha Linehan forcierten Paradigmenwechsel (Linehan,
1993a). Geprägt von tiefgreifender und langjähriger
klinischer Erfahrung postulierte sie eine Störung
der Affektregulation als zentrales Problemfeld der
BPS. Diese Annahme konnte in den Folgejahren
durch eine Vielzahl neurobiologischer und neuropsychologischer Studien bestätigt werden (Übersicht
* Diese Autoren trugen zu gleichen Teilen zum Artikel
bei.
Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis, 41. Jg. (2), 283-307, 2009
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A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
siehe Schmahl & Bohus, 2005): Borderline-Patienten
erleben unter Alltagsbedingungen häufiger und
intensiver als Gesunde aversive Emotionen. Die
Schwelle für die Induktion von Emotionen ist niedriger, die Intensität ausgeprägter und die Rückbildung
auf das emotionale Ausgangsniveau dauert länger.
Starke emotionale Erregung ist bei Borderline-Patienten oft mit passageren dissoziativen Phänomenen
wie Derealisation, Depersonalisation oder Störungen
der sensorischen Integration assoziiert (Stiglmayr,
Shapiro, Stieglitz, Limberger & Bohus, 2001). Mittlerweile konnten wir nachweisen, dass diese dissoziativen Zustände emotionales Lernen weitgehend
verunmöglichen (Ebner-Priemer et al., in Druck).
Auf neurobiologischer Ebene finden sich bei
Borderline-Patienten deutliche Hinweise auf morphologische und funktionelle Störungen des frontolimbischen Regelkreises, was die Schwierigkeiten
in der neuronalen Modulation affektiver Erregung
erklären könnte (Mauchnik, Schmahl & Bohus,
2005). Folgerichtig baut Marsha Linehan in ihr
Behandlungskonzept, die Dialektisch-Behaviorale
Therapie (DBT), als Kernkomponente ein Fertigkeitentraining zur Verbesserung der Stresstoleranz
und Emotionsregulation ein. Derzeit gilt die DBT
als das empirisch am besten abgesicherte Behandlungskonzept und wird in den AWMF-Leitlinien
als Therapie der Wahl empfohlen (Bohus et al.,
2009). Bezüglich der Entstehung und Aufrechterhaltung des gestörten emotionalen Erlebens und
Verhaltens beruft sich die DBT auf eine „bio-soziale“ Theorie: Wechselwirkungen zwischen biographischer Erfahrung und neurobiologischer Prädisposition führen zur Etablierung der emotionalen
Störung. Betroffene, die lernen, kurzfristig wirksame, aber langfristig destabilisierende Verhaltensmuster zur raschen Affektregulation einzusetzen,
verstärken die Symptomatik und damit einen neuropsycho-sozialen Teufelskreis, der schließlich zur
Chronifizierung führt.
Überprüft man die bio-psychologische Theorie
auf Basis der vorliegenden wissenschaftlichen Literatur, so ist die Datenbasis für genetische Faktoren
äußerst schwach. Eine einzige Zwillingsstudie (Torgersen et al., 2000) findet zwar deutliche Hinweise,
ist jedoch methodisch angreif bar, so dass keine
sicheren Schlüsse daraus gezogen werden können.
Deutlich besser ist die Datenlage hinsichtlich biographischer Erfahrung von Borderline-Patienten.
So berichtet die überwiegende Anzahl der weiblichen Betroffenen von schweren traumatischen
Erfahrungen in der Kindheit (Zanarini et al., 1997).
Unsere eigenen Daten, basierend auf biographischen
284
VPP_0209.indb 284
Interviews mit über 300 Behandlung suchenden
Borderline-Patientinnen zeigen, dass bei etwa 15 %
der Betroffenen der Vater mindestens dreimal mit
dem Gesetz in Konflikt geriet oder mindestens
einmal im Gefängnis war. 35 % der Betroffenen
waren Zeugen intensiver Gewalt zwischen den Eltern und etwa die Hälfte erlebte schwerwiegende
körperliche Misshandlungen. Über sexuellen Missbrauch berichten 63 % der Betroffenen, wobei die
überwiegende Mehrheit von einem mehrfachen bis
regelhaften Missbrauch berichten. Hinzu kommen
hohe Werte hinsichtlich emotionaler Vernachlässigung und Erfahrung von Demütigung. Zusammenfassend erleben die meisten Borderline-Patienten
rückwirkend ihre Kindheit als eine bedrohliche,
unberechenbare Zeit, in der körperliche und sexualisierte Gewalt herrschte. Vordringlich ist das Gefühl der emotionalen Unsicherheit oder Kälte, so
dass viele der Betroffenen darüber berichten, ihren
Gefühlen „nie vertraut zu haben“ bzw. die sichere
Wahrnehmung zu haben, „anders zu sein, als alle
anderen“ und „nirgends dazu zugehören“. Bei den
meisten Patienten setzt sich diese Erfahrung der
sozialen Zurückweisung in der Schulzeit fort.
Führt man sich diese biographischen Parameter
vor Augen, so nimmt es nicht Wunder, dass etwa
60 % der Behandlung suchenden Borderline-Patienten die DSM-IV-Kriterien einer Posttraumatischen
Belastungsstörung erfüllen (Zanarini et al., 1998).
Diese Zahl erweist sich in Feldstudien als deutlich
geringer: Die Studie von Grant et al. (2008) findet
in ihrer Feldstudie nur bei etwa 25 % der Betroffenen
eine PTBS. Dies weist klar darauf hin, dass Traumatisierung weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für die Entwicklung einer
BPS darstellt. Andererseits scheint das Vorliegen
einer komorbiden PTBS insgesamt die Symptomatik der BPS zu verschlechtern und zu intensiverer
Inanspruchnahme psychiatrischer Versorgungssys­
teme zu führen (Zweig-Frank & Paris, 1997).
1.2Spezifische Behandlungsverfahren
der Borderline-Störung
Derzeit können neben der DBT drei weitere störungsspezifische Verfahren als möglicherweise
wirksam bezeichnet werden (Bohus et al., 2008):
Die von Anthony Bateman und Peter Fonagy (Bateman & Fonagy, 1999; Bateman, Ryle & Fonagy,
2007) konzipierte Mentalisierungsbasierte Therapie,
die von Jeffrey Young entwickelte Schematherapie
(Young, 1999) und die von Kernberg entwickelte
übertragungsfokussierte Therapie (TFP; Clarkin,
Yeomans & Kernberg, 2006). Alle strukturierten
Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
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Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
Behandlungsprogramme, selbst die TFP, die sich
gegenüber der Schematherapie deutlich unterlegen
zeigte (Giesen-Bloo et al., 2006), können während
eines Zeitrahmens von ein bis drei Jahren klinisch
signifikante und relevante Verbesserungen der Borderline-typischen Verhaltensmuster (Selbstverletzungen, Suizidversuche) sowie des Borderline-typischen Erlebens nachweisen.
Es gibt jedoch nur eine einzige Studie, welche
die Auswirkung der psychotherapeutischen Behandlung auf die Reduktion der komorbiden Achse-ISymptomatik untersucht: Harned, Murray, Comtois
und Linehan (2008) finden bei Teilnehmern einer
kontrolliert-randomisierten Studie, in der die Wirksamkeit von DBT mit tiefenpsychologischer Behandlung durch anerkannte Experten jeweils in
einem ambulanten, über ein Jahr andauernden Behandlungssetting verglichen wird, dass in der DBTGruppe etwa 27 % und in der tiefenpsychologischen
Gruppe etwa 17 % eine dauerhafte Remission der
komorbiden PTBS erreichten. Obgleich diese Daten
eine signifikante Verbesserung bedeuten, liegen sie
doch deutlich hinter den zu erwartenden Ergebnissen, wie sie bei der Anwendung von störungsspezifischen Verfahren zur Behandlung der PTBS zu
erwarten wären. Diese liegen entsprechend der
Metaanalyse von Bradley, Greene, Russ, Dutra und
Westen (2005) bei etwa 58 %. Offensichtlich reicht
die Standard-DBT nicht aus, um ausreichende Remissionsraten von komorbider PTBS bei BorderlinePatienten zu erreichen.
Es stellte sich die Frage, ob etablierte Behandlungsverfahren zur Therapie von PTBS nach sexuellem Missbrauch in der Kindheit bei dieser Patientengruppe zur Anwendung kommen können oder
ob spezifische Neuentwicklungen nötig sind, um
den Anforderungen, die die Behandlung der PTBS
bei Borderline-Störung stellt, gerecht zu werden.
Insgesamt zeigen Studien zur Behandlung der
Posttraumatischen Belastungsstörung nach sexualisierter Gewalt in der Kindheit („childhood sexual
abuse“; CSA) mittlere bis gute Wirksamkeit. So
berichten z. B. Peleikis und Dahl (2005) in einer
Metaanalyse, die 13 randomisiert-kontrollierte Behandlungsstudien und Daten von insgesamt 598
Patienten einbezog, die infolge sexualisierter Gewalterfahrung in der Kindheit als Erwachsene unter
einer PTBS litten, eine mittlere Effektstärke von
0.63. Bei genauerer Analyse der bislang vorliegenden
Studien fällt jedoch auf, dass Patientinnen mit komorbider Borderline-Persönlichkeitsstörung bzw.
einer Symptomatik von anhaltender emotionaler
Dysregulation meist ausgeschlossen wurden (vgl.
Schwerpunkt
z. B. Cloitre, Koenen, Cohen & Han, 2002). Die
wenigen Studien zur Behandlung der PTBS nach
sexualisierter Gewalt in der Kindheit, bei denen eine
komorbide BPS nicht ausgeschlossen wurde, liefern
Hinweise dafür, dass die Ergebnisse für Patienten
mit BPS schlechter sind als für Patienten ohne BPS
(Cloitre & Koenen, 2001; McDonagh et al., 2005).
Chard (2005) schloss Patientinnen mit BPS nicht
aus. In dieser Studie wird für die Cognitive Processing Therapy (Resick & Schnicke, 1993) insgesamt
eine sehr hohe Wirksamkeit für Patientinnen mit
PTBS nach sexualisierter Gewalt nachgewiesen.
Unterschiede im Therapieerfolg zwischen Patientinnen mit und ohne komorbider BPS berichtet Chard
leider nicht, auch nicht, wie viele der Patienten
tatsächlich eine komorbide BPS aufwiesen.
Wir können also aufgrund der vorliegenden Daten nicht davon ausgehen, dass die derzeit etablierten
traumafokussierenden kognitiv-behavioralen Therapieformen (z. B. Prolongierte Exposition nach Foa
[Foa & Kozak, 1986], Cognitive Processing Therapy nach Resick [Resick & Schnicke, 1993], kognitive
Therapie nach Ehlers [1999] und Eye Movement
Desensitisation and Reprocessing [EMDR] nach
Shapiro [1999]) zur Behandlung komorbider PTBS
bei Patienten mit Borderline-Störungen oder ähnlichen schweren Störungen der Emotionsregulation
herangezogen werden können.
1.3Potentielle Probleme bei der Behandlung
der PTBS bei Patienten mit einer BPS
Während, wie oben ausgeführt, die Datenlage zum
Einfluss der BPS auf die PTBS-Behandlung sehr
dünn ist, lässt sich aus der Psychopathologie der
BPS eine Vielzahl von möglichen Problemen bei
der Behandlung der PTBS ableiten.
