Mathematisch-Naturwissenschaftliche Grundlegung WS 2012/13 Chemie I 14.12.2012 PD Dr. Thomas Sottmann PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Gase – Flüssigkeiten – Feststoffe Wiederholung – 07.12.12 – Teil I Ideales Gas Gesetz: p V n R T Zustandsgleichung Anwendungsbeispiel: Airbag: Natriumazid wird explosionsartig zu N2 umgesetzt. 4 NaN3 (s) + O2 (g) → 6 N2 (g) + 2 Na2O (s) Reales Gas: Zwischenmolekularen Wechselwirkungen (WW) • anziehende bei mittleren Molekülabständen • abstoßende bei kleinen Molekülabständen (durch Eigenvolumen) van der Waals Gleichung: p n R T n a V n b V 2 Eigenvolumen anz. WW PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Ideales Gas Gesetz van-der-Waals Gase – Flüssigkeiten – Feststoffe Wiederholung – 07.12.12 – Teil II Anwendungsbeispiel: n R T p ideal Druck im Reaktor V 2 231bar Kondensation am Beispiel von CO2: CO2(g) (g) (l) (g) (l) CO2(l) n R T n p vdW a 253bar V n b V Phasendiagramm Reinstoff: Thermodynamik – Motivation/Ziele Thermodynamik ist Schlüsselgebiet der Chemie Thermodynamik beantwortet Fragen, wie • Welchen Gleichgewichtszustand erreichen chemische Reaktionen? • Wieviel Wärme wird dabei frei und wieviel Arbeit kann dabei verrichtet werden? • Effizienz von Kraftstoffen kann anhand ihrer Verbrennungswärme bestimmt werden! • Energieinhalt von Nahrungsmitteln wird als Brennwert (Calorie [cal], Joule [J]) angegeben) Ziel Beschreibung und Vorhersage von Reaktionen Klärung notwendiger Begriffe/Größen, wie • Innere Energie U • Enthalpie H • Entropie S • Freie Enthalpie G Thermodynamik – Arbeit und Wärme Energieübertragung am Beispiel einer Reaktion: Zn (s) + 2 HCl (aq) ZnCl2 (aq) + H2 (aq) Reaktion (entstehendes H2) drückt Kolben & Gewicht nach oben und erwärmt Bad (exotherm) Geleistete Arbeit: Übertragene Wärme: w [J] T1 h Zn + 2 HCl T2 ZnCl2 + H2 T1 < T2 q [J] System ändert seine innere Energie U: U U Ende U Anfang w q 1. Hauptsatz der Thermodynamik Thermodynamik – Arbeit Verschiedene Formen von Arbeit (Bewegung entgegen eine Kraft): 1. Hubarbeit: Masse m wird gegen die Erdanziehung angehoben w = - m·g·h g = 9.81 m/s2 Erdbeschleunigung 2. Elektrische Arbeit: Elektronen wandern durch Stromkreislauf (Batterie) w = - I··t I: Stromstärke in Ampere [A] : Spannung in Volt [V] t: Zeitspanne in Sekunden [s] 3. Volumenarbeit: Gas im Druckbehälter expandiert und verschiebt Kolben w = - pex·V PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie pex: Umgebungsdruck [Pa] V: Volumenänderung [V] Thermodynamik – Wärme Wärme ist die Energie die durch Temperaturdifferenz übertragen wird Exotherme Reaktion: Wärmemenge q wird vom System an Umgebung abgegeben Verbrennungsreaktionen: Heizöl, Kohlenhydrate, …. Thermitreaktion: Aluminium reagiert mit Eisen(III)oxid zu glühenden Eisentröpfchen qSystem< 0 (Erwärmung der Umgebung) Endotherme Reaktion: Wärmemenge q wird vom System aus Umgebung aufgenommen Physikalische Prozesse: Schmelzen, Verdampfen …. Lösungsprozess: Ammoniumnitrat in Wasser (Kühlkompressen) qSystem> 0 PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie (Abkühlung der Umgebung) Thermodynamik – Messung der Wärme Wärmemenge q kann bestimmt werden, wenn Wärmekapazität c bekannt ist. c q T J K q: Wärmemenge [J] T: Temperaturänderung [K] Wärmekapazität ist extensive Eigenschaft: je größer die Substanzmenge, desto mehr Wärme wird benötigt, um die Temperatur