Patienten mit einer BPS weisen meist Beeinträchtigungen in mehreren Funktions- und Lebensbereichen auf, so dass es nicht immer einfach ist,
den Behandlungsfokus festzulegen. Gerade hinsichtlich des Beginns der Traumabearbeitung stellt
sich häufig die Frage, wie stabil Patienten sein müssen, um damit beginnen zu können. Viele Kliniker
befürchten in diesem Zusammenhang, dass die
Exposition mit traumabezogenen Erinnerungen bei
dieser Patientengruppe Problemverhaltensweisen
wie Suizidalität oder Selbstverletzungen auslösen
und verstärken kann.
Die Vermeidung traumabezogener Erinnerungen
und Gefühle wird in fast allen Modellen als ein
zentraler Mechanismus bei der Entstehung und
Aufrechterhaltung der PTBS dargestellt. Während
der PTBS-Behandlung wird die Vermeidung durch
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A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
traumafokussierende kognitive Interventionen sowie
Exposition in-vivo und in-sensu reduziert. Patienten
mit komorbider BPS weisen meist zahlreiche differenziert wirksame Meidungsmechanismen auf, die
die PTBS-Behandlung behindern können: Neben
sehr ersichtlichen Mechanismen wie Selbstverletzung, Substanzkonsum, Hochrisikoverhalten und
Dissoziation sind auch subtilere Formen häufig, wie
z. B. Suizidgedanken, Selbsterniedrigung, Beziehungsdestabilisierungen oder Defokussierung in
der Therapiestunde durch Ansprechen von Nebenschauplätzen oder Generierung von Wutgefühlen
zur Vermeidung von Ohnmacht und Trauer.
Ein weiteres Problem ist, dass Traumatherapien
von dieser Patientengruppe oft gesucht werden, um
etwa soziale Herausforderungen zu meiden, die häufig noch stärker angstbesetzt sind. Beispielsweise
vermeiden Patienten durch wiederholtes Aufsuchen
verschiedener Kliniken zur Traumatherapie das Leben außerhalb der Kliniktüren. Eine Ausbildung oder
eine Berufstätigkeit ist z. B. nicht möglich.
Ein weiteres wichtiges klinisches Phänomen
stellt, wie oben ausgeführt, die dissoziative Symptomatik dar. Mehrere Studien haben Dissoziation
als Prädiktor für negative Therapieergebnisse identifiziert (z. B. Spitzer, Barnow, Freyberger & Grabe,
2007). Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass emotionale Lernprozesse während der
Dissoziation erheblich behindert sind (Ebner-Priemer et al., in press). Die meisten Borderline-Patienten
entwickeln unter Stress ausgeprägte dissoziative
Symptomatik (Stiglmayr et al., 2008).
Da die Traumaexposition kurzfristig das Ausmaß
an Spannung erhöht, lässt sich schlussfolgern, dass
bei Patienten mit BPS eine besondere Berücksichtung
möglicher dissoziativer Symptome erfolgen muss.
Die meisten Behandlungsprogramme für die
PTBS fokussieren die Bewältigung von Angstgefühlen und stellen die Habituation als einen zentralen Wirkmechanismus heraus (Foa & Kozak, 1986;
Ehlers, 1999). Patienten mit einer BPS weisen jedoch
eine Vielzahl intensiver Emotionen auf, die weit
über das Angst-Spektrum hinausgehen (Ebner-Priemer et al., 2007). Unsere Forschungsergebnisse
zeigen, dass die Hauptprobleme bei Patienten mit
BPS und komorbider PTBS eher in starken Schamund Schuldgefühlen, ausgeprägten Ekelgefühlen
sowie Störungen des Selbstwerts liegen (Rüsch et
al., 2007a; Rüsch et al., 2007b). Schließlich liegt
eine weitere Besonderheit bei Patienten mit einer
BPS in deren Beziehungsstörungen. Patienten mit
einer BPS pendeln häufig zwischen den Extremen
Angst vor Nähe vs. Angst vor dem Alleinsein und
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fühlen sich schnell zurückgewiesen. Während bei
der PTBS-Behandlung generell gefordert wird, dass
die therapeutische Beziehung besonders warm, unterstützend und validierend sein sollte, kann diese
Art der Beziehungsgestaltung bei Patienten mit
einer BPS problematisch sein.
Das im Folgenden beschriebene stationäre Behandlungskonzept liegt mittlerweile als Manual vor.
In einer ersten Prä-post-Studie zur Wirksamkeit
dieses Verfahrens wurden 29 Patientinnen mit PTBS
nach sexuellem Missbrauch plus mindestens einer
weiteren komorbiden Störung wie z. B. komorbider
BPS, Ess-Störung, depressiver Störung oder Suchtmittelabhängigkeit untersucht. Die Effektstärke der
Behandlung lag bei Cohens d = 1.22 beim Vergleich
der durchschnittlichen PDS-Werte (Posttraumatic
Stress Diagnostic Scale; Foa, 1995; dt. Übersetzung:
Steil, Mitte & Ehlers, in Vorbereitung) zu Beginn
der Behandlung mit den durchschnittlichen PDSWerten sechs Wochen nach Behandlungsende. Kein
Patient hatte sich verschlechtert und kein Patient
hatte die Therapie vorzeitig abgebrochen. Im Rahmen einer DFG geförderten Studie überprüfen wir
aktuell die Wirksamkeit des Verfahrens in einer
randomisiert-kontrollierten Studie. Die Patienten
werden in eine Behandlungsgruppe (sofortiger Beginn der 12-wöchigen Behandlung) bzw. in eine
Wartelistengruppe randomisiert. Eingeschlossen
werden hier ebenfalls Patientinnen mit PTBS und
einer Störung der Emotionsregulation nach sexuellem Missbrauch in der Kindheit.
2. Konzeptionalisierung
der DBT-PTSD
2.1Behandlungsrational
Mit der DBT-PTSD wollten wir ein Behandlungsverfahren entwickeln, das die Besonderheiten von
Patienten mit PTBS und zusätzlicher schwerer Störung im Bereich der Emotionsregulation ausreichend
berücksichtigt und sowohl für Patienten als auch
Therapeuten akzeptabel und tolerierbar ist. Es war
unsere Zielsetzung, Interventionen zum Umgang
mit Störungen der Emotionsregulation mit einer
Standardtherapie der PTBS zu kombinieren und an
die Besonderheiten der speziellen Patientengruppe
anzupassen. Diese Zielsetzung wurde durch die
Kombination der DBT nach Linehan (1996) mit der
traumafokussierenden kognitiv-behavioralen Therapie nach Ehlers (1999) erreicht (Abbildung 1). Die
Wirksamkeit der DBT bei Patienten mit einer BPS
konnte inzwischen in neun randomisiert kontrollierten Studien nachgewiesen werden. Die Kognitiv-
Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
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Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
Schwerpunkt
Abbildung 1: DBT-PTSD als Kombination und Adaption der DBT und der Kognitiv-behavioralen
Abbildung 1 Therapie
Kognitivbehaviorale Therapie
nach Ehlers
DialektischBehaviorale Therapie
nach Linehan
DBT-PTSD
Abbildung
Abbildung2:2 Dialektisches Dilemma zwischen Distanzierung und Exposition
Exposition
Distanzierung
vv
Ein zu starker Fokus auf Distanzierung von
den Erinnerungen kann zu Therapiestillstand
führen.
behaviorale Therapie nach Ehlers zeichnet sich
neben hohen Effektstärken insbesondere durch niedrige Dropout-Raten aus (Ehlers et al., 2003, 2005).
Das zentrale Paradigma der DBT-PTSD ist, so
rasch als möglich auch bei schwer kranken Patienten
Expositionselemente anzuwenden. Dabei berücksichtigt die DBT-PTSD das dialektische Dilemma
zwischen zu starker Distanzierung von traumabezogenen Erinnerungen und zu intensiver Exposition mit diesen (Abbildung 2): Ein alleiniger Fokus
auf die Vermittlung von Skills zur Distanzierung
und Abschwächung traumabezogener Gefühle führt
weder zur Elaboration des Traumagedächtnisses
Distanzierung
vv
Exposition
Ein zu starker Fokus auf Exposition mit den
Erinnerungen kann zu Übererregung und
Dissoziation führen.
noch zur Veränderung traumabezogener Kognitionen und Gefühle. Der alleinige Fokus auf Exposition kann dagegen zu Übererregung, dissoziativen
Symptomen, Problemverhalten und Therapieabbruch
führen. Die Traumabearbeitung bedarf einer Aktivierung der traumabezogenen Kognitionen und
Gefühle, während jedoch eine zu starke Aktivierung,
die sich in Form von Übererregung oder auch Dissoziation äußern kann, nicht sinnvoll ist.
2.2Struktur der DBT-PTSD
Behandlungssetting. Die DBT-PTSD wird aktuell
als 12-wöchige vollstationäre oder teilstationäre
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A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
Behandlung in der Klinik für Psychosomatik und
Psychotherapeutische Medizin des Zentralinstituts
für Seelische Gesundheit in Mannheim durchgeführt. Zur Behandlung stehen zwölf vollstationäre
sowie maximal zwei teilstationäre Behandlungsplätze für Männer und Frauen mit PTBS zur Verfügung. Das Behandlungsteam ist multiprofessionell,
bestehend aus Psychologen, Psychiatern, Pflegekräften, einer Sozialarbeiterin, Körpertherapeuten
bzw. Bewegungstherapeuten, Kunsttherapeuten
sowie einer Musiktherapeutin. Die Patienten sind
in Zweibett-Zimmern untergebracht.
Klientel. Die DBT-PTSD richtet sich primär an
Patienten, die unter einer PTBS leiden und gleichzeitig Störungen der Emotionsregulation bzw. entsprechende Symptome aufweisen. Die Patienten
haben mehrfach Traumatisierungen erlebt, insbesondere sexuelle und körperliche Gewalterfahrungen
in der Kindheit und Jugend. Circa die Hälfte der
Patienten erfüllt die vollen DSM-IV-Kriterien einer
BPS. Während ein Teil dieser Patienten vorher bereits die Standard-DBT im ambulanten oder stationären Setting durchlaufen hat, haben andere noch
keine Vorerfahrungen mit DBT. Die Entscheidung,
ob vor der DBT-PTSD erst eine Standard-DBT erfolgen muss, basiert auf einem standardisierten
Instrument zur operationalisierten Einschätzung
der Schwere und des medizinischen Risikos der
Problemverhaltensweisen (Severe Behaviour Dyscontrol Interview; SBDI, Borgmann & Bohus, 2008;
Kriterien siehe unten). Ausgeschlossen werden Patienten mit einer Psychopathologie, die eine Behandlung in einem anderen Setting erfordert (z. B.
aktuelle Alkohol- oder Substanzabhängigkeit, Anorexie mit einem Body-Mass-Index kleiner 16). Weitere Kontraindikationen für die DBT-PTSD sind
eine akute Schizophrenie, eine aktuelle manische
Episode, eine schwere Demenz sowie internistische
Erkrankungen, bei denen ein erhöhtes Erregungsniveau während der Exposition problematisch ist,
wie z. B. eine schwere kardiovaskuläre Erkrankung.
Mit Rücksicht auf die anderen Patienten, in der
Regel Opfer schwerer Gewalterfahrungen, nehmen
wir auf Station keine Patienten auf, die in der Vergangenheit andere Personen körperlich so schwer
verletzt haben, dass eine medizinische Behandlung
notwendig wurde.
Behandlungsvertrag. Wir verstehen unsere
Patienten als einen wesentlichen Bestandteil des
therapeutischen Teams. Sie haben das größte Wissen über sich und ihre Verhaltensweisen. Ohne ihre
Mitarbeit ist ein Gelingen der Therapie nicht möglich. Hieraus ergeben sich jedoch auch Anforde-
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rungen an die Patienten. Am ersten Tag der Behandlung schließen wir mit unseren Patienten einen
Behandlungsvertrag, der vom Patienten, dem Einzeltherapeuten sowie der Bezugspflegekraft unterzeichnet wird. Der Behandlungsvertrag beinhaltet
die zentralen Verpflichtungen, die der Patient, aber
auch das Team eingehen. Diese Verpflichtungen
sind in Tabelle 1 dargestellt. Darüber hinaus besteht
die Stationsregel, dass in Gruppentherapien oder in
einem offenen Rahmen mit mehreren möglichen
Zuhörern (z. B. in der Raucherecke) nicht über die
Inhalte traumatischer Erfahrungen gesprochen wird.
In einer Zweiersituation soll der andere vorher um
sein Einverständnis gebeten werden.
Kontingenzmanagement. Die DBT-PTSD beinhaltet ein sorgfältiges Kontingenzmanagement
mit Time-out-Prozeduren. Das Behandlungsteam
wird darin geschult, gesundes oder erwünschtes
Verhalten (z. B. die Bewältigung einer schwierigen
Situation mit Hilfe von Skills) gezielt zu verstärken,
vorwiegend durch soziale Aufmerksamkeit. Genauso wichtig ist es, das Team darin zu trainieren,
Problemverhalten (z. B. eine Selbstverletzung, Dissoziation oder Essanfall) so wenig als möglich mit
sozialer Aufmerksamkeit zu verstärken. Die Konsequenzen, die auf eine Verletzung des Behandlungsvertrags folgen, sind vom Schweregrad des Verstoßes abhängig. Im Normfall werden Regelverstöße
oder Problemverhaltensweisen (wie z. B. Selbstverletzung, Dissoziationen oder wiederholte NichtTeilnahme an Therapien) mit einem zwei Stunden
Time-out „geahndet“, in dem der Patient eine hochauflösende Verhaltensanalyse zum entsprechenden
Problemverhalten schreibt. Diese wird in den ersten
drei Wochen der Behandlung mit einer Pflegekraft,
im weiteren Verlauf mit drei Mitpatienten besprochen. Ziel ist es, das Verhalten des Patienten besser
zu verstehen und alternative Möglichkeiten zur
Lösung der Probleme zu finden. Tritt das Problemverhalten wiederholt auf, können größere Time-outZeiträume (z. B. 24 oder 48 Std. mit Übernachtung
im häuslichen Umfeld oder einer Pension) vereinbart
werden. Im Extremfall kann es zu einer Beendigung
der Behandlung durch das Team kommen.
Behandlungsmodalitäten. Die DBT-PTSD beinhaltet individuelle Interventionen, gruppentherapeutische Angebote sowie Teambesprechungen.
Tabelle 2 gibt einen Überblick über die Interventionen.
2.3Behandlungsmethoden
Im Rahmen der Behandlungsmodalitäten der DBTPTSD kommen verschiedene Behandlungsmethoden
Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
18.05.2009 18:56:25
Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
Schwerpunkt
Tabelle
Tabelle
1: 1
Verpflichtungen des therapeutischen Teams (Patient und Team)
Die Patienten verpflichten sich, …
keinen Suizidversuch während des stationären Aufenthaltes zu unternehmen.
auf die Reduktion suizidaler Ideen hinzuarbeiten.
auf die Reduktion therapiestörenden und -zerstörenden Verhalten hinzuarbeiten.
keine Drogen oder Alkohol einzunehmen.
keine Waffen auf die Station zu bringen und zu nutzen.
keine intimen Beziehungen zu anderen Patienten einzugehen.
keine Art von gewalttätigem Verhalten zu zeigen (z.B. Türen schlagen, verbale Angriffe).
Suiziddrohungen oder -pläne anderer Patienten einem Teammitglied mitzuteilen.
keine Form suizidaler Kommunikation über Mitpatienten durchzuführen (z.B. unter Verpflichtung
von Verschwiegenheit gegenüber dem Team mit Suizidalität drohen).
sich an die Routineabläufe der Station zu halten.
sämtliche Medikation abzugeben.
Mitglieder des Teams verpflichten sich, …
ihr Bestes zu tun, um eine kompetente und effektive Behandlung anzubieten.
sich an die ethischen und professionellen Richtlinien und Standards zu halten.
die Rechte der Patienten zu schützen.
Vertraulichkeit zu wahren.
sich Rat und Unterstützung zu holen, wenn dies notwendig ist.
ihre Grenzen offen darzulegen.
Tabelle
Tabelle
2: 2
Behandlungsmodalitäten
Individuelle Interventionen
Einzeltherapie
Bezugspflegegespräche
Tagebuchkarten-Besprechung
Körpertherapie
2 x 40 Minuten/Woche (bei Exposition länger)
2 x 30 Minuten/Woche
5 x 5 Minuten/Woche
1 x 40 Minuten/Woche (nach Indikation)
Gruppeninterventionen
DBT-PTSD Skills-Training
Selbstwertgruppe
Achtsamkeitstraining
Psychoedukationsgruppe
Gestaltungstherapie
Bewegungstherapie
Körpertherapie
Tanztherapie
Musiktherapie
Morgen- und Abendrunde
1 x 90 Minuten/Woche
1 x 60 Minuten/Woche (insgesamt 6 Wochen)
5 x 15 Minuten/Woche
1 x 60 Minuten/Woche
1 x 90 Minuten/Woche
1 x 60 Minuten/Woche
1 x 60 Minuten/Woche
4 x 20 Minuten/Woche
2 x 60 Minuten/Woche (insgesamt 6 Wochen)
10 x 15 Minuten/Woche
Teambesprechungen
Teamkonferenz
Übergaben
Supervision
1 x 120 Minuten/Woche
5 x 15 Minuten/Woche
1 x 120 Minuten/Woche
41. Jg. (2), 283-307, 2009
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Schwerpunkt
A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
zum Einsatz, wobei ein Teil bei allen Patienten und
ein Teil der Methoden nur bei Bedarf eingesetzt
werden. Abbildung 3 gibt einen Überblick über die
Behandlungsmethoden der DBT-PTSD, die im Folgenden näher erläutert werden.
Psychoedukation. Ziel der Psychoedukation ist
es, dass die Patienten die Entstehung und Aufrechterhaltung der PTBS sowie das Behandlungsrational
verstehen. Neben den Symptomen der PTBS und
den typischen Folgestörungen werden den Patienten
Informationen zu den Besonderheiten des Traumagedächtnisses (Gefühl einer weiterhin vorliegenden
Bedrohung) sowie zu den Lernmechanismen vermittelt. Aufgrund der Scham und Befürchtungen der
Patienten führen häufig bereits die Benennung und
Entkatastrophisierung der Symptome zu einer Entlastung. Es wird ein individuelles Störungsmodell
abgeleitet, wobei Auslöser, Intrusionen und Albträume („Traumagedächtnis“), traumabezogene Gedanken und typische Meidungs- und Escape-Strategien
erarbeitet werden. Meidungsstrategien werden als
Verhaltensweisen definiert, mit denen die Patienten
Situationen oder Reize vermeiden. Escape-Strategien
sind dagegen Verhaltensweisen, mit denen die Patienten intrusive Erinnerungen beenden. Diese Strategien spielen bei der Aufrechterhaltung der PTBSSymptomatik eine zentrale Rolle. Im Rahmen der
Psychoedukation lernen die Patienten, dass beispielsweise Gedankenunterdrückung zu einer verstärkten
Wahrnehmung von Intrusionen und die Vermeidung
traumarelevanter Reize zur Aufrechterhaltung dysfunktionaler Kognitionen führt. Darüber hinaus
findet eine Auseinandersetzung mit den Nachteilen
einer Symptomverbesserung (dem so genannten „sekundären Krankheitsgewinn“) statt.
Skills-Training. Der Schwerpunkt dieses Fertigkeitentrainings liegt auf dem Lehren von Fertigkeiten, mit denen die Patienten Problemsituationen,
u. a. Situationen mit großer Anspannung, ohne dysfunktionales Verhalten meistern können. Es besteht
aus insgesamt vier Modulen: Innere Achtsamkeit,
Zwischenmenschliche Fertigkeiten, Emotionsregulation sowie Stresstoleranz (Linehan, 1993b). Das
Skills-Training wurde für die Anwendung in der
DBT-PTSD adaptiert. Im Unterschied zur StandardDBT wird in der DBT-PTSD ein geringerer Schwerpunkt auf Skills zur Ablenkung gelegt. Vielmehr
wird mit den Patienten erarbeitet, unter welchen
Umständen Ablenkung von den traumabezogenen
Erinnerungen sinnvoll ist und wann nicht. In jedem
Fall wird ein individueller Notfallkoffer mit so
genannten Belastungstoleranz-Skills erstellt, auf
den die Patienten bei einer Belastungszunahme
während der Traumaexposition zurückgreifen können. Bei Patienten mit dissoziativen Symptomen
werden Frühwarnzeichen der Dissoziation sowie
anti-dissoziative Skills vermittelt. Ein besonderer
Schwerpunkt liegt auf dem Bereich der Emotionsregulation. Bei der Vermittlung von Informationen
zu einzelnen Gefühlen liegt der Fokus auf häufig
auftretenden traumabezogenen Gefühlen wie Schuld,
Scham, Ekel und Selbsthass. Eine besonders wichtige Rolle spielt die Entwicklung von radikaler
Akzeptanz gegenüber der eigenen Vergangenheit.
Abbildung 3:
Abbildung
3 Behandlungsmethoden der DBT-PTSD
Grund-Bausteine
Zusatz-Bausteine
Psychoedukation
Diskriminations-Training
Skills-Training
Albtraumbehandlung
Achtsamkeits-Training
Körpertherapie
Kognitive Interventionen
Traumaexposition
290
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Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
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Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
Achtsamkeits-Training. Mit Hilfe des Achtsamkeits-Trainings sollen die Patienten die Fähigkeiten verbessern, traumabezogene Gefühle wahrzunehmen, ohne diese und die dazugehörigen kognitiven Reaktionen bekämpfen zu müssen. Durch
das wertungsfreie Wahrnehmen und Beschreiben
von Bildern, Gefühlen und Körpersensationen kann
die zusätzliche Belastung durch sekundäre Bewertungen und Katastrophisierungen (z. B.: „Ich halte
dieses Gefühl nicht aus“) sowie die damit häufig
einhergehende Gedankenunterdrückung reduziert
werden. Um dies zu erreichen, werden in den verschiedenen Behandlungsmodalitäten Achtsamkeitsübungen wie z. B. das Wahrnehmen des eigenen
Atmens, das Wahrnehmen von Geräuschen oder
das Beschreiben von Gegenständen und Gefühlen
eingebaut.
Kognitive Interventionen. Kognitive Interventionen zielen auf die Veränderung dysfunktionaler
Kognitionen zum Trauma und seinen Folgen, zu
eigenem Verhalten und zum Selbstwert ab. Neben
klassisch kognitiven Techniken wie sokratischer
Dialog, Pfeil-Abwärts-Technik und Realitätsüberprüfung kommen traumaspezifische Techniken zum
Einsatz (vgl. Steil, Ehlers & Clark, in Druck; Ehlers,
1999). Typische Befürchtungen zu negativen Folgen
der Auseinandersetzung mit den Erinnerungen werden auf den Prüfstand gestellt (z. B.: „Ich werde
anfangen, zu weinen und nie mehr aufhören“), mit
Hilfe sehr konkreter, einen Realitätsbezug herstellender Fragen („Wie lange genau werden Sie weinen?