um einen gegebenen Betrag zu erhöhen. Spezifische Wärmekapazität cs: c q J cs m T m K g alte Einheit (jetzt noch Biochemie): Calorie [cal] Energiemenge, um 1g Wasser um 1K zu erwärmen. Molare Wärmekapazität cm: cn PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie c q J n T n K mol cs[J/K·g] Thermodynamik – Messung der Wärme Das Kalorimeter (calor = lateinisch Wärme) ermöglicht die Bestimmung der Wärmemenge. Experiment: Flüssigkeits-Kalorimeter zur Bestimmung der Wärmekapazitäten flüssiger Stoffe Von der Heizspirale abgegebene elektrische Arbeit: w = - I··t I: Stromstärke in Ampere [A] : Spannung in Volt [V] t: Zeitspanne in Sekunden [s] Messung des durch die elektrische Energie erzeugten Temperaturanstiegs T: q = w = I··t = cs·m·T cs q I t m T m T Versuch: Bestimmung des Verhältnisses der Wärmekapazitäten von H2O und Pflanzenöl (cs(H2O)=4.18 J/K·g und cs(Pflanzenöl)1.8 J/K·g) PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Thermodynamik – 1. Hauptsatz/Perpetuum Mobile In den meisten natürlichen Vorgängen: Änderung der Inneren Energie = Arbeitsleistung und Wärmeübertragung (Verbrennung von Kraftstoff im Motor: expansive Arbeit und Übertragung von Verbrennungswärme) U U Ende U Anfang w q Abenteuerliche Ansätze oder gar Betrug eine Maschine (Perpetuum Mobile) zu bauen, die Arbeit verrichtet, ohne Energie zu benötigen, sind am 1. Hauptsatz gescheitert. Kann die durch eine Reaktion verursachte Änderung der Inneren Energie experimentell bestimmt werden? Reaktion läuft in einem verschlossenen Behälter mit starren Wänden ab V = konstant keine Volumenarbeit und keine andere Formen von Arbeit w=0 U q PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Bombenkaloriemeter (V=konst.) Thermodynamik – Bestimmung von U Beispiel: Bestimmung der Änderung der inneren Energie bei der Verbrennungsreaktion eines Nährstoffs Nährstoff wird im Reaktionsgefäß eines Bombenkalorimeters in einer Sauerstoffatmosphäre verbrannt. Die Temperatur erhöht sich durch diesen Prozess um T=3.22 K. Die Wärmekapazität des Kalorimeters beträgt c=406 J/K. mit c q T q c T 406 J 3.22K 1307 J 312cal K U q 312cal Es wird keine Arbeit geleistet (w = 0), da das Volumen konstant ist! PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Thermodynamik – Enthalpie In der chemischen Praxis laufen Prozesse in der Regel bei konstantem Druck (isobar) ab (oft Atmosphärendruck)! Oft ändert sich das Volumen, da bei der Reaktion ein Gas entsteht Volumenarbeit, um umgebende Atmosphäre zu verdrängen w =pex·V≠0 Bei diesen Prozessen (w≠0) ist die Änderung der Inneren Energie nicht mit der übertragenen Wärmemenge (q) gleichzusetzen, d.h. U q Einführung der Enthalpie H H U p V PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Thermodynamik – Enthalpieänderung H Enthalpieänderung während einer Reaktion bei konstantem Druck (p=konstant): H H Ende H Anfang U EndeU Anfang p V Ende p V Anfang U p V q w V p p V mit q w p V q p V p V p konstant p 0 nur Volumenarbeit w p V H q Verbrennungskalorimeter (p=konstant) Experimentelle Bestimmung der durch eine Reaktion verursachte Änderung der Enthalpie H durch Messung der übertragenen Wärmemenge q in einem Kalorimeter, das bei konstantem Druck arbeitet ! PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Thermodynamik – Kaloriemetrie (U und H) • Ein Kalorimeter bei konstantem Volumen misst die Änderung der inneren