Kennen Sie jemanden, der nach einem schrecklichen
Ereignis bis an sein Lebensende weinen musste?“).
Bei der Bearbeitung von Schuldgefühlen wird beispielsweise ein „Schuldkreis“ erarbeitet und die
konkreten Vorwürfe werden anschließend mit der
Advocatus-Diaboli-Technik hinterfragt. Bei dieser
Technik leiten gezielte Fragen dazu, warum der
Patient sich in der damaligen Situation so und nicht
anders verhalten hat, den Patienten an, die damaligen
Motive für sein Handeln zu rekonstruieren. Bei der
Bearbeitung der Kognitionen hat es sich als hilfreich
erwiesen, zunächst die vergangenheitsbezogenen
Kognitionen zum Trauma (zumeist sind dies Schuldvorwürfe wie z. B.: „Wenn ich nicht hingegangen
wäre, dann wäre es nicht geschehen“) zu bearbeiten.
Erst im Anschluss sollten zukunftsbezogenen Kognitionen, die zumeist die Folgen der Traumatisierung betreffen (z. B.: „Ich werde nie wieder glücklich sein können“), thematisiert werden.
Diskriminations-Training. Das Diskriminations-Training soll die Belastung durch situative
Auslöser wie z. B. Gerüche, Getränke oder Personen
Schwerpunkt
reduzieren. Dazu werden die Unterschiede eines
identifizierten Auslösers zu früheren Situationen
zunächst theoretisch und später in der Gegenwart
des Auslösers fokussiert. Diese Unterschiede bestehen meist sowohl auf der Seite der Patienten (was
ist an der eigenen Lebenssituation, dem Alter, der
Erscheinung etc. anders?) als auch bei dem Auslösereiz (was ist an der Farbe, an der Konsistenz, am
Geruch, am Geräusch etc. anders?).
Albtraumbehandlung. Die Albtraumbehandlung nach Krakow, das Imagery Rehearsal Training
(IRT; Krakow & Neidhardt, 1995; Krakow & Zadra,
2006), zielt darauf ab, die Häufigkeit der Albträume
und die Belastung durch die Träume zu reduzieren.
Der Patient wird dazu angehalten, einen häufigen
Albtraum aufzuschreiben, das häufig äußerst unangenehme Ende in ein anderes Ende zu verändert
und dieses veränderte Ende zu imaginieren. Anschließend wird der gesamte Traum mit dem veränderten Ende täglich imaginiert. Die Effektivität
des IRT zeigte sich in verschiedenen Studien in der
Reduktion der Anzahl der Albträume und in der
Verbesserung der Schlafqualität (Krakow & Zadra,
2006).
Traumaexposition. Mit Hilfe der Traumaexposition erfolgen eine Elaboration des Traumagedächtnisses sowie eine weitere Reduktion traumabezogener Gefühle. Zu unterscheiden sind dabei
informelle Traumaexpositionen (z. B. Beschreiben
von Intrusionen bei der Erstellung des Störungsmodells, Berichten von Handlungen beim Bearbeiten
der Schuldgefühle) und formale Traumaexpositionen. Formale Traumaexpositionen zielen auf die
Aktivierung traumabezogener Gedanken und Gefühle ab. Dabei wird zunächst das Index-Trauma
bestimmt. Das Index-Trauma ist das Trauma, das
die belastendsten Intrusionen und den stärksten
Impuls zur Vermeidung auslöst. Die zentrale Form
der formalen Traumaexposition ist das imaginative
Nacherleben im Sinne der Kognitiven Therapie nach
Ehlers (1999). In begründeten Einzelfällen werden
auch das Schreiben und Lesen des Traumas im Sinne
von „Written Accounts“ aus der Cognitive Processing Therapy (Resick & Schnicke, 1993), das „Imagery Rescripting“ nach Smucker (Smucker & Boos,
2004) und Expositionen in-vivo eingesetzt. Darüber
hinaus hören die Patienten mehrmals wöchentlich
eine Tonbandaufnahme der aktuellen Expositionssitzung. Der Therapeut ist angehalten, während der
Traumaexposition streng darauf zu achten, dass
jegliche dissoziative Symptomatik sofort unterbrochen wird. Als erfolgreich haben sich dabei Methoden bewährt, die auf eine Irritation der Propriore41. Jg. (2), 283-307, 2009
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Schwerpunkt
A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
zeptorik zielen. Auch während der individuellen
Exposition der Patienten (Abhören der Sitzungsbänder) wenden die Patienten diese Techniken an.
Körpertherapie. Gerade nach sexuellen Gewalterfahrungen ist der Bereich des Körpers und der
Sexualität mit traumabezogenen Erinnerungen und
Gefühlen verbunden, so dass körpertherapeutische
Interventionen auf die Verbesserung des Körpererlebens und des sexuellen Erlebens anstreben. Durch
den Einsatz von Spiegelexposition und Übungen
bezüglich des Körpers (z. B. Verbesserung der Körperpflege, sich eincremen) soll eine Annäherung an
den Körper erfolgen.
3. Ablauf der Behandlung
3.1Phasen der DBT-PTSD
Die DBT-PTSD gliedert sich in fünf Phasen, die in
Tabelle 3 zusammengefasst dargestellt sind und im
Folgenden näher erläutert werden.
Prä-stationäre Behandlung. Erste Interventionen finden bereits vor der stationären Aufnahme
statt. Der Patient meldet sich in unserer Ambulanz
an. Dort wird mindestens ein Diagnostiktermin
vereinbart, in dem die vorliegenden Störungen
sowie das Problemverhalten des Patienten genau
erfasst werden. Zusätzlich werden die Ein- bzw.
Ausschlusskriterien überprüft. Hierdurch erfolgt
eine fachlich fundierte Zuweisung zur geeigneten
Behandlungseinheit. Ungefähr zwei Wochen vor
der tatsächlichen Aufnahme auf die Station erhält
der Patient eine Skills-DVD (Bohus & Wolf, 2009).
Mit diesem Selbsthilfeinstrument kann sich der
Patient schon vor der eigentlichen Behandlung mit
dem Skills-Rational vertraut machen. Durch einen
Anruf von einem später behandelnden Therapeuten
wird die Arbeit des Patienten mit der DVD unterstützt.
Planungsphase. Mit der stationären Aufnahme
wird der Behandlungsvertrag zwischen dem Team
und dem Patienten abgeschlossen. Innerhalb der
ersten drei Wochen werden ein individuelles Störungsmodell, die individuelle Behandlungshierarchie und die entsprechenden Therapieziele entwickelt. Im Rahmen des Skills-Trainings wie auch mit
der Bezugspflege übt der Patient eine individuelle
Skillskette zum Einsatz in hochbelastenden Situationen ein. Nach Abschluss der ersten drei Wochen
findet die erste Teamkonferenz statt. In dieser stellt
der Patient, unterstützt durch die Bezugspflegekraft
und den Einzeltherapeuten, die bisher erarbeiteten
Therapieinhalte vor. Im Team werden mögliche
Hindernisse hinsichtlich der Traumabearbeitung
292
VPP_0209.indb 292
diskutiert und ein Zeitplan für die Durchführung
formaler Expositionselemente festgelegt. Im Anschluss hieran wird an sämtlichen Verhaltensweisen
gearbeitet, die einer formalen Exposition im Wege
stehen.
Hauptbehandlungsphase. Der Schwerpunkt
dieser Phase liegt auf der Bearbeitung dysfunktionaler Kognitionen und der Durchführung von formaler Exposition. Vor dem Einsatz von Expositionselementen müssen häufig erst weitere Verhaltensweisen bearbeitet werden, die der Wirksamkeit
der formalen Exposition im Wege stehen. Typische
Escape-Strategien der Patienten, die behavioraler
(z. B. Erbrechen, Waschen, selbstverletzendes Verhalten, Arbeiten), kognitiver (z. B. suizidale Gedanken oder Grübeln), aber auch emotionaler Art (z. B.
sekundäre Wut) sein können, müssen erarbeitet,
reduziert und während der Exposition gemonitort
werden. Die Bearbeitung traumabezogener dysfunktionaler Kognitionen findet sowohl innerhalb
als auch außerhalb von Expositionssitzungen statt.
Noch in der gleichen Phase wird auf die Verbesserung der Lebensqualität fokussiert. Dazu gehört die
Verhinderung einer möglichen erneuten Viktimisierung. Neigt eine Patientin beispielsweise dazu,
zu offenherzige Kleidung zu tragen, sich in der
Öffentlichkeit stark zu betrinken und dann nach
einem Diskobesuch zu Fuß nach Hause zu gehen,
so ist dies ein Thema, das unbedingt bearbeitet
werden muss. Hierbei geht es nicht um das Thema
„Schuldzuweisung“, sondern um „Verantwortungsübernahme“. In dieser Phase werden außerdem
Selbstwert, Selbstakzeptanz sowie Umgang mit dem
eigenen Körper einschließlich Sexualität thematisiert.
Nach Ablauf von ca. acht Wochen findet eine
zweite Teamkonferenz statt, in deren Rahmen der
bisherige Therapieverlauf reflektiert und über die
Dauer des Aufenthalts entschieden wird. Grundlagen dieser Entscheidung bilden der Eindruck des
Patienten und des Teams sowie der über Fragebögen
erfasste Therapieverlauf. Der Therapieverlauf wird
über die wöchentlich vergebene PDS (Posttraumatic Diagnostic Scale; Foa, 1995) sowie die von dem
Patienten ausgefüllte Stundenbögen, u. a. zur Belas­
tung durch das Trauma, engmaschig gemonitort
und objektiviert. Zentral ist dabei, dass nur Patienten
mit einer bereits eingetretenen bzw. einer zu erwartenden Verbesserung des Zustandes die vollen 12 Wochen Behandlung erhalten oder eine Verlängerung
um maximal zwei Wochen angeboten kommen. Aus
lerntheoretischer Sicht ist eine Verlängerung des
Aufenthaltes bei einer Verschlechterung eine posi-
Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
18.05.2009 18:56:26
Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
tive Verstärkung ungünstigen Verhaltens. Müssen
wir nach acht Wochen eine Verschlechterung des
Zustandes feststellen, wird daher ein früherer Entlassungstermin vereinbart. Krisenhaftes Verhalten
ist Grund für die Beendigung der Therapie, nicht
für deren Verlängerung. Nachdem wir diese Regel
eingeführt haben, reduzierten sich die Anzahl der
Krisen gegen Ende der Behandlung drastisch.
Abschlussphase. Etwa zwei bis drei Wochen
vor der Entlassung wird die Rückkehr ins häusliche
Umfeld (z. B. Paar- oder Familiengespräch, Belas­
tungserprobungen im häuslichen Umfeld) und gegebenenfalls in den beruflichen Bereich (z. B. Bürotraining im Rahmen der Ergotherapie oder Belas­
tungserprobung in einer beruflichen Tätigkeit) fokussiert. Unabdingbar ist eine Kontaktaufnahme
mit dem ambulant arbeitenden Kollegen, um wichtige Informationen weiterzugeben und eine Fortführung der Expositionstherapie im ambulanten
Setting erwirken zu können. Im Rahmen der Einzeltherapie werden die Ergebnisse der Therapie
(hilfreiche vs. nicht-hilfreiche Strategien), auch im
Sinne einer Rückfallprophylaxe, zusammengefasst.
Abschließend findet eine weitere Diagnostikphase,
deren Ergebnisse dem Patienten zurückgemeldet
werden, statt.
Nach der stationären Behandlung. Dem Patienten wird eine Boostersitzung circa sechs Wochen
nach Behandlungsende angeboten. Hier wird der
Erfolg des Transfers vom stationären ins ambulante
Setting überprüft und Wissen aus der stationären
Therapie wieder aufgefrischt.
3.2Hierarchisierung der Behandlungsfoki
Insbesondere bei Patienten mit PTBS und einer
komorbiden BPS sind Therapeuten mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass PTBS-Symptome und
Problemverhaltensweisen sowie meist weitere Achse-I-Störungen gleichzeitig vorliegen. Dies erfordert
einen Algorithmus zur Wahl des Behandlungsfokus.
Gerade vor dem Einstieg in die PTBS-Behandlung
stellen sich Fragen, wie beispielsweise: „Wie viele
Wochen sollte der letzte Suizidversuch/die letzte
lebensbedrohliche Selbstverletzung mindestens her
sein?“; „Was ist zu tun, wenn der Patient unter
dissoziativer Symptomatik leidet?“; „Muss die Depression vor der PTBS-Behandlung behandelt werden?“. Zur Beantwortung dieser Fragen haben wir
die dynamische Hierarchie der Behandlungsfoki
der DBT (Bohus, 2002) übernommen und für die
Behandlungsphase der DBT-PTSD weiter ausdifferenziert (siehe Tabelle 4). Diese dynamische Hierarchisierung impliziert, dass sowohl zu Beginn
Schwerpunkt
der Behandlung als auch im weiteren Behandlungsverlauf immer die jeweils höchstrangigen manifesten Probleme bearbeitet werden.
Diese Hierarchie bietet eine Entscheidungsgrundlage dafür, ob ein Patient zunächst eine Standard-DBT-Behandlung erhalten muss oder ob sofort
mit dem DBT-PTSD-Programm begonnen werden
kann. Zur Aufnahme in das DBT-PTSD-Programm
setzen wir voraus, dass Patienten in den letzten vier
Monaten kein lebensbedrohliches Verhalten gezeigt
haben, d. h. zwischen dem letzten Suizidversuch
oder der letzten lebensbedrohlichen Selbstverletzung
und dem stationären Aufenthalt müssen mindestens
vier Monate liegen. Die Einstufung eines Problemverhaltens als lebensbedrohlich nehmen wir mit
dem SBDI vor. Dieses Zeitintervall basiert auf unserer klinischen Einschätzung und ist noch nicht
wissenschaftlich validiert.
Während des DBT-PTSD-Programms bietet
diese dynamische Hierarchie eine Entscheidungsgrundlage zur Festlegung der Behandlungsfoki. Das
zentrale Paradigma der DBT-PTSD ist der baldmöglichste Beginn der Exposition mit den Erinnerungen
an das traumatische Ereignis. Die Exposition ist der
Ebene 3 der DBT-PTSD zuzuordnen. Ziel ist es,
nach der Einstellung von lebensbedrohlichem, therapiezerstörendem und krisengenerierendem Verhalten nur die übrigen Problemverhaltensweisen vor
dem Einsatz von Exposition zu fokussieren, die die
Wirksamkeit der Exposition beeinträchtigen.
Ebene 1 der DBT-PTSD. Auf dieser Ebene
werden alle Probleme fokussiert, die die Lernfähigkeit während der Exposition stark behindern und
somit einem Therapiefortschritt im Wege stehen.
Hierzu können dissoziative Zustände, schwere depressive Episoden, eine restriktive Ess-Störung mit
einer drohenden Gewichtsreduktion auf einen BMI
unter 16, eine Oligodipsie (Einschränkung der Flüssigkeitsaufnahme) mit einer Trinkmenge unter 1,5 l
pro Tag sowie Benzodiazepineinnahme und Substanzkonsum gehören. Bezüglich der Frage, ob
Dissoziation oder eine depressive Symptomatik vor
der Exposition zu behandeln sind, lässt sich demnach
ableiten, dass dies nur notwendig ist, wenn dadurch
das Lernen während der Exposition stark eingeschränkt ist. Wenn Patienten Frühwarnzeichen und
anti-dissoziative Skills kennen und anwenden, kann
die dissoziative Symptomatik während der Exposition gut unterbunden werden.
Ebene 2 der DBT-PTSD. Auf dieser Ebene
werden schwere psychosoziale Probleme bearbeitet,
die den Patienten daran hindern könnten, von der
Therapie zu profitieren. Dazu gehören beispielswei41. Jg. (2), 283-307, 2009
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Schwerpunkt
A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
se schwere familiäre und berufliche Probleme oder
finanzielle Schwierigkeiten.
Ebene 3 der DBT-PTSD. Auf dieser Ebene
werden die aufrechterhaltenden Verhaltensweisen
der PTBS reduziert und das Trauma direkt bearbeitet (nähere Informationen zur Traumabearbeitung
siehe Abschnitt 3.3). Dazu gehören kognitive (z. B.
Gedankenunterdrückung), emotionale (z. B. Wut
anstelle von Traurigkeit) und behaviorale EscapeStrategien (z. B. Selbstverletzung). Im Einzelnen
werden Befürchtungen bezüglich der Traumaexposition („Ich fange an zu weinen und kann nie mehr
Tabelle
3: Die
Tabelle
3 fünf Phasen der DBT-PTSD
Prä-stationäre Behandlung: Diagnostik und Skills-Vermittlung
Diagnostik (einschließlich des Severe Behavioural Dyscontrol Interviews; SBDI)
Erhalt und Arbeit mit der Skills-DVD und dem Skills-Manual (ca. zwei Wochen vor Aufenthalt)
Planungsphase Wochen 1 bis 3: Erarbeitung von Therapiezielen und Therapieplan
Abschluss eines Behandlungsvertrages in den ersten Tagen der Therapie
Entwicklung eines individuellen Störungsmodells
Entwicklung einer Behandlungshierarchie und von Therapiezielen (Vorstellung in der Teamkonferenz in Woche 3 der Behandlung)
Verbesserung der Emotionsregulation sowie Vorbereitung auf die Nutzung formaler Expositionselemente
Bearbeitung sämtlicher Verhaltensweisen, die der formalen Exposition im Weg stehen
Hauptbehandlungsphase Wochen 4 bis 10: Reduktion der PTBS-Symptomatik
Bearbeitung von Glaubenssätzen, die eine formelle Exposition verhindern
Reduktion der Meidung u.a. von Triggern intrusiven Erlebens
Reduktion dysfunktionaler Vermeidungsstrategien im Anschluss an Intrusionen
Durchführung formaler Exposition, innerhalb derer traumabezogene dysfunktionale Schemata
bearbeitet werden
Reduktion des Risikos erneuter Viktimisierung
Verbesserung der Akzeptanz
Verbesserung des Selbstwerts und Selbstfürsorge
Verbesserung des Umgangs mit dem eigenen Körper und der Sexualität
Abschlussphase Wochen 11 bis 12: Vorbereitung auf die Entlassung
Zusammenfassung hilfreicher und nicht-hilfreicher Strategien im Umgang mit traumabezogenen
Symptomen
Sicherstellung der Weiterführung von formalen Expositionsselementen im ambulanten Setting
(u.a. Kontakt zum ambulant arbeitenden Kollegen)
Durchführung der Abschlussdiagnostik und Feedback der Ergebnisse
Nach der stationären Behandlung
Boostersession (sechs Wochen nach Ende der Behandlung)
294
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Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
18.05.2009 18:56:26
Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
Schwerpunkt
Tabelle
Tabelle
4: 4
Dynamische Hierarchie der Behandlungsfoki
Standard-DBT
Ebene 1
Ebene 2
Ebene 3
Lebensbedrohliches Verhalten
Therapiezerstörendes Verhalten
Krisengenerierendes Verhalten
DBT-PTSD
Ebene 1
Ebene 2
Ebene 3
Ebene 4
Therapiefortschritt behinderndes Verhalten
Schwere psychosoziale Probleme
PTBS-aufrechterhaltendes Verhalten
Eingeschränkte Lebensqualität
aufhören“; „Ich verliere völlig die Kontrolle“) bearbeitet, dysfunktionale Grundannahmen thematisiert, individuelle Vermeidungsstrategien identifiziert sowie Möglichkeiten der Unterbindung von
Vermeidungsstrategien während der Exposition
erarbeitet.
Ebene 4 der DBT-PTSD. Auch nach der Behandlung der eigentlichen PTBS-Symptome bestehen häufig weitere Folgen der traumatischen Übergriffe, welche die Lebensqualität einschränken.
Diese Folgen werden auf der vierten Ebene bearbeitet. Neben der Reduktion der Reviktimisierungsgefahr, der Rückfallprophylaxe und der Verbesserung der zwischenmenschlichen Fertigkeiten liegt
ein weiterer Fokus auf der Verbesserung der Selbstund Körperakzeptanz sowie der damit einhergehenden Neuentdeckung der Sexualität.
3.3Bearbeitung der traumatischen
Erfahrungen
Erklärtes Ziel der DBT-PTSD ist die Auseinandersetzung mit den traumatischen Geschehnissen. Dies
wird dem Patienten bereits zu Beginn der Therapie
verdeutlicht, indem sich der Einzeltherapeut schon
im ersten Gespräch die traumatischen Erfahrungen
berichten lässt. Um die Motivation der Patienten
zur formalen Exposition zu erhöhen, nutzen wir
soziale Verstärker. Patienten in dieser Phase der
Therapie erhalten besondere Aufmerksamkeit durch
das Team. Dies bezieht sich z. B. darauf, dass die
Pflegekräfte nach Expositionssitzungen häufiger
nach dem Patienten schauen. Der Patient erhält
zusätzliche Therapieangebote (z. B. Einzel-Gestaltungstherapie) und wird u. a. in der Psychedukations-
oder Skillsgruppe als einer der „erfahrenen“ Patienten angesprochen.
Als das wichtigste Element der DBT-PTSD wird
im Folgenden die Durchführung der Exposition
vorgestellt. Diese beinhaltet zwei zentrale Paradigmen:
1. Der Patient wird während der Exposition durch
den Therapeuten zeitnah und intensiv hinsichtlich seiner Erregung gemonitort und in einem
Bereich der Erregung gehalten, der es dem Patienten erlaubt, bestmöglich aus der Exposition
zu profitieren. Es bestehen zwei mögliche Probleme: (a) Die Erregung des Patienten ist nicht
intensiv genug. Dies ist ein Hinweis auf Vermeidung. Der Therapeut wird also mögliche
Vermeidungsstrategien explorieren, diesen entgegensteuern und gegebenenfalls Techniken
anwenden, um die Intensität der Exposition zu
steigern (z. B. detailreicher berichten lassen,
Affekte detaillierter erfragen, Exposition im
Liegen durchführen). (b) Die Erregung des Patienten ist zu hoch und kann zu Escape-Strategien wie z. B. Vermeidung, Expositionsabbruch
oder auch zu Dissoziation führen. Eingesetzt
werden Strategien, um die Erregung zu senken.
Grundsätzliches Ziel ist der Bericht im Präsens
und der Ich-Form. Von diesem Grundsatz kann
jedoch als Möglichkeit der Distanzierung abgewichen werden, wenn der Patient eine zu
intensive Erregung zeigt. Weitere Möglichkeiten
sind der Einsatz von Belastungstoleranz-Skills
oder bei Dissoziationsneigung die Exposition
unter anti-dissoziativen Skills.