Energie Bombenkalorimeter (V=konst.) • Ein Kalorimeter bei konstanten Druck misst die Änderung der Enthalpie Verbrennungskalorimeter (p=konstant) PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Thermodynamik – Vorzeichen von H Exothermer Prozess: Beispiel: Bildung von Zinkiodid aus den Elementen (p=konst.) Energie in Form von Wärme 208 kJ ZnI2 (s) Zn (s) + I2 (s) Energie wird in Form von Wärme q an die Umgebung abgegeben H -208kJ 0 Endothermer Prozess: Enthalpie Enthalpie nach der Bildung vor der Bildung Beispiel: Lösungsprozess von Ammoniumnitrat in Wasser H4N2O3 (s) 208 kJ Energie in Form von Wärme 26 kJ H4N2O3 (aq.) Energie wird in Form von Wärme q aus der Umgebung aufgenommen H 26kJ 0 26 kJ Enthalpie Enthalpie vor dem nach dem Lösungsprozess Lösungsprozess PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Thermodynamik – Thermochemie Enthalpie von Phasenübergängen: Fragestellung: Warum ist die Luftfeuchtigkeit im Allgemeinen gering, so dass die Ozeane fortbestehen? Verdampfen: H2O (l) H2O (g) Endothermer Prozess Die Wärmemenge, die bei p = konst. hinzugefügt werden muss, um ein Mol flüssiger Substanz zu verdampfen, wird Verdampfungsenthalpie VerH bezeichnet. Wasser: q Δ Verd H H 2 O 40.7 kJ mol 1 (p = 1 bar und TSied = 373.15 K) Methan: Δ Verd H CH 4 8.2kJ mol 1 (p = 1 bar und TSied = 111.7 K) Wäre eine geringere Wärmemenge erforderlich, um das Wasser der Ozeane zu verdampfen (wie beim Methan), wäre die Atmosphäre stärker mit Wasserdampf gesättigt. PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Thermodynamik – Thermochemie Enthalpie von Phasenübergängen: Schmelzen: H2O (s) H2O (l) Ebenfalls endothermer Prozess, d.h. es muss Wärme hinzugefügt werden, die bei p = konst. als Schmelzenthalpie SchmH bezeichnet wird. Wasser: Methan: q Δ Schm H H 2 O 6.0kJ mol 1 Δ Schm H CH 4 0.94kJ mol 1 (p = 1 bar und TSchm = 273.15 K) (p = 1 bar und TSchm = 90.7 K) Fragestellung: Warum ist SchmH < VerdH ? Beim Verdampfen werden die Moleküle vollständig voneinander getrennt, während sie beim Schmelzen eines Festkörpers lediglich voneinander gelöst, aber nicht vollständig getrennt werden. PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Thermodynamik – Thermochemie Enthalpie von Phasenübergängen: Kondensation: H2O (g) H2O (l) Die Änderung der Enthalpie, die mit dem Ablauf in eine Richtung verbunden ist, entspricht der negativen Änderung der Enthalpie, die mit dem Ablauf in die umgekehrte Richtung verbunden ist (bei p,T = konst.). Δ Kond H H 2 O Δ Verd H H 2 O 40.7 kJ mol 1 Erstarren: H2O (l) H2O (s) ebenfalls exothermer Prozess Δ Erst H H 2 O Δ Schm H H 2 O 6.0kJ mol 1 PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie Enthalpie H Exothermer Prozess, d.h. es wird Wärme frei (Ursache, warum Wasserdampf ernsthafte Verbrühungen hervorrufen kann). H(g) VerdH kondH H(l) Thermodynamik – Thermochemie Enthalpie von atomaren und molekularen Prozessen: Fragestellung: Warum geben Alkalimetalle im Vergleich zu Halogenen relativ leicht ein Elektron ab? Ionisierung: Endothermer Prozess, da negativ geladenes Elektron aus positiv geladenen Ion entfernt werden muss, d.h. Ionisierungsenthalpien IH sind positiv. (1eV 1.602·10-19 J 96.485 kJ/mol) Na (g) Na+ (g) + e- (g) Δ I H Na 488kJ mol 1 Cl (g) Cl+ (g) + e- (g) Δ I H Cl 1254kJ mol 1 (p = 1 bar und T= 298.15 K) PD Dr. Thomas Sottmann Institut für Physikalische Chemie