41. Jg. (2), 283-307, 2009
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Schwerpunkt
A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
2. Drei Ziele expositionsbasierter Interventionen
werden abhängig von den vorherrschenden Gefühlen verfolgt: Habituation durch die Elaboration traumatischer Erinnerungen (Foa & Kozak,
1986), das Entwickeln einer kohärenten Narration der Ereignisse (Ereignisse werden in einen
Kontext und in die Vergangenheit gesetzt) und
schließlich die kognitive Restrukturierung negativer Schemata während des imaginativen
Nacherlebens (nach Ehlers et al., 2003).
Es zeigt sich eine typische Reihenfolge auftretender
Gefühle hinsichtlich der traumatischen Ereignisse
(Abbildung 4). Patienten berichten zumeist, im
Moment der Traumatisierung Angst, Hilflosigkeit
und Ohnmacht erlebt zu haben. Kurze Zeit später
entwickeln sich typischerweise Schuld, Scham und
Selbstverachtung. Die bisher erwähnten Gefühle
platzieren das Opfer – unseren Patienten – moralisch
unter den Täter. Im Laufe der weiteren Entwicklung
verspürt das Opfer erstmalig Wut, Zorn und Hass
gegenüber dem Täter. Der Wunsch nach Rache und
Vergeltung stellt die beiden auf eine Stufe. Im Verlauf der Traumabearbeitung entwickeln die Patienten
Gefühle von Trauer über den Verlust beispielsweise einer unbeschwerten Kindheit. Letztendliches
Ziel ist die radikale Akzeptanz des Erlebten: Die
Fähigkeit, das Erlebte und die eigene Reaktion
darauf so anzunehmen, wie sie waren, mit dem
Wissen, sie nicht verändern zu können. Das Gefühl
von Ekel ist typischerweise persistent und unabhängig von diesem Verlauf.
Die primär eingesetzte Form der formalen Exposition ist die Exposition in-sensu nach Ehlers
(1999). Variationen von dieser Expositionsform
werden von dem aktuell vorherrschenden Gefühl
bestimmt. Dominieren Gefühle von Hilflosigkeit,
Ohmacht, Angst oder Ekel, wird das Rational der
Habituation stärker fokussiert. Die Expositionen
finden häufiger statt und dauern länger an. Dies gilt
insbesondere für das Gefühl Ekel. Wir legen bei
Ekel besonderen Wert auf eine Exposition mit Reaktionsverhinderung (bezogen auf Waschen und
Übergeben). Hilfreich kann die Gabe von Dimenhydrinat (Antihistaminikum) zur und im Anschluss
an die Expositionssitzung sein. Durch die Gabe des
Medikaments reduziert sich die wahrgenommene
Übelkeit und damit der Drang, sich zu übergeben.
Im Lauf der Konfrontationssitzungen reduziert sich
unserer Erfahrung nach der Ekel und die Medikamentengabe wird unnötig. Die Bearbeitung der
Scham erfolgt durch den während und nach der
Exposition weiter bestehenden wertschätzenden
Kontakt zum Therapeuten. Hier kann der Patient
korrigierende Erfahrungen sammeln. Berichtet der
Patient vorherrschende Gefühle von Schuld, so
werden die Schuldkognitionen über kognitive Strategien bearbeitet. Hierzu ist es jedoch notwendig,
den Kontext der Traumatisierung zu kennen. Daher
findet bereits hier eine Narration der Ereignisse und
Abbildung 4: Typische Reihenfolge auftretender Gefühle hinsichtlich des traumatischen Ereignisses
Abbilddung 4
Opfer
Radikale Akzeptanz
Trauer
Wut, Zorn, Hass
Täter
Scham, Schuld
Angst, Ohnmacht
296
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Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
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Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
damit eine informelle Form von Exposition statt.
Des Weiteren erfolgt eine kognitive Restrukturierung negativer Schemata während des imaginativen
Nacherlebens (Ehlers, 1999; Ehlers et al., 2005).
Gefühle der Wut werden auf ihre Funktion als sekundäre Emotionen (Vermeidung der primären Emotionen) überprüft. Ist dies der Fall, wird die primäre Emotion bearbeitet. Häufig berichten die Patienten, während einer Expositionsbehandlung erstmalig Gefühle von Wut dem Täter gegenüber zu
erleben. Diese Gefühle sind zumeist vorübergehender Art und sollten von dem Therapeuten als
berechtigte und angemessene Gefühle validiert
werden. Diese Gefühle können z. B. über das Schreiben eines Wutbriefes oder Boxsack-Training verstärkt werden. Erfahrungsgemäß nehmen zum Ende
oder im Anschluss an die Expositionsbehandlung
Gefühle der Traurigkeit zu. Diese bedürfen unbedingt der Validierung des Therapeuten. Sämtliche
Gefühle werden parallel zu ihrem Auftreten im
Rahmen des Skillsmoduls Emotionsregulation in
der Skillsgruppe, der Einzeltherapie sowie in der
Bezugspflege bearbeitet.
3.4Darstellung des Ablaufs anhand
eines konkreten Falls
Im Folgenden soll das beschriebene stationäre Behandlungskonzept anhand eines Fallberichts konkretisiert werden: Frau A., eine 27-jährige, arbeitslose Patientin, erfüllte zu Beginn der Behandlung
die Diagnosekriterien nach ICD-10 für eine PTBS
(F43.1), eine BPS (F60.31), eine rezidivierende depressive Störung, ggw. leichte Episode (F33.0), eine
Dysthymie (F34.1) sowie einen (life-time) schädlichen Gebrauch multipler Substanzen (F19.1, aktuell abstinent). Der Substanzkonsum umfasste
einen THC-Konsum vom 15. bis zum 20. Lebensjahr,
einen regelmäßigen, jedoch nicht täglichen Konsum
von Kokain, Amphetaminen, Ecstasy sowie von
psychedelischen Drogen wie LSD und Psylocybin
vom 19. bis zum 22. Lebensjahr. Anschließend fand
der Konsum von Amphetaminen und Kokain sporadisch bis zum 26. Lebensjahr statt. Bis zwei Wochen vor der stationären Aufnahme rauchte die
Patientin sporadisch THC. Alkohol hatte sie bis vor
ca. sieben Monaten ca. zweimal wöchentlich bis
zum Filmriss exzessiv konsumiert.
Die Patientin berichtet bei Aufnahme von starken,
seit der Jugend bestehenden Stimmungsschwankungen, die durch äußere Einflüsse oder Intrusionen
ausgelöst würden. Sie benötige lange Zeit, um sich
anschließend zu beruhigen. Aggressive Impulse
könne sie nur schwer kontrollieren. Innerhalb von
Schwerpunkt
starken, regelmäßig auftretenden Spannungszuständen wie auch in Folge von Flashbacks käme es zu
Selbstverletzungen in Form von Schneiden an Armen und Knöcheln, Kopf gegen die Wand oder Faust
ins Gesicht schlagen. Sie beschäftige sich seit Jahren
mit Suizidgedanken, es bestünden auch konkrete
Pläne, von einer bestimmten Brücke zu springen.
Letztmalig habe sie vor sieben Monaten in suizidaler
Absicht 50 Tabletten Cipramil 20 mg und eine halbe
Flasche Wodka zu sich genommen. Ein weiterer
Suizidversuch im Alter von 25 Jahren erfolgte damals ebenfalls durch Tabletten. Die Patientin berichtete zudem von dissoziativen Phänomenen, in
denen sie sich als neben sich stehend erlebe und
Dinge unwirklich erlebe. Erinnerungen an derartige
Zustände seien bruchstückhaft und verschwommen.
Das Ende von Beziehungen könne sie kaum ertragen.
Sie setze alles in Bewegung, um Verlassenwerden
zu verhindern. Gleichzeitig seien die Gefühle gegenüber Partnern stark schwankend. Ihre Vergangenheit sei sowohl von häufigen Beziehungswechseln wie auch von häufigen Wechseln im beruflichen
Werdegang gekennzeichnet. Zwar habe sie eine
Ausbildung durchgehalten, wolle jedoch keinesfalls
in diesem Beruf arbeiten. Aktuell wolle sie auswandern und sich zur Yoga-Lehrerin ausbilden lassen.
Die Patientin berichtet von verschiedenen traumatischen, sexuellen Übergriffen: Erstmalig wurde
sie im Alter von fünf Jahren über mehrere Monate
hinweg durch ihren 16-jährigen Cousin zu sexuellen
Handlungen gezwungen. Ihr Großvater habe sie im
Alter von 8 bis 13 Jahren wöchentlich missbraucht.
Ihre Großmutter habe ihr vorgeworfen, sie habe
ihren Großvater „verführt“. Dies führe heute noch
zu massiven Schuldgefühlen. Vor zwei Jahren sei
sie durch einen Freund ihres heutigen Partners vergewaltigt worden. Sexualität mit ihrem Partner
falle ihr sehr schwer. Sie lehne ihren Körper ab,
hasse ihre Geschlechtsmerkmale.
Innerhalb der ersten Einzeltherapiesitzungen
wurden gemeinsam mit der Patientin ein individuelles Störungsmodell sowie Therapieziele anhand
der dynamischen Hierarchie der Behandlungsfoki
entwickelt (siehe Tabelle 5). Im Rahmen der begleitenden Therapieelemente wurden Skills zur Stress­
toleranz und antidissoziative Skills entwickelt und
trainiert.
Im ersten Behandlungsschritt wurden die früheren
Suizidversuche sowie der frühere Therapieabbruch
mit Hilfe von Verhaltensanalysen bearbeitet. Die
chronischen Suizidgedanken wurden mit Hilfe der
Verhaltensanalyse zum früheren Suizidversuch näher
exploriert. Hierbei wurde insbesondere deren Funk41. Jg. (2), 283-307, 2009
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297
18.05.2009 18:56:27
Schwerpunkt
A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
Tabelle
5: 5
Dynamische Hierarchie der Behandlungsfoki angewendet auf das Fallbeispiel Frau A.
Tabelle
Hierarchie der Behandlungsfoki
Anwendung auf Frau A.
Standard-DBT
Ebene 1: Lebensgefährliches Verhalten
Frühere Suizidversuche
Suizidale Gedanken
Ebene 2: Therapiezerstörendes Verhalten
Früherer Abbruch einer ambulanten Therapie
Ebene 3: Krisengenerierendes Verhalten
Substanzkonsum
Selbstverletzendes Verhalten
Häufige Beziehungswechsel
Verpassen von Fristen (z. B. Wohngeld)
DBT-PTSD
Ebene 1: Therapiefortschritt behinderndes
Verhalten
Trinkmenge < 1 l/Tag
Dissoziative Symptomatik
Ebene 2: Schwere psychosoziale Probleme
–––
Ebene 3: PTBS-aufrechterhaltendes Verhalten
Behaviorale Escape-Strategien (Selbstverletzendes Verhalten, Vermeidung von Sexualität, Rückzug vor möglichen Triggern)
Emotionale Escape-Strategie (Schuld)
Kognitive Escape-Strategien (Grübeln, Gedanken
an Suizidalität)
Zentrale Emotionen: Schuld, Scham, Ekel, Ohnmacht, Hilflosigkeit, Angst
Ebene 4: Lebensqualität einschränkendes
Verhalten
Gefahr der Reviktimisierung (durch hohen Substanzkonsum in problematischen Situationen)
Sexualität
Akzeptanz der eigenen Person und des Körpers
tion sowie deren Vor- und Nachteile anhand eines
4-Felder-Schemas erarbeitet. Die Suizidgedanken
hatten die Funktion einer kognitiven Vermeidungsstrategie (a) in schwierigen sozialen Situationen
oder Konflikten, (b) zur Beendigung intrusiver
Erinnerungen. Mit Hilfe des Skills „Entscheidung
für einen neuen Weg“ konnte die Patientin sich für
alternative Strategien entscheiden. Zur Beendigung
der kognitiven Vermeidungsstrategie des Grübelns
wendete die Patientin den Grübelstuhl an.
Auf Ebene 3 waren Substanzkonsum, selbstverletzendes Verhalten, häufige Beziehungswechsel
sowie Verpassen von Fristen und anderen ihrer finanziellen Situation abträglichen Vermeidungsverhalten eingeordnet. Die Patientin hatte zwei Wochen
vor Aufnahme in die stationäre Behandlung den
298
VPP_0209.indb 298
Substanzkonsum vollständig eingestellt. Die aktuelle Beziehung beschrieb sie als relativ stabil, so
dass aktuell keine Krise zu erwarten war. Das selbstverletzende Verhalten wurde entsprechend dem
Vorgehen zu den chronischen Suizidgedanken bearbeitet. Bezogen auf die Zukunftsplanung wurde
eine Einigung erzielt, nach der die Patientin in den
nächsten Monaten in Deutschland leben und dort
eine berufliche Tätigkeit in ihrem Ausbildungsberuf
beginnen würde. Die Bearbeitung der anstehenden
finanziellen und beruflichen Angelegenheiten wurde der Sozialarbeiterin übertragen.
Als den Therapiefortschritt behinderndes Verhalten galt die geringe Flüssigkeitszufuhr der Patientin. Diese wurde mit Hilfe von Trinkprotokollen
überwacht und schrittweise auf mindestens 1,5 l/Tag
Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
18.05.2009 18:56:27
Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
Schwerpunkt
Abbildung 5a:Verlauf der von der Patientin angegebenen Gefühle zu Therapiebeginn, Beginn der Exund Therapieende bezogen auf den Missbrauch durch den Cousin
Abbildungpositionssitzungen
5a
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
Th
er
ap
ie
en
de
11
.S
itz
un
g
10
.S
itz
un
g
tz
un
g
9.
Si
tz
un
g
Si
Th
er
ap
8.
ie
be
gi
nn
0
Abbildung 5b:Verlauf der von der Patientin angegebenen Gefühle zu Therapiebeginn, Beginn der Expound Therapieende bezogen auf die Vergewaltigung im Erwachsenenalter
Abbildungsitionssitzungen
5b
100
90
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50
40
30
20
10
0
i
eg
b
e
pi
ra
e
Th
nn
g
un
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i
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12
g
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tz
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13
.
14
g
un
tz
i
S
ap
er
h
T
e
nd
e
ie
41. Jg. (2), 283-307, 2009
VPP_0209.indb 299
299
18.05.2009 18:56:27
100
90
Schwerpunkt
A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
80
70
Abbildung 5c:Verlauf der von der Patientin angegebenen Gefühle zu Therapiebeginn, Beginn der Ex-
Abbildung 5cpositionssitzungen und Therapieende bezogen auf den Missbrauch durch den Großvater
60
100
50
90
40
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30
70
20
60
10
50
0
40
Therapiebeginn
15. Sitzung
16. Sitzung
17. Sitzung
17. Sitzung
Therapieende
Therapieende
30
20
10
Legende zu den Abbildungen 5a bis 5c
0
Therapiebeginn
15. Sitzung
Legende zu den Abbildungen 5a bis 5c:
16. Sitzung
Schuld
Scham
Ohnmacht
Ekel
Wut
Traurigkeit
Legende zu den Abbildungen 5a bis 5c
erhöht. Mit Zunahme der Trinkmenge reduzierte
sich die dissoziative Symptomatik. Die restliche
Schuld
Scham
dissoziative Symptomatik
war über anti-dissoziative Skills kontrollierbar. Diese behinderte daher
Wut
nicht die Exposition. Ekel
Die Escape-Strategien, die auf Ebene 3 der
DBT-PTSD zu bearbeiten
waren, waren bereits
Schuld
deutlich reduziert. Die emotionale Escape-Strategie
Scham
Schuld war entsprechend der
Behandlungshierarchie
der nächste Therapiefokus. Die traumatischen ErOhnmacht unterteilt
eignisse konnten in drei Trauma-Episoden
werden. Die Reihenfolge der
zu bearbeitenden trauEkel
matischen Erinnerungen wurde mit der Patientin
vereinbart.
Sie wünschte Wut
sich zu Beginn die BearSchuld
beitung der frühesten und am wenigsten belastend­
Scham
sten Trauma-Episode:
DesTraurigkeit
Missbrauchs durch den
Cousin. Aufgrund der vorliegenden dissoziativen
Ohnmacht
Symptomatik geschah die Exposition in schrittweiser Annäherung.
Ekel Im ersten Schritt schrieb die Pa-
300
VPP_0209.indb 300
tientin einen detaillierten Traumabericht. Diesen
las sie in der Therapie vor (entsprechend dem VorgehenOhnmacht
nach Resick, Monson & Chard, 2007). Anschließend fand die erste Exposition in-sensu (nach
Ehlers,Traurigkeit
1999) statt. Nach zwei Wochen Expositionen
in-sensu wie auch täglicher Expositionen in Eigenregie (Hören einer Aufzeichnung der Expositionssitzung wie auch die Erinnerungen kontrolliert
kommen und gehen lassen) reduzierten sich die
Gefühle von Scham, Ekel, Ohnmacht, Wut und
Angst deutlich (Abbildung 5). Im nächsten Schritt
traute sich die Patientin die Exposition mit dem
belastendsten Ereignis zu: Der Vergewaltigung im
Erwachsenenalter. Die zu dieser Erinnerung gehörenden Schuldkognitionen wurden über kognitive
Techniken (wie z. B. Schuldkreis, Advocatus Diaboli) bearbeitet. Die Schuldkognitionen reduzierten
sich deutlich. Die neu entwickelten, alternativen
Kognitionen zur Schuld wurden in die Exposition
Wut
Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
Traurigkeit
18.05.2009 18:56:28
Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
Schwerpunkt
Abbildung 6: Verlauf der durchschnittlichen Werte der Posttraumatic Diagnostic Scale
2,5
2
1,5
1
0,5
t4
t3
t2
t1
11. Woche
10. Woche
9. Woche
8. Woche
7. Woche
6. Woche
5. Woche
4. Woche
3. Woche
2. Woche
1. Woche
t0
0
Anmerkungen: t0: Beginn der Behandlung, erste Woche bis elfte Woche: Behandlungsverlauf, t1: Ende der Behandlung, t2: sechs Wochen nach Behandlungsende, t3: drei Monate nach Behandlungsende, t4: sechs
Monate nach Behandlungsende.
in-sensu eingebaut (Verlauf der Emotionen siehe
Abbildung 6). Die Bearbeitung der letzten TraumaEpisode (Missbrauch durch den Großvater) war
aufgrund der bereits vorangegangenen Erfahrungen
der Patientin stark vereinfacht worden. Bereits durch
die Exposition mit den anderen Trauma-Erinnerungen hatten sich die belastenden Emotionen reduziert (Abbildung 7).
Im letzten Drittel der Therapie setzte das Spiegeltraining ein, mit dem die Akzeptanz des eigenen
Körpers erhöht werden konnte. Paargespräche wurden von der Patientin abgelehnt. Die letzten therapeutischen Sitzungen thematisierten mögliche Gefährdungssituationen, u. a. durch den hohen Substanzkonsum. Die Entlassung erfolgte elf Wochen
nach der stationären Aufnahme.
Bei erneuter Durchführung des SKID-I und des
IPDE erfüllte die Patientin zum Ende der Behandlung die Diagnosen für eine BPS (F60.31) sowie für
einen schädlichen Gebrauch multipler Substanzen
(F19.1, aktuell abstinent). Die Patientin nahm entgegen dem Rat der behandelnden Therapeutin nach
dem stationären Aufenthalt keine ambulante Therapie in Anspruch. In dem diagnostischen Interview
sechs Monate nach Therapieende berichtete sie von
einer aktuellen, ungewollten Schwangerschaft, durch
die sie sich sehr belastet fühle.
Zur Überprüfung des Therapieerfolgs wurden
bezogen auf die PTBS-Symptomatik die ClinicianAdministered PTBS-Scale for DSM-IV (CAPS;
Blake et al., 1995) als Fremdrating-Instrument wie
auch die Posttraumatic Diagnostic Scale (PDS; Foa,
1995; dt. Übersetzung von Steil, Mitte & Ehlers, in
Vorbereitung) als Selbstrating-Instrument zu Beginn
der stationären Behandlung (t0), zum Ende der
stationären Behandlung (t1), sechs Wochen nach
Therapieende (t2), drei Monate nach Therapieende
(t3) und sechs Monate nach Therapieende (t4) durch41. Jg. (2), 283-307, 2009
VPP_0209.indb 301
301
18.05.2009 18:56:28
Schwerpunkt
A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
Abbildung 7:7 Verlauf der Gesamtwerte der Clinician-Administered PTBS-Scale und des Beck-DepresAbbildung
sionsinventars sowie die Durchschnittswerte der Borderline-Symptomcheckliste und der
Symptomcheckliste 90R
100
90
80
70
60
CAPS
BSL
50
BDI
SCL-90R
40
30
20
10
0
t0
t1
t2
t3
t4
Anmerkungen: t0: Beginn der Behandlung, t1: Ende der Behandlung, t2: sechs Wochen nach Behandlungsende,
t3: drei Monate nach Behandlungsende, t4: sechs Monate nach Behandlungsende; Prozentangaben:
t0 entspricht 100 %.
geführt. Zu den gleichen Zeitpunkten wurden als
sekundäre Ergebnisvariablen die Borderline-Symptomliste (BSL; Bohus et al., 2001, 2007), das Beck
Depressionsinventar II (BDI-II; Hautzinger, Keller
& Kühner, 2006) und die Symptomcheckliste 90R
(SCL-90R, Derogatis, 1992; dt. Fassung von Franke, 1995) als Selbstrating-Instrumente durchgeführt.
Zusätzlich wurde die Patientin während des stationären Aufenthalts gebeten, die PDS wöchentlich
auszufüllen (Verlauf siehe Abbildung 6). Des Weiteren wurden zu Beginn jeder Sitzung Emotionen
bezogen auf das aktuell bearbeitete Ereignis erfasst
(Abbildungen 5a bis 5c). Die signifikante Verbesserung der berichteten PTBS-Symptomatik zeigt
sich in einer hochsignifikanten inversen Korrelation zwischen der Schwere der Symptomatik und der
Dauer der Behandlung (d. h. der Sitzungszahl; r =­
–.93). Die Patientin erfüllte mit Abschluss der Behandlung nicht mehr die Kriterien für eine PTBS.
Die Remission blieb auch bis zum letzten Katam-
302
VPP_0209.indb 302
nesezeitpunkt (sechs Monate nach Behandlungsende) bestehen. Es zeigen sich deutliche Verbesserungen bezogen auf die Borderline-Symptomatik,
die depressive Symptomatik wie auch die allgemeine Psychopathologie (SCL-90R, Abbildung 7).
4. Anforderungen an das Team der
DBT-PTSD-Behandlungseinheit
Die Arbeit mit unserer Klientel stellt hohe Anforderungen an das Team. Eine wichtige Anforderung
an das therapeutische Team ist die Wahrung der
Dialektik. Dabei eröffnen sich im Rahmen der Traumatherapie mehrere Dilemmata (siehe Tabelle 6).
Diese spielen gerade in der Einzeltherapie eine
wichtige Rolle. Die Beziehung zwischen Einzeltherapeut und Patient ist in der Traumatherapie enorm
wichtig. Schließlich soll sich der Patient hier so weit
öffnen, wie er es noch nie in seinem Leben getan
hat. Er braucht das Gefühl, sicher über seine Erleb-
Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
18.05.2009 18:56:28
Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
nisse sprechen zu können. Die Validierung wird
enorm wichtig. Gleichzeit muss der Therapeut den
Patienten dazu bringen, das zu tun, was er seit
Jahren vermeidet – die Exposition. Im Sinne der
Dialektik balanciert der Therapeut immer wieder
Gegensätze aus: Er ist warm und engagiert, gleichzeitig fokussiert er jedoch auf die Fakten; er konzeptionalisiert einen individuellen Fall, hält sich
aber gleichzeitig an die allgemeingültigen Regeln.
Immer wieder besteht die Gefahr, dass einzelne
Patienten in Teams allgemeinen Unmut auf sich
ziehen. Im problematischsten Fall sitzen die Therapeuten zusammen und jeder berichtet nur Negatives
über den Patienten. Die DBT-PTSD sieht daher zwei
Regeln vor, um dieser Gefahr vorzubeugen: (a) jedes
Gespräch des Teams sollte so geführt werden, dass
der Patient anwesend sein könnte; (b) in jeder TeamSitzung wird ein „Hüter der Dialektik“ bestimmt.
Dessen Aufgabe ist es, auf Ausgewogenheit der
Rückmeldungen zu achten.
Insbesondere für die Einzeltherapeuten, die
regelmäßig die Details vieler traumatischer Erfahrungen hören, kann die Therapie manchmal auch
belastend sein. Aus diesem Grund legen wir gro­ßen
Wert auf (a) eine fundierte Ausbildung und (b)
Supervisionen. Als zur Tätigkeit als Psychotherapeutin auf der DBT-PTSD-Behandlungseinheit notwendig erachten wir eine fundierte verhaltenstherapeutische Ausbildung sowie Weiterbildungen im
Bereich der Psychotraumatologie (entsprechend den
Richtlinien der DeGPT) und der Standard-DBT.
Die wöchentlichen Supervisionen, die mit Hilfe von Videobändern der Therapiesitzungen durchgeführt werden, sind aus verschiedenen Gründen
wichtig:
1. Zur Überwachung der Therapieprozesse: Unerfahrene Kollegen erhalten Unterstützung im
Umgang mit der schwierigen Klientel. Erfahrenere Kollegen können neu auftretende Probleme im Umgang mit Patienten diskutieren und
Schwerpunkt
neue Strategien können gemeinsam entwickelt
werden.
2. Vermeidung von „Überstabilisierung“: Gerade
in der Methode unerfahrene Kollegen neigen zu
Sorge hinsichtlich der Exposition ihrer Patienten.
Durch die Überprüfung der Therapiepläne und
des aktuellen Standes der Therapie soll ein rasches Vorgehen Richtung formaler Exposition
unterstützt werden.
3. Als Burnout-Prophylaxe: Die Therapeuten erhalten die Möglichkeit, über für sie belastende
Erfahrungen zu sprechen und diese mit Kollegen
zu teilen.
Die wöchentliche Videosupervision dauert 1,5 Stunden und ist für die Einzeltherapeuten verpflichtend.
Eine Teilnahme der übrigen Teammitglieder ist
erwünscht.
Zusätzlich finden wöchentlich so genannte BITESitzungen statt. Im Rahmen dieser BITE-Sitzungen
(„Bug-in-the-eye“-Supervisionen) beobachtet der
Supervisor per Kamera eine in einem separaten
Raum stattfindende therapeutische Sitzung. Per
Computer-Chat kann er dem Therapeuten Hinweise zu den Interventionen während der aktuellen
Therapiesitzung geben. Die übrigen Einzeltherapeuten sind anwesend und beobachten gemeinsam
mit dem Supervisor die Sitzung. Im Anschluss kann
das therapeutische Vorgehen während der Sitzung
diskutiert werden. Eine optimalere, zeitnahere Rückkopplung zwischen Supervisor und Therapeut ist
kaum möglich.
5. Zusammenfassung und Ausblick
Das Behandlungsprogramm der DBT-PTSD wurde
speziell für Patienten mit PTBS mit einer komorbiden
schwerwiegenden Störung der Emotionsregulation,
z. B. einer BPS, entwickelt. Die Wahl der Behandlungsfoki orientiert sich an einem dynamisch organisierten Entscheidungsalgorithmus. Im Bestreben,
Tabelle
6: Häufige
dialektische Dilemmata der Patienten in der DBT-PTSD
Tabelle
6
„Es soll mir besser gehen, aber ich möchte nicht über die traumatischen Ereignisse sprechen.“
„Ich möchte meine ‚wahre Geschichte‘ erzählen, aber nicht über das Ereignis reden.“
„Ich möchte, dass es mir besser geht, aber nicht die Vorteile des ‚Krankseins‘ verlieren.“
„Ich möchte besser über mich selbst denken, aber nicht unbedingt schlecht über beispielsweise
meinen Vater.“
41. Jg. (2), 283-307, 2009
VPP_0209.indb 303
303
18.05.2009 18:56:28
Schwerpunkt
A. Dyer, K. Priebe, R. Steil, A. K rüger & M. Bohus
den Patientinnen möglichst rasch die Toleranz von
Expositionsverfahren zu ermöglichen, werden lediglich Problemverhalten vorrangig fokussiert, die entweder die Sicherheit der Patientinnen gefährden oder
die Prozessierung von emotionalem Lernen behindern. Prä-post-Untersuchungen zeigten eine hohe
Compliance ohne Therapieabbruch. Die Effektstärken hinsichtlich traumaspezifischer Symptomreduktion liegen mit Cohens d = 1.22 im hochwirksamen
Bereich. Die kontrolliert randomisierte Evaluation
wird momentan durchgeführt.
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titioner’s Resource Series). Sarasota, FL: Professional Resource Exchange Inc.
Zanarini, M. C., Williams, A. A., Lewis, R. E., Reich, R. B.,
Vera, S. C., Marino, M. F., Levin, A., Yong, L. &
Frankenburg, F. R. (1997). Reported pathological
childhood experiences associated with the development of borderline personality disorder. American Journal of Psychiatry, 154, 1101–1106.
Zanarini, M. C., Frankenburg, F. R., Dubo, E. D., Sickel,
A. E., Trikha, A., Levin, A. & Reynolds, V. (1998).
Axis I comorbidity of borderline personality
disorder. American Journal of Psychiatry, 155,
1733–1739.
Zweig-Frank, H. & Paris, J. (1997). Predictors of outcome
in a 27-year follow-up of patients with borderline
personality disorder. Comprehensive Psychiatry,
43, 103–107.
Zu den AutorInnen
Anne Dyer, Psychologische Psychotherapeutin der
Behandlungseinheit für Posttraumatische Belastungs-
306
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störungen der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin (Zentralinstitut für Seelische
Gesundheit, Mannheim). 2005 Approbation als Psychologische Psychotherapeutin, 2006 Zusatzqualifikation „Spezielle Psychotraumatologie“ der DeGPT,
2009 Anerkennung als Supervisorin für Verhaltenstherapie bei Erwachsenen. Seit 2005 Projektleitung
der Studien zur Evaluation der DBT-PTSD.
Arbeitsschwerpunkte und Forschungsinteressen:
Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung,
Psychopathologie des Körperbildes bei BorderlinePersönlichkeitsstörung und Posttraumatischer Belastungsstörung.
Kathlen Priebe, Dipl.-Psych. Weiterbildung zur
Psychologischen Psychotherapeutin an der Universität Heidelberg, Schwerpunkt Verhaltenstherapie.
Seit 2005 klinische und wissenschaftliche Tätigkeit
an der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Zentralinstitut für seelische
Gesundheit in Mannheim.
Arbeitsschwerpunkte und Forschungsinteressen:
Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung
bei Störungen der Emotionsregulation.
Regina Steil, Dr. rer. nat. Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin, Supervisorin, 2006 Vorsitzende der DeGPT. Bis 2008 Leitende Psychologin
der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Zentralinstitut für seelische
Gesundheit in Mannheim. Seit 2008 wissenschaftliche Geschäftsführerin der Verhaltenstherapieambulanz der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Arbeitsschwerpunkte und Forschungsinteressen:
Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung
bei Störungen der Emotionsregulation, Therapie
der Sozialphobie.
Antje Krüger, Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin in Ausbildung, Behandlungseinheit für
Posttraumatische Belastungsstörungen der Klinik
für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Zentralinstitut für seelische Gesundheit
in Mannheim.
Arbeitsschwerpunkte und Forschungsinteressen:
Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung,
Psychopathologie des Körperbildes bei BorderlinePersönlichkeitsstörung und Posttraumatischer Belastungsstörung.
Martin Bohus, Prof. Dr. med., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Supervisor
Verhaltenstherapie & psychosoziale Praxis
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Dialektisch-Behaviorale Therapie zur Behandlung von PTBS
für Verhaltenstherapie. Seit 2003 Ordinarius für
Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin
an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und
Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychosomatische
Medizin und Psychotherapie am Zentralinstitut für
seelische Gesundheit in Mannheim. Präsident des
Dachverbandes der DBT.
Arbeitsschwerpunkte und Forschungsinteressen:
Erforschung von Therapieverfahren für die Behandlung psychischer Störungen, die mit einer Störung
im Bereich der Emotionsregulation in Zusammenhang gebracht werden (insbesondere der BPS und
Schwerpunkt
PTBS), sowie der neurobiologischen Grundlagen
dieser Erkrankungen.
Korrespondenzadresse
Dr. Anne Dyer
Klinik für Psychosomatische Medizin und
Psychotherapie
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
Postfach 12 21 20
68072 Mannheim
E-Mail: [email protected]
Monika Bormann, Ulrike Maus & Georg Zilly
Ethik für alle Fälle
Arbeitsbuch zur Ethik in Psychotherapie und Beratung
2009
120 Seiten
Euro 12,–
(ermäßigt für DGVT-Mitglieder: EUR 9,–)
ISBN 978-3-87159-827-2
Eine eigene praxisorientierte ethische Grundhaltung zu entwickeln –
das ist das Anliegen dieses Arbeitsbuches.
Für dieses wichtige Ziel versammelt
es Aussagen von KollegInnen, Fallvignetten aus der täglichen Praxis,
theoretische Beiträge und Richtlinien – genügend Material für eine
intensive Auseinandersetzung mit
dem Thema.
Wer es durcharbeitet – allein oder
besser in der diskussionsfreudigen
Arbeitsgruppe – kann seine
Einstellungen und Meinungen überprüfen und dadurch zu einer eigenen fundierten
ethischen Grundhaltung für die Praxis finden.
dgvt-Verlag, Hechinger Straße 203, 72072 Tübingen
Tel.: 07071 - 792850, Fax: 07071 - 792851
E-Mail: [email protected], Internet: www.dgvt-verlag.de
41. Jg. (2), 283-307, 2009
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